Die Unverdrossenen. Cora's Bettung. abend um das trauliche Kaminseuer, das dampfende Punschglas zur Seile, als unser Wirt mit nachdenklichem Blick in das hell auflodernde Fener meinte: „Wie die Flammen mir deut i«n: Aechzend und stampfend fährt der Zug in die kleine, entlegene Station einem wunderhudschen Mädchen von zwölf Jahren. Die Kleine hat fpre funden, obgleich unser Zug schon beim Einlausen fast überfüllt war. Der Zugführer steht mit dem Stations reicht, liegt in nordöstlicher Richtung eine schwere, grauschwarz« Wolke von gewaltiger Ausdehnung. den Zugführer zuw Borsteher sagen, mit Hast und Düsterkeit. „Ob wir durchkommen, ist zwar auch fraglich. Aber hier verbrennen Sie mit Sicher heit wie die tote Maus im Kamin". „Das Feuer ist zu schnell. Und oer Zugführer fort und wendet sich schon ab. „Also, Sie kommen nicht?" „Nein". Die Stimme des Beamten i!> fest. Unser Zug brauste mit unheimlicher Geschwindigkeit durch die Wälder hin. Wir wissen nicht, was unser wartet. Der Brand wütet an verschiedenen Stellen. Hinter uns drein kam er ja schon; also cin Zurück gibt es nicht. Wenn's nun auch vor uns aus ein Hindurchrasen das einer Weit fahrt mit dem Tode gleicht. Drau ßcn sehe ich die Wolke über den Wip feln schwärzer, schwerer, riesenhafter, und näher dem Anscheine nach. Sie breitet sich auch seitlich aus. Tiere stürzen aus dem Dickicht, Hetzen am Bahnkörper entlang. Das ist ein bö ses Zeichen. Ich sitze in meine Ecke geklemmt; es ist trotz der geössnelen Fenster be ängstigend dumpf, und alles über füllt. Einige Leuie müssen stehtn, ander«' hocken im Gang auf ihrer Habe. Diese Bünde, machen die Enge »och fürchterlicher. Neben mir auf der Bank sitzt der Alte mit dem wunderhübschen Kind. Er stiert vor sich hin. Die Kleine zeigt Verzweiflung und Gefaßtheit zugleich. Sie ist wahrhaftig für den Tod zu schade. Jch kann dies lastende Schweigen nicht mehr ertragen. Und ich rede auf gut Glück den Alten an. Mit einer fieberhu'ien Anteilnahme frage ich nach feine,. Schicksalen. Und ich sehe ihn lebhast werden. Und ich sehe alle herüberhorchen. Erlösende Ablenkung ist dies Gespräch. Wat lin heißt er. Und Cora ist sein En kelkind, seiner Tochter Töchterchen. Die Tochter ist tot. Er lebte mit der Kleinen bei seinem Sohne, drü ben, 30 Meilen nordwestlich. „Wäre ich dort geblieben, ihm zum Trotz", so klagt er nun wild. Aber der hab gierige Sohn drängle den Alten vom eigenen H»f. Den Vater und das Schwesterlind. Bor drei Monaten war's. Der Alte nahm seine En lelin und zog in die Fremde. Er ging an den Hüttenbau, noch einmal wie in jungen Jahren. Und als das Häus chen dastand, kam das Feuer. Es >reßt uns die Brust zusammen; wir können nicht atmen und spüren voll «schrecken, daß Gluthauch durch die Sensler hereinjchiügt. In diesem Au genblick gellt auch eine Weiberstimme: „Das Feuer!" Da stürzen wir zu den Fenstern, bengen uns hinaus. Und Schaffner kommen gerann!, reißen uns zurück. Sie schließen die Fenster mit Hast und so fest, wie nur möglich. Auch alle Luleii. Das Zugpersonal natür lich längst die Rauchschwaden am Bahndämme vor uns gesehen. Mir ze'gte ein kurzes Hinausblicken ge nug: wir fahren gradweg! hinein in ein Feuermeer. An den Türen stehen Schaffner Po- Unterholz loht, die Zweige und die fen die Feuerfetzen von Ast zu Ast. Glutschlangen schießen vom Boden Todesangst fast Wahnsinn/ Da ein lreischendeS Knir schen der Bremse der Zug fährt langsamer. Könner, wir nicht weiter? Ist denn der Weg versperrt? Er ist das gleiche Berwustungs dort liegt ein kleiner See. Er ist vom Walde hart eingeschlossen. Aber die Flammen sind uns doch wenigstens meierstrecke ferner gerückt. Dennoch sängt der Zug schon nach kurzem StiUeliegen Feuer. Und nun ergießt Das Wasser klatsch! auf. Ob er sich mer ertötend. Kaum bin ich unten es ist just dort, wo Bahndamm und brennender Wald die Seeecke bil hinein das ist Erlösung! Ein Stück verkohltes Holz vom Ufer reiße ich mit mir, darauf rittlings auszu harren draußen in Wassersmitte. Und um diese Holzstückc am Ufer unter den lodernden Bäumen entspinnt sich ein grausiger Kampf. Denn das Was ser ist tief. Zu mir herüber klingt ße die Augen, daß ich wenigstens nichts mehr sehe. Helfenwollen wär« eigener Untergang. Last der beiden. Als ich zufasse, sinkt auch meinS. Es ist ebenfalls für zwei Menschen viel zu klein. Ich habe Mühe, mich selbst wieder heraus zuarbeiten. Indessen tauchen Cora und der Alte noch einmal aus den Wellen em por. „Halt dich halt dich!" ächzt er und Hilst ihr auf das Holz. Dann, ehe ich noch seine Absicht ahnen konn te. schnellt er sich s»lbst ins Wassel zurück. Er kommt nicht mehr hoch; alles Suchen ist vergebens. Das Alter hat sich geopfert für junges Leben. Stunden gehen hin; es ist Nacht. Oben aus dem Bahndamm sinken die Flammen und Flämmchen des ver brannten Zuges in sich zusammen. Und die Menschen, die unten an der Böschung am Wasserrande kauern oder, gleich Cora und mir an tote Aeste geklammert i>. den Fluten trei ben, sind still geworden. « » « Am anderen Tage fanden wir längs ausgebrannler Waldstriche einen Weg zur Fluch!. Ich nahm Cora unter meinen Schutz und brachte sie m meiner Heimatstadt zu wohltäti gen Menschen. Aber in mir nagte der Gedanke an ihrer Multer Bruder, diesen Hallunken. Er hatte die Sei nen in Not und Tod hinausgejagt und saß behaglich aus seinem Besitz. Aber als ihn eilt früher Tod er reichte. retlete ich für Cora den Rest des Erbes. Uebrigens brauchte sie eS nicht «inmal, denn sie ist jetzt längst m-ine geliebte Frau. Damals, als sich diese Geschichte ereignete, näm- Ker't. ch e n junger s.,mucker 1917.^ Ehre? " Braust über alle Rätsel du hin; Ob deine Stunde währt kurz oder lange, To »itle trotzige, slummende Winlelrlede Brechen unt, Bahn für Freiheit und Wahrheit und Friede! Dulder und Tämann bist immer »e --n Geist! Will eine sinkende Menschheit genesen, Tempel zu rein'gen, Hilf die betörte Welt in neuem Lichte Conrad Müller. SSXSTTTTGTGTTSGS« Tin GlMükall. KGTSXSGSTGSGM Als Hans am Vormittag des letz ten Tages im Jahr mit Edith Deike Schlittschuh lies, war er wunschlos glücklich. Der fesche, weiße Wollswea ter machte entschieden Eindruck auf das verwöhnte Goldfischchen. Selbst ihre Mutter, die Frau Direktor, die ihr Töchterchen von der Eisbahn ab holen wollte, hob Wohlwollend ihr Augenglas gegen den schneidigen Partner der Tochter und sagte Ii«, benswürdig: „Wenn Sie uns heute abend zur Silvesterfeier besuchen wollen, Herr Matusius, würden wir uns freuen..." Hans verbeugte sich tief, Edith lä chelie ihm freundschaftlich zu, ihre Störmer, Ihr guter Freund, kommt auch, das junge Bolk will nämlich tanzen.. Und dann stand Hans plötzlich al lein und starrte dem Auto nach, das beide Damen entführt«. Eingeladen... regelrecht eingela den war er für heute abend in dem reichen Hause! Welch Glück und Un glück zugleich! Er hatte ja nichts an zuziehen! Der einzige, schwarze Rock vom Examen her glänzte wie Speck schwarte, einen Frack oder Smoking besaß er nicht und wieder das Leihamt in Anspruch nehmen, das ging heute nicht wegen der Leere im Portemonnaie... ach, es war direkt jammervoll! Wenn wenigstens sein Zimmer nachbar, der Störmer, nicht auch zu der süßen Edith geladen wäre! Der hätte ihm dann vielleicht seinen Ge sellschaftsrock gepumpt... aber so., es war ein Elend. Mit tief gesenktem Haupte schlich Hans endlich heim in sein einfaches Zimmer. Er wollte versuchen, die Pensionswirtin, die verwitwete Frau Dr. Schmidt, anzupumpen. Aber die würdige Dame stand bereits mit Fräulein Klärchen, dem blonden, niedlichen Haustöchterchen, im Kor ridor. um in der Stadt Einkäufe für den Silvesterabend zu machen, und sie behauptete, keinen Augenblick Zeit für Herrn Matusius zu haben. Aber er wäre vielleicht so liebenswürdig, zu öffnen, falls es klingeln sollte, da sie das Mädchen auch mitnehmen müßte und Herr Stürmer sich zum Schlafen hingelegt hätte, weil er heute abend zu einem Festessen gela den sei... Hans wagte gar nicht auSzuden- sie, ärgerlich über das Nichterscheinen ihres Partners von der Eisbahn, dem braunlockigen Störmer den Bor lieber getan hätte. Denn draußen an der Korridortür klingelte es laut und dringlich. vielleicht gab es noch und Wunder... Aber es war nur ein junger Mensch mit einem großen, in schwar zes Leinentuch gehüllten Gegenstand. „Guten Tag," sagte der höflich, Störmer, und der Herr möchte cnt schuldigen, daß er so spät fertig wurde." gengehaltene Bündel und griff dann wie elektrisiert in die Westentasche, wo er noch einen einsamen Groschen versteckt hatt«. „Hier," sagte er hoheitsvoll, „es ist daß Sie noch gekom wieder in seinem Zimmer und um kreiste den funkelnagelneuen Gesell schaftsanzug des Freundes mit in dianerhaften Sprüngen des Entzük kens. Hans, „schlafen ist das Beste was auf Seide gearbeitet, anschaffen kann, wer so ein fürstliches Monatsgeld vom Herrn Papa bekommt wie Du, der hat es nicht nötig, sich auch noch ein« reiche Braut auszufischen. Sieh Dir lieber die schwermütige, kleine roleumlampe und einer Nachttisch kerze schlüpfte er in das tadellos sit zende Meisterwerk hinein... Störmer aus liefem Schlaf hoch und hörte gleichzeitig die Uhr siebenmal schlagen. Donnerwetter, beinah hätte er die Zeit verschlafen! Um acht war er ge laden bei Deikes und um vier Uhr wollte der Schneider den Smoking schicken... Er klingelte so heftig, daß das Mädchen ganz erschrocken angelaufen kam. „Konnten Sie mich denn nicht wecken, Anna? Sie wußten doch, daß ich heute abend ausgehen will! Der Schneider hat hoffentlich meinen An zug geschickt?" .Ich weiß nicht," meinte das Mädchen, „ich werd' 'mal die Frau Doktor fragen." Nach einer Weile kam die Frau Doktor selber. Ganz bestürzt blieb sie vor dem Sofa stehen, auf dem Fritz noch ganz schlaftrunken saß. „Ich weiß nichts von einem neuen Anzug, Herr Störmer, und die Kläre hat auch nichts angenommen. Herr Matusius war allein da, viel leicht hat der..." Sie lief wieder fort. Fritz Stör mer hinterher. Aber das Zimmer des Freundes war leer und sein Kleider riegel erst recht. „So ein Kerl," schimpfte Fritz auf den Schneider. „Ich kann doch jetzt nicht noch bis in die Prenzlauer Allee fahren, um den verdrehten Smoking! Und mein alter hat einen Riß über der seidenen Bruslklappe... das Ding kann ich zu so 'ner exklusiven Sache nicht anziehen! Nette Silvester na ich danke!" Er stand jetzt neben Mutter, Toch ter und Dienstmädchen im Korridor und hielt sich die offene Hausjoppe über dem bloßen Halse zu, als er Fräulein Kläres ängstliche Augen sah. „Nun... nun können Sie... wohl gar nicht... zu DeikeS gehen?" stotterte sie mit einem ganz, ganz kleinen Jubel in der Stimme. Er schüttelte tiefsinnig den Kopf. „Nee... entweder in die Kneipe wie sonst oder in die' Klappe..." „Na, na," sagte die Frau Doktor freundlich, „wir sind ja auch da, die Silvester feiern! Ein paar Gäste ha ben wir auch, es wird sehr fidel wer den, bei uns brauchen Sie keinen Smoking, nur einen schlichten Rock mid eine gemütliche Stimmung, Herr Er starrte von dem runden Frau enantlitz in die blauen, strahlenden Mädchenaugen, und ihm wurde un gewohnt warm und heimatlich zu treuherzig. „so ein Abend bei Ihnen um den Familientisch herum ... das ist beinahe wie zu Hause bei Mut ter ..." ja," frohlock'e Kläre. „Und zen wir... Onkel Max spielt pracht voll Klavier dazu... ein Glück, daß der..." sie es nicht. Ganz still und froh Fritz Störmer aber tat einen klei nen Pfiff, als halte er soeben eine ganz merkwürdige, beglückende Ent kleiden. Der Silvesterlrubcl um Mittel» Das war ein Abend gewesen..» Donnerwetter! Das Essen die fürst lichen Räume, Edith, der wunder« Wintergarten mit dem geliebten Mä del allein... sein hastiges Geständ nis .., ihr kurzes Sträuben und se- ÄKV Profil Neuj^rl gesegneter Störmer, was kostet der Spaß mit dem neuen Rock... jetzt» mit dem Schwiegervater konnte er alles bezahlen! So, die Tür war glücklich aufge schlossen, was in der Sektstimmung gerade keine Kleinigkeit war. Dann ...ein kleiner Aufschrei aus irgenl» einer Ecke des matt erleuchteten Kor ridors... ein hastiges Auseinander „Prost Neujahr," sagte Hans ver dutzt, als er endlich heraus hatte, wer diese beiden waren, die sich da eben so heftig geküßt hatten. »Prost Neujahr," 'wiederholte der Freund noch verdutzter, währeno die vier spielt«, verschwunden war. »Ja, Menschenskind... wo haste denn bloß die feudal« Kluft her?" Hans, der den grauen Ulster weit von sich geworfen und nun in feiner stand, warf sich in die „Was kostet das Ding?" fragte er würdevoll. „Zehn kannste noch daran verdienen, wenn Du willst! Ich habe mich nämlich in der Kluft hier, die mir Dein Schneider heute schickte, mit der Edith Deite verlobt. Ich danke Dir, mein Junge...' Fritz Stürmer, der eine Weile Mädchenlachen, das er nebenan im „Danke Deinem Gott, Menschens« kind, daß ich mich auch zufällig ver hake!"
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