Nm ein Wort! Oogmalroma» Schade (6. Fortsetzung.) Da stand Eva rücksichtslos auf. Sie war nun satt und ärgerte sich gründlich über die „Tuerei". Bei sich beschloß sie, mich dem heutigen Abendessen fernzubleiben. Je näher «s aber auf den Abend zuging, desto wankender wurde sie in ihrem Ent schluß. Immer tonnte sie sich ja schließlich nicht vor „diesem Men schen" verstecken, einmal mutzte sie ihm ja wieder gegenübertreten. War um da nicht gleich heute! Dann hatte sie es wenigstens überstanden. Und dann auch die Reihenfolge der festlichen Mahlzeit war so v«rlock«nd und Eva war ein kleines Leckermaul. Die zu Ehren des Ankömmlings frisch gebackenen Waffeln atz sie auch gor zu gern. Da gab sie jeden Widerstand aus und wappnete sich nur mit einer ge hörigen Portion Trotz und Gleich mut. Schließlich kam sie leichter über dieses erste Wiedersehen hinweg, als sie sich gedacht hatte. Sie war noch mit Inge im Garten, als der Ober förster kam. Diesmal fuhr er in einem allerliebsten kleinen Jadgwa gen vor, der von einem jungen Bur schen nach der Fabrik hinübergefah ren wurde, wo die Stallungen sich befanden. Er selbst tam ohne weite res herein und begrüßte Eva sehr ernsthaft, fast zu ernsthaft. Mißtrau isch blickte das junge Mädchen ihn an, um zu erforschen, was er sich wohl dabei dachte. Eberhard Stein aber hatte anschei nend nur Augen für die lleine Inge, die ihm jubelnd entgegengelaufen war und die er nun doch in die Luft schwenkte und dann auf seinem Arm behielt. Jetzt wandte er sich zum erstenmal direkt an Eva. „Ich glaube, es ist besser, wir ge hen nun hinein, gnädiges Fräulein. Sie kennen unsre heimtückische Abend herbstluft noch nicht; sie könnte der Kleinen schaden." Dunlel schoß die Röte in Evas Wangen, und sie preßte zornig die Lippen auseinander, anstatt ihm zu sagen, daß sie ohnehin bei seiner Ankunft schon im Begriff gewesen war,ins Haus zu gehen. Stumm und feindselig hingen ihre Blicke an der hohen, breitschultrigen Gestalt. Wie zärtlich Inge ihr Köpf chen an sein braunes Gesicht preßte! Warum war er nur überhaupt ge kommen! Auch drinnen im Speisezimmer blieb Eva still und zurückhaltend. macht und sogar eines der schon ver packt gewesenen Kleider wieder her vorgesucht hatte. Trotzdem entschul klärung ziemlich kühl auf. Er hatte ein paar nette, gleichgültige Redens arten, die Alice beglückt entgegen nahm. Ihr hageres Gesicht hatte sich denlleides ihre Magerkeit mitleidig verhüllte. Eva betrachtete die Cousine mit kritischen Blicken, aber sie kam nicht darauf, ihre eigene, in ein schlichtes Trauerkleid gehüllte Gestalt mit der der Cousine zu vergleichen, und war weit entfernt davon, die Blicke des Oberförsters, denen sie mehr als ein mal begegnete, auf seine Bewunde rung für ihre Erscheinung zurück zuführen. Und doch sah Eva allerliebst aus. Das Licht des Kronleuchters, an welchem heute alle Flammen brannten, ließ ihr kastanienrotes, lockiges Haar Heller schlimmern und hob das zart rosige Aussehen ihres feingeschnitte nen Gesichts, dessen stets wechselnder Ausdruck ihr reiches Innenleben ver riet. Sie tonnte ihre Gedanken für Eberhard Stein kein Geheimnis, wie Eva über ihn dachte, wie sie ihm grollte und zürnte. Das aber in strahlender Laune, lachte und scherzte. Auch an Eva wandle er sich häusig, sehr zum Verdruß Alices, die den interessanten Gast gern für sich allein in Anspruch genommen hätte und eifrig bemüht war, ihre Klugheit und Gelehrsamkeit in das hellste Licht zu setzen. Obgleich Eberhard das junge Mädchen stets steif mit „Gnädiges Fräulein" anredete oder mit ihrem vollständigen Namen, den sie ihm ge stern so ostentativ entgegengeschleudert hatte, war sein Interesse an ihr un verkennbar. Offenbar amüsierte ihn gerade ihre Kratzbürftigkeit und die zuweile fast ungezogenen Antworten, Als Onkel Franz Eva dem Ober förster hatte vorstellen wollen, hatte dieser nibig erklärt, daß er sich drau» ster ließ sich nicht beirren. Ohne auf Alices Worte zu achten, sah er Eva schaf an. „Wenn das gnädige Fräulein ge statten, selbstverständlich sehr gern." All« Blicke ruhten nun auf Eva, „Nein, bitte: Eva!" stieß sie ge- Er verbeugte sich. „Gut: „Eva. Also: auf gute Freundschaft, Eva!" Wieder mußte sie ihm den Willen Erst als Eva sich frühzeitig, bald nach Beendigung des Abendessens, zurückgezogen hatte, gelang es Alice, das Interesse des Oberförsters für sie merkte es nicht oder wollte es nicht merken, daß seine Worte heim lich verborgenen Spott enthielten, wenn sie sich gar zu sehr auf die ge men ab. Wieder war Eberhard ge kommen und hatte Blumen zum Ab schied gebracht. Mit beglücktem Lä cheln nahm Alice den Strauß pracht voller Rosen entgegen. „Daran würdest du niemals den ken!" sagte sie scharf zu ihrew Manne, dem man die Ungeduld an sah, wieder in seine Fabrik zu kom men. Der Wagen, der die Reisenden zur Station bringen sollte, war schon Plätze' hatte und Onlel Fran, sowie Ernst die Dame» begleiten wollten, mußte der Oberförster zurückbleiben, zum Aerger Alices, die ihn li.'ber an der Stelle ihres Mannes gesehen hätte. Ernst aber hatte an dem ei nen Verweis genug und opferte sich schweigend. Außerdem erklärte Eberhard nicht viel Zeit zu haben, da er bald in die Oberförsterei zurück müsse. Trotzdem ging er noch einmal ins .Haus, als der Wagen abgefahren war. Von den Blumen, die er Alice und deren Mutter überreicht, hatte er eine wundervolle, halb aufgeblühte rote Rose zurückbehalten, die er jetzt spielend zwischen den Fingern drehte. Eva war, mit der kleinen JnA auf dem Arm, ebenfalls draußen vor dem Haufe gewesen. Als Eber hard, nachdem er dem Wagen -eine Weile nachgeblickt, sich umwandte, war sie verschwunden. Ein eigen tümliches Lächeln huschte um seinen energisch geschnittenen Mund, und er ging dirlt ins Kinderzimmer, wo er auch Eva mit Inge antraf. Dort wollte er ihr die Rose überrei pflllckt zu Boden warf. „Onlel Eberhard, singen!" bet telte die Kleine und bereitwillig stand^ allein lassen. Trotz ihrer Feindschaft mit dem Oberförster mußte Eva gestehen, daß und Kinderlieder, und Inge jubelt« und klatschte vor Freude in die Hände. „Mehr, mehr!" bettelte sie immer wieder. se hatte eintreten lassen, räusperte er sichi warf einen fchallhaften Blick auf Eva und griff aufs neue in die Ta- Rothaarig wie ein Fuchs, Und Zähne hat's wie Elfenbein Und Augen wie «in Luchs. Eva fuhr auf. Ihre Augen blitz ten, aber sie beherrschte sich. Mit unnachahmlich verächtlicher Miene wandte sie sich ab. Er aber klappte befriedigt das Klavier zu und erhob sich. „Nun nichts mehr, nun ist'S Zeit, daß der Onkel nach Hause geh.. Aber das letzte Lied war schön, nicht wahr? DaS werd«n wir nun öfter singen. Und dann" wieder ein übermütiger Blick auf Eva „dann paßt es auch so gut." Es war bereits dunkel geworden, obgleich er zuvor erllärt hatte, daß er nur wenig Zeit habe. „Adieu, Jnc,e adieu, Evchen!" „Ich heiße Eva, besonders für Sie", klang es grollend zurück. „Ach ja, richtig, ich vergesse es nur immer wieder. Ich bin über haupt sehr vergeßlich, Fräulein Ev chiu, Sie werden sich schon daran ge wöhnen müssen." Ohne weiteres nahm er ihre Hand, die sie ihm gar nicht gereicht hatte, und drückte sie herzhaft. Dann war er fort. Und Eva wußte nicht, wie ihr war. Noch glaubte sie die schöne, wohllau tende Männerstimme zu hören, und wenn sie an das Lied dachte, das er zuletzt gesungen, dann schoß ihr das Blut in die Wangen, sie fühlte ein eigentümliches, wundersames Re gen in ihrem Herzen, und trotzdem war sie böse, sehr böse. Als sie aber wieder in Inges Zim mer kamen, hob Eva scheu, mit einem verstohlenen Blick auf das Kind, die zertretene und halbentblättert« Rose auf, die er ihr hatte schenken wollen. Sie tat es ja nur aus Mitleid, weil die arme Blume ihr so leid tat. und legte sie zwischen die Blätter d«s Gesangbuches, das die Mutter ihr zur Konfirmation geschenkt hatte . . . Dieser Kriegszustand zwischen Eva und dem Oberförster, der oft, sehr oft die kleine Villa besuchte, dauerte fort. Oft wurde der Streit ernst haft, wenigstens von EvaS Seite, und sie zitterte zuweilen vor Wut, daß al le ihre Anzüglichkeiten und Stiche leien an dem lächelnden Wesen Hber im Walde. ten, der, von dem braunen Heltor ge zogen, so leicht und lustig unter Schellengeläut über die schneebedeck- ien Pfade dahinflog. Und nun war tete Eva sehnsüchtig darauf, daß die ser Plan zur Ausführung kam. Jm die Tränen, die ihr solange fast die Kehle zusammengepreßt hatten. Als si« sich aber bewußt wurde, daß sie weinte, wischte sie die Tränen zor nig ab. Das fehlte gerade noch, dicken Kissen zufammenlroch und fest, fest die Augen schloß, um nur nicht aufs neue in Tränen ausbrechen zu hendes Gesicht, das sich bei den ersten Amüsiert blickt« Eberhard auf sie den Blick, ärgerlich auf sich selbst, ihr breites, selbst im Winter sommer sprossiges Gesicht zeigte einen nen Ausdruck. Der Oberförster trat an das Gar tengitter und rief sie an: Reisig genug." Das Mädchen verzog weinerlich das Gesicht. „Gott, bei dem Schnee, Herr Ober förster." hoch liegt. Geh! in die Obersör sterei, da gibt es dürres Holz genug. Laß dir geben, was du brauchst. Aber die Bäume im Walde laß mir in waMe sich dann ab, um den Dank sagungen des Mädchens zu entgehen, das nun mit erschrockenem Gesicht, aber doch freudig weitereilte. Eva war seitwärts stehengeblieben. Ihr Herz klopfte stürmisch, und wie der schmolz der Groll, den sie kunst voll in sich geschürt hatte. Frei willig streckte sie ihm nun di«, Hand entgegen. „Das war schön von Ih nen. Eberhard." Es war das erstemal, daß sie ihn bei seinem Vornamen nannte. So lange hatte sie die direkte Anrede im mer krampfhaft vermieden, obgleich er ungeniert und trotz aller ihrer Pro teste „Evchen" zu ihr sagte. Da blitzte es in seinen Augen freu dig aus, und !>n Augenblick unterließ er allen Spott, durch den er Eva sonst vielleicht wieder abgestoßen hät te. Die kleine Inge auf dem Arm, schritt er neben dem jungen Mädchen dem Hause zu. ' „Heute melde ich mich als Mittags gast. Hoffentlich gibt es etwas recht Gutes", scherzte er und sah Eva sra- Die wurde rot. „Das weiß ich nicht", gestand sie kleinlaut. „Um die Küche darf ich mich nicht küm mern, das läßt Mamsell Marie nicht ZU." „Das ist auch besser", tröstete er sie freundlich. „Ich meine für Ih re Hausgenossen", setzte er dann empört erwiderte: „Oh, ich kann auch kochen, sehr gut sogar, Sibylle hat es immer gesagt. Wenn unsre alte Anne daheim krank war und Sibylle Diesmal war si« wirklich beleidigt, und Eberhard sah die Tränen in ih ren braunen Augen schimmern. Da tröstete er sie herzlich: „So war eS doch nicht gemeint, Evchen. Wissen Sie denn nicht, daß ich Ihnen über haupt alles Gute zutraue und daß es mir hundertmal besser schmecken würde, wenn Sie selbst gelocht hät ten?" Immer noch mißtrauisch, warf sie ihm einen Seitenblick zu. Aber nein, er meinte es diesmal ehrlich. Da war sie schnell wieder ver söhnt, und als er jetzt erklärte, daß er gekommen sei, den Onkel zu bit ten, den morgigen Sonntag, wo die Fabrik doch geschlossen war, zu ei ner Schlittenpartie in das Forsthaus zu benutzen, da jubelte sie auf. Und diesmal wurde es wirklich et was. Warm eingehüllt faßen Eva und Inge am andern Mittag in dem großen Schlitten und ihnen gegen über Onkel Franz. der sie begleitet«, während Ernst daheim geblieben war und sich die Bücher aus der Fabrik mitgebracht hatte, um zu arbeiten. In, stillen bewunderte Eva seinen Fleiß und glaubte ohne weiteres an seine geschäftliche Tüchtigkeit, die der Onkel ja auch immer wieder in al len Tonarten pries. Um so uner klärlicher blieb ihr dabei das sonsti ge Wesen von Alices Mann: seine fast kindische Eitelkeit und seine In teresselosigkeit allen andern Dingen des Lebens gegenüber. Bald aber dachte sie nicht an Ernst. Ihre Gedanken flogen jubelnd voraus und helle Freude stand in ihrem schö nen Gesicht, als der Schlitten vor der Oberförsterei hielt und Eberhard selbst herbeieilte, um sie und Inge aus den Decken und Pelzen zu schä- darunter manche, die einst in längst verflossener Zeit hier gelebt haben mochten, die es aber jetzt gar nicht gen. schlanken Gestalt. Fast wie Das Trauerjahr war vorbei unv Eva hatte diesem Besuch zu Ehren zum erstenmal «in schlicht«? weiße» Wolllleid angelegt, nur durch eine um die Mutter fühlte. stand. Tete Eva vergebens auf das lose Spottlied. Selbst als Inge ihn an das „rothaarige Füchsel«in" erinner« Aber sie vergatz die leise Mißstim- und kleines. Mit Eberhards Lieb- Einnial, als er dicht hinter ihr stand und sich über sie neigt«, fühlt« sie plötzlich erschauernd, wie er ihr Haar naß." Fast enttäuscht wandte sie sich ab. Todmüde von all detn Neuen, da« sie gesehen, ließ Eva sich endlich wie der in den Schlitten packen. Inge satz dicht an sie geschmiegt und schlief bereits nach kurzer Zeit und der Onkel, der sich pustend unj> stöhnen!» in seinen Pelz gewickelt hatte, schwieg und schien ebenfalls zu schlafen. Schläfer nicht zu stören, hatte der Kutscher die Glocken abgehängt, sa sauste der Schlitten lautlos und ooch und die große, volle Mondscheibe warf ihr mildes Licht über die le gend, daß die Umrisse der bewaldete» Berge sich scharf abhoben. Und E»n fühlte ihr Herz weich und weit werden Eva bemühte sich, die schlafende Ina« weißt ja. wo alles ist. Mamsell t>as" was lummert ihn Ein leiser Seufzer. Dann verlöschte E»« das Licht und !rug vorsichtig oas Bier ins Zimmer. (Fortsetzung falzt.) ..j
Significant historical Pennsylvania newspapers