NeaÄin ü, MMI. Gedruckt und herausgegeben von Arn o l d Pnwell e, in der Snd 6ten Straße, Ecke der Cherry Alley, Behm' 6 Wirthshaus-Hofe gegenüber. Jahrg. «, ganze Nun«. »12. Bedingungen. Der Nllicrklle zzcolmtkter erscheint jeden Dienstag auf einen, grossen Luperial-Bogen mit schonen Lettern gedruckt. Der SubseriptionS-Preis ist Ei n Thnler des ZahrS, welcher in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lauft des lahreS nicht bezahlt, werden Kl sl> angerechnet. Für kürzere Zeit als tt Monat wird kein llnterschreiber angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann ange nommen, wen sie einen Monat vor 'Ablauf des geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen und für den gewöhnlichen Preis eingerückt. Un» terschreibern in hiesiger Stadt wird die Zeitung porrofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der llnterschreiber. und Mittheilungen müssen postf r ei eingesandt werden. Eill furchtbarer Verbrecher und cm entsetzlicher Tod. Die bekannten wilden Hunde, welche aus den, von den Conquistadoren nach Ameri ka herübergebrachten Bulldoggen u. Blut hunden entstanden sind, haben insbesonde re am Plata, in den Prairien von Argen tien, Uraguai's und Südbrasilien s so zu genommen, daß sie dort eine wahre Land plage sind, und wenn ihnen die Heerde» wilder Stiere und Pferde, die sie gewöhn lich jagen, fehlen, ein Schrecken der Dorf, und Landbewohner werden. Die neueste "Revue de Paris" erzählt bei der Gele genheit dieser wilden Hunde folgende Schaudergeschichte. Im Jahre 1841 war die zu BuenoS-AyreS gehörende Provinz Corrientes der Schauplatz furchtbarer Un glücksfälle, fast jeden Tag wurden in der Nähe der kleinen Stadt Corrientes Men schen von wilden Hunden zerrissen, Schrek ken bemächtigte sich des Landes und die Stadt war wie blockirt, Niemand wagte sich zu ihr hinaus. Da siel dem Fiskal deS CriminalhofeS Capitän Antoni Lerez auf, daß die Hunde fast immer reiche Leu te anfielen und Neger immer durchgingen. Endlich gelang es eifrigen und energischen Nachforschungen, herauszubringen, daß ein Zögling des Presidenten Rosas, ein frü herer Lieutenant der Garde desselben, Ju an Taborez, im Walde von Limania inmit ten einer Heerde von hundert von ihm zum Gehorsam abgerichteter wilder Hunde lebe, und von denselben die Reisenden zerreißen und fressen ließe, um sich ihres Geldes und ihrer Kostbarkeiten zu bemächtigen. Lerez brachte 100 Freiwillige zusammen, mit de nen er am 17. Mai Abends auszog. Mit Tagesanbruch kam er im Walde von Lima nia an und hörte ein entsetzliches Geheul, beim Weiterdringen erblickte man Taborez mit einer kleinen Gruppe Hunde in das Dickicht fliehend; Capitän Lerez und die Seinen begannen die hitzigste Verfolgung, allein plötzlich wurde das Dickicht fast un durchdringlich und zugleich verschwand Ta borez mit seinen Hunden wie durch ein Wunder. Man konnte nicht zweifeln, daß er Zuflucht in einer Höhle gefunden. Der Eapitän ließ jetzt diesen Ort umstellen, die Bäume und das Gestrüpp in einem ge wissen Umkreise um denselben niederhauen und von denselben einen Verhau bilden, vor welchem er noch einen Graben ziehen ließ. AIS er so den Räuber in einem Viereck des WaldeS eingeschlossen, zünde te er dies Viereck an, die Feuersbrunst er griff das Gestrüpp, in der zweiten Nacht vernahm man ein furchtbares Geheul, wü thend setzten die Hunde über das Palisa denwerk, es kamen bei Tödtung derselben zwei Leute von dem Gefolge des Capitäns Lerez um und wurden fünf schwer verwun det. Der Schrei von Wuth und Angst von Menschen- und Thierstimmen inmitten deS Waldbrandes wurde so entsetzlich, daß keiner der den Räuber Belagernden, wie sie sagten, jemals die Erinnerung dieser - furchtbaren Laute vergessen werde. Fast furchtbarer aber noch war das Schauspiel, als die Flammen erloschen waren und man in die Höhle drang, dort lagen die vom Gebiß der um ihn liegenden, von der Hit ze gestorbenen Hunde, entsetzlich zerfleisch ten Ueberreste des Leichnams des Räubers und seiner Beischläferin, einer Mulattin. Zwölf Tage waren verflossen, ehe Capi tän Lerez in das ihn jubelnd empfangende Corrientes heimkehrte, wo Alles ihn längst verloren gegeben hatte. A. d. W. Der Todte. lLine wahre Geschichte. (Fortsetzung.) Der Graf v. Ferrand wohnte in der Straße Varennes und besaß dort eines der schönsten Hötels der Vorstadt Saint- Germain. Unter Napoleon war er noch ein einfacher Requetenmeister und ver dankte später daS Wohlwollen des regie renden Herrn sowohl dem Namen, den er trug, als auch seinem eignen, reellen Ver dienste ; unter der Restauration hatte sich sein politisches Glück schnell und beträcht- Der Liberale Beobachter Und Berks, Momgomery und Schnylkill Caumies allgemeiner Anzeiger.^ lich vergrößert. Er war Ludwig XVIII. nach Gent gefolgt. Bei der zweiten Rück kehr dieses Monarchen hatte er im Privat rathe großen Einfluß gewonnen und durfte auf eine Paus- oder Ministerstelle hoffen. Uebrigens erst 34 Jahr alt, anmuthig ge bildet, und elegant, wie er war, gefiel er auch persönlich allgemein, und als er sich mit der Wittwe des Oberst Chabert ver ehelichte, gab Alles seine Zustimmung zu dieser gegenseitigen Wahl. Die Gräfin war jung, schön, reich und liebenswürdig, aber durch allgemeine An betung verwöhnt und gewöhnt zu herr schen. Sie spielte die Rolle einer mo dernen Frau, und tummelte sich in einem Wirbel von Luxus, Festen, Concerten, Ge sellschaften und Vergnügungen aller Art ohne über ihr Leben nachzudenken, herum. Sie liebte ihre Kinder aus Ton, aus Lau ne, war ihnen aber keine zärtliche Mutter, und wenn sie ihrem Manne treu blieb, so geschah es nur darum, weil er ihrer Ei genliebe zu schmeicheln verstand. Er war ein schöner, artiger Mann, angesehen und mächtig, und »nachte ihr noch immer den Hof. Zudem war die Tugend und das Hören der Messe um 1 Uhr in der Kirche des heiligen Thomas von Aquin Mode. Die Gräsin glich ganz dem größten Thei le der Pariserinnen, in deren Innern wohl einige gute Empfindungen Wurzel gefaßt haben, welche aber durch ihre Erziehung, durch Schmeichelei und Salonleben frivol, leichtsinnig, launenhaft, auf ihre Schön heit vertrauend und vergnügensüchtig ge worden sind. So lebte die Frau im Wohl sein und im LuxuS, während ihr armer Gatte zwischen Schweinen und Mist seine Tage hinbrachte. Derville wurde von der Gräsin in ei nem schönen Speisesalon empfangen, Ivo sie frühstückte. Sie spielte mit einem Af fen, welcher mit einer Kette an einen präch tigen goldenen Käfig angeschlossen war. „Guten Morgen, Herr Derville," sprach sie freundlich, indem sie fortfuhr dem Affen in Kaffee getunkte Brodkru men zu reichen. Sie sah in einem leichten Morgen-Ne gligee himmlisch aus. Seidene kastanien. braune Locken quollen aus einem netten Häubchen hervor, welches ihr ein schalk haftes Ansehen verlieh. Sie war ele gant, frisch und fröhlich. Silber-, Gold-, Vermeil - und Perlmutter-Geschirr glänz te auf einem Prunktischchen und rund her um standen seltene Blumen in Porzellan vasen. Der Advokat lächelte, indem er dieses Tableau sah, aber dieses Lächeln war et was boshaft, eine natürliche Folge der theils philosophischen, theils scherzhaften Ideen, welche diese Herren erfassen und sie leicht in das Innere der Dinge und Begebenheiten sehen lassen, unter welche ungeachtet der Lüge manche Familie ihre Lage verbirgt. Der Arzt, der Advokat und der Wucherer sind in der gesellschaftlichen Ordnung eigentlich die drei hohen Priester der Wahrheit. „Madame!" sagte Derville ernst, durch den leichten Ton, womit die Gräfin zu ihm gesagt hatte „Guten Morgen, Herr Der ville" etwas beleidigt, „Madame, ich kom me mich mit Ihnen über einen sehr errn sten Gegenstand zu unterreden." „Mein Gemahl ist leider abwesend." „Das ist mir sehr lieb, Frau Gräfin, denn es wäre für ihn und uns sehr pein lich, wenn er unserer Unterredung beiwoh nen sollte. Hören Sie! ein Wort ge nügt, um dies schalkhafte Lächeln von Jh rem Antlitze zu verdrängen: der Graf Chabert lebt!" Sie platzte in ein lautes Lachen aus und antwortete: „Wollen Sie mich durch einen Spaß ernsthaft machen?" Allein gleich darauf schwieg sie und wurde verlegen, als der fixe, durchdringende Blick des Advo katen in dem Innersten ihrer Seele zu le sen schien. „Frau Gräfin." erwiederte er. „Sie scheinen die Gefahren nicht zu kennen. "willig zu loben und ohne Furcht zu tadeln." Dienstag de» 2«. August, oder mit Willen zu übersehen, welche Jh. nen drohen. Erlauben Sie mir daher, Ihnen die Versicherung zu geben, daß die authentischsten, unumstößlichsten Beweise die Existenz des Grafen Chabert darthun und verbürgen. Wollen Sie sich meinen Prozess einlassen, so müssen Sie ihn ver lieren und Ihre zweite Ehe anullirt wer den. Bedenken Sie noch, Ihr ganzes Vermögen rührt von Zhrem ersten Gatten her, und eS ist bewiesen, daß er Ihnen vor Ablauf des Termins, welchen die Gesetze zwischen dem Tode des ersten und der Hei rat!) eines zweiten Gatten festsetzen, zum öftern geschrieben hat." „DaS ist falsch!" rief die Gräfin hef tig. „Ich habe nie einen Brief von Cha' bert erhalten, und wenn Jemand behaup tet, er sei der Oberst Chabert, so ist er ge wiss ein Abenteurer, ein Betrüger." „Glücklicher Weise sind wir allein, Frau Gräfin und können lügen, wie es uns ge fällt. Ich muss Sie aber versichern, auch Beweis der richtigen Uebergabe deS ersten Briefes ist vorhanden." Die Gräfin schwieg, erröthete, erblaßte, bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen; dann aber, ihr Gefühl verbergen wollend, fuhr sie fort; „Wir wollen Prozeß füh ren, mein Herr Derville- Sie sind der Anwalt deS vorgeblichen Chabert. thun Sie mir. ich bitte, den Gefallen, mit mir von dieser Angelegenheit nie mehr zu spre chen, als vor Gericht. Ha !ha ha ! die Gräber thun sich nicht mehr auf. wie zu Lazarus Zeiten. Bonaparte ließ mir durch einen seiner Adjutanten den Tod des O bersten melden u. ich beziehe noch heut zu Tage 3000 Franken, welche die Kammern seiner Witwe als Pension zugesprochen ha ben. Ich habe tausend Gründe, alle Cha bert's, die da erscheinen wollen, zurück zu weisen. Und wenn mir so ein falscher Chabert wirklich einen Brief geschrieben hätte, waS würde daS beweisen?" „Daß Sie einen Brief erhalten haben," versetzte der Advokat und dass Sie nicht so schnell hätten zur zweiten Ehe schreiten sollen, als Sie es wirklich gethan haben. Wir werden mehr als ein Mittel in unse rer Gewalt haben,um Ihnen kostbarcAuS sagen zu entreißen, wenn wir prozessiren: aber ich wollte Ihnen den Skandal eines so unangenehmen öffentlichen Rechtshan« dels ersparen. Ein Vergleich kann Sie allein davon retten. Ihre Kinder ehebrecherisch erzeugte Geschöpfe! Ihr Charakter angefochten. Sie haben wis« sentlich fürchterliches Elend auf dasHaupt Ihres Wohlthäters gehäuft. WaS wird die Welt sagen? Wir Advokaten besitzen um so mehr Beredsamkeit, wenn unsere Rechtssache schon für sich selbst zu allen Herzen spricht. Es giebt noch spitze Fe dern, welche eindringlich zu schreiben ver stehen, und des Grafen Chabert Memoi ren werden Aufsehen erregen und Ihren Namen der öffentlichenßeschimpfung preis geben. Wollen Sie meinen freundschaft lichen Rath anhören, so sag' ich Ihnen geradezu : eS sind auf dem Greveplatze Unglückliche hingerichtet worden, welche, obschon nach Recht zum Tode verurtheilt, doch minder schuldig waren, als Sie es sind; jene haben gemordet, um Brod zu haben, Sie haben 0 Jahre unerhörtes Un glück Ihrem Gatten erdulden lassen; Sie haben ihn tausendfach gemordet, und wis sentlich, ja wissentlich; denn Sie haben 4 Briefe von ihm erhalten, Boutin hat mit Ihnen gesprochen." Die Gräfin war vernichtet. „Ich weiß zwar nicht, ob der Oberst einen Vergleich wird eingehen wollen, aber er liebt Sie noch." Bei diesen Worten erhob die Gräsin den Kopf und ein Strahl der Hoffnung glänzte aus ihren Augen ; sie rechnete viel leicht auf seine Schwäche, auf seine Nei' gung. „Ich erwarte Ihre Befehle, ob ich die Klage gegen Sie einlegen soll, oder ob Sie binnen 3 Tagen sich zu mir bemühen wol.l len, um mit mir allein über die Punkte eines Vergleichs zu sprechen." Und Derville empfahl sich und ging Acht Tage nachher, an einem schönen Juni-Tage. begaben sich die beiden Gat« ten, von den beiden entgegengesetzten En» den von Paris, nach der Wohnung ihres Rechtsanwalts. Der Oberst Chabert, Dank sei es Der ville'6 Darlehen, erschien, seinem Range gemäss gekleidet, in einem saubern Cabrio let. Er hielt sich gerade und schien ganz verjüngt, so daß er jenemChabert, der zum ersten Male in Derville's Schreibstube trat, gar nicht mehr glich. Kaum war das Cabriolet von dem Tho re weggefahren, so hielt ein prächtiger Staatswagen vor demselben. Die Frau Gräfin Ferrand stieg aus demselben, in einem einfachen, aber ihrem schönen Much se reizend passenden Anzüge. Derville bat den Obersten in seinem Schlafgemache zu verweilen und empfing die Gräfin in seinem Besuchzimmer. „Gräfin," sagte er, „da ich nicht wusste, ob es Ihnen angenehm sein würde, den Grafen Chabert zu sehen, so habe ich ihn im Nebenzimmer gelassen. Wenn Sie übrigens wünschen sollten " Die Gräfin dankte ihm für diese Auf« mcrkfamkcit. „Ich habe/' sprach Derville weiter, „den Act vorbereitet, dessen Bedingungen Sie Beide annehmen oder verwerfen können/' „Wohlan, lassen Sie hören !" sprach die Dame etwas ungeduldig, und Derville laB : „Im I. Artikel wird festgesetzt: Frau Rosa Chapotel, nun Gräfin Ferrand ge nannt, erkennt das in den, den Vergleichen beiliegenden Acten genau bezeichnete, und in Gegenwart zweier Notare und der Le bensrettern, beschriebene Individuum für den Grafen Chabert, ihren ersten Ge mahl. —2. Artikel: Der Graf Chabert hingegen, in Erwägang der Zukunft be> sagter seiner ersten Frau, verspricht von dieser Anerkennung keinen Gebrauch zu machen, als in denjenigen Rechten, welche in diesem Vergleiche bestimmt sind. 3. Art.: der Graf Chabert läßt sich noch ferner dazu herbei, nie gegen sein Ableben öffentlich protestiren zu wollen, und nie auf Cassation und Nullität der zweiten Ehe feiner Gattin klagen zu wollen, son> dern will dieselbe unangefochten in jenem Zustande, dessen sie sich gegenwärtig er freut, belassen." „Und was ist der Preis alles dessen?" fragte die Gräsin hastig. „Durch den Artikel 4." fuhr der Advo kat mit einem unzerstörbaren Phlegma fort, „verpflichtet sich Frau Gräfin Fer rand an Hyacinthe der einzige legale Name Chaberts eine Leibrente von 2t,000 Franken gerichtlich zu versichern, wovon ihr aber nach seinem Tode das Nersicherungs - Capital wieder anheim fällt." „Die aus jener WeltZurückgekommenen kosten viel," bemerkte die Gräfin lächelnd. „Wohlan, mein Herr." fügte sie hinzu, „wenn dies die Punkte Ihres Vergleiches sind, und wenn ich überzeugt bin. daß das Individuum, für das Sie sprechen, der Graf Chabert ist, so willige ich ein." „Sie werden ihn sehen, gnädige Frau, allein er setzt für sein Opfer noch eine Be dingung und zwar eine Bedingung die —" ~Nun welche?" fragte die Gräfin neu gierig. /,Er will, daß er an zwei Tagen in je dem Monate, und zwar an einem Anfangs dem andern Mitte des Monats Herr in Ihrem Hause sei " „Wie? ist solch ein Begehren glaublich! schrie die Comtesse und sprang erzürnt auf. „Er wollte sich 6 Tage in jedem Mo nate fiel Derville ein, „aber ich habe ihn dazu bewogen —" Laufende Nummer S 2. . „Genug, mein Herr! kein Wort wei ter, wir prozessiren!" „Ja, wir prozessiren !" schrie mit dum pfer Stimme der Oberst, öffnete die Thür und stand plötzlich vor seinem Weibe. „Er ist'srief die Gräsin halblaut. „Jetzt, Madame," sagte der Oberst, „will ich Sie ganz und ungetheilt." „Aber der Herr er ist ja nicht Chabert was will er denn?" rief die Gräfin, ihre innere Bewegung verber gend. „Ach!" antwortete der Alte mit einem ironischen Tone, „wollen Sie Beweise? Ich habe Sie zum ersten Male bei dem Grafen Gilbert gesehen, Sie waren Kam mermädchen bei seiner Gattin." Die Gräfin wurde bleich, und als sie der alte Soldat unter der Schminke blaß wer den sah, hielt er, bewegt von dem Leiden einer Frau, die er einst so heftig geliebt hatte, inne; allein alö er sah, daß diese einen fürchterlichen, giftigen Blick auf ihn warf, fuhr er gleich darauf fort: „Chabert konnte dies wissen, nicht wahr, Madame? Und wollen Sie auch seine Stimme nicht erkennen, verlangen Sie noch eine schlagendere Ueberzeugung, so werden Sie sich jener Zeit erinnern —" „Ich bitte, mein Herr," fiel die Grä fin ,sich zu Derville wendend, ein, „erspa ren Sie mir in Ihrem Hause wenigstens alle Beschimpfungen; ich muß Sie also gleich verlassen !" Und sie stand auf, hüllte sich fester in ihren Shawl und ging. Derville wollte ihr folgen und sie zurück rufen, allein sie hörte nicht mehr, sah nicht mehr, und flog über die Stiege hinab. Als Derville in das Gemach zurückge kehrt war, fand er den Obersten in fürch terlichem Zorne; mit großen Schritten ging er auf und nieder und rief, sich gegen die Stirn schlagend: „Ein Weib, der ich eine Million gegeben habe, feilscht nun mit mir; ich habe sie zu mir erhoben, und sie will sich jetzt nicht zu mir herablassen. Ich stoße ihr meinen Degen ins treulose Herz!" „Hatt' ich nicht Recht, Oberst," ver setzte Derville, „als ich Sie bat, bei die ser Unterredung nicht gegenwärtig zu sein ? Von der Identität Ihrer Person bin ich jetzt überzeugt. Als Sie sich zeigten, war ihre Anerkennung in jedem ihrer Zü ge zu lesen, allein Ihren Prozeß haben Sie verloren; denn diese Frau wird nie öffentlich zugestehen, waS mir der Augen blick der ersten Ueberraschung so deutlich zeigte. Sie können jetzt nichts thun, aIS mich Ihre unbesonnene Voreiligkeit wie der gut machen zu lassen. Gehen Sie jetzt." Der Oberst gehorchte seinem jungen Wohlthäter, stotterte noch einige Entschul digungen und ging. Langsam und in schmerzhafte Gedanken versenkt stieg er die Treppe hinab, als er auf dem letzten Ab sätze derselben etwas rauschen hörte, und seine Gattin stand vor ihm. „Kommen Sie," sagte sie zu ihm halb leise, indem sie sich vertraulich, wie einst, an seinen Arm hing. Diese Stimme die ses Anschmiegen wirkte auf die Wuth, welche im Innern des alten Soldaten kochte. Sein ganzer Zorn legte sich, er war sprachlos und ließ sich von seiner Frau zum Wagen führen. „Steigen Sie ein," bedeutete ihm diese, nachdem der Bediente den Wagentritt herabgelassen hatte. „Wohin?" fragte der Bediente. „Nach Groslay" war die Antwort der Gräfin- Die Pferde durchflogen Paris. „ Mein Herr," sagte die Gräsin mit einem Tone, welcher die innersten Saiten seiner Seele berührte, „ich habe Sie er kannt." „Rosine," antwortete der Oberst mit zitterndem Tone, „das ist ja Alles, waS ich für meine vielen Leiden verlange." Er zerdrückte zwei große Thränen, welche warm auf die Hand seiner Frau sielen, die er gefaßt hatte und mit Inbrunst drückte. „Sie können wohl denken," fuhr diese fort, „wie viel Ueberwindung es mich kostete, vor einem Fremden mein inneres Gefühl zurückzuhalten. Wenn es mir
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