Inge. (3. Fortsetzung.) Es war vorbei, für immer vorbei! Sie hatte es selbst so gewollt, aber nun kam ihr das Opfer übermenschlich groß vor. Da suhr ein neuer Windstoß durch die alten Bäume. Die Sträuche bogen sich und der JaSmin schüttete einen Schnee weißer Sterne über sie. Sie sah auf. Fast duutel war es geworden, drüben in ihrem Salon hatte man wohl soeben die Kronen entzün det, die hellen Fenster leuchteten her über. Sie mußte gehen, wenn man sie nicht vermissen wollte. Und plötzlich saßte sie ein Grauen Es war aus einmal so lebendig um sie geworden, der Sturm peitschte die Aeste und sang eine so grausige Melodie, der Jasmin reckte seine weißen Zweige wie gespenstige Arme nach ihr aus da, der erste Donner wie vom bösen Ge wi»en gejagt, eilte sie die Allee hinun ter. über den englischen Rasen ihres Gartens, die Treppe hinauf in ihr Zim mer, dessen Thür sie hinter sich zurie gelte. Fünfzehn Minuten später trat sie in das kleine Empfangszimmer ihrer Mutter, in dem man den Kaffee neh men wollte. Man hatte die Herren ein Stündchen allein gelassen, jetzt tra ten sie durch die Portiere, die iu den Salon sührte. Zugleich erschien auch Frau vcn Waldau. Sie sah, wie Berger mit einem Blick tiefer Befriedigung das elegante Ge mach übersah, dessen üppige Ausstat tung so ganz der Rahmen sür die gra ziöse Mädchcngestalt schien, die mit ruhiger Anmuth an der silbernen Ma schine waltete. Natürlich hatte sie die Abwesenheit ihrer Tochter bemerkt und sich wohl zu deuten gewußt, sie verstand auch im Angenblick den tiesen Schatten unter ihren Augen, der dieselben noch größer und schwärzer erscheinen ließ; aber Cora halte sich im Uebrigen heute so tadellos benommen, daß man dem Kinde diese kleine Sentimentalität zu gute hallen mußte. 'Als man sich um den Tisch gruppirt hatte und in belebter Unterhaltung über die nächste, ein wenig anstrengende Zeit der Visiten und Festlichkeiten sprach, sagte Berger Plötzlich, nachdem er das junge Mädchen prüfend und bewun dernd zugleich angesehen: Es sällt mir aus. daß ich Sie noch nie mit Blumen im Haar gesehen. Ist das Zufall oder meinen Sie, daß diese hellblonde Fülle jeden Schmuck entbeh ren kann? Jedenfalls den der Blumen. Ich habe eine Abneigung dagegen und Blumenkränze immer ländlich und m-luvn.,» gefunden. Tann habe ich vielleicht grade das Nichtige getroffen. Er stand auf und kam nach einigen Minuten mit einem großen Etui zurück, das er lächelnd vor Cora stellte. Mir erschien es wiederum geschmack los, als neugebackenee Bräutigam meine Bewunderung in eine andere Form als die des Handkusses zu legen. Dennoch konnte ich gestern der Versuchung nicht widerstehen, als ich aus meinem Club auf den Bahnhof ging, dieses Diadeni mitzunehmen. Seine Steine funkelten mich so verlockend an, jedenfalls steckte ich es in die Tasche meines Ueberziehers, es dem Zusall überlassend, ob es heute schon an den Ort seiner Bestimmung gelangen sollte. Und da hat eS den ganzen Tag im Entree gelegen, wo Diener und Mäd chen ein- uno ausgehen? Das scheint mir aber mehr als Leichtsinn zu sein! Ries der Oberstlieutenant. Berger lachte nachlässig. Er war nicht, was man gewöhnlich mit „Par venü" bezeichnet, aber die Gelegenheit, Cora einen Einblick in seine großarti gen Verhältnisse zu gestatten, tam ihm nicht unerwnnscht. Diese hatte inde»en das Etui geöff net, von dem ihr ein wunderbar jchön gearbeiteter Reif, Diamanten in der modernen Zusammenstellung mit Opa len, entgegenblitzte. Die verwöhnte Cora ließ die Hände mit dem kostbaren Schmuck zitternd in den Schooß sinken, und auch der stolzen Frau von Waldau zwangen diese Steine einen Ruf des Entzückens ab. Tann löste sie sie sorgsam von ihrer mattblauen Sammetunterlage und be festigte den hübschen Reif in dem leicht gewellten, hochtoupirlen Haar ihrer Tochter. Jetzt war es an den Herren, einen Ausruf des Entzückens auszustoßen, fo wunderbar verschönte der Glanz der Steine das schöne Mädchen, aus dessen blondem Haar sie wie eine Märchen lrone funkelten. Eora ist zu jung für solche Steine, meinte Frau von Waldau fast neidisch. Sie sind zu schön für sie. Berger beugte sich nieder und küßte die Hände seiner Braut. Cora von Waldau, sagte er dann mit heißem Blick, wird in einem halben Johr Frau Baronin von Berger sein. Und dann wird nichts zu schön für sie sein, sondern sie zu schön siir allen Glanz, mit dem ich sie nur umgeben kann. Cora sah in den Eckspiegel, der ihre blendende Erscheinung zurückstrahlte. Die Steine funkelten um die Wette mit ihren Augen Hellmuth von Heyden und der Traum unter dem JaSinin firauch war vergessen. Zweiter Theil. I. Warme, helle Junisonne lachte aus das schöne Homburg vor der Höhe her nieder. Zwar war eS noch nicht eigent liche Hochsaison sür den eleganten Kur ort, die begann erst im August, wenn sich der englische Adel, die Haute Fi nance Europas, hier ein Rendezvous zab, bis tief in den Spätherbst hinein, bis der erste Oetoberfturm die bunten Blätter von den Parkbäumen riß und mit ihnen die vornehmen Gäste fort wehte, hin in alle Welt, zu neuen Festen und Freuden. Noch waren eS nicht ausschließlich Ausländer, die in den verschlungenen Gängen des Kur parks einhergingen, bei den Frühcon certen die Wandelpromenade zwischen den Brunnen belebten; dafür sah man in dem Gewoge frischer, ledenSsroher Erscheinungen hin und wieder auch solche, die hier wirklich Erholung such ten und das Wasser des Elisabethbrun nens nicht lediglich tranken, weileSzum guten Ton gehörte. Zu den letzteren gehörte ohne Zweifel eine feine, alte Dame mit blaffem, edlem Gesicht, welche täglich die Heil quelle aufsuchte. Neben ihrem Roll stuhl, den ein alter Diener schob, schritt fast immer ein junges Paar, dem die neugierige Beobachtung aber schon längst geschwisterliche Bande zugestan den, so viel Ruhe und Gewohnheit lag in ihrem gegenseitigen freundlichen Be gegnen. Die junge Dame trug tiefe Trauer, dem Herrn merkte man an Haltung und Bewegung, besonders an der Art, in der er das Civil trug, den preußischen Ossicier an. Er mußte der Sohn der alten Dame sein; rührend war seine zärtliche Sorgfalt für sie, wenn er im Gedränge den Fahrstuhl eigenhändig schob oder unten am Brunnen das Glas sür sie füllen ließ und es ihr reichte. Die jungen Damen, die täglich bei der Frühpromenadc in frischer Morgen toilette seinen Weg in beständigem Hin und Her kreuzten, hatten es längst her ausgesunden, daß er ein schöner Mann sei mit seiner deutschen Hünengestalt und dem milden Ausdruck in dem ern sten Gesicht, der aus eine Eigenschast schließen ließ, die grade durch Körper lrast ausgezeichneten Menschen so wohl ansteht, die der Nachsicht und Rücksicht nahme auf Schwächere. Aber alle schmachtenden Blicke aus schönen Augen prallten ab, und so suchten sich die licbebedürstigen Herzen bald unter der Musterkarte in- und ausländischer Erzeugnisse von Krast und Schönheit—denn mit einer solchen für beide Geschlechter hat die Brunnen promenade eines Weltbades die meiste Aehnlichkeit weniger hervorragende, aber dasür desto empfänglichere Gegen stände. Heydens, denn sie waren es, hatten die Parterrewohnung einer hübschen Villa an der Promenade inne. Frau von Heliden war nach dem letzten stren gen Winter vom Arzt ein Kuraufent yalt dringend gerathen worden, und auf ihrer Kinder Bitten hatte sie sich endlich zu der für sie so mühevollen Reise entschlossen. Inge hatte im Winter des vergange nen Jahres nach kurzer, schwerer Krank heit ihre Mutter verloren und lebte seitdem ganz in der Klause. Die Rück sicht aus sie war bei Frau von Heyden eigentlich ausschlaggebend gewesen. Sie Nagte zwar nicht und hatte tein körper liches Leiden, aber Frische und lugend krast war noch nicht zurückgekehrt und sie trug den Kopf gesenkt, wie eine im Schatten blühende Blume. Hellmuth hatte bei feinem Weih nachtsurlaub in der Klause mit dem alten Hausarzt ernstliche Rücksprache genommen, deren Ergebniß dieser Kur aufenthalt war. Er selbst war vor einigen Tagen gekommen, um die Da men abzuholen. Nach jenem halbjährigen Commando in Spandau war er in den Gcneralslab berusen worden, fühlte sich aber trotz dieser Auszeichnung und der Achtung, die man ihm in seinen Kreisen entge zenbrachle. in dem Gewühl der Resi denz einsamer als je in seinem Leben und ging ernstlich mit dem Gedanken um, den Dienst zu guittiren. Jetzt saßen alle drei auf der von Kletterrosen umsponnenen Veranda ihrer Villa. Hellmuth durchlies die Zeitung, die Greisin hatte die durchsich tigen Hände, denen jede Arbeit unter sagt war, im Schooß gefallet und Inge nähte eifrig. Weißt d». Inge, ich möchte dich ein mal sehen ohne Handarbeit oder Buch, die Hände ruhend ineinander gelegt; aber das scheint diesen fleißigen Fingern nicht möglich zu sein. Weißt du, daß Absen Stricken oder Häkeln „chinesisch" sinket? Hellmuth hatte die Zeitung sinken lassen und sah Inge mit brüderlicher Zärtlichkeit an. Das laßt mich kalt. Grade den Frauen der Jbsen'schen Werke hätte es sehr noth gethan, wenn sie es gelernt hätten, von Jugend aus fleißig die Fin ger zu rühren. Dann wären sie nicht >» so hirnverbrannten Ideen getoin men. Zudem nähe ich ja auch. Ich sehe. Wenn ich manchmal die mübevollen Erzeugnisse moderner weib licher Handarbeit bewundere, muß ich bedenken, wie viel —nutzlos verschwen dete Zeit darin steckt. Darin thut ihr Herren der Schöpfung uns wieder einmal unrecht. Aus Hand arbeiten verwenden wir doch nnr un ere freie Zeil. Für diese aber ist eine Ar beit ein guter, heilsamer Ableiter, be sonders wenn sie nicht rein mechanisch ist, sondern auch unsere Gedanken in Anspruch nimmt. Träumerei und Mü ßiggang sind zwei gesahrliche Klippen im Fraucnlcbcii. An denen dein Schiffchen nie scheitern wird, mein fleißiger Hausgeist, mischte sich hier Frau von Heyden ins Ge spräch. Das ist Nothwehr. Mutter. Als Inge leise diese Worte sagte, ging ein Zug so tiesen Leidens über die reinen Züge, daß Hellmuth schnell ab lenkend meinte: Für wen arbeitest du denn da, Inge? Wenn ich mich nicht täusche, sieht das aus wie die ersten Hüllen eines winzigen Menschenkindes. Das ist S auch. Ich will einer armen Mutter daheim aushelfen. Der alte Ludwig erschien mit einer Meldung und Inge trst zu ihm in'S Frau von Heyden sah ihr zärtlich nach. Du besinnst dich gewiß noch auf den Fischer 80ß unten im Dorf? Densel ben, der die beiden strammen Söhne hatte? Der älteste diente einmal unter Paul auf demselben Schiff. Der zweite war verlobt mit unserem Stubenmäd chen. der Dore. Aber die eigensinnigen Alten wollten ja die Heirath durchaus nicht zugeben. Der Franz sollte eine Fischerto'chter heimführen. Die zwei aber hingen leidenschaftlich aneinander, und so kam's denn, daß Franz einen Sturm auf die Eltern wagte, weil er das Mädchen nicht im Elend sitzen las sen wollte. Es müssen böse Worte ge fallen sein, denn am andern Morgen fand ihn die Mutter auf .dem Bodca. Er hatte sich ausgehängt. Ist die Tore noch bei uns? Ja und sie soll's auch bleiben. Jn geborg nimmt sich ihrer besonders an. Anfangs wollte sie verzweifeln und wäre wohl am lieb'ten in'S Wasser ge sprungen, aber es ist ein Wunder, wie es Inge versteht, den Weg zu den Her zen einfacher Leute zu finden. Sie nahm sie zu ihrer persönlichen Bedie nung und sie ist nun fast immer um sie. Nie habe ich bei einem Menschen den AnZdruck so unbedingter Hingebung und Verehrung gesehen, der in Dörens Augen liegt, wenn sie ihrer jungen Herrin nachsieht. Sogar in die Kirche folgt sie ihr. unbekümmert um die bos haften Blicke der Dorfmädchen. Man'inuß für das Kind etwas thun, es irgendwo unterbringen und Dore die Sorge abnehmen. Inge will für es sorgen und es soll in der Klause bleiben. Sie will der armen Dore nicht den letzten Trost nehmen. Aber das böse Beispiel, liebe Mut ter? Das sagte der Pfarrer auch, als wir die Sache mit ihm besprachen. Aber da sah ihn Inge ganz groß an und sagte ernst: Ungllick und Leichtsinn will unterschieden sein, auch wenn die Folgen einmal gleich sind! Unser guter alter Pastor wurde ganz roth, gab ihr die Hand und sagte, sie hätte ihn be schämt. Ja, sie beschämt manchmal uns alle. Sie ist edel geartet und geht immer deir rechten Weg. Die Worte wurden in warmem Tone gesprochen und es lag der ganze Stolz brüderlicher Aiierleiinung in ihnen aber auch nicht mehr. Die Greisin seuszte. Sie sing an, den letzten heißen Lebenswunsch in Ge danken zu Grabe zu tragen, einen Wunsch, den sie täglich in ihr Gebet einschloß, aber aus echtem Zartgefühl gegen Sohn und Tochter noch nie in Worte gekleidet hatte. Inge und Hellmuth ahnten ihn nicht einmal, denn beider Gedanken lagen im Banne der Vergangenheit. Als erstere jetzt auf die Veranda zu rückkam und die Arbeit sorgfältig zu sammenlegte, rief sie nach einem Blick aus die um diese Zeit ziemlich leere Promenade ihren Schwager an ihre Seite. Die Uniform deines früheren Regi ments, nicht? In der That, Lieutenant von Otten, wenn ich nicht irre. Der so Bezeichnete war mittlerweile näher gekommen und zusällig ausblik kend, sah er die beiden in dem Rofen rahmcn des Balkons. Ueberrascht blieb er stehen und grüßte lebhaft. Auf einige auffordernde Worte seiner Mutter bat Hellmuth den Freund, her auszukommen, und wenige Secunden später stellte er ihn den beiden Damen vor. Die freunde hatten zusammen die Kriegsschule besucht, Oticus Besetzung zum Regiment war aber erst nach Hell muths Berufung zum Generalstab ein getreten, so daß sie sich durch Jahre nicht gesehen hatten. In der lebhaften, springenden Weise, die solchen Begrüßungen eigen, wenn sich die Menge des StossS als zu groß siir den Augenblick überwältigend fühl bar macht, erzählte Lieutenant von Ot ten, daß er seine Mutter herbegleitet, die zur Kur hier sei. Es ergab sich, daß beide alte Damen Jugendbelannte waren. Frau von Heyden zeigte reges Interesse und man verabredete ein Rendezvous imKurgar lcn sür den Nachmittag. Als Hellmuth den Freund hinaus begleitete, sagte dieser: Rührende Erscheinung, deine Schwä gerin. Elisabeth aus dem Tann häuser. Jnimer noch der alte Wagnerschwär mer, wie ich sehe, der jeden Milchgaul aus seine.Fähigleiten als Walkürenroß Prust. Immer noch der alte Eiszapfen; oaS macht euer Klima, da im Nord osten. Damit schritt von Otten tiach dem Kurhause zu. den Anfang der großen Arie: „Euch seh' ich wieder, stolze Hal len!" vor sich hinpfeifend. 11. Am Nachmittag trafen sich die Herr schaften ans der Terrasse des Kurhauses. ES war die Stunde des Nachmittags concerts. des am wenigsten besuchten von allen, da es nur siir einen kleinen Theil der Gäste schon Nachmittag ist. Im Speisesaal, dessen weite Thüren sich aus die Terrasse öffnen, servirt man um diese Zeit das erste, das sogenannte deutsche Diner, dem um sieben Uhr das englische folgt. So folgten auf den Stuhlreihen vor dem Orchester nur eine mäßige Zahl Zuhörer den AuSführuw gen der berühmten Kapelle, und auch auf der Terraffe war es, im Gegensatz zu der allabendlichen Uebersüllung, ver hältnißmäßig leer. Frau von Otten war eine lebhafte alte Dame, der nichts erwünschter kom men konnte, als die Gelegenheit, ein mal in alten Jugendgeschichten schwel gen zu können. Auch Frau von Hey- den ging in Gedanken gern zurück in das sonnige Land der Erinnerung. War es doch die schönste Zeit ihres Le bens, die bei diesem Geplauder wieder wach wurde, ihre Brautzeit, denn an ihrem Hochzeitstage hatten sich beide Damen zum letzten Mal gesehen. Dazwijchcn lag freilich Leid und Kummer genug, aber das ist ja das Köstliche, daß nur wahres Glück, wenn wir es einmal genossen, nicht verloren gehen kann. Wie oft im Herbst plötz lich die ganze Lust mit Vcilchendust ge tränkt erscheint, so bringt uns auch im Herbst des Lebens ein Wort, eine Idecnverbindung die ganze berauschende Süße, den vollen Frühling, unseres Herzens zurück. Inge und die beiden Herren waren sich unterdessen selbst überlassen. Ohne Otten wäre eS wohl ein stillschweigendes Kleeblatt gewesen. Jngeborg behaup tete von sich selbst, lein Talent für ge sellschaftliche Conversation zu haben. Sie sagte offen ihre Meinung; über ernste Dinge in der leichten, spielenden Weise der Salonvirtuosen zu plänkeln, widerstrebte ihrem graden Charakter; ließ sie sich in eine Unterhaltung über tiesere Fragen aber überhaupt ein, so liebte sie es auch, wenn es erschöpfend geschah. Als junges Mädchen hatte sie durch diese Eigenthümlichkeit oft den Spott ihrer Altersgenossinnen geerntet; diese ruhige, klare Denkweise war aber grade eins der Hauptbindeinittel zwi schen ihr und der Familie ihres Man nes. Die Heydens hatten alle warme klare Köpfe. Für Otlen, den AllerweltSschwärmer, lag in dieser Abgeschlossenheit grade ein großer Reiz. Das Schicksal der jungen Wittwe war in seinem Garnisonstädt chen ost besprochen worden, immer mit der Schlußsolgerung, daß sich die kühle Jngeborg und der kalte Hellmuth ein mal zn einer „Gletscherehe" zusammen finden würden. Bis jetzt war seiner Meinung nach dazu freilich noch keine Aussicht vor handen. Um so besser. Die heilig? Elisabeth gesiel ihm sehr, und wenn er an seine letzte kleine Tänzerin dachte, so mußte er sich gestehen, daß diese Ab wechslung nur vortheilhast auf feinen Charakter einwirken könne. Er versuchte es also immer wieder von Neuem, die Aufmerksamkeit seiner schönen Nachbarin zu fesseln, deren schwermüthige graue Augen manchmal mit schwer verständlichem Ausdruck zu den Wipfeln der alten Parkbäume streiften. Der gemeinsame Bekannten kreis war ja von der Garnifonstadt her ein großer. Otten sprach von dem ehemaligen Kanten'schen Hause, den schönen Lin denbänmen und erwähnte zufällig, daß, als das Regiment dort hinaus zumtetz ten Mal ausgerückt, ihm die Menge des grade blühenden JaSmins aufge fallen fei. Mit einem leisen Klirren fiel der Mokkalösfel aus Hellmuths Hand zu Boden, und als Inge aussah, bemerkte sie, daß ihr Schwager plötzlich erblaßt war. UebrigenS stößt das Haus ja an die Gartenseite der Waldau'schen Villa. So waren Sie auch wohl häufiger mit der Baronin Berger zusammen, gnädige Frau? Auf die bejahende Antwort fuhr er lebhast fort: Ein wahrer Verlust für unsern Ort, die Versetzung des Oberstlieutenants. Die junge Frau war häufig bei den Eltern zu Besuch und der strahlende Slern der Geselligkeit. Ein wirkliches Wunder von Schönheit, Eleganz nnd Chick. Herr von Otten sprach mit Wärme. Cora von Berger war das Ideal seiner Träume. Heyden hatte sich wieder gefaßt. Nur die Falle auf seiner Stirn verrieth sei ner Schwägerin, daß er litt. Inge nahm an, daß die damalige plötzliche Verlobung CoraS ihm seine liebsten Hoffnungen zerstört habe. Wie tief sein Stolz, sein Ehrgefühl verletzt wor den, wußte sie freilich nicht. DaS war eine Wunde, die nur nach innen blu tete und sich bis jetzt noch nicht geschlossen hatte. Nur um etwas zn sagen, fragte sie: Die Ehe ist eine glückliche? Ich weiß nicht recht, was gnädige Frau darunter verstehen. Natürlich liebt Frau Berger ihren Mann nicht leidenschastlich: der große Altersunter schied aber sie laßt sich von ihm be wundern, schmücken und soll sich wie ein Kind sreuen, wenn eine große Toi lettenkiste aus Paris kommt. Und er, daß er grade ein tadelloser Ehemann ist —er war so lange Junggeselle und ge wisse Gewohnheiten Mit einem verlegenen Räuspern brach er ab. Vor dieser Frau mit den ernsten Augen war ihm schon der Ge danke satal, daß grade Berger eS war, der ihn bei „seiner süßen Franzi" rauS gebissen. Es ist eben eine moderne Ehe, schloß er seine Ausführung, und als eben die Kapelle einsetzte, rief er nach einem Blick auf das Programm: Jsoldens Liebestos! Genießen wir eine der wun derbarsten Perlen aus dem Schatzkäst chen des Meisters! Leider sollte auch dieser Genuß lein ungestörter sein. Die älteren Damen brachen auf, es galt, sie nach Hause zu begleiten. Frau von Otten nahm nie Rücksicht auf „die Schrullen" ihres Sohnes. Frau von Heyden lud die Freunde zum nächsten Tage zu sich ein, und der Lieutenant meinie, lebhaft sich zu Inge wendend: Wenn Ihre Frau Mutter glücklich untergebracht ist, dann können wir drei den Nachmittag doch zu einem gemein samen Ausflug benutzen. Gnädige Frau sind ja kaum über den Kurpark hinausgekommen. Kronberg, der Feld berg, Äoden. die Saakburg.... Das ist recht, unterbrach Frau von Heyden, ermuntern Sie meine Kinder ein wenig. Sie behaupten immer, mich nicht allein lassen zu können; durch >ie Güte Ihrer Mutter fällt diese Ent schuldigung fort. Da sich Inge zu einer größeren Tour nicht entschließen tonnte, so verabredete man wenigstens eine gemeinsame Fahrt nach der Saalburg. So fuhr man am nächsten Nachmit tag gemeinsam auf der herrlichen Chaussee dem Taunus zu. Otlen sag Jngeborg gegenüber und stellte Beobachtungen an über die ver schiedenen Spielarten des weiblichen lsharalters. Im Grunde, davon hielt sich dieser junge Frauenkenner Über zeugt, war er immer derselbe, denn Weib bleibt Weib. Aber das funkelte und spielte in allen Farben des Regen bogens und die Schwierigkeit lag' für ihn nur darin, jedesmal sofort die richtige Complimentärsarbe aufzufin den. Inge gegenüber fühlte er manchmal noch eine leichte Unsicherheit. Sie war so anders als die andern. Heute früh am Brunnen hatte er ihr einige pracht voll zarte Malmaisonrosen überreicht, schon mit Rücksicht auf das Schwarz ihrer Toilette. Sie hatte sie auch freundlich dankend angenommen, aber vorhin hatten sie in einem Krystallglas neben ihrer Mutter gestanden, getragen hatte sie sie nicht. Otten war so vertieft in dieses noch nicht dagewesene Phänomen, daß er der herrlichen Natur umher wenig Be achtung schenkte. Erst als er sah. mit welchem Entzücken Inge sich umblickte, da man allmählich höher gekommen und nun in einem der lieblichen Taunus wälder einhersuhr, wie ihre Wangen sich höher färbten und ihre grauen Äu gen strahlten, erst da ließ er sich dazu herab, diese hohen Bäume mik.den lan gen Moosbärten seiner Beachtung werth zu finden. Man war auf der Höhe angelangt, stieg in dem hübschen Forsthause ab und ließ sich im Garten den Kaffee serviren. Bor ihnen lag im Sonnenglanz die weite, fruchtbare Mainebene, mitten drin die alte Kaiserstadt, das schöne Frankfurt. Deutlich konnte man die schlanke Spitze des Doms mit seiner Filigranarbeit, die Kuppel des Opern hauses und den Gebäudecomplex des Centralbahnhoss unterscheiden. Hin und wieder sah mau blaue Rauchwölk chen, ein Kennzeichen des regen Ver kehrs, den die Bahnen mit den vielen Vororten unterhalten, eine Bestätigung der Thatsache, daß Frankfurt Haupt knotenpunkt auch für den Fernverkehr in Mitteldeutschland geworden. Näher, fast zu den Füßen des Gebirges, lag Homburg mit seinen Villen und dem plumpen Thurm. Ich ziehe den Blick auf das Gebirge vor, er bietet mir mehr Abwechslung, sagte Otten. Daran erkennt man den Schlesier. Ich liebe grade diese weiten, unbegrenz ten Flächen, die mich an meine nord deutsche Heimath mahnen. In diesen Bergkesfeln könnte ich mich nie heimisch fühlen. Sie beengen mich, scheinen er drückend auf dem Geist zu lasten, wäh rend grade die schrankenlose Fernsicht in unS das Gefühl der Unendlichkeit nährt und uns lockt, die Flügel unserer Seele zu immer freierem Fluge zu ent falten. Aber die Abwechslung, gnädige Frau. Sie können nicht leugnen, daß solch' ein Bild, wie das vor uns, auf die Dauer eintönig wirkt. Die Kuppen und Schluchten, die bizarren Formen des Gebirges sind dagegen eine Quelle unerschöpflicher Anregung. Die Abwechslung dringt in solch' eine Landschaft jede Färbung des Him mels, jede Wolke, die sich zu duukelm Schatten verliest, jeder Sonnenstrahl, der ein Gewässer wie Diamanten anf blinken läßt. Langweilig würde wohl nur der ewig blaue Himmel sein und über den brauchen wir Ostpreußen uns ja nicht zu beklagen. Aber in einer Hinsicht haben Sie recht. Ohne die See als endlichen Abschluß befriedigt mich solch' ein Blick auch nicht voll ständig. Hellmuth nickte der eifrigen Spreche rin liebevoll zu. Der Blick von der Terrasse der Klause, nicht Inge? Gib es auf, Kurt, wir sind zwei Fanatiker unseres heimischen Strandes, uns überzeugst du nicht. Aber vielleicht wir dich. Was meinst du zu einer Studienreise nach Ost preußen? Ließe sich hören! Kurt von Otten strich nachdenklich seinen Schnurrbart und sah aus Inge, die den Ausdruck von Bewunderung >n den ehrlichen dlauen Augen gar nicht bemerlte. Man schlenderte dann langsam durch den Wald nach den Ueberresten der ehe maligen römischen Befestigung. Die Herren nahmen mit Interesse die Grund züge des Lagers auf, die in dem alten Mauerwerk noch deutlich zu erkennen waren. Inge saß auf den alten Steinen und hörte ihren strategischen Auseinander setzungen lächeklid zu. Sie hatte nicht besonders viel Phantasie, und es wurde ihr schwer, dieses Stück Vergangenheit sich im Geist wieder aufzubauen. So ließ sie die Gegenwart voll auf sich wir ken, diese reine Berglust, die sie um schmeichelte, den kräftigen Schatten der Bäume, und das Gefühl der Welt ferne. Seit jenem schweren Schicksalsschlag hatte sie sich >o an die Einsamkeit der Klause gewöhnt, daß ihr lautes Trei ben. fremde Menschen fast körperlich wehe thaten. Diese krankhafte Nei gung war mit ausschlaggebend gewesen, daß man den lebhaften, eleganten Kur ort zum Sommcraufenthält wählte. Bis jetzt hatte man allerdings noch kei nen großen Erfolg zu verzeichnen ge habt. Leise schob sie die schmalen Silber reisen auf ihrem Arm hin uno her. Sie trug sie täglich, trotz ihrer Trauer. Aber heute erinnerte sie das leise Klir ren nicht an eigenes Leid und eigenes Entfagen. Es war ihr gestern schwer auf's Herz zesallen, daß ihr «chwager Bora von Waldau vielleicht doch noch nicht ver gessen. Zum ersten Mal fühlte sie sich Gedanken uneins mit einem ihrem herzen Nahestehenden, that sich eine Muft auf zwischen ihr und Hellmuth. Wie war das möglich? Wie konnte ein Mann wie Hellmuth nicht mit der letz ten Wurzelfaser aus seinem Herzen reißen, was seiner Liebe nicht mehr würdig, ja, was sogar eine verbotene Frucht geworden? Konnte denn die Leidenschaft uns fortreißen auf der Bahn der Schuld? Ihrer Meinung nach mußte jene Liebe gestorben fein in dem Augenblick, wo er sich von ihrem Uuwerth über ;eugt. Liebe und Achtung, das konnte jngeborg auch in Gedanken nicht tren nen, und sie selber achtete Eora nictt mehr seit dem Tage, da sie sich einfach an den verkauft, der ihr am meisten bot, Wucher getrieben hatte mit den Reizen ihrer Erscheinung: achtete sie weniger als das arme Mädchen daheim, die gesehlt hatte ckus Liebe, und die die Welt nun eine Gefallene uannte. Die Herren holten sie ab und man machte sn dem wunderschönen Abend den Weg zurück zu Fuß. An einer Biegung der Chaussee, schon in der Nähe Homburgs, rollte eine ele gante Equipage an ihnen vorbei. Ein silberhelles Lachen tönte ihnen daraus entgegen, ein Lachen, das Hellmuth veranlaßte, sich schnell Umzusehen. Ader von den Insassen war nichts zu erkennen. Ich Thor, flüsterte er. Ich sehe Ge spenster am hellen Tage. 111. Man fand Frau von Heyden so wohl und vergnügt, daß man beschloß, noch das Abcndconcert zu besuchen. Inge hatte auf dem Tagesprogramm eins ihrer LieblingSstücke von Händel ent deckt, den Trauermarsch aus Saul und die Arie: „Auch du. mein Bruder Jo nathan, wie edel war dein Fall!" Otten war immer bereit, einen Tropfen von dem Zaubertrank des Misters zu schlürfen, gestand sich aber ganz offen, daß diesmal die Freude, daS Zusammensein mit der heiligen Elisabeth um eine Stunde zu verlan gern, überwog. So brach man nach dem Kurgarten auf, nachdem Inge noch ihr einfaches schwarzes Kleid mit einer eleganten Spitzenrobe in derselben Farbe ver tauscht hatte, ein Wechsel, zu dem sie. wie Otten feststellte, nicht länger als fünszehn Minuten gebrauchte. Der Garten lag in zauberhafter Be leuchtung. Farbige Lichterwogen wölb ten sich über den Gängen. Raketenbou quets stiegen in leuchtenden Farben gegen den dunklen Himmel und auf die Terrasse mit ihren hin und her wogen den Mcnl'ch.it strömte eine blendende Da man von der weiten Fußtour er müdet war, besorgten die Herren einen geschützten Platz auf der unteren Ter rasse. Da saß man und lauschte den Tönen, die die laue Nachtluft doppelt weich und einschmeichln» herübertrug, sah die glühenden Flammenkugeln' aufsteigen, einen kurzen, leuchtenden Bogen ziehen und dann in nichts zerplatzen, während die stetig funkelnden Sterne ihr gleich mäßiges, mattes Licht herüntergoffen aus dieft vergnügungssüchtigen Welt kinder da unten, die sich aneinander vorbeidrängten in dem sieberhasten Be streben. das eigene Ich, die glänzende Toilette, die strahlenden Augen zur Geltung zu bringen. Und doch glich ihr Wünschen und Begehren dem Spiel der sarbigen Lichtkugeln, deren Ausstei gen sie mit solchem Beisall verfolgten— eS zerstob in Nacht. Die Terrassen selbst waren der Sam melplatz der in- und ausländischen Elite. Hier sah man die Damen in großer Toilette, in der sie soeben vom Diner ausgestanden, den Zobelkragen oder den leichten, goldgestickten Sainmt uinhang zum Schutz gegen die abend liche Kühle um die Schultern, hier blitzte das Licht in edlen Steinen, horte man das gedämpfte Summen, zu dem sich diese vielen Stimmen vereinigten, und in dem man, hätte man eS in seine Bestandtheile zerlegen können, alle Sprachen der civilisirten Welt gesunden hätte. Auch die Herren legten zum Diner zum ersten Mal die bequeme Sommer tracht der TandieS, den weißen oder hcllsarbigen Flanellanzug mit seiner losen Jacke und den Welten Beinkleidern, die sarbige Wäsche und die niedrigen, hellen Schuhe ab, um sich in das gleiche, traditionelle Schwarz zu hüllen. Die Verwandlung aus dem eisrigen Lawn-TenniSspieler, der heute früh mit leidenschaftlichem Eifer seine Bälle über das Netz geivorsen, in Hemdärmeln, ohne Kragen und Stulpen in den ge messenen Formenmensch des modernen SalonS war überraschend. Der letzte Theil des Programms näherte sich seinem Ende. Jngeborg, die nur ein leichtes Tuch um hatte, er schauerte unter einem leichten Wind stoße, der plötzlich über die Terrasse fegte. Wir wollen aufbrechen, sagte Otten sofort, der diese lieblichen, stillen Züge seit einer Stunde sast unausgesetzt be obachtete und ausing, Vergleiche zwi schen seinem Loose und dem Wolframs von Eschcubach zu ziehen, ob zu Lust oder Leid seines empfänglichen HerzenZ, war ihm noch unklar. Alle erhoben sich sosort. Bitte, geht voran. Ich möchte nur noch im Lesezimmer einen Blick in die Zeitung thun. Ich komme sofort nach. (Fortsetzung folgt. Aus dem Gerichtssaal. Präsident <daS Urtheil begründend): .Aus d>e Ertlärung des Angeklagten, er sei angetrunken gewesen, könne keine Rücksich genommen werden, da derselbe nicht so betrunken war, wie dos Gesetz e» vorschreibt." »er SchSfflertanz. Alle sieben Jahre wird in München ein Stück längst vergangener sorben lroher und tanzfröhlicher Zeit lebendig, die sich dann auf dem grauen Grund ton der heutigen Zeit und inmitten des Ernstes dieser Tage recht wunderlich ausnimmt: die Schäffler (Böttcher) halten ihren Tanz. ES ist ein uralter Brauch: aus der heidnischen Zeit leiten ihn die Forscher her, die in einer seiner lustigen Figu ren, der „Grete! in der Butten", sogar die alte nordische TobeSgöttin, die Gridh, wieder erkennen wollen; aufgetaucht ist er in christlicher Zeit zum ersten Mate wieder im Jahre des Schreckens 1517, als die Pest ihren grauenhaften Wür gegang durch München machte. Der Schrecken lag damals so wuchtend auf der sonst fröhlichen Stadt, daß selbst nach Verlöschen der Seuche die Straßen öde und leer blieben und Furcht die Bürger in den Häusern hielt. Da kam den Schässlergesellen, die von je den Ruf besonderer Fröhlichkeit hatten, ein guter Einfall, sie beschlossen, durch „lustige Kurtzweil" den Bann des Schreckens von ihren Mitbürgern zu nehmen, und ini Verein mit den Metz gern, deren „Metzgersprung" dies Jahr gleichfalls wieder geübt wird, durch zogen sie mit Mnsik und Tanz in ihrer bunten Tracht die Stadt und amüsirterr mit heilsamem Uebermuth wirklich die Angst aus den Herzen der freudlos Ge wordenen. Zum Lohn für diese That blieb ihnen das Recht, alle sieben Jahre ihren »Schäfflertanz" aufzuführen, vom Dreikönigstag an dcn ganzen Fasching hindurch, zuerst vor den Schlössern der Fürstlichkeiten, dann überall, wohin liian sie einladet. Sie machen kein schlechtes Geschäft dabei, wenngleich die Tostümirung ihnen nicht wenig Geld kostet. ES ist eine kleidsame, flotte Tracht, in der sie tanzen: eine grünsammtene Mütze mit blau-weißem Busch, roth? Zacke, weiße Weste, schwarze Kniehose, weiße Strümpfe, Schnallenschuhe, wei ßes Schurzfell, dazu eine rothseidene Schärpe mit den Enblemen des bayeri schen Wappens und des ZunftzeichenS der Schäffler. „An Stelle der „Grete! in der B«t -len", die bis zum Jahre 1802 mit wirkte, fungiren jetzt ein paar Hans würste, die nicht wenig dazu beitragen, den Schässlertanz populär zu erhalten. Wie immer, so wurde auch dieses Jahr zum Tanze mit einein Gedichte aufgerufen, das der Vortänzer sprach. ES taulcte: „Sieben Jahre sind herum. Heraus Ihr Schäfflergefellen Laßt Euch sehen Aus denselben beschneiten Gassen Wie einst auch der Pest Bei jubelndem Fest. Sieben Jahrs sind herum. Nun ziehet vor den Regenten Und bringt in prangender Runde Mit jauchzendem Munde Ein Vivat idm aus Und auch dem sürstlichen HauS. Sieben Jahre sind herum. Laßt gellen die Pfeifen Mit zierlichen Reifen Die Gläser geschwungen Den Achter geschlungen. Wohllaus zum Tanz Mit buxenem Kranz." Der Zug bewegte sich dann zum Kaiserhose der Residenz, von einer starken Musikkapelle begleitet. In sei ner Mitte ragte eine Art Scepter her vor, mit einer goldenen Kugel bekrönt, nm das sich die Träger erner großen Kanne und die Träger des Fasses schaarten. Der Tanz selbst geht nach einer alterthümlichen Melodie im Schottisch-Tempo und ist quasrillear tig mit fünf Figuren (1. Schlangen gang mit Tanz durch die Reifen,' 2. „Sommerhaus", durch die hochgehalte» nen Reisen gebildet, 3. Kreuztanz mit Riindtanz wechselnd, 4. Eiertanz zur Krone, 5. Carree mit Contretanz). Darauf das Faßschlagen und zum Schlüsse das „Reifenschwingen". Das ist ein kleines Kunststück. Der Reifen schwinger besteigt das Faß und schwingt zwei Reifen über sich, in denen gestillte Weingläser stehen, deren Inhalt dann von ihm auf das Wohl des HauseS getrunken wird, vor dem der Tanz stattfindet. Es war ein überaus farbiges Bild, das der Tanz im Kaiserhofe der könig lichen Residenz darbot. Die bunten Costüme der Tänzer und das immer bewegte, wechselvoll zu Figuren sich vereinende Grün der Reisen, hob sich wundervoll von dem Schnee des Plat ze» ab. Die Bewegungen der Tanzer zeigten eine natürliche Grazie voll Kraft und Gewandtheit. Dazu die alter thümliche, sehr hübsche Musik mit ihren schlichtsröhlichen Weisen; eS war eine sehr reizvolle Gesainmtwirkung, an der nichts Komödiantische» störte. Dame: „Wie befinden Siesich. Herr Forstralh? Noch immer aktiv?" Forstrath: „Ja, mir fehtt nichts, nur leide ich etwas an Schwindel, unl» wenn ich über eine Straße mit dem vie len Fuhrwerk gehen muß, bin ich etwas ängstlich da komme ich mir vor. als wäre ich ein alter Mann!"— Dame: „Wie alt sind Sie denn?" Forft rath: Zweiundachtzig Jahre!" Er kennt feine Leute. Ich lese hier gerade, in X habe» viele Zusammenrottungen stattgosunden, und man habe auf kine Weise die Leute zum Auseinandergehen bewegen können. Schließlich habe man die Spritz« geholt und zwisch»» die Men schenmenge gespritzt. Das habe gehol fen. Ich glaube, es gibt noch ein viel einsachereS Mittel—'Welche- denn? —Eine Trllerjammlnng! Ungenügende A n g a b e. Herr: ~Ich soll meiner Frau einen Hut kaujen." —Modist.n; „Bitte, >oas sür einen Kopf hat Ihre Frau Gemah lin?''— Herr; »Einen eigensinnigen!" 3
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