Me»rv i n g, Venn. Gedruckt und herausgegeben von Arnold Puwe ll e, iu der Süd 6reu Straße, zwischen der Franklin- und (Lhesuul - Sllaße. Jahrg. 11, ganze Niim. 32 t. Sedingungen : Der Aiberalr IZcob.icltter erscheint jeden Dienstag auf einem großen Luperial - Bogen mit schonen vettern gedruckt. Der Lubscriptions' Preis ist Ein Tl)a l e r des Jahrs, welker in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer in, Laufe des Jahres nicht bezahlt, den, werden HI sl> angerechnet. Für kürzere Zeit als li Monate wird kein Unterschreibet angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie einen Monat vor Ablauf des Subseriptions-Termins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis ein» gerückt. Unterfchreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung portofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. Briefe und dergl. müssen post frei eingesandt werden. Der Verirrte. Eiu Holzfäller, der am St. Johan nesflusse beschäftigt war, verließ eines TageS seine am Ufer erbaute Hütte und begab sich mit der Axt auf der Schulter nach dem Moorgrunde, wo er schon öfter die riesigen Stämme gespalten und behau en hatte, welche das edelste Holz zum Schiffbau liefern. In der Jahreszeit, die zu dieser Ar beit am günstigsten ist, bedecken öfter dichte Nebel das Land, so daß man kaum 3(1 bis 4(1 Schritte weit sehen kann, nach welcher Seite man sich auch wenden mö ge. Die Wälder haben außerdem so we nig Abwechslung aufzuweisen, daß jeder Baum wie ein genaues Facsimile seines Nachbars aussieht. DaS GraS wächst, wenn eS nicht abgebrannt worden, zu ei ner solchen Höhe, daß ein Mann von ge wöhnlicher Größe nicht darüber hinwegse hen kann ; wer also mit den schlecht an gedeuteten Pfade, den er n folgt, nicht sehr vertraut ist, der muß große Vorsicht anwenden, um nicht in die Irre zu gera then. Das Mißliche seiner Lage wird noch erhöht, wenn, was öfter der Fall ist, mehre Pfade einander kreuzen; und be sitzt er in solchem Falle keine sehr genaue Lokalkenntniß, so thut er am besten, wenn er Halt macht, sich an die Erde legt und wartet, bis der Nebel nachgelassen hat. Die besten Holzhauer können ihren Weg unter solchen Umständen eine Zeitlang verlieren ; und ich selbst habe mich zuwei len eben so unklug in das Gehölz gewagt, um ein angeschossenes Thier zu verfolgen, daS mich sehr weit von den gebahnten Pfaden ablockte. Der Holzhauer von dem ich jetzt reden will, war schon meh rere Stunden gegangen, als plötzlich die Vermuthung in ihm aufstieg, daß er weit über den Ort hinaus sein müsse, wo er gewöhnlich Halt machte. Zu seinem gro ßen Schrecken sah er in diesem Augenblick, als der Nebel verschwand, die Sonne in der Mittagshöhe, und die ganze Gegend umher war ihm fremd. Jung kraftvoll und wohlgemut!), wie der Holzspalter war bildete er sich ein, er sei nur etwaö zu rasch und über den Ort wohin er sich begeben Er kehrte also der Sonne den Rücken und schlug, von falscher Spur ge leitet, eine andere Richtung ein. Unter deß verstrich die Zeit, und die Sonne ging Horizont immer tiefer; aber alle Ge genstände blieben dem Verirrten wie einem mystischen Schleier gehüllt. Hun dertjährige Bäume kreuzten ihre mächti gen Aeste über seinem Haupt; das hohe Gras wurde an allen Seiten dichter; kein lebendes Wesen zeigte sich auf seinem Wege: Alles war in Todtenstille versun ken. Der Holzfäller irrte durch diese er storbene Natur, wie eine abschiedene ein sameSeele, welche die Grenzen des Schat tenreichs überschritten hat und sen ihrer Art begegnet, mit dem sie ihre Gedanken austauschen könnte. Die Lage eines Menschen, der sich in einem amerikanischen Urwalde verirrt hat, kann in derThat kaum schrecklicher gedacht werden. Man muß nothwendig einige Episoden einer solchenJrrwanderung selbst erlebt haben, um einen Begriff davon zu erhalten. Anfangs glaubt man alle Ge genstände zu erkennen, die man erblickt, und während man voll Unruhe nach an dern Gegenständen umherschaut, um sich weiter zu orientiren, geräth man immer tiefer in das Labyrinth. Dieses Schick sal hatte auch unser Holzfäller. Die Sonne ging mit einem röthlichen Glänze unter, der am folgenden Tage große Hi tze verheißt: ihre Strahlen erloschen all mählig, und es war nur noch eine große feurige Scheibe am Horizonte zu sehen. Jetzt wiegten sich die Myriaden Insekten mit Gesumme in der Luft: die Frösche quakten aus dem schlammigen Wasser, wo sie den Tag über sich versteckt gehalten, daß Eichhorn kam aus seinem Loche her vor, und die heisere Stimme des Reihers verkündigte seine Rückkehr in's Röhricht. Der Liberale Beobachter Und Berks, Momgomery u»d Schuylkill Caunries allgemeiner Anzeiger. Bald ertönte auch der melancholische Ruf des Schuhu's und der Abendwind säusel te durch dießäume, von denen kalterThau herabtröpfelte. Ach! es war kein Mond am Himmel, der sein mildes Licht über die schauerliche Scene ausgegossen hätte. Der Verirrte entschloß sich endlich, seine ermatteten Glieder nicht mehr weiter zu schleppen, und nahm auf dem feuchten Boden sein.j Nachtquartier. Er betete brünstig zu Gott, flehte für seine lie um eine ruhigere Nacht, als diejenige war, die er jetzt zubringen sollte,' und er wartete mit fieberhafter inerer Bewegung daS Licht deS Morgens. Wie schrecklich lang muß sie ihm vorgekommen sein, diese eisige Nacht ohne Mondschein und in einer so schauerlichen Oede! Als der Morgen anbrach, siel der in je nen Breiten gewöhnliche Nebel. Der ar me Mann erhob sich von dem harten feuchten Lager und machte sich mit kum mervollem Herzen wieder auf den Weg, in der schwachen Hoffnung, irgend einen bekannten Gegenstand zu entdecken, ob schon er eigentlich kaum wußte, waS er that. Keine Spur von Fußweg leitete ihn, dennoch berechnete er, als die Sonne über dem Horizont emporstieg, wie viel Stunden des Tages er vor sich hatte, und eilte, so rasch er konnte, durch die chaoti schen Baumgruppen vorwärts; aber al le seine Hoffnungen waren eitel. Der ganze Tag verging in fruchtlosen An strengungen, den Weg nach seiner Woh nung zu finden, und als die Nacht wieder hereinbrach, hatten Müdigkeit, Hunger unv Unruhe den Unglücklichen fast der Verzweiflung preisgegeben ; er sagte mir, er habe sich in jenem Augenblicke vor die Brust geschlagen und an den Haaren ge rauft. Nur die frommen Lehren, die sei neEltern ihm frühzeitig eingeflößt, konn ten ihn abhalten, sein Dasein zu verflu chen und vielleicht gar freiwillig zu enden. Von Hungerqual gefoltert, warf er sich an die Erde unv nährte sich von Wurzeln, die ringsumher wuchsen. Diese zweite Nacht war noch schrecklicher und angst voller. „Ich kannte meinen Zustand," sa>;te er mir, „ich war wohl überzeugt, daß ich in dieser Einöde umkommen müß te, wenn der allmächtige Gott mir nicht zur Hülfe käme; mehr als fünfzig eng eische Meilen hatte ich zurückgelegt, ohne eiuemßache zu begegnen der meinen Durst löschen oder auch nur meine verdorrten Li ppen erfrischen konnte. Ich wußte daß ich ohne eine paar Tropfen Wasser unfehlbar sterben mußte, denn meine Axt war mei ne einzige Waffe. Vergebens sprangen Rehböcke und anderes Wild wenigeSchrit te weit an mir vorüber; ich konnte kei nes dieser Thiere erlegen, um meinen Hunger zu flillen! Lieber Herr, Gott be hüte Euch, jemals einer solchen Prüfung ausgesetzt zu sein!" Vor lauter Entbehrungen und Leiden hatte der Unglückliche endlich fast alle Er innerung an das, waS ihm begegnet war, verloren. „Einmal" sagte er, „erbarmte sich Gott meiner und schickte mir eine Schildkröte in den Weg. Ich betrachtete sie mit Staunen und Entzücken ; obschon ich aber recht gut wußte, daß sie mich, wenn ich ihr langsam folgte, zu einem le benden Wasser führen würde, so erlaub ten mir doch mein Hunger und Durst kei nen Augenblick des Verzugs; ich hieb das Thier mit einem Schlage meiner Axt entzwei und verzehrte es dann mit wü thender Gier. Nach wenigen Augenbli cken war nichts als die nackte Schaale üb rig. O Herr, wie danke ich Gott für dieses Labsal! Ich fühlte mich wie neu geboren. Am Fuß einer Fichte sitzend, blickte ich zum Himmel auf, ich gedachte meines armen Weibes und meiner Kinder; ich wiederholte meine brünstigen Danksa gungen, und mein Vertrauen wurde wie der so lebendig.in mir, daß ich so gut als überzeugt war, ich würde den verlorenen Weg und mein Haus wiederfinden." Der Verirrte blieb die ganze Nacht ü ber am Fuße des BaumeS, unter welchem "Lvillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln." Dienstag den I«. Qetober, er seine Mahlzeit gehalten hatte. Von einem tüchtigen Schlaf erHuikt, trat er die beschwerliche Wanderung wieder an. Die Sonne zeigte sich in ihrer ganzen Pracht: der Holzspalter folgte der Richtung des Schattens ; aber auch dieses Mal konnte sein Ange nur fremde Gegenstände erspä hen. Schon war er der Verzweiflung wieder nahe, als er plötzlich eine im Gra se kauernde Ratte bemerkte. Mit stur mischerEile schwang er seine Axt und traf das arme Thier so gut, daß eS augenblick lich verendete: dann verzehrte er es ha stig mit Haut und Haaren, wie er mit der Schildkröte gethan, und nun ging es wieder rüstig vorwärts in dem endlosen Labyrinthe. Tage folgten auf Tage, Wochen auf Wochen. Der unglückliche Holzfäller nährte sich bald von rohem Palmkohl, bald von Fröschen und Schlangen; Alles was ihm auf der grauenvoUenWanderung in den Wurf kam, fand er von köstlichem Geschmack; nachgerade wurde er jedoch so abgezehrt und elend, daß es ihm große Anstrengung kostete, sich vorwätrs zu schleppen. Vierzig Tage waren nach sei ner Rechnung verflossen, als er endlich an das Ufer des Flusses kam. Seine Kleider sielen ihm zerfetzt vom Leibe; seine Axt war verrostet; das Haar hieng ihm besn delt und furchtbar verworren ins Gesicht; der ganze Körper glich einem mit Perga ment überkleideten Scelette. Er hatte sich auf den Sand am Ufer ausgestreckt, um zu sterben, als er plötzlich in seinen Fieberträumen die Ruderschläge eines Fahrzeugs zu hören glaubte. Er lausch te; aber dieser trostreiche Laut erstarb in der Ferne—war es wieder nur einTraum, die letzte Täuschung seiner Hoffnung? Der Unglückliche verpnk wieder in halbe Bewußtlosigkeit, als ein neues plätschern von Rudern, diesmal kein Gaukelspiel sei ner kranken Phantasie, ihn weckte. Er horchte mit solcher Spannung, daß der Flug des kleinsten Insekts ihm kaum ent gangen wäre—bald mischten sich mensch liche Stimmen in den Takt der Ruder das Herz des armen Verirrten hüpfte vor Freude; es gelang ihm, sich aufzuraffen. Gottes Auge sah den Unglücklichen, als er an dem breiten, im Sonnenstrahl flim mernden Strome kniete, und bald sollten ihn auch Menschenaugen sehen ; denn das Fahrzeug kam, nachdem es ein mitßusch holz bewachsenes Vorgebirge umsteuert hatte, wirklich zum Vorschein und ruder te rüstig vorwärts. Der Verirrte stieß einen schwachen Schrei aus, einen Schrei freudigen Schreckens. Die Ruderer hiel ten an und schauten sich um. Ein ande rer Schrei dringt ihnen zu Ohren, und jetzt erblicken sie den Rufenden. Das Fahrzeug steuerte nach dem Ufer; das Herz des Verirrten klopft hörbar; sein Auge trübt sich; der Kopf schwindelt ihm; seine keuchende Brust schwillt hoch an. Das Fahrzeag landet, wird ans U fer gehakt; der Verirrte ist wiederge funden ! O. Eorrsp. Türkischer Fanatismus. (Eine wahre Geschichte.) In der Stadt A welche die türkische Regierung im Vertrage von 183 t an Rußland abtrat, wohnte Sche rt-Bey, Sohn des vormaligen Mehousil (Gouverneur). Er zählte erst lii lah re, als die Russen seinen Geburtsort in Besitz nahmen; doch sein Vater, der im Kerker zu Anapa gestorben, hatte ihm bereits seinen Haß gegen die Feinde sei nes Glaubens und seineSVaterlandes ein geprägt. Bei jeder Gelegenheit gab der Jüngling zu erkennen, welche Gefühle ihn beseelten ; allein ungeachtet dieses glü henden Hasses, vielleicht auch wegen des selben, blieb Scheri-Bey in A. Er war tanzender Derwisch geworden, eine Art türkischer Mönche, welche beten, während sie mit kreuzweise ausgestreckten Armen und empor gerichteten Augen sich rasch auf den Fersen umdrehen. Des Jüng lings unglückliches Loos, seine Frömmig keit und sein Religionseifer hatten ihm die Achtung und das Vertrauen der alt gläubigen Muselmänner erworben, welche, wo sie ihm begegneten, sich ehrerbietig vor ihm verbeugten. Gegen Ende des Jahres 18-4(1 näher te der junge Mann sich den Russen und suchte dasWohlwollen des GeneralsGrab be, Oberbefehlshaber des russischen Ar meekorps in jenen Gegenden, zu erwrben- Diese plötzliche Umwandlung war um so auffallender, als Scheri mit Recht den General Grabbe, einen Mann von gro ßen Verdiensten und ausgezeichnetem per sönlichen Muthe, für den gefährlichsten aller Giavurs (Ungläubigen) hielt, und mehrmals mit verbissener Wuth erklärt hatte, daß, wenn nur dieser General nicht wäre, die MoSlem sehr leicht die Russen würden schlagen und daS Land wieder un ter die Botmäßigkeit deS Großherrn brin gen können. Dem von den Russen angenommenen Svstem gemäß behandelte der Gen.Grab be die Diener der Religion, welche in je nen Gegenden sehr großen Einfluß auf das Volk besitzen, mit der größten Zu vorkommenheit, und empsieng daher auch den Derwisch auf'SFreundlichste, während dieser, wenn der General zur Stadt kam, ihm stets einen Besuch abstattete, um ihm seine Ehrfurcht zu bezeugen. Obgleich der General Grabbe gewöhn lich in seinem Hauptquartier verweilte, stand er dennoch in einem vertrauten Ver hältnisse zu einer jungen Frau inA., Na mens Esma-Karla-Ohln, Wittwe eines armenischen Juden. So oft er sich nach A. begab, stieg er bei der schönen Arme nierin ab, und dort erschien dann auch Scherl Bey, um ihm seine Huldigung darzubringen. Bald war dies in der Stadt bekannt geworden, und daS Volk, das im mer daS Schlimmste am ersten glaubt, äußerte öffentlich, Scheri sei ein Ehrloser, ein Spion, der sich den Russen in die Ar me geworfen habe, ein Heuchler, der sein heiliges Gewand mißbrauche, um desto leichter seinen Glauben und sein Vater land den Feinden verrathen und verkau fen zu können. Diese Ansicht gewann bald so viel Raum, daß der Jman genö thigt war, Scheri den Zugang zur Mo schee zu versagen. Scheri beschwerte sich darüber nicht; doch bemerkte man, daß er mürrischer ward, obgleich er seine Lebens weise auf dem bisherigen Fuße fortsetzte. Anfangs September ging in A. das Gerücht, der General Grabbe werde er ster Tage eintreffen, und man bereitete sich vor, ihm, dem der Kaiser einen Orden verliehen hatte, dieserhalb ein glänzendes Fest zu geben. Scheri-Bey antwortete den russischen Offizieren, welche ihm die ses mittheilten, auch er beabsichtige, dem Feste beizuwohnen, das man seinemWohl thäter und Beschützer bereite. Scheri-Bey schaffte sich ein ausseror dentlich schönes tscherkessenPferd an, nahm Abschied von Gattin und Kindern, versah sich mit einer bedeutenden SummeGeldes, und schlug allein den Weg nach Wed Ka sar, dem Stapelplatze aller kostbarenWaa ren von Mekika, Antiochien, Aleppo und Kairo, ein. Beim Scheiden seiner Gat tin hörte man ihn zu verschiedenenmalen sagen: „Ich gehe, ein Geschenk zu holen ; doch nicht für Dich, nicht für unsre Kinder, nicht für mich oder die Meinigen !" Am 15. Sept., dem zum frischen Em pfange des General Grabbe bestimmten Tage, sah man Scheri auf dem Markte zu A. erscheinen. Der Staub und Schaum, die sein Pferd bedeckten, gaben Zeugniß von seinem schnellen Ritte. Ohne an seinem Hause abzusteigen, ritt er unmit telbar nach Esma's Wohnung, wo der General einige Augenblicke zuvor ange kommen. Wie gewöhnlich, trat Scheri ungehindert ein, bis in das Gemach, in welchem der General sich befclnd, und leg te hier ein mitgebrachtes großes Packet nieder mit den Worten : Mächtiger Feldherr! Hier bringe ich Laufende Nummer 8. Dir die köstlichsten und feinsten Waaren Indiens; nimm ste zum Geschenk an, und möge Gott Dich beschützen in diesem wie im künftigen Leben!" Die junge armenische Wittwe und die bei ihr besindlichenFrauen ergriffen gleich das Packet, das Scheri auf den Tisch ge legt. Nachdem sie es geöffnet, standen sie ganz entzückt vor den prachtvollen Ka schemirshawls, die sich ihnen darboten. Sie bewunderten deren Feinheit u. Schön heit, schlugen sie um den Hals und prie sen sie, wie sie es verdienten. Scheri blieb indeß in gleichgüldiger Haltung stehen, richtete jedoch einen Blick auf den Gene ral, um diesen zu nöthigen, sich selbst von der Vortrefflichkeir seiner Shawls zu ü berzeugen. „Schau und befühle dieShawlö selbst, General!" sprach Scheri, „Mahomed ge leite Dich ? und D" wirst das feinste Ge webe unter Deinen Fingern fühlen," Dreimal und mit einer gewissen Unge duld wiederholte Scheri diese Aufforde rung. „Du siehst wohl, Derwisch!" entgeg nete endlich der General, seine rechte Hand ihm vorhaltend, „daß ich verwundet bin; das Blut an meinen Fingern und Hand schuhen würde Deine kostbaren Waaren verderben. Doch," setzte er aus Furcht den Derwisch zu beleidigen, hinzu, „ich will sofort meine Hand abwaschen und dann, gleich wie diese Frauen, Deine Kos tbarkeiten bewundern." „Das Blut des Löwen befleckt nicht," antwortete Scheri, „vielmehr ehrt und verschönert eS die Banner des Krieges und die Siegeszeichen der Liebe!" „Ich will es glauben," sprach lachend der General, „doch ich bin kein Löwe und ebenso wenig verliebt, und es würde mich schmerzen, wenn ich ein StückWaare ver dürbe, worauf die Schönen so großen Werth legen." Mit diesen Worten entfernte sich der General. Er hatte wirklich an jenem Morgen sich an der Hand verwundet. — Das Großkreuz des St. Annen OrdenS, welches er trug, hatte sich mit dem Lom« mandeurkreuz deS weißen Adler-Ordenö verwickelt, und indem er im Galopp die Kreuze zu entwirren suchte, war die Spit ze eines der Orden tief in den Finger ge drungen. Obgleich diese Wunde natür lich nicht von Bedeutung, war sie doch lä stig und hatte fortwährend geblutet. Eine halbe Stunde war verflossen, als der General wieder in s Zimmer trat. In demselben Augenblicke stürmte einKo sackenossizier in's Hauö mit dem Rufe, der Feind habe unerwartet einen Angriff gemacht und bereits die Vorposten über den Haufen geworfen. Anstatt zu ant worten, stürzte der General, ohne von Jemanden Abschied zu nehmen, die Trep pe hinunter, warf sich auf'S Pferd und sprengte fort. Diese plötzliche Entfernung erregte ei nige Unruhe, allein man erinnerte sich, daß dergleichen Ueberfälle oft stattfanden und stets mit geringer Mühe waren un terdrückt worden. Doch Scheri war er blaßt ; ein krampfhafter Schauder durch bebte seinen ganzen Körper, indeß Thrä nen der Wuth seine Wangen herab rannen. „Ja, ja" rief er auS, „dcrGiavur wird am Leben bleiben, Allah will es! Ihr a ber, Weiber! hegt die Pest im Hause; ich brachte sie mit von Erzerum in diesen Shawls, die der Russe leider nicht an rührte. Gegen die Gewohnheit der Muselmä nner sprachScheri diese Worte sehr schnell, dann begab er sich auf den Altan vor dem Hause, wo eine große Volksmenge sich versammelt hatte und lief: „Hört mich, hört mich, Ihr Diener MahomedS ! Gott ist Gott, Mahomed ist sein Prophet! Ich bin kein Diener deS Giavur; ich bin seinFeind, und Ihr sollt vernehmen, was ich gethan, ihn zu verder ben, ihn zu vernichten!" Die Mittheilung seiner That erfüllte
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