Im Strudel der Grobstadt. Roman vo« lk. Sricketerg. (13. Fortsetzung.) Sie kehrt doch sofort heim nach Charlottenburg? erkundigte er sich dringlich, und erst als sie bejaht hatte, schien er befriedigt, denn Soltei führt« sein Weg nach der entgegengesetzten Richtung. Und doch hatte er sich geirrt, Soltei wartet« draußen auf Anna Maria. .Ich konnt« nicht gehen, ohne mich wenigstens nach Ihrem Befinden er kundigt zu haben, gnädiges Fräu- Er ging lebhaft plaudernd an Anna Marias Seite di« Straße hin unter, dem Zoologischen Garten ent gegen, und sie. die nicht wußte, wo « wohnte, ließ sich ahnungslos seine Begleitung gefallen. Ein Kamerad Solteis begegnete ihnen. Er grüßte und als er an ihnen vorüber war, Ivandi« er sich verstohlen zurück. Don nerwetter! Wo hatte der Soltei nun wieder die Beanntschast dieser Schön heit gemacht?" Soltei merkte, daß der andere ihm nachblickt«. Es verdroß ihn. Das würde ja natürlich brühwarm unter d«n Kameraden kolportirt werden, daß man ihn mit einer neuen Bekannt schaft getroffen. Es würde tombi uirt und geforscht werden, und da er nicht sicher war, um dies« Zeit noch andere Kameraden oder Bekannte in dieser Stadtgegend zu treffen, sah e» «in, daß es besser war, sich zu verab .Hossentlich treffen wir Hanni morgen schon wesentlich besser," sagte Anna Maria beim Lebewohl. .Gnädiges Fräulein haben immer Vormittags frei?" erkundigt« er sich mit harmlos«! Miene, und ebenso harmlos antwortete sie, daß ihr Dienst wechsele, immer von 1 Uhr Mittags bis wieder 1 Uhr Mittags angesetzt sei, und «in Tag Dienst mit einem freien Tag wechsele. Morgen hätte sie zum Beispiel am Nachmittag frei. Sie reichte ihm diesmal nur di« Fingerspitzen, es lag überhaupt etwas Zages, Unfreies in ihrem Wesen. Am anderen Tage erschien er am Nachmittag bei Hans. Er kam früh, d«nn er wollte Anna Maria nicht verfehlen. Hans hatte viel« Zeichen der Theil nahme erhalten. Seine Kameraden waren persönlich erschienen, um Er kundigungen einzuziehen, und die Frau Pastor hatte vollauf zu thun gehabt, allen Bescheid zu geben, denn sehen durst« Hans Niemand. Von Olympia war «in rührendes Briefchen angelangt, auch ihre Mutter hatte ihre Karte beigefügt: Frau de Pontmartin, n6k> Baronesse de Bel fort, stand darauf also wirtlich «ine adlig« Familie. Auch Blumen trafen ein, darunter von der Gräfin rangement. Das hatte Hans, trotz dem es stark duftete, durchaus an seinem Bett behalten wollen. Er ließ nicht die Augen davon, liebkoste es förmlich mit seinen Blicken. Plötzlich entdeckte er, zwischen den Orchideen ganz verborgen, «ine einzelne halb geöffnete zartrosa Rose, die in das «anze nicht hinein paßte. Ein freu diges Erschrecken überflog sein Ge sicht. Er zog die Rose vorsichtig her aus. Ihr Stiel war durch ein Stück chen Kartonpapier gesteckt und darauf stand: „Möchten Sie recht bald gene sen!" Die Unterschrift fehlte und ihn, aber es kränkte ihn auch zu glei cher Zeit. Es lag ein Mißtrauen gegen ihn darin. Als er nicht c?l- Mene verrieth, daß er ein besonderes Interesse für sie hegte. Heute durfte Hans schon Gesell schaft und Unterhaltung haben. So wußte das Gespräch zu führen, daß Aufregendes dem Krankn ferngehal ten würd«. AIZ d«r Arzt kam, mußten sich Anna Maria und Soltei ins Neben zimmer zurückziehen, und wieder är gerte sich Soltei. weil Hans erst ver sucht hatte, ihn bei sich zu behalten. Sie saßen sich im Salon gegen, über, Soltei noch immer in der er zwungenen reservirten Haltung, die ihm Pein bereitete und unwürdig er schien, di« aber dazu beitrug, Anna Mari.i!- Verlegenheit in seiner Se» aenwart zu zerstreuen. Sie erzählte ihm glückstrahlend, daß sie eine Karte von Fräulein vom Berg erhalten habe, auch die Frau Gräfin hätte einen Gruß gesandt, und die Damen hätten sehr liebens würdig um Auskunft über Hannii Befinden gebeten. Sie wolle es aber Hann! noch nicht sagen, damit er sich nicht aufrege. Es sei doch so gütig von einer so hochstehenden Dame, wie der Frau Gräsin, so zwanglos freund lich zu ihr zu sein, als ob sie ihres „Das sind Sie auch, gnädiges Fräulein," rief Soltei, den Druck ab schüttelnd, in aufsprühender Lebhaf tigkeit. „Wahrhaft vornehme Men schen wissen, daß der Charalter den Werth des Menschen bestimmt und nicht der Name." .So denken Sie, Herr Baron und, wenn ich ehrlich sein will, ich auch. Ich halte mich darum nicht fache Bürgerliche bin. Bor Gott sind wir ja doch alle gleich. Aber es giebt viele, die ein großes Gewicht auf solche Äußerlichkeiten legen ... Sie nennen mich zum Beispiel stets gnä diges Fräulein ich habe darauf kaum geachtet, es ist nun einmal die heutig« Umgangsform unter gebilde ten Leuten, mag sie an sich auch noch so dumm sein. Aber Mutter meint, die Frau Gräfin könnte doch am Ende Anstoß daran nehmen, wenn Sie mich, die Tochter ihrer Spitzen lieferantin, ebenso anreden, wie ihre eigene Nichte ... Ich möcht« Sie des halb bitten, «s ferner nicht zu thun." Ei lachte ainüsirt hell auf. „Das würden wir der Frau Gräfin sehr rasch abgewöhnen! Aber wie soll ich Sie denn nennen, gnädiges Fräu lein? ... Sie sehen, es kommt mir ganz von selber über di« Lippen vielleicht Fräulein Anna Maria?" „Oh nein!" protestirte sie er schrocken. „Was würde die Welt da von denken! Sie wissen ja doch, wi« ich heiße." Er sah sie an, ruhig und fest, aber mit einem Blick, der ihr in die Seele „Wenn ich eine poetische Ader b«- fäße, würde ich «inen wunderschönen Namen erdenken für Sie ganz allein, mit dem noch keine Frau vor Ihnen Er hörte, daß der Arzt ging. Da raffte er sich zusammen. „Uebrigens akzeptire ich das „Fräu lein Seidelmann" gern an Stelle von: gerückt.' ' „Ich muß jetzt nach Hause eilen," erklärte sie hastig. „Mutter hat mir daß ich überhaupt komme, meinte es könnte Anstoß vor den Leuten eregen aber das kann ich nicht emsehen! die Pflegerin. Nein, solchen Eng- ! Herzigkeiten der Welt füge ich mich einfach nicht. " Sie hob mit einer Gebärde aller liebsten Trotzes den Kopf. Wie hin reißend schön sie wieder in diesem s hauen, nicht Zeit zum Sprechen. Das nahm sie für eine Mißbilligung. Er theilte wohl also ihrer Mutter ... vielleicht auch „Ich wünschte, Sie zählten mich auch zu Ihren Freunden, Fräulein Anna Maria." Es durchrieselte ihren Körper ein Ge fühl von Angst und Seligkeit. „Hannis Freunde sind auch mir Während die Mutter noch mit dem Arzt im Borzimmer sprach, schlüpfte Anna Maria verstohlen noch einmal tras. alten Zeiten nicht mehr so sehr." Es klang bitter, er hörte es. und es that ihm weh, aber «r durste es sich nicht merken lassen. findet." — sti/ sie hastig, Botschaft von der Gräfin und Fräulein vom Berg u-,d ließ ihn mit Itnem Heizen voll Glück und Sehn sucht zurück. Am nächsten Tage konnte die Frau Pastor ohne Bedenken wieder in di« eigen« Häuslichkeit zurückkehren. HanS von Orthmanns Wunden heilten nor mal, Komplikationen hatten sich nicht eingestellt, zum.Manöver würde «r wieder völlig hergestellt sein. Sobald er aufstehen konnte, schrieb er an die Gräfin Anastasia einen Dankbrief, der sehr launig ausfiel und der Gräfin viel Vergnügen be reitete. „Er scheint Humor zu be sitzen," sagt« sie zu Dorette, „solche Menschen liebe ich." Es klang noch etwas anderes als Humor aus den Zeilen, doch das hörte die Gräfin nicht heraus. Do rette ging mit seltsam verträumten Augen und einem weichen Zug im Gesicht umher. Er hatte sich ihr zwar nur etikettegemäß empfehlen lassen, aber sie wußte, der ganze Brief war eigentlich an si« allein gerichtet. Dazu stand auf Anna Marias Karte an si« «in eigenhändiger Gruß von ihm. Es war merkwürdig, wie häufig sich die beiden jungen Mädchen in der Folge etwas mitzutheilen hatten. XVII. Soltei war mit Anna Maria nicht wieder zusammengetrosfen, seitdem di« Frau Paswr HanS von Orihmann verlassen hatte, ja er hörte nicht ein mal von ihr, denn allen s«inen dies bezüglichen Anspielungen setzte Hans ein hartnäckiges Schweigen entgegen. sen; was er zu thun und zu lassen hatte, wußte er allein. Und eines Tages macht« er der Frau Pastor einen Besuch in ihrer Wohnung, um persönlich einen Spitzenschal zum Geschenk siir seine Muiter zu bestellen: . . ein Auftrag, der der Frau Pastor ersichtlich viel Freude bereitet«, sie aber nicht bewe gen konnte, den Herrn Baron zum Bleiben aufzufordern, oder ihm auch nur so viel familiäre Freundlichkeit zu gestatten, daß er ihre Tochter be grüßen durfte. Anna Maria war daheim, er hörte sie im Nebenzimmer. Sein Herz klopfte voll Erwartung. Er zog die so weit hinaus wie irgend möglich, hatte immer wieder etwas zu fragen, zu berathen, er fieberte zuletzt vor Ungeduld. Endlich mußte er ge hen, ohn« daß sein Wunsch erfüllt worden wäre. Gut, so mußt« er sich auf and«re Weise helfen. Die Zeit, da das Regiment zum Manöver ausrücken sollte, kam im mer näher. Hans begrüßte sie mit Freuden. Er war jetzt wieder der Alte, voll Leben und Thatkraft, jede Abwechslung ihm willkommen, die helfen konnte, die Z«it bis zur Rück kehr der Gräfin Anastasia zu kürzen. Soltei dagegen erschien verdrossen, was so wenig zu seinem Charakter paßte, daß «'s Hans nothgedrungen auffallen mußte. Sie hatten die Rol len getauscht. Jetzt war er es, der d«n Freund mit Sorgen betrachtete. Auch Anna Maria gefiel ihm nicht, i-ie hatte ein blasses Gesicht und einen Ausdruck geheimen Kummers im Auge. Bon ihrem Verlobten sprach sie nie mehr zu ihm. Fragt« er sie, so wich sie aus. Es machte ihm den Eindruck, als ob sie die freiwillig übernommene Pflicht, für die sie An fangs so begeistert eingetreten war, bereits als eine Bürde empfand. Eines Mittags, als Anna Maria aus d«m Di«nst kam. traf sie vor dem Amt mit Soltei zusammen. Als er sie anredete, zuckte sie zu sammen und blickte verwirr! zu ihm auf. So sieht man den ersten besten Bekannten bei einem zufälligen Zu sammentreffen nicht an. Sein Herz schlug erregt, aber er hatte sich in der Gewalt, begrüßte sie mit einem so gut geheuchelten freudigen Staunen, daß Anna Maria ihr anfängliches Mißtrauen und ihre Befangenheit „Das nenne ich einen freudigen Zu fall, der mir dies unverhofft« Wi dersetzen mit Ihnen bescheert hat, Fräulein Seidelmann. Hier also sind Sie beschäftigt?" Er nahm mit freundlichem Druck ihre Hand, gab si« aber sofort wieder frei. „Ich glaubte, Ihr Amt läge in Berlin." Und er berichtete unaufgefordert, daß fein Schneide: in dieser Gegend Krumme Straße wohne und «r nothgedrungen wegen einer Nachliefe rung ins Manöver persönlich mit ihm sprechen müsse, sich aber, wie er glaube, in d«m ihm unbekannten Staditheil verlaufen habe. Sie er bot sich gern, ihm den Weg zu zeigen. So gingen sie nebeneinander her, zwei schön«, elegante, rassige Gestal ten. die den Vorübergehenden ausfie gegrllßt. Es war die Zeit des Dienst wechsels, in d«r eine ganze Anzahl Kollegen und Kolleginnen sich gleich ihr auf dem W«ge vom oder zum Amt befanden. Sie dankte harmlos freund lich, desto lästiger waren Soltei diese Grüße. Er sah die neugierigen, erstaunt musternden Blicke und sie zu an der Seite eines Offiziers, und in ganz vertrautem Gefpröch da würde natürlich ebenso gemuthmaßt und kombinirt »verden. wie unter sei nen Kame-aden.. Daß er aber auch daran nicht aedacht hatte! Unter diesen Ihn beengenden und unsicher machenden Erwägungen vil li«/ da« Zusammensein lange nicht so gemUthlich wie er erhofft hatte. Unv als sie, viel rascher, als ihm lieb war, dk Krumm« Straße erreicht hatten, verabschiedete sich Solt«i nothgedrun gen, wenn auch mit innerem Wider streben. Ob er hoffen dürfe, di« Damen S«id«lmann vor dem Ausrücken inS Manöver noch einmal zu sehen? fragte er. Vielleicht könnte man sich mit HanS wieder in der Kunstausstellung treffen er würde sich herzlich freuen. Anna Maria war blaß, und die Antwort schien ihr schwer zu werden. „Dai wird kaum möglich sein, Herr Baron. Mutter geht sehr selten aus, und augenblicklich hat sie beson ders viel zu thun, um Ihre und d«r Frau Gräfin Aufträge recht bald auszuführen." „Dann muß ich ja bedauern, den Auftrag ertheilt zu haben," sagte er lachend. .Aber mir fällt «ben ein, «s wird doch nöthig sein, mich einmal nach dem Autfall deS Musters zu er kundigen ... Meinen Sie nicht auch, Fräulein Seidelmann?" Jetzt war er wieder der alte. Neckisch blitzte er sie mit feinen über müthigen Augen an, daß ihr langsam daS Blut ins Gesicht stieg. .Addio, Fräulein Anna Maria auf Wiedersehen also!" Anna Maria hatte in ihrer naiuen Ehrlichkeit ihrer Mutter natürlich die Begegnung mit Soltei nicht verschwie gen. Sie selber faßt« sie ganz harm los auf. Die Mutter aber schien daS nicht unbedingt zu thun, denn sie mu sterte die Tochter mit einem Blick, unter dem Anna Maria, ohne zu wis sen warum, erröthete. Gesprochen wurde nicht weiter von der Angelegenheit zwischen den beiden Frauen, aber als Hans von Orth mann am Abend bei ihnen erschien, benutzte die Frau Pastor eine kurze Abwesenheit Anna Marias, um Hans zu sagen, daß sie es lieber sähe, der Herr Baron von Soltei wähle künftig Hans war erschrocken und ärgerlich zugleich. Das hatte er dem Freund« nicht zugetraut, daß er sich eine solche gelinde gesagt Unvorsichtigkeit Anna Maria gegenüber würde zu Schulden kommen lassen. WaS dachte er sich eigentlich bei seinem Benehmen? Als Hans sich für das .kleine Gesellschaftsfräulein" int«ressiri und gemerkt hatte, daß er nicht mehr von ihm lassen konnte, sequenzen aus seinen Annäherungs versuchen ihm gegenüber zu ziehen. Würde er die arme Subalternbeamtin zur Frau Baronin Soltei machen wollen, falls der Verkehr mit chm ihrem Ruf schaden sollte? di- Rollen getauscht, ich werde mit so viel Würde stillhalten, wie dereinst du." schied!" zu stürzen du aber nimmst die Sache sehr leicht, triffst Anna Maria Seidelmann am hellen Mittag auf .Klüger wäre es allerdings gewe sen, Civil zu dem Zusammentreffen anzulegen, wie seinerzeit mein viel- ch des- l.ig bei mi- an weißt das ganz genau und kannst jederzeit ossen im H«use der Mutier Anna Maria« vorsprechen, wenn du berechtigten Grund dazu zu haben glaubst. Uebrigens weißt du s» gut wie ich, daß ich damals ebenfalls nicht korrett gehandelt und schwer darunter gelitten habe. Deshalb kann «s mir auch nicht einfallen, dir eine .Standpauke" zu halten. Ich will als dein bester Freund nur dasselbe thun, was du als mein bester Freund in jener Zeit gethan hast: dich war nen." Soltei schob die Cigarre in den Mundwinkel, zwinkert« Hans wieder an und sagte: .Ich erkenne deinen guten Willen an und bin dir dankbar, aber .... mtinst du nicht, daß es einer War nung eigentlich nicht bedarf, wo es sich, wie du überzeugt bist, nur um «in« „Schwärmerei", also einen kleinen Flirt, handelt?" ch«n di« schlimmsten Ungelegenheiten Jetzt legte Soltei plötzlich die Ci garre weg, richtete sich energisch auf und sagt« in aufsprühendem Zorn: „Willst du damit andeuten, daß ich weniger als du geneigt sein meine Pflicht an einem jungen Mäd chen zu erfüllen, das durch mich in Unannehmlichkeiten gestürzt ist?" „Wahrhaftig nicht! Daß ich das nicht denke, weißt du selber ganz gut. Aber das Schlimmste ist, du wirst nicht imstande sein, Unvorsichtigkeiten «ut zu machen, denn Anna Maria Seidelmann ist verlobt." Soltei fuhr sichtlich zusammen, seine Augen irrten unsicher, rathloS über den Freund. Dann lehnte er sich in den Sessel zurück, sah starr vor sich hin und sagte zwischen den Zähnen: „Als Fr«und hättest du mir daS vielleicht ein wenig eher sagen kön „Nein, Alexander! Ich begehe selbst heut noch eine Indiskretion, indem ich es thue, aber ich sehe, :s ist nothwen dig, um Klarheit zwischen euch zu schaffen. Die Mutter Anno Marias weiß noch nicht einmal um di« vollen dete Thatsache der Verlobung ihrer Tochter. Anna Marias Bräutigam ist Beamter. Sie waren beide auf demselben Postamt beschäftigt, und sicher ahnen oder wissen die Kollegen dort um die Verlobung Du wirst dir also denken können, wie es auf gefallen sein inuß, Fräulein Seidel mann an der Seite eines Offiziers vom Dienst nach Hause gehen zu sehen." „Ich bitte dich, höre auf!" wehrte Soltei nervös ab. ,Jch kann mir das andere ungefähr allein ausma- XVIII. Hans fühlte die Pflicht, nun end lich Olympia den versprochenen Be such im Wintergarten zu machen. An sich war ihm diese Pflicht lästig und unangenehm. Der Gedanke, di« zart«, ein Unbehagen. Er empfand eine herzlich« Sympathie für die Kleine und war im Voraus daß er als kosti^- richtet und liber fit hinweg b« Sil? berdraht gespannt. Die Brü«ie, von der aus sie das Seil betreten seilte, war mit purpurrothem Sammt über zogen. Alle Geräthe, die sie zu ihren Produktionen benöthiqte, waren ele gant, proper und von ganz besonderer Nettigkeit. Zuletzt ließ man noch en, Trapez und ein paar Schweberinge von der Decke herab, die an beiden Seiten der Bühne in schwindelnder Höhe sich schaukelten. Si« arbeitete also auch Han! hatte bisher bei dm tollkühn sten Artistenkünsten noch niemals auch nur die mindeste Unruhe verspürt. Die Leute waren auf ihr« Arbeit ein gedrillt, und wenn sie sich in gefähr liche Wagnisse einließen, so war das ihre eigene Sache. Heute aber mach ten ihn schon allein die Vorbereitun gen zu Olympias Auftreten nervös. Das zierliche Geschöpf sollte da oben auf dem dünnen aufgespannten Drahtfaden mit Stühlen, Kugeln und Missern Hantiren und am schwebenden Reck athletische Kraftkistungen zum Besten geben! Das arme Ding! lichen Empfinden denken. Aber in diesem Augenblick kam das .arme Ding' schon auf die Bühne gehüpft, nein geflogen, wie ein vom Wind hereingewehtes purpurrcthes Blütenblatt, machte zur Rechten, zur Linken und jetzt geradeaus zu ihm mit einem Aufleuchten ihrer Mülh ausen «inen zierlichen Knicks, warf graziöse Kußhände und schwebte, von einem befrackten Herrn leicht gestützt, zu ihrem luftigen Sitz empor. Keck, flot., übermüthig, ein rechter kleiner Teufel, erschien sie in dem feuerrothen Trikot. War dies lebensprühende Geschöpf wirklich «in „armes Ding"? Hans lachte sich selber aus. Sie lief mit der Gewandtheit einer Katze auf dem Seil, ihre Fußsohlen schienen an ihm zu kleben. ES lag eine solche absolute vertrauenerwecken de Sicherheit in allen ihren Bewe gungen, daß HanS sich erleichtert sagte: Der passirt nichts um die brauchst du nicht zu sorgen. Sie machte eine Pause. Ein rau schender Applaus ergoß sich über sie, und sie dankte strahlend. Dann ruhte sie. die B«in- leicht iibereinanderge schlagen, auf der sammtnen Brücke, und während sie mit einem Tüchlein Stirn und Hände trocknete, zuckte ihr Blick mit seltsam starrem Ausdruck nach der Loge hinüber, in d«r Stein rücker saß. Er hatte jetzt der Bühne den Rücken zugewandt und plauderte mit einem Herrn. Sein Interesse an Olympia schien also nicht groß zu sein. Forschend sah Hans zu ihr hinauf. Ihr Blick hatte ein unbehagliches Em pfinden in ihm geweckt, aber die Klein« blickte schon wieder mit so strahlendem Lächeln ins Publikum, theilte so übermüthig Kußhände aus, daß Hans erleichtert aufathm«te. herunter vom Seil, und ehe man ihr« Absicht errathen konnte, saß sie schon oben auf dem Trapez und wiegte sich anmuthig, um dann mit derselben Sicherheit und Flottheit ihre Wellen Schaukel hoch über den Köpfen deS Publikums auszuführen. Jetzt kam die geschmeidige weiche Grazi« ihrer Bewegungen, das Rassig« ihrer gan zen Art zu noch besserer Geltung. Man sah einen feuerrothen Schmet terling da oben in der Luft, seinem Element, gaukeln, fliegen, sich wiegen; aber Hans gerieth doch mehr und mehr in eine zitternd« innere Unruhe. Es lag etwas forcirt Tollkühnes in ihrem Auftreten. Er meinte bei sich, sie fordere das Schicksal ja förmlich Plötzlich hörte die Musik auf zu spielen. Eine erwartungsvolle Stille lagerte üb«r dem großen, von Men schen dicht besetzten Saal, eine Stille, die von «iner schwülen elektrischen Spannung erfüllt zu sein schien. Man ahnt«, daß sich etwas vorberei tete, etwas Großes, Gefährliches, Neroenangreifendes. Ein« bange, er regte Neugierde überkommt in solchen Augenblicken den Zuschauer, er möchte die Augen schließen, um durch die Wimpern doch verstohlen und scharf zu lugen, damit ihm nur ja nichts entgeht. Das Herz begann Hans in der aufregenden Erwartung zu schlagen. Was hatte sie vor? Sie saß ausruhend, athemschöpfend auf dem Trapez, schaukelte sich sacht hin und her, blickte dabei mit be- Süßlichkeit des bekannten Bllhnen lächelns hatte, auf das Publikum herab, grüßte, Hans meinte, ganz be- Kein Netz war unter ihm aufge spannt, keine sonstige Vorsichtsmaß regel getroffen, als daß der befrackte Herr auf der Bühne sta id und, wäh rend «r sich den Anfchei" der Sorg losigteit gab, alle Bewegungen de» rothen Schmetterlings mit der schärf sten Aufmerksamkeit verfolgt«. (Fortsetzung folgt.) Air die Küche. Ungarischer Schmorbra ten. 5—6 Pfund altschlachtenes Rindfletsch (Oberschale) werden, naH< dem sie gut geklopft und gespickt sind, in Pint Wasser mit Speckscheiben, Wurzelwerk, einigen Schalotten, et wa» Gewürz, Lorbeerblättern und einigen Citronenscheiben gedämpft. Fängt das Fleisch an, braun zu wer den, stäubt man einen Löffel voll Mehl darllber und gießt nach und nach ein« halbe Flasche leichten Roth wein dazu. Zuletzt seiht man die Sauce durch, vermischt sie mit einem gehäuften Löffel voll geriebenen Meerrettich und einem Weinglas voll Nngarwein und dämpft das Rind fleisch noch ein Weilchen in der Sauce. Man reicht geröstete Kartoffeln zu dem Fleisch. Reisauflauf mit Kalb» fl e i sch s ch n i tten. Uebrig geblie bener Kalbsbraten wird in Scheiben geschnitten. Von Butter und Mehl wird eine weiße Schwitze geröstet und mit Fleischbrühe und Weißwein zu mtt zwei Eigelb legirt. Carolina- Reis wird gewaschen, blanchirt mit Fleischbrühe und etwas Butter lang sam weich gelocht und in «ine Schüs sel geschüttet. Wenn er halb erkaltet, werden einige Löffel der Sauce dazu gegeben und der geschlagen« Schnee von fünf Eiweiß darunter gezogen. Den Boden einer ausgebutterten Auflaufform füllt man mit Reis maffe, gibt darauf die Kalbfleisch schnittchen sowie einen Theil der wei ßen Sauce und obenauf den Rest der Reismasse. Man bestreut sie mit Sem melbröseln, streut Butterstiicke darllber und backt den Auflauf etwa dreißig Minuten im heißen Ofen. Den Rest Filetschnitt«n auf unga risch« Art. Man schneidet von einem gut abgehängten Filet finger starte Scheiben, klopft sie und spickt sie auf einer Seite mit einigen feineir Speckstreifen. Die ungespickte Seit« taucht man in Mehl, legt sie in die Pfanne in heiß gemachte Butter, deckt sie zu, läßt sie 3 Minuten anbraten, bestreut sie mit Salz und einer Mes serspitze Paprika, läßt sie unzuged-ckt' weiterbraten und wendet sie um. Wenn die Filetschnitten gar und auf b«id«n Seikn braun sind, nimmt man sie heraus, verkocht die Bratbut ter mit etwas saurer Sahne, schmeckt die Sauce ab und gießt sie ilber di« heiß gestellten Schnitten. Flammeri von Reis. Man blanchirt V? Pfund Reis mit sieden dem Wasser und kocht ihn dann lang sam eine halbe Stunde in 1 Pint Milch, in welche man ein Fünftel Pfund Zucker und V« Pfund Butter, etwas Citronenschale oder Vanille ge geben hat, weich. Wenn er beinahe weich ist, fügt man ein« Messerspitze Salz, nach Belieben auch >/« Pfund fein gestoßene, süße Mandeln nebst einigen bitteren hinzu und füllt die Masse in «ine zuvor in kaltes Was ser getaucht- Form, füllt zuerst -ine Lage von dem Reis, bestreut denselben mit 4 bis S gestoßenen Makronen, süßen und bitteren, legt darauf wie der eine Schicht Reis und fährt s fort, bis die Form gerüttelt voll ist. Dann läßt man ihn üb«r Nacht im Keller erstarren, verziert ihn nach dem Ausstürz-n mit Fruchtgelee und ser virt ihn mit Obstsauce. Risotto. In einem irdenen Tops läßt man V« Pfund gewässerte» Rindermark und Pfund Butter vergehen und röstet darin Pfun» blanchirten Reis 10 Minuten. Dann wird das Ganze mit einer Prise Sa fran schön gelb '«färbt, man füllt 1 Quart helle Brühe oder Wass-r auf und läßt den Reis In kurzer Zeit weichlochen, daß er saftig und glän zend wird, aber körnig bleibt. Er wird in Schichten, zwischen d!« man geriebenen Käse und gedünstete Pilze legt, bergartig angericht«, und mit einem Kranz Pilze umgeben. Tomatenfleisch. 2 Psunl» Rindfleisch aui der Keule wird ent sehnt und in Würfel geschnitten. In heiße Butter gibt man eine groß«, feingeschnittene Zwiebel, dann daZ Fleisch, brät es auf allen Seiten an und streut Salz darllber. Vi«r bis fünf große, abgewischte, aufgebrochene Tomaten oder ebensoviel Eßlöffel To matenpüree und zwei Eßlöffel Mehl werden dazugegeben, dann brät man alles noch einmal durch, füllt kochend« Flüssigkeit auf und läßt es im fest verschlossenen Topf ga. dämpfen. Eine Stunde vor dem Anrichten gibt man IV2 Pfunt kleine, rund ge schält« Kartoffeln hinzu, die beim An richten auf runder, tiefer Schüssel an den Rand geschoben werde,-. Frikassee von Champig nons. Gleichmäßige, schön geputzt« Champignons werden in Stücke ge schnitten, gewaschen, zum Abtropfen auf ein Sieb gelegt und in zerlasse ner Butter einige Minuten auf gelin dem Feuer gedunstet, dazu fugt man einen Löffel Mehl, ein Slraußchen Petersilie, ein wenig Salz und et was weißen Pfeffer und etwa« Fleisch- oder Hühnerbri-h«, läßt si« eine Viertelstunde leise lochen, schmeckt ab und legirt ganz lurz vor dein Seroiren die Sauce mit 2 L Ei-
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