Ein Irlirr Srirs. Die Herren spielten im Nebenzimmer Karten. Es war erst eben sieben Uhr uud wir hatten unsern Wagen gegen zehn bestellt. Also noch beinahe drei Stunden tsts-»- tvts mit der schweigsamen HauSsrau standen mir bevor. Wir saßen nns iu dem drcifeustrigcn, im Erdgeschosse ge legenen Salon um Kami» gcgcuüber. Tic Thür zum Spielzimmer war halb geöffnet und dic blaucn Wolkcu dcs Ci garrcndampfcs, sowie die Stimmen der Spieler drangen zu uns herein. Jetzt hatte ich endlich Muße, mir Frau Weud- I»ud, bei der wir heule zum ersten Mal zu Gast waren, ruhig zu betrachten, denn vorher bei Tisch hatte mich ihr Manu so in Anspruch genommen, daß ich nicht recht dazu gekommen war. WcudlandS warcn wohlhabeiidcGutS bcsitzer, die schon längere Zeit ihren Wohnsitz hier aus Hcincrsdors bci Bres lau hatten, während wir, mein Man» und ich, erst vor einem halbe» Jahre mich Breslau versetzt woedc» waren. Die Hcrre» hatten sich bei Hansen beim Frühschoppen tcnneu gelernt; wir Frauen sah » uns heute zum ersten Mal, denn Frau Wcudlaud kam nie iu die Stadt. Sie liebi keine Geselligkeit und muß sich eines nervösen Kopsleideus wegen schr schoncn, hatte Hcrr Wciwland aus Bcsragcu gcautwortct. Ab uud zu kinc» svreniid draußen bei uns aus Hciuerüdors zu Tisch zu scheu, macht uns große Freude, uud es wäre ganz reizend von Ihnen und Ihrer lieben Frau, wenn Sic des Sonntags einmal so ganz ungenirt zu uns kämen. Wiederholt hatte mir mein Mann von solche» uud ähnlichen Einlädun gei! 'eines guten Bekannten gesprochen, ich aber hatte mich stets kühl dabei ver halten. Wenn Frau Wendland mit mir ver kehren will, kann sie mich ja besuchen. Ebenso gut kannst du auch zu ihr gehen. Ihr seid ungefähr gleichaltrig und steht gesellschaftlich auf derselben Stufe, war die Erwiderung meines ManueS gewesen. Mir lag nichts an der Erweiterung ilnsercS Umgangs, daher schwieg ich und lies; die Sache an mich herankom men. Uud sie kam auch. Die bcidcn Manner, dic dcn gcgcnseitigeu Verkehr ihrer Frauen ganz besonders zu wün schen schienen, machten untereinander ab. daß uns die gegenseitigen Antritts besuche wegen der großen Entscrnung von dcr Stadt ganz crlasscn blieben und das; bie Bckanntschäst cinsach glcich dnrch eine Einladung zn Tisch ceöffnct wcrdcn sollte. Uud so hatte denn auch meii! Mann, ohne sich erst meine Ein willigung einzuholen, die formlosc Aus wrdcrung, am nächsten Sonntag um fürn Uhr draußen bei WendlandS zu spciicn, angenommen. Werden noch mehr Leute da sein? Ich frage nur wegen der Toilette. Nein, liebes Kind, nur wir und Dr. Berchner, WendlandS Hausarzt, der uns in seinem Wagen abholen wird. Ich dciilc. wir Herren spielen nach Tisch eine Partie Stal oder Whist, und ihr Kranen könnt ench dann im gemüth lichen <>icplauder kennen lernen. Was ihr nur für ein Interesse habt, uns beide zusammenznbriiigen ? Mi< liegt gar nichts an der neuen Bekannt schast, und besonders, da sie nur so auf gedrungen wird. «ei doch gut, liebes Kind, beschwich tigte mich mein Mann. Hege leine V.oreingcnomincnheit gegen die Frau, für die ich, ohne sie zu kennen, Sym p.ithice» habe. Sie soll übrigens eine sehr schone Person sein— Aha, dachte ich, da haben wir cs ja ! eine schöne Person sein. Und ich finde, diese Abgeschlossenheit und Einsamkeit, in der die doch noch junge Iran sie ist, glaube ich, nur dreißig Jahre all ihre Tage dort auf dem Lande zubringt, hat etwas ungemein Trauriges. B.cißt du nicht irgend etwas Näheres über sie? sragte ich nun mit erwachen dem Interesse. Eigentlich nein. Ihr Mann scheint sie sehr zu lieben, denn er spricht mit großer Warme und Herzlichkeit von ihr. Aber er läßt sie doch viel allein, denn ich höre, er unterhält sich häusig recht gut hier in der Stadt. Ach,.das sind kleinstädtische Klatsche reien ! Damit verließ mich mein Mann und ich bereitete mich zur Abfahrt nach Hei ncrsdorf vor. Einc halbe Stunde später fuhren wir bereits an den letzten Häusern der Stadt vorüber, aus der großen, von entblät terten Pappeln rechts und linls be pflanzten langen Landstraße dahin. Es war ein unfreundlicher Novem ber Nachmittag, granweißer Himmel, schwarze Erde. Gegen Mittag hatte die Sonne etwas geschienen, aber jetzt hü'.tte bereits Dämmerung die Gegend ein. So lange wir anf dem Pflaster der Stadt hingerasselt waren, war cs zu keinem Gespräch gekommen. J.'tzt, ans de. glatte» Landstraße, sragte ich den mir gegen..beriitzcnden Arzt, wie lange wir wohl brauchten, »in Heincrsdorf zu erreichen. Ich denke, wenn wir gut zufahren, dreiviertel Stunden. kennen Sie Fra» Wciidland genauer iliiv fchon länger? Ter Doetor schob seine goldcne Brillc nüt ausgespreiztem Damnen und Zeigefinger etwas zurück und sagte baun: , Ich kenne die Frau seit der Geburt ihres Krudes, das ist fünf Jahre her. Ich wußte gar nicht, daß Wendlands Kinder Hab.», sagte mein Mann er staunt. Nur das eine, einen Knaben. Ich wundere mich übrigens, daß Wendland Ihnen nie von ihm gesprochen hat, denn er liebt das Kind abgöttisch. Er spricht wenig von seiner Häus lichkeit, und ich habe ihn auch nicht viel befragt, denn man weiß ja nie, ob Fragen willkommen sind und ob man nicht unbewußt irgend einen wunden Punkt berührt. Ist denn die Frau wirklich so lei dend, unterbrach ich meinen Mann, daß sie sich so von aller Welt zurückzie hen muß, wie sie cs thut? Früher soll sie doch viel häufiger nach Breslau ge kommen sein und sogar Bälle uud Ge sellschaften besucht haben. Viel kann es nie gewesen sein mit dem Ausgehen, antwortete nun der Doctor. Wendlands sind, glaube ich, acht oder neun Jahre verheirathet uno haben vor der Geburt ihres Kindes viel Trauer iu der Familie gehabt. Spä ter ist die schöne Frau wohl während dreier Jahre, dann nnd wann in der Gesellschaft gesehen worden und hat we gen ihrer Schönheit und ihres anmu thigen Wesens sehr gefallen. Bei dcn Festlichkeiten, die zu Ehren der Anwe senheit des Kcliscrs in unserer Stadt von den Officieren und dem Adel ver anstaltet wurden, hat Frau Wendland sogar Triumphe gefeiert. Sie wirkte im Festzuge mit und soll wundervoll ausgesehen haben. Ich war damals nicht in Breslau. Aber seit zwci Jahrcn geht sie eben gar nicht mehr aus und hat ihren allerdings nur oberflächlichen Verkehr mit einigen Osficiersfamilien so gut wie ganz ab gebrochen. Nur er, Wendland, kommt, um nicht ganz auf dem Lande zu ver sauern, häufig in die Stadt und hält noch Beziehungen mit dcn Herren im Casino und am dritten Ort, wie bei Haufen, aufrecht. Sie find die erste Dame, die feit langer Zeit wieder hin aus nach Heinersdorf fährt, und ich kann mir denken, daß cs für meine schöne Freundin, die wieder einem lan gen, einsamen Winker da draußen ent gegensieht, eine große Freude sein wird, gerade Sie, gnädige Frau, ken nen zu lernen. Eben darum habe ich auch meiner Frau sehr zugeredet. Ich merkte cs Wendland an, wieviel ihm daran lag, seiner Frau elwaS Gesellschaft zu ver schaffen. Ich fand diese Fürsorge sehr hübsch von ihm. Ich schwieg und sah hinaus durch die Wagcnfcnster auf die traurige Land schaft. Obgleich cs Sonntag Nachmit tag war, begegneten wir fast keinem Gefährt, und die Gegend schien so ver 'det und verlassen, daß ich. die ich mir das Landleben nur immer iu deu hei tersten sommerlichsten Farben vorgestellt hatte, znm ersten Male auch seine Schattenseiten verstand. Nach halbstündiger Fahrt bog der Wagen rechts von der Landstraße ab auf ciucn recht vernachlässigten Sand weg. Jetzt befinden wir uns schon ans Wendland'schem Grund und Boden, sagte der Doctor. Im selben Augenblick gab eS einen starken Stoß, sodaß wir Drei förmlich hoch flogen. Der Wagen ächzte in allen Fugen. Wieder einer von den verdammten Feldsteinen! Ich begreife Wendland nicht, daß er diesen schändlichen Weg, der bis zu seiner Besitzung führt, nicht ausbessern läßt. Aber er scheut wahr scheinlich die Kosten. Wendlands sind doch reich? rief mein Mann erstaunt. Ich wundere mich, daß er nicht bis zu feinem Wohnhanse hat Chaussee machen lassen. Das ist doch das mindeste, was man von einem anständigen Landaufenthalt verlangen kann. Doctor Bergner wiegte lächelnd sein Haupt. Wenn Wendland reich ist, hat er sehr unrecht, hier und in feinem Hause; denn sie werden schwerlich die Spuren des Reichthums in demselben finden, wenigstens nicht nach unseren modernen Begriffen. Doctor, ich komme aus der Verwun derung gar nicht heraus! Das ist ja das erste, was ich höre! Wendlands Austreten bei Hansen und im Casino ist das eines sehr wohlhabenden Man nes! Ja, man sagt so. Aber es wird wohl nicht alles so sein, erwiderte der Doctor. Ich hörte schweigend das Gespräch der Männer mit an, und das Interesse sür die Frau, das bei der Abfahrt nur ein geringes gewesen, steigerte sich, je mehr ich mich ihrer Wohnung näherte. Nachdem wir anf dem schlechten Wege noch ein gutes Stück dürchgerüttelt wor den und an ein paar kleinen Häuschen, wahrscheinlich den Wohnungen von Ar beitern, vorübergefahren waren, bog der Wagen plötzlich durch ein hohes Gitterthor, das, offenbar in Erwar tung unserer Ankunft, weit geöffnet stand. Und nun fuhren wir durch einen dicht mit Bäumen und Gebüsch bewachsenen Park, der, so viel ich in der herein brechende Dunkelheit erkennen konnte, in einem recht verwilderten Zu stande zu sein schien. Es war gut, daß der Kutscher des DoctorS den Weg ge nau kannte. Nach fünf Minuten er reichten wir einen freien Platz mit drei großen, dunklen hohen, Lebensbäumen, und der Wagen hielt vor einem vierecki gen gelbe» Gebäude. Eine breite Stein treppe führte zu dem sich eben öffnenden Hausthor, aus dem uns die große, breitschultrige Gestalt des Haus herrn cntgcgenschritt. Ein Mann mit einer Mütze, wahrscheinlich ein Gärtner, trat nun auch hinzu und öffnete den Wagenschlag. Willkommen, meine Herrschaften! Etwas durchgefroren, gnädige Frau ? Wie geht'S, Doctor ? Wendland nahm meine Hand und legte sie unter seinen rechten Arm. Ge folgt von meinem Manne und dem Arzt betrat ich nnn den großen viereckigen Hausflur. Der Mann mit der Mütze stand noch fragend an der geöffneten Thür. Ach so, wegen des Wagens! sagte Wendland. Ich denke um zehn. Was meinen Sie? wandte sich fragend der Doctor an mei nen Mann. Dieser stimmte mit ein, nnd der Mann mit der' Mütze entfernte sich. Gleich darauf hörten wir den Wagen davonrollen." Während mir ein kleiner Diener, der in seiner schlechtsitzenden Livree sich durchaus nicht behaglich zu suhlen schien, den Mantel abnahm, sah ich mich in dem Vorplatz nm. Grade gegenüber dem Eingang besand sich eine große Flügel khür, rcchksjmid links davonKleiderrechcn, auf der ciucii Scitc ciu Spicgcl, auf der andern ein Kupferstich. Zu beiden Seiten der Eingangsthür warcn zwci Fciistcr mit gcftrciftc» Vorhänge». Dic Thür rcchtS von dcn Fenstern stand weit gcöffnct.uud ich sah eine schwach beleuch tete Holztrrppe, dic iu das obcrc Stock werk sührte. Neben derselben schien noch cinc Thür zu sci, die iu ei nen mit den vorderen Zimmern in Ver bindung stehenden Eckranm führte. Von der Decke herab hing ein dreiaripi gcr Lcuchtcr mit Petroleumlampen, von dcinn nur zwci brannten. Als wir uus unserer Mäntel entledigt hatten, öffnete Wendland die große Thür gegenüber dem Eingang, und ich betrat deu dreifcnstrigen Salon, in dem ein behagliches Kaminfeucr brannte. Auf dem runden Tisch in der Mitte des Zimmers stand, umgeben von Albums und einigen Prachtwerken, eine große Lampe. Einen dieser Prachkbäiidc, in dem sie geblättert zu haben schien, zu klappend, trat nun Frau Wendland uns entgegen, cinc schlanke, schr jugend liche Erscheinung in einem schlichten schwarzen Scidenkleidc. Obgleich ich das Gcsichk nicht ordentlich sehen konnte, hatte ich doch sofort die Empfindung, einer schönen nnd eleganten Frau ge genüber zu stehen. Wir hatten kaum Zeit, einige flüch tige Redensarten zu wechseln, da öffnete auch schon der Diener die Thüren zn dein rechts gelegenen Speisesaal. An einem großen, geschlossenen Büffet stand ein Dienstmädchen, damit beschäftigt, die Suppenteller zu füllen. Wir nahmen an dem runden, ein fach, aber unständig gedeckten Eßtisch Platz. Wir Frauen saßen uns gegen über. Neben unserer Wirthin besand sich mein Mann, an ihrer andern Seite Doctor Berchner, während ich Herrn Wendland als Tischnachbar hatte. An dem starken Stallgeruch merkte ich, daß der Diener, der mir soeben den Suppenteller reichte, im gewöhnlichen Leben einen andern Beruf bckleivetc. Warum hast du denn dic neucn Scr 'victtcn genommen? sagte Herr Wend land. iiidcm er die seinige aufmerksam entfaltend über feine Kniee breitete. Sie müssen nämlich wissen, wandte er sich dann z» mir, daß dieses Damg/t -zeug vou seltener Schönheit und ganz besonders werthvoll ist. Mußte denn das neue Dutzend angerissen werden? fuhr er dauu zu feiner Frau gewandt fort. Peinlich von dieser erstaunlichen Kleinlichkeit berührt, wagte ich nicht, die arme Hausfrau anzusehen. Hatte ich doch schon bei der Begrüßung be merkt, wie besangen Fran Wendland war, und wie man ihr die Ungewohnt heit, Fremde bei sich zu sehen, anfühlte. Die warme Suppe wird uns nach der kalten Fahrt gut thun, unterbrach Doctor Berchner die kurze Pause und verhinderte so Frau Wendland, ans die ungeschickte Frage ihres Mannes zu antworten. Mein Maiin war sichtlich bemüht, seine Dame zu zerstreuen, und auch Herr Wendland erzähltAniir von aller lei mir ziemlich gleichgiltigen Dingen so breit und ausführlich, wie nur mög lich. Das Essen war gut. Nur noch einmal trat die Kleinlichkeit unseres Wirthes hervor, beim Braten, als die Reihe an den Sekt kam. Meine Fran hak Ehampagncrgläser hinstellen lassen. Ich denke, wir lassen eine Flasche heraufholen. Was meinen Sie. meine Herren? Mein Mann uud Doctor Berchner behaupteten, lieber beim Tischwein blei ben zu wollcu, und da auch ich mich dicscm Wunsche anschloß, so wurden ohne viel Nölhigungen die schmalen Sectgläser fortgenommen, nnd, B'cnd land schien sichtlich beruhigt, nicht ver anlaßt worden zn sein, eine kostspieli gere Marke geben zu müssen. Nach Tisch nahmen wir den Kaffee in dem Mittelsalon, in dem uns Frau Wendland empfangen hatte. Für ein paar Minuten kam das fünfjährige Söhnchen, von einer großen unfreund lich aussehenden Kindersran geleitet, ins Zimmcr, ein schüchternes niedliches Kind mit blauen Augen nnd krausen, dnnkcln Haaren. Der Bater lüßte cs, schankclte cs auf dcn Kniccn. versuchte, vein Kinde einige Kuuststückchen zu ent locken, nnd schickte cs, da cs sich wider spenstig zeigte, schließlich wieder hinaus. Mir fiel auf, wie kühl und gleichgiltig die Mntter sich dem Kinde gegenüber verhalten hatte. Tann zogen sich die Herren in das Spielzimmer zurück, uud wir Frauen saßen uns, wie oben er wähnt, am Kamin gegenüber. Jetzt erst hatte ich Muße, mir Frau Wendland genauer zu betrachten. Sie war eine schlanke, mittelgroße Fran mit einem auffallend schön gesonnten Kopf. Kastanienbraunes, sehr welliges Haar war schlicht, in der Mitte gescheitelt, zu einem englischen Knoten zusammenge nommen. Sie hatte besonders schön geschwungene dunkle Brauen und lange Wimpern beschatteten die tiefblauen Augen. Das Gesicht war oval. Sie sah sehr blaß aus, und der leidende Zug um ihren Mund paßte so gar nicht zu den Grübchen in Kinn und Wangen, die sich bei jedem freundlichen Lächeln zeigten. Sie hatte etwas Schlankes, Mädchenhaftes in ihr« ganzen Erschei nung, und hätte cs Doctor Berchner im Wagen nicht behautet, ich Hütte sie für viek jünger als dreißig Jahre gehalten. Sie fühlen sich wohl oft recht einsam hier aus dem Lande? fing ich nun das Gespräch mit der mir entschieden sym pathischen Fran an. Sie blickte auf ihre schmalen, schön gepflegten Hände, strich niit der einen wie glättend über die andere—eine Ge wohnheit, dic sie beim Sprechen zu ha ben schien —und sagte dann mit weicher halblauter Stimme: O ja. Aber Einsamkeit ist doch im mer bcsscr als schlechtc Gesellschaft, und cs ist so schwcr. Lcutc zu finden, mit dencn man sich behaglich fühlt. Warum ziehen Sie sich aber auch so zurück? Wer sich der Einsamkeit ergibt, ach, der ist bald allein. Und ich dächte doch, Sie sollten leicht einen Kreis von liebenswürdigen Menschen um sich ver sammeln können. O, es ist doch schwerer als man denkt, und wir wohnen so weit von der Stadt. Und mein Manu liebt keine Gesellig leit. Und ich bin auch oft leidend. Sie schwieg. Das waren allerdings Gründe genug, viel zu viel, als daß ich einen ernsthaft hätte nehmen können. Die Befangen heit der Frau nahm auch mir meine sonstige Leichtigkeit im Verkehr mit Fremden. ES wurde mir schwer, Ge meinplätze zu sagen, nnd um Persön liches zu sprechen, kannten wir uns zu kurze Zeit. Nach einer kleinen Pause sagte Frau Wendland, mir freundlich, aber traurig iu die Augen gehend: Ich fürchte, die Zeit wird Jhncn bis zeh" Uhr mit mir sehr lang werden. Es sind noch über zweieinhalb Stun den. Ich bin so unbeholfen gewor den, so gar nicht mehr daran gewöhnt, mich zu unterhalten. Das kommt, wenn man so viel allein ist und denkt, da verlernt man, die Gedanken auszu sprechen. Wenn ich nur wüßte, womit ich Ihnen angenehm sein kann, denn ich möchte es sehr gern. Ich, möchte, daß Sie nicht bereuen, mich kennen ge lernt zu haben. Soll ich Ihnen viel leicht etwas vorspielen? Als ich erfreut ihre Frage bejahte, erhob sie sich und bat mich, ihr zu folgen. Der Flügel steht oben in meinem Zimmer. Ich habe ihn hinaufbringen laffcn. Hier unten wird nur Sonn tags geheizt, und ich musicire sehr viel. Dabei schritt sie mir voran durch das jetzt halbcrlcuchtcte Eßzimmer, das die Ecke des Hauses bildete. Sie öffnete die den Fenstern gegenüberliegende Thür, nnd wir befanden uns nun in dem Raum au der Holztreppe, die ich bei unserer Ankunft bemerkt hakte. Nur Sonntags geheizt, dachte ich, während ich die steile, knarrende Treppe, meiner Wirthin folgend, emporstieg. Wie wenig paßte die,in ihrem Wesen so vornehme Frau zn dieser spießbürger lichen, einfachen Umgebung! Alles war so unbehaglich und unfreundlich in dem Hanfe, überall konnte der harmloseste Beobachter die Spuren von Sparsam keit nnd Engherzigkeit bemerken. Sollte das wirklich nur die Schuld des Man nes sein? Warum ergab sie sich aber so den Wünschen, warum erstritt, erbat, erreichte sie nicht irgend eine Aenderung? Diese stillduldende Ergebung war mir unverständlich. Fran Wendlands Zimmer befand sich über dem Salon. Es enthielt nur we nige Möbel und war daher ganz ebenso ungemüthlich, wie alle übrigen Raume des Hauses. Ein Flügel stand in der Mitte des Zimmers. Am Mittelfenster befand sich ein Schreibtisch, umgeben von einigen Topfgewächsen, hohen Pal men nnd einer Epheuwand. Während Frau Wendland, die eine mitgebrachte Lampe auf den Flügel ge stellt hatte, damit beschäftigt war, den letzteren zn öffnen und von den darauf liegenden Noten zu befreien, trat ich an den Schreibtisch und besah die darauf befindlichen Photographien. ES waren lauter recht gleichgiltig aussehende Herrschaften, wahrscheinlich Berivandte. Dann blickte ich durch's Fenster hinun ter in dcn Garten, der sich vor dem Hause wie eine dunkle Masse ausbrei tete, und über die Bäume hinweg in die nachtuinhüllte Landschaft. Kein Licht war, so weit das Auge reichte, zu erblicken, tiefe Stille uud Nacht riuds umher. Welche Einsamkeit! Jch wangte den Kopf, um nach meiner Wir thin zu schauen, die schweigend hinter mir stand. Ich denke, Schumann oder Chopin wird Ihnen jetzt auch am besten gefal len. sagte sie dann, an dem Flügel Platz nehmend. Ich blieb am Fenster stehen und lauschte hinausblickeiid den mir wohl bekannten träumerischen Klängen. Und wie schon oft in meinem Leben wurde ich durch die Macht und Har monie der Töne in eine wunderbare, der Wirklichkeit entrückte Stimmung versetzt. Die Landschaft vor meinen Augen verlor plötzlich die nüchterne Gleichgiltigkeit, ein zauberhaftes, ge heimnißvolles Etwas lag über den dunk len Garten gebreitet uiid der helle Wol kcustreifcn in der Richtung nach der Stadt zu hatte einen verheißungsvollen Reiz. Ich wandte mich zn der am Flügel sitzenden Fran. Sie schien ganz in ihr Spiel versunken zn sein. Ihre großen Angen blickten unendlich traurig gerade aus in die Leere. Und unter dem Zau ber der wehmüthigen Klänge wurde mir auch plötzlich die noch kurz vorher Fremde eine nahestehende Bekannte; ich fühlte mich zn der schönen einsamen Fran hingezogen, sie erschien mir so rührend in ihrer Hilflosigleit, so trost bedürftig. Es war gut, daß sie mit Spielen aufhörte. Ich wußte nicht, wie lange sie gespielt hatte, mir erschien cs eine kleine Ewigkeit, denn ich hatte eine Wclt von Empfindungen durchlebt. Wir schwiegen beide. Tann ergriff sie meine Hand und sagte, mir in die Au gen sehend: j Wirkt Musik auch auf Sie? Ich hunderte, daß Musik mich Gk. radezu berausche, daß ich, durch fü gleichsam hiMotisirt, meine Seele wil. lenlos ihren Eindrücken hingeben müsse. , Dann geht's Ihnen ganz so wie mir. Lange Winterabende habe ich so durch mein Spiel, der Gegenwart entrückt, in einem Traumleben v- acht! llnt cs macht mich schr glü' /, endlich ein mal wiedcr mit stimmungssahi gen Wesen zusammen zu sein. Ach, Sie würden mich gewiß verstehen und mich beklagen ! fügte sie leiser hinzu. Ich will mich nicht in Ihr Vertrauen drängen, meine liebe Frau Wendland, und ich kann ja auch nicht annehmen, daß ich das einzige vcrftündnißvollc, Jhncn freundlich gesinnte Wesen bin, das sich Ihnen nähert. Aber seien Sit versichert, daß ich Ihnen von Herzen gern nützlich fein würde, sollte eS irgend wie in meiner Macht stehen. Ich habe Niemand, auf den ich mich verlassen kann, Niemand. Ich werde wie eine Gefangene bewacht. Selbst meine Briese gelangen erst, nachdem si< mein Mann besichtigt hat, an mich. Das ist ja unerträglich! rief ich em pört. Denn ob niit Recht oder Unrechi das Verhalten Herrn Wendland feiner Frau gegenüber erschien mir im höchsten Grade unwürdig. Ist das Mißtrauen eines Gatten erst soweit ge diehen, daß er sich durch dergleichen Maßregeln seine Frau zu erhalten sucht, so erscheint Trennung und offe ner Bruch nur noch das einzig Rath same. Sie schien meine Gedanken zu er rathen. Ja, cs ist auch unerträglich, und es darf nicht mehr länger so fortgehe» Sie sind mir vom Himmel ge, ,udt. Es ist mir ein Wink dcs Schicksals, daß Sie gerade heute, gerade heute zv uns gekommen sind. Kann ich mich wirklich auf Sie verlassen? Ich überlegte einen Augenblick. De, Zauber, deu dic Musik auf mich ans. geübt hatte, begann zu schwinden. Ich w« ruhiger geworden, und ollgloich ich noch immer eine.starke Theilnahme für die reizende Frau vor mir empfand, sc war ich dennoch im Stande, die Ver antwortung nnd möglichen Unznträg lichkeitcn zn übersehen, in die ich dnrck eine zu warmherzige, unüberlegte Handlung oder Zusage gelangen konnte. Ich antwortete daher etwae zögernd: Wenn es in meiner Macht steht, sehi gern. O, es steht in Ihrer Macht, cs if eine Kleinigkeit für Sie, ohne jede Per antwortung! Wollen Sie mir einer Brief besorgen? In die Stadt? Ja, ohne daß ihn jemand ander, als Sie zu Gesicht bekommt. Morger früh muß ihn der Betreffende haben. Soll ich ihn durch einen Boten fchik. ken oder selber gehen? Nein, cs ist besser durch die Post Wenn Sie ihn heute Abeud noch odei morgen ganz früh in Breslau in der Kasten werfen, erreicht er fein Ziel uir neun Uhr. Wollen Sie es 'hun? Ei hängt viel, sehr viel davon ab. Ick habe keinen andern Boten, Helsen Sil mir, helfen Sie mir, ich danke e< Jhncn, so lange ich lebe. Mittlerweile war cs unten lauter ge worden. Stühle wurden gerückt, Stim men kamen näher. Frau Wcudlaiit zog hastig ciucn Briefumschlag aus dei Tasche. Schritte auf der Treppe wur den hörbar. Um Gottes willen, nehmen Sie mein Mann! Ich hatte nur noch Zeit, den Briej in dcn Falten meines Kleides verschwin dm zu lassen, da trat auch schon de> Herr des Hauses ins Zimmer. Wae es mein böses Gewissen oder die Nachwir kung unseres Gespräches, es kam mii vor, als ob uns Herr Wendland mi einem eigenthümlichen mißtrauischer Blick musterte. Seine Frau machte sick mit nervöser Hastigkeit am Clavier zr schaffen, schloß cs und ordnete die No ten, während ich mich möglichst Harm los erkundigte, ob das Kartenspiel schor beendet sei uud cs bereits Zeit ivare, aufzubrechen. ES freut mich, daß Jhncn die Zei bei nns nicht lang geworden ist, meiiv gnädige Frau. Darf ich bitten. Ei bot mir feinen Arm, um mich hiuun terzuführen. Die Herren erwarten Sie. Der Wagen muß allerdings gleich vor fahren. An der Thür wandte er sich zu seine, uns folgende» Frau. Helene, willst du nicht die Lampe et was herunterdrehen? Es gescha'. Unten im «alon standen mein Man, und Doctor Berchner. Sie empsingei Fran Wendland mit allerlei Höslichkci ten über ihr schönes Spiel, diß sie troj der Entsernung doch noch gut vernoni men hatten. Frau Helene dankte mit erzählte mit einem glücklichen Lächeln wie ich es noch nicht bei ihr bemerk hatte, daß sie sich zwar herzlich sreue, sich de» Beifall der Herren erworben zr haben, daß sie aber hoffe, dem hentiger Abend viel mehr zu danken, nämlicl eine liebe Freundin. Du leimst ja meine Begeisterung süi gute Musik, Frau Wendland hat mick mit ihrem Spiel entzückt, setzte ich, der fragenden Blick meines MaiincS bcaiit wortend, hinzu. ES wurdcu noch die üblichcn allgc nicincn über Musik Talcut, Dilettantismus, Concerte unl Oper gewechselt. Frau Helene bethe, ligte sich an der Unterhaltung mit eiuei nur mir bemerkbaren. Zerstreutheit, Sie hatte verschiedene Male vergeblict versucht, in meine Nähe zn kommeiu! I" hatte mir noch etwas zu sagen, ich fühlt, cs. Aber ihr Mann verhinderte e5 stetS; ob zufällig, ob absichtlich, konnt, ich nicht utttcrschciden. Als ich Frau Helenen die Hand zum Abschied reichte, sah sie mir so flehend in die Augcn, daß ich sie zu beruhigen suchen wollte. Seien Sie unbesorgt, liebste Frau, sagte ich leicht, ich besorge Hhnen vie Roten. Hast du Coimnissionen in der>Stadt? Die konnte ich dii doch besorgen, ivandte sich nun WendlaiÄ erstaunt an )eine Frau. Diese erröthete Vervegen. Zum Glitck half ihr mein Mann. Wissen Sie denn nicht, Herr Wend land, daß Frauenfreundschaften immer mit irgend ss etwas wie Bücherborgen und Schiicidcradressen anfange«? Oder mit Vertraulichkeiten ui!>» Kla gen aus ihrem häuslichen Lebew, sagte Wendland in einem scharfen, unfurund lichen Tone, ohne seine Frau anzusehen. Kenne das! rief der Doctor. „Wie enggebunden ist des Weibes GlÄck! Schon einem rauhen Gatten zu gehor chen" li. f. w., klagt schon Schillers Jungfrau. Aber es ist spät, meine Herr'chafteii, ich muß morgen früh aus Praxis über Land. Wohin? Könnten wir nicht zusam men fahren? Ich habe auch morgen ein paar Meilen vou hier zu thun, meinte Wendland. Ich sahre in die Richtung von Schweidnitz, sagte der Doctor. Und ich habe in Lissau zn thun, er widerte Wendland, das ist grade entge gengesetzt. Schade, cs wäre sonst ganz nett gcwcscn. Kommen Sie gut nach Hause. Gute Nacht! Gute Nacht! Die Wagenthür wurde zugeschlagen, die Pserde rückten an, in wenigen Se cunden war die geöffnete Hausthür mit den dunkeln grüßeuSen Gestalten, die hellen Fenster verschwunden, und wir sichren durch den finstern Park dem Ausgange zu. Es war still und dunkel im Wagen. Mir gegenüber leuchtete nur dann und wann wie ein brennender Punct die Cigarre des DoctorS. Mein Mann und ich saßen zurückgelehnt, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Der Brief in meiner Tasche brannte, ich hatte ein unbehagliches, unheimliches Gefühl, als stünde ich am Vorabend eines Unglücks. Obgleich ich ' inniges Mitleid für die schöne Frau, die wir soeben verlassen hatten, empsand und durchaus nicht zu den Entsagung predigenden Tugend heldinnen gehöre, hatte ich doch die zwar noch verworrene Empfindung, daß Fran Helene mit dem Brief, dessen Uebermittlcrin ich da fast gegen meinen Willen gcwordcn war, einen Schritt that, der besser uugethan blieb. Hütte ich Zeit gehabt, ich Hütte, ohne den In halt des Brieses zu kennen, versucht, sie zu bestimmen, ihn nicht abzusenden. Aber jetzt war es zu spät. Ich hatte die Besorgung übernom men. mein Versprechen gegeben. Ge schehe was da wolle, sie hatte ja Zeit zur Ueberleguug gehabt. Was giug's mich an! Ich wußte von nichts, wußte nicht, was in dem Briefe stand, nicht einmal, an wen er gerichtet war. Ich war nur eine Vermittlnngsanstalt, leistete ohne jede Verantwortung eine Gefälligkeit, die ein jeder für seine freundliche Wirthin gehabt hätte, auch mein Mann. Ob ich'S ihm sagte? Nein, das wäre Vertrauensbruch ge wesen. Wie merkwürdig, daß Frau Helene den Brief bei sich in der Tasche getragen hatte! Sie schien doch da raus vorbereitet gewesen zu sein, ihn mir zu geben. Alles wohl überlegt! Da brauchte ich wirklich keine Unvorsich tigkeit zu befürchten. Und schließlich hat' sie gewiß recht. Das Leben an der Scitc dieses Mannes schien sehr schwer. Er verdiente vielleicht eine Strafe, lind cs war für mich ja noch zar nicht erwiesen, daß der Brief eine solche zur Folge hatte. Er konnte an einen Avocaten oder an ein Familien mitglied gerichtet sein. Warum ich auch immer glcich an Schlimmeres dachte! Wir waren an der Biegung des Weges, da, wo wir aus dem Sand weg auf die Landstraße kamen, ange langt. Diesmal hatte der Kutscher den Felssteni vermieden. Da lag er, auf der dunklen Straße ein noch dunk lerer Fleck. Es wurde im Laufe der Fahrt nur wenig von uns dreien gesprochen. Die Herren schienen müde zu sein, und ich hielt cs sür gerathen, um alle Fragen über Frau Helene zu vermeiden, mich ebenso zu stellen. Der Wagen hielt vor unserem Hause. Wir trennten uns vom Doctor, mein Mann schloß die Hausthür auf, zündete ein Wachsstrcichhölzchen an und ging die Treppe leuchtend vorauf. Ich dachte wohl an den Briefkasten im Hause ne benan, aber es wäre unmöglich gewe sen. denselben ohne Wissen meines Mannes zu erreichen. Ich sah wieder einmal, wie schwer es oft für eine Frau ist. die geringste, einfachste außerge wöhnliche Handlung geheim zu halten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Für henle Abend war es also unmöglich, und es blieb mir nur der früheste Mor gen. Ich schlief die ganze Nacht sehr un ruhig, in der Befürchtung, die Zeit zu verschlafen. Der Brief mußte perfön lich zum Briefkasten besorgt werden und mit der ersten Post seine Adresse errei chen. Davon hing alles ab. Das hatte ich wohl bemerkt. Ich hatte das Kleid, in dessen Tasche ich ihn der Sicherheit wegen gelassen, nicht zum Reinigen hinansgcgeben, sondern es bei mir im Zimmcr behalten. ES war noch ganz dunkel, als ich, von Unruhe getrieben, mich leise, um meinen Mann nicht zu wecken, erhob. Herzklopfens, als beginge ich eine böse warf ich mir ein Morgenkleid iber. Das Rauschen der Seide, als ich den Brief aus der Rocktasche zog. erschreckte mich. Wie eine Diebin stahl ich mich aus dem Schlafzimmer hinaus auf den finsteren Korridor. Die Flur tyür lulirrle laut. Wenn mein Mann sas hörte und herauskäme, um nachzu sehen. was es gäbe! Ich stand einen Augenblick athemlos wartend vor der Treppe. Alles blieb still, er hatte nichts zehört. (Fortsetzung folgt.) Diebessicher» Yxprekwaggon». Die vielen erfolgreichen Räubereien, weiche verwegene EisenbalMicbe gegen Waggons der verschiedenen Expreßge sell schastcn in letzter Zeit ausgeführt haben, legen eS dcn Directiomn dieser stir die Beförderung von Gel» und Geldesiverth so außerordentlich wichti gen Handelsikklternchmiingcn, wie es die ExpreßgcfcUschaften fiiid, dringend nahe, anf Abhilfe zu sinnen. Doch wie? Feuerfeste Ge-dschränke, gute Bewaffnung dcr begleitenden Beamten hcvSen sich a! 5 uncyniügender Schutz er wiesen. Der Angreifer, der mit Ge» dulS seine paffende Gelegenheit abwa» tet, ist vor d«m Wächter deshc'klb stets im Vortheil. Man kann andererseits von d«sem anh nicht dcn HeroiSmuS' verlangen, daß' er dem moralischen Zwange, den ein an die Stirn gedrück ter sechÄänsiger Revolver auf den Be drohten auszuüben pflegt. Trotz bietet und sich lieber niederschießen läßt, als dem srechen Räude, dic Schlüssel zum Tresor auszuhändigen oder denselben gar selbst zu öffnen. Der wirtsame Schutz liegt deshalb nur in der Unmöglichkeit jedes wirksa men Angriffs auf den Expreßwaggon elbst,olii'daßescinesdircctrn uud stets mit persönlicher Gefahr höchsten Grades verknüpften Eingreifens der Expreß- Bcdicnstctcn selbst bedarf. Um das Interesse erfinderischer Ge nies an dieser Aufgabt anzuregen, setz ten die beteiligten Expreß - Gesellschaf ten, namentlich die American, die Adams und die Southern, einen nam haften Preis für einen praktischen und ausführbaren diebessicheren Expreß- Waggon aus, sür welchen, denn auch bereits gegen 200 Entwürfe beimSecre tär Flagg zu New ?)ork eingelaufen sind. Meist haben sich Expreßleuke selbst an dicscm Wettbewerb betheiligt. Leider machen die meisten« Entwürfe mehr der Phantasie, als dem praktischen Sinne ihrer Erfinder Ehre. Da ist z. B. der oben abgebildete Entwurf, ivelcher den Expreßwagen in einen stahlgepan zerten Monitor auf Rädern verwan delt, gekrönt mit einem leicht beweg lichen Drehthuri», aus welchem die bi» an dic Zähne bewaffneten Beamten AuSgnck halten. Vier gezogene acht pfündige Kanonen beschützen das Pedal der bedrohten Beamten, uud operiren nach Art einer Kugelspritze, ihre tod bringenden Geschosse nach allen Rich tungen der Windrose versendend. Auch mag dem geistreichen Erfinder das be kannte Bechstein'sche Märchen vorge schwebt haben, in welchem ein General mit einem zauberhaften Dreimaster vorkommt; wenn der General ihn auf dem Kopfe rückt, so knattert und don nert verderbliches Musketen- und Feld schlangen-Feuer nach allen Seiten. Die Idee eines stahlgepanzerten Schiffes auf Rädern hat merkwüÄiiger Weife bei recht vielen Entwürfen Ge vatter gestanden. Nur vergessen die Herren Erfinder eine Kleinigkeit, näm lich das Gewicht. Ginge cs nach ihnen, so müßtcn sämmtliche Waggons doppelt so stark gekuppelt und eine besondere Locomotive zum Fortschleppen dieser rollenden Panzerschiffe eingespannt wer d'en. Auch möchten solche Stahlkolosse auf starken Steigungen leicht den gan zen Zug mit sich in den Abgrund rei ßen. Bekanntlich bedienen sich die Räuber neuerdings des Dynamits oder Roburits, um die eisernen Tresors, zu denen der begleitende Beamte oft genug nicht den Schlüssel besitzt oder die in Folge der Anbringung eines Zeit schlosses erst nach Ablauf einer gewissen Zeit geöffnet werden können, zu spren gen. Betriebsinfpector Rudisdel von der llnited States-Erpreß in der Ansicht, daß nur ein stahlgepanzerter, stets ver schlossen gehaltener Expreßwaggon ge gen räuberische Angriffe sicher ist. Des halb sei es nicht besonders zn empfeh len, allzuviel Kapital auf sinnreich« Eonstruction von Geldschränken zu ver wenden. Sei es den Ranbern vom Schlage Perrvs oder Slhs- erst gelun gen, in das Innere einzudeingen, so sei trotz der schönsten Eonstruction der Schränke eigentlich Alles verloren. Man solle deshalb auf Verstärkung der Bemannung bedacht fem und gebe den Beamten gemessene Instruction, für Niemand den Waggon, außer den ihnen bekannten Bevollmächtigten der Gesell schaften. zu öffnen. Vorwurf. Dienstmädchen /zum Liebhaber): Aber Franzi, so lange hättest Du mir doch treu bleiben können, bis ich einen Anderen siude. Weli »d ie S- nn esche i n t, I schaut kein Mensch de» Sternen. 3
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