Sei«e Kleine. ....„Denn also, meine lieben Kon firmandinnen, müsset ihr nun auch, ehe ihr an des Herren Tisch tretet, des Psalmenlieds Davids eingedenk sein, der da bittet: .Schasse in mir, Gott, «in reines Herz und gib mir einen Die Stimme des Predigers in der Konfirmandenstunde sprach weich und eindringlich. Eben war noch ein Ki chern und Flüstern während seiner Worte gewesen-, jetzt schwiegen die Mädch«n, die höheren Töchter, vor sei nem ernsten Blick. „Noch wenige Wochen nur... und ihr müßt die Kinderschuhe ausziehen, in denen ihr so leicht und sicher die glatte Straße im Elternhause ge schritten seid. Rüstet euch darum zu dem neuen Weg« mit Gottvertrauen Da schubste Suse. Unter dem Tisch zwingenden Stoß. Da blieb Hilde trotzig sitzen. Das Lachen begann schon wi«d«r ihre gan ze kindliche Gestalt zu durchrütteln. Der Geistliche sah es nicht mehr. Er hatte den Kopf zum Gruß geneigt und die Sakristei verlassen. Die Predigerstunde war für heute packen. Hilde und Suse am lautesten. Ein paarmal steckte der Küster den Kopf zu der kleinen Thür hinein und bat sich Ruhe aus. Es nützte nicht viel. Wie die aufgescheuchten Vögel schirrte das nun zwitschernd auseinander, auf die Straße, in den Märzschnee, den mitten durch vorwitzige Frühlings sonnenstrahlen ein« dunkle Wetter wolke urplötzlich wieder auf die Erde hinabgestrcut. „Schade",... dachten einige lenzes schnfüchtige höhere Töchter. „Fein",... meinten andere, die leichten, glitzernden Schneesternchen aus den dunklen Mänteln bewun dernd. Hilde und Suse sahen weder Schnee noch Sonnenschein. Arm in Arm schritten sie die Straße hinab, plau dernd, kichernd, ausgelassen. „Hast du den Quatsch verstanden?" Sus«, di« kleinere und jüngere Die feinen, schlanken Schultern zuckt«n leicht. glaube nicht!... Js ja auch Konfirmandenstunde ich hab' mich todtgelacht! Sie hat die Psalmen auch nie gekonnt! Na ja ... und hat das was geschadet?... Nein! Mit sechzehn ist sir eingesegnet wor den, mit siebzehn hat sie sich verlobt, »nd ein Jahr später war die Hochzeit! Sie hat ihren Leutnant gekriegt, den sie wollte, braucht bei ihm k«ine Psal men zu können und lebt alle Tag« herrlich und in Freuden!" Suse lachte. „Thut sie das wirklich? Papa mein te neulich, als ich ihm von deiner Schwester erzählt«, ich sollte nicht so ausschneiden! So ein junger Offi ziershaushalt... wenn kein großes Vermögen da ist wie bei euch, kann es gar nicht so üppig sein!" Hilde schluckte. „Quatsch!... Ueppig!... Davon habc ich ja gar nichts gesagt! Anne marie ist jedenfalls immer sehr zu frieden und fidel! Und mein Schwa ger Hans auch! Mama und ich. wir wir in Potsdam drüben sind!" „Dein Papa nicht?" „D...0ch!... Aber der fährt sel ten mit... er hat so viele Vorlesun gen jetzt vor den Ferien! Zu Ostern will er mit rüber! Na... jedenfalls Du... das muß großartig werden! Zum ersten Male Hauptperson, Suse! ... Lad«t ihr viele «in?" Das elegante Direktorstöchterlein „Natürlich! Alle Bekannten und Verwandten! Das Essen wird im Hot«l bestellt, di« Feier ist zu Haus! Nc weißt« ... wenn man seine Ein segnung nicht mal ordentlich feiern 5011... was dann?" wer.... was? Satintuch oder Krepp ....oder Voile muß man doch min roth« Augen..... haste gesehen? Die hat geheult, sagt Irma Wellner, weil sie nicht alles neu vom Kopf bis Fuß kriegt! Ihre Mutter hätt« g«m«!nt, das wär« nicht nötig."... Darauf sagte Hilde nichts. Ganz, ganz leise seufzte sie. Mama würd« sicher heut« wieder in sehr schlechter ckerig... und Mama bekam ihre ner vösen Zuständ«. Ab«r na... Hilde hatte sich schon daran gewöhnt, es war bisher immer noch alles gut abgelau fen .. es würde auch diesmal so sein! An der nächsten Straßenecke trenn ten sich die Freundinnen. Das Schneetreiben hatte aufgehört, durch die Wolken drängte sich ein letz ter blaßrother Sonnenstreifen, dann Hilda beschleunigt« ihre Schritte. Aus der Treppe nahm sie immer zwei Stufen mit einem Male, das Köpf chen ganz schwer und voll lauter herr lichen Ideen für den Einsegnungstag. Zuerst ging sie zu Papa. Das that sie immer so, wenn er zu Hause war. „Meine Kleine" nannte er sie. Das klang so süß, viel süßer als „miine Große", wie Papa zu Annemarie sag te. Seltsam! Er sagte das auch immer in einem ganz anderen Ton. Bei der verwöhnten Schwester hatte er immer das zweite Wort betont... „M«in« Gr0ß«"... b«i sein«! Jüngsten be tonte er das erste Wort „Mein« Kleine" Warum er das wohl that? muß te Hild« plötzlich denken. Weil sie sein hclles Haar und seine Hillen Augen hott«, während Annemarie mit ihren dunklen Locken der Mutter glich? Oder weil schon von frühester Jugend an ihr Spielwinkel in Papas Studier-- ftub« war? Nicht wie Ann«mari« im Kinderzimmer, n«in, ein ganzes klei nes Ofeneckch«n hinter Papas Schreib tisch, in dem gerade ein Stühlchen, «in Puppenbettchen und eine winzige, wacklige Kindcrkommode Platz hatte. Das alles stand heute noch da. Papa hatte sich an die Sachen so gewöhnt, «r wollte das da in sein«r Nähe behal ten. Eigentlich schämte sich Hilde, wenn Bekannte das sahen. Und sie er klärte ihnen j«d«smal, daß sie schon ewig lange mit den Dingern nicht mehr spiele. Dabei sah sie aber sehr scheu Papa an, was er zu dieser Lüge sagte. Denn manchmal in gar so einsamen Dämmerstunden, wenn Papa so stumm und v«rsunken in seinem großen Stuhle saß. spielt« Hilde doch damit. Dann kniete sie vox dem Bli chen, strich mit zärtlichem Finger die Kissen und Deckch«n glatt und nahm zitternd vor Entzücken aus der mod« ein spinnenfeines Kleidchen nach dem anderen, um sie ihrem alten,, blassen Wachslinde der Reihe nach an zuziehen. Und dann sang sie auch manchmal dabei. L«ise... unhörbar fast ... aber sie sang doch Davon wußte nur Papa, kein Mensch sonst... es war auch eigend lich zu albern für «in sechzehnjähriges Mädchen! Heut« hatte d«r Professor schon Licht in seinem Arbeitszimmer. Er schrieb so hastig, war so in sein W«rk vertieft, daß er es gar nicht hört«, als Hilde eintrat. Sie stand ein Weilchen r«gungslos auf dem Teppich und sah ihm zu. Sie sah seinen geneigten, grauen Kopf, das blasse, gefurchte Profil und die schlan ken, iib«rschlank«n Händ«, auf denen das Lampenlicht die blauen Ad«rn durchschimmern ließ. „Wie alt er wird," dachte Hilde er schreckt. „Wie elend er aussieht! Wa rum schreibt er auch zu Hause noch so viel? Sein« Vorlesungen in der Uni versität strengen ihn doch schon genug „Papa" .. ri«f sie halblaut. „Na, meine Kl«ine! Mal wieder fromm gewesen? Dann geh nur zu Mama, die hat schon nach dir ge fragt." „Ach Gott, Papachen ... fromm! Wie du das sagst! Wer ist denn heut« noch fromm? W«r hat denn das noch nöthig?.. Die Menschen alle sind doch heute viel zu modern dazu!" lichrs Mädel gefragt: .Warst du Rasch trat sie hinter des Vaters Etichl. Es macht... so müd«! Aber" ... Er «r gequält. Als das Mädchen regungslos bei ihm stehen blieb, schob «r es ungedul- si« sollte ihm, dem Pro s«ssor, dem Allwissenden, Helsen?... Was er damit wohl gemeint hatte? D«m Papa h«ls«n!... Sie hätte dos wohl gern gethan ... aber es war „Bist du's, Hilde?" fragte sie, als „Ja, Mama!" „Gott sei Dank, daß du kommst! Du brauchst dich erst gar nicht lange „Ja," sagte Hild« leise, ~«r sieht höchlich ' 'ch da ' verstehe Papa nicht! Als ob wir über unsere Behältnisse lebten! Ich hatte Anstatt, daß er sich als Vater über sol- Hand am Tischrand fest. „Hat... Papa das ... alles so ge sagt?" ... mutige Frau Professor zuckte di« Ach Papas Art!" „Ja"., nickt« Hild«. Und dabei als d«r Bat«r. hörte sie plötzlich die Worte des Pre gebt.". ch H z Die Kleine wurde plötzlich in die sem stummen Sinnen zur Großen ~. Mama! Meine alt« Wäsche ist doch glaube! Und das Kleid... Muttchen .F P fss 1 „Aber Hilde... das ist ja Cheviot ... den deine Schwester damals nicht w011te."... Hilda nickte. Das junge Gesicht fchaft... brauche ich doch nicht!" Die schlanle Frau Professor sah kerzengerade neben ihr«r Tochter, un den. «Aber, um Gottes willen ... Rum denn das alles .., Hilde?" Da hielt sich das blonde Mädel nicht län »nd durch echter Liebe voll: „M eine Kleine!" Ter Brutofen. habendi- Gwcke gesetzt, „Wir haben Mitte August, es wird Mund. „Der Brutofen, so das ist also das Neueste?" ten," erklärte Herr Mainländer. „Das „Ich brüte auch nicht ant- Brutofen." nelle." den künstlichen Waben," nickte Fräu lein Tip^, Herr Mainländer schnippte ärger- sich schon seit langem vorgenommen hatte, mit sechzig Jahren das Geschäft aufzugeben. dem Billenstädtchen der neuesten Theorien. Daß er dabei allerlei Mißerfolge erlebte, hätte we nig zu sagen gehabt, wenn nicht seine grüßt hätte. Ihr selbstgefälliges „Ich Aber das lag durchaus nicht in ihrer Art. Als am Nachmittag die Brutmaschine ankam und Abgeladen „Als Zierrath des Borgartens " ckt Dutzend einlegen. Zum Versuch ge nügt das. Es ist schon so spät, bald September. Nächstes Jahr brüte ich italienische Kisteneier?" fragte Fräu lein Tips. „Ich habe mir Brahmaputra be- Wirthschafterin. hart. Mit der Schaumkelle holte !ie die wendete die Eier. Am fünften Tag nahm er die Eier einzeln heraus und prüfte sie mittels Durchleuchtung. „Wenn jetzt in der Mitte ein dunk ler. faseriger Kern erscheint, dann sind die Brutkeime in Ordnung." erklärte er Fräulein Tips. Aber es erschien nichts, die Eier waren vollständig undurchscheinend, eines wie das andere, so hoch er auch die Lampe schraubte, und so sorgfäl tig er den Refleltor einstellte. „Der Eierprüser taugt nichts, oder die Eier sind zu dick," meinte er, indem er sie wieder in den Brutofen legte. „Wenn nur nichts damit vafsirt ist", warf Fräulein Tips bedenklich abweisend. „Die beste natürliche Glucke kann nicht so gleichmäßig brü ten wie eine Maschine." Er hatte nur ein mitleidiges Lä cheln, als seine Wirthschaften» einige Tage später triumphirend erzählte, daß ihre Küchelchen jetzt ausgebrochen wären. „Wie viel sind es denn?" fragte er. „Sieben Stück." .Das ist eine böse Zahl. Da sehen Sie, wie wenig Verlaß auf die Na turbrüterei ist. Ich erziele wenig stens neunzig Prozent." „Wenn die Henne durch die Ge schichte mit dem dummen nicht gestört worden wäre, hätte es auch mehr gegeben," vertheidigte Fräulein Tips ihre Glucke. „Na, in zehn Tagen sind meine auch so weit," meinte er. „Ich glaube es nun einmal nicht," sagte das Fräulein kopsschüttclno. Natürlich mußte Herr Mainländer sich die Minorkaküken doch einmal an sehen. Wie dunkelgesärbte Kanarien vögel saßen sie unter dem Brntlorb und antworteten mit gellendem Pipen auf den Lockruf der Glucke. „Es ist eigentlich ganz gut, daß es nicht so viel sind," sagte er zu der Wirthschaften«, „da kann die Glucke nachher meine Hühnchen dazunchincn." Aber da kam er schön an. Für seine Riesenküchelchen sollte er sich mir dazu „Dann werde ich selbst Glucke spie len, das geht auch, wenn man auf» doch ab. Man sollt« „Nicht möglich!" Fräulein TipZ war starr. „Alle zwölf?" „Nein, nein, nur sieben", kam es mit den E.ern etwas pas„rt „Ja, was soll denn damit v'.ssirt sein?" fragte die Haushälleein. „Schlecht ausgebrütet werden sie sein. sehen?" des Brutofens. starrte sie^in Wüthend stürzte Fräul.'iir Tips Fremder: „Wen stellt das Bild ! B«rmiith«rin: „Meinen Al ten!" nein?" Vermietherin: „Meinen Ael» testen!" Je nachdem. „Wir Ihr« Aelteste beim Zeitungslesen die Färb« wechselt!" „Ja, beim politisch«» Nachrichten grün und gelb." Noble Bekanntschaften. Frau (deren Mann im Zuchthaus ist, stolz): „Heute hab' ich wieder meinen Mann besucht!... Na, was der im Zuchthaus für noble Bekannt schaften hat Barone und Bankdi rektoren.. .und alle sagen s „Du" zu einander!" -- Aengstlich. Alte Jungfer .Darf ich, Auguste?" Fremder. „Das Bett scheint Hausknecht: „O bitte, das ist Komplizirter Aerger. „Weshalb ist denn der Herr Rech nungsrath heut' so schlechter Laune?" „Ach, der hat sich gestern Abend
Significant historical Pennsylvania newspapers