?IVeni>l>«d. >t<on Karl Nötiger, Äsi Äcin Tie Zwilling. Ich mutz mit meiner Beichte bis in die zarteste Kindheit zurückgreifen. Ich war vier Jahr« alt und hatte «b«n «in« Drüsengeschwulst überwun den, als mein Zwillingsbruder Gre goire, der ein Vierlelstündchen jünger war als ich, infolge derselben Krank heit zu Bette gebracht werden mutzte. „Welch ein Mißgeschick!" rief unsere Mutter aus, „Kaum ist Silvestre ge nesen, so wird Gregoire krank!" „Ich bin erstaunt, Madame Lapal ine", erwiderte unser Hausarzt, „daß Sie nicht darauf gefaßt waren; da die Kinder Zwillinge sind, so war nichts anderes zu erwarten. Es ist nur na türlich, daß der jüngere sich die Kran kheit zuzieht, die der ältere soeben über standen hat es ist fast immer so Daß es sich mit mir und Gregoire so verhielt, lehrte die Zukunft. Kaum war ich den Keuchhusten los gewor rasenden Zahnschmerzen; sooft ich bei Tische des Guten etwas zu viel tat, bekam er einen Magenkatarrh. Ter wurde, drei Aerzte befragte, ob mei nein Zwillingsbruder der gleicht Un fall bevorstünde, ja. Gregoire selbst wird, zwischen meinem Bruder und mir nie bestanden hat. Meine Schuld war es nicht. Ich habe ein sehr emp in meiner zartesten Kindheit den Ein druck, daß Gregoire mich stets ansah wie einen Verbrecher, wenn ihm et ich ein Bücherwurm war, oder daß ich so viel Ehrgeiz besaß wie mein im Gegenteil, die schien mir so verlockend, so fidel, daß 5» bloß« Anblick eines Schulzimmers mich oft mit Schauern erfüllte. Aber, du lieber Gott! Wenn ein anderer Junge einmal üb«r die Schnur hieb, so nahm er auch die Strafe mit in Verantwortung: mein Uebermut teilt« sich regelmäßig auch Gregoire mit. Kaum hatte ich mich resigniert wie der in das langweilige Dasein gefügt, so begann der fleißige Gregoire zu faulenzen; er war nicht imstande, ouch nur ein« Seite zu lernen, und beging einen vollen Streich nach dem andern, und natürlich macht« er mir di« bitt«rsten Vorwürfe darüber. Ich kann beschwören, daß die lebhafteste Erinnerung aus meiner Gymnasia stenzeit die an di« hochtrabenden Pre digten m«in«s Zwillingsbrud«rs ist, di« er mir hielt, sooft er bei den Professoren in Ungnade stand. „Ich bitte dich, Silvestre", pflegte er mir zu sagen, „t-edenke doch, datz es sich nicht nur um dein Wohl und Wehe handelt, sondern auch um mei nes! Ich bin hier, um mich für einen ernsten Beruf vorzubereiten, sei so freundlich und wirf mir keine Knüp pel zwischen die Beine, Dein Leickt die" ß nicht lernen willst, den Versuchun gen zu widerstehen, zu welchen Ausschreitungen wirst du mich noch zwmgen, wenn wir ,-ide erwachsen Nun denn, ich will mich nicht weißwaschen seine bösen Ahnungen sollten sich erfüllen! Mein Streben soweit ich Überhaupt ernsten Stre bend fähig war ging dahin, Ma ler zu werden, und nachdem ich den Widerstand meiner Familie besi g» hatte, trat ich in eine Malschuli in Paris ein; Gregoire dagegen ha!'e neu abnormen phnsischen und seelischen I Zuständen zu leiden hatte, das er fuhr ich aus seinen Briefen, die säst immer von Ermahnungen und Bitten strotzten; wenn es nach ihm gegangen wäre, so hätte er mich ins Kloster ge- W t d 112 ich d cht ft an ihn. aber schließlich verdiente ich doch wahrhaftig auch etwas Mitge fühl. Man betrachte die Situation mit meinen Augen! Ich war jung, beliebt, ein Künstler, meine Lebens weise war durchaus nicht leichtfertiger als die der andern jungen Leute in meinem Kreise; anstatt jedoch meine Freiheit in vollen Zügen zu genießen, empfand ich ein« s? schwere Verant wortung, als wenn 'ch «in Familien vater gewesen wäre Wenn ich eine Flasche über den Durst trank, so tra ten bei dem würdigen, gesetzten Gre goire kurze Zeit darauf Symptome der Trunkenheit zutage: wenn ich den Kopf über einem hübschen Mädel ver lor, so lief mein ehrbarer Bruder einer Schürze nach, anstatt sich, wie gewohnt, ausschließlich seinem Beruf zu widmen kurz, sein« abscheu liche Empfänglichkeit für jede meiner Stimmungen verdarb mir jedes Ver- Aber man täuscht sich, wenn man glaubt, daß Maitre Lapalme de: ausgezeichnet« Gregoire war nämlich inzwischen Maitre Lapalme geworden mir vielleicht .eine Zeile schrieb, um mir zu danken, wenn ich mir manch mal Zwang auferlegte. Von meinem Heroismus wollte er nichts wissen, er beklagte sich nur immer wieder über meine Rückfälle, Wenn man seine Brief« las, so hätte man mich minde stens für «inen verworfenen, ehrlosen Menschen halten müssen, der nie eine Spur von Reue empfand. Ich setze ein Schreiben hierher, das als eine Probe für die andern dienen mag. Wird mich jemand dafür tadeln, daß ich dem Urheber dieser Zeilen ke^ine „Lieber Bruder! Ich ersuche Dich, Deine Aufmerksamkeit gefälligst mei nen früheren Ausführungen über das Thema „Der Zufall der Geburt" zu zuwenden. Ich protestiere hiermit gegen die Orgie, von der Du Dich am IS. oder 16. d. M. erholt haben dür fest. Ich befand mich am 16. d. M. bei einer hochwichtigen Konferenz, als ich von dem unwiderstehlichen Drange befallen wurde, auf einem öffentlichen Dalle zu tanzen. Ich vermocht« trotz aller Anstrengung nicht den Fall, in dem man sich meinen Rat erbeten hat te, zu prüfen, ja, nicht einmal mich klar auszudrücken, und während ich mich mühsam zu fassen versucht«, gau kelt«» an meinem geistigen Auge ähn liche Bilder vorüber, wie die, die den heiligen Antonius bis zu seiner Zelle verfolgten. Kaum war ich frei, so eilte ich nach Paris, dinierte dort, kaufte mir einen falschen Bart und stürzte mich in den Strudel eines Tanzlokals. Du Schuft, das ist ja unverzeih lich! Mein Gefühl empört sich, meine Vernunft schaudert wenn man mich einmal erkennt? Wer kann vor' aussagen, welchen Bloßstellungen Du mich noch aussetzen wirst? Ich, Maitre Lapalme, verbiet« Dir hiermit die Liederlichkeiten, die auch mich dann heimsuchen, ich verbiete Dir, . . ." usw. usw. Unsere Mutter wohnte noch immer in Vernon, von wo aus sie mit un denn sie drängte mich immer, meine Anwesenheit zu verlängern, weniger weil sie viel Freude an meinem Be suche hatte, als vielmehr, weil sie sich dachte, daß ich in ihrem Hause nichts Vernon kam, lernte ich Mlle. Berthe ohne die Einwilligung des Vaters nie getan, aber eS geschah in der Ab schiedsstunde, da vermochte ich in mei- .'icn!" Nach einem Jahre sagte ich mir, daß ich jetzt sprechen dürfe; ich hatte gezeigt, was ich konnte, und wenn ich B h h 112 k ich an einem Blumenladen vorüber. Ich ließ den Kutscher halten, um Berthe ein paar Lilien mitzubringen. Der Laden war so voll von herrlichen Blumen aller Art, daß mir die Wahl nicht leicht fiel. So versäumte ich den Zug. und kehrte, außer mir, Vor «in«m Jahre wäre ich in mei ner Verzweiflung in die Kaffeehäuser gestürzt, jetzt aber stürzte ich mich, als die erste plötzlich« Erregung nachge lassen hatte, auf meine Arbeit. Sie hatte mir die Ruhe. d«n Glauben an die Frauen geraubt, sie sollte mir das schwur ich mir in bitterem Hasse zu nicht auch noch meine Zukunft v«rnicht«n; meine Kunst war mir treu geblieben, in meiner Kunst wollte ich Trost und Vergessenheit sin- Monatelang hielt ich es aus, ver sagt« mir j«des Vergnügen, klammerte mich fest an meinen Entschluß, dessen Vergeblichkeit mir doch mit jedem Tage mehr einleuchtete. Wenn man die Kunst durch heitzes Bemühen mei stern könnte, dann hätte ich mich sieg reich behauptet. Aber, ach, ich konnte mich zwar zwingen, zu malen, nicht aber, gut zu malen! Diese Wahr nehmung erschütterte endlich meinen Entschluß. Ein halbes Jahr lang hatte ich jeder Versuchung Widerstand geleistet, mit zusammengebissenen Zähnen, hämmernden Pulsen, trotz aller Verlockung«» gearbeitet, di« doch schmeichelnd Vergessenheit versprachen. Nicht wie ein Liebhaber hatte ich um di« Kunst geworben, nein, wie einer, der verzweifelt, von Qualen gepeinigt, sich einer Frau zuwendet, um seine Leidenschaft für «ine ander« zu unter drücken aber die Kunst gibt sich keinem hin, der ihr so naht, und ich erkannte, daß all« meine Arb«it verge b«ns, mein Kamps nutzlos gewesen. Da unterlag ich. Ich mag von den folgenden Mona ten nicht sprechen; was ich zu sagen hätte, wäre einfach ein« Aufzählung von Verworfenheiten und Reueanfäl len, deren Opfer ich abwechselnd wur de immer wi«d«r unterlag ich und empfand Reu« darüber. Es gab Tage, an denen ich das Haus nicht verließ, an denen ich mich selbst ver ich b«gang«n, Schaudern empfand. Kein Heiliger hat die Tugend mehr geliebt, als ich in jenen Tagen der Selbstverachtung, kein Mann war je f«st«r davon überzeugt, daß er fortab der scheußlichen Versuchung widerste hen würde. Wenn die Mattigkeit vor über war. griss ich nach meinem Pinsel und fühlte Vertrauen zu mir, manchmal ein« Stunde, manchmal zuvor verlassen hatte, hörte ich vom Portier, daß ein Besuch auf mich warte. Stumpf stieg ich die Treppe empor; meine Gedanken waren träge, Gestalt erblickte. Da schritt sie auk mich zu, und finsterer Haß erfüllte mein Herz es war Berthe. Eine Minute verstrich, während und höhnisch. „Hast du kein einziges Wort für mich?" fragte sie endlich mit leisem Flüstern. „G«statt«n Sie mir, Madam«, Ih nen zu Ihrer Hochzeit Glück zu wün schen", erwiderte ich. „Ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit dazu." „Verzeihe!" haucht« sie. „Verzeihe, Silvestre! Kannst du das Leid, das ich dir ang«tan, nicht vergessen?" „Sehe ich aus, als hätte ich's ver gessen?" „Ich war treulos, grausam; ich weiß, daß es keine Entschuldigung für mich gibt. Aber um der Liebe wil len. die du einst für mich empfun den, Silvestre, flehe ich dich an: Hab« Mitl«id mit uns! Latz ab von deinem last«rhasten Leben, stoße mei nen Mann nicht in diesen Abgrund der Verderbtheit. zerstöre mein« Eh« nicht!" Nun verstand ich, was mir die Ehre dieses Besuches verschafft hatte, und ich frohlockte, daß ich der ältere Zwillingsb«>der war. „Ich glaube zwar nicht, daß ich Ihnen eine Erklärung schuldig bin, Madame", erwiderte ich, »aber das eine nill ich Ihnen sagen: das lasterhifte üeben, das Tie so sehr bc>luoen, habe nicht aus Rache eingeschlagen, son nur, was Sie gesäet haben." Tief gedmütigt, verzweifelt, verließ sie mich. Ihr Anblick hatte meinen Haß neu entflammt, jetzt begann ich ernstlich Das war nicht leicht, denn zuerst mußte ich zu einem Weibe in leiden datz ich es zuwege bringen, «in weib liches Wesen lieben wolle ein Jahr lang, zwei Jahre, so lang« wie mög lich. Wenn er auch inzwischen Frie den hatte, je länger meine Verblen dung dauert«, desto länger mutzte Ber the leiden, wenn erst ihre Straf« be gann. Geschöpf. Unverhofft kommt oft. Ich hatte de sich ,s h - , sie fröhlich. setzte sie. „Mein Verlobter ist ein sehr „Ach Sie", sie; „Sie haben Monsieur?" dellos.' Rückseite zu, hätte. Ich machte die Bemerkung, dätz Thereses Hände sehr schön geformt waren und daß das Glück ihrem Ge sicht einen eigenen Reiz verließ. „Wissen Sie auch Therese", sagte ich, „wie sehr ich es bedauere, daß Sie heiraten werden?" „Ach, lassen Sie mich aus!" lachte den, bilden Sie sich das nur ja »ich: In diesem Augenblick trat der Bildhauer Rebyand in mein Atelier. zerlobt sind, Therese, he?" künftige Frau dachte, aber ich ver liebte mich ernstlich in sie. Monate lang war ich ihr stets dicht auf den wirklich und wahrhaftig einen Hei ratsantrag. aber sie sagte mir mit der Gebärde des Schnippchenschlagens, sie mache sich nicht so viel aus mir kecken Aiigen mich liebevoll anblickten, ihre spötttsch geschürzten Lippen stern haben wir unsern zwanzigsten Hochzeitstag gefeiert. Und Berthe? Wenn ich die Wahrheit sagen soll -- Schilde führte, wurde durch etwas Unvorhergesehenes vereitelt. Bevor ich meine Leidenschaft auf Gregoire fein, aber diese Keck heit von Theres«! ich bin heute noch nicht von meiner Leidenschaft für zum Kusse reicht, dann arbeite ich, b«i Gott, mit verdoppelter Kraft! So ist es denn nur natürlich, datz auch Berthe die ganz« Z«it über recht glücklich war mit dem guten Gregoire und ich vergönne es ihr, da ich Theres« besitze m«in Wort darauf! Die abgebrochene Von Frih Müller. Der Schreiner war bei uns. Er etwas?" fragte er. Ich sah mich um. „Ja," sagte ich, „dort an der Waschkommode ist die eine Ecke abgeschlagen. Bitte, leimen Sie —" In diesem Augenblicke schlug es zwölf. Durch's offene Fenster trug der Wind den Glockenton her setzt aber bald?" Ich fragte wie fessor. „Bald," sagteer, „ist auch ein „Und „jetzt aber bald" zusammen, lieber Doktor?" „Bestimmt und unbestimmt zusam- d "ckt ih di H d d in^ Ich gab ihm meinen Kompatz, „Willst Du mir das näher illustrie ren, lieber Doktor?" sagte ich. Boden hätte. Er empfing mich düster und ent ließ mich gnädig. Unter der Tür noch sac,te er wohlwollend: „Jetzt dauert's nicht mehr lange Sie Ich verließ mich demzufolge noch ein halbes Jahr darauf. Dann kaufte ich mir selber Leim und einen Pinsel, lieh ein Haserl und erledigte den Schaden an der Waschkommode, so gut es ging. Mag sein, es war nicht kunstgerecht, jedoch es hielt. Kaum war ich fertig, kaum waren meine Frau und meine Kinder stolz um ihres Vaters Werk versammelt, da klingelte es, und unser Dienst mädchen stürzte herein. Der Schrei ner sei da. Es durchfuhr mich siedendheiß. Um Gottes willen, was würde er wohl sagen, wenn er fände, daß... ? Es war nicht auszudenken. „Sagen Sie dem Schreiner, er möchte Frau. Es war eine böse Sache. Und wir entschlossen uns, den alten Zu stand wieder herzustellen. Mit einem heldenhaften Hieb schlug ich die an streng. „Niemand," sagte ich und sah an gestrengt zum Fenster hinaus. „Schauen Sie nur, Herr Schrei gedoktert?!" schrie er. „Diese Psu zung." „Aber —" sere Zeitung. Ich hatte es gewußt. Da stand es: Boykotterklärung. Das Mobiliar im Hause Spvri- Straße 39, dritter Stock, ist für Re- Ehre. Die Boykottleilung der Schreiner- Gewerkschafi. So hat es kommen müssen: Nie ist verzweifelt. »ie »r«i größte» deutsch«» See«. Durch die deutfchländischen Blät ter weht folgender Geisteshauch: Auf einer Fahrt der Kaiserjacht „Hohen zollern" wurde folgendes Rätsel auf gegeben: Welches sind die drei größ ten deutschen Seen? „Nanu", fragte Kaiser Wilhelm, worauf die Antwort erfolgte: „Die Nordsee, die Ostsee und die „Berliner Schnciut see" (Schnauze). Homerisches Ge lächter, in welches der Kaiser mitein stimmte, folgte dem Kalauer, den der Es wird Ernst. hat Wirtshaus vorbeigegangen »Sich doch dieses wunderbare Far benspiel, Lucie!" „Siehst Du, Arno, genau so changiert die neue Seidenbluse mei — Eingegangen. Geck: Komm, Kleine, setz' mal meinen Zwicker auf. Dorfschön« (tut es): Jessas, schaut Diesmal lohnt sich's. Meier, der ein sehr schlechter Zah ler ist, hat in verschiedenen läNen manchmal überhaupt nicht gekommen. Da hat Meiers Bube eines Tages eine Doppellrone verschluckt, die ihm sein Pate zum Geburtstag geschenkt hatte. Wieder wird nach dem Dok- Du, Alte," sagt nun Mei „Guck' mal blos, was die für schie fe Absätze hat!' „Na, ich bitte dich von all den Fehltritten . . ." Ausgeglichen. Frau Ro senzweig <zu einem jungen Herrn): „O, unsere Rose kann Klavier spie len, singen, malen . . „Nu, deswegen da geben Sie ihr halt 'n bißchen m»hr mit." . —Ganz auf ihrer Seite. „Mein Mann hat sich das Rauchen vollständig abgewöhnt.' eine starke Willenskraft!" »O, die hab' ich!"
Significant historical Pennsylvania newspapers