<t« Verbreche«. (5. Fortsetzung.) 13. Im vierzigsten Jahre, das heißt, in der Blüthe des Lebens, reich, gesund, thatkräftig und ehrgeizig zu fein und sich am Luxus der Welt zu erfreuen, das ist ein Vorzug, um welchen man Wohl beneidet werden kann. Mr. Saint Alba», oder St. Alban, wie er selbst seine» Name» schrieb, besaß diese GlückSgüter in ungewöhnlich hohem Grade, man konnte ihn also für einen außerordentlich glücklichen Mann an sehen. Er war im Besitz großer Mittel und man wußte in der Finanzwelt, daß es wenige heute gab, welche eine gute Spekulation besser zu beurtheilen ver stehen, al» Saint Alban und wenige, welche durch ihre» Scharfblick besser im Stande waren, die richtige Zeit und Ge legenheit zu ergreifen. Ucberdies war St. Alban freigebig und führte in London ein großes Haus, in dem verschwenderische Gastfreund schaft herrschte. Sein Name war in den Listen aller Sammlungen zu wohl thätigen Zwecken zu finden, »nd unter den Direktoren von Aktiengesellschaften, sowie in verschiedenen Comites zur He bung der Lage der leidende» Menschheit fehlte er selten. In der That galt Mr. St. Alban in der Welt als ei» erfolg reicher Spekulant und als ein Men schenfreund, welcher auch den Arme» a» seinem Reichthum theilnehmen lassen wollte. Außerdem war er ei» Mann von feinem Geschmack und begünstigte Künste und Wissenschaften. Es ging auch das Gerücht, daß St. Albans durch seine Freunde ermuthigt, nach einer politischen Laufbalm strebte. Man sprach davon, daß sei» Eintreffen in Sandbank den Zweck habe, seine Kandidatur um einen Sitz im Parla ment vorzubereiten. Das Geheimniß seiner Beziehungen zu dem Marinchotel war allbekannt. Man wußte, daß St. Alban ein großes Kapital in dem ge waltigen Etablissement, welches so viele Wohlhabende nach Sandban! lockte, angelegt hatte nnd daß er noch viele Vergrößerungen und Verbesserungen beabsichtige. Inzwischen schien der angesehene Ge schastsmann und Menschenfreund das Leben zu genießen. Am Abend des TageS, an dem die Untersuchung über den Tod von Madeleiue Faure abgehal ten war, hatte Herr Saint Alban sich herabgelassen, mit seiner Frau an der ausgezeichneten Table d'hote des Hotels Theil zu nehmen, »nd nach der luxuriö sen Mahlzeit hatte er sich in das elegante Rauchzimmer zurückgezogen, um die Verdauung durch eine Tasse Kaffee und den Wohlgeruch einer auserlesenen Ha vanacigarre zu unterstütze». In dem Zimmer sand Mr. Saint Alban noch eine» Raucher, Mr. Vava sour, den Eigenthümer eines hervor ragenden Londoner Journals. Die beiden waren gut mit einander bekannt und begaunen sogleich eine Unterhal tung. „So haben wir also auch Hunter verloren," sagte Vavasour. „ich höre, er ist nach Norsolk abgereist, in Folge eines plötzlichen Familienverlustes, wie es heißt." „Was, Sir John Hunter hat uns verlassen?" sragte Saint Alban mit dem Ausdruck der Ueberraschung, „wann reiste er ab?" „Heute mit dem Nachmittagszug; seine Frau begleitete ihn. Aber wollen Sie etwa behaupten," sügte Vavasour mit schlauem Lächeln hinzu, „daß Sie das nicht gewußt haben? Ich dachte, daß Sie eher als irgend Jemand mit Allem, was im Hotel vorgeht, bekannt seien." Mr. Saint Alban zog die Stirne zu sammen. Diese direkte Anspielung auf feine Beziehungen zu dem großen Hotel waren ihm augenscheinlich unange nehm. „Sie irren sich," sagteer kalt, „ich intcressire mich nicht im Geringsten für die Ankunft, oder Abreiste der Gaste." Mr. Bavasour lächelte wieder. „Gut, gut," bemerkte er, „aber ich glaubte deswegen, daß Sie von Hunters Adreise wußte», weil er mir heute zu fällig auf der Treppe erzählte, er habe sich eben von Ihrer Frau Gemahlin verabschiedet." Saint Alban biß sich auf die Lippen und sah für eine» Augenblick etwas ver legen aus. „Sie mißverstehen mich." bemerkte er hastig, „ich wußte natürlich, daß Sir Huuter abreise» wolle, aber ich wußte nicht, daß er so bald schon abreisen werde. Ich war nicht zu Hause, als er sich von meiner Frau verabschie dete." Mr. Vavasour hielt weitere Fragen darüber nicht für angebracht. „Hunters Abreise," sagte er, „ist für mich ein großer Verlust. Ich komme um meine Billardpartie; er und ich staikden einander so gleich, daß es immer eine Frage war, wer gewinnen werde. Das machte die Sache ii.teres sant." „Ich bedauere Ihren Verlust, aber ich kann ihn vielleicht ersetzen, indem ich seine Stelle einnehme? Es wird mir großes Vergnügen machen." „Sie? Nein, ich danke Ihnen, Herr Saint Alban, nein. Sie sind mir zu sehr überlegen. Man hat es doch nicht gern, im»,er daran erinnert zu wer» den. daß man dem Gegner nicht gleich kommt." Mr. Saint Alban nahm dieses Complinieiit sür seine Geschicklichkeit am Billard mit einem höflichen Achsel zucken auf und fuhr schweigend fort, zu rauche». „Eine sonderbare Geschichte, dieser Mord in der Hamiltonstraße." sagte endlich s!cr, Vavasour, indem er sich behsglich ausstreckte. »Sehr merkwürdig," erwiderte Saint Alban, ohne besonderes Interesse sü, die neue Wendung der Unterhaltung zu zeigen. „Ich lese in der Abendzeitung, daß die Polizei behauptet, gewisse Anzeichen zu besitzen, die von Wichtigkeit sein sol len, aber diese Redensart ist verbraucht. Die Polizei hat immer eine Spur, wn sie sagt, aber es kommt dann doch nichts dabei heraus. Nach dem, was ich heuti Morgen über die Untersuchung gelesen habe, möchte ich eher annehmen, daßdü Polizei wenig Aussicht hat. Was hal ten Sie davon?" „Ich kann nicht sagen, daß ich mict um die Sache viel gekümmert habe," er> widerte Saint Alban, indem er seiner Kaffee mit der Miene eines Kenner trank, „ich verabscheue diese merkwürdi gen Fälle, ich verstehe nicht, wie du Leute sich in diese entsetzlichen Ding, vertiefen können." „Wir haben es aber diesmal," sagt« Vavasour, „mit einem Ausnahmefall zu thun. Ich lese nicht gerne Mordge schichten, aber ich gestehe, dieser Fall hat mich interessirt, wie jeden, der sich mit demselben bekannt gemacht hat. Die ganze Sache ist so räthselhaft wi< irgend etwas, wovon ich bisher gehör! habe. Mitten in der Nacht wird ein« Dame in einer Pension ermordet, Nie mand kann sagen, wer sie ist, und das Einzige, was man weiß, ist, daß si« von einer anderen Frau ermorde! wurde, welche ebenso unbekannt ist, und die sich so schlau benahm, daß ihn Entdeckung in der That unmöglich scheint. Auf mein Wort, so phlegma tisch ich sonst bin, ich kann die Aiissag« des Arztes nicht ohne Aufregung lesen. Stellen Sie sich vor ein Frauen zimmer, so kaltblütig und brutal und dreist, wie dieses gewesen zu sein scheint, ich hätte das nicht für möglich gehal ten." „Nichts ist unmöglich, mein verehrte, Herr," sagte Mr. Saint Alban. „Und Sie sagen also," fügte er hinzu, „Si< halten das, was die Polizei über di< Sache erfuhr, nicht für wichtig? Wissen Sie überhaupt, was ihr bisher bekannt wurde?" „Das kann ich nicht sagen; solch« Dinge werden sehr geheim gehalten, unk mit Recht. Augenscheinlich wär« es nicht passend, alles zu veröffentlichen und alle Geheimnisse auszukramen; aber ich bleibe bei meiner Ansicht, dn Polizei behauptet immer, eine Spu, gesunden zu haben. Es ist ihre Sache, eine solche zu erfinden, wenn es ih, nicht gelingt, eine wirkliche aufzuspü" ren." „Sie haben Recht," bemerkte Samt Alban. „Indessen, das ist eine Frage, um die ich mich bis jetzt noch wenig g 5 kümmert habe." In diesem Augenblick kam ein Diene, ins Zimmer und wandte sich höflich ai> Mr. Saint Alban. „Es sind einige Herren gekommen, Sir. welche Sie zu sprechen wüw schen." „Einige Herren? Zu mir? Ich er warte Niemand heute Abend. Wer sin» sie?" „Ich weiß es nicht, Sir, sie sagten, es sei nicht nöthig, ihre Namen zu new neu." „Ich werde zu ihnen hinauskom men," sagte Saint Alban erstaunt und neugierig. „Sie werden mich aus füns Minuten entschuldigen, Vavasour, nicht wahr?" Die angemeldeten Herren warteten im Hausflur, welcher vom Hauptein« gang zu dem Rauchzimmer führte. Ei ner derselbe» hielt sich etwas entfernt von den Anderen, denen er den Rücken zuwandte. Die Anderen aber gingen Herrn Saint Alban entgegen. „Habe ich die Ehre. Herrn Saint Alban zu sprechen?" fragte „Ja. Welche Angelegenheit kann Sv wohl zu mir führen?" ' „Das werde ich Ihnen ganz unter uns sagen. Wenn es Ihnen recht ist, warte ich lieber, bis dieser da um di> Ecke verschwunden ist." Damit deutele cn auf den Diener, welcher zu seiner unterbrochenen Be» fchästigung zurückkehrte, nachdem er sei nen Austrag ausgeführt hatte. , „Nun, also was haben Sie mir zu sagen?" wiederholte Mister Saint Al bau seine Frage mit Ungeduld und hochmüthig. „Nicht viel." erwiderte der Fremde, ein hochgewachsener Mann mit buschi gen Augenbrauen, einer langen Nase und scharsen grauen Augen. „Hier ist ein Befehl zur Verhaftung von Char les Saint Alban. Ich bin Detectiv und beaustragt, Sie zu verhaften unter dem Verdacht, Madeleine Faure am viernndzwanzigsten Oktober ermorde» zu haben." Mr. Saint Alban zitterte einen Augenblick unwillkürlich, und sein« dunkle Gesichtsfarbe verwandelte sich in ein sahles Grün ; aber sofort gewann er seine Fassung wieder und im näch sten Augenblick war er vollkommen ru hig- „Sie haben einen Besehl, mich zu verhaften?" fragte er in ironischem Tone. „Wenn das ein Scherz ist, so kann ich Ihnen sagen, das, er sehr unpassend ist. und daß ich nicht der Mann bin, einem Fremden zu erlau ben —" „Es ist kein Scherz, mein Herr," un terbrach ihn Mr. Brusel, den der Leser bereits erkannt hat. „Hier ist der Be sehl, und Sie löniien sich selbst über zeugen, ob er richtig ist, oder nicht. Was die Anklage betrifft, so kann ich Ihnen sagen, daß Alles, was Sie etwa erwi dern löniien, von mir wohl beachtet und gegen Sie angewendet werden wird. Sergeant," ries er dann seinem Beglei ter z». der sich so bescheiden in den Schatten zurückgezogen hatte, „treten Sie näher und seien Sie bereit. Ihr« Pflicht zu thun, falls dieser Herr die« nothwendig machen sollte." Der Polizeibeamtc trat näher und stand im vollen Licht plötzlich mit schar fem Blick Mr. Saint Albon gegenüber. Der Letzter« schwankte zurück und er bleichte noch mehr, als zuvor. „Doctor Power!" rief er mit einer Bewegung des Schreckens aus. Aber das Gefühl der Furcht be herrschte ihn nur einen Augenblick. Ohne sichtliche Anstrengung uahm Mr. Saint Alban sein gleichgiltigeS Wesen wieder an. „Ich bin nicht im Stande zu ver stehen, was das bedeuten soll," sagte er mit sester Stimme, ohne irgend welche Aufregung zu verrathen. „Wollen Sie so gut sein, mir dieses höchst unerwar tete Benehmen zu erklären, Doctor Po wer?" „Ich bin nicht mehr Doctor Power," erwiderte Robert, „sondern Sergeant von der Polizei in Sandbank, und komme hierher, um meine Pflicht zu er füllen." „Und ein Theil Ihrer Pflicht," be merkte Saint Alban sarkastisch, „scheint es zu sein, mich zu verhaften. Unter welchem Verdacht, sagten Sie?" „Unter dem Verdacht, gewisse Madeleine Faure in der Nacht des 24. Oktobers ermordet zuhaben," erwiderte Brusel. „Ich danke Ihnen, es kann nichts schaden, genau über die Sache unter richtet zu sein. ES ist gut, mein Herr, und Sie, Doctor, oder Serge ant. oder was Sie sonst in Wirklichkeit sein mögen, was haben Sie mit mir Vor?" Saint Alban zeigte ein so kaltblüti ges. unbefangenes und hochmüthiges Wesen, daß Mr. Brusel, welcher wahr scheinlich etwas ganz Anderes erwartet hatte, nahe daran war, seinen Gleich muth zu verlieren. „Wir müssen Sie bemühen, mit uns nach der Polizeistation zu gehen," sagte er. „Draußen wartet eine Droschke, und es wird wahrscheinlich Ihrem Wunsche entsprechen, die Sache und mit so wenig Geräusch, als möglich, abzu machen." „Kümmern Sie sich nicht darum, was meinen Wünschen entspricht, .mein Bester," erwiderte Saint Alban hoch müthig, „denn offenbar ist alle Gefahr in dieser Sache auf Ihrer und Ihres Freundes Seite, nicht auf der meini gen. Indessen, da Ihr Verhaftsbe fehl ganz in Ordnung zu sein schcint, so bin ich bereit, dem Gesetz zu gehor chen und mit Ihne» zu gehen. Sen den Sie nach meinem Hut uud Rock. Ich glaube, man wird nichts dagegen haben, wenn ich meiner Frau oben ei nige Zeilen schreibe, um sie von diesem scherzhafte» Zwischenfall zu benachrich tigen?" Ein Diener wurde gerufen und mit Saint Albans Wünschen beauftragt. Dieser behielt inzwischen die Haltung eines Mannes, der sich in einer uner warteten Lage kaltblütig zurechtzufinden sucht. „Ich vermuthe," sagte er spöttisch zu Robert Power, „daß ich diesen liebens würdigen Besuch Ihnen zu verdanken habe. ES ist schade, daß unsere frühere Bekanntschast unter Umständen erneuert wird, die Ihnen ohne Zweifel sehr pein lich sind." Power gab keine Antwort. Er war von SaintAlbansmerkwürdiger Selbst beherrschung ganz überwältigt. Ueber dies hatte weder er noch sein Begleiter, Mr. Brusel, viel Zeit über die Wen dung, welche die Ereignisse nahmen, nachzudenken, denn jetzt erschien eine Dame ausser Scene. Sie kam hastig herbei, eher hüpfend, als gehend, und näherte sich Saint Alban. Im Lichte der Gasflamme er schien sie als eine Frau von etwa drei ßig Jahren, von keineswegs anziehen dem Aeußerit hoch schlank und mit Heller Gesichtsfarbe, welche sich stark der ausgewachsenen blonden Art mit matten, farblosen Augen nä herte. „O, Charles, Charles, was ist vor gefallen?" rief sie und warf sich Mr. Saint Alban um den Hals. Sergeant Power konnte einen AuSrus der Ueber 'aschung nicht unterdrücken. „Frau Gallo!" rief er. „Nun, Du siehst, meine Liebe," sagte Saint Alban in trockenem, spöttischem Tone, „hier ist ein alter Freund, der die Liebenswürdigkeit hat. Dich wiederzuer kennen. Doctor Power, meine Liebe, —ach, Sie entschuldigen,—jetzt Schutz mann Power." Die Dame hob den Kopf auf, starrte ihn an und fiel mit einem Stöhnen be wußtlos zu Boden. Saint Alban verlor seine Fassung nicht. „Das habe ich erwartet," sagte er. „Es ist besser so; sie wird nicht er fahren, was vorgefallen ist, bih sie sich wieder erholt hat, und inzwischen, wenn eS Ihnen gefällig ist, wollen wir gehen." Er hatte jedoch nicht auf Sergeant Powers ärztliches Pflichtgefühl gerech net. Dieser vergaß Alles, außer, daß eine Dame ärztliche Hilse nöthig habe, und machte eine Bewegung nach der leblosen Gestalt. Schnell wie der Blitz kam ihm Saint Alban zuvor und stellte sich zwischen Beide. „Ich erlaube Niemand, eine Hand an meine Frau zu legen." sagte er stolz; „ich werde sie selbst zu sich brin gen. Komm. Marie," fuhr er fort, indem er sich bückte und die Frau auf hob, „sei stark!" Dan» schüttelte er sie. Bei seiner rauhen Berührung öffnete sie ihre er schreckten Augen. Er legte seine Lip pen an ihr Ohr und sprach einige Worte, welche nur ihr allein verständ lich waren. Die Wirkung derselben war stärker, als alle Mittet, welche an gewendet werden, um Damen wieder zu sich zu bringen. Sie erhob sich langsam, »och immer todtcnbleich, aber gesaßt. „Meine Frau hat sich jetzt genügend von der Erschütterung erholt, welcher sie ausgesetzt war," sagte Saint Alban in geschäftsmäßigem Tone. „Geh' jetzt in Dein Zimmer, meine Liebe, und kümmere Dich nicht im aerinalten um mich," fügte er mit einem sprechende« Blick hinzu. „Meine Herren, ich stehe zu Diensten, gehen wir." Die Beamten gingen mit Saint Alban nach dem Wagen, der vor der Thüre stand, um aus die Polizei siation zu fahren. Der Verhaftete selbst schritt mit Würde und Fassung voraus. Wenn man die drei Personen näher betrachtete und die Verwirrung auf den Gesichtern von Mr. Brnsel und fei nem Begleiter sah. so knnnte man glau ben, daß diese die Verhafteten seien, welche Mr. Saint Alban ins Gefäng niß führte. 14. ES war an einem Sonnavend Abend, alt Saint Alban verhastet worden war. Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt, und da ein voller Taz dazwischen lag, ehe der Ver haftete vor den Richter geführt werden konnte, so war Zeit venng vorhanden, den Fall zu besprechen. Die Aufre gung. welche das Ereigniß hervorrief, ist kanm zu beschreiben. Die Verhaf tung von Saint 'Alban wurde im Ho tel bald bekannt und verbreitete sich auch bis London ; schon am Sonntag Morgev brachten die dortigen Zeitun gen in auffälligem Truck die Nachricht, daß Saint Alban als der mnthmaß liche Urheber des gcheiinnißvollen Mor des in der Haniiltonstraße verhastet worden sei. Die Nachricht machte einen tiefen Eindruck. Seit einigen Jahren hatte der Name Saint Alban sich großes An sehen erworben, viele Hunderte kannten den Börsenmann und Menschenfreund seinem Rufe nach. Auch Diejenigen, welche ihn persönlich kannten, wären sehr zahlreich. Man kann sich nicht im Geschästs leben bewegen, aus öffentlichen Redner kühnen erscheinen und prachtvolle Gast mähler in einem reichen Hause geben, ohne bekannt zu werden. So groß auch London ist und so zahlreich auch die-Berühmtheiten aller Art sein mö gen, so war doch Saint Alban nicht der geringste dieser Sterne. Er hatte sich etwas absichtlich an die Oessentlichkeit gedrängt, um sich einen Name» zu machen, und war darin ziemlich er folgreich gewesen. Deshalb waren Leute aller Kreise, als sie .die Sonn tagSzeitung lasen, in Erstannen, um nicht zu sagen in dumpse Bestürzung verfallen. Konnte es möglich sein? Ja hier stand es schwarz auf weiß, daran war kein Zweifel. Die Mehrzahl natürlich lam zu dem Schluß, da Mister Saint Alban verhaftet sei, so müsse er auch schuldg sein. In Sandbank aber äußerte sich der Eindruck noch viel stärker. Mr. Saint Alban, der Eandidat für einen Sitz im Parlament, der Mann, welcher in seiner Person alle Erfordernisse zum Siege zu vereinigen schien, befand sich jeht im Gefängniß und sah seiner Verurteilung wegen Mord entgegen! 15. Der Gerichtssaal war zum Ersticke» überfüllt. Schon zu früher Stunde hatte sich eine erregte Menge vor den Thüren angesammelt, und kaum wur den dieselben geöffnet, so waren auch sogleich alle Plätze besetzt. Aus der Richterbank saß auch Powers alter Be kannter, Mr. Klingsford, zur Seite sa ßen Anwälte. Zeitungsberichterstalter. welche aus London gekommen waren, dann die Zeugen und auf einigen refervirten Sitzen sah man Mr. Va» vasonr. Mr. Eotton, den Bierbrauer, und andere bevorzugte Bewohner des Marinehotels, Mr. Ford trat in den Saal und führte Frau Saint Alban am Arme, welche sofort der Gegenstand gespannten Interesses wurde. Ihre Kleidung war elegant, aber von dunk ler Farbe; sie selbst sah ruhig und ge faßt aus. Der Jnfpector Gadd stand in feiner Eigenschaft als Staatsanwalt vor sei nem Schreibpult, in seiner Nähe der Detectiv Brusel und Robert Power, der Letztere in Unisorm. Der Jnspector schien ängstlich und aufgeregt zu fein und besprach sich zuweilen halblaut mit Mr. Brusel, welcher seinerseits jetzt mehr Zuversicht zeigte, als während seiner Unterredung mit dem Inspektor am vorhergehenden Tage. Mr. Fords Wesen war sehr selbstbe wußt. Geschäftig ordnete er eine Menge von Schriftstücken, die vor ihm lagen. Zuweilen warf er mit selbstzufriedener Miene einen Blick um sich, als ob er sa gen wollte: „Wartet nur, Verehrteste, ihr sollt schon sehen, was ich aus dieser Geschicht«. machen werde." Beim Eintritt des Angeklagten rich tete sich die allgemeine Änsnierksamkeit auf ihn. Nachdem er sich gegen das Gericht verbeugt hatte, blickte er mit vollständiger Fassung um sich, und als er seine Frau erblickte, lächelte er ihr sreundlich zu. Dann nahm er eine nachlässige Haltung an und blickte die Richterbank in der ungezwungenen Weise eines Weltmannes an. Der Ge richt'sschreiber las die Anklage vor und aus die förmliche Frage, ob er sich schuldig oder nicht schuldig erkläre, er widerte Saint Alban „nichtschuldig*, nicht mit jenem theatralischen Ton, wel cher den Opfern des Irrthums oder der Arglist in Romanen gewöhnlich zuge schrieben wird, sondern mitgeringschatzl. Ger Nachlässigkeit, wie jemand, welcher eine lacherliche und beleidigende Anklage zurückweist. Zuerst kam der Inspektor.an die Reihe. Er begann damit, zu erklären, daß die Polizei noch nicht die Zeit gehabt habe, sich genügendes Beweismaterial zu ver schaffen; er stellte deshalb den Antrag, die Sache zu vertagen. Daraus erhob sich hastig Mister Ford. „Ich protestire ganz entschieden dage. gen!" ries er. „Bringen Sie erst Ihre Beweise vor. dann wird das Gericht entscheiden können, ob e« Ihrem An trag entsprechen will, od« nicht. Ich erlaubt mir diesen Einspruch,- fügten gegen die Richterbank gewendet hinzu, „da ich im Stande zu sein glaube, auf die deutlichste Weise zu zeigen, daß nie mals gegen einen Gentleman von ta dellosem Ruf und hoher Stellung eine so grundlose und alberne Anklage er hoben worden ist. Mein Klient," fuhr er mit Stentorstimme und lebhaften Geberden fort, „ich lehne eZ entschie den ab, ihn mit der beleidigenden Be nennung „Angeklagter" zu bezeichnen —hat bereit- eine ganze Nacht und einen ganzen Tag in einer gewöhnlichen Zelle zugebracht! Es wäre ungeheuerlich, ihm zuzumuthen, daß er dies »och länger er tragen sollte, nur in Folge eines unsin nigen Mißgriffs, veranlaßt durch offen bart Unfähigkeit. Ich bitte nur dar um," fügte er hinzu, alKer sah, daß der Präsident ihn unterbrechen wollte, „daß das Gericht noch keine Enticheidung tres sen möge, bevor die Zeugen verhör? worden sind." General Goldbird, der Präsident, befragte seine Kollegen durch einer Blick. „Ich glaube, Inspektor," sagte er dann, „es wird besser sein, der Bitte des Mr. Ford zu entsprechen. Wir wollen zuerst die Zeugen vernehmen und dann über Ihren Antrag cntschei den." Der erste Zeuge, Sergeant Power, wurde aufgerufen und vereidigt. Der junge Beamte machte feine Aussagen mit Ruhe, wobei der Gerichtsschreiber zuweilen eine Frage an ihn richtete. Ein Schatten von 'Verlegenheit lag aus seinem hübschen Gesicht, aber sein Muth wurde aufrecht erhalten durch bas Ge fühl, daß er die .Wahrheit sprach und seine Pflicht in Uebereinstimmung mit seiner festen Ueberzeugung erfüllte. Sein offenes Wesen und seine klare» Aussagen sicherten ihm von Anfang an die Sympathie aller Anwesenden. Er erzählte, wie er am Morgen des 25. Oktobers nach der Villa Rod Roy gerufen worden sei, und Alles, was dort vorfiel. Als er jenes BriefstückS'erwähnte, dessen Handschrist er sofort erkannt-halte, und dann aussagte, wie er bald darauf Mr. Saint Alban in das Marinehotel ein treten sah nnd in ihm den Schreiber er kannte, lief ein Gemurmel durch den Saal. Der Angeklagte lächelte spöttisch. Ueber seine sriihere Bekanntschaft mit Mr. Saint Alban sprach Sergeant Po wer wenig und beschränkte sich darauf, zu erwähnen, daß er mit ihm in Man chester bekannt geworden sei, wie er ei nige Zeit mit ihm auf freundschaft lichem Fuße, jedoch ohne näheren Ver kehr, gestanden habe, und daß er einige Briefe von ihm erhalten habe, welche er aber leider vernichtet habe. Während des Verhörs wurden einige Versuche gemacht, um die näheren Umstände des Verbrechens aufzuklären und zu be weisen. daß Alles darauf deute, daß das Verbrechen von einem Manne und nicht von einer Frau ausgeführt worden sei. Diese Bemühung von Seiten des Inspektor Gadd wurde je doch rasch von Mr. Ford vereitelt, wel cher den Ankläger zornig aufforderte, bei den Thatsachen zu bleiben und sich nicht in leere Vermuthungen zu verlie ren. Dann kam der große Advokat an die Reihe, Fragen zu stellen. „Äe sind Polizeisergeant, glaube ich?" fragte er, den jungen Beamten feindselig anstarrend. Powers Unisorm bewies dies ohne besondere Erwähnung, oberes war Mr. Fords Weise, in solcher Art zu begin nen. „Gehörten Sie nicht früher dem ärzt lichen Beruf an, ehe Sie bei der Polizei M Dienst traten?" „Ja wohl." „Sie waren Assistent des Dr. Mer ritt in Manchester?" „Ja, ich war sein Assistent." „Natürlich, nachdem Sie ein' Examen gemacht hatten?" „Ich erhielt den Grad als Magister der Medizin an der Londoner Universi tät und bin auch Mitglied des könig lichen chirurgischen Kollegiums." „Ich danke Ihnen," sagte Mr. Ford. „Der Gerichtshof wird daraus entneh men, daß Sie »ach mehrjähriger Arbeit und Mühe, um ein Mitglied des ge lehrten und sehr geachteten Standes zu werden, und nachdem es Ihnen gelun gen war, nach vieler geduldiger Ar beit die Kenntnisse zu erwerben, welche erforderlich sind, um Ihnen einen Platz in einer ehrenwerthen, um nicht zu sagen, ausgezeichneten Körperschaft zu gewähren, es vorzogen, die Früchte dieses Fleißes fortzuwerfen, unr einem Beruf zu folgen, welcher, wie ich glaube, weder so ausgezeichnet, noch so einträglich ist, als der eines ArzteS. Nun, was veranlaßte Sie da zu?" Der Pfeil war abgeschosfen, Power hatte ihn kommen sehen und war einen Augenblick zurückgeschreckt bei dem Ge danken, peinliche Erinnerungen wieder wach zu rufen. Er gewann indessen schnell seine Fassung wieder. „Ich habe nichts dagegen, Ihre Frage zu beantworten," sagte er, „aber ich sehe nicht ein, was meine Vergangen heit mit dem vorliegenden Fall zu thun hat." „Das glaube ich wohl," erwiderte Mr. Ford mit spöttischem Lächeln, „aber Sie sind nicht hier, um mit mir zu rechten. Ich habe eine Frage gestellt und erwarte eine Antwort. Was veran laßte Sie, Polizist zu werden, anstatt die Laufbahn, für die Sie sich vorberei tet hatten, zu verfolgen?" Hier fühlte sich Mr. KingSsord, einer der Richter, veranlaßt, einzu schreiten. „Wir sind ängstlich darauf bedacht. Mr. Ford," sagteer, „Ihnen volle Frei heit zur Erfüllung Ihrer ernsten Pflich ten zu lassen, aber was mich betrifft, und ich zweifle nicht, daß das Gericht gleicher Ansicht ist. so wünschte ich zu wissen, zu welchem Zweck S>« hier solche fernliegende Thatsachen zur Sprache bringen?" „Meine Frage ist nicht überflüssig/ erwiderte Mr. Ford, „sondern von gro ßer Wichtigkeit, da sie die Glaubwür digkeit des Zeugen in dieser Sache be trifft. Ich glaube, ich muh mit aller Ehrerbietung auf meinem Recht beste hen, den Zeugen über seine Vergangen heit zu befragen." Nach kurzer Berathung der Richter entschied der Präsident zu Gunsten des Advocaten. Mr. Ford v«xbn»gte sich und erneuerte sofort seine Frage. „Ich gab den ärztlichen Beruf aus," erwiderte Power, „weil mir alle Hoff nung aus Erfolg geschwunden war." „O. alle Hoffnung aüf Erfolg war Ihnen geschwunden? Bitte, aus wel chem Grund?" „Ich war das Opfer einer nieder trächtigen Anklage. Ich war un schuldig. aber ich wußte, daß der bloße Verdacht, der auf mich gefallen war, genügte, um meine Laufbahn zu ruiniren." Diese Antwort, welche Power in fe stem Tone der ver anlaßte Ausregung im Saal, alte Augen richteten sich aus ihn, mit Ausnahme der des Angeklagten und seiner Frau, welche ihre unbewegliche und kalte Haltung beibehielten. „Sie sind unschuldig angeklagt wor den, wie Sie sagen." fuhr Mr. Ford fort. „Wir haben nicht nöthig, aus Einzelheiten einzugehen, aber ich glaube, es handelte sich um eine Pa tientin?" „Ja," murmelte Sergeant Power. „Sie standen unter dieser Anklage vor Gericht, nicht wahr?" „Nein. Der Fall wurde von der Po lizei in Manchester untersucht und die Anklage wurde aus Mangel an Beweis zurügewiesen; sie beruhte auf einer ge meinen Verleumdung, deren Veranlas sung ich nicht kenne." „Ganz richtig," sagte Mr. Ford mit spöttischem Lächeln, indem «mit seiner Uhrkette spielte. „Sie sind natürlich der Meinung, daß ich nach dieser Ent scheidung kein Recht habe, eine abwei chende Ansicht zu ä«kxrn. Gut, ich will das unterlassen, ich will Ihre Tugend als unbefleckt gelten lsssen. Aber nun sage» Sie mir, nachdem Sie das Poli zeigericht in Manchester ohne einen Flecken auf Ihrem Ruf verlassen ha ben, warum setzten Sie uicht Ihre Thätigkeit als Assistent des Dr. Merritt fort, in dessen Diensten Sie damals standen?" Robert Power blickte seinen Feind ruhig an. „Ich verließ ihn auf seinen Wunsch. Doctor Merritt meinte, daß der Skan dal, welchen dje Sache erregt hatte, mein längeres Bleiben bei ihm unmög lich mache." „Kurz gesagt, er entließ Sie?" „Wenn Sie es vorziehen, es auf diese Weise auszudrücken, so mögen Sie es thun," erwiderte Power bitter. „Und Sie waren nicht im Stande, eine andere Anstellung zu erhalten?" „Ich machte keinen Versuch. Ich kam hierher, um einen Onkel von mir zu be suchen. nnd da ich beschlossen hatte, den ärztlichen Beruf aufzugeben, verschaffte er mir eine Anstellung bei der Poli zei." „Und es ist nur billig, zu bemer ken," sagte Mr. Kingsford, welcher die Manöver des Advocaten mit nicht ge ringem Verdruß angehört hatte, „daß wir in der ganzen Polizei keinen thätigeren »nd intelligenteren Beamten von besserer Führung habe. Dieö sagte ich aus eigener, persönlicher Er fahrung." Die Zuhörertächelten zustimmend und Sergeant Power verneigte sich höflich und dankte seinem Fürsprecher mit einem ernsten Blick. Mr. Ford sühlteidie Bedeutung die ser Bemerkung, ließ sich »aber so leicht nicht stören. „Ich habe nicht den.geringsten Zwei fel daran." bemerkte er, „daß dieses Lob wohl verdient ist. Es gibt je doch auch einen Uebdreifer, eine sehr gefährliche Eigenschaft bei einem Poli zeibeamten. Doch, wir sind jetzt mit dieser unbequemen kleinen Episode aus Ihrer Vergangenheit sertig, wir kommen nun zu dem Fälle selbst. Wo haben Sie Mr. Saint Alban zuerst ge sehen?" „Im Hause eines Patienten, eines Herrn Gallo." „Erkennen Sie sonst noch andere Personen hier im Saal, außer Herrn Saint Alban, mit denen Sie zu jener Zeit in Manchester bekannt waren?" Sergeant Power blickte nach Frau Saint Alban. ? „Ich erkenne in der Dame, welche dort sitzt, die Frau deS Herrn'Gallo, welcher srüher mein Patient war." Wieder richtete sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf die erwähnte Per son. „Diese Dame, welche jetzt Frau Saint Alba» ist," suhr'Mr. Ford s»rt, „war zu jener Zeit Frau Gallo. Wie lange ist es her, daß Sie von dieser zweiten Heirath. nach dem Tode ihres ersten Mannes gehört hahfn?" „Ich wußte nichts davon, bis letzten Sonnabend, al« ich Mr. Saint Alban verhaftete." „Sie haben die Person, mit welcher Sie geschäftlich, oder ssnft bekannt wa ren. ganz aus dem Gesicht verloren, als Sie Manchester veriteßen?" „Ja. Ich habe keine Beziehungen mehr zu der Stclbt unterhatten und habe mich auch nicht mehr nach den dortiges 'Lorgängen erkundigt." (Fortsetzung folgt.) Blau gefärbte Haare wird Sarah Bernhardt in einer Komödie haben, welche sie binnen Kurzem spielen wird. Es scheint, daß die Rolle diese Excentrizität verlangt. Das Fußballspiel, dessen Ursprung unbekannt ist, wird zum er sten Male unter der Regierung Ed wards 111. in England im Jahre 134 S irwähnt. «i« «eines Arzt: Ihr Puls geht schnell; Sk« klagen über Kopfschmerz! Haben Ihnen denn die sechs Blutegel, welche ich ge stern verschrieben habe, nicht geholfen, oder haben Sie einen Diätfehler be gangen? Patient: Ach, Herr Doctor, nach den Blutegeln ist mir eigentlich noch schlech ter geworden. Ich habe mich auch so davor geekelt aber es half ja nichts, ich mußte doch das Recept befolgen! Aber das nächste Mal darf ich sie viel leicht vorher kochen lassen ich tonnte sie kaum herunter würgen! Zeitgemäß« Bitte. Landstreicher: Bei der Gelegenheit möchte ich mir noch erlauben, Sie um eine kleine Gabe anzusprechen, damit ich meinen Schatz bei der Hitze auch mal mit Eiscream tractiren kann! Wie man heirathet. Ein auch außer den Grenzen Wien» bekannter Arzt, ein Meister in seineq» Specialfache, ist vor Kurzem zuM Traualtar geschritten. Das Heirathen ist nun freilich eine ganz alltäglich« Sache, aber dieser Ehebund erregt» denn doch in. dem ausgebreiteten Freundes- und Patientenkreise des Hoch zeiters ganz beträchtliches Erstaunen. Konnte mau ihn doch als einen „einge fleischten" alten Junggesellen, der, be treut von einem bejahrte» Diener, einzig »nd allein seinem Berufe und der Wissenschast lebte und sicherlich an alles Andere eher dachte, als an den Bibelsatz: „Es ist nicht gut. daß der Mensch allein sei." Was ihn also wie sich ein noch total lediger Toastred ner ausdrückte „zu diesem fürchter lichen Schritt getrieben, das wurde erst später bekannt. Nicht überschäumende Liebe, nicht kühle Berechnung waren die Motive de« Ehe, sondern der prosaischste und merk würdigste Grund, den man sich denken kann: ein Katarrh. Und das kam so. Eines Nachmittags war der vielbeschäf tigte Arzt nach Hause gekommen, um, wie gewöhnlich, etwaige Einläuse und Anmeldungen entgegenzunehmen. Als er sein Arbeitszimmer betrat, folgte ihm der Diener, um einzuheizen. „Lassen Sie das, " beschick» ihn sein Herr, „ich gehe ohnehin gleich fort und kehre erst gegen 9 Uhr Abends zurück. Ucbrigen» müssen Sie sich sofort auf den Weg machen, um Einiges für mich zu besor gen." Damit sendete er sein Faktotum sort und setzte sich an den Schreibtisch. Dort fiel ihm ein eben erschienenes vissenschastlicheS Werk in die Hand, das er neugierig zu durchblättern begann. Als der Diener um 8 Uhr Abends heim kehrte, saß der Gelehrte noch immer im eiskalten Zimmer über das fesselnde Buch gebeugt und fühlte in seinem Eifer gar nicht, daß ih» entsetzlich fror. Am nächsten Morgen traten die Folgen dieser stniidcnlangen Zerstreutheit zu Tage: heftiges Fieber und ein schwerer Katarrh. Der Arzt, der bisher nie eigentlich krank gewesen, »rußte einen Collegen ivnsultiren und auf dessen Anordnung >» Bette bleiben. Als er schon einige Tage lag, die vom Gasthause gehotte, stets schon ausgekühlte, kraftlose Supp« genießen, über jedes Glas Wasser, jede sonstige Dienstleistung mit seinem theil« ängstlichen, theils täppischen Diener langwierige Dialoge führen mußte, da faßte ihn der unverheirathcten „Mensch heit ganzer Jammer an" und er be schloß zu heirathen, ehestens und wen immer. Ein SchicksalSwink schien eS ihm also, als, kaum er den Gedanken aus gedacht. eine seiner Nichten, kein zu junges Mädchen mehr, in's Zimmer trat, um wieder einmal nach dem Be finden des Onkels zu schen. Als sie ihn krank fand, erbot sie sich zur Pflege und fragte gleich, ob er irgend einen Wunsch hege, den sie ersüucn tonne. „Heiratl>e mich!" bat der Kranke, den vollen Ernst seiner Werbung betheu rrnd. Die Nichte sagte nicht Nein und nun ist der Arzt Ehemann und mit seinem Schicksal sehr zufrieden, denn nun kann er—wie er sagt—doch wenig stens nach Herzenslust —krank sein. Gerechter Stolz. Vater, .Ich habe es zwar nicht gern, wenn sich Kinder prügeln, aber deiinoch bin ich stolz, daß Tu so einen starten und gro ßen Junge» bezwingen konntest! Sag' nur, warum hast Tu ihn denn sodurch aehanen?"—Sohn: „Weil er sagte, ich >ähe gerade so auS. wie Du!" 3
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