Kl Mmi-Mme. (3. Fortsetzung.) .Ist er denn wirklich so unverträg lich?" erkundigte sich Julius etwas skeptisch. „Uebcr alleßeschreibung," versicherte Wurm. „Ich fürchte, eS gibt nichts Schlimmes, dessen man sich von die sem Manne nicht vorzusehen hätte.... Es kam so weit, daß ich ihn stelle Dir vor! eines Tages gar mußte arresten lassen!" Das letzlere sagte der Alte in jener sehr hohen Stimmlage, in welche er immer hineingerieth, wenn er in Auf regung war. Dabei sah er aber doch mit unverkennbarem Stolze um sich, als sei es schon an und für sich eine rühmenswerthe Heldenthat, sich an ei nem so gefährlichen Menschen, wie eS der Nachbar nun einmal war, über hauvt heranzuwagen, sei es auch nur durch Vermittlung der Polizei. „Wie, Du hast Mr. Hopser verhas „Es ging nicht anders," vertheidigte sich Wurm senior. Und nun erzählte er die dunkle Geschichte von der gestoh lenen Wurst, von Hopsers Grobheit dem armen Toby gegenüber und von des Painters, vor dem Polizeirichter bewiesener Arglist. Julius hörte die und bekam sast das Schlucken vor Rührung „Ich will es zum Mindesten versu chen," erwiderte der Sohn. eben mitgetheilten Gespräche verließ Dr. Julius Wurm das Haus und schritt der Milwaukee-Avenue zu. wo er einen Straßenbahn-Wagen bestei gen wollte. Es war seine Absicht, mehrere wichtige Besorgungen zu er ledigen, welche er glaubte, nicht für den nächsten Tag aufschieben zu dürfen. Allein wieder mischte sich der Zufall in's Spiel und bewies dem jungen Arzte auf's Klarste, daß ohne seinem Willen nicht das Geringste von den Plänen der armen Menschlein bestehen könne. Das kam aber so: Unmittelbar vor Julius bestieg eine junge Dame den Stratzenbahn-Wa gen. Ehe der Doktor noch das Tritt brett erreicht hatte ein kleinerSchrei er den zierlichen Sonnenschirm, wel cher der Dame beim Aufsteigen ent fallen war, ohne daß er es bemerkt hätte, unter die Füße getreten. Im letzten Momente noch glückte es ihm, den Schirm vor diesem Schicksale zu bewahren. Galant, wie die Männer welt in Amerika dem zarten Geschlechte gegenüber stets ist, bückte er sich und überreichte der Verlustträgerin ihr Ei genthum. Wie aber wurde ihm da? Das waren ja dieselben großen blauen Augen, die er vor kaum einer herrsche Blondhaar.... „Miß Hopser!" entfuhr es ihm bei dieser Erkenntniß; und: „Doktor Wurm!" antwortete He lene, die den jungen Mann augenblick lich wieder erkannte, trotzdem sie ihn seit fünf Jahren nicht gesehen hatte und trotzdem ihm in eben dieser Zeit «in starker dunkler Vollbart gewachsen war. Die Beiden nahmen nebeneinander Platz, und das so ungenirt, als hätte es niemals feindliche Nachbarn in der Western-Avenue gegeben, als hätte nie endloser Zwist eine abgrundtiefe Kluft zwischen ihren Häusern gerissen. Das Gespräch Beider bewegte sich anfänglich auf ziemlich harmlofemGe biete: wie es in Boston ausgesehen, wie man Chicago wiedergefunden, was von der Entwicklung der Stadt für die eigene Zukunft zu erwarten sei nicht zu vergessen der üblichen Be merkungen über das eben herrschende Wetter. Endlich erkundigte sich Julius Wurm nach dem Ziel der Fahrt von Helene Hopser. „Ich will zu Tante Newman," lä „Tante Newman? Tante New nerte er sich. .Oh, Mrs. Newman!" rief er, „ei gewiß erinnere ich mich der alten Dame! Das letzte Mal als ich sie sah, Aufmerksamkeit des jungen Arztes mindestens ebenso fesselten, als irgend ein ernster klinischer Fall. „DaS freut mich wahrhaftig recht sehr, daß Sie sich der alten Frau noch erinnern," sagte sie. „Zuweilen ist TanteNewlnan allerdings etwas wun nen Besuch machen? Sie würde sich gewiß außerordentlich freuen." „Wollen Sic mich mitnehmen?" I fragte Julius etwas zweifelnd. .Ei, warum nicht," antwortete, noch Zimmer lachend, Helene. Die reizenden Grübchen in Helenens Wangen rissen den sonst so ernsthaften Doltor zu der Erwiderung hin: „Dann bin ich dabei! Führen Sie mich, wohin Sie wollen." „Oh, es ist nicht so entsetzlich weit/ lächelte Helene. „Die Tante wohnt an Nord - Clarkstraße. In zwanzig Mi nuten können wir ihr Haus erreicht haben. Der Wagen brauste eine Weile da hin, ohne daß zwischen den beiden jun gen Leuten ein Wort gewechselt wur de. Endlich aber sagte Julius: „Ist es nicht tief zu bedauern, daß zwischen Ihrem Vater und meinen Angehörigen schon seit so Langem Zwist und Hader schwebt?" Helenens Mienen wurden augen blicklich ernst. „Ach ja, dieser unselige Zwist!" seufzte sie. „Glauben Sie mir, ich leide schwer unter den unerquicklichen Ver hältnissen und habe auch schon, was ich konnte, versucht, den Vater zur Fried fertigkeit zu bewegen." „Er ist wohl ein recht unzugängli cher harter Mann?" siel der Doktor l „Oh, nicht im Geringsten!" versicher te Helene eifrig. „Im Gegentheil: Pa ist so herzensgut! man mutz ihn nur näher kennen lernen." „Wie ist denn diese Feindschaft ei gentlich entstanden wissen Sie et was darüber?" fragte Julius wieder, der mit Ernst bestrebt war. einen siche ren Boden für seine Friedensbestrebun gen zu gewinnen. Helene schüttelte traurig das Köpf chen. „Das weiß ich so wenig, wie Sie," sagte sie, „Niemand weiß es ich glaube, nicht einmal mein Vater oder Mr. Wurm. Ich meine, das Unheil ist gar nicht an einem Tage zugeflogen gekommen; es hat sich wahrscheinlich aus unbedeutenden Kleinigkeiten, aus wer weih welchen Nichtigkeiten im Lau fe der Zeit allmählich herausgebildet. Darum ist es ja auch so schwer, es zu beseitigen." „Und doch mutz es gelingen/' sagte der Doltor in bestimmtem Tone. „Ist es doch zu lächerlich, datz sich die näch sten Nachbarn jahrelang in den Haa ren liegen, ohne selbst zu wissen wa rum? Vielleicht bedarf es nur eines einzigen erlösenden Wortes, um den bösen Zauber unwirksam zu machen." „Ich wollte, es wäre, wie Sie sagen," erwiderte Helene, während sich wieder ein Seufzer ihrer Brust entrang, „al lein, ich mutz gestehen: viel Hoffnung habe ich einstweilen nicht." „Nun, wer weiß!" tröstete der Dok tor, „vielleicht herrscht Friede und Freundschaft zwischen Ihrem Vater und dem meinen, ehe wir es denken." Der Wagen hatte inzwischen den Washington - Tunnel durchfahren und war in das Geschäftsviertel gelangt. Julius, der längst der sämmtlichen Be sorgungen vergessen hatte, die ihm noch vor Kurzem so unaufschiebbar drin gend erschienen waren, half Helenen beim Aussteigen und Beide schritten sodann im eifrigsten Gespräche der Randolph-Stratze zu. wo sie einen Nordseite - Wagen bestiegen, mittelst welchem sie binnen wenigen Minuten vor Tante Newmans bescheidene Woh nung gelangten. Tante Newman wußte anfänglich nicht, was sie ans ihren beiden Besu chern machen sollte. Die gute Dame, in deren Stuben stets eine fabelhafte Un ordnung herrschte, hatte nämlich eben ihre Brillen verlegt, und ohne diese ver mochte sie auf Armeslänge Entfernung ein menschliches Antlitz nicht von einem Blumentopf zu unterscheiden. Nach längerem Suchen, wobei sich auch He lene nützlich machte, fanden sich endlich die schwer vermißten Brillen gemein schaftlich mit einem silbernen Kaffee löffel im Sommer - Bonnet der alten in den Wäschekorb gerathen wär. Tante Newman bewaffnete eilig ih re Augen mit den großen, kreisrunden rief sie nach erfolgter formeller Vorstellung des Doktors durch Helene: „Das ist Wurms Junge! Na, ich hätte Dich nicht wieder er kannt, mein Sohn, da kannst Du »nie sein. Aber Alles was recht ist! Du bist ein stattlicher Bursch geworden. Ihr würdet ein Paar geben, das sich hi, hi!" „Tante!" rief Helene, der das Blut in die Wangen geschossen war. Allein die Tante achtete so wenig auf die Verlegenheit ihrer Nichte, wie gende Dinge zu schwatzen. IV. SchwirrendePseile und faufendeMaulschellen. hoffnungsvollen Worte gedacht, in wel chen Julius seiner Zuversicht Ausdruck gab, datz es seine: redlichen Absicht ge lingen werde, Frieden und Freund schaft in die Weftern-Avenue zurückzu bringen. Allein: Während derselben Zeit, da der Sohn Wurms mit der Tochter Hopfers Seite an Seite durch die Milwaukee- Pläne schmiedeten, wie der langent behrte Friede wieder herzustellen sei, sollte'in der Weftern-Avenue der alte Hader zwischen den beiden Familien neuerdings und zwar heute in lichter lohen Flammen entbrennen. Dis Sandbröckchen aber, welches die Lawine zum Rollen brachte, lieferte diesmal in allerUnfchuld unser Freund Lipps. Lipps war in einer seiner müsstgen Stunden, deren er bekanntlich vier undzwanzig im Tage hatte, auf die Idee gekommen, aus elastischem Holze einen Bogen und aus einem Schilf rohr einen Pfeil herzustellen. An der Spitze des letzteren befestigte er als vorsichtiger Mann ein Stück Radir gummi, das er seinem schmalen Ver rathe an Bleistiften, mühsam genug, abgerungen hatte. Das also fertig gestellte Mordinstrument nahm er mit sich, als er kurz nach Dr. Wurm die Treppe hinabkletterte, um sich in Reichmanns Wirthschaft bei Rhein wein und Skat für die Mühseligkeiten des Lebens schadlos zu halten. Wie unten auf „Gusting", einen der Spro ßen seines Hausherrn, und Gusting war es, der aus seinen Händen Pfeil und.Bogen empfing. Nach seiner Art Hielt Lipps bei dem feierlichen Akte der Uebergabe dieser Waffe eine län gere Ansprache, welche der siebenjährige Junge zwar mit offenem Munde an hörte, von deren Sinn er aber nicht das Mindeste behielt. Und das war sehr begreiflich. Denn anstatt kurz weg zu sagen: Mein Junge, richte mir mit dem Zeug kein Unheil an. ließ sich Lipps ungefähr folgendermaßen ver nehmen: „Hier, mein Sohn, empfange einen Bogen, dessen sich der berühmte Häupt ling „Grumbling Bear" Du hast doch hoffentlich schon von diesem gro tzenHäuptliug gehört? nicht zu schä men brauchte. Die Waffe wird Dir in allen ernsten Lebenslagen besonders wenn Dir etwa naseweise Spatzen durch ihr Umherflattern beschwerlich fallen sollten treu zur Seite stehen, und Deinen Ruhm unter den Skalp jägern der Gegenwart mehren. Hüte Dich aber, auf friedliche Fensterschei ben, oder gar auf die Nasen unschul siehe, der große Geist könnte es in die sem Falle möglicherweise so fügen, daß der Bogen, von seiner Sehne befreit, zu einem ganz gewöhnlichen Stock wird, um Deiner Kehrseite eine fatale Ueberraschung zu bereiten." Lipps schleppte nach dieser Ansprache die Last seiner wohlgewogenen 300 jenen Ereignissen ein, denen Lipps durch seine Mahnrede glaubte wirksam vorgebeugt zu haben. Gusting wurde mit begnügt hatte, seinen Pfeil senk recht in die Luft zu schießen, plötzlich von der unwiderstehlichen Lust ange ast einer im Hofe stehenden Weide zu richten. Dabei stellte sich der Junge in der Gedankenlosigkeit, die nun ein daß der Pfeil, sollte er sein Ziel ver fehlen, über die Straße fliegen mußte. Dort aber hielt eben Nachbar Hopser, bequem in sunem Schaukelstuhle sitz end und bei geschlossenen Augen die eine Gewohnheit, welche, nebenbei be merkt, unzähligen Faullenzern ge meinsam ist, Siesta. ben, ein großer Krieger, wie jener be rühmte Häuptling „Grumbling Bear" zu werden, lange und äußerst forgfäl deftens auf ein halbes Klafter Ent fernung an dem Ziele vorüberschwirrte. Der Junge sah den Radirgummi mit Erkenntniß, daß die Sache im.Be griffe stehe, bedeutend schief zu gehen, den Bogen von sich warf uno auf eili gen Rückzug Bedacht nahm. Der Flüchtling hatte knapp die schützende Alley im Rücken des Hauses erreicht, da machte ihm auch schon »in schreck liches Brüllen die Haut schaudern. Ja wohl, ein Brüllen, wie das ei nes spanischen Kampsstieres, dem ein Banderillo in das Fell gefahren ist. Und dieses Brüllen kam selbstver ständlich aus der Brust des Painters drüben, dem das Erzeugniß aus Lipps unheilvollen Händen direkt an die fleischige Nase geflogen war. Nichi etwa, als ob der Radirgummi daselbst nennenswerthen Schaden angerichtet, oder erheblichere Schmerzen verursacht hätte das war in Wahrheit keines wegs der Fall; aber Hopser, dem nichts lieber war, als ein halbwegs plausibler aus dem Hinterhalt" für einen gegen sein kostbares Leben gerichteten At tentatsversuch zu nehmen, und dem entsprechend richtete er sein Verhalten ein: Wie ein angeschossener Eber fuhr haltende Vellen von Isis und Osiris, Buch der getreue an HopserS Seite, in der Meinung, dieser sei auf .irgendeine Art in plötzlich«, „Wasser, Pompo»ius, Wasser! Die Schurken schießen aus dem Hinter halte auf mich!" brüllte Hopser, indem er fortwährend auf seine in Mitlei denschaft gezogene Nase wies. Der Wollkopf des getreuen Schwar zen verschwand sofort wieder imHause. Der Painter aber tobt« fort, das eor p»» lwlieti, den Pf«il, dabei in der Rechten schwingend, was ihn aus ei ner gewissen Entfernung wie einen Indianer erscheinen ließ, der seinen Kriegstanz hält. „Ha! man soll sehen, was es heißt, gegen friedliche Bürger meuchlerisch seinem gänzlich unvorbereiteten Ge bieter ohne vorherige Warnung einen nassen Schwamm auf Mund und Nase -- selbstverständlich in der besten Ab „Thut gut Vissel Waffer he?" Ein Rudel von Straßenjungen, die sich in Folge des Geschreies Hopsers vor dessen Porch angesammelt hatten, thender. Er schrie Pomponius an: „Scheere Dich zum Henker, alter Esel, blödsinniger!" und schlug dem Neger dabei das Gesäß aus der Hand, in welchem er Wasser gebracht hatte; das Wasser bespritzte die Hunde und da dieselben alsbald in entsetzlichem Schreckensgehcul zu wetteifern be gannen, so wuchs der „Trubel" rasch und doch ein jeder eine Welt für sich, mit Millionen von Lebewesen (denn daß auf jedem Gestirne irgendeine und eigenen geheimnitzvollen Zielen! Und der Mond, der freundliche Be gleiter und friedliche Nachbar unserer mit einem solchen Spiegelteleslop jeder Rasenfleck in den Mondthälern zu se hen wäre. Wie nun, wenn er, Wurm, der Grocer, das fabelhafte Glück hätte, einen oder den anderen Mondbewoh ner zu entdecken? Eben als die er regte Phantasie des bescheidenen Gro cers zu noch wilderem Galov» durch den weiten Weltenraum ansetzen woll te, erscholl Hopsers Kriegsgeschrei, und schreckte Wurms Gedanken in dieses Jammerthal zurück. Was war denn wieder los? Wurm hörte den Nachbar von Mordanschlägen und heimtückischen Ueberfällen schreien und wurde da durch bewogen, an die offene Thüre seines Ladens zu treten. Kaum aber wurde Hopser seiner ansichtig, da streckte er die Hand gegen ihn aus und brüllte wie ein Besessener: „Da ist er, der Mordbube! Er wagt es mich zu verhöhnen!.... Aber ich will Dich!.... Police!!!" Der Painter war dabei wahrhaft erschrecklich anzusehen. Sein Antlitz war kirschroth und die Augen dräng ten sich weit aus den Höhlen; es stand offenbar jeden Augenblick zu befürch ten, daß ihn ein Schlaganfall ereilen würde. Wurm fühlte sich erklärlicher Weife daß Hopser ihn selbst und niemand Anderen meine. Sofort war er aber auch überzeugt, daß die Sache auf ei nem Mißverständnisse beruhe, und war in seiner unerschöpflichen Gut klären. Für den kürzesten Weg zu diesem Ende erachtete er, hinüber zu gehen und sich bei dem Nachbar nach kam er aber schön an! Noch nicht drei Schritte hatte er gegen Hopser zu ge macht, da kreischte dieser wie wahn sinnig: „Pomponius! meinen Revolver, schnell meinen Revolver! man muß sich vorsehen der Mörder kommt!" Was den Revolver anbelangt, so hatte Hopsers Aufforderung an Pom ponius keinen weiteren Effekt, denn im ganzen Hause Hopser gab es nichts, was mit einem Revolver auch nur ent fernte Ähnlichkeit gehabt hätte. Da gegen hatte das Toben des Painters den Erfolg, daß Wurm, so vor aller Welt als Mörder bezeichnet, nun sei nerseits anfing ärgerlich zu werden. Mitten in der Straße stehend und das Kinn so tief in die Halsbinde ver senkend, als sollte es nie m«hr wieder zum Vorschein kommen, schleuderte Wurm seinem gefühllosen Widersacher die Worte zu: „Erlauben Sie mir zu bemerken, daß ich Sie für verrückt hallen muß!" „Verrückt! ich verrückt!" raste der Painter. .Ist eine größere Frechheit denkbar? WaS ist dat, he?" Da- bei hielt er den Pfeil Mit der Kau schukspitz« empor. „Sie werden mich doch wohl nicht beschuldigen wollen, daß ich mit Kin derspielzeug auf meine Nachbarn schieße?" gab der Grocer, kaum seinen Ohren trauend, zu bedenken. „Der Teufel ist Ihr Nachbar, Herr," ließ sich Hopser in seinem zügellosen Zorn hinreiße« zu schreien. Da»n setzte er hinzu: »Möglich, daß Sie sel ber'nicht geschossen haben, aber dann war es einer von Ihren Rangen, denn der Apfel fällt nicht weit vom Stam mt. Sie sind jedenfalls verantwort lich." „Das ist eben der Irrthum," erwi derte Wurm in seiner ahnungslosen Unschuld, „keins meiner Kinder schießt mit PfeÜen." .Das ist doch eine faustdicke Unver schämtheit," brauste Hopser auf, .das Ding kann von nirgends sonst gekom men sein, als aus Ihrer Aard." Wurm wollte etwas einwenden, doch Hopser unterbrach ihn: .Aber warum sich über Sie ärgern!" sagte er in einem plötzlich äußerst oia litiösen Ton, »man ist, bei ijücht be sehen, nichts viel besseres als ein Narr, wenn man sich über Sie ärgert. Sie sind leere Luft für jeden Vernünftigen leere Luft, sage ich!.... Ein Mensch, der h.i, ha, ha! im eigenen Haufe nichts zu reden hat! Kaim man so etwas irgendwie beachten?" Diese boshaften Bemerkungen, dir Hopser absichtlich mit weithin schallen der Stimme gerufen Hatte, ärgerten nun den Grocer, begreiflicher Weise, ganz außerordentlich. Er wurde ganz blaß vor Zorn, und feine Stimme stieg bedenklich hoch hinauf auf der Tonlei ter, als er entgegnete: „Das verbitte ich mir!" „Thun Sie?" höhnte der Painter. „Ich schwöre, daß mir das Wurst ist, werther Herr. Hol' Sie der Teufel! — Da haben Sie Ihren Pfeil, alter Kindskopf," damit warf Hopser mit einer unnachahmlich verächtlichen Ge bärde das Geschoß dem Nachbar vor die Fütze „und nun trollen Sie sich nach Hause und verklagen Sie mich meinetwegen bei der Frau Schwieger mutter." Bei den letzten Worten schwenkte Hopser spöttisch seine Mütze. Diese Anspielungen auf das uner freuliche Verhältnitz, das zwifch«n Wurm und Frau Heinzelmann obwal tete. waren nun nicht nur unverant wortlich grob, sondern sie bedeuteten auch einen argen Verstotz gegen alle Regeln der Strategie. Hopser hätte sich ganz gut vorstellen können, daß die „Frau Schwiegermutter", die er so eben leichtsinniger Weise zitirt hatte, nicht ferne von der Szene war, und er hätte sich alsdann auch sagen müssen, daß diese Dame nicht von der Art war, daß man ungestraft mit ihr Allotria treiben durfte. Am allerbesten aber mußte Hopser wissen, daß Frau Hein zelmann eine keineswegs zu unterschä tzende Gegnerin war. In seinem linn losen Zorne aber bedachte er all' das nicht, und hetzte sich so durch diese Ge dankenlosigkeit auch richtig Frau Hein zelmann auf den Hals. Wie im ent scheidenden Moment« «iner Schlacht Reiterei aus dem Hinterhalte vorbricht, um den schon siegestrunken vordringen den Feind in Verwirrung zu bringen und zurückzuwerfen, so stürmte plötz lich mit wehendem Gewände und zer zausten Haaren Frau Heinzelmann aus Selbst der ungeschlachte Hopser schreckte etwas zurück, als er diese Geg nerin aus sich eindringen sah. Frau Heinzelmann gönnte ihm auch nicht die Zeit, die frühere Sicherheit zurückzuge winnen. Sie st«mmte vielmehr sogleich die Arme in die Seite und legte mit der bewundernSwerthen Zungenfertig keit einer Hökerin los: „Was höre ich? Sie wagen es, von mir zu reden, Sie Sie Sie AuSÄund von einem rohen, ungehobel ten Subjekt? Das möchte ich mir er gebenst ausgebeten haben. Merten Sie sich das! Meinethalben dürfen Sie mit der ganzen Welt so grob sein, als Sie ivollin lächerlich genug, wenn die Leute es sich gefallen lassen wenn zubinden, Sie Flegel, so soll es Ihnen schlimm ergehen, da können Sie Gift darauf nehmen. Im Uebrigen hätte ich Sie doch für gefcheidter gehalten, und Ihnen nicht zugetraut, daß Sie wegen eines KinderpfeileS ein solches Lärmen schlagen würden." "I'nl it in ronr pip<> niiil it, pninwr!" lachte einer von den in der Nähe stehenden halbwüchsigen Schlingeln, der zwar kein Wort von dem verstanden, was Frau Heinzel mann hervorgesprudelt hatte, dem eS aber ein ausnehmendes Vergnügen be reitete. den als rücksichtslosen Grobian weit herum bekannten Hopser so scho nungslos auf offener Straße abge kanzelt zu sehen. Der Vainter seinerseits wußte im Augenblicke nicht, was er seiner Geg nerin Wirkungsvolles entgegensetzen sollte. „Donnerwetter!" rief er endlich, „ich soll wohl stille halten, wenn man mir die Nase auS dem Gesichte schießt!" „Lassen Sie sich nicht auslachen!" gab Frau Heinzelmann zurück, „übri gens geht die Sache unS gar nichts an: unsere Kinder hab« weder Pfeil noch Diese im bestimmtesten Tone gege bene Versicherung brachte Hopser auf's Neue auf und half ihm sozusagen wie der in den Sattel. „So?" machte er, „geht un» nichts an? Na, hören Sie, alte Frau, Ihr Schwiegersöhnchen da kann 'was Schö nes von Ihnen lernen! So zu lügen! Wenn Sie. oder Ihre Tochter, oder Ihr Schwiegersohn, oder was ja auch nicht ganz ausgeschlossen ist das Grünhorn, der Toby, nicht mit Pitschepseilen schießen, so thun eS ganz gewiß die ungezogenen Bengel in Ihrer Dard. Da drüber ist nicht zu streiten, >»<nn der Pfeil Ist von' dort tltkb voll nirgends sonsther gekommen lassen Sie sich das gesagt sein! Und daß Sie da herunterkommen und mir auf der Straße Grobheiten sagen, lasse ich mir nun einmal nicht gefallen, mrd ich will Genugthuung haben!" D:r Painter hatte sich allmählig in seinen alten Zorn hineingeredet,, rückte Worte direkt in die Ohr«,. „Sie sind ein Narr?" sagte Frau Heinzelmann in einem Tone, der kei nen Zweifal darüber bestehen ließ, daß sie von der Richtigkeit ihrer Behaup tung völlig überzeugt war. „Was unterstehen Sie sich», Sie ver rücktes Weibsstück!" brüllte darauf der bracht. Kaum war aber das dm Lippen Hopsers entflohen, da ereignet? fich et was Unerhörtes».... Wir möchten die Beschreibung dessen, was geschah, gar zu gerne unterlassen, denn es thut fast weh, in diesem Fall« die ungeschminkte, nackte Wahrheit herauszusagen. Hätten wir uns nicht vorgenommen, m dieser Geschichtestets die Wahrheit, und nichts als die Wchr heit zu beachten, wir würden uns viel leicht m> einer Umschreibung aus der Verleg, /eit helfen und etwa sagnrr „Frau Heinzelmann überreichte dem Manne, der sie in ihrer weiblichen Würde so tief verletzt hatte, ein nicht ganz erwünschtes Geschenk als Erinne rung an diesen so angenehm verlebten Nachmittag".... Allein wir halten uns, wie bereits hervorgehoben, doch lieber an die volle Wahrheit und berichten demgemäß, daß die Schwiegermutter des mit offenem Munde und schreckens bleicher Miene danebenstehenden Wurm, unmittelbar nachdem sie von Hopser ein .verrücktes Weibsstück" genannt wor den w,r. kräftig wie ein Preisfighier mit der Hand ausholte, und daß, ehe Hopser die Zeit fand, zur Seite Sand auszustrecken, auf der linken Backe des groben Painters eine Maul schelle brannte, die mit jener aus dem bekannten Märchen bedenkliche Ähn lichkeit hatte, von der es heißt, daß sie in Ewigkeit nicht versaust sei. Dabei fauchte die fchlagferkigeDäme: „Ich will Ihnen Art lehren, Sie ge meiner Rüpel!" Wurm stand entsetzt bei dem fürch terlichen Attentate auf einen der gröb sten Kerle seiner Zeit. Auch die übri gen Zeugen der Szene schwiegen einen Moment lang, wie überwältigt von der tiefen Bedeutung des Ereignisses? dann aber brach plötzlich wie auf Kommando der süße Straßenpöbel, der sich um die streitenden Parteien versammelt hatte, in ein wahres Freudengeheul aus. lnp, dnrrall!" schrie einDrei käsehoch in zerlumpten Hosen, und "llip. lnp, liul'rati!" wiederholte der Chorus, daß dem bedauernSwerthen, im eigentlichen Sinne des Wortes aus's Haupt geschlagenen Painter die Ohren gellten. Der Arme hielt sich die übel mitge nommene Backe, und eine nam.'nlose Wuth zog durch seine Seele allein für den Augenblick war nichts zu ma chen: er konnte sich doch nicht gut mit der Frau Heinzelmann auf der Straße umherbalgen. Für ihn erübrigte nichts, als den Rückzug anzutreten, der unter den leider obwaltenden Umstanden mit unter die schmerzlichsten Ereignisse im Leben des Painters gerechnet werden muß. Denn nicht genug an dem, daß Frau Heinzelmann mit hocherhobener Nase ganz in der Haltung eines Trium phators abzog nein, der Mob stand so ganz aus Seiten der Siegerin in die sem Kampfe, daß er den Rückzug des geschlagenen Hopser noch mit einer wahren Sturzflug von hämischen und höhnischen Bemerkungen begleitete. Was nützte es. daß der Painter einem der schreienden Jungen, der sich unvor sichtiger Weis« zu nahe an ihn herange wagt hatte, «ine ausgewachsene Kopf nutz verabfolgte, was, daß er die Thü re hinter sich mit einem Fluche zuschmet terte, vor welchem der leibhaftige Gott seibeiuns hätte erschrecken . können die Schlacht war verloren, und das Haus Hopser vor aller Welt und für alle Zeiten jämmerlich blamirt. Frra Heinzelmann begab sich, wie: gesagt, in das Haus zurück, aus wel chem sie vor wenigen Minuten so er folgreich hervorgebrochen war, um dem Uebermuthe des Painters die Spitze zu bieten. Wie ehrenvoll aber war ihr Ab gang im Vergleiche zu dem von Hopser! Man machte ihr beinahe ehrfurchtsvoll Platz. und sogar auf den armen Wurm, der mit nicht unbedeutend schwanken den Knieen auf den Spuren, seiner mannhaften Schwiegermutter- «inher zog. fiel ein Strahl der Hochachtung, welche sich Frau Heinzelmann durch ihre energische That unter der Stra ßenjugend im Sturm erobert« HÄtt«. —- Das was wir soeben, dev chen Wahrheit so getreu a«s irgend möglich, beschrieben haben, war indes sen nur der erste Akt der Tragödie, ge wissermaßen die tragische Exposition, aus welcher die weiteren Berwickelun gen hervorgehen sollten. Im Hause Wurm begann sodann der zweite Akt, enthaltend die Steigerung, ahm wel che nun einmal ein rechtet Dran»» nicht bestehen kann. Im Wohnzimmer der Famitte Wurm fand man Fräs Johanne in Weinträmpfen sie versicherte minde stens. daß ihr Zustand nichts Geringe res sei auf einem Ruhebette hinge streckt. Unter einer Fluth von Thränen stöhnte die Leidende beim Eintreten ih rer Mutter und ihres Gatten: .Diese Schande!— für vi« ganze Nachbarschaft werden wir zum Gespött ....ich kann mich nicht aus der Straß: sehen lassen.... Und das Geschäft! Ach Lott, ach Gott!" (Fortsetzung folgt.) Mr die »tich,. Kartoffelsuppe!» Minu ten. (Sehr gut.) Zu zwei reichlichen Tassen gekochten und erkaltet geriebe nen Kartoffeln (am besten gute Reste) mischt man etwa ein Viertel so viel ge riebenen Käse, einen Eßlöffel Mehl, Salz, etwas Pfeffer und so viel Rahm oder Milch, dc?ß ein dickflüssiger Brei entsteht".. Diese» wird in ca. 8 Tassen kochendem Wasser. event, auf jede Tasse 16 bis 2t> Gran Keischextiract nebst et was Butt« eingerührt, gehörig durch gekocht, noch Belieben noch durch ein Sieb und zerkleinerte PeterMe hinein g«,leben. Z/mi den Kartoffeln benutzt man am bejien nur das, was hinter das Reibeisen fällt, b-sonders wenn sie nicht mehr gaikz frisch knd. E i e r k l ö B'.ch e n. 6i e r st i!ch. In einer mit Butter gut bestrichenen, grö ßeren Obertasse zerklopft man behende ein Ei, rührt d -tin etw>> drei Viertel Tasse Fleischbrühe oder Milch (bei drei Viertel Tasse eine» halb«» gestrichene» Theelöffel in wenigWasser klargerühr tes Stärkemehl) und Silz hinzv, würzt nach Belieben mit Maskat, fein gehackter Petersilie, biswiilen auch Zucker, und läßt dies, in den Ofen oder in ein mit kochendem Wasser »ersehenes Geschirr gestellt, nur fest werden: Dann nimmt man es sogleich'heraus, damit es zart bleibe und nicht durch, längeres Kochen löcherig werde, und' sticht mit einem runden Löffel oder- Theelöffel oder Kartoffelausstecher möglichst runde Klößchen davon aus, oder schneidet es, gestürzt, einfach in Würfel. Kölnische Mutzen. Ein Pfund feines Mehl. 3j Unzen frisch«, in Stückchen zerpflückte Butter. Unzen Zucker, die auf Zucker abgerie ben? Schale einer halbenCitrone, Eidotter, einige Löffel Weißwein od» Franzbranntwein, ein Löffel Rosen- Wasser und eine Prise Salz werden mit' der Gabel zu einem leichten Teig ver rührt, zu einer dickenPlatte ausgerollt, wieder zusammengeschlagen und eine Stunde kalt gestellt. Dann treibt man den Teig dünn auf, zerschneidet ihn mit dem Kuchenrädchen in beliebige Stückchen, bäckt dieselben in heißem Schmalz, entfettet sie auf Löschpapier und gibt sie, mit Zucker und Zimmet bestreut, als Fastnachtsgebäck zu Tisch. Westfälischer Kartoffel pfannkuchen. Man reibt rohe, geschälte Kartoffeln, schüttet etwas Wasser darauf und thut es zum Ab laufen auf ein Sieb oder in ein Tuch, dann gibt man in eine Schüssel einige Eier, saure Sahne und etwa? Salz hinein und bäckt von dem Teige in reichlich Butter kleine, flache Kuchen, etwa so groß wie Beassteaks, recht kroß. Werden gleich verspeist. Boston Vaked Beans. Ein Quart Bohnen am Abend hinten auf die Herdplatte inWasser stellen und die Nacht hindurch quellen lassen. Am Morgen zwei Pfund gesalzenes Schweinefleisch in eine blecherne Pud ding- oder Brotpfanne thun, die Boh nen dazu, Wasser zum Gleichstehen. Das Ganze deckt man zu und läßt es im Backofen zwei Stunden kochen. Dann noch eine bis zwei Stunden auf gedeckt stehen lassen, bis sie schön brau» sind. Manche Leute gießen zum Bräu» nen einen Löffel Melasses darüber hin.-.» Man muß manchmal nachsehen, daß die Brühe nicht wegkocht, sonst werden die Bohnen hart. Salz braucht nicht - daran, dos Fleisch genügt dazu. M a irde lau sl au f. Ein Vier tel Pfund Mandeln, denen man fünf Stück bittere Mandeln beifügt, werden mit ein wenig Milch gestoßen, mit ei nem Viertel Pfund abgerührter But ter, einem Viertel Pfund Zucker, der an einer Citrone und dann am Reib eisen gerieben wurde, sechs Eigelb, drei Achtel Quart Rahm, welchen man mit' einem Stückchen Vanille aufkochen und dann erkalten ließ, schließlich mit dem Schnee- der sechs Eiweiß gut in eine mit Butter bestrichene Form ge füllt; nrit Zucker bestreut und in einer halben Stunde gebacken. Du derstädterEierkuchen. 10 Löffel geschmolzene Butter, It> ganze Eier, 10 Löffel Zucker, einen Löffel Rum oder Cognac, als Gewürz etwas Vanille; alles wird gut ver rührt,, dann fügt man so viel Mehl hinzu, als gerade nothwendig ist, um auszurollen. Man bestreicht den Tciq leicht mit Butter, streut Zucker darauf und, backt ihn bei mäßiger Hitze im Backofen gelblich; er wird wellig, darf aber nur recht dünn sein. Nt<u» schnei»» t«t. chn gleich in Stücke. Leichte Savalleii«. Fern aus sonnigem Lan« kam, AIS der Lenz sich erneute, Eine Sendung gar wu»dersain: . Steine, pausbackige L««te. Zogen lange schon obdachlos Durch die blühende Landschaft, , Sind noch viter- um» mutterlos. Und in st' Ler finsterer Nacht Huschen "durch das Städtchen. Pochen an das Pförtchen facht, i Dort an das Fensterläkchen... > Bis 'itir, Morgen der Spuck entflieht, 's hÄ kein Mensch '«aS vernomeinn; Dock, li«i Maier und Schmid Hertas: .Der Storch ist gekommen!" Die vorsichtige Köchin. »Sag' einmal, Louise, was hat denn dieser Feuerwehrmann in der Küche zu suchen?" .Aber, gnädige Frau, erst sagen Sie mir alle Tag', daß ich mich ja mit dem Feuer in Acht nehmen soll. penn ich Borsichtzmaßregeln treffe!"^' 3
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