Tin? Weise durch Finnland. « Von H. Haefker. Tie Ttadt Wiborg und der Saima-See mit feinem Kanal. Land schaftliche Schönheiten im Innern des Landes. Einc Fahrt zwi schen den „Tausend Seen". Aus dem Schweigen spricht Finn lands Sprache! Im Schatten seines gewaltigen Schweigens sprechen die Felsen von den Kämpfen vergange ner Jahrtausende, reden die Wasser donnernd von ihrem drohenden Zorn, sausen und brausen die Kiefernwäl der, flüstern die Birken in roter Sonnenglut von Kalevas Sagen, Sehnsucht, Schönheit und Hoffnung. Inmitten des düsteren Schweigens, schen in ihren armseligen Katen liegt, sprechen ihre leise gesummten Vaterlandslieder, die Bllcherschätze, die stumm in jeder Bauernstube lie gen, die Augen, die leuchtend und traumverloren in die Ferne schwei fen, der Klang und das leise Lä cheln, die das Wort „Suomi" »Finnland" umschweben. Und es sprechen die modernen Städte, die, lügen Jahrzehnten inmitten der Hau sen von Holzhäusern emporgestiegen sind, die Museen, die Sammlungen. Schlichtheit, die in Farbenpracht und Blütendust prangenden Anlagen, zu denen jeder Fußbreit Erde von Men schen herbeigeschleppt worden ist. Ein Besuch Helsmgsors, das vielen Reisenden bereits bekannt ist, genügt keineswegs, um die Schönheiten und Eigentümlichkeiten des Landes, an denen Finnland so reich ist, kennen und lieben zu lernen. Dazu muß man tieser ins Land hinein. Erst in Viborg, Katko und Frederikshamn lernt man das Wesen Finnlands und seiner Bewohner kennen. In den Strecke de» SaimakanalS; Schleuse. kleinen Städten und Dörfern öffnet sich einem erst die Volksseele, die im Gedränge der großen Städte ver schlossen bleibt. Wiborg bietet fast das gleiche Bild wie Kotka und Fredrikshamn, doch ist infolge der Nähe von Petersburg der Berkehr größer, das Sprachenge wirr mannigfaltiger, wozu auch eine starke Garnison beiträgt. Ein altes, vielumstrittenes Schloß liegt am Wasser. Der allerorten rege Eifer sür Finnlands Vergangenheit und lvie Hafenstadt Wiborq. an der Mündung deS LaimakanulS flclcgen. Wiborg wurde 1L93 als schwedische gegen Rußland errichtet und 17lv di« Bewahrung seiner ethnographi schen Eigenart hat auch hier zur Er bauung eines schmucken Rathauses mit einem kleinen Kulturmuseum ge ! führt, das aber aoch In den Ansän ! man zu dem eine halbe Stunde ent fernten Parte Monrepos des Barons Nikolai. Hier erhält man den ersten Einblick in die Natur des inneren Landes. An den vichtbewaldeten Ufern des Saimafees erhebt sich ein durch „Verwerfung" entstandener stei ler Hügelrücken, dessen Höhen und Uferschluchten geschickt zur romanti schen Anlage eines Parkes benutzt worden sind. Wo der Hügel sich senkt, liegt, in einem weiten, leicht gewellten Garten voll uralter Birken. Fichten, Erlen und Lärchen, das leicht hingesetzte Sommerschloß des Besitzers. Aus dem Rücken des Fel sens dehnt sich ein von Gesträuch und Forst übersponnenes Geröllmeer. liegenden Saima mit seinen buchten reichen, infelgeschmückten Ufern. Eine Stunde darauf trägt mich ein verschwinden, und wieder umfängt uns eine weite Wasserfläche; hier sind wir in das „Land der tausend chen, eine ungeheure Granitplatte, in deren unzähligen Spalten und Sen kungen das Wasser der Eiszeit in schende Wasserfälle und schäumende Stromschnellen die Verbindung her stellen. Auf der Strecke von Wiborg bis zum Saimasee hat die Kunst nachgeholfen durch die Herstellung des berühmten Saimakanals, der un ter Benutzung natürlicher Verbin dungen bei einer Länge von 60 Kilo metern und einer Höhendifferenz von 76 Metern vermittels 28 Schleusen den Schiffsverkehr vom Finnischen Busen zum Saimasee ermöglicht. Die Fahrt auf dem Saimakanal stellt sich in meiner Erinnerung dar als ein langes, friedliches Hingleiten durch eine Gartennatur, in der Wasser, Felsen, Wald und Wiesen in einem langsam wechseln, und über der fast ununterbrochen ruhige Luft und Sonnenschein lagern. Es wieder holte sich hier die wunderbare Fahrt über den Göta-Kanal in Schweden; nur daß das Schiffchen kleiner und nicht zum Uebernachten eingerichtet war und alles, schon weil sich nicht so viele Fremde an Bord befanden, einen unbeschreiblich friedlichen und menreicher Wiesen ausdehnen. Stun ' denlang geht es durch Waldeinsam ! mane" nach Thumann. Den Tee I ekam ich in der »guten Stube". I zier waren die Möbel überzogen, an der Wand hing ein altes Oelporträt, keit zwischen endlosen FelSrücken, Seen". waltigen Blöcken hindurch, in die di« Jahrtausende erst wenige Spalten und Risse gebrochen haben. Langsam und sicher fuhr das Schiff durch die engste gebogene Strecke des Kanals, die durch den Felsen gesprengt ist; wieder öffnete sich ein kleiner See, von Wald um kränzt, dann fuhren wir in die letzte Schleuse ein, stiegen empor und lan deten in Rättijärvi, wo ich die Fahrt unterbrach, um am anderen Morgen mit der Postkutsche weiter nach Jmatra zu fahren. Die Stille der finnischen Wälder unterbricht der Jmatra mit seinem Lärmen und Tos-n. Um ihn her und in den sandigen Wäldern an seinem Ufer stehen Hotels, und die Eisenbahn von Petersburg her mün det an der Station. Auf vielbefah rener und staubiger Landstraße bie ten kleine Kinder, barfüßig, mit im Scheitel gekämmtem, voll über die Ohren herabfallendem, lichtblondem Haar und kleinen Stumpfnasen im Gesichtchen, seltsame, vom Wasser ge schliffene Steine zum Berkauf an, sowie Walderdbeeren aus einem Prä einem dünnen, im Winde wehenden Ziegenbärtchen. die ihre kleinen, zwei räderigen Gefährte zur Fahrt nach dem Vallinkoski, einer zweiten Stromschnelle des Jmatra, anbieten. Der Jmatra selbst ist eine etwa 850 Meter lange Stromschnelle nicht ein Wasserfall —, durch die sich der Fluß Vuoksen zum Saimasee durchbricht. Nachdem er sich ober halb der luftigen Brücke in einem breiten, sonnigen Bette gesammelt, Wassermasse in wühlenden, Hochaus sprühenden Gischt verwandelt. Noch unterhalb der Enge können sich die Wasser nicht beruhigen, sie breiten sich fächerartig über eine Art Ter rasse aus, über die sie ungestüm schäumend hinwegbrausen, um am User in zahllosen Wirbeln die Holz stücke, Baumstämme u. dergl. abzu- Wie alle solche Kraftansammlun gen der Natur, denen gegenüber die Phantasie den Maßstab verliert, wirkt der Jmatra im ersten Augen blick enttäuschend, zum.il wenn das Auge sich schon gewöhnt hat, in den geologischen Trümmern des ganzen Landes fortwäbrend die Spuren noch viel gewaltigerer, wenn auch längst zu Stein gewordener Naturkatastro phen zu erblicken. Aber wenn man eine Weile vom vorspringenden, um gitterten Felsblock in das Toben hin untergesehen hat, beginnt das Schau- ltn, dumpfen Rollen aus den Tie fen, versetzt die Sinne in eine künst liche Einsamkeit. Das Ohr ist be täubt, das Gefühl wie erstarrt, so daß man eine leichte Berührung nicht wahrnimmt; nur das Äuge wird wilder und wilder erregt, streift un unterbrochen hinauf und hinab über die Wasser und bohrt sich hinein in die Abgründe, in denen Berge auf Berge grünlichen Wassers verschwin den. Es fliegt aus mit dem haus hohen Gischt, der sich in der Höhe in einen leichten, lichtblitzenden Staub spielen, und wird dann gleichsam wieder fortgerissen mit den Gewäs sern, die in rasender Schnelligkeit zwischen den roten, schroff zerklüfte ten Felsen hindurchgetragen werden. Neben den Stromschnellen im Walde, nur durch eine schmale, steile Felswand von Jmatra getrennt, die die 118,<AX> Pferdekräfte in jahrtau fendlanger, vor Ungeduld rasender Arbeit nicht zu durchbrechen vermocht haben, liegt vom Walde überspannen, einige Meter über dem neuen, das alte, jetzt verlassene Flußbett. Es gibt Antwort auf die Fragen, die sich beim Anblick des brausenden Jmatra unwillkürlich aufdrängen: wie es wohl unter diesem Gischt aussehen mag. In Vuokseniska, einem am Aus slutz des Vuoksen in den Saimasee gelegenen Dorfe, fand ich in einer mitten im Walde gelegenen „ÄaW bäuerlichen Unterkunftsstellen, Ob dach. Es war ein großes Bauern- Die Stromschnelle Jmatra. gehöft. Der Bauer mit der Zipfel mutze und die Bäuerin im Nachtko ein sauberes kleines Zimmer, in dem ich ein vorzügliches schwedisches Bett sand. Am anderen Morgen bekam ich ein einfaches Frühstück. Die Preise sind sehr billig, nach einer Taxe. Trotzdem waren Zimmer und Bett viel besser als in dem Hotel in Jmatra und mit einer gewissen bür gerlichen Eleganz eingerichtet. An der Wand hing ein Lichtdruck nach Galluns dreiteiligem Gemälde „Aino", das einen Stoff aus der Kalevala, dem finnischen National epos, behandelt, und ein farbiger Holzschnitt, ein- Illustration von Edelseldt zu Runebcrgs „Fänril Stäls Sänger". Außerdem zahlreiche Industrie crzeugnisse, die der sinnischen Nationaltrauer Ausdruck geben: ein mit Trauerflor umwundener Kar ton mit Nachbildung der verbotenen Postmarken und Karten. Massenpho tographien finnischer Abordnungen, die zum Zaren geschickt wurden, u. s. w. Ausfallend war die Menge gu> ter, moderner Bücher, fast alle mit Lederrückcn gebunden; alle finnisch: Erzählungen von Juani Aho, die Kalevala, finnische Bibeln, moderne Gedichtsammlungen; ferner Ueber setzungen nach Runeberg und Gejer stam, sowie aus dem Deutschen u. f. w. Auch das Prachtalbum fand ich vor, in dem die vierzehn Adressen europäischer Gelehrter an den Zaren mit ihren Unterschriften faksimiliert sind, die als Ausdruck der Sympa thie für Finnland im Juni IMS überreicht werden sollten. Das sin nische 801 l liest viel, und es wurde mir erzählt, daß ein Verleger, der eine finnische Ausgabe von „Webers Weltgeschichte" wagte, davon M.vIXZ Exemplare im Lande verkaufte. Ein fcharfer Wind war aufge sprungen, als ich den Dampfer nach Vilmannsstrand bestieg, und aus der nächtlichen Fahrt von Bilmanns strand bis Nyslott über den einsa men Saimasee mit seinen düster be waldeten Ufern, an denen man leine Menschenseele erblickt, folgten die Möwen lachend, schreiend und schwat zend dem Schiffe, und schmutziges Re gengewölke überzog den Himmel. Bei Regen und Wind, in fröstelnder Hälte kam ich in Punkaharju an, liegenden Festlande, plötzlich ab und senkt sich ins Wasser. Hier hat die Natur einen Ort geschassen, wo man Rings um das Hotel stiller, unbe rührter, hügeliger Wald, an den schmalen, unbewachsenen, sandigen Uebergang senkt. Von den Höhen des Landrückens sieht man, zwischen nen, in denen weite, sonnenbeschienene Seen mit bewaldeten Inseln und Landstrecken wechseln, und immer so .—.——— ...... weiter bis an den fernsten, blauduf tigen Horizont. Fischer fahren hin und wieder in ihren kleinen Booten, ziehen die Netze oder angeln nach Lachsen. Sonst unbeschreiblicher Friede, den kein Laut außer dem Zwitschern der Bögel, dem Rufe des Kuckucks, dem nahen und fernen, lei den und Dachplätzen auf Staatsko sten erbaute Hotel bietet für billige Preise Gelegenheit zu einer ausge übliche schwedische Badeeinrichtung mit guter Bedienung, Massage u. s. w. aus. Ich glaube, daß an solchem Fleck Erde wie Punkaharju der Kränkste genesen muß. Freilich muß dieses Teiles von Finnland. Etwas von Nobel. Der am 10. Dezember 1896 zu Sän Remo verstorbene Alfred Nobel hat in den letzten Jahren seines Le bens gern das Gespräch auf das Sterben gebracht. Das tat er wieder einmal, als er, da es schon stark aus den Winter zuging, mit einem Freunde im Garten seiner Villa in San Remo lustwandelte und zu sei nem Erstaunen noch eine halbgeöff nete Rose vor sich im Sonnenschein am Stocke prangen sah. Leicht mit der Rechten über sie fahrend, meinte er zu seinem Freunde: „Wenn ich gestorben bin, würde ich gern sehen, daß man meine Leiche in eine große Retorte mit Schwefelsäure legte. Von der öligen Masse, die dann von ihr übrig bliebe, könnte an alle meine Freunde ein Tropfen gesandt wer den. Jeder sollte ihn im Herbst aus die Erde eines müde gewordenen Ro senstockes gießen. Wenn dann so spät, wie jetzt, noch eine Rose am Stocke erblühen würde, dächte er „Tiens! VoiM Nobel, der wieder für uns aufblüht." Eines anderen Tages, als man drinnen im Hause plauderte, scherzte er darüber, wie unendlich schwer es dem Menschen heute gemacht sei, in Ruhe an sich Selbstmord zu begehen. Man war anfangs von diesem Ge- Selbstmordapparat entwickelte. Er dachte sich dessen Konstruktion ähn lich der einer automatischen Wage, und sie sollte dem Selbstmordkandi daten nach Einwurf eines Fünf- Frank-Stückes einen starken elektri» schen Schlag versetzen und von des sen Verscheiden zugleich die Polizei Der geheimnisvolle Zwirnsfaden. Wenn wir ein Ei an einem ge wöhnlichen Zwirnsfaden aushänge,» und diesen dann anzünden, so den getrocknet ist, so können wir ihn vor den Augen unserer er staunten Zuschauer getrost abbren nen lassen, ohns daß das Ei herab fällt. Der Zwirnsfaden selber ver kohlt, aber die Salzkruste hält sei ne „Asche" zusammen. Tränen-Regen. Als der Theaterdirektor A. von Kotzebiic 1610 die Leitung des Kö-
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