Dir Kltinrn Wtrr. Ueber den blühenden Liixembourg- Garten hinweg verkündete die Senats uhr mit cigenartigem Silberklang die Feierstunde, und gleich daraus bestätigt auch die ual>e Kirche von Saint-Jacques in ihrer brummige» Weise mit sieben bedächtige» Schläge» das viclersehnte <sreigniß. Die schwere» Flügelthüren der Druckerei von Testn ck Maisin thun sich zögernd aus. wie neidisch auf die goldene Freiheit der Arbeiter nnd Ar beiterinnen, die in hellen Schaarcn wie eins eine»! Ausfallsthor hervorbrechen, «ls gälte es eine andere, außerhalb ihrer Mauern belegene Bastille zu stür men. Sie achten nicht auf den Oran geiiduft ans den gegenül erliegenden Treibhäuser» und Gärten ; das äthe rische Oel der Zwiebel, lieblich aufduf teiH aus d<m vielgeliebten Hammel ragout. würde auf ihre Nasen einen ganz auderen Zauber ausüben, ja, einige der letzteren scheinen es sogar, dank irgend einem spiritistischen Wun der. au» der Ferne zu wittern, in so beschleunigter Gangart eilen sie ihren glücklichen Besitzern voran. Schnell vertäust sich die buntcSchaar Den breiten Boulevard Saint - Michcl und die!>!ue Denser - Rocheran hinab bis in die Vorstadt von Moutrouge. alt und jung, bestieselt 'nnd bepantof felt, in Gruppen oder zu zweien, fast «lle eifrig schwatzend und gestikulirend. Zwei junge Leute in blauem Drillich- Anzüge mit schwa:zer Seidcnmutze, die Hände in den mächtigen Taschen der bauschigen Hose, welche in ihrer Uu? förmlichlcit an eine aus den Kopf ge stellte Criuoline erinnert, sondern sich von ihren Mitarbeitern ab und bleiben «inen Augenblick vor dem Wein-, Schnaps- nnd Tabakladen stehen, der von seinen« Besitzer mit weiser Berect uuug an der Ecke dervorgennnnten bei den Straßen eröffnet worden ist nnd so spitz zulauft wie ein Schiffsschnabel. Emil, sagte der achtzehnjährige Au gust zu seinem etwa drei Jahre jüiigeui Bruder, hole Schwesterchen aus der breche ab, indessen ich das Diner zube reiten werde. Der Angeredete, dessen Züge sich von denen dcü Bruders dnrch den Ausdruck größerer Pfiffigkeit unterschied, aber gleichwohl angenehm berührten, nickt mit dem Kopf. l>ropos, ruft August dem in das Tabatbureau Tretende» »ach, sprich doch auch bei der Wäscherin vor nnd frage sie, wann wir Elisens Schürzen bekommen können! Emil nickt abermals, kaust sich für zwei Sous Tabak sowie Cigaretteu papier nnd widersteht der Versnchnng seiner Kameraden, die an dem den Zinlcomptoir Absyuth trinken, um dieEßlustzu vermehren, nnd geht dann bis hinter das Pantheon, wohin die beiden kleinen Väter ihr Kind, wie so manche andere Arbeiterfamilie, jeden Morgen zn geleilen Pflegen, nachdem sie ihm ein Stück Brot uiid einige Sous ins Körbchen gelegt haben. Dort wird «s von wohlthätigen Damen verpfleg! und überwacht, dort kann es spielen und spielend das A, B, C erlernen. Inzwischen war August die enge Rne de l'Abbe-de-lEppee an der Taub stummenanstalt vorbei hinabgeschrittcu und in die noch engere Rue Saint- JacqueS ciugcbogen, welche dereinst die Hauptverkehrsader des lateinischen Vier tels gewesen war, aber wie alle Herr lickMten aus Erden in Trümmer sinkt, immerhin aber noch lange Strecken auf weist, wo Dürftigkeir oder Elend eine Heimstätte finden können. Schmale, meist mir vierswckige Häuser, grau voi Schmutz und Alter, vorspringend oder lichtscheu zurücktretend, wie eine schlecht ausgerüstete Front von Hellebardieren, welche statt ihrer mittelalterlichen Waffe in weite» Abständen eiserne Gasständer gegen den Leib gedrückt halten. Bunt genng ausstaffirt sind die übri gens, wenigstens bis hinaus zum erste» Stock, über dessen Fenster der Farben kops des HäusermalerS nicht empor steigt. Grün nmrahmt ist der kleine Poiamcutirladen, blutroth tivil <!» tioonk der vergitterte Schlächlerla den, nnd so hat jedes Geschäft ganz nach dem Muster der Staaten nnd der Jockeys, seine Farben, die es ebenso kennzeichnen, wie der Straßenruf und seine Leitmotiv den fliegenden Händ ler. Grelle Farben, grelles Geschrei, das Gerassel schiversälliger Fuhrwerle, ein reges Hin und Wieder einer Bevöl kerung von Arbeitern und Handwer kern, dir Schmutz dxr Abfülle und de, Kohlenstaub, der widrige Anblick zahl loser Schnapslüden nnd verräucherter Gashuiscr alle diese Eindrücke Ärang.u iu wildem DuMieinaiider ans den Besucher ein, der zum ersten Mal aus dem schmaleil Bürgersteig oder aus dem holperigen Pflaster zwischen de» hohe», de» geringsten Schall unbarm herzig zurückwerfende» Häuscrwäiideu die von den französischen Romanziers einst vielbesungene Straße des heiligen Jakob liinab- oder hinaufsteigt. Angnst sreilich war dagegen abge stumpft, auch mochte ihm wohl ein lieb licheres Bild, ein lauschigerer Erden uud Hauswiiikel vor Auge» stehe» und alle feine Gedanken in Anspruch neh men. Gelehrte Astronomen und Ka lcndcrinachcr haben die kühne Behaup tung ausgestellt, daß die Tage im Mo nat luui sehr laug seien. Aber i» der Rue Saint-Jaqucs zuckte man über diese grauen Theoretiker die Achsel, und grau uud dämmerig war es bereits, zumal in den Tiescii der klaffenden Häuserspalten, als unser Wanderer, trästig ausschreitend, sein fünfstöckiges, vier Fenster breites Tuseulum erreichte. Gleich darauf tauchte er in die finstere Nacht des endlos langen, schmalen Hausflurs, a» dessen Ende eine steile, gewundene Treppe bis zu seiner Woh nung emporsührte. Durch di -beiden großen Dachfenster blickte die Sonne noch vollängig hinein, das große Zimmer entstanden zu einer Zeit, wo der Raum noch weniger theuer eingeschätzt wurde sreundlict erhellend. Es enthielt nebst dem an stoßenden, kaminlosen Cabinet die be scheidenen Möbel, welche die beiden Brüder uud das Schwesterchen von der vor fünf Monaten im Hospital verstor benen Mutter ererbt hatten. Das große Mahagonibett, in dem jetzt August und Emil schliefen, der übliche Mahagoni schrank, aber ohne Spiegelthür, als dann einige Tische, Stühle, zwei oder drei Bilder, das kleine Bett Elisens nebenan das war so ziemlich Alles, was die kleine, arbeitsame Geschwister samilie außer vier kräftigen Armen und zwei gesunden Köpfen ihr eigen nennen durfte. Das Letzte war freilich auch das Beste uud wuchs recht eigent lich an Werth, während das Andere sichtlich alterte »nd hinfällig wurde, auch wohl niemals sehr fest aus deu ei genen Füßen und auf den rothen Steinfliesen des Gemaches gestanden hatte. Die LieblingSmclodie des Tages pfei fend eine Beschäftigung, welche die kostspieligere des Eigarektenrauchens überflüssig machte war August ein getreten. Zuerst stellte er einen Liter Wein und die bereits gekochte» grünen Bohnen, die er »»lerwegS in der Fruiterie gekauft hatte, auf den run de». mit einer sauberen, weißen Wachs leiuwcind überzogenen Tisch in der Mitte des Zimmers: daneben legte er ein gro ßes Brot, ein kleines Hammelrippchcn sür Elise und kalten Ausschnitt für sich und Emil. Der kleine Kochofen im Kamin bedurfte nur weniger Holzkoh len, die sich schnell entzündeten, wäh rend nn'er Koch mit dem Tischmesser große Schnuten vom Brode abtrennte und sie in die Suppenschüssel warf, nin darauf beim Schlächter nebenan sür sechs Sous heiße Bouillon ansfüllen zu lassen. Als er wieder eintrat, fand er seine kleine Familie bereits versammelt und die aus ihn zueilende Else zupfte ihn mit so begehrlichem Ungestüm am Arm, daß sich der dampfende Inhalt fast auf de» Blondkopf entleert hatte. Achtgegeben! Bouillon ist's! siehst du—? rief das Faniilienobcrhaiipt und hielt ihr die Suppe unter die Nase, in dem er sie gleichzeitig auf die Stirn küßte. So—bist dn nun zufrieden? — na, dann laß mich, sonst gibts nichts zu essen! Aber Schwesterchen will wohl nachher essen, aber keineswegs vorher still sein, packt bald das rechte Bein Augusts, der Butter in die Kasserolle that, u»'. die Bohnen zu kochen, bald das linke Emils, welcher den Salat wäscht und die Väterchen sehen sich dann verstohlen und schmunzelnd än, stolz wie ein junges Ehepaar auf feinen Sprößling. Es währt nicht lange und die Mahl zeit ist bereitet. Emil hal die Kleine schon ans ihren großen Stuhl gesetzt zwischen den beiden andern. Dn hast ihr ja die Schürze noch nicht vorgebunden! rust Angust. Schnell die Aermchen her! sagt Emil, die blaue Schürze in der Hand. Aber Kleinchen wehrt sich, wie sich ein an gehendes Trotzköpfchen wehrt, und will die rotl>e haben, welche der Brnder in seinem Päckchen von der Wäscherin mit gebracht hat. Nein, nein—die rothe Schürze bleib! für den Sonntag. Elise schmollt, strampelt mit de» Beinchm. Gib sie ihr doch, meint Angnst. dir Suppe wird sonst kalt. Emil zögert, Elise weint, daß die Thränen wie große Tautropfen an der rosigen Wange hängen bleiben, ihre Thränen siegen und sie lacht vor Frende über die rothe Schürze, die ihr Anglist vorgebunden hat. Schnell iß deine Suppe, bevor sie kalt wird! Emil liebte seine kleine Schwester nicht minder als sein älterer Bruder, und seinem Alter entsprechend verstand er sogar viel lustiger mit ihr zu spielen uud ihr kindliches Vertrauen zu wecken als der andere, aber als der gewecktere vo» beide» empfand er instinctiv, daß es nicht gnt sei, ihr in allem nachzuge ben. 'Andererseits sah er i» Angnst, dessen Selbstlosigkeit »nd Opfcrwillc ihm eine geheime Bewiindernng ein flößlcn. zumal so kurz nach dem Tode der Mutter, beinahe seinen Vorgesetz ten. Er war zwar früh reis, wie die Elise inil ihren auffallend ausgeprägte» Zügen leider auch, aber von dem Finnin lls l'ari!, hatte er fast nur die guten Seile» und vo» den schlechte» höchstens nur einen leisen Anflug von Blasirt heit. Er besaß ein sehr entwickeltes Ehrgefühl und liebte den Mann zn spielen, worin er durch seine selbstän dige Stellung und die gutmüthige Schwäche des Bruders verstärkt wurde. Gern brüstete er sich seinen Kameraden gegenüber mit Redensarten wie: „Ich habe meine Miethe zu bezahlen", wobei er das „meine" entsprechend betonte, oder: „Ich habe meine Schwester z» er ziehen." Das Nebe „Ich" wurde stets in die richtige Beleuchtung gerückt, aber es war wirklich ei» liebes, ei» herzens gutes „ich", das die brüderliche Liebe mit gleicher Innigkeit erwiderte, und zwar seit zartester Jugend. Die Mahlzeit machte den beiden Kochen Ehre, denn ein dritter, der sprichwörtlich beste, war in ihrem Bunde, und das während derselben herr schende, kaum unterbrochene Schweigen war wie eine Huldigung der Arbeil, die sich Muße »nd Stärkung ehrlich ver dient hat. Nur von Zeit zn Zeit häm merten Elisens Absätze behaglich gegen die Stuhlbeine, bis dann endlich, als das in den Cognac getauchte Stückchen Zucker, der Eanard. verzehrt war und Emils Eigarette vor dein Cafe aus slauiuite, die Kindcs»»ged»ld wieder völlig zum Durchbruch toiiimcn durfte. Das gab ein Tnmmcln im Zimmer, ei» Gekicher nnd Geschwätz über die kleinen Zwischenfälle im Afyl, über die in ihrem Bericht bunt durcheinander ge- würfelten Gespielinnen, Puppen und Aufsichtsdamen, daß es selbst August beim Lesen des Petit Journal fast zu viel wurde. Dann nahm sie plötzlich die Zeitung in die Hand, in welche der kalte Aufschnitt eingewickelt gewesen war, warf sich in den Stuhl zurück wie Emil, nahm eine ernste Mie»e an wie August »nd hielt das Blatt dicht vor die kleine Stumpfnase. „Was machst D» denn?" sragte Emil schmunzelnd, indem er seinem Bruder mit dem Fuh einen Wink gibt. „Laß mich zufrieden", ruft der Pa pagei. ohne die Augen aufzuschlagen. „Kannst Du mich nicht ruhig die Zei tung lesen lassen!" Beide Brüder brachen in ein herzli ches Gelächter aus. wofür sie durch eine» mißbilligenden Blick gestraft wer den, und bringen die Sträubende und Schmollende endlich zu Bett. Aber damit ist der Sieg noch nicht errungen, das Geplapper und Gekicher beginnt von neuem und August muß sie im Hcmdchen wieder ins Hauptzimmer tragen, damit sie ihren Liebling noch einmal küssen und ihm heimlich die Cigarette entreißen kann, die er wie eine Feder über dem Ohr trägt. Warte, du leuc und verfolgt die kleine, hurtige Diebin bis an ihr Bett. Aber diese Jagd hat sie munterer denn je gemacht, und nu» muß sich Emil an ihr Bett setzen und Geschichten erzählen, während August das Eßgeschirr am Kamin wäscht. Träume mir aber nicht davon, rief dieser, damit ich nicht wieder dreimal aufzustehen brauche, wie gestern Nacht! Aber wer nicht hört, ist Elise, oder vielmehr sie hört nur zu gut. aber aus Emils Geschichte. Ich hatte gestern, als dn einschliefst, gerade die Geschichte von Blanchettc und den sieben Zwergen begonnen.... Nein, nicht Blanchette Elise! Richtig! Da hast du Listige ja Ko mödie gespielt und spiouirt. gleich viel! Also Elise und die sieben Zwerge! Der älteste von ihnen hieß August.... Und der zweite Emil? rief die Kleine fröhlich. Natürlich! Und wenn sie zur Arbeit gingen In die Druckerei? Jawohl. tief unten in der Erde- Da, wo Mama ist? unterbrach sie ihn mit harmlos fragendem Blick. Ein Schatten glitt über fein Gesicht. Nein, nicht so tief, Elise, aber wo es auch pocht und hämmert nnd schnurrt: alle Walzen sind da von Gold, die Ty pen—lauter Diamanten. Der Lohn wird aber doch nur iu sous ausgezahlt, setzte er. halb sür sich sprechend, ironisch hinzu. Und Elise? sragte die Kleine unge duldig. Die ließen die Brüder, ich meine die sieben Zwerge, daheim. Ganz allein? Da mußte sie sich ja zu Tode langweilen. Warum brachte» sie die siebe» Zwerge denn nicht in'S Asyl? Weil sie schon viel größer und ver nünftiger war als du! Sie spielte uicht mit den Streichhöl zern? Emil lüclMc. Im Gegentheil, sie machte damit Feuer an. um den kleinen Zwergen ihr Süpplcin zn kochen, wie du es machen wirst, wenn dn erst groß bist! Wie klein waren denn die Zwerge? Nun, so wie du! 'l'u rief Elise, ei» Pariser Argot wiederholend, das sie von ihre» Brüdern oft vernahm. Von der Kirche von St. Jaques herab tönten zehn Schlage, schwer und schlum mertrnnkeu. Horch! rief Emil, die Thilrmuhr hat Mitternacht geschlagen! Mitternacht? Ach, das ist ja nicht wahr! Ich weiß auch, warum es nicht wahr ist: du willst mit meiner Uhr spielen. Sieh, ob's uicht wahr ist? Und das kleine Spielzeug an's Ohr nnd dann wieder vor die Augeu hal tend, wie die Zeitung, bemerkte sie klein laut: Ja, es ist wahr. Morgen erzähle ich dir die Geschichte zn Ende. Endlich sind die Brüder allein, und sie dämpfen die Stimme, um das Schwesterchen hinter der nur halb ge schlossenen Thür nicht anfzuwecken. Sie halten sich nicht viel Neues zu sagen, den» sie waren den ganzen Tag über in denselben Rälime» zusammen gewe sen. Aber ans dem gemeinsamen Ver zicht ans jene' Zerstreuungen, welche ihre Arbeits- und Altersgenossen liebten, zu Gunsten eines und desselben kleinen herzigen Mcuschcntindes ergab sich eine solche Fülle seelischer Beziehungen, daß sie sich oft im Geiste miteinander be schäftigten und ihre Gedanken aus taufchien. ohne sie aussprechen zu brau chen. DieS brüderliche Verhältniß war für diese kleinen Arbeitcrexistenzc», deren Weisheit die der in unserer mate rialistischen Zeit so zahlreichen, genuß süchtigen Egoisten um die Höhe des Eissellthurms überragte, der allersüßeste Lohn. Aligust hatte das „Petit Journal" wieder in die Hand genommen, wäh rend Eniil dem Eigarcttendamps »ach blickte, der, wie die Gläser und Tassen aus dem Tisch, von dem Gerassel des vorüberfahrenden schweren Omnibusses iu leise Schwingungen versetzt zn wer den schien. Dabei traf sein die Spal ten mechanisch hinabgleitender Vlick ans solgendeAnzeige: „Kausen Siedießro schüre: ,Was sollen wir unsere Kinder lernen nnd werden lassend Dreißig Centimes." Das ist nicht theuer! bemerkte er halb sür sich. Was? fragte Emil, aus seine» Träu men erwachend. August hielt ihm die Zeitung hin. Seltsam! bemerkte er, daß wir eigent lich noch nie so recht darüber nach gedacht haben, was aus Etile werden soll. Nun was wir geworden sind! August schüttelte bedenklich den Kopf. Du kennst das Schicksal der Arbeite rinnen, sie sind noch unglücklicher als wir. Wie wenig verdienen sie, »nd wenn sie nun gar ihre Arbeit verlieren! Erinnere dich: wenn Arthur und seine Frau sich der armen Ernestine nach dem Tode ihrer Mntter nicht angenom men hätten, was wäre dann aus'ihr geworden?" Das erräth sich.! Ja, sreilich, aber Elise hat uns! August nickte, stützte die Ellenbogen auf den Tisch, den Kops zwischen die Hände und bemerlle nach einer Weile nachdenklich: Wenn man's ihr ersparen könnte! Was? In die Werkstatt oder in die Fabrit gehen zn müssen mit uuseresgleichen! Mich dünkt, wir gewinnen in Ehren unsern Lebensunterhalt und Elisens dazu! Gewiß, gewiß! erldiderte der ältere Bruder. Tu könntest wohl mal mit deinen Kameraden in's Theater ge hen. Warum soll ich mich amüsireu, wäh rend du bei der Kleinen bleibst. Und wenn man mit den Kameraden ist, muß man's wie sie machen.... Das grade sürchte ich für Elisen? unterbrach ihn August lebhaft. Emil zuckte mit den Achseln. Aber lvaS willst du denn aus ihr machen? Millionäre sind wir hoch nicht! Nein, aber wir verdienen mehr als wir brauchen, und wir vertreten ihr Varer und Mutter! rief er stolz. Augusts dunkle Augen entflammten sich, als er nun endlich mit seinem Licblingsgcdanken hervorkam, den er so lange heinilich in sich bewegt und in dem er in seiner Selbstlosigkeit für alle feine freiwilligen Entbehrnngen reich liche Entschädigung gefunden hatte. Ich möchte, daß sie etwas mehr würde als wir, die wir unseres Lebens das wiederkäuen müsse», was andere gedacht haben. Sie soll selbst denken.. ..! Willst dn de»» aus ihr eine Schrift stellerin oder eine Gelehrte machen? fragte Emit erstaunt. Nein, aber da sie intelligent ist. vielleicht eine Lehreriu! Der jüngere Bruder lücheltc etwas spöttisch. Da schicke sie nur lieber in die Druckerei, wo sie unter unsern Augen bleibt. Ich habe neulich erzähle» höre», was aus de» Lchrcriniie» wird. Für hundert Bewerberinnen eine Stelle nnd die anderen iie»iil»id»t»»zig bleibe» auf der Straße Uud wie ein vielerfahrener Beobach ter, wie ein alter Prakticus schilderte der srührcije Kuabe das LooS so man cher dieser Unglücklichen, August aus allen seinen Himmeln reißend. Schließlich einigle man sich dahin, die kleine, vierjährige Elise, die in ihrem süßen Schlummer schwerlich ahueu konnte, daß zwei große Knabe» bereits über ihre fernste Zukunft die Würfel der Euttcheiduxg fallen ließen, für die Complabilität vorbereiten zu lassen. Emil war milde geworden, was bei einem Knaben nach zwölf stündiger Arbeit nicht eben erstaunlich ist. und kaum im zweischläfrigen Bett, auch fosort eingeschlafen. Angust aber halte sich »och au s Fenster gesetzt, um von seinem verlorene» Ideal zu träu men. Die warme Abendluft, die einströmte, mar zwar nichts weniger als eine bal samische, von Orangeiiduft geschwän gerte, mic am Lureniboiirg-Garten, aber man nimmt eben vorlieb mit dem, was man hat. und das mit bcfviidcrcr Leichtigkeit, weu» man es nie besser ge habt hat und la»m je ans dcinHänfer meer der Großstadt an ein grünes Ge stade verschlagen ward. Das Licht der Gaslaternen, Läden und Privatwoh nungen dämmerte aus den Tiefe» der Straße empor, dein Winkelche» des Sternenhimmels entgegen, welchen die Stadtwohnung ihre»! glückliche» Inha ber neben aiider», allerdings sehr viel düstere» Winkel» u»d Lochern gönnt. Po» der Straße selbst vermochte Au gust nicht-Z zu sehen, weil eine mächtige Dachrinne, die einem schwindelfreien menschlichen Wesen sehr wohl als Bal con dienen tonnte, dein Manfardensen-- ster vorgelagert war. Man Hot das Leihhaus de» Bankier dmArmen ge nannt, diese Dachrinnen des alten Paris, d'ren Verschwinde» nicht nur von den Kapeii und Katern ver Arbei terviertel beweint wird, sind die schwe bende» Gärte» des vierten Standes. Der Garten unserer kleinen Glschwi sterfamilie, welche sich um ihn den Tag über nicht kümmern tonnte, beschränkte sich freilich ans einigc Töpfe mit halb vertrockneten Blattpflanze», die noch ans der Zeit der Mntter stammten. August war hcnte Abend besonders weich gestimmt, weil er endlich jenes Geheimste offenbart hatte, das er selbst vor dem Bruder mit mädchenhafter Keuschheit verborgen hatte, und weil es nn» vor dem Licht des brüderliche» Ur theils doch uicht ganz so bestanden hatte, wie er es wohl gehofft hatte. Und »nn saß er still da, das achtzehnjährige Ober haupt eiiier kleinen Familie, deren leise Athemzüge nnd deren kräftiges schnar chen ihn an seine verantwortlichen Pflichten gemahnten, und die armen Blumentöpse vor Augen, die ihn a» ein heiliges Vermächtnis; erinnerten. Ihm gegenüber, nur etwas tiefer, hatte» sich die Fenster des vierten Stocks entzündet, und die hin und wieder flackernden Schatten, das srvhliche Ge lärm männlicher nnd weiblicher Stim me», die Tanzweise» einer nicht gerade ans Eremona stammenden Fiedel ließen keinen Zweisel darüber auskommen, daß sich die Studenten in ihrem möblirirn Hotel trefflich ainüsirten. Aber in der Seele des jungen Mannes weckte diese Kiiiidgebnng eine wehmüthige Gegen stiimmuig. und versetzte ihn in die Ver gangenheit in einem Alter, wo man den Blick noch mit Vorliebe vorwärts schwei fen läßt. Vor sechs Wochen hatte die Mutter zum letzten Mal diese armen Pflanze» gepflegt und auf eben diesem Stuhl der Heimkehr ihrer Söhne geharrt, ihrer besten Aerzte, wie sie die nannte, deren Kunst midieren Zärtlichkeit sich gegen die Verheerungen des Tuberkelbacills leider ebenfalls ohnmächtig erweisen sollten. Dann war sie ins Hospital Cochin geschafft worden, beinahe ster bend. nachdem sie wie so viele ihres Standes, abgehärtet gegen körperliches Leiden ihre Muttc'rpflicht bis zum letzten Augenblick erfüllt und sich an ihren kleinen Haushalt nie an das Le ben selbst geklammert hatte. Was war das für ein herzzerreißender Abschied ge wesen, und dann der letzte am Sterbe bette in dem langen, weißgetünchten Saal, der ihnen wie eine Todtenhalle erschienen war! Bei dem bloßen Ge danken an diese Stunden, deren Ein zelheiten sich seinem Gedächtniß tief eingeprägt hatten, traten August die Thränen wieder in die Augen. Ver sprich nzir, August, daß du deine Ge schwister nie verlassen wirst! hatte sie gesprochen, indem sie ihn mit den schon halbverglassen Augen anstarrte. Nie, nie! hatte er gerufen, seine weinenden Geschwister leidenschaftlich an die Brust ziehend. Da war ein leises Lächeln der Befriedigung, ein letztes dankbares Lächeln über ihre Lippen geglitten, dann war sie entschlummert, um in der Abwesenheit der Ihrigen, einsam heimkehrenden, selbst einsam den letzten Athemzug zu thun. Aber noch weiter träunitt sich August in die Vergangenheit zurück und un willkürlich suchte sein Blick die Bilder seiner Eltern, die über seinem Bette hingen. Wie der unter ihnen mit tie fen gefunden Athemzügen schlummernde Emil doch der Mutter glich! Nur der Zug stiller Duldung im Ausdruck der Augen uud der Mundwinkel fehlte ihm. Gottlob! Ach, sie hatte in der That viel zn dulden gehabt i» der Ehe, »nd der, welcher nun seine Ellern vertrat, erinnerte sich noch ganz ivohl der rauhen Art, in der sein Nater die rast los fleißige Mutter behandelt hatte. Er war arbeitsscheu, unstet, eine echte Noiuadennatur gewesen. Kurz vor der Geburt Elisens ließ er seine Familie Hülflos zurück. Anfangs glaubte man, ihm fei etwas zugestoßen, was um so möglicher er schien, als er dem Absynlh ergeben war und alle Bcrsuchc, ihm dies Laster ab zugewöhnen, sich als vergeblich erwiesen hatten. Wie oft hatte August im Auf trage seiner Mutter in die Schenke gehe» müssen, am den Vater abzuholen, und wie selten mit Erfolg! Einmal war die Fra» auch selbst hinübergegan gen, »m dem Manne den Inhalt des Glases, das er sich trotzdem wieder stil len ließ, mit dem Ausdruck trotziger Verzweiflung wegzugießen nnd noch mals wegzugießen. Der Manu hatte die Zähne zusammengebissen und in der Schenke nichts gesagt, aber welche Scene hatte das naclcher zu Hause ge geben! Und so wäre es denn leicht möglich gewesen, dliß er, ein Opfer der Triinkleidcnschast, in der Seine oder— im Rinnstein geendet hatte. Aber in der Morgne Halle die Unglücklich, die für den Vater ihrer Kinder gleichwohl noch Liebe hatte, jeden Morgen vergeb lich geforscht, »nd erst viele Monate später erfuhr sie, daß er in Brüssel in weiblicher Gesellschaft gesehen worden war, errieth sie, dcch die Furcht vor der Last und Pflicht, die ihm d' Vermeh rung seiner Familie auserlegen werde, den Herzlosen vertrieben habe. So manches Mal hatte August seine Mutter in jener Tranerzeit an eben dem Fenster sitze» sehen, wie er selbst in diesem Augenblick. Von ihrer Con sectionsarbeit die geratheten Auge» er hebend, hatte sie denn auch in das kleine Sternciiwinkelchen gestarrt, der den ganzen Himmel und die ganze Hoff nung ihrer engen Arbeiterexistenz aus machte. als sei der beruseue Ernährer der Familie dahin verschwunden und als müsse er von dorther wiederkehren. Und der junge Mann dachte sich, den Blick auswärts, so lebendig in die Seelx seiner Mutter zurück, daß er wie sie die Empfindung hatte, als müsse sich jeden Augenblick die Thür austhnn, um den Vater ei»z»lassc», »nd als werde anch dann die Mutter wieder da sei», um ih» zu empsailgc» und ihn zur Ruhe zu bringe», ahne daß die im anstoßen de?, Kalnnet in dem jetzigen Bett Eli sens schliiinmerndc» Knaben von seinem Zustand etwas merkten. Aber sie merkten es doch, so jung sie auch noch waren, und so unbeweglich sie sich auch verhielten, und das gab dann jedesmal in ihren kleinen Köpsc» ei» seltsames Gemisch von Granen und Mitleid, schattenhaft vergrößert durch das Nahe» des Schluinmcrgottcs, der sür die Kinder den süßesten Balsam hat. Und a»ch für Auglist, dessen Lider schwerer wurden, hatte er den verdienten Lohn, während das all mählich verhallende Gerassel des letz leii Omnibus der Rue Saint Jacques anzukündigen schien, daß des Tages Arbeil vollbracht sei. Schon halb im Traum, aber da rum des Gelübdes, das er am Sterbe bett der Mutter gethan hatte, nicht minder eingedenk, lauschte er au der halbgeöffneten Thür de» Athemzügen der Ileineu Schwester, überzeugte er sich »iil schluinmcrtrnnlenem Blick, ob sie anch g»t zugedeckt sei, und wenige Se kunden slinimte er, a» der «weite des BruderS, in den Chorus seiner Ge schwister ein. Tan» schlug die Kir che» uhr Mitternacht, leise und vor sichtig wie eine Mntter, die ihre Kin der nicht wecken will, und gewissenhast, als habe sie August abgelöst in der hei ligen Pflicht, iiber di» Verwaisten zu wachen. 2. Zehn Jahre sind vergangen. Wit- der kündigt vom Luxembourgpalast her > eine völlig llar und frisch gebliebene Silberstimme, auf welche eine alternde Primadonna neidisch sein könnte, die Feierstunde, die Kirche von Saint- Jacques quittirt ihr grämlich ihre Pünktlichkeit und die schwere Eichenthür des DruckcreigebäudeS öffnet sich noch ebenso zögernd wie ehedem, als Habesich inzwischen nichts geändert. Und in der That auch die.Arbeiterschäar, die daraus ungeduldig und lärmend her vorbricht, scheint dieselbe geblieben zu sein, alt nnd jung stehen noch in dem selben Zahlenverhältniß und der Jüngste der Jungen ist immer dreizehn oder vierzehn Jahre alt. Aber wieviel hat sich trotzdem für den geändert, der vor zehn Jahren hier vorüberging! Unter die alte Firnia „Testu »K Mas sin" hat sich ein „Champenois Nachfol ger" geschlichen, das, so unscheinbar die Lettern anch sind, doch recht deutlich ver räth. daß selbst die Großen, selbst die Reichen dieser Welt dem ewige» Wandel unterworfen sind. Neben dem mächti gen Dritckereigebände hat sich seruer ei» Vcrmicthcr von Velocipcdcn niederge lassen, als wollten diese, flüchtig wie die Zeit, mit deren stolzestem Erzeugnis;, der Schnellpresse, in Wettbewerb treten. Auch ist es Winterszeit. Etliche der Arbeiter haben ihre Jacken nach italie nischer Art um die Schultern geworfen und August und Emil tragen kurze braune Jacken aus Wolleutricot. Aber das ist nicht die einzige Veränderung, die mit ihnen vorgegangen ist. Der eine, nun bald dreißig Jahre alt, trägt einen dichten kurzen Schnurr bart, dessen tiefschwarze Farbe sich von dem blassen, starkknochigen Gesicht scharf abhebt. Und blaß ist änch des anderen etwas ovaleres Antlitz, das neben dein Schnauzbärtchen noch durch einen aus dem halben Wege zu den Kinnbacken etwas stutzerhaft abschließenden Backen bart geschmückt ist. Aber nach einem kurze» Ausschreiten dnrch die schneidend kalte Winterlust strömt das in der Werkstatt gleichsam abhanden gekom mene Bl»t i» die Wangen zurück. Jetzt sind sie Bilder blühender Gesund heit und Kraft, haben sie doch der Ver suchung des verhäugnißvollen Alkohol genlisseS siegreich widerstanden. Die Kälte, der leere Magen, die Zehnsucht nach dem alten Heim, in m jetzt die Schwester als Hausfrau waltet, treiben sie die Rue Saint Jacques hinab, welche der Winter noch düsterer gefärbt hat. Sie haben sich wenig zn sagen weniger noch als ehedem. Etwas ist zwischen sie getre ten sie wissen selbst nicht was, denn die Selbstbeobachtung gehört nicht zu den Künsten, die man bei Testu und Massin und ihrem Nachfolger, bei dem fla<keruden Hin und Her der Setzer- Hände, bei den oft aus der größte» Entfernung geführten Wechselgesprä chen, bei dem Austausch von oft gesal zenen Scherzworte» zu erlernen pflegt. Dies „etwas" nun ist—Schwester Elise, um derentwillen sie auseinander eifer süchtig sind, die sie beide verhätscheln, aber in verschiedener Weise, über bereu Erziehung sie mehr und mehr verschie dener Ansicht wurden, bis sie einander tast entfremdet sind. (Fortsetzung folgt.) Es darf als bekannr vorausgesetzt werden, daß jede Bewe gung aus einer Reihe zusammengesetzter Bewcg»ngscrschcinnngcn besteht, welche so schnell a»s einander folgen, das; sie unserem Blicke nur als eine einzige er scheinen. Unser Auge ist nur im Stande, die Bilder der Gegenstände, welche an ihm vorüberziehen, für den einen Augenblick festzuhalten, in wel chem sie sich (einzeln oder in Massen) in sichtbarer Entfernung direkt vor dem selben befinden. Die Moinentphoto graphie steht nun zur Zeit aus einer fo hohen Stufe der Vollkommenheit, daß wir mit sehr sinnreich eingerichteten Apparaten in der Zeit des Brnchtheils einer Sekunde die einzelnen Phasen einer scheinbar einzigen Bewegung mit tels einer photographischen Ausnahme festhalten können. Die davon erhalte ren Abbildungen klebt man der Rei henfolge nach in gleichen Abständen auf einen Streifen Papier, welcher kreisförmig zusammengelegt wird, so daß Ansang nnd Ende sich berühren. Dieser BilderkreiS wird in eine» An schütz'schcn Schnellseher gebracht, des sen oberer Theil ebensalls kreisförmig (aber breiter als ver Bilderkreis »iid mit einer Spaltöffnung versehen) ist und aus einer Scheibe in Drehung ver setzt werden kann. Indem dies ge schieht, beobachtet man durch einen Spalt die genaue Reihcnsolgc der (scheinbaren) Bewegung der abgebilde ten Gegenstände. Die Herren Deine» ney nnd Marey vom College de France .jaben nach Angabe von Guy Toinel im „Figaro" diesen.Umstand benutzt, uni die Lippcnbewegungen einer spre chenden Person zu photographircn »nd deren Bilder, wie oben gezeigt, im schnellseher zu vereinigen, so daß die Taubstummen durch Nachahmung der vor ihre» Augen sich abspielenden (schein baren) Lippenbewegungcn «ach uud nach lernen, sich init jedermanns» verstän digen, ohne sich der ost recht lästigen und umständlichen Zeichensprache zu bedie nen, welche? nicht jedermanns wache ist. Fürwahr, eine der großartigsten An wendungen der schönen Kunst des Licht bildners im Dienste der leidenden Menschheit! Die Unglücklichen können sich in dieser Weise buchstäblich jeden Augenblick übe», und durch entspre chende Leitung zu der höchste» Stuse deutlicher Aussprache gebracht werde», und es leuchtet ein, daß hierbei unend lich viel Mühe uud Zeit erspart wird, denn selbst der gedntdigsle und men schenfreundlichste Lehrer ist nicht im Stande, fortwährend die, wenn auch lautlose», so doch höchst anstrengende» Sprechübungen seinen Zöglingen vor jumachen. von der Präzision derselben gar nicht zu reden. Die Manguste. Ackerbauminister Jeremias Rufk ha< hoffentlich mit seinem Vorschlage, zu< Vertilgung der Gopher-Plage im ge« treidereichen Westen das indische Ichneu mon oder Manguste einzuführen, eben« soviel Erfolg wie bei der Ausrottung des kalifornischen OrangenkäferS. Wahrend früher Jahr für Jahr dt« hoffnungsreichsten Ernten der goldenrti Frucht durch diese schädlichen Kerf« vernichtet wurden und so dem Staat« ein Schaden von Millionen Dollars erwuchs, hat es die Vedalia - Schlupf« wespe aus Australien fertig gebracht in kaum zwei Sommern den Orangen seind und seine ganze Brut zu vertil gen. Die Mangnste wird in ihrer Heima Indien hauptsächlich als Vertilger det giftigen Schlangen geschätzt. Selbst der tödtlichcn Cobra di Capello (Brillen schlange) geht sie furchtlos zu Leibe und achtet der wüthenden Bisse nicht, bis sie dem Reptil den Garaus gemacht hat. Die Manguste ist giftfest. Das rät selhafte wasserhelle Alkaloid aus den Giftdrüsen der Schlange, welches einem kräftigen Manne unrettbar binnen wenigen Minuten den Tod bringt, hat keine Wirkung auf die Manguste, welche kaum die Größe einer ansgewach stnen Hauskatze erreicht. Diese Eigen schaft der Giftfestigkeit theilt die Man guste mit dem Igel, dem Schwein und manchen Raubvögeln, von denen der bekannte „Sekretär" als Schlangen .äger brühmt ist. Aber auch gegen di« Nager tritt die Manguste als unver söhnlicher Feind auf. Wie die Katz« des Schiffsjungen, späteren Lord mayors von London, Richard Whtt tington, unter den Ratten von Hawaii furchtbar Musterung hielt, so hat auch die Manguste Kreits auf anderen In seln der Südsee, wohin man sie ver suchsweise aus Indien importirt hatte, unter de» Mäuse» und anderen schäd lichen Nagern gründlich ausgeräumt. Die Manguste ist leicht zu zähmen und dem Menschen schließt sie sich zutrau lich an. Natürlich ist ein derartiger Versuch immer ein gewagtes Experiment. Un ter veränderten Existenzbedingungen, verschiedenem Klima, verschiedener Nahrung ändert ein Thier leicht seine gewohnte Lebensweise. Der Schäfer hund ist in Australien znni Raubthier verwildert. Der europäische Spatz hat sich hierzulande gänzlich auf die schlechte Seite gelegt. Die aus China nach Oregon importirten Fasanen haben sich mangels natürlicher Feinde zu einer wahren Landplage für die Farmer des Willamette - Thals vermehrt. Jetzt thun die Krähen, die den schmackhaften Eiern der Fasanen nachstellen, der enormen Vermehrung einigermaßen Einhalt. „Eine Hand wäscht die andere." Dies Sprichwort gilt als Regel man chen Leuten, Die einen Dritten trachten auszubeuten; Doch seltsam wohl, daß Hände, die's so treiben, Gewöhnlich beide dabei unrein bleiben. Gedankensplitter. Die Stümper der Kunst sind gewöhn lich Genies der Reklame, und die Genies der Kunst meist Stümper der Reklame. Die Frauen sind niemals mit uns zufrieden: sind wir eisersüchtig, ärgern sie sich, sind wir es nicht, ärgern sich sich noch mehr. Erst wenn man selbst etwas wird, sieht man, wie viel Neid es auf Erden gibt. Unglückliche Liebe endet gewöhnlich mit— einer Heirath. Erst hitzig nnd dann kühl und still So wird dir nie das Werk gelingen! Den Braten, den man schmoren will, Muß man an stet'ges Feuer bringen. Schlau meyer. Ameyer: „Nun. wie steht es mitJhrem Proceß?" —Bemeyer : „Welchen Proceß meinen Sie?" Ameyer: „Den mit dein Schurken, der Sie um 20,000 Mark geprellt hat." —Bemeyer: „Ganz gut; wir haben uns verglichen; er hat meine Tochter geheirathet." Beharrlich. Hausherr (der einen zudringlichen Hausirer wiederholt vergeblich aufgesordert hat, das HaiiS zu verlassen): „Johann, kqminen Sie 'mal heraus und Wersen Sie diesen un verschämten Menschen hinaus!"—Hau sirer: „Bis er kommt, könnten Sie aber doch anschau n meine Waar!" Ein Optimist. „Bei Ihnen wohnt jetzt eine Sängerin, die so ab scheulich singen soll!?" „In, Gcgen iyeil sie singt wunder chon!" „Neulich solle» ihr aber vo» de» Nach barn die Fenster eingeworfen worden >ein!" „Jawohl, damit sie ihren Ge» >ang deutlicher hören können!" 3
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