M MuH. Nnnan von K. Orth. (8. Fortsetzung.) Natürlich war Senorita Jsabella wieder die schönste Blüthe in dem rei zenden Mädchenkranze ja, Werner hatte sie bisher kaum in einem so ver führerischen Kostüm gesehep wie an d:csem Abend. Er hatte sich nicht son derlich beeilt, die Tochter des Hauses zu begrüßen, denn er hielt sich nach den Erfahrungen der letzten Tage eines kühlen und gleichgiltigen Empfanges gewiß. Allein er war lebhaft über rascht. als er sie plötzlich sie konnte seiner eben erst ansichtig geworden sein raschen Schrittes aus sich zukom men sah. den Ursachen seines häufigen Ausblei bens setzte ihn in Verlegenheit. Sie standen noch in angeregter Un- Theil der Gesellschaft in den Musitsaal ten Vortrage einer berühmten Sänge rin zu lauschen, die sich heute unter den Gästen des Hauses befand. Geschickt wußte Isabella es einzurichten, daß sie mit Werner in die Nähe der'nach dem Patio hinausführenden, weitgeöffneten Flügelthür kam. Als der Begleiter der Sängerin, der wieder ein Neger war, präludirend die ersten Akkorde anschlug, flüsterte sie dem Bankdirector zu: „Lassen Sie uns «in wenig hinausgehen, sofern Sie es über sich gewinnen können, auf den künstlerischen Genuß zu verzichten. Ich liebe diese Sängerin nicht und ich" sie zauderte ein wenig „ich möchte mit Ihnen sprechen." Natürlich ließ sich gegen einen solchen Vorschlag lein Widerspruch erheben; Werner reichte ihr den Arm, und sie traten in den halb dunklen, angenehm kühlen Patio hinaus, sicher, daß ihre Entfernung von nur sehr wenigen wahrgenommen worden war. Die letz ten Worte Isabellas hatten Werner mit einer leisen Empfindung des Unbe hagens erfüllt, denn er hatte das un bestimmte Gefühl, daß die Eröffnun gen, welche sie ihm zu machen wünschte, ihn in eine peinliche Lage versetzen würden. Schweigend erwartete er, Jsabella schien es jetzt nicht mehr sehr «ilig damit zu haben. Sie wandte sich der leise plätschernden Fontäne inmit ten des gartenartigen Hofraumes zu. uns als sie dort angekommen waren, ließ sie ihre Hand von Werners Arm herabgleiten, um sich behend auf den ziemlich hohen marmornen Rand des Springbrunnens hinaufzuschwingen. In ihrem leichten, duftigen Kleide, dessen Falten sich jeder Linie des wun dervollen Körpers anschmiegten, mit ihren elfenbeinweiß schimmernden thig zur Seite geneigten, dunklenKöpf chen hatte sie ganz das Aussehen einer lieblichen Märchengestalt, und Werner, der bei ihrem erhöhten Sitz zu ihr auf schauen mußte, um ihr in's Gesicht zu blicken, sagte sich auf's neue, daß sie ohne Zweifel das schönste und verfüh rerischste weibliche Wesen sei, dem er jemals begegnet. Drückend und beklemmend empfand «r das lange Schweigen. Da, als er «ben die Lippen öffnen wollte, um es kung zu brechen, sagte sie: „Sie haben mich für sehr kindisch gehalten in die sen letzten Tagen, und sür sehr unge schickt obendrein, nicht wahr?" Die Verlegenheit . die er vorausge sehen hatte, war nun wirklich da. Er wollte mit einer artigen Phrase, wie sie auf solche Frage wohl am Platze schien, ihre Vermuthung zurückweisen, aber sie fiel ihm schon nach den ersten Worten kopfschüttelnd in die Rede, „Nein, nein, es ist mir jetzt nicht da rum zu thun, etwas Freundliches von Ihnen zu hören. Ich will, daß es ganz klar werde zwischen uns, gen Zwang begegnen können. Denn eine Fortdauer dieses jetzigen Zustan des vermöchte ich wirklich kaum zu er tragen. Fürchten Sie nicht, daß ich Ihnen meine Freundschaft aufdrängen werde. Nur wissen möchte ich. wodurch ich die Ihrige verscherzt habe. Ich habe mir vergebens den Kopf zerbro chen, um mich Unrechts zu erin nern. das ich gegen Sie begangen, oder einer Unüberlegtheit, durch die ich Sie verletzt hätte." „Und es kann in Wahrheit von dem «inem so wenig die Rede fein als von dem anderen, Senorita," erwiderte e> in einem Tone, der sie nothwendig von seiner Aufrichtigkeit überzeugen mußte, „Seien Sie versichert, daß in meinen Gesinnungen keinerlei Wandel eingetre ten ist," vornher «in getäuscht," klang es mit einem Aw flug von Traurigkeit von ihren Lipper zurück. „Das ist beschämend für mich aber ich habe leinen Grund. Ihn» «inen Vorwurf daraus zu machen," Werner wünschte sehnlich, daß dies Unterhaltung mit Jsabella vorübe! sein möge, denn er war zornig über s>6 selbst, daß er so unbeholfen vor ih stand und ihr nicht ein einziges war nies und herzliches Wort zu sage, wußte. Sie schwieg ein paar Sekunden lang dann fuhr sie fort: „Nein, ich bin Jh nen nicht böse und werde Ihnen gewij nie wieder eine unfreundliche Mien zeigen, wenn Sie «s vorziehen, Ihr gehört hatte, ein Ausdruck, der ihn eigenthümlich ergriff. „Ich verstehe nicht, Senorita —" begann er unsicher. stehen! Sie halten mich ja ohne denswerthes Geschöpf, das der Vorse hung gar nicht dankbar genug sein und verwöhnt. Der Gedanke, daß ich los elend fein könnte, ist Ihnen gewiß noch nie gekommen." „Einsam und elend Sie, Seno rita? Nein, eine solche Möglichkeit hätte ich mir allerdings nimmermehr Sie versuchte zu lächeln, aber was um ihre Lippen zuckte, glich vielmehr einem verhaltenen Weinen. „Weil ich scherze, weil ich auf ihren leichtfertigen, oberflächlichen Ton eingehe und ihre faden Huldigungen dulde darum mußte ich Ihrer Meinung nach noth wendig ein lebhaftes Wohlgefallen an alledem finden, nicht wahr? Daß ich unsere Gäste unterhalte gleich einer bezahlten Tänzerin und daß ich ein Kleid wie dieses hier trage Sie hal ten es jedenfalls für eine Folge meiner besonderen Neigungen und für einen Ausfluß meines freien Willens?" „Und wie hätte es anders sein kön nen, Senorita Jsabella? Wer kann Sie zu solchen Dingen zwingen, wenn Ihr natürliches Empfinden sich dage gen auflehnen will?" „Wer mich dazu zwingen kann? Ja, bin ich denn meine eigene Herrin? Lebe habe ich Pflicht, ihnen gehor sam zu st» Seele widerstrebt. Haben Sie sich denn niemals in diesem Sinne gegen Ihre Mutter ausgesprochen?" „Wie wenig Sie doch noch immer die Menschen und die Verhältnisse unseres Landes kennen, Senor! Gewiß hat auch meine Mutter keine Freude an dem Gebrauch, den ich von meiner Pe r wenn sie es trotzdem von mir verlangt. Aber hier führt jeder ein zelne beständig einen heißen Kampf um seine Existenz und um seine Stel lung in der Gesellschaft. Und dieser Kampf ist darum nicht weniger rück sichtslos und erbittert, weil er sich hin ter liebenswürdig lächelnden Mienen und verbindlichen Formen verbirgt. Wer über die wirksamste Waffe ver fügt und wer sie am besten zu gebrau chen versteht, hat auch die meiste Aus sicht, sich als Sieger zu behaupten. Mein Unglück ist es eben, daß man den Reiz, den die Jugendfrische eines ledig lich hübschen Mädchens auszuüben vermag, für eine besonders gute Wasse ansieht." „Aber das ist namenlos traurig, Senorita," rief Werner erregt, „nein, Ihr weiblicher Stolz und Ihre Selbst gegen zu empören." Sie schüttelte in wehmüthiger Resig nation den Kopf. Solche Empörung würde mir wenig frommen ja, man würde sie vielleicht nicht einmal verste hen, Sie aber werden nun besser de ich von einer zerstörten Hoffnung sprach. Es war die Hoffnung, einen Menschen gefunden zu haben, der sich in allem und jedem von den Männern meines bisherigen Umganges unter schied einen Menschen, zu dem ich bewundernd aufsah, weil ich ihn seiner Rasse und seiner Erziehung nach von vornherein hoch über meine Landsleute stellte. Ach. ich kann Ihnen nicht sa gen, wie glücklich mich für einige kurze Tage mein schrankenloses Vertrauen in Ihre Ritterlichkeit gemacht hatte." Das waren ganz ähnliche Worte, als er sie aus dem Munde Conchitas gehört hatte. Hier wie dort derselbe Appell an seine Ritterlichkeit, dasselbe ohne jedes eigene Zuthun auf für ihn gera dezu unerklärliche Weise gewonnene Vertrauen! Und auch hier durfte er nach dem. was er soeben gehört hatte, nicht länger an Lüge und Verstellung, an eine geschickt gespielte Komödie glauben die Stimme des Mitleids, die sich so mächtig in seinem Herzen regte, sagte ihm, daß er es nicht dürfe. Aber Conchita betrachtete dieses Mäd ! chen als ihr« Feindin! Gerade mit l Rücksicht auf Jsabella del Vasco hatte ! sie ihm bedeutsam gesagt, daß er als > rechtschaffener Mann nicht zwei feind ! lichen Parteien gleichzeitig dienen ! könne. Fürwahr, das waren unlös j liche Räthsel, und er hatte sich nie zu ' vor in einer gleich zwiespältigen Lage > befunden. Aber er mußte ihr antwor ten. und seine Unerfahrenheit und Ver ! trauensseligkeit, sowie sein warmes Herz gestatteten ihm nicht, kühl und j zurückhaltend zu bleiben. ! „Ich müßte es tief beklagen. Seno ' rita," sagte er, „wenn ich Ihr Ver trauen inzwischen verscherzt hätte. Verfügen Sie über mich, und wenn ich etwas dazu thun kann. Sie aus Ver hältnissen zu befreien, die Sie selbst ! als unwürdig empfinden, so soll es ge- I wiß mit Freuden geschehen." lsabella machte «ine verneinend« Ge ! sich ihre Brust. „Lassen Sie es gul thun konnten, hätte Ihr eigenes Herz Ihnen sagen müssen. Nicht ich darf als ob sie ihn nie mehr freigeben wollte. „Um Gottes willen, Senorita," bat chen Ausbruch, den er noch immer nur Schmerzes hielt, „fassen Sie sich! Und ..Was Du thun kannst? O, Du Er hätte nicht von Fleisch und Blut hatte. ! früher oder einen Tag später mir gilt es ganz gleich. Ich will mich nach all den Qualen dieser letzten Tage auch Ueberraschung herbeigeführten Mo ment des Selbstvergessens mit Unrecht zu ihren Gunsten gedeutet habe, aber war. Es war vielleicht die erste wirkliche Feigheit seines Lebens, als er nach kur zem Kampfe sagte: „Aber nicht jetzt kann ich mit Ihren Eltern sprechen, Senorita nicht an diesem üibend. Bis morgen wenigstens müssen wir das Geheimniß bewahren." löste sie die verschlungenen Hände und erwiderte: „Wohl, ich füge mich Dei nem Willen. Bis morgen also! Gehen wir denn in das Haus zurück! Man gönnt uns ja nicht, hier noch län- Ihre letzten Worte bezogen sich auf einige Damen und Herren, deren Ge stalten in der offenen Thür des Musik saales aufgetaucht waren, und die of fenbar im Begriff standen, zwischen den Pslanzengruppen des Patio eben falls Kühlung zu suchen. Werner fühlte, wie ihm das Blut in's Gesicht stieg, während er mit Jsabella an ih nen vorüberging. Es war ihm, als sähe er überall zudringliche forschende Blicke und spöttisch lächelnde Mienen. Nicht eine jubelnde Gliicksempfindung, sondern nur ein Gefühl der Beschä mung und des bittersten Grolles gegen sich selbst war es, das ihn erfüllte. Am liebsten wäre er auf der Stelle von hier Ort, wohin kein fremdes Menfchen auqe drang, und wo er ganz allein war mit dem Bewußtsein des begangenen Unrechts. Denn die Erkenntniß dessen, was er durch sein zaghaftes Schweigen über sich heraufbeschworen, lastete schon jetzt mit Centnerfchwere auf seine: Seele. Es wäre ihm unmöglich gewesen, jetzt eine gleichgiltigc Unterhaltung zu führen, und er begrüßte es wie eine Er. Lösung, als Jsabella gleich nach ihrem Eintritt von einigen Freundinnen un feiner Seite entführt wurde. Mit na hezu fluchtartiger Hast zog er sich in das Rauchzimmer zurück, wo die Poli schritt, hatte der Minister sein Glas stimmend aus die Geschicke eines ganzen Volkes einzuwirken. Er setzte sich in eine Fensternische, wo er von Niemand „Gestatten Sie mir, Ihnen als der gen, Herr Director," sagte er mit einer Höflichkeit, die jeden Verdacht eines beabsichtigten Spottes ausschließen mußte. „Ich hoffe, daß Sie mir nicht zürnen, weil ein Zufall mich zum Mit wisser Ihres Geheimnisses machte, und Sie dürfen natürlich versichert sein, daß es als ein solches bei mir wohl auf gehoben sein wird, so lange nicht Sie selbst mich von der Pflicht der Ver- Freude über Ihren beneidenswerthen Erfolg ist eine so große und aufrichtige, daß Sie es mir nicht versagen dürfen, dieses Glas auf Senorita Jfabellas Wohl und auf das Ihrige zu leeren." Niemals war Werner's Zuneigung für seinen deutschen Landsmann gerin ger gewesen, als in diesem Augenblick. Das alte, sast instinktive Mißtrauen gegen den Prokuristen, das er in der letzten Zeit mit aller Energie zu bekäm pfen und zu unterdrücken versucht hat te, war mit verstärkter Gewalt von Neuem in ihm erwacht, und es kostete ihn Ueberwindung, dem Manne eine so freundliche Miene zu zeigen, wie sein verbindlicher Glückwunsch sie erheischte. Mit einigen kurzen Dankesworten that er ihm Bescheid, um dann in ra- schein Entschluß hinzuzusügen: „Ich ! bitte Sie um Ihre Verschwiegenheit, ! Herr Henninger, bis ich mit Senor del Vasco und seiner Gemahlin gesprochen habe." mend. „Ich verstehe vollkommen und ich hoffe, Sie geben«sich hinsichtlich der ! Einwilligung des Senor del Vasco kei ! nen Besorgnissen hin. Unsere verehr ten Gastfreunde werden sich glücklich z schätzen, Sie als Sohn zu begrüßen." „Wir werden sehen," sagte Werner ' liihl, indem er sich zugleich erhob und, i um eine Fortsetzung des Gespräches I abzuschneiden, sich zum Verlassen des ! Rauchzimmers anschickte. Henninger mußte den Wink verstanden haben, ' denn er zog sich mit einer Verbeugung bem Wege von einem der Herren auf gehalien, der in Bezug aus eine Bör ! fenangelegenheit seinen Rath einzuho ! len wünschte, und ehe er stch's versah, befand er sich inmitten einer der lebhaft politisirenden Gruppen. Die Dinge, von denen die Rede war, interessirten j ihn jetzt nicht mehr als vorhin, aber er betheiligte sich nichtsdestoweniger an der Unterhaltung, weil ihm in diesem Augenblick jede Möglichkeit, seinen Ge danken eine andere Richtung zu geben. Eine Stunde verflog, ohne daß er Isabella wieder gesehen hätte. Dann begann zu seiner Erleichterung der Aufbruch der Gäste, die sich nach Lan dessitte verhältnismäßig frühzeitig verabschiedeten. Diesmal war er dar auf bedacht, sich nicht unter den letzten zu befinden, die der Dame des Hauses mit artigem Dank für die genossene Gastfreundschaft die Hand küßten. Dona Maria, mit der er während des ganzen Abends kaum ein halbes Du tzend Worte gewechselt hatte, und die sich dadurch wohl hätte gekränkt fühlen können, lächelte ihm überaus huldvoll zu. als er in vergeblich bekämpfter Ver wirrung vor sie hintrat. „Sie haben ein schlechtes Gewissen, Senor." sagte sie scherzend, „ich lese es in Ihren Augen. Bereiten Sie sich darauf vor. mir morgen eine große Beichte abzulegen." Er stammelte etwas Unzusammen fühlte er seine Hand mit innigem Druck ergriffen und hörte Jsabella's Stim me. die ihm zärtlich zuraunte: „Laß mich morgen nicht zu lange warten, Geliebter! Denke daran, daß ich die Minuten zählen werde bis zu Deinem Kommen. Und nun gute Nacht!— Träume süß von mir und von unserer Liebe!" Er wußte kaum, was er ihr erwidert hatte: er wußte nur, daß er den inni gen Druck der kleinen weichen Hand zu rückgegeben und ihr irgend eine neue Lüge gesagt. Wie ein Missethäter, den Furcht und Reue von dem Orte seiner Verfehlung hinwegtreiben, wollte er sich davonstehlen. Aber er konnte nicht verHintern, daß ihn draußen im Vor- zimmer auch Manuel del Vasco noch > sür einige Sekunden zurückhielt. ! „Ei ei, Don Werner," sagte der lie > benswürdig« Hausherr in scherzhaft draußen im Patio gesessen, hat mir gar wunderliche Geschichten ins Ohr geflü stert. Wenn es nicht gelogen hat, müßte ich böse fein. Aber ich Er wußte also offenbar bereits al les. und es war kein Zweifel, daß er es nur von Isabella erfahren haben konn- Worten für die Erklärung, die er un ter solchen Umständen für sofort gebo ten hieU; aber Don Manuel kam ihm zuvor: „Nicht jetzt, jetzU^^Wir Er hörte nicht, was jener sprach: die letzten, zärtlich sehnsüchtigen Worte Jsabella's klangen ihm noch immer im vernehmen, die ihm mahnend zurief: „Auch Rosenketten können eine unzer reißbare Fessel fein. Kein redlicher Mann kann zwei feindlichen Parteien gleichzeitig dienen." 12. C a p i t e l. Gegen Morgen erst hatte Rodewaldt den stundenlang vergeblich ersehnten keineswegs süß und wonnig gewesen waren, obgleich Jsabella del Vasco in jedem von ihnen eine bedeutsame Rolle gespielt hatte. Früher als sonst er wachte er mit benommenem Kopf und digkeit wollte ihn an das Lager fesseln, aber er schüttelte sie energisch ab, um sich, wie er hoffte, durch einen Spazier war rasch beendet, und er klingelte nach dem Kellner, der ihm das Frühstück zu bringen pflegte. Der junge Mensch er schien sofort, aber die Platte mit dem Kaffee und Gebäck war Hotelbedienstete anzunehmen pflegen, wenn sie sich zu halben Mitwissern ei ner zarten Angelegenheit gemacht glau ben. „Eine niedliche kleine Chola (far bige Kammerzofe) hat ihn gebracht." Mit rascher Bewegung streckte Wer ner seine Hand nach dem Briefchen aus, das sein Interesse um so mehr er regen mußte, als es, wie er sofort er kannt hatte, von der nämlichen Form und F'irbe war wie das Billet, das ihm am Tage seiner Ankunft bei der Rück kehr von dem ersten Spaziergange durch Buenos Aires zugesteckt worden war. Auch die Handschrift der Adresse zeigte dieselben feinen, doch charaktervollen Züge, die ihn damals verhindert hat ten, die unverständliche Warnung wie den ersten besten werthlosen Papier fetzen zu zerreißen. Er war gespannt, den Inhalt dieser zweiten Zuschrift kennen zu lernen, aber er konnte sich nicht entschließen, den Verschluß des Umschlages zu lösen, so lange der neu gierig zaudernde Kellner im Zimmer ivar. Erst als sich der theilnehmende Jüngling mißvergnügten Antlitzes zu rückgezogen hatte, entfaltete Werner das Blatt, und ein Ausruf der Ueber raschung kam von seinen Lippen, als er einen Blick auf die Unterschrift ge worfen hatte. Denn der Gedanke, daß jene unbekannte Warnerin und seine in Don Manuels Patio gewonnene geheimnißvolle Freundin Conchita dieselbe Person sein könnten, war ihm bisher niemals gekommen. Und doch durfte er nicht daran zweifeln, denn das Briefchen, das so überzeugend die Handschrift des ersten Billets auf „Senor! Schneller, als ich es vermuthet oder gefürchtet, ist der Tag gekommen, an dem ich der Hilfe eines aufrichtigen Freundes bedarf. Erwarten Sie mich heute Vormittag um neun Uhr aus dem Cimenterio de la Recoleta an dem Grabmal des Präsidenten Rivadavia, wo wir uns kürzlich nach unserem ge meinsamen Spaziergange trennten. Es ist wichtiges, was ich Ihnen mitzuthei len habe wichtig freilich vor allem für mich, aber ein wenig vielleicht auch für Sie. Wenn Sie indeß verhindert sind zu kommen, oder wenn Ihre Ge sinnung sich geändert hat, so bedarf es keiner besonderen Nachricht. Ich werde Werner überzeugt« sich zu seiner Be ruhigung durch einen Blick aus die Uhr, daß 'es noch früh genug sei, die für die Zusammenkunft angegebene Zeit pünkt lich Inn« zu halten, und er zögerte nicht, sich sofort auf den Weg zu machen, Es Friedhof erreichte; schon von weitem aber gewahrte er die dunkle weibliche Gestalt neben der dem Ein gange gegenüberliegenden Grabkapelle. Conchita war also noch früher zur Stelle gewesen als er gewiß ein Be weis dafür, wie viel ihr an dieser Zu sammenkunft gelegen war. Sie ging ihm denn auch um einige Schritte entgegen und bot ihm die Hand. „Ich danke Ihnen, daß Sie ge kommen sind. Senor ich danke Ih nen von ganzem Herzen." „Dazu haben Sie nicht die geringste Veranlassung, Senorita! War es denn nicht so zwischen uns verabredet? gezweifelt?" , Nein um ganz aufrichtig zu sein —ich war fest überzeugt, daß Sie kom- men würden. Aber ich war selbst nahe daran, wieder fortzugehen, denn am Ende wäre es immer noch besser gewe sen. Sie hätten mich hier nicht gefun den. als daß Sie durch mich in Ungele genheiten oder vielleicht gar in eine ernste Gefahr gebracht werden." „Nun, dem Himmel sei Dank, daß Sie diesen höchst überflüssigen Bcd-nk lichkeiten nicht nachgegeben haben. Sit haben mir einmal verheißen, mich zi spruch, Ihnen zu dienen. Welchen Werth aber hätte ein Dienst, der nicht mit Unbequemlichkeiten over Gefahren verknüpft wäre!" anzuschlagen, aber Conchita war heute offenbar nicht geneigt, in ihn einzu stimmen. „Lassen Sie uns etwas tiefer in den Friedhof hineingehen," sagte sie ernst, „denn hier würden wir ven neugierigen Blicken aller Besucher ausgesetzt sein." Sie schritten zwischen den zahllosen, eng bei einander stehenden Mausoleen, dahin, bis Conchita ;n einem ganz ver steckt liegenden Plätzchen Halt nichte. lauschen. Aber ehe Sie erfahren, we ich bin und was ich von Ihnen erbitte, lassen Sie mich Ihnen noch einmal sa gen, daß meine gute Meinung von Ih nen sich auch nicht im mindesten verrin gern wird, wenn Sie sich aus irgend Kampf gegen Personen beizustehen, die Ihnen vielleicht werth und theuer sind. Es gewährt mir schon eine Erleichte rung, mich endlich einmal rückhaltlos auszusprechen und daß ich es vor Ihnen unbedenklich thun darf, dessen Sie hatt« sich auf den Stufen eines Grabdenkmals niedergelassen, und Werner war neben ihr stehen geblieben. Er hielt es nicht für erforderlich, ihre letzten Worte durch eine erneute Versi cherung zu beantworten und sie hatte derartiges wohl auch nicht erwartet, d«nn sie fuhr sogleich fort: „Haben Sie in Senor Manuel del Vascos Hause jemals von Ruiz Ortegas gehört, dem Gatten seiner Schwester?" Werner verneinte. „O, ich begreife es wohl, daß man es dort nicht liebt, von ihm zu sprechen. Nun wohl, Ruiz Ortegas war mein Vater. Er wurde mir allzu früh durch den Tod entrissen, nachdem meine ge liebte Mutter ihm bereits vorangegan gen war. Sie hinterließen mich als ihr einziges Kind und als die alleinige Erbin eines großen Vermögens. Die ses Erbtheil soll mir, wie es scheint, jetzt zum Verderben gereichen, denn ich hatte das Unglück, meinen Oheim Ma nuel del Vasco zum Vormunde zu er halten. und all sein Trachten ist nur darauf gerichtet, sich meines Besitz thums zu bemächtigen." „So also erklärt es sich, daß ich Sie in seinem Hause traf!" rief Werner, der durch ihre Enthüllung auf das äußerste überrascht war. „Aber es ist eine furchtbare Anschuldigung, die Sie da gegen den leiblichen Bruder Ihrer Mutter erheben. Glauben Sie denn einen Beweis für ihre Berechtigung zu „Würde ich sonst einen solchen Ver dacht aussprechen? Aber urtheilen Sie selbst!" Sie erzählte ihm die Geschichte von der Heirath ihrer Mutter und von dem Verhalten der Familie del Vasco gegen sie. Thränen glänzten in ihren Augen, während sie von ihren Eltern, von ihrer artig befallen so daß ihm vor seinem Tode nicht mehr Zeit blieb, letzt willig« Verfügungen zu treffen, sc hätte er die Sorge für mich sicherlich anderen Händen anvertraut als denen seines Schwagers, gegen den er von tiefster Verachtung erfüllt war, wenn er es auch vermied, diesen Empsindun nur wenige Tage, und schon am ersten hatte er das Bewußtsein verloren. Vielleicht würde das Gericht mir einen m?rtsamkeit, und er wußte so trefflich den Biedermann zu spielen, daß .ich mir manchmal ernstliche Vorwurf! machte w«g«n der unüberwindlichen Abneigung, die ich trotzdem gegen ihn Nur einem Men (Fortfetzung folgt.) Fatale ZustimlNung. Junge Wittwe: „Der Hauptmann be vorzugt mich in auffallender Weise, mir scheint, der hat ernst« Absichten." Freundin: ..Kann schon sein, der Mensch ist ja der reinste Narr!" Di« Hauptsach«. Frau A,: „Nun, Frau Gevatter, wie hat Ih nen die neue Oper gefallen?" Frau B,: „Ach, ich sag' Ihnen, die Prima donna Hot «in Kleid angehabt, himm lisch!" Jür die Küche. Ei« rsalat. Hartgekochte, klein geschnittene Eier werden mit einer Mayonnaise übergössen und die Schüs sel mit Sardellen, Kapern und grünen Salatblättchen garnirt. Steaks von Kalbfleisch. Man schneidet zweifingerdicke Scheiben aus einer großen Kalbskeule, klopft sie gut und klopft Salz und Paprika mit hinein. Sie bleiben min etwa eine halbe bis ganze Stunde liegen. Dann wird Butter ziemlich braun gemacht, die Steaks darin auf der Platte in flachen Zwischenräumen gar gemacht und sogleich ol» mirotoa (im Kranze) oder länglich liegend angerichtet. Dazu Gemüse oder frische Kartoffeln Kartoffelklöße. Man nehme halb roh geriebene, halb gekochte Kar toffeln. Die rohen werden ausge drückt (am besten in einem Tuch), wo durch das Wasser herausläuft, hierbei setzt sich nach einer Weile auf dem Grunde des Wassergefäßes Stärke an. Das Wasser gießt man fort und nimmt die Stärke zu den Klößen. Diese werden geformt und in Wasser gelocht, bis sie nach oben kommen; dann sind sie gar. Sie müssen etwa ein« halbe Stunde kochen. Elsäsfer Kartoffeln. Gutes, nicht zu fettes Hammelfleisch wird mit Wasser, Salz und etwas Kümmel gar gemacht: ii zwischen wer den auch Kartoffeln in der Schale ge kocht, geschält und in Scheiben ge schnitten. Drei Unzen Butter und zwei Eßlöffel Mehl schwitzt man nun zusammen, verkocht die Einbrenne mit der durch eine Messerspitze Li»bigs Flcischextrakt Hammel schmort w dieser einige Zwiebeln und eine in Würfeln geschnittene frische Gurke so weich, daß man die Sauce durchreiben kann. Ist dies geschehen, wird etwas geriebener Parmesankäse, Salz und Pfeffer hinzugefügt und hierauf werden die heißen Kartoffel scheiben hineingeschüttet. Das Ham melfleisch zertheilt man in mundge rechte Stücke, legt es in die Mitte der Schüssel,, überfüllt es mit einigen Löf feln Sauce, umkränzt es mit den Kar toffelscheiben und bestreut das Ganze mit in Butter braun gerösteter geriebe ner Semmel. Gedämpft« Leber, Man lege die Leber einige Stunden in Milch, trocknet sie ab, häutet sie, bestreut sie mit Salz, spickt sie mit seinen Fettstrei fen und dünstet sie drei Viertel Stun den in Butter, wobei man öfter heißes Wasser oder Fleischbrühe angießt und den Sast einer Citrone hinzufügt. Wenn die Leber beinahe weich ist, gießt man einige Löffel Rahm oder noch besser Madeira zu der Sauce, läßt sie kurze Zeit damit dämpfen und rich tet sie mit der Sauce an. Paprika - Schnitzel. Man läßt Zwiebeln in Fett hellgelb rösten, giebt eine Messerspitze Paprika dazu und läßt darin die geklopften und in Mehl gewendeten Schnitzel auf beiden Seiten rasch anbraten, gießt einige Löffel Rahm und etwas Bouillon aus Liebigs Fleifchextrakt hinzu und läßt das Fleisch gut zugedeckt fertig dün sten. Die fertigen Schnitzel werden mit gebratenen Kartoffeln garnirt zu Tische gegeben. Rindsschnitten ausWie ner Art. Von «inem kurzen, gut abgelagerten Rippenstück schneidet man singerdicke Stücke, löst alle Knochen ab und klopft die Salz und Pfeffer. Forint sie sckM rund, wendet sie in Mehl um und brät alle Schnitten auf Butter bei lebhaf tem Feuer braun. Die gebratenen Schnitten werden nun aus ihrem Fett in eine andere flache Kasserolle gelegt, mit feingeschnittenen Suppenwurzeln und Zwiebelblättchen bestreut, etwas gute kräftige Bratensauce und ein Spritzer weißer Wein darunter gegos sen; zugedeckt mürbe gedämpft. Man giebt hierzu beim Austragen Bratkar toffeln und eine gute Kapernsauce. Schinken in Wein ge dämpft oder Burgund« r fchinken. Em etwa 6 bis 6 Pfund schwerer Schinken wird gut in lauem Wasser abgebürstet, sodann 6 bis 3 Stunden in frischem Wasser gewässert. Mit heißem Wasser zugesetzt, läßt man den Schinken langsam, je nach feiner Größe, 1j bis 2 Stunde» kochen, hebt ihn in eine Bratpfanne oder passenden Tiegel, gießt darüber einen Theil Schinkenbrühe, zwei Theile Rothwein, einige Eßlöffel gestoßenen Zucker. 2 bis A Gewürznelken, ein Stückchen Zim metrinde und etwas Citronengelb, weichgedämpst wird. Der fertige Schinken wird schön tranchirt, mit ttwas Weinsauce unterschwimmt, dann heiß aufgetragen. Den Rest der Sauce stellt man in einem besonderen Geschirr zu Tisch. Blumenkohlsuppe. Der Blumenkohl wird gereinigt, in Rös chen getheilt, in gesalzenes, kochendes Wasser eingelegt, einige Minuten ge locht und über einen Seiher geschüttet. Donn röstet man zwei Lössel Mehl mit einem Stück Butter und etwas Peter silie hellgelb, süllt unter Umrühren mit Fleischbrühe allmählich auf, giebt den Blumenkohl dazu und läßt es kochen, bis derselbe weich ist. Vor dem Anrichten werden zwei Eigelb« verrührt, die Suppe darüber gegossen und in Butter geröstete Semmelwürfel .dazu gegeben. Mürbeluchen. Ein halbes Pfund Butter, ein halbes Pfund Mehl. Lz Unzen Zucker, ein rohes Eidotter. Alles zusammen wird zu Teig gemacht, und zwar schnell, damit der Teig nicht schlecht wird, auf ein Backbrett gelegt, aufgemangelt und dann zu Kuchen oder Sternchen ausgestochen. 3
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