2 «in Eoneurrent MaScagniS. Aus Rom wird bcrichkck: Unter den an dcr von Herrn Son zogno ausgeschriebenen Opernconcur renz, ans welcher Pietro Mascagni als Sieger hervorgegangen ist, hatte sich auch ein j»»ger Neapolitaner, Umberto Giordano, mit einem rinactigen Wcrk betheiligt. Giordano erhielt keinen Preis, abcr die Jnr» gewann bei der Durchsicht scincr Arbeit die Uebcrzcu yung, daß sich in dcrsclben cin unge wöhnliches Talent, dcm die Zcit znr Rcisc gesehlt habe, offenbare und Hcrr Sonzogno bcaustragtc dcu luugcn Mn sikcr, ihm cinc ncne Opcr zu schrcibcu. Giordano erklärte sich dazu bereit, uud Daspuro, welcher Mascagni den Text zu Amico Fritz geliefert hat, schrieb auch ihm cin Libretto, das ans dcn BolkSseenen v!t»" von S. di Giaeomo und G. Eognetti entlehnt ist. Jüngst hat das Werk im Argenti natheater mit ciitschicdencin Erfolg die Fclicrprobc bcstaiide» »»d die Auffas sung dcr Jury bestätigt, daß Umberto Giordano cin beachtcnswerthes Talent sei. Mehr zu sagen, wärc Uebertrei bung. Au dcm Erfolge dcs drciaetigen Melodramas so nennt Giordano sein Werk hat zweifellos, wic bci Mas cagnis Erstlingswerk,das Libretto cinc» hcrvorragcndcn Antheil. Dcrarligc Sccncn, wclchc das Lcbcn des Volkes in allen Aeußerungen scincr ungezügelten Lcidenschast mit packender Realistik veranschaulichen, wcrdcn aus dicscs Auditorium stcts cincn gewalti gen Eindruck machen. Vito gelobt Christus, ein gefallenes Weib zu Heira then. wenn er ihn von seinem schweren Brnstleidcn genesen läßt. DaS ist cin allcr neapolitanischer Brauch: deu rcui? gcu Süiidcr» schic» cs cinc Gott wohl gefällige Sache, cinc andcrc Scclc zu rette», und das Volk hielt die Ehe lichung einer Dirne für gerechte Buße beg> :gener Schuld. Vito sieht auch bald eine schöne Sünderin, Christina, die er begchrenswerlh genug sindct und die ihn mchr als AllcS aus dcr Welt zu licbcn verspricht, wenn cr sic der Schande entreißt. Vito ist aber der- Gclicbtc der Amalia gewesen, dcr Frau dcS Anncticllo, und in dcr Brust diescs Wcibcs, die sich cince Dirnc gcopscri sicht, lodcr» allc Flammc» dcr Eifer sucht empor. In leidenschaftlicher Verblendung fordert sic von Eristina, daß diese Vito entsage, aber Eristina weist diese Zn muthuiig mit kühler Verachtung von sich. Da begibt sich Vito zu Amalia, um diese zu bitten, Kristinen nicht zu verfolgen, Amalia beschwört ihn, sie nicht zu verlassen, sie weint an seinem Halse und umklammert bebend scine Knie, bis Vito von der alten Leiden schaft ergriffen wehrlos an ihrc Brust sinkt. Eristina ist geopfert, das Ge lübde vergessen, anstatt mit der Gefalle nen, deren Seele cr retten wollte, zieht Vito mit dcr Ehebrecherin nach Piedi grotta nnd Eristina bricht ohnmächti zusammen, während in der Fcrnc die Töne der neuesten Eanzone verhallen. Giordano hat für diesen Vorgang die entsprechenden Melodien gesunden, vier Nummern mußten wiederholt werden und drcinndzwanzig Mal wnrdc der Eomponist vor die Rampe gerusen. Das war gewiß übertrieben, aber cin Theil des Publikums schien mit dcr Ab sicht in's Theater gegangen zn scin, cinen neuen Meister zu entdecken. Aber unstreitig ist Gioroano ein Musiker von guter Schule und scin Melodrama gibt nach dcr technischc» Seitc zwcisclloS weniger Grund zu Ausstellungen, als Mascagnis Erstlingswerk. Lein musi kalischcr Gcschmack und scin Talent of fenbarte sich in überzeugendster Weise in dcm Gelübde Vitas, das von ergrei sender Gewalt ist, in dem leidcnschaft durchglüthcn Duett dcr beiden Neben bühlerinnen und in dcr Schlußscene Christinens, dic außergewöhnlich stim mungsvoll instrumentirt ist. Zu deu gelungenen Nummern gehört auch die Musik zu dem Fest von Piedigrotto und das Präludium zum dritten Akt, die übrigen Nummern ragen durch nichts hervor. Abcr sür einen dreinndzwan zigjährigen jungen Mann bedeutet la vita" ei» schönes Verspreche» sür die Zukunft. Die drei Seiden. Es saßen drei Trinker gemüthlich beim Wein, Die zechte» »och spät um die Wett' Da lallte der erste mit funkelnder Naf': »Mein Drache liegt heut' schon im Bett!" .Prost, Brüder" da stießen sie fröh> lich an Und sagte gar höhnisch dcr zweit': „Heut' ivcnn's ihr nicht recht ist heut' sag' ich ihr 'was Hcut' kommt es noch sicher zum Streit!" Und dcr drittc, der brummte im schnur rigen Baß: „Nun werf' ich dcn Schlappschuh ihr hin, Jetzt möcht' ich doch wissen, ob ich oder sie Im Hause Befehlshaber bin!" Als aber dic Mitternacht nahte heran. Wie war's da so plötzlich ganz ans: Da schaute wohl einer den anderen an, Doch traute sich keiner nach Hans'. Dickfellig. Nichter: Wie sind Sie zn dem Loch im Kopf gekom men, Zeuge? Zeuge: Ick weeZ uich ijenan, Hcrr Jcrichtshof, ick hab schon von Kind an so was an Kopp, aber et kann och sind, det et davon kimmt, det der Anjcklagtc mir mit det Bierjlas nssii Korp jehaun hat. Auch cin Bescheid. Pro sessor: Lieber Hcrr Kandidat, ich habe mich über Ihre kuriosen Anlworlcn so amüsirt, daß ich Sie im nächsten Jahr mit Vergnügen noch einmal prüscii Werde. Ueberltstt». Noch nicht lange lag cr in HHmenZ Rosciifcsscl», dcr lcbcnssrohc, wohlbc stellte Hcrr Rittmeister Franz Schcsser, als slolter Licntcnant sriihcr allgcmciu bekannt und gclicbt unter dem Namen' Dcr schöne Franz. „Ja srühcrl" Er hatte bcinahc täuschende Achnlich kcit mit einem Seufzer, dieser unbe wußt seiner Brust entschlüpfte halb laute Ausruf und crfchrockcn sah cr sich nm, ob außcr ihm ihn auch Niemand vernommen. Nein, Gottlob, cr war allein in dcm reich und stylvoll ausge stattctcn Herrenzimmer; nur die große chinesische Pagode ans dcn, Kaminsims grinste ihn höhnisch an »nd nicktc ver ständnißinnig mit dcm dicken, bezopfte» Schädel, „Ja, früher, schöner Franz," schien es über die breitgezogcnen, dünnen, ko rnllcnrokhen Lippen zu kommen. „Ab scheuliche dumme Fratze, was glotzst du mich so unverschämt an?" Ärgerlich sprang de-r Rittmeister auf und warf den ebenfalls stilvollen Antimacassar seines Fanteuils über das unermüdlich nickende und lachende Ungeheuer. WaS war denn hcnte nnr in ihn ge fahren? Erftannt gab dcr große Trn mcail fein mißvergnügtes, melancholi sches Antlitz zurück. Er, der vielbenei detc, reiche, schöne Franz, seit Kurzem auch noch Besitzer eines jnuge» bild schöne» Weibchens, in, glücklichsten, seligsten Fliltcrwochenstadium, anbe tend »nd angebetet, und doch so schlech ter Laune? Ja, was fehlte ihm denn heute eigentlich? Gewiß war cs nur die momentane Abwesenheit seiner geliebten Else, die schweren Herzens ob der lan gen Trennung einer Theeeinladung dcr Frau Major hattc solgcn müssen. Ge wiß, natürlich, sicherlich, das wird cs scin, suchte er sich selbst zu beruhigen, aber keine fünf Minuten hielt die fromme Selbsttäuschung Stand und mißmuthig blies cr wieder dcn Danips seiner Regalia in die Luft. Und in dcn feinen, blauen Ringen entstanden in duftigen Nebel gehüllt, verklärt vom Scheine dcr Erinncrung, lockende, schöne Bilder der Vergangenheit, aus jener herrliche», selige» Zcit, „Ivo dcr Him mel so blan, das Herz so weit", wo im Kreise lustiger, sideler Kameraden cr ihr Hcld, ihr Anführer nein, cs war nicht mehr zu ertragen! Er sprang auf, jetzt wußte cr plötz lich, was ihn bewegte: Heimweh, tiefes, tiefes Heimweh halte ihn erfaßt ver zeihe süße, himmlische Else'! nach dcr freien, ungcbiiiideiien, selig durchlebten Junggcsellcnzeit! Nicht, daß cr den Schritt in dcn roscngcschmücktcii Tcm pcl Hymcns bcrcntc, da sei Gott vor, ein so holdes, herziges Wesen wie sein Weib gab es ja nur in dieser einzigen Auflage auf dcm Erdenrund, aber „nichts ist schwerer zu ertragen, als cinc Reihe von schönen Tagen", unmöglich konnte er den unsterblichen Goethe Lü gen strafen und der süße, zarte, aber doch manchmal gefühlte Druck eines mit himmelblauem Atlas gefütterten Pan töffelchens, dcr sich in dcr Erinnerung nicht so gut machte, wie die Bitdcr ans der Jugendzeit! Doch horch! Die Glocke schellt, sollte Else schon zurückkehren? Nein, eine so nore Müiincrstiminc fragt »ach ihm, gleich darauf ein heftiges Pochen a» seiner Thür und ohnc das „Hcrcin" ab zuwarten, stürmt scin treuer Frcinid und Kamcrad Rittmeister Münzer, in Begleitung seines von ihn, nnzertren»- lichcn Windspiels, cin »rsidclcs, lustiges Haus, dcsscu stattliche Erscheinung iu der Fata Morgana vorhergesagter Re galia in keinem Ringel gcschlt hatte und mit dcm cr niaiichcs Licbcs niahl genosfcn, hcrcin. Herzlich bcgrüßt Franz seinen alten Kameraden, um so herzlicher, als cr ihm von ganzcr Scclc dankbar ist, daß er ihn scincr trübscli gcn Stimmung entrissen. „Wo ist Deine Gebieterin, alter Ka merad? Nicht zu Hause ? Kommt erst heut Abend spät ? Famos—famos verzeihe meine Ricsenfreiidc darüber aber ich bin Herges! tirzt, nm Dich nach allen Regeln der Kunst zu entführe», uud kciu abcr gilt, einfach kategorischer Imperativ. Und nun mache Toilette, ich sage Dir, cs gibt cincn Hauptspaß ! —ExguisitcS Souper mit Wittwe Cligut vou A bis Z. Auserlesenste Gesell schaft, lauter alte, gute Kameraden von unserem früheren Regiment—" „Von früher!" Franzens Augen beginnen zu leuchten. „Na, alter Freund, nnn unterbrich mal gütigst Deinen Wortschwall und sage endlich vernünftig, was denn „loS" ist. Du weißt, so ganz frei kann ich nicht über mich verfüge», (seufzte da Jemand?) meine Frau erwartet be stimmt. mich zu Hause zu treffen, wie himmlisch gut sie ist, ist Dir ja bekannt! aber —" wieder klingt ein merkwürdi ger Brustton durch das Gemach. „Hm. hm—allerdings fataler Fall— na, setze Dich mal her »nd nun wollcn wir eiligst die Deckel unserer Gehirn kasten öffnen nnd ihren köstlichen In halt entströmen lassen. Wir haben ja doch früher so manches Heldenstückche» zu Wege gebracht, warum sollte uns denii^ gerade heute unser Eentralorgan im Stiche lassen? Mit mir mußt Du, da Hilst Dir kein Gott und kein Pan toffel!" Nun begann eine eifrige Berathung, immer schwächer wurden Franzens Ein wände, immer leuchtender uud begehr licher seine Blicke. Ach, nur einmal wieder srei sein, nach einmal den Becher seliger Lust an die Lippen setzen dürfen, noch einmal sich auslobei, im Kreise lieber, treuer Jugcndgcnosscn und Ka meraden. wieder ihr Held und Anführer wie „früher"! „Ich Hab'S, ich Hab's," rief Münzer wie elektrisirt, „schnell Feder nnd Pa pier her und nun fetze Dich hin nnd schreibe": Mein süßer, theurer Herzensschatz! Ganz untröstlich bin ich, mein Dir gegebenes Versprechen, Dich zu Haus« zu erwarte», nicht erfüllen zu können! E'ne sehr sehr unierstrichcn —drin, gcndc, dienstliche Angelegenheit rnst mich noch zn so später Stunde fort ans unserem traulichen Nest, aber Dn weißt ja, mein angebeteter Engel, Königs die»st geht vor Miunedienst! Warte nicht auf mich, eS ist nicht unmöglich ja leider, leider wieder dick unter strichen sehr wahrscheinlich, daß ich so früh nicht zurückkomme» kann. Um Dich nicht in Deinem himmlischen Schlummer zu stören, werde ich die Nacht aus meinem Sopha zubriugeu. Lebe wohl, mein theures Leben, dic Pflicht rust! Tausend Küsse von Dcincm untröstlichen Franz. „So! Nun rasch eouvertirt und oann mit der Geschwindigkeit des be kannten Mokkakäfers verduftet!" Wie ein Automat befolgte Franz du Weisungen seines Freundes, ein Paar dunkelblaue, vorwurssvollc Augcn schwebten ihm vor und sein Gewissen begann sich mächtig zu regen. Doch nciii! Fort mit der unmännliche» Schwäche, was schadet es dcn» Elise, cinc kleine Nothlügc, pah!— Lange Zeit zum Ueberlcgcu ließ sein Vcrsüh rcr ihm ohnehin nicht, packte ihn kurz entschlossen unter den Arm und behut sam aus den Fußspitzen stahlen sich die beiden Uebelthäter ans dem Hanse. Kaum hatte sich aber hinter ihnen dic Thür geschlossen, so theilte sich an der gegenüber liegenden Wand dic schwcre fällige Portiere aus duukelrothem Sammet, die in das kleine Voudoir der Frau Rittmeister führte. Ein blondez Lockcntöpfchen Paar zornig blitzender, dunkelblauer Augen wurdc sichtbar nnd gleich darans stand dic Eigenthümcrin derselbe» in zisrsoriL mitten im Zimmcr, bebend vor Er regung. „Nein, es ist empörend, diese Falsch heit, diese Treulosigkeit, o ich zittere, ich siude gar keine Worte für dieser Assront" nnd verächtlich schleudert! sie den Brief,' dessen Inhalt sic Wort für Wort, Silbe für Silbe im Ncbeu zinimcr wie Keuleuschläge über sich Halle ergehe» lassen mnsscn, in das lodcrnde Kamiufcucr. Das war also dcr Tank dasür, daß sic. cin Unwohlsein vor schützend, den Thecabend bei der Frau Major früher verlassen hattc, weil sic es sich so schön ausgemalt hatte, ihren geliebten geliebten? nein, ihren ab scheulichen, heuchlerische» Man» zn überraschen. „O, ich armes, unglückliches, betro genes Wcib, doch gut, daß mir dic Au ge» geöffnet sind! Mich für so dilnini und vertrauensselig zu hallen, ha, ha, ha ha, eine dringende, dienstliche Angelegenheit, Abends um!) Uhr, na warte, mein verehrter Herr Gemahl, da sollst du dich doch verrechnet haben!" »Ja, jetzt wird es mir plötzlich klar" nun war wieder ein Monolog an dcr Reihe, „cr hat mich nie geliebt! Wie flehentlich bat ich ihn noch vor einigen Tagen um den schönen Brillantschmuck, der bei unserm Juwelier im Fenster liegt, er wußte, wie glühcnd ich mir ge rade diesen Schmuck wünschte und lä chelnd schlug er mir meine Bitte ab. Ja, wahrhaftig, cr lächcltc, wahrend mir dic Thränen in dic Augen sticgcn! Damals war ich noch ahnungslos, blind vcrtraucud, aber jctzt sche ich natürlich alles in anderin, in wahrem Lichte. Wenn cr mich je gclicbt hätte, dann wäre es ihm nicht möglich gewesen, mir „lächelnd, kalt lächelnd" einen so großen Herzenswunsch zu versagen!" Nun löste wieder die salzige Fluth das Selbstgespräch ab n»d als diese versiegte, war auch der Rachepla» iu Fran Elses Oberstübchen fertig. Anf keinen Fall wollte sic heute ihr Lager aufsuchen, sondern hier ans dem So pha, das ihr Herr Gemahl sich zur Ruhestätte zu wählen geruht hatte, wollte sie ihn erwarten, ihm seinen Ver rath vorwerfen und ihm rundweg er klären, daß nun alles, allcs aus zwi schen ihnen wäre. Mit dem ersten Frühznge würde sie ihn dann verlassen und in ihr Elternhaus zurückkehren. 'Das sollte seine gerechte Strafe sei» »icht ein Atom besser hatte cr es ver dient! Wie eine Märtyrerin wankte sie hi naus, ließ sich von ihrer Zofe in ei» behagliches, warmes Hausgeivand hül len, schickte dic gcsammtc Dienerschaft zu Bett uud legte sich dann seufzend nnd händeringend aus deu äußerst be queme» Schaukelstuhl in ihres Galten Zimmer. Selbstverständlich sollte kein Schlas in ihre Augen kommen, behüte, ganz klar und wachend sollte er sic fin den und dann der Stab über scincm Haupte gebrochen werden. Nur die große Hängelampe, die ihre vom Wei nen angegriffenen Augcn blendete, ver hüllte sie noch, so daß cin liebliches Dämmerlicht in dcm tranlichen Gemach herrschte. Um sich aber trotzdem munter zu er halle», legte sie sich in Gcdankcn dic fulminante Rede zurccht. Nach cinigcr Zcit passirte es ihr allerdings, daß sie sich verwickelte und schließlich kam es mcht mehr so recht eigentlich zum Lchluß. DaS arme Köpfchen schmerzte gar zu sehr, die Gcdankcn vcrwirrtcn sich immcr mehr die langen, schwarzen Augenwimpern sanken immer tiefer und nach einer kleinen Bier telstunde hatte Mutter Natur ihr Recht gefordert und cin neckischer tleiner Traumgott hielt schön Elsche» eine mit Lethc gesüllte Schale an die halbgeöff nete», volle» Rosenlippen. Bald ver kündeten tiese, gleichmäßige Athemzüge, daß ein fester, gesunder Schlas die „arme, betrogene, namloS elende", manchcs unterstrichen junge Fran umsangen hattc und allcm Vorherge gangenen zum Trotz mnßtcn es wohl liebliche Traumbilder sein, die sic um gaukelten, dcm seligen Ausdruck ihres Gesichtchcws nach zu schließen, von Liebe nnd Lust und Glück und Freude und mitten darin eine stattliche, schöne Ge stalt, ihr geliebter Franz! Ein bezauberndes Bild bot jedenfalls die schöne Schläferin, das fand auch Herr Rittmeister Franz Scheffcr, als cr cbenfo behutsam wie cr gegangen, früh morgcns, wir vcrrathcu nicht wie früh, leise die Thür öffnete und zn sci ncm maßlose» Schrecke» scinc geliebte kleine Fra» aus dem Schaukelstuhl lie ge» sah! Ganz zerknirscht uud vou bitterster Reue ersaßt, wie ei» ertappter Verbrcchcr, stcmd er vor dcm reizenden Bilde. Die schrecklichste» Gewisscnsbissc fol terten ihn »nd cr gcloblc sich, sei» hold seliges Wcib nie wieder zu betrügen. Natürlich hattc scine llugc Else dcm Briese nicht getränt und wollte eine Gardinenpredigt in »ptiinn, korma, in Scene setze». wollte er im Bollgesühle seiner Schuld allcs über sich crgche» lassen, was sic über ihn verhängte, aber was konnte er thun, nui sie zu besänftigen, womit sein Bcrgchcn sühnen? Da blitzte Plötzlich cin elektrischer Fnnke in seinem crfin dungSrcichen Gehirn aus. Ja, so gi»g es! Tas wird sie sicher gnt machen und ihm Absolution bringen. Lcisc, leise schlich er an seinen Schreibtisch, össncie unhörbar das Geheimfach des selben nnd cnliiahm sciucm liessten Grunde cin elegantes großes Etui aus duutelrothcm Maroquinleder. Ei» Truck auf das Schloß, dcr Teckel sprang ans uud cin wahres Kreuzfeuer der köstlichcn Brillanten strahlte ihm ntgcgcn. Vcrschmitzt lächelnd hob erde» kostba e» Tvppclstcr» »nd die cbcnso pracht volle Armspange heraus uud schlich lautlos wic cin Schatten an Elses Lagcrstättc nnd steckte bchutsam dc» Stern an scine Brust, ebenso vorsichtig legte cr dic Spange um das .yandge lcnk ihres im Schlas herabgesunkenen Armes, wobei cr ihm schwer wnrdc, nicht cincn heißen Kuß aus dic zartcn, schlanken Finger zn drücken. Tas Wcrk war gelungen, uuu hils weiter, Gott Amor! Höchst befriedigt trat cr nuu scincn Rückzug an, verfügte sich in das Schlaf zimmer und legte sich, eine kecke Operet leiinric pscifend, iu sciu Bett. O, wic wohl das that, nach dcr dnrchschwärm lcn Nacht! Mit Wonne wars cr sich Morpheus in dic Arme und schlies den Schlaf des Gerechten, bis die Sonne bereits hoch ain Himmel stand und ihn weckte. Vcrwundcrt schautc er um sich nichts war zu hören, Lodtcnstillc im ganzen Hansc! Rasch sprang cr auf, machte schleunigst Toilette und be gab sich dann, freilich etwas zaghaft, iu das gcmciufamc Wohnzimmer, wo der reich und elegant fervirlc Frühstückstisch ihm verführerisch winkte. Aber anch hier keine Spur von Elsa, verdutzt schaut cr um sich, da, täuscht ihm nicht sein Auge? Bewegte sich nicht eben dcr lang hcrabfallendc Fcustcrvorhang? Mnthig nnd entschlossen trat cr hin zu, schlug ihn zurück uud sauk rcu müthig vor seiner geliebten Elsa in die Knie, die mit Stern nnd Spange ge schmückt, schön wie der junge Morgen hinter dcr Drapcrie des Borhanges stand und vergeblich bemüht war ciue abweisende, zürnende Miene anzuneh men. Trotz aller Anstrengung wollte es nicht gelingen. Tee Schalk blitzte aus dcn blaucu Augcu mit deu Brillan ten um die Wette. Vergessen war die so schön einstudierte Rede, der Frühzug. dcr sie iu das Balcrhaus bringe» sollte, war längst ohnc sic abgefahren. Er liebte sic nun doch, das b.'wics ja son nenklar dcr heiß erschnteßrillantschmuck, der sic schmückte uud sein rcuevollcS Geständnis!. Nein, sie konnte nicht länger böse scin und beim dustenden Mokka wurde min nach alle» Regeln Golk Amor- cudgiltig Bcrsöhuuug ge scicrt uud Absolution ertheilt. So, im zärtlichsten lvts-s-tsts tras Freund Münzcr dic Beiden noch am Frühstückstisch, als cr verlegen u»d schüchtern aus dcm Wege zur Kaserne vorsprach, um sich nach den Folgen des gestrigen Gewaltstreichcs uutcr der Hand zu erkundigen: cs siel ihm bei dcm An blick, dcr sich sciucn crstauntcn Augcu bot, cin «stein vom Herzen. „Nur herein, Sie Verführer", rief Frau Elsa ihm übermüthig cntgcgcn, „anch Ihncn soll verziehen wcrdcn, wcnn Sie schwö ren, nic wieder in Ihrem Leben meine Wenigkeit sür so unbeschreiblich dumm zu halten, wic Sic es gestern gethan!" Mit taufcnd Freuden nnd cincm lan gen innigen Handkuß gelobte Münzer alles, was von ihm verlangt wurde. „Münzcr, mir graut vor Dir" rief dcr schöne Franz ihm mit schcrzhastcm Pathos zu und flüsterte ihm dauu heim lich in'S Ohr: „Aber schön war cs >wch!" Aus dcu Kolonicn. Teut scher Kolonist <z» cincm afrikanischci Ncgcrköiiigc): Willst Dn cs wagcu, mir dcin Königreich für diesen blanc» Frack und eine Flasche Branntwein verkau fen? König (entrüstet): Wic kannst dn es wagcn. mir cincn solchen Vorschlag zn machen. Die mir nnsgestammle KönigSwürde soll ich ausgeben, dcn Sitz mciner Vorfahren räumcu, mich nntcr das Joch fremder Eindring tinge beugen? Nun und nimmermehr ja, wcuu du zwei Flasche» Brannt wein gäbest. Devot. Schreiber (am Geburts tag? des Vorgcsctztcn): „Ich bittc Herrn Rath gehorsamst, mir gcneigtcst gestat ten zn wollcn, daß ich dcn Himmel bit ten dars, cr mögc scincn reichsten Segen im neuen Jahr über Sie ausschüllcn!" Ein kluger Rächer. Js cs wahr. Herr Goldfinger, daß Sie Ihren größt» Feind, den Nathan Sil berbaum, als Eidam einsetzen? Ja, es is wahr! Ich kann mich nicht besser rächen an ihm, als daß meine Fran seine Schwkgcrmulter werd'. Nicht ohne Gummi. „Sie haben stets Gummischuhe an?" „Ja. ohne Gummi geht's mal bei mir nicht. Früher, eh' ich Bankerott machte, snhr ich aus Giimmirädcrn, nun gehe ich aus G um »ii. Ein empfehlenSwertfter Diener. Frau Adele Funk lebte bereits meh rere Jahre im Wittwenstniwe, als der treue Dieucr. dcr sich mit. ihr während dcr langen Krankheit ihres vcrsiorbencn Gatten in dic Pflege des Leidenden ge theilt, feinem Herrn in'S Grab solgte. Dic Tamc bcwohntc ihr großes Hans allein mit ihrem 12jährigcn Töchter chen. Sollte» alle Räume i» Stand gehalten wcrdcn. wic bisher, so reichten dic weiblichen Dienstboten und dcr Por ticr nicht aus, cS mußte ein neuer Die ner angenommen werden, dcr auch aus dcm andcrn Grunde wichtig war, daß sür den Nothfall „männlicher Schutz" nicht im Hanfe fehlte. Auf das Zei t»»gsgcsuch, welches Frau Fuuk erließ, meldete» sich gleich ein Dutzend Leute, dic ihr aber theils zu schlechte Zeugnisse vorlegten, theils zn jung erschienen, nm nicht die Besorgnis; zn rechtserzigen, sic könntcn mit dcr Köchin oder dcm Haus inädchcii zartc Bcrhültiiissc aiikiiüpse». Erst am Abend des crgcbnißloscn Tages fand sich cin Mann ein, der allen Wünschen entsprach. Seinem Acußern nach hätte mau ihn chcr selbst sür cincn Herr» atS sür cinen Domestiken halten mögen. Das wohlsrisirte Haar nnd der Kotelcttcnbart trugen bereits Spu re» vo» Grau, auf dcm Gesicht lag cin fast würdcvollcr Ernst, cr sprach nicht nnr richtig, sondern gewählt, wie Je mand, der sich stets in der besten Ge sellschaft bewegt. Kein Wunder, denn Franz —so uaiinte cr sich hattc drcizehn Jahre im Dienste eines Grafen Lottum gestanden und demselben vor cincm Monat anf feincin Gut kriblo witz dic Augcu zugedrückt. Wäre dcr Graf nicht vom Tode überrascht worden, bevor cr sein Testament gemacht, so hätte Franz cin ihm mündlich vcrhcißc »cs anschnlichcs Lcgat erhalten, das die tnanscrigen Erben jetzt in ihre eigene Tasche gcstcckt; dcr brave Dicncr mußte sich mit einer höchst dürftige» Abfin dungssumme begnügen, die er in dcr lhcnrcn Hauptstadt aufgezehrt, wo ce sich vcrgcbcus nach cincm Platz in adli gen Häusern umgesehen. „In meiner »»»mchrigcn Lage", er klärte cr, „würde ich auch mit einer Stellung in achtbarcm bürgerlichen Hanse vorlicbiichmcn, und ich muß ge stchcn, Alles, was ich bei Ihnen, gnä dige Fran, sehe, heimelt mich an!" Da ihm die Gehaltsbedingungen eben falls zusagten, zog cr eine Stunde spä ter mit scincm Hosscr bei Frau Funk cin. Als er sich der Herrin wieder vor stellte, geschah es im Frack, der ihm tadellos saß. „Den Frack", bemerkte dic Tame, „brauchen Sie abcr nur bei festlichen Gelegenheiten anzuziehen, Franz!" Er senkte den Blick zu Boden und versetzte mit leise zitternder Stimme: „Muß ich für gewöhnlich Livree tra gen?" „Bewahre! Livree war nie bei uns üblich!" Er athmete auf: „Das ist mir sehr licb zu hörcn, gnädige Fran, dcn» nach dcr Livrcc meincs scligen Grafcn könnte ich mich nnr schwer z» einer ander» ver stehe»!" „Ich fürchte," entgegnete Fran Funk, „Sie, werden sich überhaupt schwer an die geringeren Verhältnisse ier gewöhne»." „O, ich werde!" seufzte er. „Noth lehrt dcn Mcnschen, seine Ansprüche hcr abznstimmcn." „Wenn Sic irgendwie bereue», zu mir gekommen z» sei», Franz, will ich Sic durchaus nicht halten." „Gnädige Frau verstehe» mich mit Erlaubniß salsch," sagte er rasch, „die Zlnhäiiglichkcit an mcincn scligcn Gra fc» übcr das Grab hinaus können mir gnädige Frau nicht verübeln : doch den Eintritt in Ihr HauS bereue ich lciues lvcgs, im Gegentheil, nnd ich hoffe, gnädige Frau wcrdcn mit mir zusricdcn j'cin!" Tic crstcn vicr Tagc hindurch er füllte sich die Hoffnung. Franz zeigte sich gewandt und ausmerksam in jeder Hinsicht. Am slinsten feierte Fran Funk das <ycburtSfcst ihres Töchter chcus, Thekla hattc sich Kiudergesell schast cilüadcu dürfen, Franz fervirte dabei meisterhaft. Soebcn sollten dic Törten, die der Konditor gebracht, ausgetragen werden, als das Hausmädchen in den Festsaal trat und dcr Hcrrin ctwas zuslüslcrte. Tie Mutter des Geburtstagskindes schüttelte wie ungläubig dcn Kopf, er hob sich aber und ging mit dcm Mäd lhcn hinaus. In der Küche überzeugte sie sich, daß von jeder Torte ci» ziem liches Stück sehltc und ttc Rcstc künst lich ivicdcr zusammengesetzt waren, Tie Köchin behauptete, nur Franz könne zie Attentate auf den Kuchen vollführt hibcn, während sie die Küche wenige Minuten verlassen. Ter Tiener wurdc gc.ufcn. Scinc Gebieterin wies auf iz.e geschädigten Schüffcln: „Franz, haben Sic daS gethan?" Ohne die mindeste Vcrlcgcnhcit ge stand cr mit clcgantcr Bcincigung: .Ich bin so srei gewesen!" „Wie?" erstaunte die Hörerin. „Gnädige Frau hätten mir ja doch nein Theil zukommen lassen!" „Ab»r später!" „Ich verspürte gerade einen mibe, jwinglichen Appetit!" „O, da muß ich denn doch bitten! Lolche Dreistigkeit ist mir neu!" „Von dcn jiingcn Tamc» wird kaum eine den Verlust bemerken!" meinte er lächelnd. „Genug!" Damit kehrte ihm Frau Funk dcn Rücken und hatte Mühe, nachdem sie sich wieder zu den Gästen Theklas gesellt, ihren Verdruß zu ver bergen. Franz brachte kurz daraus die Torten, that, als wäre nichts vorgesal len, reichte die Schüsseln an dcr Täsel hernin, nnd da dic lebhast schwatzenden Mädchen wirklich keine Bctrachlung übcr dcn Umfang dcr Konditorwaarc aiistclltcn, wagtc dcr keckc Spitzbube » gar, der mütterlichen Präsidentin des Tisches einen triumphircnd.'n Blick zu zuwerfen, der die ungemein gut müthig«: nnd leicht zum Verzeihen gc nciglc Dame völlig entwaffnete, Sk mußtejetzt beinahe über den alten Bur schen nnd seinen nnbezwingüchcn Appe tit lachen. Am nächsten Morgen schien die Sacht ganz vergessen, wenigstens wurde su von keiner 'Seite mehr berührt, unt Frau Funk behandelte ihren Diener mi: der srüheren Freundlichkeit. Ties Ver haltet! mochte ihm oen Mauden einflö ßen, er sei der Herrin in der kurzen Zeil schon unentbehrlich geworden. Einige Zage verstrichen,da erschien Franz Mel lich, sobald Thekla ihren Schulweg an getreten, im Salon der einsamen Mut ter mit trauriger Miene, die ihr ausfiel, io das? sie fragte: „Sind Sie krank, Franz?" „Nein, gnädige Frau, indessen werd, ich mich genöthigt sehen, so leid es mii thut, mich von Ihnen zu trennen." „Weshalb?" „Mein Gehalt würde mir ja genü gen, auch mit dem Mittag- nnd Abend brod wäre ich zufrieden, aber mein zwei tes Frühstück —" er stockte. „Nun?" forderte sie ihn ans, fortzu fahren. Und er that es. „Ich müßte ein gutes Stück Braten eine Eierspeise und eine Flasche Roth wein haben." „Was?" Sie stand auf und wiederholte, al» Hütte sie nicht recht gehört: „Braten, Eierspeise, Flasche Roth wein?" „Zu Befehl, gnädige Fran!" „Hatten Sie das bei Ihrem Gra sen?" „Allerdings! Seine gräfliche Gnaden waren mir mehr Freund als Herr!" Ruhig entgegnete sie: „Tann laiui ich Ihnen nur rathen, sich »anderswo einen ähnlichen zu suchen." Er sah sie an. „Wann bin ich entlassen?" „Auf der Stelle, wenn Sie wollen!" war ihre Antwort. Franz verbeugte sich: „Ich bedauere, gehen zu müssen, aber gnädige Frau werden mich wenig stens nicht in pekuniäre Verlegenheit setzen wollen, bis ich ein anderes En gagement gesunden." Sie zog ihr Portemonnaie: „Hier! Ich zahle Ihnen einen halben Monatslohn!" „Tas ist wenig!" seufzte er. „Nicht einen Pfennig mehr!" rief si> entrüstet und wars das Geld aus den Tisch. „Ich werde Ihnen Ihr Zeugniß schreiben, dann gehen Sie!" „Bei so kurzem Aufenthalt," erwi derte er gemessen, „bedarf ich keines Führiingsattestes." Dabei strich er das Geld mit vorneh, mer Langsamkeit ein. „Nach Belieben!" gab sie zurück. „Packen Sie Ihre Sachen! Adieu!" Er gab seinem Ton einen Anstrich von Schwermnth: „Ich wünsche der gnädigen Frau alles Gute!" Sie antwortete nicht und er ver schwand. Noch überlegte sie, ob sie sich fortan ohne Diener behelfen oder abermals an die Zeitung wenden sollte, als ihr Schwager, der Bruder ihres verewigten Mannes gemeldet wurde. Er war so eben von einer vierzehntägigen Ge schäftsreise heimgekehrt. „Tu kommst mir wit gerufen, Bern hardt!" begrüßte sie ihn und erzählte, was ihr widerfahren. „I der unverschämte Schlingel!" lies; Bernhard Funk sich aus. „AVer ärgere Dich nicht, Adele, ich werde mich nach Ersatz nmsehcn, ein paar Tage wird es ja ohne Diener gehen!" Er verabschiedete sich um un gesäumt seine Schritte sür die Wittwe zu thun. Vieruiidzwauzig Stunden spater er hielt die Tame Besuch vom Juwelier ProZkau, der ihrem Gatten befreundet gewesen, aber nach dessen Ableben nicht in Verkehr mit ihr geblieben war. „Ich komme," erklärte er sein Erscheinen, „mich nach dem Diener Franz zu er kundigen, der die letzten drei Jahre bei Ihnen gewesen." Sic horchte auf, ließ ihre Ueber rafchuug jedoch nicht merken, sondern bat den Gast. Platz zu nehmen. ProS/au fuhr sitzend fort: „Der Mann hat ausgezeichnete Manieren, indeß will ich nicht früher mit ihm ab schließen, als bis ich erfahren, ob feine Aussagen wahr sind. Ich habe ihm daher nichts von unserer Bekanntschaft verrathen." „Was wünschen Sie zu wissen?" fragte grau Adele lächelnd. ' „Sie sollen ihn so uugern entlassen haben, daß Sie ihm das übliche Zeug niß verweigert." Nun brach die Dame in Helles Lachen aus, theilte dem Juwelier mit, daß Franz statt der angeblichen drei Jahre noch nicht volle neun Zage bei ihr ver bracht, und sügte hinzu, wie es sich mit seiner Entlassung verhielt. Proskau war empört. „O, der Schwindler soll niir nur wiederkommen," drohle er, „ich will ihm heimleuchten !" Er war noch keine zehn Minuten fort, da hörte Frau Funk ihre Korridorglocke aus's Neue läuten. Das Hausmädchen brachte »ie Nachricht, Franz sei da. „Franz?" „Ja, gnädige Frau, Franz!" „Ich will ihn sehen !" entschied die Herrin und empsing ihn mit der heiter sten Miene: „Haben Sie gestern etwas von Ihren Sachen vergesse»?" „Nein gnadige Frau," begann er be herzt. „aber da bin ich wieder, ich kann es nicht aushalten ohne Sie, ich ver zichte auf de» Braten znm zweiten Frühstück, wenn ich nur iu Ihrer Nähe bleibe! Ich schmeichle mir. daß auch Sie und Fräulein Thekla Ihren Franz ein wenig vermißt, ich trete meinen Dienst wieder an !" Frau Funk behielt den freundlichen Ausdruck, den ihr Gesicht bisher gezeigt, bei und erwiederte: ~Jhre Rückkehr würde mich sehr glücklich machen, mein gnter Franz, wenn ich Sie nicht einem alten Freunde vor Kurzem aus's Wärmste empfohlen und die Treue ge rühmt hätte, mit der Sie mir drei Jahre zur Seite gestanden." Sie er wartete, den Sünder beschämt, verwirrt, sassnngslos zu sehen, allein er zuckle nicht einmal mit den Wimper». „Verzeihen mir gnädige Frau." ver setzte er in fester Haltung, „die kleine Abweichung von der Wahrheit." „Aneh die größere," siel sie ein, „ver zeihe ich Ihnen; denn die dreizehn Jahre bei Ihrem Grasen Lottum, der Ihnen mehr Freund, als Herr war—" „O," nnterbrach er mit pathetischer Geste, „wenn gnädige Frau daran zweifeln?" - „Ich bin jetzt so frei," sagte sie. „trotz des Papiers, das Sic mir vorge wiesen." Franz licß da-Z Papi.er auf sich bc ruhen, setzte einen Fnß vor, steckte seiiu rechte Hand unter der Weste in die Brust und sprach in dumpfem Ton: „Wenn gnädige Frau wüßten, weicht tragischen Schicksale meine Jugnid ver folgt-" „Hören Sie," schnitt dic Gnädig« ihm de» Faden ab, „ich glaube, Sie haben Ihren Berus verfehlt, Sie hätte» Schauspieler werden sollen !" Er hob das niedergesunkene Haupt, ohne seine Pose zu ä»dcr», »iid deela mirtc; „Du hast es gesprochen, das Wort de; Jammers, Nicht mcincn Lippen ist es entsloh'n ! Ja, gnädige Frau, ich war Mime aber " Der Nachsatz blieb unvollendet, da das Hausmädchen dic Salouthür öff nete, »in Herrn Bernhard Funk einzu lassen, deu ein Mann in mittleren Jah ren von schlichtem, ehrlichen. Aussehen begleitete. „Gesunden, Adele!" sagte der Schwager, „hier bringe ich Dir einen Diener,mit dem Tu zufrieden sein wirst!" „Sie hören und sehen, mein lieber Franz," wandle die Dame sich zu dem Mimen, „ich bin versorgt!" „Das ist der Patron?" rief Funk. „Wollen Sie augenblicklich mochen, daß Sie —" „O, ich bitte, mein Herr, keine Be leidigung!" rief Franz, warf den Kopf in den Nacken und schritt stolz ausge richtet hinaus. Niemand versuchte, ihn zu halten, und Fran Adele hat ihn nicht wiedergesehen. Sollte er aber zu fällig bei einem unserer Leser ans eine Gastrolle als herrschaftlicher Diciier auSgehcn, so wird er durch diese kleine Schilderung seines Wesens hinlänglich empfohlen fein. SolSatcinnißftandlungcn. Von einem alten Militär. Nun ja, meinetwegen, sie sollen Recht haben, dic Fcinde der Disciplin und des Drills, uud ich will zugeben, daß Soldaten von Vorgesetzte» mißhandelt worden sind. Warum denn nicht? Immer können dic Vorgesetzten dic verdammten Kerls anch nicht aus den Schoos, nehmen und ihnen Leberwurst, Eisbein uud andere Leckerbissen ins Maul stecken. Tas würde ja auch auf die Tauer langweilig werd.'n. 'I'o»- joui-s porärix, das ist schon ein altes Wort. Also schön, es ist mißhandelt worden. Ist der Unteroffieier der Stell vertreter Gottes, dann darf er anch züchtigen, denn er gibt dadurch den Be mcis, daß cr dic Kerls licb hat. Aber ich gehe noch weiter. Dic Sol daten werden auch von den Civilisten mißhandelt. Davon freilich haben die Rcichstäglicher nicht gesprochen. Na türlich nicht. Wenn dic nur aaif die Vorgesetzten schimpfen können, damit es in die Zeitungen kommt und die Leute aufhetzt! das ist ja dic Hauptsache. Darum will ich etliche Soldatenmiß handlnNgcn dcr Civilistc» a» dcn Tag bringen, daß dcm Militär die Haare zu Berge stehen sollen. Ein unbemittelter Füsilier des 20. Infanterie - Rcgiincnts hattc in den besten Jahren seiner dreijährigen Dienstzeit dcn Entschluß gefaßt, sich intmeder zu verloben oder zu verheira ten, je nachdem seine Flamme, welche »r suchte, Ersparnisse besaß oder nicht. Kanin aber hatte cr cinc Köchin in dcr Nähe der Kascrnc kennen gelernt und mar bereit, in dcn heiligen Begleiter stand zu trctcn, als ihm dcr Hausherr jeden Besuch untersagte. Ter arme Zoldat magerte in Folge dieses Ver bots völlig ab. Liegt hier etwa keine Mißhandlung vor? Ein zweiter Fall. Tas wegen ihrer strenge in dcr ganzen Batterie gcfürch lete Dienstmädchen R. hatte sich mit Sem Kanonicr F. anverhältnißt. tiaiim war dies geschehen, als sie von der Eifersucht befallen wurde, und nnn konnte der Kanonier mit keincm ande ren Mädchen sich verlobcn, ohne den Vorwurf der Untreue oder doch dcr Flatterhaftigkeit hören zn müssen. Oft arteten diese Borwürse in den Schwur aus, ihm die Augen anszukratzcn. wenn noch ein einziges Mal dcr Schmet terling in ihm lebendig werde. Wer schützt des Kanoniers Augen vor solcher Mißhandlung? Ich könnte diese Enthüllungen fort setzen, aber die beiden werden genügen, am zn beweisen, daß die Civilisten erst selber aufhören solltcn, die Soldaten zu mißhandeln, bevor sic dic Uutcrossiciere mklagcn. Dabei bleibe ich! (Berliner Wespen.) Ein Menschenkenner. .Hcnt' geb' ich e' musikalische Soiree ohne Essen. Bin neugierig, ob wer kommt!" Wohlwollend. Niemand wünscht dcn Leuten ansrichtiger cincii zcsnndcn Schlas, als ein Einbrecher!
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