R Zauber des Mens A T Roman von Hau« Dominik. (4. Fortsetzung.) .Also ist oas Theater jetzt imagt ,vär. Nenne mir bitte nur reelle Punkte." .B»»» mein Teurer. Gegenüber .?m Theater liegt oas grotze wiener Casö. A)u sinve>i in Euren tioylen nesiern etwas ähnliches nicht, Vitien Kassie, Schnapse der rasslnierteslen und alle möglichen uno un möglichen Heilungen." .Der Puntt niug notiert werden," ries oer Ingenieur. »Ich hade uver 'Haupt seit vier Tagen leine Zeitung mehr zu Gesicht belommen." .Und ich seit einer Woche," lachte der Dottor. CS ist ganz gesund, mal aus der Weltgeschichte heraus gerissen zu werden. Im übrigen, warum trei ben wir theoretische Geographie, an statt die Sache prattisch zu studieren. Aus ei» Stündchen wenigstens mußt Du Deinen A)amen ja doch Ruhe gönnen. Da tonnten wir gleich einen kurzen Bummel unternehmen, ehe eS duntel wird... Ah!... holla! ho! oa kommt ja unser Wirt. Der »resslichste aller Wirte, Hospizdcstzer und Medizinmänner. Latz Dich ihm belannt machen. „Herr Kollege, wis sen Sie schon das Neueste. Der Mann, oon dem wir gestern soviel ge sprochen haben, der Ingenieur Fritz Overhoss, den ich weit oben im Koh lenlandi glaubte, ist leibhastig hier und ausgerechnet im Tiroler Hos ab gestiegen." Der Wirt begrüßte den neuen Gast. wiulommen, Herr Inge nieur. Ihr Freunb verspürte gestern große Sehnsucht nach Ihnen. Neh men Sie sich seiner väterlich an. Ich sehe die Herrschasten doch heute abend beim Souper." Eine kurze Berbeugung, und die Freunde verließen das Hotel und schlenderten die Habsburgerstraße «ntlang. Und plauderten weiter. .Also AnstchtStarten willst Du schreiben. Fritz, mein Freund, das ist in Meran ein bißchen vieux seu. Gewiß, es gibt hier Ansichlspostlarten in allen Farben und Formen. Aber wenn Du für die Leute, an die Du schreiben willst, wirtlich etwas übrig hast uno es Dir auf ein paar Kro nen nicht ankommt, bann weiß ich et was Besseres." .Was denn?" fragte Fritz Over hoss interessiert. .Du wirst gleich sehen. Uebrigens, wenn Du Leute in der Form einer höslichen Aufmerksamkeit ein bißchen oazu verraten. Sich einmal!" Der Doktor schob seinen Freund langsam quer über den asphaltierten Damm und stellte ihn vor die große Spiegelscheibe eines Ladens. .Alleivelter!" rief Fritz Overhoff t»cr großen Spiegelscheibe. Da lagen Aepsel der verschiedensten Art. Aot uno grün uno gelb, wie zartes Wachs. Daneben Birnen von nie ge sehener Größe und Farve. Feigen uno dann tannenzapsen von der Größe eines Kinderlopses. »Meraner Obst", ertlärte der Arzt. ja etwas teurer wie eine Ansichtspost karte, aber der Empfänger hat auch etwas mehr davon. Die Leute ma chen die Sendung sehr hübsch zurecht. Jede Apfelsorte wird in Seidenpapier eine Liste über die einzelnen Sorten der Eoeläpsel beigelegt. Wenn Du Freunde hast, denen Du wohlwillst, empfehle ich Dir, ihnen solche Kisten zu schicken." .Wird gemacht!" rief der Jnge oieur begeistert. .Mein alter Di rektor Mettmann bekommt eine prima tlepfelkiste. Professor Engelhard ebenfalls... Uedrigens, wie war das mit dem Frozzeln?. »Sehr einfach, Fritz. Siehst Du »Ha, hm! Also meinem Patent anwalt werde ich Aepsel und Zapsea halb und halb schicken. Der soll auch mal buchstäblich was zu knacken bekommen... Und der Obersteiger der Fortunatus-Grube, der bekommt »ur Tannenzapsen." „Na, überlege Dir das, und ma che es, wie Du willst. Das hat ja immer noch Zeit. So. betrachte Dir noch diesen Bau hier mit stlller Ehr furcht! Es ist das K. K. Gymnasi um, in dem die Jugend angesichts lieser wundervollen Natur und Al penwelt mit Cicero und Zenophon geplagt wird." .Die Welt ist vollkommen über all, wo der Mensch nicht ist mit sei ner Qual," zitierte der Ingenieur. Der Doktor sührte seinen Freund über den Rusinplatz und das Stück chen bis zur Kaiserbrücke an der Passer. Bon hier bot sich ein schö ner Blick über die weithin zerstreu ten Häuser von Untermais. „Hier hast Du die Dörser neben oer Stadt." Lange blieben die Freunde hier auf der Brücke an dem rauschenden Wasser des Passerslusses stehen und bticklen aus die ragenden Schnee gipsel, die nach allen Seilen hin das Aal umrahmten. Sie sahen die Sonne sinten und schließlich die Gipfel der Berge berühren. Und dann Lammte es auf den Westhängen des Hochgebirges goldig und purpurn aus, während die Osthänge bereits in liesein Blau und Biolett dalagen. Der Tag ging zur Rüste. „Wir müssen ins Hotel zurück," mahnte der Arzt. .Deine Damen werden schon ungeduldig sein. Am Ende komme ich noch in den schlech ten Rus, Dich Deinen Pflichten ab spenstig zu machen." Ties ausatmend wandte Fritz Overhoss sich zum Gehen. „Diese Wandlung oon gestern auf heute ist unbeschreiblich, ist mir im mer noch unsatzbar. Ich will nicht mehr von den wests Suschen Rußne stern reden. Aber auch gegen Mün chen, gegen Innsbruck ist der Unter schied gewaltig. Gerade so, als täme man aus häßlichein Winlerwetter tn einen schönen, gut durchheizten Win tergarten." „Der Süden, der Süden, mein lie ber Freund", sagte Dr. Brandt la kanisch. »Der Süden hat's eben in sich. Er nimmt uns Nordleute im mer wieder gesungen. Doch oa sind Damen. Beim Souper seh»n wir uns doch alle, und sür morgen muß irgend etwas Großes geplant wer sam zusammensanken. „Gut geschlasen, Herr Doktor?" begrüßte Gertrud Overhoss den ohne die Pateiümedizin des Kollegen Ausfinger." Die Dame drohte scherzend mit ii.as gepsisje» von einer großen Ter- Dr. Brandl spürte eine leichte Verlegenheit. Gewiß, er hatte sich, wie man im Studeniendeutsch sagt, einmal mit einem guten Stoss ganz gehörig die Aase begossen. Dabei war nichts zu s:nden. Aber das gerade die junge Dame da vor ihm davon zu wissen schien und darüber scherzte, oas trieb ihm die Röte ins Gesicht. .Aber, gnädiges Fräulein, das war einmal, und man sagt doch: Einmal ist keinmal. Und dann ist das auch jetzt gar nicht mehr nötig, nachoem ich den großen Borzug habe, Ihre Gesellschast und die Ihres Brüsers zu genießen." Jetzt lachte Gertrud Overhoss Herz- Hast. .So, Herr Dottor, das ist ja das Bekenntnis einer edlen 'Seele. Wir Wirten also wie ein gules Schlaf pulver auf Ihre Nerven. Das muß ich gleich Fritz erzählen." Nun wurde der Arzt erst recht verwirrt und stammelte allerlei, was wiederum zur Folge hatte, daß auch Gertrud OverhossS Wangen sich rö teten, und die Verlegenheit wäre all gemein geworden, wenn nicht Mar got Reichard und gleich danach Fritz Overhoss in die Erscheinung getreten oer gut dressierte Kellner die Tassen Kasf« aromatischen „Dieses ist ein Vormittag, von dem schon die Alten sagten: .O Vorinit lag," erössnete der Ingenieur die Un terhallung. .Du redest so weise wie ein Buch mit Messingecken und Biernägeln," erwiderte ihm der Arzt sarkastisch. .O, die beiden Herren belieben es schon wieder, zu scherzen." wars Margot Reichard ein. »Aber ganz und gar nicht, gnädi ges Fräulein," verteidigte sich der Ingenieur. »Wir haben doch effektiv Bormittag. Sogar einen wunrer oollea Bormittag. U»d damit ist doch meine Behauptung gerechtfer tigt." »Sie soll es sein, Fritz," vermit telte Gertrud Overhoss. .Aber nun tomin: die wichtigste Frage. Was unternehmen wir an besagtem Vor mittag." Derweil hatte Dr. Brandt eine Karte ausgebreitet und studierte sie tingehend. .Fragen wir den Schriftgelehrten," sagte Fritz Overhoff und zeigt« aus den Dottor. .Meine Herrschaften, die Angele genheit ist llar, ist mir wenig >iens oolllommen und absolut tlar," meinte der Gefragte. „Da ward sein künftiger Stand punkt dem Zwerge völlig llar," träl lerte Fritz Overhoff aus dem Perteo lied. „Um Gottes Willen, Fritz, höre auf. Singe hier nicht in zivilisierter Umgebung, Du bringst keine einzige Note richtig heraus,' rief seine Schwester beschwörend. »Aber Recht habe ich doch," ver teidigte sich der Ingenieur eigensinnig. .Auch das niqt einmal, Fritz, denn Dr. Brandt ist tein Zwerg. Er ist, glaube ich, sogar einen guten Zoll größer als Du." „So, so! Wie genau Du das beob achtet hast. Das wußte ich selber noch Jetzt schwieg Gertrud Overhoss und eine Pause entstand in der Un terhaltung, bis der Dottor den Fin ger gravitätisch aus einen Punkt der Karte legte. .Schloß Tirol." .Erkläre Dich deutlicher, mio Caro." .Gut. Wir wollen einen gemeinsa men Ausflug nach Schloß Tirol ma chen. Ein bequemer Weg. Etwa ein gutes halbes Stündchen. Auch für die Damen nicht zu anstrengend. Dabei kommen wir hoch genug, um den gan zen Talkessel von Meran übersehen zu können. Ich bitte meinen Borschlag einstimmig zu akzeptieren."- .Wir nehmen an, rief Margot Rei chard und Gertrud Overhoss einstim mig. .Und Du Fritz," sagte der Arzt. .Bester Brandt, alte Schlösser sind sehr schön und romantisch, aber ge meiniglich bestehen sie nur aus Stei nen. Ich srage daher als ersayrener Mann: Wie sieht es da oben in dem alten Rabennest init der Berpslegung aus." „Gut," rief der Doktor triumphie rend. Man hat mit der alten Burg das einzige gemacht, ivas man über haupt mit derartigen Schlössern ma chen kann. Man hat in daS Erbge schoß ein großes Restaurant einge baut. Wir können uns dort bequem eryolen und kommen ohne Uebereilung hierher zum Diner rechtzeitig zurück." „Dann bin ich auch einverstanden." sagte der Ingenieur. Ein halbes Stündchen später schlenderten die beiden Damen und Herren durch den sonnigen Früh- Straßen von Meran. Doch bald wa ren die letzten Häuser passiert und der Pfad wand sich über die saftgrü nen Matten den Berg hinan. Es machte sich ganz von selbst, daß die Paare sich dabei sonderten, dag der Ingenieur an der Seite von Margot liteichard dahinschritt, während der Arzl setner Schwester Gesellschaft lei stete. Warm, doch nicht heiß strich die Lust vom Bergwalde her über die grünen Wiesen, auf denen Tausende oon gelben und blauen Blumen blüh ten, während die rote Farbe fast gar nicht vertreten war. Fritz Overhoss mußte an einen Ausflug denken, den er vor vielen Jahren einmal als Schüler oon Köln aus in das Siebengebirge am Rhein unternommen hatte. Als wäre es eben erst gewesen, stand ihm jene Ex kursion in der Erinnerung. Damals war er auch so leicht und frohgemut den Hang hinaufgeschritten und hatte nur die kleinen Schulsorgen gekannt. Und jetzt schien ihm alles zu versin ken und zu verschwinden, was da zwischen lag. Seine harten Studien jahre und sein jahrelanges verzweifel tes Ringen und Kämpfen um den Erfolg. Er amüsierte sich über seinen Freund den Doktor, der da vor ihm lief und jetzt allerlei Blumen zu einem Strauße zu pflücken begann. Der war vor Jahren ja auch auf je ner Partie dabei gewesen und hatte Damals auch botanisiert, bis seine große grüne Trommel zum Platzen gefüllt war. .Es kommt alles wieder im Le ben," murmelte er vor sich hin. .Sie philosophieren, Herr Over hoff," meinte seine Begleiterin. »Sehr gesprächig sind Sie heute gerade nicht." „Ich bitte tausendmal um Ent schuldigung. Ich war wohl in Erin nerungen versunten. Geht es Ihnen bisweilen auch so, gnädiges Fräulein, daß Sie eine Situation akkurat an Sie gerade jetzt erleben, vor langen Zahren schon einmal erlebt?" Margot Reichard nickte zustim mend. .Gewiß, Herr Overhofs. Aber mir ist auch belannt, daß die Wissenschaft oas nicht gelten läßt und geradezu oon eine-- fauchen Erinnerung spricht. Sonst würd« ich sagen, daß auch mir der Weg hier genau so auftaucht, wie ich ihn vor drei Jahren einmal mit meinem Bater gegangen bin. Der ging an meiner Seite, genau so, wie Sie jetzt, und war ebenso in seine Ge danken versunten, daß ich ihn schließ lich durch einen kräftigen Zuruf dar aus erwecken mußte. Sie sehen, es ist leicht, solche Erinnerungen zu kon struieren, aber schließlich sind die Einzelheilen doch sehr verschieden." .Es kommt oaraus an," erwiderte Fritz Overhoff. .Kommt daraus an, welcyc Gedanten Ihren B»ler damals oeschäftigten. Ich selber dachte gerade jetzt an einen ähnlichen AuSslug oor zwanzig Jahren." .Dann stimmt der Vergleich schon nicht. Mein Bater war oamals tn seine Pläne und Projette versunken. Während er hier mit mir spazieren ging, erwog er gerade die neuen «chursungen im Soganer Tal." Fritz Overhoss hatte dis zetzt. noch nichts Genaues über die Geschalte des Baters seiner Freundin erfahren, hatte nur ganz allgemein gehört, daß oer ein vielbeschäftigte: Industrieller sei. Als er jetzt etwas von Schürfun gen vernahm, ging es ihm wie einem ausgedienten Kaoalleriegaul, der nach langer Zeit wieder ein Signal hörl. ' Schürfungen, Mutungen, Bergge rechtsame und Gruben... das fiel ja alles in seinen Arbeitsbereich, in das Gebiet, auf dem er viele Jahre so hart gekämpft hatte und schließlich siegreich geblieben war. - Wohl wurde der Weg jetzt von Minute zu Minute anmutiger. Er führte durch einen kleinen Hain ur alter Tannen, durch dessen Stämme man die zierlichen Häuser oon Dors Tirol winken sah. Aber Fritz Over hoff achtete nicht mehr auf die Ge gend. Das Gesprächsthema nahm ihn ganz gefangen. »Was sagten Sie da, gnädiges Fräulein? Ihr Herr Bater wollie im Soganer Tal schürfen? Das interes siert mich außerordentlich. Ist Ihr Herr Bater denn Fachmann? Hat er derartige Unternehmungen schon ös ter oersucht?" Margot Reichard lachte hell aus. .Aber natürlich doch, Herr Over hoss! Sie scheinen oon meinem Ba ter herzlich wenig zu wissen. Er hat doch oor zwanzig Jahren ich war eben gerade erst auf die Welt gekom men die großen Schürfungen in Steiermark unternommen und glück lich durchgeführt. Seine Blei- und Zinkschmelzen dort sind sehenswert. Er hat Erze gesunden, wo kein Mensch sie vermutete." Der Ingenieur schritt schweigend weiter. Durch die Mitteilungen, die ihm da gemacht wurden, gewann die Gestalt des alten Reichard Leben und Interesse für ihn, bevor er von dem Manne noch etwas gesehen hatte. Schürfen, sündig werden, Bergge rechtsame erwerben und neue Gruben aufmachen, das waren Unternehmun gen, die er beurteilen tonnte. Kühne und riskante Unternehmungen. Er kannte deren Gefahren. Da konnte man jahrelang schürfen und nichis finden. Oder die gefundenen Erzlager konnten nach Gehalt und Ausdehnung gering sein. Aber es konnte auch an ders kommen. Man tonnte reiche Schätze entdecken. Manch einer war in die Berge ge zogen, der nichts anderes besaß als einen klaren Blick, gute geologische Kenntnisse und einen kleinen Ham mer, und war über Jahr und Tag ein Millionär geworden. Fritz Overhoss witterte Blut von seinem Blute und Geist von seinem Geiste in diesem Manne und ließ sich unermüdlich von seiner jungen Be gleiterin von ihm erzählen. So versunken war er in diese Be richte, daß er erst wieder zum Be wußtsein der realen Wirklichkeit kam, als tiefe Finsternis ihn umfing. Die eiskalte Luft tat ein übriges, ihn zu ermuntern, und nun sah er einen Lichtpunkt vor sich tanzen, der sich bei näherer Betrachtung als eine elek trische Taschenlampe in den Händen von Dr. Brandt entpuppte. „Hallo! Overhoss, alter Junge," scholl ihm dröhnend und von den Fel sen widerhallend die Stimme des Doktors entgegen, „was sagst Du zu diesem schauerlich-schönen Tunnel? Was! Es ist der heroisch-tragische Fall dieses sonst so idyllischen Spa zierganges." Fritz Overhoss hatte es im Eifer des Gespräches vollkommen übersehen, oaß der Fußweg hier in der Tat in einen ziemlich langen Tunnel einmün dete, durch den ein recht steiler Aus läufer des Berges durchfahren wurde. Jetzt aber schimmerte aus der Ferne schon wieder das Tageslicht des Aus ganges, und wenige Minuten später schritten die Paare bereits wieder im warmen Sonnenschein des Frühlings tages dahin, vor sich die romantischen Bauten und Ruinen von drei alten, halbverfallenen Schlössern, zur Lin ken Dürenstein, zur Rechten Brun nenburg und gerade vor sich Schloß .Hurra! Land in Sicht!" ries Dr. Brandt. „Fritz, mein Sohn, in zehn Minuten kannst Du Deine Beine un ter einen soliden Wirtshaustisch strei ken und wirst ein sehr respektables Frühstück bekommen. Ich denke, es wird Dich trösten." „Allright!" rief der Ingenieur zu rück. Aber er legte wenig Weri auf diese Mitteilung, die ihm zu jeder anderen Zeit gewiß willkommen gewesen wäre, denn er stand noch ganz unter dem Eindruck dessen, was feine Begleiterin ihm von den Projekten und Plänen ihren Vaters berichtet hatte. Und dann schritten die beiden Paa re durch das trutzige Burgior, betra ten den engen Burghos, und Dr. Brandt bewahrte sich als ein Frem denführer von hervorragenden Qua- Er erklärte, daß dies alte Schloß zur Blütezeit des Deutschen Reiches oder richtiger des Heiligen römischen fruchtbaren Tallande weit umher zum Lehen. Einen Ueberrest aus jener Zeit haben wir hier in diesem Schlosse vor uns." Fritz Overhoff schlug dem Redner aus die Schulter und unterbrach ihn lachend: .Brandt, wennS mit Deiner Kur pfuscherei einmal nicht mehr, weiter geht, solltest Du Dich hier ats Frem oenführer anstellen lassen." Doch Gertrud Overhoss unterbrach ihren Bruder und kam dem Arzte zu Hilfe: .Natürlich Fritz, Du hast nur für Maschinen und ivergwene Sinn und alles Geschichtliche ~l X)>r uninleres sant. Ich linde, daß Herr Dr. Vrandt vorzüglich zu elitären versteht. Die alten Gestatten werden wieder »eben oig. Ich sehe diese alten Ritter und Basauen im Geiste vor mir stehen. Es ist ein eigenartiges Ding um »>e Hi storie, Herr Dottor. In oen moder nen Großstädten, in denen ein hun dertjähriges Haus schon alt erscheint, sindet sich kein Sinn dasür. Es hat mich aus der Fahrt vom Brenner nach Bozen ganz eigentümlich be rührt, als Margot mir dicht neben der Bahn ein Haus zeigte, das da seit achthundert Jahren in unorrän verter Gestalt steht. Denten Sie, Herr Doktor, ein Haus, das zur Zeit de und in dessen Räumen heute die Nachfahren ebenso yausen, wie einst ihre Ahnen. Was muß dies unschein bare Bauernhaus alles ertedt haben. Was sah ?s alles die Älpenstraßen entlang ziehen." Der Ingenieur hatte diesem Erguß seiner Schwester ruhig zugehört und aufmerksam die alte romanische Ar chitektur des Schloßbaues betrachtet. .Trudchen, Du schießt über oas Ziel," unterbrach er sie jetzt. „Häuser können überhaupt nicht sehen und können auch nichts erleben, denn es sind tote Dinge. Trotzdem will ich Dir zugeben, daß solch aller Bau durch den genius loci auch auf mich wirtt. Aber im allgemeinen ziehe ich moderne Sachen vor. Nicht wahr, gnädiges Fräulein," wandle er sich an Margot Reichard. „Sie teilen doch ebenfalls meinen Standpunkt?" Margot Reichard überlegte einen Augenblick. .Ja und nein, Herr Overhoss. Ich schätze die Leistungen unserer Zeit hach ein, und bin nicht basur, daß die gxnheit unterdrückt wird. Es ist mir beispielsweise ganz unverständlich, wie man für irgendein altes Bilv e>ne Million Mark bezahlen >ann, wäh rend die lebenden Künstler in Dach stuben hungern müssen. Aber der ich sage Ihnen.^. „'Meine Herrschasten, wollen wir viese philosophischen und lehrreichen Betrachtungen hier nicht lieber abbre fortsetzen," unterbrach Dr. Brandt das Geplänkel. Sein Borschlag wurde befolgt und Geschick, allerseits verkannt zu Wer sen," seufzte er. .Meine edelsten Ab sichten werden mißdeutet. Und doch schast Horaziy!" »Ich weiß nicht, ob dieser Kellner Horazio heißt," sagte Frig Overhoss meinte der Kellncr und der Ingenieur befolgte den Rat und fand ihn gut und praktisch. Bald herrschte laute Fröhlichkeit an Paaren hin und her. Bis Dr. Brandt seine Uhr zog und sichtlich erschlat. .Herrschasten, haben w»r uns oer plaudert. Es ist ja in Äi Minuten eins und höchste Zeit, oatz ivil zun, Aufbruch rüsten. Wir duisen oein Wirt nicht oen Tort antun uno beim Diner fehlen." „Kaum hat man sich so häuslich niedergelassen, so muß man schon wieder ausstehen," jeuszie Fritz Over hoss, aber ein mäßiger Stoß oon sei ner Schwester brachte ihn doch zum Ausstehen. „Ifta quidem vis est. Dieses Weib ist gewalttätig, sieh Dich vor, Brandt, wenn Du mit ihr spazieren gehst," stöhnte er und bot selber oen Arm galant Margot Reichard, da der Weg ziemlich steil bergab ging. .Sie müssen mir noch viel und ost von den Unternehmungen Ihres Va ters erzählen," begann er ein neueS Gespräch mit seiner Begleiterin. .Sie glauben gar nicht, wie sehr mich diese Dinge interessieren." Es war mcrlivürdig, solange die vier Leutchen alle zusammen waren, herrschte Ausgelassenheit uno scherz hafte Neckerei. Sobald sie jedoch paar weise gingen, nahm das Gespräch so fort eine ernsthaste Wendung. So war es hier und so war es auch bei Dr. Brandt uno seiner Dame. .Sind Sie eigentlich gern Arzt ge worden, Herr Doktor?" sragte Ger trud Overhoss. Der. Arzt zuckte mit den Achseln. .Wie mans nimmt, gnädiges Fräulein. Vor allen Dingen war es oer ausgesprochene Wunsch eines recht wohlhabenden OntelS oon mir, eines Bruders meiner Mutter, daß ich, oer älteste Sohn, Meoizin studie ren sollte. Der Onkel stellte sür dies Studium, und nur sür dieses, reich liche Mittel zur Verfügung. Und da wir zahlreiche Geschwisier waren, da Wunsch meines OntelS natürlich Äe sehl und ich bin Medizinmann ge worden." .Sie sehen also, daß die Sache mit einigem Zwang begonnen hat. Wäre es nach mir gegangen, ich haue das Studium oon Philosophie und Geschichte vorgezogen. Sie sanden ja schon selbst, datz ich heule noch eine gewisse Vorliebe für yistorische Renn« niSzenzen besitze." .Uno haben Sie sich mit Ihrem Berufe adgesunven?" sragie Gertrud »Nicht nur aogesunden, sonder» sogar gut desreunoet," erwiderte der Arzt. .Im Ansänge kam es nur den Sczierübungen an Leichen woll ten mir gar nicht gefallen. Es gibt ia Kollegen, die den Menschen «in, merat von itoylenslofsoerblndungen. Zu dieser mechanistischen Auffassung hade ich mich niemals hingezogen ge- Teil des Studiums weniger erfreu lich. Als ich ader mit lebendige,» Menschen zu tun bekam, änderte sich Herz gewachsen." Gertrud Overhoss schritt eine Weile schweigend neben ihrem Beglei .Die Erfolge, Herr Doktor. Ich ich durchbringe uno bin über jeden Todesfall in meiner Praxis lagelang betrübt." ist doch eigentlich selbstver ständlich!" ries die junge Dame leb haft. (Fortsetzung folgt.) Rccht tröstlich, „Tu.
Significant historical Pennsylvania newspapers