MutterMaria (8. Fortsetzung.) was Kunz am schwersten wurde, war das Stillsitze», Es durchzuckte ihn jedesmal, wenn draußen eine Peit sche knallte, Pferdegetrappel hörbar Lvurde. Aber die Lehrmeisterin lernt. «igentlichen Inhalt wieder, hielt sie Im Herbst desselben Jahres war -es, sie brachten die noch abgeernteten lein Margot von Kalhain aus Pots dam geschickt. Das war das ein zige. was sie ihm gehört hatte «s in ihr auf: .Marum?!". . . Ihre Nägel bohrten sich tief ins Fleisch Der Leumund gab Antwort. „Der braucht Geld! Nun bekommt er's haufenweis." Redeten die Leute wahr?. . .Maria War nun alles vorüber so bald schon?. . . War sie ebenso aus seinen Gedanken gestrichen, wie aus s?ch erst recht bewußt, wie jede Fi ber ihres Herzens nach ihm begehrte, wie er all ihr Denken und Sinnen beherrscht hatte, wie ihre Zukunsts z«danke>, trotz allem und allem sich hotten. Wie hatte sie eigentlich denken können, daß er den Weg zu ihr zurückfinden werde? Hatte sie das im Ernst für möglich gehalten? Maria Bergen barg das Gesicht, in dem Schamröte aufstieg, in beide Heute heiratete er. Mit dem ersten Schnee war die Zunge Frau in Godschillen eingezo- Z«n. Es hieß, das Paar käme aus Ita lien, wohin es die Hochzeitsreise ge macht habe. Und dann erzählten sich die Leute, daß schon vor Ankunft der beiden ein ganzer Trupp Hand werker sich im Herrenhause eingestellt habe: Tapezierer und Kunsttischler, legiere für Ausbesserung von defek tem Parkett, Wand- und Deckenge täfel, Maler und Ofensetzer, und daß, nachdem diese Meister vom Fach, die mit ihrem Hilfspersonal ein ganzes Heer gebildet hatten, das Feld wieder geräumt, das alte Godschillen standen ist. Und ajs das Eis auf dem Tüm pel hinter dem Kuhstall, der im Som mer als Schwemme diente, so fest war, daß Kunz die Erlaubnis zum Schlittschuhlaufen erhielt, machte das Ehepaar Kalhain seinen Besuch in Berl '.uken. Im Schein der Hängelampe auf dem alten, großen Sofa im Wohn zimmer saß die jkngc, moderne Frau. Sie schwatzte dies und das und blickte zwischen jedem dritten Wort lächelnd zu Kalhain hin. Was sie auch von anderem sprach, von der Mutter die nun allein in Potsdam sei und die Wint«rr«ise scheut, von ihrem neuen, schönen, so vorteilhaft veränderten Heim, von ihrer Italien reife, dann von den hiesigen Nach barn, und wie sich manches in dem einen Icchrc doch schon verändert ha be; daß der kleine, blasse, hagere Pustor nun «ndlich glücklicher Ehe mann sei nach sieben Jahren Ver löbnis ihr; Gedanken waren nur iei ihrer jungen Ehe. „Gclt, Heinz, da haben wlr's kür» zer gemacht?" war ihr auch seit völlig Ungewohntes, mit andern Menschen als mit Untergebenen zu verkehren, Die Außenwelt kümmerte sie we niger denn je, auch blieb ihr zu fruchtlosem Sinnen kein« Zeit. Ganz im Vordergrund stand die Frage: Wie es anfassen, wie fertig werden? Da war ja nun keiner nnhr, der hnlf. Aber Brandskat hatte recht gehabt: Es war durch das Hagel wetter mit seinem erheblichen äuße ren Schaden doch eine Hilfe gekom men: Bargeld. Mit dem ließ sich sozusagen von vorn anfangen. Lö cher zustopfen, Neues ins Auge fas sen. Und wirklich, Maria offenbar ten sich bei dieser Gelegenheit die Ur anfänge landwirtschaftlichen Wissens. Täglich legte sie sich todmüde schla fen, täglich aber mit dem Gefühl, ein wenig geschafft, ein wenig hinzuge lernt zu haben. Ueber dem allen hatte sie kaum Zeit gefunden, in Godfchillen ihren Weihnachten stand vor der Tür, als sie ihn endlich ausführte. Ein vornehm gekleideter Diener empfing wissen wolle. Es dauerte «in Weilchen, ehe sich Maria an das im Zimmer herr schende Halbdunkel gewöhnte. Dann oersank sie in irgendeinem Polstermö bel. Margot saß auf einem puppenhast zierlichen Gestühl ihr gegenüber. Und sie Hörle die Stimme der jungen Frau, die scheinbar froh, zu jemand reden zu können, lebhaft auf si« ein sprach. sah die Schleppe der weißen Reformrobe auf dem Teppich liegen, sah im Zimmer umher und dachte, daß es schade sei, diese hohen, schö nen Fenster mit dem Ausblick auf die Parkbjiume, durch Tüll und Tand zu verhüllen. Dann aber vergaß sie al les Aeußere, und nur das eine Emp finden, blieb ihr: Kalhains Frau ge genüber zu sitzen. Das Blut stieg ihr zu Kopf, und Margot, dis ihr plötzliches Erröten sah, sprang auf und nötigte den Gast. Hut und Jacke abzulegen. Es sei wohl sehr warm hier. Aber sie anders tönn« er nicht arbeiten. Aber j»llhle vertrage sie nicht; sie könne darum gar nicht so viel bei ihm sitzen, Maria hörte Schritte über die Halle gehen Männerschritte. Sie erkannt: Kalhains Gang. Er pfiff Haustür, „Ich würde ihn rufen," sagte die junge Frau, „aber ich weiß, der hat eine Verabredung mit einem der Förster. Auch will ich Si- gern mal jür mich allein haben. Ich habe die Spiecherin schob Maria eine Schachtel voll Konfekt hin und nahm jelbft davon. „Mein Mann hat sie kann all diese Menschen gar nicht leiden. Die haben alle solche grobe Sprache und bringen immer Schnee chern. Ach, wie ich diese Stöße von Papier hasse! heimlichen Liebe." Jetzt lachte die junge Frau herzhaft auf. „Wissen Sie, daß Sie mir damals recht in die bin wohl unfreundlich zu Ihnen ge wesen?" Maria sagte nun auch irgend et« den, dies und das: von ihrem Mann, ihrer Wirtschaft, ihrem früheren Le ben daheim in Potsdam, und eine leise Klage bildete den Unterton zu ihrem Geplauder. Da tastete eine Hand nach ihr hin, das sllhlte Maria, und diese Wahr nehmung brachte ihr mühsam aus recht erhaltenes Gleichgewicht ins Wanken. Und sie, die schon von Kindheit an für alles und jedes, das zu ihr kam, sei es Mensch oder Tier, Erbarmen gehabt hatte, sie empfand plötzlich ein ihr ganz frem des Gefühl in sich erstehen, ein Et was, mit dem sie nicht aus noch ein wußte, das mehr war als Kalther zigkeit, und das steigerte sich so weit, daß sie sich zusammenreißen mußte, um nicht mit ein paar Worten mit grausamer, schadenfroher Offenheit dieses lose gefügte Kartenhaus des Glückes, das sie da vor sich sah, jäh lings umzustoßen. „Sie sehen mich so böse an", sagte die andere. „Nicht wahr, ich gefalle Ihnen wohl gar nicht? Sie können mich nicht verstehen? Sie sind so ganz anders, werden so viel besser mit sich selbst und mit anderen und mit dem Leben überhaupt fer tig." -Maria rang mit sich. Nur jetzt oie Fassung behalten! Kalhain hatte ihr sein Haus geöffnet, nach allem, sie?. . . Sie fühlte sich ruhiger werden, wußte, wenn er wiederkehrte, er würde sie so schwach und haltlos nie wieder treffen. Da hörte sie auch ihr Gegenüber schon wnterfprechen. Der war nichts Außergewöhnliches an ihr aufgefal len. Margot hatte ihren Stuhl jetzt dicht an den ihren gerückt, hatte die Arme um sie gelegt und flüsterte ihr etwas zu. Und wie sie das tat, war ihr zartes, hübsches Gesicht glückvertlärt. ders sein." Sie schaute weitaus, als säh- sie in die Zukunft hinein. Das süße Vorgefühl der Mutter schaft erfüllte sie ganz. „Ach, ich hatte so Grillen vorhin, die kommen wohl mal und schwinden auch wie der. Dann werde ich übergenug zu tun haben und gar nicht zum unnüt zen Denken kommen, nur mich mei nes' Glückes freuen." „Du sollst nicht begehren," sang es Maria in di? Ohren, dann erhob sie sich. An der Tür fühlte sie sich plötzlich von Margots Armen um schlungen. „Nicht wahr, Sie werden sich jetzt ein bischen mehr um mich küm mern?" Da konnte Maria wenigstens nicht nein sagen. . . , Monate waren vergangen. Die Schneeschmelze begann. Mit Stur- Kunz las und schrieb, und der alt« Karlswalder Kantor, der von Zeit zu Zeit sich einmal blicken ließ, um eine Prüfung an ihm vorzunehmen, wußte nicht, ob Schüler oder Lehre rin sein Lob am meisten verdiente. Aber klappte der letzte Buchdeckel zu, so >i?arKunz zur Tür hinaus, seine spannen drein, denen die Frühlings- Und Maria tat es ihm nach. Hatte sie seine Bücher und Hefte weg- Kein Winkel, wohin ihr Auge nicht sah. Noch kaum hatte ihr Klei dersaum die Küchendielen gestreift, stall flattern. empfindungsloser wurde. Margot Kalhain klagte fast täglich ihrem Manne, wie wenig sie Maria Bergen sähe. Sie. die kaum Beschäf tigte, vermochte sich gar keine Vorstel lung von dem Arbeits- und Pflichten kreis der andern zu machen. Trotz der Verschiedenheit ihrer Le bensführung und entgegen ihrem frü heren Empfinden für Maria war Margots Zuneigung zu dem schönen Mädchen mit den ernsten Augen in Monate ins Land, ehe sie die Alte gelegen kam. Margot Kalhain hatte immer ir gend etwas, das sie sich vom Herzen Schon der Mai setzte mit gro ßer Wärme ein, die Hitze erhöhte das Unbequeme ihres Zustandes, sie saß bei Maria unter dem jungen Grün nun bald weniger kommen werde, da sie dieser Tage endlich den Besuch ihrer Mutter erwarte. .Nun kann Mama doch von Rechts wegen die Kälte nicht mehr fürchten," sagte sie. ,18 Grad Wärme im Schat ten." Sie fächelte sich mit einem Ka stanienwedel. .Aber Mama klagte ernstlich über den Hals. Wie niedlich Ihre Beete sind! Heinrich hat mir von der Überschwemmung erzählt, die ja jetzt ungefähr vor einem Jahre war. Es muß eine tolle Nacht gewesen sein, ich selber habe ja auch die Folgen im Herbst noch gespürt, aber nun sieht man hier gar nichts mehr davon. Ja, Sie! Die würde mit ihm schassen, Maria neigte das Antlitz tief auf die Arbeit herab, die sie in den Hän den hielt. „Wie laut die Unken vom Teich her rufen!" Maria nickte, sie dachte an den klei nen Vogel, der sonst im Blätterversteck der Laube immer seinen Standort ge habt hatte; in diesem Jahre hatte sie ihn noch nicht locken hören. Nun hat ten die Unken allein das Wort. ,'s ist wirklich gut, daß Mutti end lich kommt, denn jetzt um diese Zeit läßt sich Heinz wirklich dreiviertel Tag vom Walde in Anspruch nehmen. Er möchte mich manchmal gern mit oft nicht fahrbar, und zum Gehen ist's mir zu weit." Sie klatschte plötzlich in die Hände, alle Klage war im Um sehen aus ihrer Stimme'geschwunden, als sie fortfuhr: „Sehen Sie Ihre Störche, sie fliegen direkt auf unser Haus zu. Ach Maria, wenn es erst so weit sein wird! Gott, wie schön wird das werden! Ich freue mich schon so furchtbar auf ein Kind, habe «s schon so lieb! Und wir werden dann noch doch Gemeinsames; ich werde auch wieder frischer sein, und er braucht nicht so viel Rücksicht auf mich zu nehmen." ria, daß sie, die schon halbkrank ange kommen sei, aus Anraten Dr. Hun dertmarks, von ihrem Schwiegersohn sultation einer Autorität gefahren sei. Weiter die Gsdschillener daß der dortige Professor die Ba ronin in «einer Klinik behalten hab«, daß ein operativer Eingriff erfor derlich sei. Daß solcher in Aussicht genommen, überhaupt Grund zu ern- Tür der Berlaukener Wohnstube. Es war die Zeit, wo Maria Kunz den Unterricht erteilte, und Störungen dem Tische stehen, Sie fühlte, daß den Willen tue. Auch wisse er selbst Er sah ihr voll ins Gesicht, wäh viereckige Friedhof lag^ Im Vestibül trafen sie mit Dr. Hundertmark, der im Begriff war. Stock, in dem die Schlafzimmer la gen. Hier gingen sie den langen, ge wölbten Gang entlang, den zwei- Zwischenräumen unterbrachen. Vor einer derselben blieb er stehen und bat sie, einen Augenblick zu warten. Margots Stimme zu hören, die ihr entgegenrief. Gleich darauf bat er sie. ihm zu folgen. Maria trat in das große, schöne griff. . Maria hatte sich neben das Bett gesetzt; zu sagen wußte sie nichts. einer Ecke hantierte eine dicke Windzug, feuchitühl strömte die Luft man nur- den Regen, der draußen auf die Blätter peitschte. Nahe am Betl stand die Wiege be- Daneben allerhand Möbel, zierlich hellfarben im vornehmsten Babystil, Körbe voll von Wäschegegenständen, die weiß und duftig herüberschim- Die Stunden schritten vor. Die junge Frau hatte die Hände fest um Marias Arm geklammert. Ab und zu wünschte sie irgendeinen Dienst von ihr. einen gequälten Ausdruck in den ver schlossenen Zügen. Wenn er im Zimmer war, hatte Margot nur' A ugen für ihn, war er fort, so sprach sie zu Maria. Ihre Rede wurde im- dort. den Arnim. Die Nase spitz und scharf vortre lend, mit zerzausten, rotblonden Haa mich!" Maria fühlte Kalhains Atem, wie er sich über seine Frau beugte. Aber ein Wort dieser Zeichensprache auf» gefaßt hatte? Sie fragte plötzlich, ob sie sterben müsse. Und dann . .Du bist mir nicht böse, Heinrich, nur für ein Jahr. Versprechen Sie mir's doch, Mutter Maria." Für den wa: die Antwort das Schwerste dieses ' Augenblicks. Aber erjagte ja. bäume schimm-rte, ein ganzes Heer von Vögeln konzertierte, die Nässe auf Baum und Strauch in der jun gen Taghelle glänzte und der Mie der aus dem Halbdunkel geheimnis- Toten die Augen zu. In der brau nen alten Wiege, von Spitzen und Schleifen versteckt, lag das Kleine wiegte es. Längst hatte die kleine Margot von Kalhain ihren Einzug in Ber lauken gehalten. Nachts stand die Wiege neben Marias Bett, tagsüber, wenn das Wet'cr es irgend erlaubte. A l t e r G o u r in e t. .Ich habe
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