Aus Hamburgs Franzosenzeit. Die ausgeraubte Stadt. Zwanzigtausend Vertriebene. Wie die „große Nation" in Hamburg gewütet hat. Hamburg war früher eine der stärksten Städte der Welt.' Mußte «s sein, denn der Däne lag unmittelbar jenseits der Stadt wälle, und durch Jahrhunderte hat dieser Feind danach getrachtet, sich des größten und reichsten Hafens des elten deutschen Reiches zu bemächtigen. Die Hamburger behaupten, daß sie der Nachbarstadt Altona mit „allto eiahe" (allzunah) den Namen gegeben haben, obschon es wohl richtiger ist. daß Altona, von der altsächsischen Be zeichnung Altenau abstammt. Als die Franzosen Deutschland überrannten, besetzten die Dänen <1801) die Stadt Hamburg, zogen Franzosen jede gewünschte Gefälligkeit zu erweisen. Im November 1806 zo gen dann die Franzosen in Hamburg ein und gleichzeitig blockierten die Engländer als Feinde der Franzosen die Elbmündung, wodurch der blühen de Seehandel Hamburgs vollständig brachgelegt wurde. Die Hamburger litten schon durch diese Maßregeln fremder Mächte ganz außerordentlich, tinentalsperre eingeführt hatten, wo durch auch der Hamburger Binnen handel schwere Schädigungen erlitt. Aus Großkaufleuten wurden Schmuggler und zwar aus Notwehr wurden sie es, denn nur auf diesem Gebiete lag noch eine Erwerbfähig leit für sie. Denn die Franzosen fen sich auf IM Millionen Mark Wanlo. ' Dazu hatte die Stadt die starke französische Besatzung zu er halten. Das wurde auch wenig an ders, nachdem Napoleon, die Stadt im Jahre 1810 annektiert und die ur «lte von Karl dem Großen vor da- Reichsstadt in eine der „bonnesvilles de L'Empire" verwandelt hatte. Noch im Jahre 1911, nachdem Hamburg schon länger eine französische Stadt geworden war, wurden die Hambur ger Kaufleute furchtbar gemaßregelt. In den Erinnerungen aus jener Zeit heißt es: Unter den vielen empören den Verordnungen war eine, die selbst Haufen aufgetürmt und angezündet. Während der französischen Okkupa tion Hamburgs, sie von 1806 bis Tettenborn im Sommer 1813) blühte das "dänische Altona auf. Aus dem armseligen Fischerdorfe wurde ein städtisches Gemeinwesen. Doch war Altona nur dem Namen nach dänisch, die Bevölkerung war deutsch und daß sie deutsch fühlte und dachte, ergab sich bei der Episode, deren Schilderung der Zweck dieser Zeilen ist. Hamburgs Bevölkerung betrug zu Anfang des löten Jahrhunderts etwa I<X>,<XXZ Seelen, kurz nach der Kapitulation der Franzosen im Mai 1814 war sie auf 56, VA) heruntergegangen. Heute zählt Hamburg rund eine Million Seelen. » :ich Rückert .Die Gräber von Otten sen" heißt es: »Hu Ottensen auf dcr^Wie^c Ottensen, die Grabstätte des edlen Barden Klopstvck, wa: damals ein kleines Dörfchen elbaufwärts von Al tona, jetzt bildet es den Industrie- Großstadt Altona (200,W0 Einwoh- Jm Vorfrühling 1813 wurde es ten. Hamburg zurückgezogen hätte, s» ge schah dieses doch nicht. Hamburg wurde von den Franzosen behauptet und im Herbst trafen Bennigsens Truppen «in, um Hamburg zu bela gern. Davout raubte die ganze Umge gend aus, um Hamburg für die Bela gerung mit Proviant zu versorgen. Aber es waren doch noch zu viele Esser in Hamburg, obschon die Bevölkerung während der siebenjährigen Fremd herrschaft sich um die Hälfte vermin dert hatte. Mehr als etwa 25,000 Nichtkämpfer meinte Davout nicht in Hamburg dulden zu können. Wie aber sollte er die „Ueberflüfsigen" los werden? Er machte kurzen Prozeß. Jeder Hamburger, der nicht die Mit tel besaß, um sich auf 6 Monate mit Proviant zu versehen, wurde ausge trieben. Und so wurden zwanzigtau send Hamburger Einwohner plötzlich l och mitten im Winter 1813 —1814 rücksichtslos aus ihrer Heimatsstadt vertrieben. Die meisten flüchteten nach dem benachbarten Altona und nach den Dörfern der nächsten Umgegend, namentlich auch nach Ottensen. Der- Chronist Jacobson in Altona schil dert diese Austreibung in folgender Weise: „Das Bild der Auswande rungsszenen wird unvergeßlich in unserm Gedächtnis sein. Es ergriff das Gemüt, wenn viele dieser Men schen in ihren Feierkleidern, in lan gen Familienzügen von ihrer Habe nichts als einige Wäsche unter dem Arm einige vor Verzweiflung singend, andere jammernd, ihre Kin der tragend oder auf Schubkarren fahrend, von Gensd'armen vorwärts xestoßen, in unsere Stadt einwander ten. Man dachte unwillkürlich an den Opferschmuck der Vorzeit, und heftiger ergriff dieser Gedanke die Seele, und fast kein Auge blickte trä nenlos auf die Unglücklichen. Eine Frau, die 50 Jahre nicht in Altona gewesen war, betrat die Stadt voll Hoffnung über ihre zahlreiche Be kanntschaft unter den angesehensten Bürgern derselben. Sie nannte den Vorübergehenden Namen, die nie- Sie ermüdete nicht, weiter zu fragen, bis sie Leute traf, die ihr sagen tonnten, wer von ihr erfragt werde; Schrecke« de» wie PHNemon und Baucis aufgesal-! len waren, und von Kummer und Jammer lebensmüde sich dort zum «sterben hingesetzt zu haben schienen, von denen der eine die andere nur kurze Zeit überlebte. Vorzüglich schauderhaft war die Räumung des großen Hamburger Krankenhofes, Pesthof genannt. Wenn der Oberprä sident und der Polizeimeister nicht schnell Wagen herbeigeschafft hätten, so wäre eine Menge dieser Unglück lichen durch die entgegengesetzten Na turkräfte, Frost und Flammen, um gekommen. Unglückliche, die aus Gensd'armen unbarmherzig von den Wagen in den Schnee der Straßen gestoßen usw." Von diesen Vertriebenen nun, deren Anzahl sich auf 20,0V0 belaufen ha ben soll, fanden einige Taufende lieb reiche Aufnahme in Altona und wurden soweit wie irgend tunlich un tergebracht, aber viele trugen schon den Ansteckungsstoff in ihrem Körper, der unter den Unglücklichen immer weiter um sich griff, und wie ein schleichendes Gift das Mark aus den Wangen trieb. Weder Alter noch Ge schlecht blieb verschont, in der Luft brütete das Verderben, und die Ver triebenen sanken von Seuchen ergrif fen dahin wie dürre Halme unter der Sense des Schnitters. „Sie konnten nicht weiter keuchen, erschöpft war ihre Kraft, Frost, Hunger, Elend und Seuchen die haben sie hingerafft." Sie fanden ihr Grab auf der Wiese zu Ottensen; anfänglich wurden sie in Särgen versenkt, aber als die Anzahl der Toten wuchs, schichtete man die Leichen nebenaneinder und bedeckte sie mit Kalt; das Gras verhüllte bald mit seinem Grün die allgemeine Gruft; die Natur, eine liebreiche Mutter, bedeckte mit der Farbe der Hoffnung die Stätten des Elends und Kummers, und die Frühlings lerche schmetterte ihre Auferstehungs weisen über dem Ort, wo die erschöpf ten Pilger die müden Häupter nie derlegten. Die Hamburger ließen 1815 aus der Wiese ein einfaches Monument errichten; es ist ein Würfel von Sandstein, auf dem sich zwei Garben kreuzen, zu beiden Seiten des Steins sind gesenkte Fackeln eingehauen. Die Inschrift an der Vorderseite lautet: Friede den Entschlafenen. An dieser Stätte ruhen die Gebei ne von 1138 Hamburgern, welch« mit vielen taufenden ihrer Mit bürger von dem französischen Mar schall Davout im härtesten Winter 181 S und 1814 aus dem belager ten Hamburg vertrieben, mit men schenfreundlicher Milde in Altono her ausgewanderten Landsleuten in ihrem Elende unterstützt und verpflegt, demungeachtet aber Opfei Die Inschrift der Rückseite lautet: „Diesen Denkstein errichteten Ham burgs trauernde Bürger ihren entschlafenen Mitbürgern im Jahre 1815." Im Jahre 1841 taufte der Ham turger Staat die Wiese in Ottensen für 300 Mark und ließ die Gebeine der hingeopferten Hamburger nach der Heimat bringen. Ein Gerücht mel det, daß die Dänen beim Passitten der Grenze den Zoll für Knochen er hoben hätten! Die Reste wurden aus dem Nicolai - Friedhof in Hamburg (dicht bei der Sternschanze) beigesetzt und auch das alte Denkmal aus Ot tensen ist darüber errichtet worden. Wenn jetzt ein Autler nicht, der Weisung entsprechend, an einer be gen etwas weiter unten am Wege, Weg. Das ist eine Kette, oder ein geflochtener Draht, mit vielen her vorstehenden scharfen Spitzen, Wehe dem Auto, das mit diesen Stachel in alle vier Gummiradreifen Löcher gestoßen werden. Nicht viele Autler haben Lust, es so weit kommen zu INeister «ler «au Kunst. Tie Kathedralen vi» Lao« und St. Quentin. (Bon Prof. Dr. Arthur Weese.) Frankreichs künstlerischer Reichtum, ist nicht bloß Paris mit dem Louvre, mit Notre-Dame und der stolzen Schönheit seiner Straßen und Plätze. Die Franzosen reden allerdings von Paris und seiner einzigen Herrlichkeit so überschwänglich und selbstbewußt, wie von bewunderten und von lichen Gruß hat, daß sie selbst ganz Natur so überreich verwöhnte Land überall, auch in seinen kleinen Dör fern und Landstädtchen an edlen Kunstwerken und freundlichen, einfa chen Stadtbildern besitzt. Man kennt sie gemeinhin wenig. In Frankreich spitzt sich alles geistige Streben und Können von jeher in der alles über ragenden Einzelsigur zu; im Helden, im Genie, in dem Königsbau des Pariser Stadtschlosses, in der schlan ken Eisengestalt des Eiffelturmes; so auch in der Riesenkathedrale, die alle anderen Schwesterbauten i» Schatten stellt und als unbestrittene Königin den höchsten Triumph feiern kann. Beauvais sollte diesen ersten Rang erreichen. Sie war in der Anlage des Grundrisses, in der vermessenen Hochführung der Gewölbe und in der Breitenspannung der Skizze die un bedingt größte und mächtigste. Aber de, Plan überschritt die Grenzen der technischen und statischen Möglichkeit so sehr, daß sie zusammenstürzte, ehe der Schlußstein in die Gewölbe des Chores eingespannt war. Der Jka rusflug des kühnen Baumeisters scheiterte und selbst ein wiederholter Versuch, ihn durchzuführen, endigte mit dem gleichen Mißerfolg. Deshalb blieb Notre-Dame in Paris die frü heste und im Herzen des französischen Nationalstolzes die würdigste der go tischen Kathedralen. , Aber die zierlichste und malerisch bewegteste Schöpfung der gotischen Kirchenbaukunst ist unbedingt die Ka thedrale von Laon. Sie ist ein wenig aus der Art gefallen. In einer Zeit entstanden, -he die gotische Baukunst schon in Dogmen festgelegt war, hat sie sich in höchst eigenartigen und wunderlichen Trieben ausleben kön nen und ist daher etwas wunderbar Seltsames geworden. Auf der Höhe einer mächtigen, steilen Bergkuppe ge legen, die gleich einer Meeresküste über das weite Flachland wuchtig aufragt und mit den Türmen, die ihr gleich zu sieben beschert wurden, das ganze Land als Wahrzeichen beherr schend, steht sie da wie der Traum durchbrechen und die Wände in ein spitzenfeines Gewebe zierlichster For mel aufzulösen. Die Phantasie, des Rokokokunst wie eine Vorahnung künftiger Lieblingsschöpfungen des französischen Geistes aufgeblüht, um schnell wieder einzuschlummern und ihren Tag abzuwarten, der sie erst in den Zeiten Voltaires wieder wecken sollte. Unter den großen Kathedralen der französischen Gotik gebührt der von Laon der Preis der Lieblichen, ehe die Würde und die Majestät des Stiles die gewaltigen Werke von Chartres, Veauvais, Amiens und Reims her vorbrachte. In der Geschichte der Go tik würde ein edelster Gedanke feh len, der nur einmal und nur hier sich hat der Welt zeigen können, wenn Laon nicht entstanden wäre oder zu grunde gehen würde. Es ist immer Glück und Zufall, wenn sich der Stil von dem großen Schicksalswege, den er mit eherner Notwendigkeit wan delt, einmal verlieren und in ein idyl lisches, sich selbst überlassenes Traum glück geraten kann. Solch ein Verwei len zu einer jugendlich reichen und ungehemmt phantastischen Schöpfung ist ihm in Laon zuteil geworden. Mit allen Zeichen unbedenklicher Ver schwendung, mit einer Fülle schönster Gedanken, wie sie nur die Jugend er sinnen kann, ist der herrliche Bau überschüttet. Der Baumeister und sei ne Steinmetzen haben das sieht man den freudigen und mühelosen Verzierungen an den schweren Ernst und die drückende Wucht der manischen Stiles überwinden wollen und deshalb geriet es ihnen leicht und gut. Kunstgeschichtlich steht Laon in der llebergangszeit zum gotischen Sti! an erster Stelle. Aber künstle- und Formensinn an einen Platz ganz für sich stillen und als Schöpfung „ohne gleichen" feiern. Das ganze Gegenteil ist die Kathe drale von St. Quentin, die eigentlich eine Kollegiat- und leine Bifchofskir che ist. Obgleich sie durch Grundstein legung und Weihe auch zu den frü hen Werten der Gotil zu rechnen ist, so hat sie doch durch die beiden Quer fchiffe, den reichgegliederten Chor und durch den vor der Ausgangsseite vor geschobenen Glockenturm, der sich wie ein Torwächter vor diese Empfangs tür stellt, breit, ungeschlacht und rück sichtslos, den Charakter langsamen sind englische Einflüsse in der Grund« rißbildung. Der Name der Kirche des heiligen Quentins weist auf Schott- Aber feit Wochen steht sie, ebenso
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