Der schwarze Koffer. (2. Fortsetzung.) ' Des PolizeicommissärS persönliche Ueberzeugung stand gänzlich fest. Es ist nurein Vorwurf, den ich gegen das Strafverfahren auf dem Continent er dem Angeklagten nach meinerAnsicht zu wenig Hoffnung, sich rechtfertigen zu können. Einmal in Haft genommen, gilt er sofort für schuldig, und der Richter und Staatsanwälte einziges Dichten und Trachten geht dahin, durch Ueberrumpelung oder Zureden ein Ge ständniß zu erzielen. Urtheilsfähige und unbefangene Ausländer, unter England herausgeschmuggelt hatte weshalb hatte sie sich damit aus Reisen begeben? Vermuthlich, um den Leich nen günstigen Zufall, die große Zahl ihrer Gepäckstücke, ihre eigene Ueberre dungsgabe, den Strick, den falschen sammen gerechnet und sich der Hoff nung hingegeben, unbemerkt durchzu schlüpfen, und nur ein Zusammentref fen von unglücklichen Umständen und der rauhborstige Eigensinn der Beam ten hatten ihren Plaii zuSchanden wer den lassen. So viel war sowohl mir als den Franzosen sonnenklar. Außerdem stand fest, daß sie den Mörder kannte und daß ihr auch der l«nd irre zu leiten, sie hatte zugegeben, !daß der Koffer, in dem sich die Leiche lbefimden hatte, der ihrige war dies war ja schon durch die Aussage der Jungfer erwiesen und sie hatte über das darin befindlich« Handtuch jede Auskunft verweigert. Nebenbei bemerkt, war auch die Jungfer über das Tuch befragt wor den, und auS ihren Antworten ging deutlich hervor, daß es nicht aus Fräu lein Simpkinfons Wäschevorrath stammte, noch stammen konnte. Mein erster Eindruck war gewesen, die Buch staben möchten absichtlich eingestickt worden sein, um irrezuleiten; dieser >ich von Herrn Francois Dübert er ifuhr, daß sämmtliches Weißzeug der 'Ermordeten in derselben Weise gezeich- K. Capitel. „So viel steht unleugbar fest," sagte Leon Dübert, als wir die Sache in dem Polizeibureau durchsprachen, „die ,junge Dame hält den Schlüssel zv dem G-Heimniß in Händen, ja mehr als das, alles spricht dafür, daß die That von ihr oder auf ihre Anschuldigung ver- Mt worden ist." „Zweifellos," erwiderte ich, „aber, Sie an mich, es wird sich her j „Und glauben Sie mir, Sie werden finden, daß sie nicht die Hauptschuldige M." „WeShalb nicht?" fragte Francois 'überrascht. .halb," warf Leon lachend dazwischen. >„Die Dame ist jung, sie ist ihre Lands männin und ist hübsch. Nichts hübsch ist !in Polizeiangelegenheiten!" ' Ich lachte ebenfalls, aber ich nickte mit dem Kops und fragte, ob wir könnten. Der Zufall wollte, daß dies gerade >jetzt noch geschehen konnte. Der Leich -werden" man hatte sich aber entschlos sen, ihn für diese Nacht noch auf dem Polizeiamt zu lassen. Francois Dübert führte seinen Vetter und mich in daS «nstoßende Zimmer. Der Raum war gänzlich kahl und lvnd er h»tte keinen andern Ausgang, >alS den durch des Commissärs Amts stube. Wahrscheinlich diente er in der lgen, die er zu seiner Verfügung haben wollte. Auf der langen, schmalen Tisch platte lag der todte Körper, genau in der Stellung, wie er aus dem Koffer genommen worden war. Ich betrach tete ihn eingehend. Die Todte hatte of fenbar der höheren Mittelpasse ange- Mrt. st« war entschieden eine Dame. wenn auch etne etwas verzwickt und alt modisch lhre Kleidung be schwarzen Kleid von feinem Wollstoff' rihne jeglichen AuSputz, fauberenMan fchetten und einem gut sitzenden Kra gen. Auf dem Kopf trug sie eine schwarze Spihenhanbe. die mit Hut nadeln auf ihrem grauen Haar befestigt war, das in reichen Wellen eine hohe Stirne umgab; so weit ich es schätzen konnte, mochte sie zwischen sechzig und fünfundsechzig Jahren sein. Der Aus druck des verkniffenen, pergamentarti gen Gesichts war nicht liebenswürdig, selbst im Tode nicht; in den starren, hellblauen Augen lagen Härte und Habgier, und um die schmalen Lippen war eine eigensinnige Falte eingegra „Eine boshafte alte Person," be merkte Leon, und ich gab ihm recht. Sie hatte ihre Uhr noch an sich hän gen, eine einfache Remontoiruhr von Lennett, wie man sie um zehn Pfund kauft, an einer schwarzen Kette. Ich öffnete sie und schrieb mir die Num mer auf. „Me wird uns, wenn alle andern Handhaben fehlen, bei Feststellung der Persönlichkeit sehr zu statten kom men," sagte ich. Auch eine Börse fand sich in ihrer Tasche mit dem Fabrikstempel vonPer kins <8: Gotto; der Inhalt bestand in neen in Gold, die in einer besonderen Abtheilung waren. Außerdem enthielt die Tasche ein feines leinenes Taschen tuch, das ebenso wie das übrige aus erlesen gute Weißzeug der alten Dame mit E. R. gezeichnet war. Um einen Raubmord handelie es sich also keinensalls, und diese Möglichkeit Sinn gekommen. Ich hob den Kopf auf und entfernte die Haube; als ich das dünne Haar zur Habe, erwiderte er nein, der Leichnam werde ja morgen in der Morgue ärzt lich untersucht werden. Offenbar hatte man die Frau durch einen Schlag betäubt, dieser konnte führt haben? Ich untersuchte dießeule coiS gestattete dies nicht, ehe die Sach verständigen ihre Untersuchung vorge nommen hatten, und das war auch von seinem Standpunkt aus das Richtige. Zunächst erbat und erhielt ichEtlaub niß, mir den Koffer genau anzuseher, allein meine äußerst gründliche Unter suchung führte zu keinem nennenswer then Ergebniß. Es war ein gewöhnli cher länglicher Koffer aus starkem Holz und außen schwarz angestrichen, nicht lackirt, sondern ziemlich roh angestri chen. Der Deckel hing an Metallschar nieren und die Innenseite war mit dem üblichen roth und weiß gestreiften Stoff tapeziert. Im Deckel befand sich eine quadratische Etiquette mit dem Namen des Verfertigers: „Brown <8: Elder, 117 Eheapside," so viel ich weiß, einer angesehenen Londoner Firma. Der Koffer war vollständig leer, bis auf den Strick, mit dem er umschnürt gewesen war, und den der Commissär hineingeworfen hatte; er schien ganz neu, und die Innenwände trugen kei nerlei Blutspuren oder sonstige Flecken, nur da, wo man die Glieder gewaltsam Eindrücke, und an ein paar Stellen war der Stoff abgeschabt. Das Innere des Koffers war also für unsere Zwecke ganz unergiebig. Auch di« Außenseite verrieth auf den ersten Blick nicht das Geringste, und doch sollte si« mit der Zeit den wichtig sten Fingerzeig liefern. Der Koffer trug keinerlei Aufschrift, und ich erkundigte mich bei Francois Dübert, ob keine Gepäckadresse darauf gewesen sei. Er sagte nein, und zwar sei dies um so auffallender, als sämmt liche übrige Gepäckstücke ausnahmslos dieselbe Aufschrift trugen, die ich auf dem Bahnhof schon in's Auge gefaßt hatte. „Frau Orr-Simpkinson, Passa gier-Gut von London nach Paris." Ich sah ihn ganz ernsthaft an und sagte: „Notiren Sie sich diesen Umstand." Fräulein Simpkinson war um eine Erklärung hiefür nicht verlegen gewe sen, indem sie sagte, daß sie sich sür daS Gepäck stets der anzuhängenden Lein wandadressen bediene, und daß man griffe noch Riemen besitze, an denen man etwas befestigen könnte, was sehr ungeschickt sei. Unerwarteterweise fand diese Erklärung durch die Aussage der Jungfer volle Bestätigung. Wenn ich sagte, der Koffer habe keine Aufschrift getragen, so meine ich damit die Adressen, welche die Reisenden selbst anzubringen Pflegen. Di« Zettel, die auf derGUterbesörderung auf jedes in's Ausland gehende Gepäckstück geklebt werden, fehlten natürlich nicht. Auf dem Kosferdeckel war ein riesiges ~P" aufweißem Grunde aufgeklebt, das vermuthlich „Paris" oder auch „Passa giergut" bedeuten mochte und zur leich teren Orientirung für die Zollbeamten dienen konnte, und an der Vorderseite grunncyem Papter angebrachr, ver in. folgender Weise bedruckt war: Das war nicht sehr aussichtsreich, und die übrigen drei Seiten waren gänzlich schwarz und glatt. Ich hob den Koffer auf und besah ihn von unten, auch hier war er glatt und schwarz. Ich muß noch erwähnen, daß man einen Schlosser hatte kommen lassen, und daß dieser nach gründlicher Un tersuchung erklärt hatte, der von Fräu lein Simpkinson vorgewiesene Schlüssel sei nie und nimmer für dies Schloß gemacht, und gar keine Möglichkeit vor handen, daß er je zum Schließen oder Oefsnen des Koffers benutzt worden sei. Als Fräulein Simpkinson dieser Ausspruch mitgetheilt worden sei, habe sie ganz gelassen erklärt, der Mann lüge. Eine ganze Weile blieb ich noch vor dem Koffer stehen. „Du könntest das Dunkel lichten," sagte ich im Stillen. „Wenn du zu sprechen vermöchtest. Was verschweigst du? Wer hat dir die beklagenswerthe Frau anvertraut und sein Geheimniß mit deinem Deckel verschlossen? War sie schon todt, oder war noch Leben in ihr, , als du sie aufnahmst? Du sollst spre chen," fuhr ich aufgeregt fort, denn der Gedanke, daß wir von diesem leblosen Ding Beistand zu erwarten hätten in Plötzlich kam mir ein Einfall. Ich machte Herrn Dübert den Vorschlag, er solle die ausgeklebten Zettel sorgfäl tig ablösen und nachsehen, ob nicht zu „ES ist ja nur eine entfernte Mög lichkeit," gab ich zu, „aber sehen Sie, schließlich ist der Fall in Ihre Hand aebt. was in ein bis »wer Taaen ge schehen muß. <Sle sind doch vollkom men berechtigt, solche Nachforschungen vorzunehmen, nicht?" „O gewiß," sagte er, „berechtigt bin „Nun denn, rasch an'S Wert. Mi? sein wird." Nach einigem Widerstreben stimmt« er mir schließlich b«i, und wir machten immer ein saureS Stück Arbeit, daS die äußerste Sorgfalt erheischt, schließ lich aber konnten wir das Stückchen Papier wegziehen, aber darunter trat nichts zu Tage, als di« glatte, schwarze Oberfläche des Koffers. Das war eine Enttäuschung, aber trotzdem überredete ich die beiden Fran zosen, auch den andern Zettel, das große „P" auf weißem Papier. abzulö sen. Mit erneutem Eifer gingen wir an'S Werk, und diesmal blieb die weißen Zettel kam ein andrer zum Vor schein ich hielt ordentlich den Athem an, als wir den oberen langsam und bedächtig wegzogen. Einen noch, und die verborgene Adresse stand heil und deutlich vor uns, eigentlich in großen gedruckteiÄuchstaben die drei Worte: „Greenwich nach Southend." Das war Alles, es war nur «iner jener gewöhnlichen Gepäckzettel, wie sie bei der Gepäckaufgabe angeklebt werden. Nichts sonst? Ich drehte den Koffer, daß das volle Licht der flackernden Gasflamme darauf fiel, und als ich ihn so vor mich hielt und daraus hinstarrte, als wollte ich den zwei unerwartet zu Tage getretenen Zeilen das ganze Ge heimniß entreißen, gewahrte ich plötz lich zwei kleine, mit Bleistift geschrie bene Buchstaben in der einen Ecke, die durch d«n Gummi od«r Kliister, wo mit die obere Adresse ausgeklebt gewe sen, halb verwischt waren. Es waren die geschriebenen Buchstaben: P. A Mir schwindelte ordentlich ich wußte selbst nicht weshalb als ich den Koffer niedersetzte. „Der Koffer kam von Southend," sagte ich, so gelassen wie möglich. „Ja," erwidert« Leon, „das stimmt zu dem, was die Jungfer uns sagte." Fast mechanisch drehte ich ihn noch einmal nach allen Seiten, und während ich mich in allgemeinen Redensarten über das Verbrechen erging, suchte ich mit Anspannung all' meiner Kräfte meinen, Gedächtniß das Bild dieser zwei Buchstaben einzuprägen. Ich konnte mir selbst nicht Rechenschaft magische Anziehungskraft für mich hat ten, aber ich fühlte dunkel, daß ich hier daS richtige Ende des verwirrtenKnäu» fang bis zu Ende waren diese beiden Buchitaben die Angeln, an denen Alles hing. Nun lag mir daran, rasch nachHause zu kommen, um die Buchstaben nachzu beiden Franzosen. „Und wenn Sie einen Rath von mir annehmen wollen," sagte ich im Hin ausgehen, „so lassen Sie diese Adresse von Niemand antasten. Sie ist der Au sgangspunkt." Behörden thaten ihr Möglichstes, allein sie hatten große Schwierigkeiten zu überwinden, und ihre Erfolge bei Auf findung des Mörders waren im Fall vom .Schwarzen Koffer" nicht arok. s ' '1 ' s.Ccrpit«l. Sobald ich in meinem Hotelzimmer in Sicherheit war, fetzt« ich mich hin und malte die beiden Buchstaben, die ich in der Ecke jenes Kofferzettels ent deckt hatte, sorgfältig aus dem Ge dächtniß nach, wie ich sie hier dem Le ser vorführe: P. H. Dann ging ich noch einmal alle» durch, was mir von den Einzelheiten deS Verbrechens bekannt war, und fand, daß ich schon recht viel wußte. Mord vermuthlich ausgeführt buchstaben E. R.; Zeit, offenbar gestern Abend; Ort, Southend; Mitschuldige wenn nicht thatsächliche in Anklagezustand versetzt; Name, Verbrechens Southend war. Unerklär lich blieb nur daS Fehlen jeder Spur eines KoffertranSportS von Southend gegeben werden können. , Das Erste, was jetzt zu geschehen ! hatte, war die Feststellung des Namens der ermordeten und das konnte sicherte, der von ihr vorgewiesene Schlüssel zu dem schwarzen Koffer ge höre? Sie hatte allerdings den Beweis Wahrheiten zu sagen, aber gerade ihre Auslassungen über diesen Punkt trugen das Gepräge der Aufrichtigkeit. Offenheit iir ihrem Gebahrei». Befand sie sich «ber in der Thai im Irrthum über den Schlüssel, so konnte sie der Schluß liegt nahe auch über den Koffer selbst im Irrthum fein. Wie war das möglich? Ihre Jung fer hatte ihn sofort erkannt, und über dies war ihr, wie wir gesehen haben. dessenJnhalt ganz bekannt. Auf der an dern Seite war dieser Koffer unter all' ihrem Reisegepäck das einzige Stück, das sie nicht mit einer Aufschrift ver sehen hatte, und die Erklärung, die sie über diesen auffallenden Umstand abge geben hatte, konnt« kaum befriedig/end Ich war sehr verwirrt und gänzlich aus dem Concept gebracht. So hübsch die Annahme, der Koffer gehöre Fräu lein Simpkinson gar nicht, auch in meinen Plan gepaßt hätte, ich konnte nicht daran festhalten, sie war zu un vernünftig. Und doch gaben mir der Schlüssel, das zerbrochene Schloß, die Buchstaben P. H. immer wieder zu den ken, und vergebens suchte ich mir ein zureden, daß dieseßuchstaben aar nichts zu oeoeuren yanen um, »»>, o»» rinr», Dienstmann oder Schaffner aus ir gend welchenGriinden hingekritzelt wor den seien. Schließlich war es mir doch halb und halb gelungen, mir selbst diese Annahme einleuchtend zu ma chen, und ich fing schon an einzuni cken. als mir blitzartig der Ausruf der Jungfer, den ich im Protocoll gelesen hatte, wieder einfiel! „Lassen Sie doch Herrn Harvey kommen?" H Harvey. Reiner Zufall, dieS Zusammentreffen natürlich. Und doch Harvey,Harvey. P. H. Paul Har vey. PeterHarvey. Wer war dieser Herr Harvey? Ein sehr naher Freund, daS versteht sich. Daraufhin war von Schlaf für mich nicht mehr die Rede. 7. Capitel. -»->— Am andern Morgen machten mir meine LiebeSleutchen zu schaffen. Aer gerlicherweise kamen sie auf oen Ein fall, nach Fontainebleau zu fahren, und was noch viel ärgerlicher war, sie be geisterten sich für den Ort und sahen sich nach möblirtenZimmern um. Glück licherweise fanden sie nicht, was ihnen zugesagt hätte, und fuhren wieder nach Paris, wo sie überdies, so hörte ich das verliebte junge Ding sage», weit sicherer waren, da in der Riesenstadt ihre Spur weniger leicht aufzufinden sei. Hätte sie das doch vorher schon bedacht. Es war sechs Uhr Abends oder noch später, als ich wieder in meine Woh nung gelangte. Meine jungen Leute gingen in's Chatelet-Theater, um sich einen vergnügten Abend zu machen, und ich nahm hastig in einem Düval'- schen Speisehaus meine Mahlzeit ein und machte mich dann nach Leon DU- Düberts Bureau auf den Weg, denn ich brannte vor Ungeduld, die etwaigen Fortschritte, welche die Polizei gemacht haben konnte, kennen zu lernen. Den ganzen Tag war mir die Geschicht« im Kopf herumgegangen. Leon Dübert wußte nichts Neue? über die Sache und verwies mich sofort an seinen Vetter, da er selbst sehr durch einen in seinem Bezirk vorgekommenen Raub in Anspruch genommen worden war, und ich fuhr allein zu Francoii Dübert. Diesen fand ich ganz aufgeregt, ner vös und gereizt. Man hatte an die eng lische Polizeibehörde telegraphirt, und diese schickte einen von ihren Leuten herüber. Einstweilen Ivar nichts We sentliches zu Tage gefördert worden. Frau Simpkinson war immer noch nicht in der Verfassung, verhört zu werden, und auS der Tochter, die nicht miynr wuZtt.. war nicht? yrmoSzu bringen. Man hatte Mutter und Toch« neben dem Gefängniß, daS in Wrk» lichleit ein Aeil davon war, Wohnung zu nehmen. Es trug den vielversp,e chenden Namen einer „Familienpra« sion", stand unter Leitung einer Frau.. Ben, und man erfreute sich darin der selben Preise, wie in einem Gasthof er« sten Ranges. Fahnder den Rang abzulaufen und vor seiner Ankunft die richtige Fährte auf zustöbern. Den ganzen Tag über hatte ich alle Einzelheiten des Falles hin und Kopf zerbrach, desto fester hatte sich bei Fräulein Simpkinson minder schuldig war, als sie erschien. Die Anhalts punkte dafür waren freilich klein bei fragte ich. „Allerdings, aber —" „Dann gehen wir sofort. Je mehr Sie herausgebracht haben, ehe der Anerkennung wi>H eSJHnen eintragen." Nun gut, er. ließ sich überreden und wir fuhren in einer Droschke nach einem deren Namen ich vergessen habe. Das HauS sah mit, du Rückseite nach der Straße und laff im Schutz des Ge fängnisse«. Die Beleuchtung war man gelhaft,. alles machte einen, traurigen Eindruck, und trotz der frühen Stunde es war erst halb acht Uhr begeg nete man nur wenigen Leuten und sah viel« geschlossene Fensterladen. Wir hielten an einer massiven Hausthüre, und Herr Dübert zog die Klingel, wo rauf sofort die Hauswirthin erschien und uns in den Salon führte. Sie und schwarzen Löckchen. Francois re dete sie als Frau Bassequin an. Dieses. Empfangszimmer war ein höchst unge ohne Milchglas. Zimmer, um, wie sie mir sagte, den D amen Meldung zu machen. In diesem nach rückwärts gelegenen Zimmer, das mit dem Salon durch eine Flügelthüre in Verbindung stand, of fenbar eine Einrichtung, um die Ueber genehm, sympathisch, eine englische Stimme, und englisch sprachen sie auch. Das war mir sehr störend, denn ich hatte gehofft, das Feld für mich allein zu haben. Fräulein Simpkinson hatte konnte das fein? Ich hatte ihr meine Karte geschickt, auf der ich mit Bleistift bemerkte: „Em Landsmann, der glaubt. Ihnen von Nutzen sein zu können." Ich war. vielleicht nicht sehr berech rigt zu Dieser gewagten Behauptung, aber ein Vorwand war schließlich so annehmbar wie ein anderer, und da ich zu guter Letzt doch wirklich noch von Nutzen war, so war Düberts Willfäh rigkeit, mich zu ihr zu lassen, doch nicht so übel. Im Nebenzimmer ward nun bera then, ob es angemessen sei, meinen Be such anzunehmen oder nicht. „Laß mich den Mann sprechen," hörte ich den Un- Stimme zu meiner großen Erleichte rung mit Bestimmtheit erwiderte: „Wir können ihn ebensogut beide empfangen." Ich drückte mein Ohr an die Schieb thüre, um mehr zu hören, aber in die sem Augenblick erschien die Beschließe rin dieser Burg wieder; ich sprang zwar mit einem Satz in die Mitte des hielte ihre Lippen. „Ich sehe, Sie sind digen, daß sie ihn noch einmal vor sich hin sagte, als wir den Flux entlang gingen, dann machte sie eine Zimmer thüre auf und ließ mich eintreten. DaS Zimmer hatte eine hübsch« Größe, sah aber sehr unwirthlich und unsauber aus. Wie ich später von Leon hörte, batte» di« Nnbabtr..lünsund« »wanztg Fnrnken Ven Tag vafii? zu be zahlen. und ich dächte, bei diesem P»iL hätte man wenigstens die Schutzdecken FräuleinOrr-Simpkinsonsaß in der entferntesten Ecke zwischen Fenster und Kamin aus einem alten Roßhaarsofa, bildete ich mir das ein. Jetzt, da ich Fräulein Simpkinson mit Muße be trachten konnte» gefiel sie mir noch weit besser als zuvor. Da ihr Gepäck mit Beschlag belegt worden war und die räumt, hübsch und thatkräftig aus. Das schöne schwarze Haar trug sie in Flechten, die dicht an den Kops ge- und voll anschauten und für die Un-' regelmäßigkeit ihrer Züge reichen Er satz boten. Sie war streng genommen Staatskirch« und stand ihm vorzüg lich. Es war ein großer, schlank gebau ter Mann, mit einem jungen, glatt ra len, ehrlichen, blauen Augen, aus de nen kindliche Offenheit hervorblickte. Er hatte die- Hand auf die Rücklehne von Fräulein SimpkinsonS Sofa ge legt, und ich freute mich, sie in so ange nehmer Gesellschaft, und so wohl be schützt zu finden. „Ohne Zweifel Neben sie sich," dacht« sein, der sie beschützt." zeitig selbst ärgerte über den Eigen sinn, mit dem ich an meinen vorgefaß ten Annahmen festhielt, trotzdem aller Anschein dagegen sprach. Wir waren allein, denn ich hatte Frau Bassequin mit einer Handbewe gung aufgesordert, sich zurückzuziehen. Fräulein Simpkinson eröffnete dasGe spräch mit einer für ein so junges We sen staunenSwerthen Selbstbeherr schung; sie konnte nicht über zwanzig Jahre alt sein und den Herrn an ih rer Seile würde ich auf dreiund zwanzig geschätzt haben. „Darf ich nach der Veranlassung Ih res Besuches fragen, Herr," sie warf einen Blick auf meine Visitenkarte »Spence?" Ihre schönen Augen waren for schend auf mich gerichtet. „Gewiß, mein Fräulein," erwiderte ich und kam mir dabei recht linkisch und ungeschickt vor. „Mein Name ist Spence und ich bin, wie Sie au! mei ner Karte ersehen, bei einem Privat- Nachfragebureau angestellt. Zufällig war ich gestern auf dem Bahnhof gegen wärtig und ich dachte mir. daß Sie unter den obwaltenden Verhältnissen vielleicht solcher Dienste bedürftig fein könnten, wie unser Bureau sie leistet. Ich spreche geläufig Französisch und bin mit verschiedenen an der Untersu chung betheiligten Beamten persönlich bekannt." gefälligem Wesen, daS mich nur noch mehr für ihn einnahm, zu sprechen. „Es mag wohl fein, daß JhreDienste uns sehr werthvoll werden können, ab«r endlich verpflichten." , „Darf ich erfahren," sagte ich, „in wiefern Sie, mein Herr, an der Sache Antheil nehmen oder betheiligt sind?" „Gewiß," erwiderte er. „Mein Name ist Harvey, Vikar Harvey, und ich bin Fräulein Orr-Simpkinson." Horvey! Ich sah dem biedern Eng länder in's Gesicht und fühlte, wie mein (Fortsetzung folgt.) Gläubiger:^„lch fra»e „Na, G»tt sei Tai.? ist doch Aussicht, der Grube, wo die Bären eingeschlossen sind. Er verliert da-Z Gleichgewicht nnd fällt hinein. Natürlich stoßt er eine» herzzerreißenden Schrei -nH. Der Wär ter stürzt herbei und spricht ärgerlich: .Mein Herr, es ist Verbote», den Bären etwas vorzuwerfen." Neue ybüsiognoMik. Das sprichwörtliche „Sage mir, mit wem du umgehst" hat Jean Paul ein mal im wörtlichsten Sinne auf die Fußbekleidung angewendet, mit der man herumläuft, aus deren Beschaf fenheit er auf den Charakter der Men schen, namentlich aber der Grauen, schließen wollte. Was dem einen seine Sohle, ist dem andern sein Scheitel: an der Art, die Scheitel zu tragen, links, rechts oder in der Mitte, behaup tete der Physiognomiker I. B. Delestre den Charakter erkennen zu können- Und von dem Scheitel zum Hut ist ja nur ein Schritt. Diesen Schritt thut ein Herr Bue, physiologischer Mitar beiter am „Journal de la Sante". Er eine oder das andere Ohr geneigte Hut ist dys Zeichen eines augenblicklichen seelischen Votgangs oder auch einer dauernden Gemüthsrichtung. Der Hut auf dem linken Ohr verräth eineii passiven Charakter, auf dem rechten Ohr einen aktiven; der völlig ausge glichene Mensch neigt den Hut weder rechts noch links. Der Mann mit dem Hut aus dem linken Ohr ist ein unver besserlicher Idealist, eine treue Seele, ein tiefes Gemüth, in Liebessachen ernst, treu, diskret, rein, schüchtern. Er ist allerdings auch der Sklave sei ner Sympathien und Antipathien. „Er hat etwas PointirteS an sich." Der „Rechtshlltige" dagegen ist flatter haft, lebhaften, unbeständigen Geistes, Seine zärtlichen Geheimnisse schwatzt er in alle Winde, an Vergangenes und Zukünftiges denkt er nicht länger, als ihm Wohlwollen oder Abneigung ein flößt. Er hat für alles Solide eine Art Instinkt. Er ist beständig, fest in seinen Entschlüssen, beharrlich in seinen Plänen. Als Freund ist er treu und aufrichtig, und bei der Frau sucht er mehr als Liebe, er sucht in der Frau, die er liebt, die Gefährtin; daher ist er der denkbar beste Ehemann und Fa milienvater. Aber Herr Bue begnügt sich nicht mit diesen individuellen psychologischen Erkenntnissen, denn er ist auch Völkerpsychologe. So kommt er zu folgenden kühnen Schlüssen? Dieser neutrale, das höchste seelische Ebenmaß und Gleichgewicht darstel lende Typus ist Rußland, das „weiße" Rußland k Der Rechtshlltige. der das Zeichen der Unbeständigkeit und Unzuverlässigkeit an der Stirn oder vielmehr am rechten Ohr trägt, ist Italien, und der Linkshütige, der weiche Idealist, die liebe, gute, treue Seele Frankreich! Auf falscher Fährte. schlagen): Mein Buchhalter ist mit all starrt das Armenhaus in's Gesicht. Frau Flottwell: So weit lassen wir'» nicht kommen, mein Lieber. Wir lassen uns scheiderd, Du h«irath«si dl, Frau, welcher Du M,<X» Dollars für d«n Buchhalter. Die Zeiten ändern sich: Gattin: Mein Mann ist ein ganz cu» rioser Mensch. Freundin: Wieso? Haus kriegen." Unangenehm. A.: Ich hatte «inen Hund, der genau zwischen „B.: „Was Sie sagen! Was ist A.: „Ich mußte es fortschenken, es biß Fromm«r Wunsch. Der Barbier Ruppert ist wegen Mordes auf Antrag deS Staatsanwalts zum Tode verurtheilt worden. Am Tage vor der Hinrichtung wird er gefragt, ob er noch einen letzten Wunsch habe. „Jawohl!" erklärt der D«liquent, „ich möchte den Herrn Staatsanwalt rasi ren!" Böses Gewissen. Haus frau: Das ist aber nicht schön von Ihnen, trotz des Ihrer seligen Frau gegebenen Versprechens, jede Nacht bis 2Uhr im Wirthshaus zu sitzen! — Wittwer: Daran, meine Liebe, ist meine verstorbene Alte selbst schuld. Sie schwur mir. jedes Mal zu erschei nen, so oft ich zu viel getrunken und da trau' ich mich halt während der Geisterstund' nicht daheim zu sein! Elend. Man weiß niemals, was wirkliches Elend ist, als bis man einen Check in der Tasche hat, wofür man das baare Geld nicht kriegen kann. Durchdießlume. Unter officier (zu dem, vom Urlaub zurück kehrenden Bauernburfche«): „Sagen Sie mal. Huber, kommen bei Ihnen die Schweine eigentlich »hn« Schink«k ,ar Welt?" 3
Significant historical Pennsylvania newspapers