Nm ein Wort! Originalroman I» e»hine Schad«. (S. Fortsetzung). Frau Franziska war dunlelrot ge worden. In ihrer heftigen Erregung häufte sie eine solche Portion Fleisch aus ihren Teller, wie sie diese wohl nie und nimmer bewältigen lonnte. „Therese ist sehr zuverlässig. Dar auf hat Alice bei ihrer Wahl den Hauptwert gelegt. Du wirst das auch nicht bestreiten tonnen, lieber Franz. Und schließlich ist doch das die Hauptsache. Das Kind wird ge nau nach der ärztlichen Vorschrift gepflegt". „Ach was, ein gesundes Kind braucht nicht ständig unter ärztlicher AusM zu stehen. sich ge- Appetit von selbst und sie braucht kei nen Arzt", erwiderte der alte Herr unwirsch. Ernst Widmann, der Bater des umstrittenen Kindes, tat indessen, als ginge ihn die ganze Sache nichts an. Er hatte unbekümmert weitergegessen und Eva lächelnde Blicke zugeworfen. Nun sagte er gleichmütig: „Streitet euch doch darum nicht! Alice ist es ja doch ganz egal, wer bei dem Kin de ist, wenn sie nur ihre Ruhe hat Das tlang weder mißbilligend noch empört, er schien einfach eine Tatsache festzustellen. Verwundert sah Eva ihn an. Er schien ihr nun doch ganz anders, als sie ihn gestern beim ersten Kennenlernen taxiert hatte: viel un unbedeutender, viel kleinlicher. Eben Ben Wandspiegel warf, sich dann noch steifer aufreckte und mit ge zierter Bewegung nach einer anderen Schiissel griff. Nein, mit solch einem Manne mußte Alice sich nicht glück lich fühlen, so klug und gelehrt wie somit ein Recht zu haben, der ihr unsympathischen Wärterin der kleinen Inge erfolgreich entgegenzutreten. Als Alice später von dem klei nen Streit bei Tische erfuhr, zuckte sie nur ungeduldig die Achseln. „Mein Gott, tut, was ihr wollt! Warum soll Eva sich nicht um Inge kümmern, sie ist ja selbst fast noch ein Kind. Nur vertragt euch, bitte! Keinen Streit, das kann ich nicht ha ben". Eigentlich fühlte das junge Mäd- sich ein gekränkt, von Cousine außerordentlich und vergnügungssüchtig war, und sich mit allen Mitteln bestrebte, da sie nun einmal nicht schön war, wenigstens schwachen Mutter. Vater und Gatte durste. lich so gut sie tonnte. Mamsell Ma nen Inge. Diese sah wütend, wie Eva rücksichtslos mit der selbstsicheren Zuversicht der Jugend in ihr bewähr tes System eingriff, wie sie die kleine Inge, deren Schritte sonst so sorg sam behütet und abgemessen waren, Gewalt hatte zum Essen gezwungen Der Blick des alten Herrn strahlte, ThereseS, solch lautes, lustiges Trei heiterte. ter der Kleinen am meisten um das Kind, aber sein Interesse hatte sür Eva einen komischen Beigeschmack. wie der betreffende Artikel auf das Kind wirkte. Gefiel er der Kleinen, jauchzte sie hellauf beim Anblick solch gestellt. Warf Inge dagegen das Raume um, ob auch alles den neue sten Vorschriften der Hygiene entspre chend in Ordnung gehalten wurde. rührender Anhänglichkeit vergalt. Wenn sie Eva nur sah, strahlte ihr Gesichtchen und jauchzend, mit ausge sie den größten Teil des Jahres, halber" in Berlin lebte. Eva war anfänglich heftig erschrok ken, als zum ersten Male von der nung von der kleinen Inge befürch tete. Ihre Furcht wandelte sich aber bald in Freude, als sie hörte, daß das Kind hierbleiben würde. Nun konnte sie kaum den Zeitpunkt er warten, wo die Tante und Alice ab reisten. Da sollte es erst recht ge mütlich werden im Hause, da wollte sie zeigen, was sie leisten konnte, und soviel erzählt von dem prächtigen Winter hier in den Thüringer Ber gen, und mit hochklopsendem Herzen hatte sie den großen Schlitten in der Kindes Wärterin entsetzlich, »ber entgegen all Ihren Prophezeiun gen schadete der Kleinen die rauh« Toiletten, die sie mit Mamsell Ma- Mit glänzenden Augen erzählte sie geweckt. „Sei doch ehrlich, Alice! Wa graue» Augen traf die Spötterin. „Das verstehst du nicht," sagte sie kurz. Mit scheinheiliger Sanftheit schüt telte Eva den Kopf. „Nein, das ver stehe ich auch wirklich nicht, ebenfo- Wie sich Alices Mundwinkel dabei Alice lachte spöttisch auf. der beste Beweis für meine Behaup tung. Sie ist klug, oh, so klug! Sie hatte ihren Beruf und doch war sie brach Eva ab. So warm, so lei denschaftlich hatte sie die Schwester verteidigt und doch war sie zuletzt Alice hatte es kühl und spöttisch mehr als du. Sie ist schön. Jawohl! trägt." EvaS Fuß stieß verächtlich gegen eine herabgesckllene Seidenrobe. Noch einmal loderte der wilde Triumph in ihr empor, denn sie sah, daß sie Alice an ihrer empfindlichsten Stelle, bei ihrer Eitelkeit getroffen hatte und mit der Miene einer Sie gerin verließ sie das Zimmer. Trotzdem bohrte der Aerger in ihr fort und verbesserte ihre Stimmung nicht gerade, als sie in das Kinder zimmer trat und dort erfuhr, daß Therese eine kurze, regensreie Zeit benutzt hatte, um Inge ins Freie zu führen, ohne ihr etwas davon zu sa gen. Langsam schlenderte sie dann in das Speiseziimner hinunter. Das Herz klopfte ihr doch ein wenig. Wenn Alice ihrer Mutter schon etwas gesagt hatte von dem Streit, konnte es heute recht ungemütlich für sie werten, denn Tante Franziskas Stimme konnte recht schrill und scharf werden und sie wählte ihre Worte nicht gerade, wenn es galt, die vergötterte Tochter zu verteidigen. Zu ihrer Erleichterung fand Eva jedoch niemand in dem Speisezim mer. Aber der Tisch war bereits für das Abendbrot gedeckt. Verlockend lacht« der rosig« Schinken von der Platte herüber und Eva hatte Hun ger. sie hatte eigentlich immer Hun ger, feit sie hier in Thüringen war. Ach was, wenn der Mensch Appe tit hat, soll «r essen! ermutigte sie sich kurzerhand, spießte mit der Auf schnittgabel ein Stück Schinken auf, das sie dann mit spitzen Fingern nahm und in den Mund schob. Dunkelrot vor Schrecken fuhr sie gleich darauf zusammen, denn lautes Händeklatschen verriet ihr, daß ihr einer jungen Dame eigentlich unwür diges Tun einen Zeugen gehabt hatte. Halb erschrocken, halb zornig fuhr sie herum. Da stand Alices Mann an der Türschwelle neben ihm sicht und übcrmü!ig blitzenden blauen Augen. Auch Ernst lachte gutmütig. „Das kommt davon, Evchen, wenn man nascht. Hier bring« ich dir Vet ter Eberhard, Eberhard Stein. Er ist gestern abend in seine Obersörsterei auf und Ernst sagte begütigend: „Aber, Evchen, das weiß Eberhard doch schon, und dir haben wir doch nachzugeben. Trotzig hatte sie ihre Rechte auf den Rücken versteckt, als fürchte sie, der Oberförster könne sich tigen. sie kühl. „Und jedenfalls hättest du fühle und daher heute nicht zum Abendessen kommen würde. Auch das wurde zur Strafe für sie. Der Hunger quälte sie wütend, und wenn sie daran dachte, wie die ser dieser „fremde Mensch" sich da unten breitmachen und über das „dumme kleine Mädel, die Nasch katze", lachen würde, während er es sich vortrefflich schmecken ließ, dann Haß und ihre Empö- Eva widerstand sogar der Versu chung. noch zu Inge, die sie bald da rauf nebenan in dem Zimmer lachen und plappern hörte, hinüberzugehen, und als Therese, dem 'nimer energi gegangen zu sein. wo Inge enttäuscht und eigensinnig diesem Vetter Ernsts die Rede gewe sen. Auch die Oberförsterei, die nicht nes Wilderers ihm beigebracht hatte. Aber Eva hatte sich über die Per son dieses Vetters nicht weiter den Wetters den weiten Weg von der Oberförsterei nach hier zu Fuß zu rückgelegt hatte. nahe. Schließlich aber schlief Eva trotz des nagenden Hungergefühls ein... 7. Kapitel. Ein Gefühl des Schuldbewußtseins im Herzen, ging sie endlich zum Frühstück hinunter. Der Onkel und Ernst waren schon im Begriff, in die Fabrik hinüberzugehen. Als Eva eintrat, hob Onkel Franz ihr Kinn in die Höhe und sah ihr in die Augen. Ehrliche Besorgnis lag in „Nun, was ist denn mit dir, Eva? Bist du wieder gesund? Sonst soll einer den Doktor holen." Heftig schüttelte Eva den Kopf, daß die rotbraunen Locken flogen, und unwillkürlich blickte sie Ernst Der nickte ihr lächelnd im Einver ständnis zu, und sie verstand. Der haben. Da iß nur heute nicht so viel." Auch das Wo sie fast vor ließ sie unerwidert. Auch Alice und die Mutter waren schon anwesend. Alice befand sich in bestellt" Pension snd dasselbe Gefühl, das sie vorhin emp funden hatte, als Inge so viel von dem Onkel sprach. Sie war aber mehr war sie der Meinung, daß nur Alices sebstbewußte Art sie ärgerte. Sie zwang sich zu einem spöttischen Aber es schien, als ob alle Welt ziska der jungen Nichte zu. „Es war wirklich schade, Eva, daß du dich gerade gestern nicht wohlsühltest. Du hättest da gleich Ernkts Vetter, den Oberförster Stein, Einen Moment schämte Eva sich aufrichtig. So hatte also Alice groß mütig von dem Streit geschwiegen. Aber ebenso schnell wurde diese Re gung in Eva wieder erstickt, denn Alice sagte spöttisch: „Das ist doch würde Eberhard nur stören, wo wir nicht hier sind. Oder glaubst du, daß er trotzdem kommen wird? Er sieren wird, das ist eine andre Fra ge." „Ich bin auch nicht dazu da, um die Leute zu amüsieren, also verzichte ich gern auf die Besuche dieses Herrn", stieß Eva wütend Her- Tante Franziska, hob beide Hände zu den Schläfen. „Aber Kinder, müßt ihr euch denn immer zanlen bis zum letzten Tage! Du solltest Alice nicht immer so ungezogen antworten. Eva", sagte sie streng. unternahm einen kühnen Angriff auf die Honigbüchse. Der Aerger hatte ihren Appetit nicht unterdrückt, und uneingedenk der Ermahnung des On kels aß und trank sie gehörig, um das Versäumte von gestern abend und Cousine beteiligte sie sich nicht mehr. Sie fuhr nur erschrocken zu sammen, als sie hörte, daß Oberförster Stein heute zum Abendessen wieder» Und Alice nahm sich selbst die Mühe, mit Mamsell Marie über das Essen zu beraten! Sie mußte entschie den große, sehr große Stücke auf die sen Vetter ihres Mannes halten, daß sie sich seinetwegen herabließ, sich mit der Kiichcnfrage zu beschäftigen. Und merkwürdigerweise mußte sie auch ganz genau, was der Oberförster gern aß und was nicht. (FoMetzung folgt.)
Significant historical Pennsylvania newspapers