Ei« verbreche«. (6. Fortsetzung.) „Sehr gut. Mr. Saint Alban wa> kein Patient von Ihnen, wie iH glaube?" „Nein. Ich traf ihn aber häusig in dem Hause des Herrn Gallo." „Ter verstorbene Herr Gallo war sehr befreundet mit Mr. Saint Al ban?" „Tas kann ich nicht mit Sicherheit sogen. Aber Mr. Saint Alban ver kehrte oft in dem Hause und schien dort willkommen zu sein." „Sehr gut. Er war ein intiiner Freund der Familie. Herr Gallo war «in Engländer, obgleich vo» italieni scher Abstammung, und ein sehr reiche: Mann?" „Ja. er galt sür sehr reich." „Ihr Berkehr mit Saint Alban wav von höflicher und freundschaftlicher Art, nicht wahr?" „Wir sahen uns, wie ich Ihnen be reits sagte, in Mr. Gallas Haus. Mr. Gallo war sehr gastsreundlich und aus seine Einladung verlängerte ich ost meine ärztlichen Bruche; wir saßen dann in gemeinschaftlicher Unterhaltung beisammen." „Und bei einer solchen Gelegenheit lernten Sie Mr. Saint Alban lcn nen? Welchen Eindruck machte er aus Sie?" „Er schien mir ein intelligenter Mann ;u sein und viel Unterhältungsgabe zu besitzen." „Er glich keiner Person, die man sür einen Mörder halten tonnte?" Ein Gelächter ging durch de» Saal. Robert Power zuckte mit den Schul tern. „Was soll man darauf antworten?" sagte er. „Nun." erwiderte Mr. Ford lächelnd, „ich frage nur so im Allgemeinen. Aber während Ihrer Bekanntschast mit.Air. Saint Alban haben Sie einige Briese gewechselt?" „Ja. er schrieb an mich, etwa drei Mal. glaube ich." „Waren seine Briese lang?" „Nein, sie waren nur kurz und ent hielten einige Fragen." „Und die Handschrist fiel Ihnen aus?" Hiercrsolgteeine Unterbrechung durch den Präsidenten. „Diese Briese sind bereits erwähnt - worden. Ich glaube, es wäre sehr gut. wenn das Gericht über die Natnr und den Zweck derselben unterrichtet i würde." „Ich habe diese Frage nicht gestellt, , weil ich sie sür unbedeutend hielt." sagte ' Mr. Ford mit einer kaum merklichen , Bewegung der Aufregung, „jedoch soll darüber der hohe Gerichtshof sogleich " ausgeüärt werden." „WaZ enthielten die Briefe, welche ! Mr. Saint Alban an Sie richtete?" „Sie handelten über Giste," erwiderte Robert Pvwer. Aus diese unerwartete Antwort er folgte allgemeine Bewegung. TaS Wort „Giste" schien eine eigene Wirkung her- ! vorzubringen. Frau Saint Alban i zeigte Spuren von Unruhe, aber ihr Mann blieb unbeweglich. i „Ueber Gifte? TaS ist sehr unbe- ! stimmt. Erklären Sie sich ein wenig ' deutlicher." i „Die Briese enthielten Fragen über ! die Wirkung gewisser Substanzen und Giste." „Und Sie beantworteten diese Fra gen »ach bestem Wissen?" „Ja. Ich gab auch auf Mr, Saint Albans Ersuchen verschiedene Werke an. > welche ausführlich über Gistkunde han deln." »» „Welche Schlüsse zogen Sie aus die sen Fragen?" „Mr, Saint Alban hatte im Gr- sprach mehrmals Jntereffe sür die Wis senschaft gezeigt und schien über die Na- i tur verschiedener Giste sich unterrichten i zu wollen i seine Fragen schienen mir daher aus dein Wunsche hervorzugehen, seine interessanten Studien weiter zu verfolgen," „Und Sie hielten diese Fragen für ganz naturlich bei einem Manne von umsasjendcr Bildung und geistiger Reg- samleit. welcher das Feld seiner Kennt- nisse zu erweitern strebte?" „Nun, es schie» mir einfach, d«ß er sich sür die Lehre von den Gisten beson- ders interessire, und ich glaubte, ich könne ihm dabei Helsen. Ueber seine etwaigen Absichten machte ich mir keine B.denten." l „Lehr gut, den einzig möglichen Grund dasür hatten Sie sich ja selbst schon vorgestellt. Nun zur Handschrist. Diese fiel Ihnen also auf?" „Ja, sie war außerordentlich dünn ! und spinnenartig, die Buchstaben der ! einzelnen Worte waren sehr eng neben- > einander gesetzt und standen ausrecht. ! Ich glaubte niemals eine so merkwür dige Handschrift gesehen zu haben." „So merkwürdig, daß, als Sie jenen ' Papierschnitzel in der Villa Rod Roy ' am Morgen nach dem Mord fanden, Sie sich sogleich in die Meinung ver- i bissen, sie erkannt zu haben, als die Handschrift eines Mannes, den Sie kannten?" „Ja. Und meine Annahme wurde noch bestärkt dadurch, daß...." „Beantworten Sie meine Fragen und sprechen Sie nicht von Ihren An nahmen." knurrte Mr. Ford schroff. „Ist dies das Stück Papier, das Sie in dem Zimmer der Ermordeten gesun» den haben?" fragte er dann, indem er Power den Gegenstand reichte, welchen die Richter während der Aussagen des jungen Beamten besichtigt hatten. „Sehen Sie es genau an. glauben Sie auch jetzt, daß Sie vor dem Gericht erklären können, Sie hake» diese weni gen Worte als die Handschrist dieses hochgeachteten, ehrenwerthen Herrn er kannt. welcher durch Sie schon so viel Verdruß erlitten hat? Seien Sie vor- sichtig. überlegen Sie Ihre Antwort ge nau, sie lann ernste Folgen für Sie haben!" „Ich habe bereits unter Eid ausge sagt," erwiderte Robert Power mit Nachdruck, „daß ich sosort die Hand schrift des Herrn Saint Alban erkannte, als ich dieses Stück Papier sah." „Sie zweiselten also nicht.daran?" „Nicht im geringsten." „Aber Sie können sich geirrt ha ben?" „Daran kann ich nicht glauben." „Sehr gut. Ich werde im Stande sein, Ihre hartnäckige Behauptung zu gelegener Zeit ins rechte Licht zu setze», dessen bin ich sicher. Wann erhielten Sie jene Briese von Mr. Saint Alban?" Der junge Sergeant überlegte einen Augenblick. „Es könne» etwa fünf Jahre da rüber vergangen fein, soweit ich mich erinnere.- „Sie haben die Briese vernichtet. Wann geschah das?" „Wenige Monate später, als ich Manchester verließ. Ich zerriß sie mit aiidcrcn Papiere», deren Aufbewah rung ich für nutzlos hielt." „Es ist also schon fünf Jahre her, daß Sie zum letzten Male die Hand schrift Mr. Saint Albans gesehen ha be», und doch erinnern Sie sich so deut lich derselben? Ich gratulire Ihnen zu Jhreni außerordentliche» Gedächt niß," bemerkte Mr. Ford mit einem spöttischen Lächeln. »Ich habe schon gesagt, daß die Handschrift sehr auffallend war," er widerte Sergeant Power, „und deshalb war sie so leicht zu erkennen." „So sagten Sie. Im Interesse eines Unschuldigen, welchen man eines schänd lichen Verbrechens anklagt, werde ich glücklicherweise im Stande sein, gerade das Gegentheil zu beweisen uud Sie zu beschämen. Sie könne» jetzt gehen, aber halt, nocluinen Augenblick," fügte Mr. Ford hinzu, als Sergeant Power die Zeugenbank verlassen wollte. „Ich habe noch eine Frage an Sie zu rich ten. Wir haben gehört, was Sie über die Handschrift aussagten. Jfi diese das einzige Glied, welches meinen Klien ten mit dem Verbrechen in Verbindung bringt?" Sergeant Power zögerte. .Warum antworten Sie nicht?" sagte Mr. Ford streng. „Wenn Sie mich nicht verstehen, obgleich ich deutlich genug spreche, wie ich glaube, so will ich meine Frage in anderer Weise stellen. Würde es Ihnen ohne das Stück jenes Briefes, das Sie ge funden, oder gefunden zu haben be haupten, eingefallen fein, Mr. Saint Alban niit dem Morde in der Villa Rob Roy in Verbindung zu bringen?" „Nein, natürlich nicht," erwiderte Robert. „Ohne diesen Umstand würde ich nicht an ihn gedacht haben." „Ich danke Ihnen, das ist Alles, was ich wissen wollte," erwiderte Mr. Ford. „Wir können nun mit den an deren Zeugen fortfahren." 16. TaZ Interesse für den Fall war im Wachsen. Ter große Advolat von Sandbank wandte fich selbstgefällig und triuinpliirend an Mr. Saint Alban und wechselte flüsternd einige Worte init ihm. Tic Fra» desselben belohnte den Advokaten mit einem schwachen Lächeln. Ein Keniurmel ging durch den Saal, denn die Zuschauer tauschten ilire Mei nungen mit einander aus. Sergeant Power Halle sich inzwischen ernst und bleich neben den »»erschütterliche» M?. Tom Brüse! gestellt. Tie nächste Zeugin war Frau Gre gory. Ihr verwirrtes Wesen, das aber ihre Redseligkeit nicht beeinträch tigte. diente zur Belustigung der Zu schauer. Tie würdige Daiue wurde zuerst vo» dem Inspektor Gadd befragt. wc!ck>cr zwar daran verzweifelte, einen so mächtige» Gegner, wie Mr. Ford, z» besiege», aber doch eine gewisse osfi zielle Ruhe beibehielt. Sie sagte aus, was sie von Madeleine Faure wußte. Der Zwischenfall mit dem Brief, den die letztere um die Mittagszeit erhielt, wurde von ihr bestätigt, und dann er zählte sie über das Eintreffe» jener ge heiiniiißvollc» Frau am Abend dessel ben Tages. Nachdem sie dann »och nähere Angaben über die Aufsindung der Leiche am nächsten Morgen gemacht hatte, war die Dame mit ihrer Kennt niß von der Sache zu Ende. Aber Mr. Ford hatte nun natürlich noch seine Fragen zu stellen. Er erhob sich und zeigte jetzt ein ge winnendes Lächeln aus seinem blühen den Gesicht, denn er hatte es mit e>n-r Dame zu thun. „Nun, Frau Gregory," sagte er. „Sie haben hübsche, klare Auge», und ich dars wohl sagen, daß sie auch scharf sind, glauben Sie, daß Sie eine Frau von einem Manne unterscheiden kön nen, wenn Sie sie sehen?" „Mein Himmel!" erwiderte die Dame, „was sür eine merkwürdige Frage! Natürlich kann ich eine Frau von einem Manne unterscheiden." „Nun also, das habe ich mir auch gedacht." sagte Mr. Ford trocken, wäh rend im Publikum Heiterkeit ent stand. „Niin sehen Sie einmal diesen Herrn da drüben genau an," fuhr der Ver theidiger fort, indem er auf den Ange klagten deutete, „halten Sie es für mög lich. daß Sie ihn mit einer Person Ihres Geschlechts verwechseln lönnen?" Aus dem gewöhnlich glatt rasirten Gesicht Mr. Saint Albans war der Bart bereits etwas hervorgetreten, und als er mit einem humoristischen Lächeln seine weißen Zähne zeigte, hatte sein Anblick augeiilcheinlich nichts Weib liches. „Nein, mein Herr," erwiderte Frau Gregory, „ich bin sicher, daß ich ihn nicht verwechieln könnte, so wenig als meine» theuren, verstorbene» Mann, von welchem jeder Zoll «in Manu war." „Sie haben aber doch gehört, daß dies der Herr sein soll, welcher als Frau verkleidet in Ihr HauS kam? Ohm Zweifel wissen Sie das besser," be merkte Mr. Ford in verbindlichem Tone, „Sie sind nicht so leicht zu täu schen! Nu», wie sah die Frau aus, welche Sie gesehen haben? Theilen Sie dem Gericht offen mit, welchen Ein druck sie aus Sie machte." „Nun, was ihr Gesicht betrifft," er widerte Frau Gregory, „so konnte ich dasselbe nicht erkennen, denn sie war bis über das Kinn eingehüllt unt hatte einen dichten Schleier vor: auch war eS damals sehr dunkel im Flur." „Aber dennoch erkannten Sie dic Person als eine Iran und nicht einen Mann, glaube ich?" „Ja, mein Herr, ich hielt sie entschie den für eine Frau, und was noch mehr ist, ich glaube nicht, daß das arme er mordete Wesen eS gewagt haben würde, ein Haus, wie das mcinigc, durch solche schlechten Streiche zu beleidigen, indem sie einen Man» hereingesuhrt hatte. Dessen halte ich sie nicht sür sahig." „Sehr gut. Und Sie lütten sich auch d'»rch ei» solches Kunststück nichi tauschen lassen, «sie waren überzeugt, daß jene Person eine Frau war uiie tei» Man», sonst...." „Ich würde ihm schön heimgeleuchtet haben," un!erb:ach ihn Frau Gregory mit „daraus können Sic sich verlasse». Solch' dreiste, nichts würdige Gesellschaft!" „Wir können also annehmen," er widerte Mr. Ford mild, „daß Sie über die Sache durchaus nicht im Zweisel sind. In jenem Herrn dort drüben er> lcunen Sie »ich! die geringste Achiilich !eit mit der Frau. welche Ihr HauS in Geic!l>chast der Ermordeten besuchte?" „Nein, mein He.r. TaS kann ich mit gutem Gewissen sagen." „Ich danie Jlmen, wir sind Ihne» Alle sehr verbünde» für Ihre ll»ge und aufrichlige Aussage." sagte Mr. Ford, sich iriumphirend gegen die Nichter wendend. „Ich habe nichts mehr zu irageii," Noch einige andere Zeugen wurden kurz verhört.' Tie Nichte der Fra» Gregory. Mr. ParkinS vom Royal Hotel, Elisabeth Baker, das Zinimer mädcheii. Wales, der Zimmcrinann, der Polizist, -welche» Robcrt Power über de» Ausgang der Ermordeten und über die Richtung nach dem Strande hin befragt hatte, dann auch Mr. Biiisel. Ihre Aussagen berührten jedoch nicht unmittelbar den Fall, und Mr. Ford hielt eS nicht sür der Mühe werth, ihnen Fragen zu stelle». Der einzige Zeuge, welchen der Advokat befragte, war Toltor Allen, und seine Fragen be zogen sich aus einige Beincrlliiige» des Letzteren, daß das Verbrechen nach sei nem Tasnrhalten von solcher Brutalität war, daß man schwerlich eine Frau der selben sür sähig halten könne. Da je doch der Arzt nicht behaupten konnte. eS sei »»möglich, daß eine Frau die nö thige Kraft besitzen könne, um ein so abscheuliches Verbrechen zu verüben, so gelang es Mr. Ford, den Eindruck die ser Zeugenaussage abzuschwächen. Tic Anklage hatte jedoch noch eine Karte übrig und spielte sie aus, indem sie John Earr aufrief. Beim Erscheinen dieses Zeugen be trachtete Saint Alban denselben arg wöhnisch, als ob er nicht im Stande sei. die Tragweite desselben zu beur theilen. Aber die Sache klärte sich bald auf. John Earr war ein Setzer in der Buch druckerei der „Sandbanter Zeitung", ein Man» von mittlerem Alter und wohnte in St. Euthbert. In der Nacht des 24. Oktober war er nach beendig tem Tagewerk kurz vor Mitternacht nach Hause gegangen: sein Weg führte ihn durch die Hamiltonstraße, an der Villa Rob Roy vorbei, bis hinaus zu dem lleinen Dorfe. „Was haben Sie gesehen, als Sie in jener Nacht »ach Hause gingen?" sragle ihn der Inspektor Gadd. „Ich sah Jemand laufen, der etwas in der Hand hielt." „War es ein Mann?" es war ein Mann." „Sie haben keinen Zweifel daran?" „Nein, mein Herr. Es war ganz sicher ein Mann." „Wo haben Sie ihn gesehen?" „Gerade aus der Höhe der Straße nach Euthbert. Ich war aus deni Wege »ach dem Dorfe, und der Mann, den ich fah, schien querseldei» nach der See hin zu eilen." „Er hielt etwas in der Hand, sagten Sie? Wie sah das aus?" „Ich konnte eS nicht deutlich erken nen, aber ich hielt es für eine lederne Tasche." „Wie weit ist der Punkt, wo Sie jenen Mann sahen, von der Villa Rob Roy entsernt?" „Es kann etwa «ine Viertelmeile sein." Hier stellte der Vorsitzende eine Frage. „Habe» Sie diesen diesen Mann genau bemerkt?" Haben Sie zum Beispiel sein Gesicht gesehen?" „Nein, Euer Ehren, ich konnte sein Gesicht nicht sehen, ich war zu weit von ihm entsernt." „Tann tonnen Sie also sein Aeuße reS nicht genau beschreiben?" „Nein, mein Herr. Ich sah nur eine Gestalt, welche, wie ich glaube, eine Tasche in der Hand hielt." „Sie wären also nicht im Stande, diese Person wieder zu erkennen?" „Ter Zeuge sagte aus," bemerkte Inspektor Gadd/ zum Gericht gewendet, „daß er nicht im Stande sei, die Per son. die er gesehen, wieder zu erkennen. Wir unterließen es daher, wie gewöhn lich, einen Versuch zu machen, ob er im Stande wäre, den Angeklagten aus einer Gruppe von Leuten herauszu finden." Nun erhob sich Mr. Ford. .Wirklich, Herr Inspektor," bemerkt» er. »ich vermag nicht zu begreifen, warum Sie überhaupt diesen Zeugen vorgeführt haben! Er kann ja gar nichts aussagen. Es gibt eine Menge Leute, zum Beispiel Arbeiier. welche in jener Gegend, in der Nacht oder früh des Morgens mit einer Tasche gesehen werden, und Feldarbeiler, Fa brikarbeiter und dergleichen," fügte Mr. Ford spöttisch hinzu, „tragen zu weilen Bündel, Taschen oder andere Sachen in der Hand." „Um welche Zeit haben Sie diesen, Mann gesehen?" fragte der Inspektor, ohne auf den Advokaten zu achten. „Ich verließ die Stadt etwas vor zwölf Uhr," erwiderte John Earr; „ich brauche etwas mehr, als eine halbe Stunde, um bis zu der erwähnten Stelle zu kommcn, es war also etwa halb ein Uhr, als ich den Mann sah. Es kann aber auch etwas später gewe sen sein." „Sie kamen gestern zur Polizei und machten freiwillig die Angaben, welche Sie jetzt vor Gericht wiederholten, nicht wahr?" „Ja, mein Herr. Ich hörte davon, daß ein Mann wegen des Mordes in der Hamiltoiiftraße verhaftet worden sei, und da erinnerte ich mich an das, was ich gesehen hatte. Ich ging aus die Polizei, weil ich dachte, meine Nach richt lönne von Nutzen sein." Inspektor Gadd bemerkte jetzt, da« er an den Zeugen keine Frage mehr zu stellen habe. Mr. Ford erhob sich. „Obgleich es vielleicht taum der Mühe werth ist," sagte er, „will ich doch noch einige Punkte ausllären. Ter Mann, den Sie sahen," wandte er sich an den letz ten Zeugen, John Barr. „trug, wie Sie sagten, eine Tasche? Sind Sie sicher, daß es eine Tasche war?" „Ich kann es nicht bestimmt sagen, aber eS schien mir so." „Es kann auch ein Sack gewesen sein?" „Ja, das ist möglich." „Oder ein Korb, in welchem Arbeiter ihre Wcrtzeuge tragen?" „Ja." „Kurz, es könnte alles Mögliche ge wesen sein, nicht wahr?" „Ich habe in meiner Angabe gesagt, daß er etwas in der Hand trug," er widerte John Earr gereizt, „weiter gehe ich nicht." „Ganz recht. Bleiben Sie bei der Wahrheit, das ist das Beste. Was nun den Mann betrifft, so konnten Sie ihn nicht genau sehen?" „Nein. Es war sehr dunkel und ich sah nur einen Schatten." „Sie können nicht sagen, wie er ge kleidet war?" „Nein, mein Herr." „Vielleicht trug er Arbeiterkleidung?'' „TaS ist möglich, mein Herr." „Noch etwas. Gehen Sie häufig pät in der Nacht nach Hause?" „Ich gehe zu allen Stunden nach Hause, je nachdem ich mit der Arbeit fertig werde." „Aber jedenfalls sind Sie zuweilen bis nach Mitternacht beschäftigt?" „O ja. mein Herr, und selbst noch später." „Selbst noch später. Nun also, be gegnen Sie zuweilen Leuten während Ihres Hcimwcgs in den Morgenstun den?" „Ja. zuweilen, aber meisten? begegne ich keiner Seele, ausgenquimen vielleicht einem Schutzmann." R „Aber zuweilen kommt es doch vor?" „Ja, mein Herr, besonders im Som mer, wenn viele Fremde hier sind." „Als Sie diesen Mann sahen, siel Ihnen das nicht auf? Ich meine, Sie wunderten sich nicht darüber, daß Sie jemand den Kreuzweg hinabgehen sahen?" „Nein, mein Herr, das kann ich nicht sagen. Ich dachte erst wieder daran, als ich hörte, daß man einen Mann als den Mörder sucht." „Ganz richtig. Das ist alles, was ich wollte." „Wir haben keine weiteren Zeugen mehr vorzuführen." erklärte der Jn speltor. Jetzt war wieder die Reihe an Mr. Ford. Er erhob sich mit wichtiger Miene. Niemals, so begann er, sei er während seiner diesjährigen juristischen Erfahrung so sehr erstaunt gewesen, als bei diesem Fall. Eine Leichtsertig leit, wie sie hier zu Tage getreten, er scheine ihm fast unglaublich. Und nun hielt der Advokat eine seiner glänzend sten Verthcidigungsredc» voller Ent rüstung über sein verletztes RcchtSgc siihl, voller Bewunderung für den Geist, die Menschenliebe, die Bildung seines Klienten, sür den Fleiß, die Thatkraft und Rechtlichkeit, welche ihm feine an gesehene. hohe Stellung in der Gesell schast verschafft haben, voll bitterböser Seitenhiebe auf das ungeschickte Vcr sahren der Polizei, voll milder Aner kennung sür die unbefangene, klare Aussage und die Intelligenz jener wür digen Zeugin, Frau Gregory, deren Angaben allein schon genügien, den auf so schnöde, unsinnige Weise beschuldig te» Mr. Saint Alban von aller Schuld freizusprechen. „Aber ich bin zum Glück im Stande," führte Mr. Ford weiter aus, „dem Ge richtSHM noch bessere Beweise von der Unschuld meines Klienten vorzulegen. Die Anllage gegen ihn beruht aus einem Stück Papier, aus welches einige sran >osische Worte geschrieben sind. Dann hat man zu behaupten versucht, der Mord sei ein so entsetzlich grausamer und brutaler, daß er nothwendigerweise von eniem Manne begangen sein müsse. Hch lann mich nicht damit auskalten. die Leichljertiglcit einer so lächerlichen Behauptung hier klar zu stellen, ich habe nur Verachtung dasür, und gehe sogleich z» der Handschrist über. Ter Erdoltor und Polizeisergeant, welcher als Zeuge austrat, hat aus seinen Eid erklärt, daß er die Handschrist als die veS Herrn Saint Alba» erkannt habe. Warum hat er das gethan? Ich bin nicht im Stande, mir dies zu erklären. ES ist nicht geleugnet worden, daß früherer Zeit dieser medizinische Schutz mann einige Bekanntschast mit Mr. Saint Alban hatte, und daß der Letz tere, der sich für einen noch wenig auf geklärten Zweig dcr Wissenschaft inlcref firte. einige kurze Briese mit ihm ge wechselt hat. Aber wenn der schutz männische Erdoktor im Stande wäre, diese kurzen Briese vorzulegen, so würde man aus den ersten Blick sehen, daß die Handschrist sehr verschieden von der der sraiizösischen Worte auf jenem Stück Papier ist. Ich werde Zeugen beibrin gen," sagte Mr. Ford mit Nachdruck, „welche sast täglich Briese von Mr. Saint Alban empfingen und die ihn , wirklich an seinem Schreibtisch schrei ben sahen. Wenn es nöthig wäre, könnte ich selbst als beeidigter Zeuge in Bezug auf seine Handschrist austreten, denn das Vertrauen, mit welchem er mich seit einiger Zeit beehrte, setzt mich in den Stand dazu. Aber das ist über flüssig! Ich werde überdies noch Zeu gen ausrusen, um zu beweisen, daß Mr. Saint Alban in der Nacht tzes 24. Oktober sich in seiner Wohnung, im Marinehotel besand und sich srüh- Schlase des Gerechten nie derlegte. Die wichtigste Zeugin," snhr Mr. Ford mit einer theatralischen Handbemegung fort, „welche durch ein Wort beweisen könnte, daß mein Klient sein Zimmer nicht verlassc» hat, nämlich seine Gattin, dic Dame, welche hier sitzt und diese schweren Stunden so edel ertragen hat. darf nicht sprechen, wie Sie wissen, ihre Lippen sind ver siegelt. Aber ich habe ein andercS, ganz ebenso überzeugendes Beweis mittel, welches Sie veranlasse» wird, ihn ohne den geringsten Schatten oder Flecken auf feinem Charakter der Frei heit zurück zu geben. Kein anderer Ausweg, wage ich zu sagen, bleibt den Richtern offen, welche ängstlich darüber wachen, daß die Gerechtigkeit siegt, und welche durch blöden Irrthum, oder vielleicht noch etwa!. Schlimmeres, auch ihrerseits in eine ähnliche Lage, wie die gegenwärtige, kommen können. Ich weiß nicht, ob mein Klient, wenn er einmal von dieser abscheulichen Anklage befreit ist, beabsichtigt, Schritte zu thun, um Diejenigen zu bestrafen, welche auf so unbedachte Weise die ge heiligte Freiheit eines britischen Unter thanen angetastet haben. Das ist eine Sache, die von seinem Willen abhän gen u»d später in Betracht kommen wird. Für jetzt beanspruche ich in sei nem Namen die einzige Genugthuung, welche die Gerechtigkeit einem Unschul digen gewähren kann eine schnelle Freilassung und eine Erklärung, daß er zivar beleidigt, aber schuldlos uud fleckenlos das Gericht verläßt." Der Beifall, welchen Mr. Fords glühende Beredtsamleit hervorrief, wurde von dem Vorsitzenden streng zurückgewiesen. Als er verstummte, erschien Mr. MacGregor auf das Ver langen des Advokaten auf der Zeugen bank. Ter Verwalter des Marine hotels verschwendete keine Worte. Als er« gefragt wurde, ob er Mr. Saint Albans Handschrift erkenne, brachte er sofort einen ganzen Stoß von Briefen und Dokumenten zu Tage. Die Schrift auf diesen Papieren zeigte eine fließende, kaufmännischeHandichrift, ganz unähn lich den dünnen, ausrechten, spinnen artigen Zügen auf jenem Stück Papier, das von Sergeant Power in der Villa Rob Roy gesunden worden war. Dic Richter betrachteten die Handschrift ge nau und schüttelten ernst die Köpfe. MacGregor wurde befragt, ob er darauf schwören könne, daß dies die Handschrift Mr. Saint Albans sei. bejahte diese Frage entschieden. Viele der Schriftstücke, welche sich aus das Mariuehotel bezogen, waren in sei ner Gegenwart geschrieben worden und er bezeichnete mehrere davon als solche Beispiele. Ein Schreiber, der Gehilfe von Mac- Gregor, machte eine ähnliche Aussage. Zwei Dieser des Hotels sagten noch aus, am Abend des 24. Ottober sei Mr. Saint Alban nach dem Diner in sein Zimmer gegangen und habe es, so viel sie wüßten, in dieser Nacht nicht wieder verlassen. Der zweite Haus knecht, Sergeant Powers Bekannter, erinnerte sich ganz deutlich, daß er schon vor Mitternacht die Schuhe des.Herr» Saint 'Alban vor dessen Schlaszimme' fortgenommen habe. Damit war der Fall entschieden. Die Verhandlung hatte lange ge dauert, aber das Interesse war so leb hast erregt gewesen, daß die Richter nicht einmal daran dachten, die Ver handlung zu unterbrechen, um zu früh stücken. Jetzt zogen sie sich in ihr Zim mer zurück, und während ihrer Abwe senheit besprachen sich die Zuschauer sehr ungezwungen. Es gab nur eine Meinung die Polizei hatte einen groben, unverzeihlichen Mißgriff ge macht. Mr. Saint Alban war unschul diger Weise beleidigt worden. Die Berathung der Richter währte nicht langc. Sie kamen zurück, nnd olsbald herrschte tiesste Stille, man hätte eine Nadel fallen hören können. Mr. Saint Alban erwartete die Ent scheidung ohne Spannung, mit spötti scher Haltung, seine Frau hielt ihre cr loscheucu Augcn zu Bodcn gerichtet. „Wir finden," sagte der Vorsitzende, indem er sich höflich gegen den Ange klagten wandte, „daß kein Anzeichen vorhanden ist, Sie mit der schweren Anllage in Verbindung zu bringen. Wir haben übrigens gefunden, daß es ein großer Mißbrauch unserer Gewalt wäre, wollten wir die Leiden verlän gern. welche in Folgc ciiics seltsamen, aber, wie wir glauben, unbeabsichligten Irrthums. Ihnen auserlegt wurden. Tie Klage ist zurückgewiesen, und Sie verlassen den Gerichtshof, ohne einen Flecken aus Ihrem Charakter." Donnernder Beisall begrüßte diese Worte und Vir. Saint Alban verneigt« nch höflich. „Ich kann noch hinzufügen," fuhr der Präsident fort, ..daß der Gerichts hof es für seine Schuld hält, sein herz- lichstes Bedauern darüber auszudrücken, daß Ihnen soviel Verdruß und Unan nehmlichkeiten verursacht wurden, welch« durch den unglücklichen Zusall noch er schwert worden sind, daß ein Sonntag zwischen Ihre Verhaftung und Ihr Er scheinen vor Gericht siel." Mit gesenkten Köpfen und düsteren Mienen standen der Inspektor Gadd, Mr. Brusel und Robert Power bei sammen, während die Zuschauer den Saal verließen. Sie waren Zeugen, wie Herr und Frau Saint Alban, um geben von gratulirenden Freunden, triumphirend den Saal verließen. Aber ein noch schwerer Schlag stand ihnen bevor. Ein Bote mit einem Telegramm für den Inspektor trat ein. Dieser öffnete es, und nachdem er es gelesen hatte, ries er aus: „Gott sei uns gnädig! Da, lesen Sie einmal." Gespannt warfen die Detektivs und der junge Sergeant einen Blick aus dasselbe; Erstaunen und Verdruß malte sich in ihren Mienen. TaS Telegramm lautete, wie folgt: „Dover, vom Detektiv Springwell. Heute Morgen eine französische Dam« verhastet, Name Charlotte Duvivier. Sagt, sie sei Gouvernante bei Sir John Hunter. Shawl mit Blutflecken in einem ihrer Koffer gefunden. Hab« Verdacht, daß sie mit dem Mord in der Hamiltonstraße in Verbindung steht, da sie Sandbank erst Sonnabend ver lassen hat. Senden Sie sogleich einen Beamten mit Verhastsbefehl, welcher sie zurückbringt." 17. Tie Nachricht von Saint Albans Anklage und Freisprechung durcheilte das Land. 'Das Verbrechen in der Villa Rob Roy hatte schon längst allge meine Ausmerlsamkcit erregt und wurde in allen Zeitungen besprochen. Die öffentliche Meinung sprach sich sehr ent schieden zu Gunsten des Freigesproche nen aus und verurtheilte das Auftreten der Polizei. Bald erfuhr man auch von der Ver haftung in Dover. Dieser Umstand wurde natürlich gleichfalls zum Schaden der Polizei ausgebeutet. „Während die Polizei." hieß es in den Zeitungen, „ihre Zeit mit einer lächerlichen und unmöglichen Anklage vertrödelte, kam schon die Nachricht, daß eine Frau dieses Mal also nicht ein Mann ver hastet worden sei, unter Umstünden, welche schwere Anzeichen für ihre Schuld liesern. So lange die Sache noch dem Gericht vorliegt, darf man natürlich noch nicht sagen, daß der Urheber des entsetzlichen Verbrechens entdeckt wor den ist." In Folge des Mißlingen? der An klage gegen Saint Alban »nd des Be strebciis der Behörde, mit äußerster Vorsicht vorzugehen, um einen neuen Irrthum zu vermeiden, war eine kleine Verzögerung eingetreten. Aber endlich wurde die Gefangene nach Sandbank gebracht und in derselben Zelle einquar tirt, welche vor Kurzem der berühmte Selbmann und Menschenfreund einge nommen hatte. Es war Abend, als El arlotte Duvivier und ihre Wächter in den Bahnhof einfuhren. Power suchte sich eine Stelle auf, von wo aus er ihr Aussteigen beobachten konnte, und als er dort auf dem Posten stand, erschien ein hochgewachsenes, schönes Mädchen, welches bitterlich weinte. 18. Die verhaftete Charlotte Duvivier war nicht ohne Freunde. Sie Halle ihre Zelle kaum betreten, als ein Herr mit einer Dame und einem Kind in >as Polizeigebäude kam. Der Herr hatte das Aussehen eines Landjunkers, jedoch ein etwas vornehmes Wesen, wel ches bewies, daß er nicht nur in freier Luft aus dem Felde, sondern auch in anderen Kreisen sich zu bewegen ver stand. Dic Dame war elegant ge kleidet und gehörte augenscheinlich der vornehmen Welt an. „Ich bin Sir John Hunter." sagte der Herr zum Inspektor Saunders, dcr von. Dover hierher gesandt worden war. um Inspektor Gaddin der Untersuchung des Mordes in dcr Hamiltonstraße zu ersetzen. „Das junge Mädchen, das Sie verhaftet haben, stand in nieinen Diensten als Gouvernante meines Kin des hier. Meine Frau und ich interes stren uns außerordentlich sür die Ange legenheit. Sobald wir die Nachricht erfuhren, eilten wir hierher und sind vor taum einer Stunde angelommen. Wir sind fest überzeugt, daß hier ein Irrthum vorliegt." Inspektor SaunderS verbeugte sich vor dem Herrn und der Tome mit großer Höflichkeit und hörtc ihre Aus sagen ernsthast an. „Ich kann Ihnen nur wenig mit theilen." erwiderte er. „die Verhaftete wurde heute Abend von Dover gebracht, sie sagt aus. wie Sie sagen, daß sie in Ihren Diensten war, und sich auf dcr Reise nach Frankreich befunden habe, uni ihre Verwandten zu besuchen, wozu sie von Ihnen Urlaub erhalten habe." (Fortsetzung folgt.) Warum sie einschlief. Mutter (die während eines BesucheZ eingenickt ist, ausmachend): Ach Par don! Ich bin etwas eingenickt. die große Hitze ! Herr: Biltc, gnädige Frau ich habe gar nichts ge merkt! (Nachdem der Besuch sortist). Mutter: Run. hat sich der Reser-ndar endlich erklärt? Tochter: Nein, das nicht, aber er hat mir so interessant von stinkn Reisen erzählt! Mutter: Sonst nichts? Na. wenn ich dos gewußt 'hatte, dann wäre ich nicht cinzeschla» Selbstbewußtsein. Leh rer (zu einem Schüler): Sagt mir. Karl, was ist Deine Mutter? Karl: Kinnermadel. Lehrer: Und Dein Va ter? Karl: Keg«lbua. Lehrer, Und was bist denn Du? Karl: Brezel, maa. »t« Rache et««» verschmäh«»» / Lt«hh»»«rO. Aus Wien berichtet das dortig» .Fremdenbkatt": Am 14. Juli v. I. sollte in einer galizifchen Pfarrkirche die Trauung des Grundbesitzers Iwan Tobaczuk mit der Tochter eines Guts besitzers, Augusticz, stattfinden. Alles war vorbereitet, die Kirche zum Er drücken voll, die Braut, die beiderseiti gen Beistände, der Priester wartete nur der Bräutigam erschien nicht. Die Trauung konnte nicht stattfinden, denn der Bräutigam wurde auch Nachmit tags nicht gesehen. Erst Abends wurde der Unglückselige von den überraschten Einwohnern bemerkt. Er lief athem los zum Geimiiidevorstand, dem er das erzählte, was bald darauf Gegenstand einer Strafverhängung vor dem KrtiS gerichte war. Ein Nebenbuhler, der 25jährige Jo hann Duriak, der von den Eltern der Emma Augusticz abgewiesen war, hatte an dem bevorzugten Bräutigam Rache genommen, indem er ihn gewaltsam an dem Erscheinen zur Trauung verhin derte. Er war mehrere Stunden vor her bei Tobaczuk, dem Bräutigam, er schienen und meldete "ihm, der Gemeinde vorstand wünsche ihn dringend zu spre chen. Arglos folgte Tobaczuk dem Durjak und auffällig erschien es ihm nur, daß Letzterer ihm sagte, daß der Bürgermei ster erwarte ihn nicht in seiner Amts wohnung, sondern in seiner (des Dur jak) Wohnung. Da indeß der Gemein devorstand machmal den Durjak zu be suchen pflegte, so überwand Tobaczuk auch diesen Argwohn und folgte dein Durjak in seine Wohnung. Dort an gelangt, schob Turjak seinen Begleiter in das Zimmer, sperrte die Thür mit einem Schlosse ab, steckte den Schlüssel zu sich und ging davon, nachdem er solchermaßen den Tobaczuk zum Ge fangenen gemacht hatte. Der Letztere erkannte bald, daß er seinem Neben buhler in die Falle gegangen war. Alle seine Versuche, sich aus der Gesan genschast zu befreien, waren vergeb lich. DaS Haus gehörte früher zu einem Kloster und hatte solide Gitterstäbe an den Fenstern, und an der fest verschlos senen Thür ließ sich nicht rütteln. Seine Hilferufe verhallten nngehört, und da die beiden Fenster des Zimmer? in einen engen Luftrauni mündeten, konnte er auch nicht gesehen werden. So verbrachte er viele qualvolle Stun den, während man in der Kirche ver gebens seiner harrte. Erst spät Abends erschien Durjak, öffnete die Thür und entließ seinen Gefangenen mit den höhnischen Worten: „Eile in die Kirche, Du wirst sonst zn spät kommen!" Durjak selbst ergriff die Flucht und konnte erst an einem der nächsten Tage ausgeforscht und verhaftet werden. Aus der Heirath des Tobaczuk wurde nichts, die Braut und deren Eltern hatten aus Scham und Wuth den Ort verlassen und wollten von der Sache nichts mehr wissen. Durjak wurde vom Kreisgerichte wegen Verbrechens der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch Einschränkung der persönlichen Freiheit >u zivei Jahren schweren Kerkers verur theilt. Er ergriff die Nichtigkeitsbe schwerde. Der Kafsationshof verwarf dieselbe jedoch nnd bestätigte das erste Urtheil. Sonderdare Gebräuche »uS frühe» ren Zeiten. Auf dem Württembergifchen Schlosse Hohentwiel herrschte während des Mit lelalters der Gebrauch, daß alle fürstli chen Personen, welche die Festung sehen wollten, Steine von 50 IVO Pfund schwere vom Fuß des Berges bis an das Thor tragen mußten, worauf sie dort niedergelegt und mit dem Namen des fürstlichen Trägers bezeichnet wur den. Starb in Frankreich ehemals .'in Fremder, ohne naturalisirt zu sein, so beerbte ihn der König. Zu Bes singen wurde ein Strohwisch vor die Thüre des Hauses gelegt, in dem Je mand gestorben war; war aber ein Kind geboren worden, so wurde ein Stück Leinwand mit einem Püppchen vor die Thür gehängt und, wenn es ein Knabe war. noch ein Federkiel da ran gebunden. Die Polen mußten dein Papste dafür, daß er ihnen im Jahre ltlö-t ihren Prinzen Kasimir aus dem Bcnediktinerkloster losgab, drei Dinge bewilligen, nämlich daß von je dem Hanse in Polen außer denen der Edelleute jährlich ein Pfennig »ach Rom zu dem ewigen Lichte in der Peterskirche sollte gesteuert werden; zweitens, daß alle Polen ihre Köpfe wie die Benediktiner sollten scheeren lassen, und drittens, daß die Edelleute während des Gottesdienstes ein weißes Tuch um den Hals hängen sollten. Uebrigens war eS Gebrauch der pol nischen Edelleute, so oft der Priester am Altar das Evangelium verlas, ihre Säbel halb zu entblößen und nicht eher wieder einzustecken, als bis die Worte gesungen „Gloria Tibi Domine!" um anzudeuten, daß sie bereit wären, Gut und Blut für die Religion einzusetzen, daher kam die Redensart: „In Polen werden viel Säbel gezogen und fließt doch kein Blut." Wollten die Polinnen Geld von ihren Männern haben, so mußten sie .ihren Herrn Wohlthäter" lnieend darum bitten. In Sicilien wurde ehedem scharf darauf geachtet, daß kein Fraueiizimmer, ja nicht ein» mal ein junger Mann, der noch keinen Lart hatte, in einem öffentlichen Wirthshause übernachtete, und es waren besondere Wächter sür die Aufrechterhal tung dieses Gesetzes abgestellt. In Un zarn durste kein unverheiratheter Jüng ling in einem Federbett schlasen. in Lithauen galt das Liegen auf Betten überhaupt sür Schande und selbst Wöch > aerinnen begnügte» sich mit einer har- !en Bank. Wer sich genau mit der l Beschichte älterer Zeiten beschästigt, ! lönnte die Ruhe solcher sonderbaren Ge» brauche ins Unendliche ausdehnen. 3
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