Das Muttermal. BoltSroma» von I«»tl Nieds. <6. Fortsetzung.) „Gewiß nicht," sagt« Sibyl höflich, und bald brachte Anna das Theebntt. Varneck nahm ein« Tass« von chine sisch«m Porc«llan, und an dem Fußende des Sophas flehend, trank er daraus. „Ich denke," sagte sie. ind«m st« an der Reseda pflückte, die sie vor ihreßrust gesteckt hatte, „ich denke, es ist noch keine Antwort gekommm auf mein T « „Keine," antwortete Varneck. „Wahrscheinlich wird Mama morgen nach mir senden," setzte sie nachdenklich hinzu. Er erhob seine Augenbrauen. „Lassen Sie uns hoffen, daß es nicht geschehe. Sie werden noch viele Tage der Ruhe bedürfen. Haben Sie bereit» Heimweh?" „Kann man von einem Heimweh sprechen," antwortete sie, „wenn man niemals eine Heimath hatte? Ich weiß, daß Mama in einem Orte, Namen» Hammerstein an der Meeresküste lebt, aber ich habe keine Erinnerungen an den Ort. Ich glaube kaum, daß ich ihn jemals gesehen habe." Er stellte die Tasse nieder. „Meine Reputation als Arzt steht aus dem Spiele," sagte er, „und ich werde darauf bestehen, daß Sie hier bleiben, bis Ihre schwere Verletzung ge heilt ist." Dann legte er iwch einen Klotz Holz auf das Feuer und als das Theebrett fortgetragen wurde, verließ auch er das Zimmer. Sibyl lag ruhig und sah in die fla ckernden Flammen. Jetzt hörte sie die Melodienströme einer Physharmonik, und überrascht lauschte sie. Zuerst hörte sie ein sanftes Präludi ren, die Töne fielen so leise wie die Re gentropfen, die einem heftigen Schauer vorhergehen, dann folgten stürmisch« Accord« und «ine mächtige Fuge, bald, triumphirend, bald wehklagend, als hauchten sie eine» tiefen Seelenschmerz aus. Das Spiel war voll Gefühl und voll Meisterschaft. Sibyl war wie bezaubert. Sie er kannte ein Thema von Mozart, dann ein« Symphonie Beethovens, und end lich schwieg die Musik. Einen Moment später lief Anna ha stig di, Stiege hinab und begegnete Herrn Varneck, der eine Lampe trug. „O Herr," rief Anna, „ich kann mir gar nicht erklären, was geschehen ist, aber sie weint, daß Einem das Herz brechen könnte." Mit einigen hastigen Schritten war Barneck in Sibyls Zimmer. Sie lag, das Gesicht in die Kissen be graben, und schluchzt« krampfhaft. Si« konnt« Varneck nicht sehen, der zu ihr trat und sie mit Kraft emporhob. „Fräulein Arnstein!" rief er, leb haft b-unruhigt, „halten Sie ein! Sie werden sich wehe thun Sie werden krank! Beruhigen Sie sich! Ich bitte Sie, was ist denn geschehen!" Sie wandte ihm ihr schönes Antlitz zu, die großen Augen thränennaß. „Warum hörten Sie auf zu spielen?" sagte sie zitternd. „Ach, Sie brachten mir eine so süße Erinnerung zurück, sie war so lebhaft ja, ich sah es wieder, 10. E a p i t e l. knospenden RosengebUschen. Im Salon innen, dessen hohe französische Fenster den Parktheil vor dem Haufe überblick- Jhr Gesellschafter war ein Mann, niedrigen Stirn abg«th«i>t, und ein bleiches, fahles Gesicht, in seiner Ruhe so ausdruckslos wie ein Stein. Fräulein von Weißenthurn," sagte er, auf seine Taschenuhr blickend, „so ist es das, auf ein Diner zu warten. Wenn der General und sein Mündel in d«n nächsten zehn Minuten nicht ein treffen, so schlage ich vor, daß wir da» unserige ohne weit«r«n Aufschub neh ständig in j?lliem Gesichte forschten, und die athemlos auf feine Worte zu lauschen schien, bewegte sich ungeduldig. „Die Männer sind alle geborene Gourmand»," antwortete sie etwas ir langweilig hie: bei mir? Der Gene ral würde uns einen solchen Verstoß Mck zu, obgle>ch er sehr ermüdet aus „Langweilig? Bei Ihnen? Wie kön nen Sie so fragen? Aber warten stimm! Fräulein Paulette?" Schlosse mit ihr anfangen sollen." „Ich hörte bereits," erwiderte er, „daß sie außerordentlich schön sein soll." „Hm!" entgegnete sie. „Ich habe eine Borahnung, daß ihr Kommen nicht zu dem Glücke des Generals, noch zu dem meinen beitragen wird. Er sagte mir, irgend ein Freund habe sie seiner Ob hut überlassen, aber ich bekenne, Georg Trent, daß ich es nicht glaube!" „Und warum?" forschte Herr Trent, indem er seinen Bart strich, dessen Farbe sich schwer bestimmen ließ. „Warum, meine theure Hilda?" „Reden Sie mich doch nicht in die ser Weise an!" rief sie zornig. „Ich glaube es nicht, weil ich während der ganzen Zeit, in der ich mit ihm zu sammen.lebte und seine Briefe schrieb und seine Freunde kennen lernte, weit und breit, niemals diesen albernenNa men aussprechen hörte, und iveil mein weiblicher Instinkt, dem ich immer ver traue, mir von allein Ansänge sagte, daß es bei dieser Mündel nicht mit rech ten Dingen zugehe." Trent lachte. „Siehe da! Das istdieArt, in der ihr ssrauen Schlüsse zieht! Ich sehe voraus, daß Sie und Fräulein Paulette keine Freundinnen werden." „Wahrscheinlich nicht," sagte sie tro cken; „man ist selten freundlich gegen eine Rivalin, und das wird sie mir ge genüber sein, nicht nur in der Gunst des Generals, sondern in tausend ande ren Dingen. Aber warum, wenn ich fragen dars, sind Sie hier, um mit ih nen zusammen zu treffen? Konnte der General sein Mündel nicht ohne die Gegenwart seines juridischen Rtthge bers nach Hause bringen?" „Wie ungewöhnlich spitz Sie sind diesen Abend," klagte Trent. „Ich kam auf Wunsch des Generals." Sie fuhr empor und ein raschesßoth übergoß ihre dünnen Wangen. „Ah, so bedeutet das ein Geschäft? Er sendet nach Ihnen, um sein Testa ment zu mack/en?" „Das kann ich allerdings nicht wis sen!" entgegnete Trent. „Hören Sie! Wagenräder rollen über den Kiesweg. Meine theure Hilda! fassen Sie sich! Unsere Reisenden sind gekommen. Las sen Sie uns ihnen entgegengehen und sehen, wie diese Paulette aussieht." Er lief mit knabenhafter Lebendig keit in die Halle, die bereits mit schwarzen Dienern gefüllt war. Hilda erhob sich, ordnete die Falten ihrer gel ben Seidenrobe und folgte dann Trent nach. Die Reisenden Ivaren bereits aus dem Wagen gestiegen und kamen die breiten Stufen herauf. General Wei ßenthurn führte sein Mündel an der Hand. Sie hatte ihren Schleier zurück geworfen. die Lichter der Halle fielen hell auf ihre kleine Gestalt und auf die wunderbar« Schönheit ihres Antlitzes. „Willkommen in ihrer Heimath, Theure!" sagte der General herzlich und führte sie in die Mitte des versammelten Haushaltes. „Wie befin den Sie sich, Trent? Sie haben also meine Botschaft empfangen?" Und sein« scharfen, alten Augen richteten sich aus das regungslose Gesicht des Advo caten, „Hilda, dies ist Fräulein Wer ner bewillkommnen Sie sie! Ich hoffe, daß Ihr mit dem Diner nicht habt zu lange warten müssen." „Es ist nicht der Rede werth," ant wortete Trent, indem er sich vor der Mündel des Generals tief verbeugte. Hilda berührte blos deren Fingerspi tzen. „Wollen Sie sogleich auf Ihr Zim mer kommen?" fragte sie. „Sie werden wahrscheinlich vor Tische noch gerne den Reisestaub abschütteln. Ich werde müdeten Reisenden zu harren. „Geduld!" antwortete der Advokat mit auffallender Gleichgiltigkeit „Nun?" forschte sie. Ähnlichkeit das Mädchen hat mitJe „So? Ich kenne kein Wesen, das ihr stern." stimmung geben." „?lh! Und warum?" rief Trent, Grunde. „Zuerst, weil Sie für eine solche Thorheit zu alt sind," antwortet« Hilda ich sehe, daß ihn, trotzdun sie mehrGe walt über ihn haben, als sonst Je- mand, doch mehr die Nothwendigkeit «ls seine Neigung zu Ihnen hinzieht. Gewiß, Georg Trent, es besteht wenig Liebe zwischen Ihnen und dem General, Ihrem Freunde." Trent lachte. Geist Sie haben, Hilda!" rief er. „Ja Soda, oder ein Glas Portwein. Ich finde eine Eonversatiot! mit Ihnen äußerst ermüdend." schaftlich. „Sie verspotten mich!" rief sie mit gedämpfter Stimme, „Sie insultiren mich, und doch bin ich eine solche När rin, daß ich Sie nicht hassen kann!" Und sie ivendete sich von ihm ab und trat an ein Fenster. Die Thüre öffnete sich und der Ge neral und sein Mündel erschienen. „Meine theure Hilda! Nehmen Sie meinen Arm," sagte der Schloßherr. „Herr Trent, Ihnen überlasse ich Pau lette." Der Advokat blickte auf das Mäd chen, fach, daß es eine bezauberndeTvi lette von fleckenlosem Weiß gemacht hatte, und übernahm sein« Aufgabe mit Eifer. Man bewegte sich über d»s glatte Parquet in einen großen Speisesaal, in dem viele Wachslichter brannten und dessen Wände mit Familien-Porträts geschmückt waren. An einer reichbesetz ten Tafel nahm man Platz, während der Leibdiener des Generals sich hinter dessen Stuhl stellte. „Ich reiste etwas langsamer, Paulet tens wegen," sagte der alte Soldat. „Sie ist die Eile und Fatiguen nicht gewöhnt. Wie lange sind Sie schon hier. Trent?" „Ich kam zu Mittag," antwortete der Advokat. „Darf ich fragen, ob Fräulein Werner immer in Süd deutschland gelebt hat?" „Immer," antwortete FräuleinWer ner für sich selbst. „Mein theurer General," fiel die Stimme Hildas ein, „finden Sie nicht eine große Ähnlichkeit mit ei nem gewesenen Mitglied« Ihrer eigenen Familie?" „Was, finden Sie das auch?" ant wortete er, unter Stirnrunzeln. „Wahrhaftig! Ich bemerkte es be reits vorhin gegen Herrn Trent." „Derartige unerklärliche Ähnlich keiten frappiren uns zuweilen," sagte berGeneral kalt; „indessen sprechen wir nicht mehr davon. Sind während mei ner Abwesenheit Briefe von Arthur an „Es befindet sich einer aus Ihrem Schreibtische," antwortete Hilda. „Er trägt das Postzeichen Paris. Es scheint, daß er wieder in das civilisirie Leben zurückgekehrt ist." Paulette hatte ein Gefühl, als ob ein kalter Wind über sie hinstriche, so schweigsam verlief das Diner. Hilda und der bleiche Trent betrachteten sie unausgesetzt, der Letztere in einer Weise, die ihr das Blut in die Waygen trieb. Der große «Speisesaal mit seinen Lich tern und den Porträts an den Wänden, mit Ken aufwartenden Dienern, die sich lautlos hin und her bewegte«, Wie eine seltsame, drückekide Empfindung auf sie aus. Niemand schien ihr gut unter diesen Menschen, als der alte Mai?., mit dem Löwengesichte an d.'r Spitze d«r Tafel. Sie athmete erleich tert, als man sich endlich erhob. „Meine Theure," sagte der General, „ich lasse Sie nun bei Hilda. Trent und ich haben trockene Geschästssachen zu besprechen." „Wenn es mir das Fräulein erlaubt, tete Paulette, ein Gähnen unterdrü ckend. „Ich bin sehr, sehr müde," und sie machte eine jener bezaubernden Ber beugungen, die sie aus der Bühne er lernt, und «ilte nach ihrem Zimmer. Sie setzte sich an ein Fenster und sah hinaus in die Nacht. Was dachte sie von dieser großen, stolzen Heimath, in die sie, eine Ausgestoßen«, ein Nichts, in so wunderlicher Weise eingeführt ward? „Schön," murmelte sie, ihre dunklen Augen wanderten über die prächtigen Hügel, die Gruppen von Jahrhunderte alten Eichen, die wie Riesen unter dem grauen Nachthimmel standen. „Schön! und ach, wie glücklich werde ich hier sein oder vielmehr, wie glücklich würde ich hier sein, wenn diese Hilda ien niemals Freundinnen werde»! Theure Sibyl, was magst Du wohl thun und denken diesen Abend?" Sie hatt« bereits eine Schlange in ihrem Eden gefunden. Jetzt erhob sie sich, ließ die Gardine herab und trat zu ihrem Ankleidetisch. „Wie häßlich ich aussehe diesen Abend!" flüsterte sie, sich in dem Spie gel betrachtend, „und mein Kainszei chen ist nur noch halb verdeckt." Sie öffnete ihre Reisetasche «nd nahm daraus etwas, das sie immer mit sich führt« eine Büchse von Zinn, mit einer fleischfarbigen Substanz ge füllt, und eine klein« Bürste mit einem Griff von Elfenbein. Sie warf ihr schimmerndes Haar vom Halse zurück und sah mit einem Schauer auf daS Muttermal, das sich schwach unter dem wohlgesormten Kinn zeigte, dann tippte sie mit der Bürste in die Büchse und begann vorsichtig die röthliche Li nie zu verdecken. „AHein!" hustete Jemand, nahe ihrer Schulter. den Hals. In dem Spiegel des An kleidetisches sah sie das Bild von Hilda, hatte und nun einen Schlafrock trug, in dem sie wie die bei Nacht umher» windelnde Lady Macbeth aussah. Hilda hatte ihre Augen finster und neugierig «iuf die Mündel des Gene rals gerichtet. „Himmel!" rief Paulette, indem sie von dem beleuchteten Spiegel wegeilte, „ist es denn hier nicht üblich, daß man würden mich verpflichten, wenn Sie das in Zukunft nicht unterlassen woll ten." Und das Blut schoß ihr im Zorne in das schöne Antlitz. „Ich habe gepocht," antwortete Hilda schmeichlerisch, „aber Sie waren zu eif rig beschäftigt, um mich zu hören." setzte sie mit einem Blicke auf dießüchfe und Bürste hinzu. „Bedaure es gewiß, wenn ich Die in Furcht gefetzt. Wollen Sie mir nicht erlauben, Ihnen Ge sellschaft zu leisten? Der General und Herr Trent haben Geschäfte abzuwi ckeln und mich ganz mir selbst überlas sen" Paula schüttelte ihr langes, aufgelö stes Haar, dessen glitzernde MassenHals und Schultern verbargen. „Ich machte «ich gerade bereit, zur Ruhe zu gehen," antwortete sie kalt. „Ich bin sehr ermüdet." „Sehr wohl," sagte Hilda, indem sie mit großer Kaltblütigkeit auf den näch sten Stuhl sank, „lassen Sie sich nicht abhalten, ich will nur plaudern, bis Sie fertig sind. Ei gibt nichts Ange nehmeres, als ein vertrauliches Ge spräch in den Abendstunden." „Soll ich nach Rosa läuten, daß sie Ihnen hilft?" „Dank«! Nein!" antwortete Pau lette. „Ich bin es gewohnt, mich selbst Hilda lehnte sich auf ihrew Stuhle zurück und beobachtete die Andere mit halbgeschlossenen Augen, während diese hastig ihr Abendkleid anlegte, in der Meinung, die Zusammenkunft werde »ux kurz sein. „Sie und ich," schnurrte Hilda, „sol len hinfort gemeinschaftlich imSchlosse leben. Demnach ist es wohl natürlich, wenn wir Eines von dem Andern et was Näheres zu wissen wünschen. Ich hoffe, daß wir Beide gute Freundin- Paulette antwortete nicht. DasGe fühl der Abneigung gegen ihre Gefähr tin war s» stark in diesem Momente, daß es sie der Sprache beraubte. Keineswegs entmuthigt, fuhr das bleiche Frauenzimmer fort: „Ich habe immer bei dem General gelebt seit dem Tode seiner zwei Söhne. Ich war die Verlobte des Einen; Sie werd«« nun begreifen, warum ich für ihn wie eine Tochter bin warum mein rechter Platz immer an feiner Seite ist»" „In der That," sagte Paulette, in dem sie in ihrer Hast merklich nach lieh. Hilda sah ihren Vortheil und ergriff ihn mit Eifer. „Setzen Sie sich doch; wollen Sie eS denn nicht bequem haben"? schwatzte sie freundlich, indem sie einen andern Stuhl zu dem ihrigen zog; „ich werde Ihnen etwas erzählen von den Weißen thurns etwas von ihren böse», trau rigen Gcsthichten. Erwähnte der Ge nera! gegen Sie niemal» etwas von dtr großen Tragödie seines und meines L ebens? Nein gewiß nicht wa rum frage ich auch, da ich doch weiß, daß ihn nichts veranlassen kann, auch nur dovon zu reden, auch jcht »och achtzehn Jahre nach Angus Tode!" Sie holte tief Athem. Ein finster«! Schatten schien über ihr bleiches Gesicht zu gleit«!!. Paulette sank fast unfreiwillig auf den angebotenen Stuhl. „Nein," antwortete sie; „mein Vor mund hat niemals von seiner Familie gesprochen. Ich hörte ihn niemals eine» Sohnes erwähnen, weder eines leben den noch eines todten«." „Darf ich fragen, wie lange er Ihr Vormund ist?" fragte Hilda sanft. „Etwas mehr als drei Jahre." „Er scheint Ihnen sehr zugethan," setzte Hilda hinzu, und nach der son derbaren Bewegung thresMundes hätte man denken können, daß sie dabei mit den Zähnen knirsche. „Ich erwähne es, weil -r ein Mann ist, der nicht leicht für Jemanden eine Neigung faßt, ein har ter Herr, grausam und stolz. Ich sehe, Sie interessiren sich und ich bin be reit, Ihnen die Geschichte zu erzählen, weil sie ebensowohl die meinige als die seinige ist." Hildas trockene Lippen preßten sich aufeinander, während sie Paulette fra gend ansah, die so jung und so schön, so reich an jedem weiblichen Reiz war, den die Erstere nicht besaß. Wenn schöne Frauen einander hassen, so ist der Haß gewiß noch weit intensiver, wenn eine häßliche Frau ihn einer Schönheit von achtzehn Jahren zuwen det. „Sprechen Sie," sagte Paulette. et was besänftigt ein wenig unge- Hilda begann. „Sie müssen wissen, daß diese Wei ßenthurns immer als eine kühne, rück sichtslos«, schön« Rac« bekannt gewe sen sind von der Art, die weder Gott noch Menschen fürchtet reich und umworben ivegen ihres Vermö sie eines frühzeitigen Todes sterben." „Der jetzige Schloßherr heirathete eine reicht Erbin, die ihm zwei Söhne und waren die Idole ihres Vaters. Ich aber seine verstorbene Gattin hatte die Varti« voraeschlagen und der General war entschlossen, fie um jeden Preis zu Stande zu bringen." „Ernst erbte die Neigung seines Va ters zu den Massen. Zu der Zeit, von der ich spreche, diente er als Haupt nur seine Rechnungen, und die Ge rüchte, welche von Zeit zu Zeit hierher drangen, waren nahezu fürchterlich." Summen im Spiel mit anderen Of sicieren und trank ohne Maß. Sie sind erstaunt, daß ich Ihnen solche Dinge erzähle. Nur der Reichthum und der Einsluß des Generals erhielt ihm sei nen Rang und seine Stellung. Ist «S da zu verwundern, daß wir wenigNei gung für einander fühlten?" .Er erllärte, er wolle mich heira ! then, wenn sein Vater seine Schulden ! bezahlen würde. Ich stimmte dem Hei rathsplane bei, damit ich nicht länger abhängig, sondern die Herrin hier sei. Ich sage Ihnen das, weil, wenn ich es nicht thun würde, Trent oder eine der schwatzhaften Dienerinnen des Hauses es Ihnen erzählen würde." „Ich hatte bereits angefangen, Vor bereitungen für meine Hochzeit zu tref fen, als wir erfuhren, daß Ernst auf Urlaub in die Residenz mit einem Ka meraden gegangen sei; hier erreichte er den Kulminationspunkt seiner Thorhei ten, indem er sich in eine schöne Jüdin, Namens Arnstein verliebte. Sie sind überrascht? Weshalb? Was haben Sie „Nichts," antwortete Paulette ha stig. „Der Name das heißt, ich habe ihn schon zuvor gehört. Fahren Sie fort, ich bitte Sie." „Eine schöne Jüdin, Namens Arn stein, sage ich. Als der General das hörte, war er rasend. Er sendete eine Botschaft an Ernst, drohte, ihm sein Jahrgeld zu entziehen, ihn zugleich zu enterben und endete damit, ihm zu be fehlen, augenblicklich in der Heimath zu er that dies nicht, sondern er verließ seine Jüdin und kehrte nach der Grenze zurück. Er schrieb dem Ge neral, leugnete kurzweg die ganzeTache «nd mich bat er, mich bereit zu halten, damit unsere Hochzeit bald gefeiert werden kknne." „Das schrieb er, ich wiederhole eZ, und sechs Monate nachher erhielt er wiederum Urlaub und floh wieder zu den Füßen dieser jüdischen Creatur und vergaß mich, als ob ich niemals existirt hätte." „Soll ich Ihnen sagen, wie diese Weißenthurns lieben? So wie sie Alles thun wahnsinnig, rücksichtslos, alz len Folgen ihrer Äebe Trotz bietend, bereit zu leben und zu sterben Und die Herzen Andeyr mit Füßen zu treten. Hian darf sich, ich gebe es zu, etMs doraus einbilden, bok ihnen geliebt zu werden. Nichtsdestoweniger sind die Frauen, welche der Gegenstand einer so rasenden Leidenschaft waren, sel ten glückliche Frauen gewesen." „Der General wurde ernstlich krank vor Zorn. Er sendete seinen jüngeren Sohn Angus, seinen Augapfel, um Ernst unter allen Umständen nach Hause zu öringtn." „Was glauben Sie, was geschah? Angus ging, fand seinen Bruder s>K «,,ch die schone Geliebte »der Vielmehr Maitresse seines Bruders. Die Folge war. daß auch er sich wahnsin nig in sie verliebte. Er kehrte nicht mehr zurück." „Einige Wochen schmachtete er zu ihren Füßen, versuchte es, seinen Bru der zu verdrängen und da ihm dies nicht gelang, stürzte er eines Tages, von Wein unk Leidenschaft rasend, zu ihr, z«g ein Messer und schnitt sich da ittit die Kehle ab." Paulette sah bleich und entsetzt aus. „Er tödtet« sich selbst? Entsetzlich!» „Der General war dem Wahnsinn nahe. Er beweinte den einen Sohn und verfluchte den anderen." «Ernst sah er nie wieder. Dieser ging in's Ausland und starb dort. Auf sei nem Sterbebette schrie? er seinem V ater; aber diese Weißenthurns sind ein Stamm, der nie verzeiht der General vernichtete den letzten Brief «ngelefen." „Und die Jüdin!" stammelte Pau lette. „Aas wurde aus ihr?" Ein unaussprechlicher Haß zeigte sich auf Hildas Gesichte. „Das unreine Geschöpf! Wie oft habe ich ihr nicht alle Oualen des To des gewünscht! Und jetzt noch, wenn ich meine Hände an jenes Geschöpf legen könnte, ich wollte ihr Glied für Glied vom Leibe reißen! Was aus ihr wurde? Nach dem Selbstmorde seines Bruder« »erwandelt« sich Ernst« Liebe in Haß und Entsetzen. Er verließ sie!" „Und fie starb?" fragte Paulette. „Nein. Sie schrieb dem General ei nige Worte bat um eine Zusam menkunft und erzählte, daß sie ein Kind habe. Ich beantwortete den Brief und verbot ihr, sich jemals wieder hier her zu wenden, mit der Versicherung, daß man, wenn sie e« wagen würde, nur einen Fuß auf diese Besitzung zu setzen, sie mitßluthunden jagen würde." Paulette fuhr mit einem Schrei von ihrem Stuhle empor. „Sibyl! Sibyl! Doch nein! Ich will es nicht glauben! Es ist zu schrecklich! Ich dachte an eine Freundin, welche den Namen dieser Frau trägt eine Schulfreundin, die mir sehr theuer ist. Armer, guter Vormund! So ist er kin derlos und allein geblieben?" „Nur eliier seine» Stammes ist übrig." sagte Hilda, „und er stammt aus einem entfernten Zweige desHau ses Arthur von Weißenthurn. Der General hat ihn als seinen Erben an erkannt und der Tod des Ersteren wird Arthur zu einem der größten Land- Eigenthümer nmchen. Wie bestürzt Sie die traurige Geschichte gemacht hat? Nirn aber, da ich Ihnen so viel erzähl! Hab«, wollen Sie mein Vertrauen nicht erwidern? Der General ist bezüglich Ihrer sehr zurückhaltend und Sie ha ben sehr meine Neugierde erweckt." Paulette begegnete dem kalten und stolzen Blicke der Anderen. „Ich habe nichts zu erzählen, als daß der General mein bester und theuer ster Freund ist mein einziger, möchte ich sagen, und daß ich die Gegend au ßerordentlich liebe und hoffe, hier recht glücklich zu sein." „Nichts mehr?" forschte Hilda mit gehobenen Augenbrauen. „Nichts! Horch!" Paulette sprang auf, als sie sprach. Ein langer, lauter, ohrtnzerreißender Schrei drang plötzlich dasHaus. Es war die Stimme eines Mannes und sie kam von demErdgeschoss . Hilda lief hinaus und Paulette folgte ihr. „Hilf«! Hilfe!" rief eine Stimme. Paulette flog die Stiege hinab, ihr lofeS Haar flatterte hinter ihr her, ihr Gesicht war bleich vor Schrecken. Hilda überholend, kam sie zuerst in das offene Sprechzimmer und hier sah sie, auf dem Boden ausgestreckt, ge rade wie er vom Stuhle gefallen war, die lange, kräftige Gestalt des alten Generals, dessen Haupt auf Trents Knieen ruhte, und fein Gesicht war so weiß und starr wie das eines Todten. „Was haben Sie zu ihm gesagt?" fragte Hilda, indem sie zu Trent, stürzte und seinen Arm ergriff, wäh rend er sich über den hingestreckten wegdrängte. „Rufen Sie die Diener! Es sieht wie eine Ohnmacht aus, was, wie Sie wissen sollten, für einen Mann in seinen Jahren sehr beunruhigend ist." Nach dieser Voraussetzung handelnd, hatte Hilda bald das Zimmer voll! Leute gerufen. Der General wurde auf ein Sopha gehoben und Stärkungs mittel angewendet. Paulette und Hilda beide weiß wie Asche, standen da und sahen ihn an. Er öffnete sogleich seine Augen und blickte um sich. „Lügner!" rief er laut, indem er in Trents kaltes Gesicht starrte. „Wer fetzte Ihnen diese wahnsinnige Idee in den Kops? Ich will Sie Nicht anhören! Arthur ist mein Erbe nicht einen Penny von meinem Besitz soll ein An derer haben, als Arthur." „Still. bitte, still!" entgegnete Trent, indem er eine Hand auf den Mund des A!stn legte. „Sehen Sie nicht, d-H wir nicht allein sind? Lassen uns diesen Abend nicht mehr spre chen. Sie sind erschöpft und thäten bes ser, zu Bette zu gehen." Der alte General erhob sich. „Sprechen Sie nie ein Wort zu mir von dieser Sache," rief er, die geballte Faust gegen den Advokaten schüttelnd. „Wenn ich todt bin, mögen Sie es der ganzen Welt erzählen. Sieh doch nicht so furchtsam aus, kleine Polly" —die sen Namen Pflegte er Paulette zu ge hen „geh' doch zurück auf Dein Zim mer. Ich werde morgen wieder ganz in Ordnung sein. —- öin nur bei gro ße.! Aufregung solchen Zufällen unter worfen. Das sind Mahnungen, düß ich das rasch thue, was ich noch zu thun habe." Sein Diener führte ihn fort. Pau lette begab sich dann auf ihr Zimmer. Trent und Hilda wurden wieder ein mal allein beisammen gelassen. Er lehnte sich an die Wand, strich seinen etwas dünnen Bart und betrach tete sie gdankenvoll, während sie mit leuchtenden Augen dastand und war tete, daß er spreche. „Wie schlecht Ihnen doch diese» Neg lige- steht," sagte er. „Wahrhaftig. Hilda, Sie sollten niemals Weiß tra gen es paßt nicht zu Ihrem ganzen Wesen. Sie sind in den letzten Jahren sehr gealtert!" „Dank«!" antwortete sie lakonisch. „Was meinte der General damit, als meiner Treu," antwortet« der Advokat leichtsinnig, „was meint denn ein Mensch, wenn er einen Anderen bei diesem zärtlichen Namen nennt? Es ist spät, lassen Sie sich hier nicht aufhal ten." Sie stellte sich vor ihn hin. „Sie sehnen sich darnach, mich los zu werden, aber ich werde nicht gehen. Wenn Sie ein Geheimniß gebracht ha ben, so muß und werde ich es kennen lern?». Sie hassen Arthur von Wei ßenthurn, Sie wollen irgend eine heikle längst begrabene Sache aufwühlen, um ihn bei dem General in Mißcredit zu bringen." Trent lachte. „Ich weiß nicht, welchen Grund ich haben sollte, ihn zu lieben. Alles inAl lem genommen, habe ich dieses Gespenst immer wie ein böses Geschick betrach tet. Mein Groll gegen ihn datirt aus der Zeit, da Ernst mein Rivale in Ih rer Gunst war, meine theure Hilda als wir Beide vor demselben Altare beteten und der reiche Sohn dem geld losen jungen Advokaten vorgezogen wurde, wie es immer der Fall ist in dieser käuflichen Welt." Sie erröthete. „Wie grausam Sie sind!" stammelt« sie. lFortseyung folgt.) Hirschfeld: „Warum heirathest Du sie nicht, Zingele? Sie ist bis üb-, die Ohren in Dich verliebt."—Zingele: „Es geht nicht, Freund! Zu eine, Schönheit hat sie zuviel, zu einer Mu seums-Kuriosität zu wenig—Schnurr bart." schlechtes Gedächtniß haben. Er schul det mir seit einem Jahre fünf Dol lars." „Im Gegentheil, er hat ein sehr gutes Gedächtniß. Ich schulde ihm fünf Dollars und er frägt mich jede» Mal danach, wenn er mich sieht." Tie Anregung, welche von BriiM ausging, den feierlichen schwarzen Krack aus dem Balisa»!« zu verbannen und demselben andere für freudige und seft jröhliche Anlasse passende Farben zu aeben, ist zuerst in Wien auf frucht baren Bode» geiallen. Wie nämlich eine Wiener Lo.«Korrespondenz mel det, hat der Wiener Modeclub beschlos sen, sämmtliche österreichische Kleider macher - Genossenschaften durch ein Riiildschreiben einzuladen, sich der Be wegung sür den sarbigen Frack anzu schließen und es werden die Vortheile, welche durch diese Neueinführung sür die Männer von Nadel und Schee» erwachse» würden, begeistert hervorge hoben. Gleizeitig wurde eine Depu tation gewählt, welche sich in den näch sten Tagen nach Dresden begeben soll, um dort tausende Musterbilder sür sarbige Fracks anfertigen zu lassen. Die Wahl trifft offenbar deshalb Dres den, weil dort eine Schneiderakademie als höchste Instanz sür deutsche Herren mode ihren Sitz hat. - Was die sarbigen Fracks betrifft, sa sollen dieselben vorläufig in blauen, braunen, grünen und grauen Stoffen „komponirt" werden; später toinmen dann schon lebhastere Farben an die Reihe, «S soll also wohl rosenrothe, eidotter- und zeiserlgelbe, milchweiße, taubengraue, meer- und grasgrüne, und zinnoberroth«, tabalbraune und lederfarbene Fracks geben. Die Mode wird vielleicht lilasarbene Fracks ver langen, dann solche mit verschiedenfar bige» Kragen- und Aermelausschlägen, wodurch der Civilist auch eine „schnei dige" Uniform erhalten würde; turz. die lühnste» Kombinationen werden sich an den Frack und seine Farbe knüpsen. i Dieselbe soll im Eintlange mit der Toilette der Dame gehalten werden, mit welcher man den Ball besucht, sie kann aber auch ein Pendant zu dersel ben bilden. Die Herren, die bisher ihren schwit zen Frack von der Konfirmation der Promotion oder der Hochzeit her bis zum Dienstjubiläum oder der silbernen Hochzeit konservirt gehalten, werden nun eine Kollektion Fracks in allen Nuancen des Spektrums vorräthig haben müssen, um immer den richtigen Hintergrund für die Toilette der Frau Gemahlin abgeben zu können und nicht vielleicht das blaßblaue Kleid der „Gnädigen" durch einen zitronengelben ! Frack zu schlagen, sondern in diesen» Falle beispielsweise gendarmblau zu wählen. Wie vielfältig läßt sich der Gedanke ausspinnen, wie unsere „Ball ! Gigerln" durch di? Farbe des Fracks l ihre Gefühle oer DäM! ihres Hirzens i auszudrücken in der Lage fein Werden. Es wird eine eigene „Fracksprache" her j ausgegeben werden, wie es eine Blu- mensprache gibt. Freilich würde die Einführung von farbigen Fracks eine Umwälzung in den Schneiderwerkstät i ten herbeiführen ; jeder zweite Mensch ' würde sich einen farbigen Frack machen lassen und dann, wie erwähnt, je nach der Mode weitere andersfarbige Fracks. Es würden eigene Putzanstalten für Fracks entstehen müssen, denn die hellen' Röcke rasch schmutzen—unV der alt« ehrwürdige, prMisHe schwarze Frack, was würde mit diesem gesche hen ? Der würde eben in die Rum pelkammer gehängt und nur sür sehr ernste oder traurige Gelegenheiten her vorgeholt werden, wie zum Beispiel zu Staatsvisiten, Prüfungen und—Hoch zeiten. Aber so weit sind wir glück licherweise noch nicht, wenn auch ein« Deputation des Modeklubs um farbig, Kostümbilder nach Dresden fährl. Beriet»»»««? Irrthum« Schauplatz: Das Rauch.oupee eine» westlichen BliSZUges nach der U«:t- Ausstellung. Balinrauder (plötzlich mit gischwun» a«n«in Revolver hineintretend): All« Hand« in die Höh ! Farmer aus Dakota: Himinelsapp«» lot: Wir müssen wahrhaftig schvn in tzticag» sein! Unsere Töchter. Tabakshändler! Und hier kann ich Ihnen Ligaretten offeriren, billig, prächtiger Tabat, und als Zugabe di« phiei: Aelllicher Käufer: Um HinimelS willen, schnell etwas Andere«! Dt« Eigaretten sind sür meine Tochter! Nach und nach. Richter: „Wie kam es. Saß Sie sich Mi! dem Angellagle» verfeindeten?" Zeuge: ,Erst warf er mir em Bierglas an den itops. dann ich ihm «ins. da»» warf er eine Weitzbierflasche »ach niir, ich warf sie zurück und so haben wir ual »ann aeaenseitia überworfen." 3
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