v Der «aubfrasq. In der Selekta herrschte groß« Auf regung. Der Streich, den die „jungen Danietl" ihrem Literaturlehrer gespielt hatten, war der Vorsteherin zu Ohren gekommen, und diese „spie Feuer und Flamme", wie Gertrud Schröder sich auszudrücken beliebte. Es war aber auch gar zn bunt, was da mal wieder „ausgefressen" worden war. Unter Anführung von Gertrud Schröder hatte man einen jungen Laub frosch in den Hut des Lehrers gesetzt, der, als der Eandidat seine Kopfbe deckung am Ende der Stunde von dem Schranke nahm, wohin er ihn stets zu setze» pflegte, diesem in kühnem Satze in's Gesicht sprang. O. wie man dieses Vorkommniß all seitig bedauerte, und wie man sich ver wunderte, daß der Laubfrosch in den Hut gekommen war. Aber dieses Mal yattcn die Selektanerinnen die Rechnung ohne den Zorn ihres Lehrers gemacht. Spornstreichs war er zur Vorsteherin geeilt, und hatte ihr mitgetheilt, wie weit man sich vergessen halte. Fräulein Erica Weißbrot hatte bei der Erzählung die Brille hin und her geschoben, was stets ein Zeichen von großer Erregtheit bei ihr war, und eine exemplarische Bestrafung der Missethäte rinnen zugesagt. Sie war dann hinaus gegangen in die Selekta und hatte Auf klärung verlangt. Aber trotz ihres Zornes und trotz alter Drohungen war nichts zu erreichen. Die jungen Mäd chen blieben bei ihrer Behauptung, daß sie nicht wußten, woher der Frosch ge kommen war. „Wissen Sie es auch nicht, Gertrud Schröder?" fragte die Vorsteherin mit besonderer Betonung: und ein „ganz gewiß nicht" war die Antwort. Die Vorsteherin wußte genug. Näm lich, daß sie doch nichts erfahren werde. Aber ungestraft sollte diese Freveltbat doch nicht hingehen. Die ganze Klasse mußte zwei Stunden nachsitzen. Man denke. Die Selekta, die ganze Selekta zwei Stunden nachsitzen. Mäuschenstill war es geworden, als die strenge Leh rerin die Strafe diktirte. „Und dann werden Sie Ihren Lehrer um Verzei hung bitten, verstanden?" hatte sie hin zugesetzt, „und Gertrud Schröder wird Das war zu viel. Um Verzeihung bitten und Gertrud Schröder die Sprecherin! Und dann war der gefürchtete Tag gekommen. Sie hatten olle ihre Strafe abgesessen in stummem Trotz, und jetzt sollte die Literaturstunde beginnen. O, wie Gertrud das Herz klopfte! Warum geschah kein Wunder? Warum that sich die Erde nicht auf, um sie zu verschlin ge»? Und dazu noch die stille Schaden sreude der Mitschülerinnen! Die Thür wurde geöffnet, und herein trat der Mann, dem sie, ehe der Unter richt begann, ihre Bitte im Namen der ganzen Klasse vortragen mußte. Sie schluckte mehrere Male etwas, das ihr in die Kehle gekommen war, hinunter und begann dann zu sprechen: „Im Namen der ganzen Klasse bitte ich Sie, Herr Doctor, um Verzeihung für das Unrecht, das wir Ihnen ange than, indem wir in der letzten Stunde .Ihnen" —weiter kam sie nicht. Der Lehrer war erst überrascht, als «r bemerkte, daß Gertrud Schröder, die Unbändigste von der ganzen »lasse, ihn, der keiner Fliege etwas zu Leide thun konnte, um Verzeihung bat. Dann siegte seine Gutmüthigkeit, und lächelnd auf das wie mit Feuer übcrgossene Mädchen zutretend, bat er die Sache auf sich beruhen zu lassen und zum Platz zu gehen. Gertrnd athmete auf und eiligen Schrittes kam sie der Aufforderung nach, um dann in heftiges Schluchzen auszubrechen. Seit dxr Zeit hatte der Herr Eandi dat Bruno Armleder Ruhe vor seinen Schülerinnen. Keine dachte mehr da ran, ihm einen Streich zu spielen, denn Gertrud, die sonst Nimmermüde im Auehecken bvser S'reiche. ließ die Flu gel hängen, und die Anderen waren zu indifferent. Als der Frühling seine ersten Boten, die Sonnenstrahlen in's Land sandte, und Ostern gekommen war, da verließen die meisten Schülerinnen der Selekta die Anstalt; und unter ihnen war auch Gertrud Schröder. Die Sitte ver langte es, daß die abgehenden Schü lerinnen von ihren sämmtlichen Lehrern Vorschrift nachgekommen. War es doch den meiste» junge» Mädchen ein Gau dium, sich von ihre» Quälgeistern, wie sie die würdigen Herren, und von ihrem Oberqualgeist, wie sie die Vorsteherin nannten, zu verabschieden. Auch Gertrud fühlte ein geheimes Wohlbehagen, als sie zum letzten Male vor ihren Lehrern stand. Nur als die Reih« des AbschiednehmenS an den letz sie Kehrt und entrückte der Schule aus Nimmerwiedersehen. . Ein volles Jahr war ins Land ge ga»,cn. Gertrud hatte ihren ersten tpaU, aus dem sie sich köstlich amüfiri hatte, „längst" hinter sich, und hätte Hei na le sogar einen »orb ausgetheilt. Es war aber nicht dazugekommen, weil Thekla Land, ihre beste Freundin, dem Anbeter, der so »furchtbar" ungeschickt W einen Wink gegeben hatte. Tie te.de» Freundinnen hatten sich hierüber eruirnt, denn Gertrud hatte Thekla Vorwurf« über ihr Verhalten gemacht und diese hatte sich das nicht ge alle'' lassen mollen. Es war aber auch zu ärgerlich. Einen Korb zn ertheilen ist sür ein junges, kaum der Schule ent wachsenes Mäd.-den keilte Kleinigkeit, und sich darum gebracht zu sehe», taun selbst ein Lamm in Zorn bringe»; nna Gertrud Spröder war durch aus kein Lamm. Sie hatt« ihre Freundin dann gänzlich, oder auch gänzlich ignorirt, bi» dies« ~ch mit einem jungen Arzt, verlobte. Da siegte die gute Natur Gertruds. Voller Freude war sie zu Thekla geeilt und hatte sie umarmt und geküßt und von ganzem Herzen Glück gewünscht. Tann kam der Bräutigam „strahlend wie ein junger Gott", und es tegann ein Plaudern und Scherzen wie zwischen alten Bekannten. Im Laufe des Gesprächs kam man auch auf die Schulzeit zu sprechen, in dem man sich die Freuden und Leiden dieser Periode theilweise in'S Ge dächtniß zurückrief, theilweise mittheilte. Natürlich wurde auch die Froschge schichte erzählt, wobei man sich herrlich amüsirte. Doch als der Name Bruno Armleder genannt wurde, da horchte fsranz, so war der Name des jungen -Verlobten, hell auf, und dann in ein schallendes Gelächter ausbrechend, meinte er, daß dieser sein bester Freund sei, dem allerdings so etwas leicht Yas siren könne. „Aber ein herzensguter Mensch ist er", setzte er hinzu; „und dem hättet Ihr eigentlich nicht solchen Streich spielen sollen." Gertrud und Thekla sahen daS allerdings auch ein, aber an dem Faktum war leider nichts mehr zu ändern. Zudem waren sie der Schule entwachsen (Thekla war ja fo zar verlobt), waS sollten sie sich also mit solchen Angelegenheiten noch ab geben. Die Vorbereitungen zu der Hochzeit wurden mit großer Energie betrieben, denn, da der Bräutigam eine Stelle als Assistenzarzt an einem namhaften In stitut in der Residenz angenommen hatte, so mußte, wenn da» junge Paar zur rechten Zeit eintreffen sollte, Eile zeinacht werden. Gertrud kam sich ungemein wichtig iwr. Ihre Freundin berieth Alles mit ihr, und mit einer Sicherheit, als wäre ihr daS Verheirathen ihrer Fveundin ien eine tägliche Beschäftigung, nahm ie die Führung der Geschäfte in die band. Ein Glück nur, daß die Mutter Thekla'? da war. ES wäre sonst wohl !in sehr buntes Arrangement geworden. Und dann war der Tag der Hochzeit da. Früh Morgens war Alles auf den Beinen, und soviel war zu thun, daß »an kaum fertig war, als eS zur Trau ing ging. Die Kirche war gefüllt mit Hochzeitsgästen und Neugierigen, und Gertrud fühlte in der allgemeinen Rüh rung, die auch sie befiel, so etwas wie den Wunsch, recht bald ebenfalls vor sein Altare zu stehen und mit dem Manne ihrer Wahl für'» Lebe» verbun den zu werden. Man war dann zum HochzeitSsaal ge fahren, wo die Stimmung allerdings tiicht mehr so feierlich war, wie in der Kirche, dafür aber einer heiteren Laune ZZlatz gemacht hatte. Der Knäuel, der sich um daS eben getraute Ehepaar ge bildet halte, löste sich allmählich in klei nere Gruppen auf und die Vorstellun gen begannen. Auch Gertrud machte icue Bekanntschaft und plötzlich stand nn Herr vor ihr, den sie sofort als ihren früheren Lehrer, den Kandidaten Bruno Armleder erkannte. Sie war ganz befangen geworden, als er ihr die Hand zum Gruße bot, und mit stocken der Stimme gab sie auf seine Frage »ach ihrem Befinden Auskunft. ES war aber auch zu fatal, daß dies« Begegnung hier stattfinden mußte. Sie mochte gar nicht aufsehen zu dem großen, stattlichen Mann, der ihr jetzt ganz anders vorkam, als zur Zeit, da sie noch seine Schülerin war Sein Wesen war überhaupt ganz anders ge worden. Er war gar nicht mehr so ungeschickt, wie in der Schule, wo er den unbändigen Mädchen gegenüber eine so eigenthümliche Rolle spielte. Er sprach und benahm sich so sicher; ganz anders als früher, und sie fühlte, daß sie sich ebenfalls anders benahm; aber ,u ihrem Nachtheil. Sie war befangen diesem Manne mit der großen Ruhe gegenüber, nnd da-Z ärgerte sie. Am liebsten wäre sie heute auch davon ge laufen, wie damals aus der Schule; aber das ging doch nicht. Sie hätte sich ja unendlich blamirt. Und jetzt fing er sogar von ihrer Schulzeit an zu sprechen, und fragte sie ganz ruhig, warum sie denn bei der Abschiedsfeier, ohne ihm Adieu zu sagen, fortgeeilt war. Sie wußte eS nicht mehr genau. Sie glaube, sie sei von eWin plötzlichen Unwohlsein befallen worden. Sie halten sich inzwischen gesetzt, und Gertrud wurde immer unbehag licher zu Muthe, und er redete immer mehr aus sie hinein, und plötzlich sagte er ganz naiv, daß sie doch nicht immer i l ihren Schooß sehen solle, und doch vergessen möge, daß er einst ihr Lehrer gewesen war. Sie ärgerte sich über diese Bemerkung, und mit aller Krast nahm sie sich zusammen und schüttelte ihre Befangenheit ab. Sie lachte und plauderte mit ihm und sah ihm inS Aesicht; denn sie war ja eine Dame, und er war ein Herr, der zufällig mal früher ihr Lehrer war. Freilich, daß sie ihm öfters einen Streich gespielt hatte, zuckte ihr dann und wann durch den Kopf, und dann mußte sie sich je desmal zusammennehmen,um ihre Würde zu bewahren, weil sie sich schämte. Pah, warum wohl! und dennoch: sie fühlte sich immer und immer wieder besangen und wünschte sehnlichst von dieser Ge sellschaft befreit zu sein. Es konnte ji auch gar nicht lange mehr danern, daß man zu Tische ging, und dann wollte sie sich entschädigen und mit ihrem Tisch herrn Champagner trinken und Knall bonbons entzwei reißen und überhaupt ausathmen. Denn jetzt war eS gerade zu schrecklich. Endlich nahte der ersehnte Augenblick heran. Ein Diener hatte zeineldet. daß angerichtet sei, und nun ergoß sich der Schwärm der Gäste in den Speisesaal. Bruno Armleder war ebenfalls ausgestanden und mit einer eleganten Verbeugung bat er Gertrud um ihren Arm, da ihm die Ehre zu Theil geworden sei, sie zu Tische zu führen. O. w: schrecklich! Das mußte ih, passire», ihr, die Alle» arrangirt hatte nnd nicht einmal wußte, daß dieser ent setzliche Mensch überhaupt geladen war, and jetzt sogar an ihrer Seite sitzen sollte, mehrere fürchterlich« Stunde« lang. Sie waren dann zusammen zu Tisch« gegangen und schweigend verzehrten sie die Suppe. Er hatte ihr dann ein Gla» Mein eingeschenkt, und sie mußt« mit ihm anstoßen und trinken. Dai war schrecklich, aber eS hals doch etwa» über die Situation hinweg, denn de, Wein that seine Schuldigkeit; und bei dem zweiten Glase wurde sie schon et was aufgeräumter. Dann wurde de, erste Toast auf das junge Paar ausge bracht und Gertrud stieß wieder an und nickte ihrer Freundin und deren Gatten zu und diese nickten wieder, als besteh, ein leichte« Einverständniß zwischen ihnen. Als die Tafel sich dem Ende näherte, befand sich Gertrud in einer Laune, du gänzlich von Befangenheit frei war. Si, stieß mit ihrem Tifchnachbar an und riß Knallbonbon« entzwei, ganz wie sie ei sich vorgenommen hatte. Nachdem die Tafel aufgehoben war, ging man in den Garten. Bruno hatt« Gertrud den Arm gereicht, und sie lach ten und scherzten, als hätte es nie eine? Laubfrosch gegeben. Eigenthümlich wie der Herr Eandidat sich aber anet in einem Jahre verändirt hatte. Et trug das Haar nicht mehr wie früher glatt an den Kopf gescheitelt und war, wie sie jetzt erst bemerkte, überhaupt ei« hübscher Mensch. Besonders wenn er lachte. Dann kamen seine herrlichen Zähne wieder zum Vorschein, und um seinen Mund legte sich ein so hübscher, gutmüthiger Zug. Und lustig war er, und erzählte Schnurren und Geschichten, daß man sich ausschütten mochte vvl Lachen. Der erste Tanz gehörte natürlich ihrem Tischnachbar, und als sie zum zweiten Male mit einem andern tanzen mußte, da amüsirte sie sich garnicht, und freute sich, daß Bruno garnicht tanzte, sondern vom Büffet eine Erfrischung holte, die er ihr dann, sobald sie Wiedel saß, überreichte. ES war doch ein herrlicher Tag worden. Viel schöner als sie geglaubj hatte, und sie hatte sich von dieser Hoch zeitofeier sehr viel versprochen. Be fonderS wollte sie sich von all' der schneidigen Herren tüchtig den Hof ma che» lassen; und jetzt, wo Alles auSge blieben war, vermißte sie eS garnicht Wie das wohl eigentlich gekommen war? Sollte sie vielleicht sur Bruno, ihren früheren Lehrer, so viel Jnteress« gefaßt hatea, daß sie die Anderen gar nicht vermißte? Nein, nein! DaS konnte ja garnicht angehen. Und den noch, es war so, cs mußte so sein! Ein wonniges Gefühl kam über sie, als si« die Vorgänge des heutigen TageS an ihrem Auge Revue passire» ließ. Sie hatte garnicht gemerkt, daß si« neben ihm saß, und daß er sie unver wandt ansah, und jetzt leise, ganz leis« ihre Hand faßte und heinilich drückte, ein-, zweimal; bis sie sich darauf er tappte, daß sie den Druck erwiderte. Und plötzlich war eS gekommen, sli wußte nicht wie, daß sie draußen in dunkeln Garten stand, wo der Flieder duftete und die Nachtigall sang, und ?i neben ihr, und ihre Hand gefaßt hatte. Und plötzlich hatte er sie in seine Arm« genommen und sie auf die Lippen ge küßt, unv sie hatte es gelitten und dann Kuß um Kuß mit ihm getauscht uuzäh lige Mal. Ein Jahr später war Gertrud dii Frau des wohlbestallten Pfarrers Bruno Armleder, und war glücklich; so glücklich, wie nur wenige Menschen, di, ihrem Lehrer einst einen solchen Streich gespielt hatten, wie sie. An Sie, oderLiebe überwittdet all« Hindernisse. Und würd' ich am Nordpol segeln, Md Du hätt'st am Südpol Quartier Ich kratzt' mit den Fingernägeln Mich durch den Globus zu Dir. Und wenn cs Dein Vater nicht litte, Weil ich nicht so reich bin wie Du, Ich sammelt' Cigarrenabschnitte, Bis mir die Million fiele zu. Und wenn auf dem Meeresgrunde DL wohntest, und ich am Strand, Ich wurde mit eigenem Munde Austrinken das Meer bis zum Land, Und läge auf Deinen Wangen Der Puder auch noch so dicht, Ich würde Dich küssend umsanges.. Bis reinlich wär' Dein Gesicht. Ein tüchtiger Jagd hund. Als ich vor zehn Jahren noch in englischen Diensten stand, erzählt« der Seecapitän Buller, benutzte ich einen längeren Urlaub, um auf meinem Gute in Hampshire der Jagd obzuliegen. Eines Tages stand mein Hektor, ein vorzüglicher Vorstehhund, vor einem Volt Hühner. Eben will ich schießen, da kommt ein Bote von der Admirali tät, ich solle mich sofort an Bord bege be» und absegeln. Ich gehorchte na türlich. Nach einer einjährige» Ab wesenheit kam ich wieder auf das von mir zuletzt bejagte Feld. Und was finde ich da? Das Skelett meines Hektor in derselben Stellung, in welcher ich ihn verlassen hatte. Ich hatte damals ver gessen, den Hund abzurufen, und im Eifer feiner Pflichterfüllung war er stehen geblieben, bis er verhungerte. Postalische Findigkeit. An den Professor M. kam ein unbe fchriebenS Eouvert, in welchem ein un beschriebener Briesbogen steckte, mit de, Aufschrift: „Adressat nicht zu finden." Nach langem Grübeln und nach ein gehender Prüfung des Papiers mußti sich Professor M. sagen, daß er wirklick Absender dieses unbeschriebenen und un adressirien Brie-eS sei. Aber wie wuß ten Sie eS, fragte er den Pofidirector, daß ich der Absender bin? Nun, wei wäre hier am Orte sonst woyl so zer streut, einen Brief abzusenden, den ei zu schreiben vergißt? Hinter sich bringt, wer et was vor sich bringt. «t« dtlltg«« »N». ES war bei einer letzten Gemäldever steigerungen im Hotel Drouot. Herr Maurice, ein unermüdlicher Liebhaber und Sammler von Gemälde», hatte ei nen kleinen Prüdhon um den Preis von 7057 Francs erstanden. Nach beendigter Licitation übergab Maurice dem betreffenden Auktionator 7000 Francs -» conto mit dem Ersu chen, ihm daS kleine Meisterwerk so bald als möglich zu üb«rsenden, damit er eS in seiner Bitdergalerie aufstellen könne; zugleich bat er ihn, er möge ihm die Quittung auf nur 5? Francs ausstel len, damit seine Frau, welche die Paf fion ihres Gatten nicht theilte, über den Preis des BildeS getäuscht werde. Der Beamte befolgte aufs Genaueste die Weisung des Herrn Maurice, und einige Minute» nach dessen Heimkehr erschien auch schon der Commissionär, »er ihm das Bild und die gewünschte Quittung überbrachte. Julie," sagte Maurice zu seiner Fra >, .gieb mir gefälligst 57 Francs, Du wir>t o viel Kleingeld in meinem Zimmer linden." „57 Francs für ein so kleines Bild!" rief Frau Maurice aus, nachdem der Tommissionär sich entfernt hatte, „57 iaare Francs! Du weißt wahrhaftig »icht, was Du mit dem Gelde anfangen sollst." „Ich weiß schon, wa» ich thue, liebes lkind; sei ohne Sorge. Ich habe ein zortreffliches Geschäft gemacht, und venn ich daS Bild verkaufen wollte, vürde ein hübscher Gewinn heraus schauen; aber ich bitte Dlch, laß zu Tisch decken, ich habe einen sehr achtba ren Hunger." Man setzte sich zu Tisch und speiste mit Appetit; aber Madame Maurice, die noch immer nicht überzeugt und itwas ungläubig war, hatte immer die 57 Francs und daS Bild vor Augen, das sie ganz abscheulich fand. Tags darauf erschien Madame Mau rice ganz freudestrahlend vor ihrem Nanne. „Umarme Deine Julie, lieber Mann," :ief sie ihm zu, „sie hat soeben ein glän >endeS Geschäft abgeschlossen. Du weißt »och, Dein kleines Bild, da» Du gestern lach Hause brachtest." „Ja wohl, nun?" „Ich habe es dem alten AnselmuS im 15? Francs verkaust." „Dem alten AnselmuS?" fragte Maurice in fieberhafter Unruhe, „wer st der alte AnselmuS, wo wohnt er?" „Aber, lieber Freund, was hast Du >enn? Der alte AnselmuS ist der Schwiegervater meiner Näherin und vohnt in der Chaussee d'Antin N 0.68." Maurice gibt weiter keine Antwort, sondern stürzt die Treppe hinab, wirft iich in einen Ziaker und eilt, um den »lten AnselmuS aufzufinden. Bei der Häherin seiner Frau erfährt er, daß ihr Schwiegervater nicht bei ihr wohne, sondern in der Rue Mousieur le Prince )!o. 37. „Rasch, Kutscher, nach der Rue Mon sieur le Prince," ruft Maurice dem Fiaker zu, „tummle Dich, fünf Francs sür Dich extra, wenn wir rechtzeitig inkommen." Der Kutscher gehorcht, und in kaum zwanzig Minuten hält der Wagen vor der Wohnung des alten Anfelmus. Er trifft ihn glücklicherweise zu Hanse »ber eine neue Enttäuschung wartet seiner. AnselmuS hatte bereits das kild einem Kausmann vom Boulevard Beaumarchais sür 1000 Francs ver tust. Indessen versprach er ihm, das Bild legen eine geringe Draufzahlung wie »er zu verschaffen und erbot sich sogar, hn zu dem Käufer zu begleiten. Aber auch hier war eS schon zu spät, >enn der Kaufmann hatte das Bild »nein bekannten Freunde aus Lyon für ZOOO Francs verkauft, unl> dieser Freund var soeben abgereist. „Sein Name ?" fragte Maurice. „Ni»o!auS Palu. Kaufmann aus Lyon." .Und er ist schon abgereist?" „Leider ja, er ist schon auf dem Bahn jofe, ich selbst habe ihn zum Wagen be zleitxt." „Da bleibt nicht» übrig, als ihn ein zuholen; wohlan, Monsieur AnselmuS, »egleitxn Sie mich zum Bahnhof." Rasch wie der Blitz eilt der Fiaker dahin, man kommt auf dem Bahnhofe >n, und eben soll der Zug den Bahnhos oerlassen. Es ist unmöglich, sich durch die Nenge der Packer und Bahnbeamten durchzudrängen, um den Gesuchten auf jufiuden. ES bleibt nicht» übrig, als schnell iine Karte zu lösen, in den Wagen zu steigen nnd mitzufahren. „„Da," sagte Maurice zu AnselmuS, „geben Sie diesen Zettel an den Eon nerge für meine Frau; aber kein Wort oon unserer Spazierfahrt, noch von dem Bilde, hören Sie!" Maurice hatte auf den Zettel nichts ,lS die Worte geschrieben: „Ich reise nach Lyon." Ganz mit seinem Bilde beschäftigt, machte Maurice die Reise, ohne auch itur ein Wort mit seinen Reisegenossen zu wechseln. Sein stummer Aerger er regte ein gewisses Interesse bei einem Mitreisenden, der sich an ihn mit den dorten wandte: „Nun werden wir bald an'S Ziel ge langt sein." „Ah, ja wohl," erwiderte Maurice, der aus feiner Lethargie erwacht«, „ja, wenn ich nur meinen Mann finden tonnte." „Wenn Ihr Mann ein Lyonefer ist," meinte sein Reisebegleiter, „so will ich ihn in vierundzwanzig Stunden ausfin dig gemacht haben, vorausgesetzt, daß rS ein halbwegs bekannter Mann ist." „Er »st et» Kaufmann." „Kausmann bin ich selber; wie heiß! er denn?" „NicolauS Palu." .NicolauS Palt»?" »Sie kennen ihn?" »Ich habe keinen besseren Freund Er, seine Frau, seine Kinder, seine Fa milie sind Diejenigen, die ich mehr liebt al« Alles aus der Welt." „Gut, gut; aber eS genügt mir nicht, mit ihm blos zusammenzutreffen. Wird er wohl den Schmerz würdigen, den Jemand empfindet, der sich eines Bil des beraubt sieht? Denn sehen Sie, mein Herr, ich bin in dieser Lage." „Trösten Sie sich, wie ich Herrn Palu kenne, wird er Ihren Schmerz zu würdigen wissen, und Sie sollen Ihr Bild sofort zurück erhalten." .Sofort? wie verstehen Sie da»?- „Ich verstehe darunter, daß Sie da» Bild erhalten können, ohne daß Sir den Wagen verlassen brauchen, vorausgesetzt, daß «S ein Prudhon ist." „Ein Prudhon," ruft Maurice freu big aus, „ja es ist ein Prudhon, aber woher wissen Sie das?" „Ein Prudhon, ver gestern auf dem Boulevard Beaumarchais sür 3000 Francs gekauft wurde?" „Ja, aber mein Herr, woher wissen Sie das Alles?" „DaS ist sehr einfach, denn der Herr, mit dem Sie sprechen, ist Niemand an deres, als Nicolaus Palu!" „Ah, mein Herr, und Sie wären wirklich so gut?" „Ihnen Ihr Bild zurückzugeben, so bald wir aussteigen, es befindet sich un ter meinem Gepäck." Maurice wußte nicht, wie er seinem liebenswürdigen Reisegefährten danken sollte. „Ich habe schon mehrere Prudhon? und kann diesen leicht entbehren; ich habe ihn mit 3000 Francs bezahlt. Sie sehen hier die Quittung. Er steht Ihnen für dieselbe Summe wieder zur Verfügung." Herr Maurice bezahlt die Rechnung und kauft so sein Bild zum zweiten Male; kommt auch damit nach Hause, aber diesmal nicht heiter und triumphi rend, sondern sehr, sehr verstimmt und mürrisch. Alle Fragen seiner Frau läßt er unbeantwortet, und diese zer bricht sich noch immer den Kopf, wie die merkwürdige Geschichte denn eigent lich zusammenhängt. Die Braut des MilltoiiSrS. Folgende kleine Geschichte spielte in Ems; die Hauptbetheiligten sind drei in Berliner Schauspielkreisen bekannte Persönlichkeiten: In Ems weilten die Schauspieler L. und R. Sie begleite ten einen abreisenden Freund zum Bahnhof. Dem ankommenden Zuge entstieg ein sehr elegant gekleideter Reisender, der den Schauspieler R. mit oen Worten begrüßte: „Mein lieber R„ wie geht es Ihnen kennen Sie mich nicht mehr, ich bin der Baron Stieglitz" (bekanntlich einer der reichsten russi schen Millionäre). „Jawohl", ant wortete Herr R. und stellte den Baron seinem Begleiter L. vor. Sie gehen zusammen in die Stadt, gehen in ein seines Restaurant, dort wird fonpirt; mehrere bekannte Herren und Damen, die zufällig in demselben Lokale erschei nen, werden eingeladen, der Sekt fließt in Strömen. Inzwischen ist es fpät Nachts geworden, der Baron hat noch keine Wohnung, er zieht auf Veranlas sung de» Herrn R in dessen Haus, in welchem auch eine bekannte, früher am Lefsing-Tlieater engagirte, Schauspiele rin Fräulein Be., wohnte. Diese lernte der Baron kennen, zeigte sich mit ihr sehr oft auf der Promenade; sie fuhren zusammen aus und kamen in das Gerede der Leute. Als Herr R. dem Baron deshalb Vorhaltunzen machte, erklärte er: „Niemand hat das Recht zu sprechen, ich habe mich mit Fräulein Be. verlobt." Die Schauspielerin war die vielbe neidete Braut des weltbekannten Millio närs Stieglitz Die kostbarsten Ge schenke, werthvolle Geschmeide, Juwelen ic. wurden ihr in Hülle und Fülle von dem Bräutigam überreicht. Diners, Soupers, m-iil-00-Uoli Wechsel ten mit einander ab. Inzwischen war in dem Hause, in welchem der Baron Stieglitz logirte, ein älterer Herr eines TageS ganz früh am Morgen vorge fahr«n und wollte den Baron Stieglitz sprechen. Man führte ihn zu demsel ben, und einige Stunden später machte der Baron Stieglitz am Arme des älte ren Herrn einen Spaziergang durch die Stadt, was nicht auffallen konnte. Der Weg sühr!e zum Bahnhof, beide Herren fuhren ab. Man erwartete in der Wohnung vergeblich die Rückkehr des Baron Stieglitz. Er war verschwun den! Jetzt macht der Schauspieler R, seinem Freunde L. das Geständniß, daß fein Geld alle sei, weil er seinem Freunde Stieglitz zweitausend Mark ge borgt hätte. Eine Menge von Gläubigern fand sich «in, Juweliere, Modisten, Fuhr werkSbefitzer :c. Zwei Tage später er schien der ältere Herr wieder, ließ alle Gläubiger zusammenrufen und be zahlte deren Nechnnngen (im Betrage von 31,000 Mark) auf Heller und Pfennig. Nun wollte Jedermann wis sen, wer denn eigentlich der ältere Herr sei, der sich hier als Wohlthäter des Baron Stieglitz erwies. „Meine Her ren," sagte der ältere Herr, „ich bin der Irrenhaus Direktor von Nassau, der Herr, der sich Ihnen als Baron Stieg litz vorgestellt hat, ist meiner Obhut an vertraut, er ist ein harmloser Geistes kranker, der sich einbildet, der Baron Stieglitz zu fein, selbst aber sehr reich ist und der jährlich ein- oder zweimal solche heimliche Exkursionen aus der Irrenanstalt unternimmt, bis ich einige Tage später, wenn ich über den Ort sei ne» Aufenthaltes unterrichtet bin, ihn wieder zurückhole." Der Vorfall ist für alle Betheiligten ohne weitere Zwi schenfälle abgelaufen, nur Fräuleiu Be. scheint von demselben, wie der Eonfec tionair meint, tiefer ergriffen worden zu fein. Sie hat sich nach Amerika be geben und ein Engagement in waukee angenommen. Thränen sind Perlen. Kein Wunder, daß man bösen Meujcheo 'eine Thränen erpresse» kann. Da» L»ch«l«. Da» Lächeln steht Ihnen entzücke»!», meine Gnädige l ES bringt mich aus die Vermuthung, Sie hätten daS Ge heimniß dieser Kunst Ihrer himmlischen Schwester, der Sonne, abgelauscht! Ein leichter Schlag mit dem Fächer bestrafte meine kühne Huldigung. Sie sind ein unverbesserlicher Schmeichler! schmollte meine schöne Nachbarin. Und warum? wagte ich zu entgegnen. Gibt es wohl etwas Bezaubernderes als ein Lächeln von schönen Frauen lippen? Es entstammt ja dem Para dies. Wissen Sie das so genau? fragte sie lachend und mit sichtlicher Neugier. Ich gerielh einigermaßen in Ver legenheit, was ich darauf antworten sollte, denn, offen gestanden, in all mei nen vorgeschichtlichen Studien hatte ich nirgends auch nur die leiseste Andeutung gefunden, die meine Behauptung ge rechtfertigt hätte. So half ich mir denn mit einem diplomatischen Schach zuq, indem ich die directe Quellenan gHs vorsichtig umging. Es unterliegt doch wohl keinem Zwei fel, erwiderte ich, nur in den seligen Gefilde» des Paradieses konnte das Lächeln erstehen und wir verdanken diese holde Gabe unserer liebreizenden Stammmutter Eva. War sie wirklich so fchön? unterbrach mich meine wißbegierige ZuHörerin. Selbstverständlich war Eva eine Schönheit ersten Ranges, ging sie doch unmittelbar aus oer Hand des Schö pfers hervor. Und um ihre Schönheit zu einer unwiderstehlichen zu machen, verlieh er ihr noch ein besonderes Ge schenk: aus ihren Lippen erblühte der holdeste Zauber des WeibeS sie lächelte. Und mit diesem Lächeln schlug sie Adam in Fesseln, brach sie dem strengen göttlichen Gebot: „Er soll dein Herr sein!" für alle Zeiten die Spitze ab. Was sie dann bei der Vertreibung aus dem Paradies auch zurücklassen muß!e dieses Lächeln nahm sie mit und vererbte es auf alle Töchter der nachfolgenden Geschlechter. Freilich ein Tanaer-Geschenk. denn wer könnte sagen, welche Verheerungen das oer? sührerische Lächeln eines schönen Frauen mundeS schon angerichtet hat! Vielleicht nicht mehr als falsche Lie besschwüre von Männerlippen! parirte meine Nachbarin sehr geschickt den Schlag. Sie hatte nicht ganz unrecht, da« mußte ich gestehen, und da die Ga lanterie mir verbot, mein eigenes Ge schlecht zu vertheidigen, so beschloß ich. daS gefährliche Gebiet zu verlassen und eine harmlosere Saite des Themas an zuschlagen. Ich kann Ihnen allerdings nicht un bedingt widersprechen, meine Gnädige, sagte ich daher, obgleich sich ja darüber streiten ließe, auf welcher Seite mehr Unheil angerichtet wird. Aber ich denke, fuhr ich fort, ohne ihre» kampf lustigen Blick zu beachten, wir lassen uns nicht darauf ein, sondern beleuchten das Lächeln in friedlicher Weise von einer andern Seite. Elektrisch? warf sie ein. Nur mit dem Schein der Diogenes laterne! gab ich zurück. Sehen Sie, aus dem ersten Paradieseslächeln haben sich im Laufe der Jahrhunderte eine Meng« Abarten entwickelt, die man aber recht gut sämmtlich in zwei Kategorieen ein theilen könnte. Ah! lachte meine ZuHörerin spöt tisch, haben Sie glücklich wieder einen Stoff für Ihre ClassificirungSmani« gesunden? Ich sehe es kommen, daß Sie dieselbe demnächst auch noch auf den Duft aus Blumenkelchen und den Staub auf SchmetterlingSflügeln, aus die Thauperlen der Wiese und die Son nenstäubchen der Lust ausdehnen wer den. Das wäre allerdings ein reiches Feld für meine Forschungen, aber ich sürchte, mein kurze; Dasein würde für so ver wickelte Arbeit nicht ausreichen. Wie schade, es müßte so interessant sein! Nu», vielleicht machen Sie wenig stens den Versuch, sei es auch nur, um mich zu belehren. Sie sah mit schelmischen Augen zu mir herüber und fuhr dann fort: Doch nun lassen Sie mich hören, in welcher Weife es Ihnen gelungen ist, den leichten, flatterhaften Genius des Lächelns zu zergliedern. Wie ich Ihnen bereits sagte, begann ich, gibt eS zwei Arten des LächelnS: da» Herzens- und daS Verstande»- lächeln. Ah! Da» erstere gedeiht nur auf der Son nenseite des Gemüthes; es strahlt die innere Seelenstimmung getreu und drückt mit stummer Beredsamkeit die Gefühle aus, die uns bewegen —es ist wie ein Lied ohne Worte. Ost huscht es nur unmerklich wie ein Hauch über das Antlitz, wie ein Strahl, der kaum ausleuchtend auch schon wieder erlischt. Aver trotz dieser Flüchtigkeit besitzt e» eine wunderbare Zauberkraft, verklärt selbst das unschöne Gesicht und vermag den härtesten Zügen einen mildern Aus druck zu verleihen. ES kommt von Herzen und geht zu Herzen. Und das andere, das VerstandeS kächeln? O, das wächst nur auf der Schatten seite unseres Innern, da, wo der Ver stand fein berechnendes Spiel treibt. Es ist so recht ein Erzeugniß des kon ventionellen Leben», welcheSimter dem Deckmantel der Berechtigung mehr Sünden begeht, als ein Priester absol viren kann. Mit rasfinirter Gewandt heit hat eS der Mensch verstanden, aus dem seiner innern Natur nach so offenen und ehrlichen Lächeln eine Maske zu fertigen, hinter welcher er mit Leichtig keit das Gegentheil von dem verbirg», was er zur Schau trägt. Sehen Sie, das ist da» VerstandeS lächeln, und man konnte darauf recht wohl mit einer kleinen Rariation da« geflügelte Wort Talleyr«,d» anwende« und sagen: »Diese» Lächeln ist dazu d«, »« >t« Gefühle zu verbergen." Sie urtheilen zu scharf! Wie oft lächelt man ohne jeglichen bösen Hinter gedanken. Da» gebe ich zu, trotzdem aber ent springt eS weit öfter der Absicht, den Nebenmenschen über unsere wahren Empfindungen zu tauschen. Erlauben Sie mir, Ihnen ein naheliegendes Bei spiel anzuführen: Sie sind vielleicht eine» Morgen» mit heftiger Migräne erwacht, hatten dann verschiedene kleine Verdrießlichkeiten und befinden sich in der denkbar schlechtesten Stimmung. Da klingelt eS Frau und Fräulein x. lassen sich melden. Sie sind zwar durchaus »'cht zum Empfangen aufge legt. aber besondere gesellschaftliche Rücksichten verbieten Ihnen, die Damen abzuweisen. Und wa« geschieht? Mit dem freundlichsten Lächeln begrüßen Sie die Ihnen im Grunde genommen unwillkommenen Gäste nnd bis zum Schluß des Besuchs behalten Sie Ihr liebenswürdiges Lächeln bei, so lästig Ihnen auch die Störung ist. War Ihr Lächeln nicht Maske? Ja, allerdings! nickte meine schön« Nachbarin zustimmend. Wa» Sie da schildern, ist mir schon oft vorgekommen. Nun wohl, so geht es durch alle Pha sen des Leben». Mit dem verbindlich sten Lächeln ertragen wir die unbe quemsten Zumuthungen anderer und belachen in höflichster Weife die faden Witze eines langweiligen Schwätzer». Am feinsten ausgebildet ist das Ver standeilächeln wohl in jenen Sphären, wo Hoflust weht. Von dem unterwür fige» Lächeln des Lakaien bi» zum erge benen des Kammerherrn, welche Fülle von Empfindungen muß es verbergen! Neid, Haß, Intrigue, gekränkter Ehr geiz, beleidigter Stolz, alles flüchtet sich hinter die glatte Maske des Ver standeslächelnS. Doch wohin bin ich gerathen? unterbrach ich mich plötzlich. Statt einer kurzen Erklärung halte ich Ihnen da einen langathmigen Vortrag und ziehe mir am Ende noch den Tadel zu, Sie gelangweilt zu haben. O »ein, von diesem Vorwurf spreche ich Sie frei! war die Antwort. Ihr Vortrag hat mich lebhaft interefsirt. Dann lohnen Sie ihn mir wohl auch mit einem gnädigen Lächeln, aber bitte von der Sonnenseite! Und sie lächelte, ein bezaubernd an muthigeS Lächeln! War es wirklich aus der Sonnenseite erblüht? Ich weiß es nicht, und wenn ichs wüßte, würde ich eS doch keinem verrathen. «lettrtettätS-Zleußerungen t« der Layara. In einem Aufsatz über „Elektrici täts-Aeußerungen i» der Sahara", den Gerhard RohlfS in der „Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie" veröffent licht, spricht er den Wunsch aus, daß die Reisenden in den Tropen und auch in der deutschen westafrikanischen Colonie sich künstig besser mit Instrumenten ver sehen möchten, um über die auffallenden in der Wüste genaue Beobachtungen anstellen zu kön nen. Bisher liegen nur wenige Mit theilungen vor. Der englische Capitän Lyon, welcher zuerst auf die elektrischen Erscheinungen in der Saraha aufmerk sam gemacht hat, sowie Henri Duveyrier berichten über die Entladung elektri scher Funken in den Händen und Klei dern, sowie aus den Schwänzen der Pferde, wenn sie damit Fliegen verja gen, nnd Nachtigal beobachtete das Er scheinen von knisternden Funken beim Streicheln eines Hundes. Die Trocken heit der Luft begünstigt außerordentlich die Elektricitälserzeugung. Man findet nach RohlfS namentlich nach einem bes. tigen Samum, daß alle Gegenstände mit Elektricität geladen sind. Auf der Reise nach Kufra befand sich unser Forscher am 15. Februar 167 S in Sokna. Sein Be gleiter, Dr. Stecker, hatte mit seinem Diener einen Ausflug nach einem be nachbarten Orte gemacht. Es herrschte starker Samum, so daß Stecker und sein Gehilfe nur mit Mühe das Zelt aufrecht erkalten konnte. Die Elektricitätsanhäufnng war- so bedeu tend, daß die fast ein Decimeter langen Haare Steckers wie Borsten zu Berge standen und sein Diener ihm mehrere Centimeter Funken ans dem Körper lockte, ja, daß Stecker an der dem Sand sturm ausgesetztem Wand des Zelte» durch Darüberstreichen mit dem Finger feurige Zchriftzüge hervorbrachte. Wäh rend des Sturmes befanden sich RohlfS und sein Diener in ihrer Wohnung in Sokna; der feine Staub durchdrang alles, obschon die Beiden unmittelbar wenig vom Sturm« bemerkten, da die Wohnung fest eingekeilt zwischen ande ren Häusern lag. In der Nacht konn ten sie nicht «ine Minute schlafen; ebenso erging es den meisten eingeborenen Die nern. Röhls» brinzt diese Schlaflosig keit mit der Elektricität in Verbindung; er habe häung genug unter den Tropen auch in nicht wüstenhafter Gegend die Beobachtung gemacht, daß Schlaflosig keit fast immer in Begleitung von hefti gen Tornados oder Gewittern austritt. Mit den großen ElcktricitätSmengen steht jedenfalls auch der starke Ozonge halt der Wüstenlust in Verbindung. Tröstlich« Aussicht. Frau Gebeimrath (zu der neuengaqir ken Köchin): S>e waren also früher bei dem Grafen K'. Nrn. da wird ja ein so exorbitant seiner Tifch geführt, daß Sie sich wohl gar nicht darein fin den werden, hier bei un» einlache Mannskost zu kochen. Köchin: O doch, gnädige Frau, ich kochte in dem gräflichen Hause auch für die Dienst boten. Günstige Gelegenheit.— Nun ist mir doch so, al« ob ich im LZirthShause etwa« vergessen hätt« waS mag daS nur sein? Hm! Hm! Aha, nun weiß ich'S. ich habe vergessen, daß meine Frau verreist ist und daß ich nun «in paar Stunden länger kneipen kann, da muß ich doch gleich zurück« gehen.
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