Die Scholle. „Bist Du toll geworden, Mensch!" rief ich, endlich zu Athem kommend. Hans wollte wie ich Naturwissenschaf ten studiren. Wie schön und glänzend malte er sich damals in kindlichen Sein Vater, ein kleiner Beamter, starb in den besten Jahren. Die knappe Pension reichte für ein Univer haster. „Was -hast Du denn nur?" fragte Ich, mit unverhehlter Verwunderung dort —" den Wolken meinst Du?" Er schüttelte den Kopf. „Nein „Weil die Stadt für ihren Boden zu viel verlangt. Jetzt ist es anders ge worden. Die Terraingesellschaft Ura nia, die sich verspekulirt hat, weiß ihren Besitz nicht anders zu verwerthen. Zu ganz billigem Pacht giebt sie die prächtigsten Grundstücke ab." „Und da hast Du ?" Künftig werde ich meine eigene Scholle bebauen. Das soll herrlich werden!" „Aber eine Pachtung ist doch kein Besitz," suchte ich seine Begeisterung etwas zu dämpfen. „Pah, fünf Jahre sink eine lange Zeit. Wer weiß, ob man so lange lebt. lachte geheimnißvoll „wenn ich wei ter spare doch das kümmert mich jetzt nicht." Stadtmenschen war dort an der äußersten Grenze des Burgfriedens entstanden. Bescheidene Leute waren Beamte, abgehetzte Geschäftsleute, selbst schiver sich plagende Arbeiter, die hier zum ersten Mal den vollen Zauber eines aus dem Boden erzeugten Besitzes empfanden. Alles, was da wuchs und gedieh, war ihrer Hände Werk, lehrte sie einen Segen der Arbeit kennen, der nicht im Gelde bestand. Kinder gleich ergötzten sie sich weltvergessen an der Brust der Mutter Erde. Die umwehte ihrer Scholle, und der Harzduft des nahen Fichtenwaldes mischte sich mit dem lieblichen Athem der Blumen. Die Mitte der traulichen Niederlas- schon ziemlich hohe Kastanie setzen las sen. Der Schatten ihres laubigen Blätterdaches dünkt- ihn da» Köst lichste auf Erden. Ein kleiner Thier park mußte ihm die fehlende Familie ersetzen. Mit rührender Sorgjalt füt- Öft schon Morgens, vor der Bureau zeit, in der Mittagspause und jeden Abend fuhr er mit der Trambahn zu seinem kleinen Paradiese hinaus, um mit unermüdlichem Eifer darin zu ar beiten. Da gab es zn graben, zu be gießen, zu jäten, den Rechen zu führen oder den üppig schwellenden Rasen zu mähen. Von dem gewonnenen Heu bereitete er sich im Gartenhäuschen ein duftiges Lager, und wenn die Dämme rung einbrach, streckte er sich behaglich Oft saß ich da bei ihm, während draußen die Kinder jauchzten und von den Nachbarhäuschen der frohe Gesang der anderen Schollenmenschen herüber klang, und wenn ich dann in sein Ge sicht blickt«, glaubte 'ich niemals einen glücklicheren M«nsch«n gesehen zu ha ben. Dann überkam mich manchmal eine ahnungsvolle Bangigkeit. Diese übergroße Freude erschien mir beinahe krankhaft. War ein Herz, das sich so Lberschwänglich dem Glücke hingab, auch stark genug, ein Unglück, wenn es kam, zu ertragen? Wie Egyptens Kö nig dem Polhirates hätte ich dem Freund« zurujen mögen: „Mir grauet vor der Götter Neide!" Aber ich schwieg. Konnte es Götter geben, die einem armen Menschenkind- diese harmlos« Seligkeit neid«ten? „Der Dichter hat doch r«cht," hatte Hans mir eines Tag«s gesagt, als er mir freudestrahlend die Worte wies, die er selbst mit Farbentopf und Pinsel über den Eingang seines Häuschens gesetzt hatte: „Raum für alle hat die Erde." Jahre waren vergangen. Im Herbst kehrte ich von einer län geren Forschungsreise aus dem Aus lande zurück. Mich meinen Träumen überlassend, saß ich im Eoup<<. Nach all' dm bunten Eindrücken einer frem den Welt trat mir plötzlich wieder das stille, so lange nicht mehr getheilte Glück des alten Freundes vor Augen. Jetzt mochten sie da draußen das Erntefest feiern. Hans hatte mich ein mal dazu eingeladen, und deutlich sah landen und Kränze, farbige Papier fähnlein schmückten die Häuschen, Ket ten von bunten Lampions zogen sich von Garten zu Garten, Raketen und Frösche krachten, Kinder jubelten, und zum Klange der Zither und Harmonika schwangen sich auf dem weichen Rasen frohe Paare in anmuthigem Tanz. Eine mächtige Sehnsucht ergriff mich. Am Bahnhof angekommen, zog es mich unwiderstehlich hinaus nach der Stätte unschuldiger ländlicher Freuden. Mein Gepäck zur Wohnung sendend, wanderte ich über die Brücke durch stauberfüllte Vorstadtgassen dem in der Ferne blauschwarz herüberdäm mernden Fichtenwalde »ntgegen. Während meiner langen Abwesen heit hatte sich vieles verändert. Eine neue, fieberhafte Bauthätigkeit schien erwacht zu sein. Weiter als früher schob sich die Stadt hinaus. Die ho» hen, öden Miethskasernen wollten kein Ende nehmen. Ein unheimliches Gefühl beschlich mich. Wo sonst schon der Odem des Waldes geweht, umgab mich immer Atmosphäre der Großstadt. Ihr stei nerner Riesenleib erschien mir wie ein Ungeheuer, das seine habgierigen Krallen weiter und weiter hinausschlug und einen grünen Wiesenfetzen nach terriß. Als endlich die neu entstandenen Straßenzüge aufhörten, dehnte sich ringsum eine abscheuliche Wüste von abgegrenzten und eingeplankten Bau quartieren, zwischen denen hier und da schon ein qualmender Fabrikschlot in den Himmel ragte. Betroffen hemmte ich plötzlich den Schritt. Eine volle Stunde war ich bereits gegangen und hier, ganz nahe dem Walde, mußte doch die Kolonie der Heimgärtler lie nen vom Erdboden verschwunden. Ue berall aufgeschichtetes Bauholz, Schub wrren, Mörtelgruben und Haufen von jenseits eines den Ausblick sperrenden Holzstapelplatzes Geschrei und Lärmen meine Aufmerksamkeit erregten. Rasch die aufgethürmten Balken und Latten umgehend, blieb ich über rascht stehen. Wahrhaftig, dort war es! Da lag noch die kleine Siedlung des Registrators unberührt mitten in dem wüsten Chaos. Aber was bedeutete die Menschenan sammlung, die tobend und schreiend in heftiger Erregung vor dem Zaun sich staute? In dem kleinen Getümmel tauchten die blanken Helme von Schutz leuten auf. Der Gedanke, daß dem friedlichen Schollenmenschen ein Un glück zugestoßen, trieb mich vorwärts. Auf den nächsten der Schreier zutre tend, fragte ich bestürzt: „Was gibt es da?" „Nicht 'raus will er!" „Wer?" rief ich in jähem Schrecken. „Der Narr, der sich drinnen einge sperrt hat. Aber sie kriegen ihn schon." der arm« Mensch leid thun." »Um Gottes willen, Sie sprechen von dem Registrator?" ihr Terrain besser verwerthen." „Ich begreife, aber Gutleben wird doch nicht —" Der Sprecher zuckte die Achseln. „Es „Und jetzt?" „Jetzt, da sie Ernst machen, sitzt er versehen." „Der Wahnsinnige! So will ich hinein —" Entschlossen schritt ich auf die Pforte ein." Stimme. „Meine Scholle ist's! Ich Todes!" „Ich bin es ja, Hans." „Ein Dieb und Räuber bist Du. Nieder schieß' ich Euch all«!" Blitzschnell sich bückend, suchte er die hatten scharf aufgepaßt D«n Moment benützend, stürzten si« sich auf den Wehrlosen und fesselten seine Hände „So, jetzt haben wir Sie!" Die Menge pfiff und johlte. Mensch liche Tragödien haben der rohen Masse che». Aengstlich flatterte das letzte lehnt." nes Glückes. Früher noch als ich waren die Zer störer am Werke. Ein Häuflein Ar beite? war schon daran, in geschäftiger Eile das Häuschen abzubrechen. Ge betnit, stürzte die durchsägte Kastanie, dem angestrafften Seile folgend, rau „Was ist's mit dem Verhafteten? „Wirklich irrsinnig?" ist schon ,n d,e Anstalt emgel,-. „Wissen Sie, was der Arzt gesagt 'ch daß Mein Fuß stieß an ein Holzstück. Es war das Brett mit der Inschrift, die Hans über der Thür seines Häuschens Das Unbekannte. Vor einigen Jahren machte ich eine Studienreise durch die Normandie. Ich durchstreift« sie lr-uz und qu«r und schlief Nachts in dem ersten be sten Krug«, d«n ich auf meinem Wege Zu meinem Aerger wurde ich durch anhaltendes Regenwetter ein« ganze Woche in einem kleinen Gasthofe in der Nähe von Blendn festgehalten. Ich langweilte mich dort entsetzlich und war sehr «rsr«ut, als ich nach einigen Tagen einen Hausgenossen ' ''S de all- Meere durchschiff- hatte und leb haft und interessant davon zu erzäh len wußte. Ich erinnere mich nicht mehr, welchen Grund er für seinen Aufenthalt angab, aber so viel ist ge wiß, daß ich mir keine bessere Gesell schaft wünschen konnte. Die Bauern und Pächter der Umgegend waren ge radezu bezaubert von ihm, und mit offenem Munde und vor Erstaunen und Bewunderung starren Augen lauschten sie den Erzählungen seiner Abenteuer. Wir saßen eines Abends wie ge wöhnlich in der Schänkstube, und der Seemann schilderte gerade einen blu tigen Kampf mit chinesischen Piraten im gelben Meere, als plötzlich ein Fremder eintrat. Es war einer der Männer, deren Erscheinen stets ein augenblickliches Schweigen hervorruft. Ein etwas abgetragener Diplomaten frack umschloß seine hohe schlanke Fi gur, die einen Kopf mit einem blei chen, markirten Gesicht trug. Er fitzte sich ruhig nieder und b«st«llte ein warm«s Getränk. Anfangs ivarfen die Bauern, die sich anscheinend durch sein Aeußeres abgestoßen fühlten, fch«ue Blick« auf ihn. Mein Freund, der Seemann, aber schien ihm zeigen zu wollen, daß er sich nicht imponi ren ließ, und redete den Fremden an. Dieser antwortete mit einer Zuvor kommenheit, die deutlich zeigt«, daß er nichts dagegen hätte, sich der übrigen Gesellschaft anzuschließen. Nach fünf Minuten sprach er ebenso viel wie der Seemann, und noch zehn Minuten führte er die ganz« Unterhaltung. Es ärgerte den Seemann, sich plötzlich dethrvnisirt zu sehen. Er macht« mehrer« Versuche, das verlo rene Terrain wieder zu gewinnen, aber es war vergebens. Der Fremde war im Besitze einer noch größeren oratorischen Gabe. Im Laufe des Gesprächs äußerte ein alter Pächter sein- Sorge über die schlechten Ernteaussichten. „Habt Ihr denn schon all« Mittel versucht, um «iner schlechten Ernte vorzubeugen?" fragt« der Fremde. „Ich habe all« Rathschläge des landwirtschaftlichen Kalenders folgt," lautete die Antwort. „Und glaubt Ihr nicht, daß es noch anderen Rath giebt?" fragte der Fremde, wählend ein spöttisches Lä cheln sein Gesicht überflog. „Ich weiß wenigstens keinen," sagte der Pächter. „Habt Ihr noch nie von Mitteln gehört, über die der unwissende Haus« gewöhnlich lacht und sie für Humbug erklärt, aber die er sich wegen ihrer Mystik doch zu benutzen fürchtet?" ~Si« meinen mit anderen Worten übernatürliche Mittel," fiel d«r jung- „Ja," lautet« die ruhige Antwort des Fremden. Menschen, die trotz der Wissenschaft und aller gesunden Vernunft an Spuk, Geisterbotschaften und derar tige Kinderstubenmärchen glauben?" cheln das Gesicht des Fremden. „Ja," antwortete er langsam und würdevoll, „ich gehöre zu der Klasse Menschen, die nicht trotz der Wissen schaft und aller gesunden Vernunft, sondern gerade auf der Grundlage „Wer sind Sie und was ist Ihre Wissenschaft? Die giebt es sicher nicht Ein Murmeln des Beifalls ertönte Ihr, eine Generalion nach der ande- Jhr, Ihr wagt es, Männer zu ver spotten, die Tage und Nächte, ja das Leben selbst opfern, um das größte Räthsel des Daseins zu lösen! Ihr lacht und spottet, wenn sie Euch schaft ist! Ich bin Gaston Neville kultät in Montpellier und Vorstand des französischen spiritistischen Ver eins. Ich befinde mich auf dem Wege „Ihre Beredsamkeit ist ja sehr geben —" „Nichts soll mir lieber sein," ant wortete Gaston Neville, „hier auf de, Stelle will ich Sie, iM: Sie es wün schen, mit dem Unbekannten in Ber- Gaston Neville warf nachlässig eine Handvoll Goldstücke auf den Tisch. iind Gut und aus diesem Tische zuschießen." etwas auf seine Kosten zu bereichern, fort als Theilnehmer der Wette. Die dem Gewinner ausbezahlen. Darauf schritt man zur Wahl des Ammers. Eine kleine, dunkle Dach- Daraus nahm Gaston Neville das Wort: „Bevor Sie in das Zimmer ge hen, haben Sie weiter nichts zu thun, als mir den Namen des Verstorbenen zu nennen, d«n Si« zu sehen wün schen." Ne'ville, „sehr Sie in's durch die halb offene Thür. Er war sehr blaß und sagte in affektirtein Tone: össnet! öffnet! O Gott!" Dann er folgte ein schwerer Fall und alles wurde wieder todtenstill. Einige Se kunden standen wir wie versteinert, dann stürzten wir nach der Thür, schlössen sie auf und drangen in's Zimmer. Es war stockfinster darin und ein merkwürdig brcnzeliger Ge ruch schlug uns entgegen. Als der Wirth mit der brennenden Lampe her beikam, fanden wir den Seemann ohnmächtig auf dem Fußboden liegen. Mitten im Zimmer stand ein alter Tisch. Der Wirth wollte gerade die Lampe darauf setzen, fuhr aber mit einem Ausrufe des Erstaunens zurück. Wir drängten uns alle an den Tisch. Auf seiner Platte war der Name „Leon Bourge" eingebrannt. Wir bemühten uns, d«n Seemann zum Bewußtsein zu bringen. Es währte lange, bis er wieder zu sich kam, und für den Rest des Abends war er wie gelähmt vor Entsetzen. Gaston Neville hatte unzweifelhaft seine Wette gewonnen, und ich über reichte ihm deshalb die große Geld summe. Mit ei/ier steifen Verbeugung wünschte er uns gute Nacht und am nächsten Morg«n in all«r Frühe ver ließ er den Krug. Einig« Stunden später verabschiedet« sich auch der Seemann von uns, der untröstlicki über seinen Verlust war. Er ließ sich nicht dazu bewegen, uns etwas von den Schrecken der Nacht zu erzählen. Schon bei dem bloßen Gedanken da ran wurde er beinah« ohnmächtig. Am nächsten Morgen klärte sich das Wetter auf, und ich setzt- meine Wanderung fort. Vierzehn Tage später kam ich eines Abends spät in einem Gasthaus« an, welches ungefähr «ine Meile von Le Hahr« entfernt ist. Ich war gerade im Begriff, in das Gastzimmer zu tre ten, als ich aus dessen Innern eine Stimme hörte, die mir bekannt vor kam. Ich blieb einen Augenblick ste hen und lauschte. Dann erkannte ich die Stimme, sie gehörte Gaston Ne ville. „Narren! Blinde! Maulwürfe! Ar me, geknechtete Sklavenseelen!" don nerte er los. „Es ist dumm von mir, mich zu ärgern, wo ich Mitleid fühlen sollte." ... Ich blickte in's Zimmer. Da stand Gaston Neville und predigte einer gas- Begegnung mit dem Unbekannten. Japanische t?i»v««poefle. Die japanischen Heirathsinserate, bespoesie des Mikadolandes erfüllt. Hier eine Probe: „Ich gebe hiermit zu wissen", schmachtet ein liebebedürf tiges Mädchen, „daß ich ein hübsches und der Geige sagt Pros. W. Ridge kröten noch Kürbisse besaß, griff man als Ersatz zum Holze und bildete aus diesem die Formen des Kürbis Mutter (zur Tochter): „Wenn der Assessor sich heute erklärt, so sagst Du ihm, er soll' mit mir sprechen; erklärt er sich nicht, so sagst Du ihm. ich möchte mit ihm sprechen!" Der Protz. Rentier (zum vaumeister seimr neuen Villa): „Hier im ersten Stock müssen Sie noch eine zweite eiserne einziehen; hierher kommt nämlich der Geld schrank zu stehen." Seine Ansicht. Das Hinterlassen«. Herr (der seinen Neffen in dessen Stammkneipe sucht): „Mein Neffe nicht hier? Hat er vielleicht etwas Bier!°' Glai Höchste Zeit. Schlüssel nicht paßt! . . , Jetzt muß che selbst Geld!" „Na, da treffen — Warnung. Patient (zum Leidensgefährten): „Wenn Sie also zu einem der Aerzte hingehen wol 's Bier!"
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