Am Helena „Brief folgt Brief folgt," sagte er sich immerfort. jlber Wackernagel, welcher ein Mann war, der Vermutungen und Hypothesen liebte, beruhigte sich nicht. Als er kam, um die Herren abzu holen, fiel er aus den Wolken. Wie tonnte Jrne Hjelmersen an solchem Tage fern bleiben! Was hatte ihn genötigt, abzureisen? War seine Mutter gestorben? Hatte er über haupt noch Eltern? Man reist in solcher Lage nur, wenn der Tod ruft inilienungliickl Thassilo mußte sa gen, daß Jrne ganz allein stehe in der Welt. Worauf Wackernagel vollends bestürzt wurde. Er wagt« nicht, Thassilo Stürmer nach dsr Kasse zu fragen, aber er fing heim lich an, unruhige Gedanken in dieser Richtung zu hegen. Er sprach sie .ausfälligen Tatsache dieser Abreise in diesem Augenblick. So lange, bis auch ihn die allge meine Erregung ergriff und er, von heißer Liebe zu seiner Vaterstadt überwältigt, gerührt, überglücklich, in seiner ausgeregten Art die Stunde genoß. Nun hatte das Schiff den Leucht turm passiert. Oben auf der Ga lerie, die-ihn umlief, schwenkte der Wärter eine Fahne. Wie festlich der Dampfer anzuse hen war! Riesige Buchenzweige wa ren aufrecht an seinem Reeling be festigt. Guirlanden zogen sich in Halbbogen um die Kommandobrücke. And vom Bug bis hinauf zum Topp -und vom Topp herab bis hinunter zum Heck zogen sich die bunten klei nen Signalflaggen. Der Augenblick war da ... . Ein Blitz und ein dumpfes, schüttelndes Dröhnen durch die Lust bum . ...bum.... und rings ein Schreien und Hurra, als weckten die Schüsse in jeder Brust das sieberische Be dürfnis, die lautesten Töne von sich zu geben. Die Raserei des Lärm machens hatte jeden erfaßt. Es war ein Augenblick, wo niemand imstande schien, s?ch still zu freuen. Wo sich jeder von der Allgemeinheit ausge schlossen gefühlt hätte, wenn er sein Ohr nicht auch mit seiner eigenen Stimme angefüllt haben würde. Und doch: Einer freute sich still! Der Augenblick mit seinem stürmi schen Inhalt schien so merkwürdig .alles, alles in sich zusammenzufas sen: die nagende, kämpfende Vorar beit der Männer, die dies Werk ge plant; die Arbeit an dem Werke selbst, und alle ernste Verantwor tung, die der trug, der es führte; die Genugtuung, daß der wichtigste Teil gelungen; die schwellenden Hoffnun gen, die Tausende mit ihrem ganzen Dasein an dies Werk banden. Thassilo war so ergrissen, daß er seinen Gram, seine Bitterkeiten, seine Furcht vergaß. Ein stolzes Glücks gesühl hob ihn. Es war das Be wußtsein eines königlichen Reichtums, das auf ihn eindrang. Hunderte drängten sich zu ihm, seine Hand zu drücken. Mitten im Gewühl umarmte ihn Wackernagel. Keine offizielle Feier mit Reden und Zeremonien hätte sein können, was dieser Augenblick zwischen dem Volke war. Er verrauschte. Kapitän mit Hurra zu empfangen. Langsam ging Thassilo hinter drein. Er mußte an dem Hause vor- Neben ihr stand Malte Holdin.. Sie war in einem weißen, schwarzgegiir teten Kleid. Sie stand ruhevoll und ausrecht. Malte Holdin hatte seine lange Gestalt vornüber gebeugt und die Arme auf dem Gitter verschränkt. Aber er sah keineswegs auf den Quai hinab, sondern empor zu der Frau, zu welcher er zu sprechen schien. Sie lächelte wie sie immer gelächelt verheißend, vielsagend, üppig. Thassilo vorUber, daß er jeden Zug im Antlitz Beatens unterscheiden konnte. Aus irgend einem ganz unlogi schen Gefühl heraus dachte er, sie müßte sich verändert haben. Er sah beinahe neugierig zu ihr empor mit jener brutalen Neugier, die im studieren, dem eben ein großes Leid oder ein großes Glück geschah. Beate sah ihn. Sie grüßte hinab. Da fuhr auch Holdin aus seiner rä kelnden Stellung aus und grüßte gar nicht . . Sein Mund verzog sich. Schnell schritt er weiter. Er wußte selbst nicht, ob «S Schmerz oder Verachtung war, wai sso gallenbitter in ihin ausstieg. Sie las, indem draußen, vor dem Ausschnitt der Tür, wie ein Wandel dild die wichtig fröhlichen Menschen voriiberschoben. „Hedi, sehr liebes und gutes Mäd chen! Ich bürde Ihnen eine Last auf. von Ihnen Thassilo gegeben werden. Der Inhalt tut ihm wohl weh. Er aber, Ihr Freund, hat es mir selbst Werden Sie recht glücklich. Bleiben Sie sein guter Engel. Denn ich weiß es doch: der Tag kommt, wo er Ihre Hand für immer erfaßt. Sie sind nicht klein. Sie werden ihm nicht nachtragen, daß er zuerst, geblendet durch Helena, an Ihnen vorbei sah. 6s ist möglich, daß Thassilo Ihnen sagt, ich sei Ihres Gedenkens nicht wert. Aber bewahren Sie es mir den noch. Jrne H." Das eine verstand Hedi: dieser Warum war er gegangen? Wohin? Was war geschehen? Die Angst, dem geliebten Mann .machte sie förmlich krank. Der beste deutlich. Welches Verhängnis trieb ihn? das Getöse der Festfröhlichkeit er „Jch komme schon wieder, begann Ihn fest ansehend, sprach sie: „Jrne kam die - Wahrheit. Endlich! Endlich! Das war wie »erstehen tonnen, der Du glaubtest, ich verachte das Weib. Dies Weib und alle Weiber. heit zu zweifeln. Und doch war in Dir die starte Männlichkeit des Streiters, der seine b,H«n, unvergäng lichen Güter bewacht und verteidigt. Ich aber, der Schwache, ich hab« für die beste? Hast Du schon einmal einen Menschen gesehen, der sich, wenn auch nur auf einigen Gebieten der nen Weib gefaßt? Ich weiß es nicht. temperamentvolle Mann es war und ist bei ihrem Anblicke. Nicht mehr, nicht ein .bißchen mehr. Eine flüchtige s«n SielenloW-tt^man^spurt. Schicksal. g«s Geschöpf mit glänzenden Äugen, das Herz voller Pläne und Sehn sucht, das war die Salome Wieler. Ichs lag, bis zu den warmen Fin gerspitzen. die sich flüchtig um ihre eigene zitternde Rechte schlössen Kein Blnt, leine Seele, nur ein kleines, -leben liegt in den sieben Jahren! l'nd jener erste Liebesschmerz liegt wie ein vergilbtes Blättlein unend- Werdens. Da, ist es Schicksal? Eines Tages Händen. Mit ruhigem Herzen und kühl erstaunten Augen sucht sie den Sinn der Zeilen zu erfassen. » Es ist der Brief, den sie vor sieben Jah ren vergeblich erwartet hatte. Der Mann, den sie geUebt, sucht ein Heim, und erinnert sich nun der „kleinen lieben Salome von Einst", die ihm ein warmes Nest bereiten soll. Seltsam! Leis und herb spielt ein Lächeln um Salomes Lippen. Die Sehnsucht regt sich im heißen Herzen, stürmend, quälend. Aber das Blut wird wieder küh ler, das Denken ruhiger und Heim- Seele. Schicksal? Da ist auf einmal die Erfüllung da, aber die Sehnsucht ist alt geworden, vergessen. Einzige Erklärung. Eh?f (erstaunt zum Buchhalter): „Drei Dollar Vorschuß? —Sie wollen wohl heiraten, Müller?" Ganz richtig. Vater: „Freier: „Nichts als die Liebe Jh — Ausrede. Polizist: „Sie strecken die Hand aus! Sie betteln hier wohl?" Bettler: „I bewahre! Hab' mi' nur überzeugen woll«», ob'« »et regnen tutl" Die Honiglmr. iibung. Die Urschel weinte ein Erkleckli ches in ihren Schürzenzipfel. Nach sich, da er an" seine zweihundert undfünfundsechzig Pfund und an den Bauchausschwung dachte. inando und harrte mit noch etwa hundert Altersgenossen des Einlas ses. Die Leute waren alle mit eigenen Empfindungen beschäftign schiedsstimmung. Schlag neun Uhr öffneetn sich die Pforten. Alsbald begann der Na se nahm bei Heine siulenkamp weit längere Zeit in Anspruch, als bei den anderen. Einmal weil der Arzt chen müssen, und zum andere», weil die Auskultation durch die Speckla ge des Landwehrmannes erheblich behindert war. „Fühlen Sie sich gesund?" „Zu Besehl, Herr Oberstabsarzt," „Herzbeschwerden haben Sie kei „Wenn ich sitze, nicht: aber wenn ich laufe, bin ich 'n büschen kurz lustm." dz > d s'ch Sie dem untersuchenden Arzt Ihrer Garnison. Hier! Wegtreten." Die Sache hatte bis jetzt so wenig Ermutigendes, daß selbst das Früh stück auf Heine Kulenkamp keinen Heine Kulenkamp es sich versah, saß er im Zug« nach Neumünster, nen altberühmten Koloß, der ein mal zu den sieben Weltwundern ge hört hatte, und heute noch ange staunt wird. Da« Staunen des Feldwebels war größer. Nachdem er den Rundgang beendet, fragte er kopfschüttelnd: „Sagen Sie, Mannchen sind Sie wirklich bloß einer?" „Zu Befehl, Herr Feldwebel." „Js woll »ich die Möglichkeit! Na dann gehen Sie mal erst zum Arzt und dann Sachen holen. Dem Kammer-Sergeanten bestellen Sie einen schönen Gruß, und er soll an mich denken, wenn er im Glücke schwimmt bei Ihrer Einkleidung." Der kleine Stabsarzt lachte noch diel mehr wie der Oberstabsarzt in Kiel. Einmal weil er ein jünge rer Herr war! Zum anderen hatte er den Zettel gelesen und dieser Zettel schien ein Rezept zu enthal ten. Denn der Stabsarzt ging an den Medizinschrank, entnahm ihm eine Flasche und einen handlichen Lössel, der die Mitte hielt zwischen einer Füllkelle und einem Tassen kopf, goß diesen bis an den Rand voll, und ersuchte Heine Kulenkamp, den Mund auszumachen. „So, mein Lieber," erklärte er. nachdem der Dicke die Flüssigkeit heruntergewürgt. „Davon holen Sie sich täglich zwei Portionen. Je nachdem Sie abkommen können bat. ---- Abtreten!" Heine Kulenkamp verließ das Lokal bedrückten Sinnes. Gau; wunschlos war ja auch sein Leben nicht geblieben. Als Junge hatte er Siour-Jndiaiier werde» wolle»: dreizehn Jahren hatte er gewünscht, der reiche Stabenow auf Dalgebüll zu sein, nm sich egalweg Buchwei zen-Pfannkuchen backen zu lassen, knusprigen Rand essen würde. Und als Fieken Rickmers ihm abgeschrie bcn, hatte er gewünscht, daß sie un ter jeder Fußsohle fünf Elsterau gen bekomme» möchte, damit sie trotz ihrer Schlankheit ebenso we nig tanzen könnte wie er. Stabsarzt wobl meinte, hatte Heine Kulenkamp sich nie gewünscht. Und wenn es bloß daraus ankäme, dann ihm recht unsreundlich um den Ma ge«. Auf der Kammer Hatto Heine Ku lenkamp eine geschlagene Stunde zu tun. Der Sergeant und die HilfS man»schasten tanzten Ringelreihen um ihn. Als er dann unter vielen- Kulenkamp «sah aus wie ein Vari6- Altes in der Welt geht natürlich zu die Litewka aber ging natürlich nicht zu. Da mußten erst einige Knöpfe gerückt werden. und der Tschacko war überhaupt nicht möglich. Es wurde sofort te lephonisch eine Ertraniimmcr be- sen wie dermaleinst, und auch an die Marschleistungen werden nur inäßige Anforderungen gestellt. Den noch entringt sich mancher jiernsluch den bärtigen Lippen des Wehrman nes/ und es wird „Blut und Oel geschwitzt". Aber es egeht. Bei gutem Willen geht es sogar sehr gut. Wovor Heine Kulenkamp am mei sten Angst gehabt hatte die tiefe Kniebeuge und der Bauchaufschwung wurde ihm gar nicht abverlangt. Das richtete ihn denn bald aus der sorgenvollen Dösigkeit ans, die in den ersten Tagen einige arge Schnit zer gezeitigt hatte. So war es ihm passiert, daß er mit Urschels ersten Paket unterm An» seinen Major grüßte eine militärische Unge heuerlichkeit. Der Herr Major war aber ein verständiger Mann, der Im übrigen gab Heine Kuleu kamp sich redlich Mühe, den gege benen Anforderungen zu entsprechen. Nur war er häufiger als andere ge zwungen, gewisse kurzsristige Urlau be zu erbitten ,namentlich wemi er die Medizin genomme» hatte, die der Herr Stabsarzt ihm als Honig, als Soldatenhonig bezeichnet hatte. Das Zeug war so schrecklich, datz Heine Kulenkamp sogar wesentlich an Appetit einbüßte und gar nichts dawider hatte, wenn seine Stuben kameraden den Inhalt von Tante Urschels Futterpaketeu untcr sich teilten. Das erwarb ihm Sympa thien und lenkte manchen Spottpfeil ab, der sonst seine ausgiebige Breit seite getroffen hätte. Des weiteren fühlte er allmählich Beinen zugleich aus dem Bett und einmal überraschte er sich dabei, als er in der Kaserne zwei Treppen stufen mit einein Male zu nehme» versuchte. Das erhöhte sein Selbst vertrauen und führte zu anerken nenswerten Leistungen, auch auf dem Marsche. Und er wäre schließ lich gar nicht mehr zurückgeblieben, wenn der Honig nicht gewesen wäre. Im Schießen stand Heine Kulen kamp vollends seinen Mann. Da einem aber, wie Fritz Reuter sagt, manchmal nicht so ist wie manchmal, schoß er gelegentlich auch minder gut. Bei einer solchen Gelegenheit tobte der Hauptmann wie besessen und drohte mit allen Strasen der Hölle, wenn er nicht besser schieße. „Sie können doch sonst! Warum Donnerwetter!" „Wenn der Herr Hauptmann im mer los schnauze», kann ich über haupt nicht", erwiderte Heine Ku lenkamp trocken. Nach der letzten Felddienstiibung mußte selbst der sehr vornehme und zurückhaltende Baron von Rechter» lachen, als ihm einer der Wehr» Männer behaglich anblinzelte: „Na, Herr Leutnant mor'n machen wer vor Muttern Parademarsch!" Für Heine Kulenkanip siel diese Perspektive ja weg; denn bei Tante Urschel war wenig Verständnis für militärische Erinnerungen voraus zusetzen. Er bedauerte das eigent lich. Im Grunde war es doch sehe schön gewesen und an den Honig hatte er sich zuletzt so gewöhnt, daß er von dem Herrn Stabsarzt das Rezept erbat, um zu Hause die Kur fortzusetzen. K 112 ls Ueberflüssig. Aeltliches ja keinen Spiegel in meinem Zim- Hauptschmer z. Arzt: nicht lieber narkotisieren lassen?" KllhnerSchtuß. „Wenn ich meine Geldbörse betrachte, muß ich immer weinen." »Sie ist wohl von Krokodilleder?" Gipfel des Komforts. „Ist die ,Krone' «in feines Restau rant?" „Na und ob! Jeder Tisch hat fem Neues Wort. „Ja Karl, wo hast Du denn Deine hübschen Er- Kellner: „Weißt Du, das hab« ich nungmache» .zu ammengercchenfth-
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