2 Mutter und Kraut. Ich gebrauchte die ganz« Muskel kraft meiner Hände, um den Kahn zu lenken, doch nur langsam bewegte er sich vorwärts. Wir befanden uns noch in dem am Bodensee liegenden Hofen Lindau's, wo es von Schiffen, welche die verschiedensten Richtung«» verfolgten und in mannigfachster ich hatte all« Mühe, ihn in Entfernung von ihnen zu halten. Es war eine unheiinliche Situation Im Kahne und Wollen verschwanden in einem herrlichen Bilde. Ich überließ den Kahn sich selber. Eine Gluth, ähnlich der des Bildes, das uns umgab, durch- Blicke sich über mich ergossen/der einer Mutter, die dem Glück ihres Kin des alleEitelkeiten des Lebens geopfert, und der Blick einer Geliebten, di« zu ihrem Herzensgegenstande wie zu ei nem übermenschlichen Wesen ausschaut, d«m sie ihr Glück, ihr Dasein sür im mer fchenlt. Die Sonne tauchte langsam vollends unter, die feurige Gluth erlosch lang sam; ich erwachte wie aus einem Trau me und griff wieder zu den Rudern. Wir lehrten schweigsam in's Hotel Helvetia zurück. Die Treppe führte bis auf die Mitte des Corridors, wäh rend dieser sich nach linls und rechts tief ausdehnte und als Zutritt zu den vielen Zimmern diente. Meine Mut ter hatte ein Zimmer inne am äußer sten Ende des Corridors, der sich nach rechts ausdehnte, während meineßraut «ines im linken äußersten Theile mit ihrer kränklichen Mutter bezog. Wir begleiteten meine Mutter zuerst auf ihr Zimmer und gleich darauf führte ich mein Mädchen zu ihrer Mutter, wo ich noch einige Zeit mit Schmieden von Zukunstsplänen verbrachte. Ich ging in's Kaffee hinunter, um Tagesneuig keiten zu lesen; doch dies wurde mir durch das ausnahmsweise ununterbro chene Schwanlen der elektrischen Gliih lichter unmöglich gemacht. Plötzlich Feuer! tönte es im ganzen Hause. Ich lies rasch die Treppe hinan. Be reits füllte der Rauch den Corridor gen zu mir, unter denen ich die meiner Mutter und meines geliebten Mäd chens zu vernehmen glaubte. Ich stand ter die sich dos Krachen von Balken und geschleuderten Möbelstücken misch ten. Noch immer stand ich da, un samsten Dilemna, eines der härtesten Herzenslämpfe. Von rechts drang zu mir diesmal deutlich mein Name geri, und Donnern erschien; ein' wahres jüngstes Gericht. Aus diesem Chaos von schwarzen, grauen und flammen durchzuckten Nebeln löste sich ein Bild. ' G 'ss Stoßseufzer. Tante: „Fritzchen, Fritzchen, Euer Rohrstock sieht aber siark gebraucht aus." Fritz chen (kläglich): „Ach, Tante, ich werd« eben sehr heftig erzogen!" Schlaftrunken. Fremder <ter bei einer nächtlichen Feuersbrunst im Hotel plötzlich durch einen Strahl aus der Feuerspritze geweckt wird): „Ja. ja, ich stehe gleich auf, liebes —ln der Kaserne. Unter, officier: „Meier, was thun Sie, wenn Si- Abends aus Versehen einen Offi cier anstoßen?" Rekrut: „Da thu« ich eine Ohrfeig« lrieg«^." Bine Kochzeitsreise. Riekchen. di herein, hi«r sind nicht so viel Leute!" Er stieg in das Coup«? und reichte dann seiner Gattin die Hand, damit stütze. Die Stufen waren hoch und steil! das Aussteigen wurde ihr sauer. Endlich stand sie neben ihrem Mann, Art gekleidet, einfach in Schnitt und Stoff des Kleides, dessen Färb« allein allzujugcndlich gewählt Wen. „Setz Dich in's Eckchen, Mielchen, da siehst Du besser," wandte er sich zärtlich an seine korpulentere Gattin und räumte sorglich ein paar Schach teln fort, die er beim Einsteigen auf den Ecksitz geworfen. Rick nahm Platz. Sie griff in ihre Tasche, holt« ein säuberlich zu sammengelegtes Taschentuch hervor und fuhr sich mit demselben über das Ekslcht, dann zupfte sie ihren Mann beim Aermel: „Setze dich nur zu mir 'ran!" schickt es sich." Damit ließ er sich seiner Frau ge genüber in der anderen Fenster«cke Nieder. Eine Weile blickt«n di« Gatten zum Fenster hinaus auf das buntbewegte Treib«n des Perrons. ~Ob wohl jeden Tag so viel Men sch«« reisen?" fragte Niel«. „Es muß wohl so sein, denn heule ist ja Wochentag." „Warum das Reifen dann aber noch immer so theuer ist?" setzte Rieke un zufrieden fort. „Nun wir können es uns ja leisten brauchen uns von der Eisenbahn «esellschast nichts schenken zu lassen," entgegnete der Mann würdevoll. Reil« seufzt« befriedigt auf. „Ach ja!" Dann machte sie fich's recht bequem, lehnte den Kopf an die mit Hellem Stoff ausgepolsterte Rückwand und schielte über ihr weißes Bouquet zärt lich zu ihrem Mann hinüber. Endlich wurde das Zeichen zur Ab fahrt gegeben. „Jetzt wird's Ernst!" sagte der math verlassen, um in die Fremd^zu zi«hen Wer weiß, wie es uns dort ergehen wird!" Riekchen, vierzehn Tage höchstens. Aber diese vierzehn Tage sind wir uns schuldig. Bedenke seit wie lange wir uns diese Reise schon vorgenommen „Ja .. ja .. Frau Rick« lächelte leise vor sich hin, ab«r dennoch stiegen Thränen in ihren Augen auf, als der Zug sich in Bewegung setzte. denlt, daß man nun ganz auf sich an gewiesen ist.... was kann Einem nicht Alles unterwegs Passiren .... ach sei n»r recht gut zu mir, Fritz...." senl SNek'chen?"*"" „O ja, aber jetzt mußt Du's dop pelt sein, d«nn ich fühle mich 112» ver lassen .... am liebst«» würde ich um kehren ...." „Geh, Riekchen. sei k«in Kind ... Und d«r Greis setzte sich hinüber an die Seite seiner Frau, nahm ihre Hand in die seine und drückte sie zärtlich, indem er leise, beruhigende Worte flü sterte. Schließlich mußte er ihr wohl was Scherzhaftes gesagt haben, denn sie hörte zu weinen auf, lächelte über das ganze Gesicht und gab ihrem Mann einen Klaps auf die Hand. „Du bist ungezogen!" „Na, na, Riekchen, auf der Hoch zeitsreise wird man doch wohl ein bis chen ungezogen sein dürfen. So viel weiß ich doch auch was Brauch ist." Frau Rieke wehrte mit der Hand. „Nein. Fritz, das schickt sich nicht „Ich bitte sich meinetwegen gar nicht zu geniren, thun Sie, als ob ich gar nicht da wäre!" „Siehst Du, Riekchen?" wendete zum Fremden: „Ich danke Ihnen, mein Herr, für Ihre Freundlichkeit ich wollte nämlich meiner Rieke ei- Fremden gegenüber entschuldigen zu müssen: „Zu Hause haben wir nie Zeit gehabt sür solchen Unsinn, lieber Herr, aber jetzt da machen wir unsere Hochzeitsreise, und da glaubt mein Fritz eben, daß ihm Alles erlaubt ist." Der Fremde blickte verblüfft auf „Ihre Hochzeitsreise?" fragteer ge dehnt. Der Alte zwinkerte seiner Frau ver- ständnißvoll zu und nickte dann be stätigend. zeitstag." Frau Rieke hielt dem Fremden ihr Bouquet hm. Muth. Er dachte,'er hätte es mit einer Geistesgestörten zu thun. Uni sie nicht zu reizen, ging er auf ihren „Sie haben sich wohl schon lange früher gekannt?" fragte er und wen dete sich dabei mehr an den Mann, als an die Frau. Der Alte dacht« eine Weile nach. ten, li«b«r Herr. Die Riel« war da mals ein bildhübsches Mädel.. Frau Rieke seufzte. ganzen Tag" las sie Romane, und am Abend spielte sie Klavier." „Ach nur ganz wenig," wehrte Rieke bescheiden ab. Der Fremde lächelte. „Sie habe» sich wohl am Klavier Der Alte nickte lebhaft. Der Fremde lachte leise: „Ach z,i il" ' d Sck Alles mit ihr sprechen lonnte, wie sie's gerne haben wollte und wie es Andere wohl auch thaten. Gelt, Riete? End konnten wir «ine Wirthschaft schon gründen. Aber Ri«ke hatte sich in den Kopf gesetzt, ein« Hochzeitsreise zu doch nicht, und wir wollten daher noch ein Jährchen warten. Doch das Jahr war schlecht, und ich mußte das Er sparte angreifen, dann kamen Krank heit, Pech, unser Geld schwand, Fatt zu wachsen, und wir sahen ein Jahr nach dem anderen vergehen, bevor wir schon gar nicht mehr zu denken," fügte Frau Rieke traurig hinzu. „Die mußten wir immer wieder aufschieben, bis auf den heutigen Tag." „Ja, ja, lieber Herr, heut« vor fünf undzwanzig Jahren, da konnten wir's nicht so nobel geben. Getraut wurden wir ganz in der Stille mit fünf ande ren Paaren zusammen, und als wir Geld in's Geschäft gesteckt werden. Die Rieke hatt« schon längst alle Ro- Haus: Riete, sagte ich, hier ist Geld, ab." „Und er hat Wort gehalten?" fragte zweiten Klasse, wie die feinen Leute, und mein« Riek« hat «in veritables Brautbouquet das hatte sie nicht vor fünfundzwanzig Jahren! Und reife ..,, denn «s ist heute unsere silbern« Hochz«it! Nun, lieber Herr, wo Sie wissen, wie es steht, darf ich da einen Kuß geben, den si« sich in d«n fünfundzwanzig Jahren redlich verdient und nicht bekommen hat, weil 2änd«l«i?" Der Fremde lächelte und reichte den greisen Hochzeitsreisenden in sponta ner Herzlichkeit die Hand. Dann sagte er: „Möge die Begegnung mit Ihnen für mich von guter Bedeutung sein. Auch mir steht in acht mein« Hochzeitsreise bevor ich muß mei ner Frau freilich alle Küsse lreditiren, die sich di« Ihrige schon so wacker ver dient hat." „Arme leppi!" Als ich im December 1883 zufällig eine Kärntner Zeitung in die Hand b«kam, erfuhr ich daraus, daß Josefine Gallmeyer am selben Tage in Klagen furt ihr Gastspiel mit der „Näh«rin" beschließen werde. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, daß sie dort spiele, denn sonst wäre ich sogleich zu ihr gefahren. Um vier Uhr war ich in Klagenfurt und stieg im Hotel „Zum Kaiser von Oesterreich" ab, in der sicheren Vor aussicht, die Peppie Gallmeyer dort zu treffen. Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß meine Vermuthung eine richtige war, ging ich sogleich zu ihr. Ihr Stubenmädchen sagte mir, daß sie noch schlafe, doch da sie die Weisung habe, sie um halb fünf zu wecken, so solle ich nicht wieder fortgehen. Si« klopfte leise an die Thür und meldete mich bei ihrer Herrin an. Ich hörte sie gleich darauf rufen: „Annecken, Du bist da? Nur herein, herein, ge doch mir blieb das Wort im Munde stecken, so überraschte mich ihr Anblick. Das war di« Gallmeyer nicht mehr, das war das Gespenst der Gallmeyer! Sie lag auf dem Sopha und hatte eine rothe Perriicke auf d«m Kopfe. Welche Anwandlung von Eitelkeit sie dazu veranlaßt h>aben mochte, weiß ich nicht. verschoben, war überhaupt so zerrauft, als hätten Mäuse darin gewirthschaf tet, das Gesicht war schlaff und welk, nur die stechenden Augen hatten noch den früheren Ausdruck. war hoch erfreut, daß ich trotz der gro ßen Kälte die Reise nicht gescheut, um sie zu besuchen, und nahm mir das Coulisse. Wer Peppi Gallmeyer je betrat. Als die Vorstellung zu Ende einmal ersparte lA),vt>tl Gulden ge zeigt!" „Ach. das ist ja lange her!" „Hast Du denn gar leine Papiere !e!l^!"' nem Geld gemacht? Du hast doch iIN" mer sehr viel verdient?" Peppi"/ Ich konnte mich des tiefsten Mitleids und mir fi«l wieder ein, was ich schon früher wiederholt behauptet habe: an vielen Geldausgaben der Gallmeyer war nur di« Sucht, Marie Geistinger in nachzuahmen, Schuld. Marie Bedienten haben; Marie Geistinger war Direktorin, die Gallmeyer wollte es auch sein u. s. w. Von nun ab aber Land« ein Häuschen kaufen tönn«. „Wie glücklich ist doch die Geistinger, die hat ein Schloß, ich wäre mit einem Häuschen zufrieden!" Von jetzt ab wollte sie all das Geld, welches sie ver diente, mir schicken, damit ich für sie spare. „Sei Du mein Schutzgeist," sagte sie, „und nimm Dich meiner an!" So flößte sie mir fürwahr das größte Mitleid ein. Nach Kräflen ver suchte ich, ihr die Zukunft in rosige rem Lichte darzustellen, es gelang lich so überschwängliche Schilderungen von ihrem ehelichen Glück gegeben, daß ich sie fragte, wie es denn kommen konnte, daß diese Glückseligkeit ein Ende nahm? „Ja", sagte sie in wehmüthigem Tone, „das istAlles vorbei! Siehst Du, ich war einmal längere Zeit von ihm getrennt und da hab' ich mir in ei ner lustigen Gesellschaft etwas zu Schulden kommen lassen, betrügen Alles haarklein!" rauf?" Graz, ich nachHaufe. Das war in Kla genfurt die letzte Rolle, welche Peppi Gallmeyer auf der Bühne spielte. Sie Bald darauf erfuhr ich aus den Zei tungen, daß sie schwer erkrankt sei. Ich fuhr nach Wien, um sie zu besuchen, ihre lustigsten Couplets. Am 3. Fe bruar 1884 erlöste der Tod sie von ih ren Leiden. Zahllose Kränze hingen daß ihre Wünsche in Betreff ihrer Be „Arme Peppi!" Vier Sprüche. Der freie Flug, das starke Streben Ermüdet nicht, wie mir im Schweben verschieden und Gleich stark an Jugend durch Glück und Noth. schwerer dmrch und Kein Ringen gibt's ohne Wunden, Kein Schaffen ist eitel Licht. Jeder Künstler hat Stunden, Auf Seelensaiten von Krystall! Reden ist Silber, Ziiiwcigei, ist Gold Der kleine Max ist mit seiner Mut ter beim Zahitarzt gewesen, der ihm zlvei Tafeln des süßen Trostes aufzu weisen hat. „Mußt Du aber gebrüllt haben!" empfängt er die Glückliche. Der Kerr Korporal. Meine Frau legte Messer und Gabel also gewollt. Ihre Augen waren schwarz, ihr Gesicht gesundheitstrotzend. Aber was hatte das Alles zu bedeuten költs, die unter ihren Fingern hervor gingen, waren wahre Gedichte. Ach, wie schmackhaft konnte das Mädchen kochen. mir die Erklärungen meiner Frau zu Herzen und ich gab ihr in allen Dingen recht. Marcsa muß man unter allen Kündigen veranlassen könnte. Im zweiten Monate sah man uns Allen das Wohlleben an. Wir wurden augenscheinlich rundlich, und von Ma genkatarrhen und ähnlichen Uebelstän den konnte nicht einmal die Rede sein. Höchstens passirte es, daß wir schlechte Träume hatt«, die gewöhnlich darin bestanden, daß Marcsa uns wegen Be leidigung gekündigt habe; bei solcher Gel«g«nheit schrieen wir im Traums auf und erwachten. Eines Abends, als wir gerade dar über redeten, daß im Leben Alles ver gänglich sei und das Gute durch das Vöfe verdrängt werde, kam unser Knabe mit sehr geheimnißvollem Ge sichte aus der Küche herein und erzähl te, daß ein Herr Soldat gekommen sei, der der Marcsa die Hand gereicht habe. Der Herr So'dat habe sich dann nie dergesetzt und gefragt, ob nichts zum Essen da sei? Marcsa hätte ihm dann Speisen vorgesetzt upd der Herr Sol dat habe von diesem Augenblicke an starr vor sich gesehen. Nach der ersten Ueberraschuna sahen wir uns gegenseitig an und schwiegen weiter. Die Stille wurde von meiner Frau unterbrochen, die mich fragte, ob ich je gewagt hätte, an dergleichen zu denken? Ich fand wohl di« Sach« sehr natürlich und hatte nur zu s«hr an di«se Eventualität gedacht, getraut« mich aber nicht, dies einzugestehen. Statt dessen schüttelte ich den Kopf und sagte, daß dies wirklich schrecklich fei. D«r Mensch müsse heutzutage un ter solchen Umständen wirtlich auf das Furchtbarste gefaßt sein. Weiter konnte» wir die Angelegenheit nicht verhandeln, da meine Frau sich erhob und in die Küche eilte, woher sie erst nach Verlauf einer guten Viertelstunde zurückkehrte, und zwar beruhigt. Sie ertlärte, daß kein ernsterer Uebelstand obwaltete, da der Korporal ein Lands mann des Mädchens sei. Sie trafen sich zufällig, jetzt plaudern sie ein we nig, und damit ist die ganze Bekannt schaft erledigt. Das Ganze war ein unschuldiger Besuch. Und wirklich schien es. daß die be fürchtete Fortsetzung nicht erfolgen werde, und zwar um so weniger, als Marcsa mit der Hausordnung in's Reine lam und erfuhr, daß si« keine Besuche empfangen dürfe. Die fol genden Abende verflossen also unge stört und unser Knabe lauert« verg«b lich in d«r Umgebung der Küche. Der Korporal zeigte sich ».cht, aber Marcsa verständigte nach zwei Wochen meine Frau, daß si« uns v«rlass«n wolle. Es erfolgte ein strenges und eindringliches Verhör, und das Mäd chen gestand unter den Kreuzfragen, daß si« uns wegen der HauZordnung verlasse, denn wenn man nach der schweren Tagesarbeit sich nicht einmal mit seinem Landsmann unterhalten dürfe, so sei es nicht wecth, in der Hauptstadt zu di«n«n. Denn wozu solle eine arme Magd denn dann arbei ten und wozu überhaupt l«b«n? Ich muß gestehen, daß wir nachga ben und daß die Hausordnung «ine Umänderung erfuhr. Meine Frau zürnte wohl und war unzufrieden, aber ich freut« mich, da ich ein aufrich tiger Freund der Liebenden bin. Von der Zeit an erschien Herr Korporal Szurtos jeden Abend. Marcsa aber kochte noch wunderbarer als früher Bei der Arbeit kannte sie keine Grenzen und entwickelte einen enormen Fleiß. Der Korporal verursachte im Uebrigen keine Unannehmlichkeiten, ausgenom men, daß er den Knaben auf den Schooß nahm, ihm Soldatengeschich ten erzählte und daß der Knabe mit aller Gewalt Soldat werden wollte. Leider dauerte auch dieser Zustand nicht lange. Herr Korporal Szurtos blieb nämlich eines Abends aus und zeigt« sich eine ganze Woche nicht. Er war spurlos verschwunden. Es that uns zwar leid um das treulos verlassene Geschöpf, aber wir trösteten, ja freuten uns sogar, daß die alte Hausordnung wieder h«rg«stcllt würd«. Diese Freude aber verwan delte sich in große» Schrecken, denn der Knabe kam ei»«s Ab«nds mit der Frage aus der Küche (wo er d«n Herrn Soldat erwartet«) zu uns herein, wozu Zündhölzchenköpfe in Wassergläsern nothwendig f«i«n? Er «rzählte, daß Marcsa schon von einem zweiten Packet Zündhölzchen die Köpfe abbrech« und in «intm Wasserglas« sammle. Im nächsten Augenblick« war«»' wir auch schon in der Küche, wo Marcsa die Zündhölzchenköpfe geschäftig durchein- ander schüttelte, wobei sie bitterlich W weint«. Ich entriß ihr das Glas und W schleudert« es zu Boden, worauf W Marcsa bemerkt«, daß dies nichts thu«, W da es ja noch g«»ug Zündhölzchen aus > der Welt geb«. Meine Frau winkte > mir, daß ich mich entferne, was auch W geschah. Si« aber unterzog di« Ber- > iassene einer Beichte, und Marcsa ge- I stand offenherzig, daß sie sich wegen > ihres Landsmannes umbringen wolle, da er sie wortlos im Stiche gelassen habe. Was si« nock> w«it«r miteinander ge redet, das w«iß ich nicht, so viel ist aber o«wiß, daß mein« Frau, als si« zurück l«hrt«, mit dem Wunsche hervorrückte, daß ich anderen Tages auf alle Fälle in die Kaserne gehen und mich nach I möge. Es sei ja nicht unmöglich, daß , > es sich um ein Mißverständniß handle, das man dann aus leichte Weise lösen ß lönnte. Dieser Wunsch überraschte inick> freilich, und ich hatte nicht beson dere Lust, ihn zu erfüllen, mußte ab«r i schließlich doch «inwilligen, da Marc die Strafe schenke? Doch L«tzt«r«s Nach Ablauf der dr«ißig Tage stellt« sich der Herr Korporal Szurtos pünktlich ein. D«r Knab« «rwartete ihn bereits auf der Treppe und be pfing ihn in der Küchenthür und be grüßte ihn mit einer kurzen Rede. Meine Frau überreichte ihm einig« Ci txm gedeckten Kllchentisch« Platz zu n«hmen. Im Uebrigen war er stark ab gemagert und Hunger leuchtete Beziehung. Singend virrichtetc sie ihre Arbeit, und es war eine das Resultat ihrer Arbeit anzusehen. Dem Knaben mußte ich freilich eine Soldatenmontur und einßajonett kau fen, und er ging beständig in Uniform umher, indem er betonte, daß auch er die Soldatenlaufbahn ergreifen und zu der in der Nachbarschaft wohnenden Erzsi zum Abendessen gehen werde, die für ihn gleichfalls die Leber bei Seite legen werde, um dann zu sagen, daß sie die Katze des Hausmeisters gestoh len habe. Inmitten dieser großen Glückselig keit kündigte Marcsa plötzlich. Sie erklärte, daß sie fortgehe und unter kei nen Umständen bleibe. Weshalb sie fortgehe, das hätte sie nicht um die Welt gesagt, sowie sie auch unsere Bit ten. daß sie nicht fortgehe, rundweg ab schlug. Und als dann die Kündi gungsfrist abgelaufen war und wir ihr das Dienstbotenbuch. in welches wir ihr das beste Zeugniß eintrugen, aus folgten, packte sie ihre Sachen zusam men und ging in die Nachbarschaft zu den Körösztös, mit denen wir in Feindschaft lebten und von denen wir wußt«», daß sie gut zu l«b«n gewohnt seien. Als wir erfuhren, daß si« sich in die Nachbarfchast verdingte, waren wir außer uns. Ich wüthete, meine Frau wüthet« noch mehr, uns«r Junge ab«r brüllt«, als wenn man ihn ge spießt hätte. Und diese Wuth ver minderte sich durchaus nicht, denn nach Marcsa kamen schlechte Köchinnen, die nur zu bald wieder geben mußten. Weshalb sie uns aber verließ, erfuhren wir erst später. In der Thoreinfahrt begegnete ich dem Korporal, den ich ausforschte und der nach einigem ver legenen Zögern gestand, daß ihm der gnädige Herr Körösztös allabendlich eine Virginia - Cigarre und drei De ciliter Wein versprochen habe, wenn er Marcsa dazu bewege, daß sie zu ihnen in Dienst trete. Und als er dies auf richtige Geständniß ablegte, bemerkte er zugleich, daß sie auch an diesem Platze nicht lange zu verweilen gedenke, da der Doctor des ersten Stockwerkes bereits zwei Virginia - Cigarren und «in halbes Liter Wein in Aussicht stellte, wenn sie sich dorthin verdinge. Aber die Sache sei noch nicht ganz per sect, da er auch noch «ine Extrauniform haben möcht«.
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