(12. Fortsetzung.) „Laß doch, Konstanze," erwiderte er, sanft ihre Liebkosungen abwehrend, „Du bist ja vollständig im Rechte, es ist eine Hundsaemeinheit, euch armen Weibern in dieser gräßlichen Zeit noch -obendrein zur Last zu liegen; ich halte das auch nicht länger aus, entweder tritt eine Aenderung ein, oder ich werde wahnsinnig! Alles, nur nicht so weiter leben, keinen Tag, keine Stunde!" Er stand auf und nahm seinen Hut vom Nagel, Konstanze vertrat ihm den Weg. „Geh' jetzt nicht fort, Leopold, Du bist zu aufgeregt, und in solcher Sti mmung könntest Du leicht —" sie scheute sich, den schrecklichen Gedanken auszu sprechen. „Bleibe, thu' mir nur das eine zu Liebe." „Beruhige Dich," entgegnete er, ei nen Blick au? seine Uhr werfend. „Von ter Tcllheit sind wir geheilt, wenigstens vorläufig noch. Ich habe eine Verab redung mit Regine und möchte sie spre diefes Dasein ertrage ich nicht länger." „Wäre es nicht besser, Leopold, un -ler solchen Umständen das hoffnungs lose Verhältniß einstweilen aufzugeben, da es Dich nur mit neuen Sorgen be lastet? Es ist sür Euch beide so ohne jede Aussicht." „Freilich, ohne jede Aussicht, und vielleicht ist's schurkisch von mir gehan delt, daß ich nicht der Sache ein Ende bereite, aber sie hängt an mir ich stecke tief in ihrer Schuld und möchte mich Regine auf keinen Fall undank bar erweisen,dieGefchichte hat zwei Se iten. Soll ich außerdem dies elende Le ben nicht abwerfen, so muß ich doch irgendwo nach Hilse aussehen und viel leicht weiß sie einen Ausweg." Konstanze rang in stummer Qual „Sollte nicht Gras Montsanto eine -Stellung für Dich finden, Leopold?" „Magst Du ihn darum bitten, nach überhaupt wiederkommen nach der Blamage? Ueberdies erhalte ich hier keine Stellung mehr, die Sache hat sich Klatschsucht, Neid und Mißgunst, da legt!" den trostlosen Verhältnissen ringen zu sehen! Sie küßte ihn zum Abschied, bat zum letzten Mal mit all der Innigkeit ihres bangen Herzens, standhaft zu bleiben, und ging dann zu Kamilla, die noch „Bin ich denn auch wirklich so furchtbar schlecht, Konstanze, habe ich mich so arg an euch versündigt, mußte ich das Opker meiner Liebe bringen?" sprach eine solche abgrundtiefe Ver zweiflung, daß Konstanzens Zorn dem Mitleid zu weichen begann. doch, o Gott, konnte es nicht. Ich sehe der weiblichen Seele die Schätze von Liebe, Hingebung und Pflichtgefühl und wußte ebenfalls, daß die Ober nicht verblenden ließ, sondern festhielt an dem einen, der ihr Herz besaß, und damit bemächtigte sich seiner eine er« ken drohte. War das der Vorbote eines frühen Todes? Noch zur selben Stunde ließ er den Wagen anspannen und fuhr zu feinem bejahrten Kollegen, ei nem berühmten Spezialisten für in nere Krankheiten, um zu erfahren, ob men, mich dankbar zu erweisen." „Nur dadurch, daß Du mich liebst und ganz allein mir angehörst; denn mit dieier Gewißheit trotze ich allem und stehe zu Dir bis in den Tod. Ob Du ahnst, wie unaussprechlich Deine Nähe mich beglückt? Es ist wie einFie ber, ein Rausch von Seligkeit, in dem ich lebe, und nur um Dich zu sehen aus der Ferne würde ich zu Fuß >!m Sonnenbrande bis Santo Amaro laufen. Hast Du nun ganz begriffen, daß Du mir alles bist, meine Welt, meine Vorsehung, mein Gott?" Er preßte sie in stummer Bewegung an sich und küßte leidenschaftlich ihre Lippen. „Es ist. süß, so zu beglücken, mit einem Leben, das mir ohne Dich nur eine Last sein würde. Laß uns hossen, Regine, solcher Liebe steht der Himmel bei." Worte waren in der dämmernden Nacht verhallt, aber sie lebten fort im Innern der beiden Liebenden und trugen ihre Saat. Am folgenden Tage, der trüb und stürmisch hereingebrochen, wurde die Tones. Erstarrte" aus d.e „Was ist Dir, Kamilla?" Saßwitz. „Mein süßer Engel! Nachdem meine letzten Briefe aller- Ehre, lange geschwanlt, ob ich zum Revolver oder zur Feder greifen sollte, und wählte ich das letztere, so geschieht es lediglich aus Rücksicht gegen meine rem Bündniß weder für Dich noch für mich ersprießliches zu hoffen steht; Du befindest Dich in einem andern Welt des zu verbinden, während Du mit dem Wsrten aus mich einem höchst unsiche- Ren Lose ausgesetzt bist; ich selbst aber bin vergangene Woche von Onkel Bo- Heirath mit Dir aufzugeben, ooer Enterbung und gänzliches Abziehen seiner Hand; daß ich mich dem letzte ren weder aussetzen kann noch darf, wirst Du zweifellos einsehen. Nach Frauenart hat Tante Sabine ge men Kraches über mich verhängte. So schauderhaft schwer es mir auch ankommt, Herzblatt, ich kann nicht an ders als Dir blutenden Herzens die Freiheit zurückzugehen. „Es soll nicht sein, es wär zu schön gewesen!" Und ich bin der Meinung, daß meine kluge, einsichtsvolle Kamilla sich selbst gesteht: es ist so am besten; denn was bliebe uns übrig, als getrennt von ein ander das Leben zu verseufzen, und schließlich doch fern von einander zu sterben? Zürne nicht, wenn ich Dir wehe that, aber das unvermeidliche mußte geschehen zu unser beider Heil, und in dieser festen Ueberzeugung findet sei nen einzigen Trost Dein ewig ergebe ner Freund Egon von Saßwitz." „Um GottesnMen, Kamilla, Dabist Die Angeredete schüttelte mechanisch den Kopf. „Ich kann nicht. In dieser Stunde ist etwas in mir gestorben, auf immer. O Stanzi!" Und plötzlich einen gellenden Schrei ausstoßend, der ihren ganzen Körper konvulsivisch er schütterte, sank sie halb bewußtlos in ist nicht wahr, so furchtbar schlecht kann doch ein Mensch nicht sein, er nicht, den ich geliebt habe mit der gan daß es nicht sein kann!" Konstanze umschlang sie, küßte ihre Stirn und Wangen und tröstete mit den weichen Lauten einer liebevollen Mutter die Verzweifelnde. „Fasse Muth, armesKind, einmal mußtest Du seiner Leiden durchkosten, ruf' Deinen Stolz zu Hilfe." „Ich kann nicht, das ist zu bitter, stanze. Mein Herz ist todt. Jetzt bin chern." „Um alles in der Welt, Kamilla, handle nicht voreilig, überlege zuvor; stete das einzige schwarze Kleid sorg fältig ab, heftete eine weiße Spitze um den Halsausschnitt und nähte einen „Willst Du mir Deinen Paletot „Gern; Du willst fort. Kamilla? Dann gehe ich mit." „Nein, den Weg muß ich allein be sorgen." „Kamilla, ich ängstige mich um Dich," bat Konstanze mit zitternder „Das brauchst Du nicht; ich will nur zu Dona Angela und hpmme bald zu rück." „Zu Dona Angela? Das ist einVor wand, Du weichst mir aus!" „Gewiß nicht ich will mit Graf Montsanto sprechen." „Der kommt doch heute Abend noch hierher!" „Wie Du mich quälst, Konstanze, ich weiß es ja; ich will eben in seiner eigenen Wohnung zu ihm redci^," „Unwürdiges? Wer weiß;" sie ver zog die Lippen zu einem irren, zucken den Lächeln, das die älter: Schweiler erschauern ließ. „Leopold hat gesagt, es wäre meine Schuld, wenn wir alle vier vor Hunger stürben. Das trage ich nicht, Stanzi, das ist zu viel! Doktor Moiitsanto wollte mich, und ich habe wand, das man mit dem Fuße von sich schleudert. Jetzt gehe ich zu ihm, der mich wollte, und gestehe meinen Irr thum ein; ist das so merkwürdig, daß Du mich mit so verwunderten Augen anschaust?" Konstanze hatte ein Gefühl, als bre che ihr das Herz die Knie zitterten; redete die Unglückliche im Fieber, leg ten sich auf ihre zuckende Seele die er sten Schatten des beginnenden Wahn sinns? „Kamilla," flehte sie beschwörend, aus tiefer Brust, „besinne Dich auf Dich selbst. Würdest Du es fertig brin schmähtest?" nach Belieben brechen zu dürfen? Gut, Mann mich stellt, als das verspottete, vogelfreie Geschöpf, das nur um^seinet nicht besser verlangen darf, dem, der mich begehrt, an den Hals! Was soll ich mehr?" heute noch willkommen, obgleich es ein anderes Ja ist, und Du wirst trotz al lem noch recht glücklich werden, Ka- Als Romano sich am Abend nach sei nem Besuch verabschiedete, gab ihm die Unterredung einzuleiten, mit aller Macht lehnte sich das weibliche Gefühl dagegen auf, und doch trieb einGemisch auswendig gelerntes hersage, in ihrem Vorsatz fort. „Es war recht unüberlegt von mir geringes die ihre; er hatte sich schon gestern mit dem entscheidenden Nein abgefunden und war viel weniger ent täuscht gewesen, als er anfangs ge glaubt, ja, eine gewisse Erleichterung hatte sich, wie bereits erwähnt, seiner Sie wollen mir, geleitet von Großmnth und Zartgefühl, ein Opfer bringen, das ich unmöglich annehmen kann, weil ich dieser Stunde ein unerklärliches Wohl gesühl, in ihrem Schmerz zu wühlen; die Qualen, die sie erduldete, durch von der Rücküchtslosinkeit, die Kamill« gegen sich selbst zur Schau trug, und zugleich berührte ihn die seltsame Schroffheit ihres Wesens, deren Grund er nicht kannte, peinlich. „Ihre offene Frage, Dona Kamills, fordert von mir eine elxn solche Ant weil ich von derjenigen, die ich an mich fessele als mein Weib, ein ganzesHerz beanspruche. Es wäre mir unerträglich, denken zu müssen, daß Ihrer Wahl ein gewisser Zwang, den die Vernunft her aufbeschworen, zu Grunde liege, daß Jbr Lächeln vielleicht nur dem heim lichen Bild in Ihrer Seele gälte und nicht mir; von solchem Verdachte aber vermöchte ich mich nach Ihrem früheren Geständniß nicht mehr zu befreien." „Sie haben vollständig recht, Graf Montsanto, es ist nichts mit so einem getheilten Herzen," sagte Kamilla mit dem abwesenden Lächeln überquellen „Was bedeutete das?" dachte Graf den der Vernunft zu dem Entschluß gelangt, sich selbst überwindend, zum Wohl der Ihren die vortheilhafte Ver bindung zu wählen; aber er bereute sei ne Handlungsweise nicht; denn aus solchem Opfer ihrerseits konnte für sie beide kein rechtes Glück erstehen. Als Kamilla beim Eintritt in das Wohnzimmer den fragenden Blick Leo polds auf sich gerichtet sah, bedeckte sie die Augen mit der Hand und stützte den Kopf schwer auf Konstanzens Schulter; aber er ehrte doch ihren Schmerz genug, um die verletzende Be merkung, welche ihm auf den Lippen schwebte, zu unterdrücken, und er äu sckion heute und in der GemUthsverfas sung mit dem Grafen zu sprechen. Er ist ein feiner Kopf und meines Erach .tens wahrhaftig nicht der Mann, sich von unverständlichen Weiberlaunen leiten zu lassen; ich wette, Kamilla, Du gut zu machen war." „Laß sie nur jetzt," bat Konstanze, den Arm schützend um die Schwester le gend, wie um sie vor dem rauhen Ein dringen Leopolds zu schützen, „sie that es um unsertwillen und leidet namen los." ..Leopold hat recht," sagte Kamilla, sich aufrichtend. „Graf Romano will thun, Dir seinen peinlich gewordenen jAnblick zu ersparen. Was fangt Ihr dann an, ohne den? Keine Miethe, stanze verzweifelt, während Kamilla ihn nachdenklich mit großen Augen ansab. Ihr zu Grunde." Und wie von einer inneren Eingebung angeregt, verließ sie plötzlich das Zimmer und ging nach von sieben, und die Dämmerung be gann an diesem trüben Tage schon zu sinken, äußerte sie die Absicht, nach der faßte Konstanze eine stechende, unbe siegbare Angst. „Hole sie zurück, Leopold, mir ahnt keinen Fall alllein gehen lassen sollen." „Aber ich bitte Dich, Konstanze, sie spürt das Bedürfniß, sich auszuruhen. tiges Mädchen, um wegen so eine? großschnauzigen Lieutenants eine ern ste begehen." Die mit voller Zuversicht gesproche nen Worte verfehlten eine vorüberge hende Wirkung nicht; dennoch ging Ronstanze, von einer wachsenden Angst getrieben, immer wieder nach derPsor hören, oder die aus dem Dunkel auf tauchende bekannte Gestalt zu erspähen. Doch es blieb still und keine Men schenseele wurde fichtbar in der einsa- Male tauchten auch, unbestimmt, wie vom Nebel verhüllt, lichtere Bilder auf und bittende Stimmen wurden im In nern laut: „Ich bin so jung es gibt so viele Freuden, die ich kaum dem Na men nach gekannt; Mama, Konstanze, Leopold," und dazwischen sah sie ihr kleines Zimmer. Doch Furien gleich richteten sich von neuem die dunklen, drohenden Bilder auf, Finsterniß la gerte sich über alles und aus ihr erstand Jetzt lag die erleuchtete, vonMenschen belebte Stadt vor ihr, sie sah es wie ein Traumbild aus der Ferne, —> zu denen sie, einer Auszestoßeren gleich, nicht mehr gehörte; und, wie imTraum, immer nur getrieben von dem einen, Inneren: Du muht! trat sie in ein klei nes, ruhigs Damenrestaurant und ließ sich Tinte, Feder und Papier geben. Eilig flog dann die Hand über den Bogen und es entstanden folgende Zeilen: „Meine Mama, Konstanze, Leopold! Nach dem, was ich seit gestern durch lebt habe, ist es mir unmöglich, länger bei Euch zu bleiben. Die Gewißheit, eine Last zu sein, Euch alles, worauf Ihr hofftet, zerstört zu haben, drückt mich zu Boden. Aber so gedankenlos, wie Ihr im ersten Augenblicke glauben werdet, gehe ich nicht aus der Welt, mein Plan ist reiflich überlegt; um die Kosten für mein Begräbniß zu sparen, sterbe ich austragen in das weite schöne Grab des blauen Ozeans. In dem braunen Kasten auf der Kommode habe ich alle meine kleinen Kostbarkeiten zurecht gelegt, die goldene Uhr von Papa, das Armband und die übrigen Schmuck gegenstände; wenn alles das verkauft wird, so bringt der Erlös schon einen Theil der fälligen Miethe. Und bin ich todt, wird auch Graf Montsanto Euch nicht verlassen, sondern nach wie vor zu Mama kommen; grüßt ihn von mir, und ich gedächte seiner in Liebe. Zürnt nicht, und glaubt mir, es ist so am besten, für mich gibt es keinen Platz hier unten, ich bin zu viel; Gott wird mir verzeihen, wenn ich ungeru sen vor ihm erscheine; denn Du, Kon stanze, sagtest mir doch einmal: er wür de mehr vergeben, als selbst das eigene Herz vergibt. Lebt wohl, meine liebe Mama, Konstanze, Leopold! Ich segne Euer Andenken und meine Gedanken Kamills." Sie schloß den Brief, forderte eine Marke, bezahlte und verließ den be haglichen, lichterfüllten Raum, um draußen das Schreiben in einen Ka ans der breiten Meeresbucht dichte Fin- , h g mernden Wasser da unten ein geister haftes, bleiches Licht warf; fast laut los glitt das dunkle Boot darüber hin- und versinken wieder, ein brausendes Gurgeln, vorbei. (Fortsetzung folgt.) Ufer des Calcafieu River, nichi einer mächtigen Eiche. Der merkwür dige Kauz hat sich in der luftigen Höhe «ine Hütte gebaut, und dieselbe in der primitivsten Weise ausgestattet. Von der nächsten Ansiedlung mehrere Mei» Lebensbedürfnisse. Ueber die Vergan genheit dieses Einsiedlers ist nicht das Geringste bekannt. Der Gedankenleser. Chaje Tekeles der Eisen bahn von Krakau nach Leipzig auf die Messe. Außer ihm befindet sich noch ein Herr im Coupe. Derselbe läßt sich Messe, kaufe dort Wolle für 10<Z,(XX1 lefer 5V Gulden. verholfen!" Der gestrengeHerrßürger m e i st e r. für «ine Sauwirtshschast? Zu früh gestorben. Gigerl: O, Regine, wenn Du jetzt noch lebtest und mich in meinem neuen, dlaugrünen Saceo-Anzug sehen könn test. . —Je nachdem. Gast: „Ist der Gansbraten frisch oder von Mit tag?" Kellnerin: „Will gleich ein mal fragen (in die Küche rufend): Ok» der Gansbraten frisch ist, oder von Mittag?" Wirthin: „Wer fragt denn danach?" Kellnerin: „Der Herr Müller!" Wirthin: „Frisch!" Ein gutes Kind. Fremde Dame: Weshalb weinst Du denn s» sehr, mein liebes Kind? Du hast Dich wohl verlaufen? Kleines Mädchen: Ja, ich habe mich verlausen. Ich mit meinem Vater spazieren gegangen, und da hat er mich verloren. Wenn er ohne mich nach Hause kommt, kriegt er von der Mutter Prügel! 3
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