2 Krauenlicrufe. .Steinig" nennt man ihn, den Pfad des Broderwerbs. Doppelt steinig ist «r für die Frau, und mehr noch als der Mann sollte sie darauf bedacht sein, bei der Berufswahl von den natürli chen Anlagen, die ihr auf den Lebens ziehen. Nicht immer sehen wir diese Voraussetzung erfüllt. Wie viele drän gen sich nichr zu Berufs zweigen hin, in den«n ihnen nach aller Voraussicht nicht übersehen. Alle in der Beklei dungs-Jndustri« beschäftigten! Frauen wissen es, daß die Thätigkeit auf tech nisch gewerblichem Gebiete, das Ent werfen von Mustern, das Zeichnen u. f. w. gern an geschickte weibliche Kräfte vergeben werden würde und weitaus die lohnendsten und angenehmsten Stellungen böte. Schwer ist es ab«r für die Frau, diese höheren Stufen zu erreichen, da ihr kaum eine Gelegen heit offen steht, ihren Fähigkeiten nach zuhelfen und sie auszubilden. Das Fachzeichmn, dessen Werih von den Männern schon längst nach Gebühr ge schätzt wird, und das in zahlreichen FortbildungScursen einen immer grö ßeren Umfang gewinnt, ist den Frauen nur in mangelhaften privaten Insti tuten mit hohen Honoraren zugänglich. Um diesen Mißständen zu begegnen, hat der Berliner Hilfsverein für weib liche Angestellte gewerbliche Fortbil dungscurfe für Mädchen und Frauen (Fachzeichnen von Costümen, Mänteln, Wäsche und Weißwaaren) errichtet. Bisher hatte dieser Fachverein sich we sentlich der kaumännischen Ausbildung der jungen Mädchen gewidmet, seine Handelsschule und kaufmännischeFork bildungsanstalt haben sich unt«r der Leitung des Neal-Gymnasial-Direk tors Professor Dr. Schwalbe kräftig «ntwickeli. Die nunmehr neu eingerich teten gewerblichen Fortbildungscurse sollen sich diesen Anstalten angliedern. Sie umfassen: 1) Zeichnen modern«? Damen-Costüme, 2) Zeichnen von Da nien-Mänteln, 3) Zeichnen von Wä schegegenständen, 4) Zeichnen von Weißwaaren, S) Schnittmuster-Zeich nen von Wäschegegenständen im Zu sammenhang mit Zuschneiden und Zu sammensetzen derselben. Die Curse sollen in erster Reihe den weiblichen Angestellten der Costüme-, Mäntel-, Wäsche- und Weißwaaren- Branch« Gelegenheit zur Erwerbung neuer Kenntnisse gewähren und bieten zugleich Mädchen und Frauen, welche sich auf einen gewerblichen Beruf vor bereiten wollen oder bereits ein selbst ständigeS Gewerbe (als Schneiderin, Besitzerin eines Ateliers u. s. w.) be treiben. eine zweckmäßige und sachkun dige zeichnerische Ausbildung, von der sie eine wesentliche Förderung ihrer Er werbsthätigkeit erwarten dürfen. Be sonderes Gewicht wird darauf gelegt, daß der Lehrgang sich eng an die Praxis anlehnt, um die Schülerinnen auf dem kürzesten und zweckmäßigsten Wege dem gesteckten Ziele zuzuführen. Auch auf diesem Gebiete gilt es, sich durch eine tüchtige Fachbildung concur renzsähig zu machen. Concurrenzfä hig, das heißt: fähig, dasselbe zu lei sten, aber auch dasselbe zu erwerben wie der Mann. Für uns ist und bleibt die Frauenfrage zum guten Theil eine Bildungsfrage. Was nützt es. in's Blaue hinein ssorderungen aufzustellen, wenn die Mängel in der Ausbildung der Frauen die Erfüllung derselben unmöglich machen. Wem es mit He bung der weiblichen Erwerbsthätigkeit «rnst ist, der muß heute in erster Änie für gewerbliche Fortbildung auf allen Frommer Wunsch. Sie: Lieber Mann, ich bin wegen unserer Sofie wirklich besorgt. Das Kind magert ab, nichts freut sie, sie will nicht «inmal ein neues Kleid haben, das ich ihr versprochen habe. Ich fürchte, das arme Kind ist hoffnungslos verliebt.— Er, nach einiger Ruhe): Weißt Du, liebe Frau, Du könntest mir einen Ge fallen thun. Liebe mich auch hoff nungslos! Merkwürdiges Symp tom. Arzt: „Also Ihr? Krankheit Ohnmachtsanfälle —" Arzt: „Und Sehnsucht nach einem neuen Wehmüthige Erinne rung. Gattin: „Auf dieser Bank sa hen wir! Da lernten wir uns kennen!" sollen!" ehren. Wollen Sie mir aber einen Ni ckel Zehrgeld schenken, so werde ich Ihnen ewig dankbar sein!" läßt 'sich doch nichts mehr dagegen machen!" Gnkel Alttn's Eiskeller. Alaska, Land und Leut«. Als vor ungefähr 25 Jahren Ruß land seinen Territorialbesitz in Ame rika an die Ver. Staaten für die Summe von sieben Millionen Dollars abtrat, dachten die Wenigsten, daß der „EiSkller" sich jemals als nutzbringend sür die Republik erweisen würde. Es waren fast ausschließlich politische Gründ«, mit denen der Handel gerecht fertigt wurde. Für die Regierung der Ver. Staaten war es wesentlich, daß wieder «ine europäische Macht vom amerikanischen Continent verdrängt worden war. Weder die Russen, noch die Amerikaner hatten einen Begriff von dem Reichthum des Landes an Na turprodukten. Seitdem j«doch hat man sich in Petersburg oftmals über das Geschäft geärgert und in Washington, speciell aber in San Francisco, Port land, Tacoma und Seattle gibt es Niemand«n, den der Handel gereut. Der Robbenschlag in der Behrings straße hat allein schon vielfach den Be trag des den Russen bezahlten Capi- Trotzdem ist Alaska von der Bun desregierung bisher sehr schäbig behan delt worden. Von Seiten der Regie rung ist noch kein einziger Dollar ver ausgabt worden zur Erforschung des ungeheuren Areals und zur Untersu chung seiner natürlichen Hilfsquellen. Im Jahre 1882 würd« bei Point Bar row, im arktischen Ocean, eine meteoro logische Signal-Station angelegt, das ist Alles, was Onkel Sam geleistet Hai, abgesehen von der Bewachung des Rob benfangs in der Behringsstraße. Selbst die Forschungsreise, welche d«r muthige Lieutenant Schwatka unternommen hat (der Forscher endete vor nicht lan ger Zeit durch Selbstmord), wurde nur insofern von der Regierung unterstützt, als man Schwatka während seines Ur laubs seine Osficiersgage weiter be zahlte, die eigentlichen Unkosten dieser Forscherreise mußte Schwatka jedoch aus eigenen Mitteln bestreiten. Und doch hat Schwatka den Riesenstrom Uukon von dessen Quelle bis zur Mün dung im eisigen Norden befahren, ja diesen Strom sozusagen «rst entdeckt. Auch alle übrigen Explorationstouren in Alaska sind von Privaten unternom diirstige Landschaftsbild j«nes Riesen landes hat man Touristen, Jagdfreun den u. s. w. zu verdanken. Was wir uns in der Regel unter Alaska vorstellen, ist ein etwa tausend Meilen langer und dreißig Meilen brei ter Küstenstrich, der mit unzähligen, meistens dicht bewaldeten Inseln um kränzt ist. Dieser Theil ist als Süd- Im alaskischen Archipel. Ost-Alaska bekannt. Aber das nörd lich und westlich von Sitka belegene Land umfaßt ein Territorium, welches Das am besten bekannte südöstliche Alaska ist ein bergiges Waldland und tcls indianischer Canoes passirbar sind. Die größeren dieser Inseln, so z. B. Baranosf, auf welcher die Hauptstadt Sitka liegt, Admiralitz und Douglaß Island, sind ungefähr 6V Meilen lang, von Norden nach Süden, l»nd von 10 bis 3» seilen breit. Die Inseln sind Russen (zu Anfang des 18. Jabrhun- Gruppen dieser Alaskaner, den Eskimo im Westen und Norden, den Aleut aus den aleutischen Inseln und dem benach- Elias bis'südlich nach Britisch Colum- Stammesgenossenschast bin. Viel leicht bilden diese Alaskan:? das ver bindende Glied zwischen Mongolen un: Rothhäuien. Ihre unteren Gliedma ßen sind sehr schlecht entwickelt, destc kräftiger jedoch Arme und Brust. Zu-1 riickzuführen ist dies darauf, daß die! AlaLkaner ihren Lebensunterhalt durch Gruppe von Alaskanern. Fischfang bestreiten, also den größten Theil ihres Lebens in ihren Canoes verbringen. Auf der Robbenjagd fah ren sie mit diesen zerbrechlichen Fahr zeugen oft mehr als hundert Meilen weit in den Ocean hinaus und es ist deshalb durchaus möglich, daß sie ur sprünglich von Asien herübergekommen sind, über die aleutischen Inseln und durch die Behringsstraße. Namentlich bei den jungen Töchtern trifft man heute noch sehr häusig das mongolische Schlitzauge an, was auf nahe Ver wandtschaft mit der gewaltigen Rasse jenseits des großen Oceans schließen läßt. Uebrigens sind diejenigen alaskischen Indianer, deren Ansiedelungen in der Nähe der alten russischen Handelssta tionen liegen, theilweise civilisirt, d. h. sie haben die meisten Laster der Weißen angenommen. In den weitab von den dianerdörsern kann man das Natur volk jedoch noch in dessen ursprüngli chem Zustande beobachten. Der alas kische Indianer verbrennt seine Todten, ungleich seinem amerikanischen Vetter von der Prairie, welcher bekanntlich du Todten auf Pfähle bettet und sie den Raubvögeln preisgibt. Die Asche wird in Höhlungen der so viel beschriebenen Totem-Balken untergebracht, welche vor den Hütten der alaskischen Jndia ser Naturkinder. Das „Totem" ist «ine seltsame Schnitzarbeit, der man «ine gewisse Kunstfertigkeit nicht ab sprechen kann. Die abenteuerlichsten Gestalten, Abbildungen von Bären, Adlern, Robben, Walfisch findet man! auf der Spitze des Totem-Steines, die Schnitzarbeit ist roh, jedoch für den Forscher von größtem Interesse. Am Steine sind«n sich massenhafte Ein schnitte und Bildwerke, von denen man sagt, daß sie eine Art von Runenschrift bilden, welche von den Familienmitglie-. dern gelesen wird. Das Totem ist auch einer Art von Stammbaum zu vergleichen, weil jede Generation neue Inschriften macht, deren Bilder von den nachkommenden Geschlechtern gelesen und verstanden werden. Eine Stam mesangehörigkeit, wie bei den Prairie- und Gebirgsindianern der Ver. Staa ten kennt der Alaskaner nicht, bei ihm bildet die Familie die Einheit, nicht der Stamm, oder der Clan oder di« Na tion. Es fehlt demgemäß auch an den ewigen Fehden und menschenmordenden Kriegen. Verschieden von den amerikanischen Indianern ist bei den Alaskaner auch der Trieb zur Geselligkeit. Die Ein richtung des „Potlach" kennt die Noth- Russische Kathedrale in um einen großartigen „Potlach" geben zu können. Die indianische „Gesell schaft" Alaskas gibt einem jungen Ehe paar fünf, ja zehn, selbst fünfzehnJahre Zeit zur Veranstaltung des „Potlach", aber wenn das Fest nach so langer Frist nicht erfolgt, so ist die betreffende Familie geächtet. Also ein „Potlach" die deutsch«, oder die deutfchamerika nisch« Hausfrau von Zeit zu Zeit eine Kaffeevisite veranstalten muß. End- und Hering. Hirschbraten, Beeren"und andern Leckerbissen angesammelt. Zu cker. Thee, Eingemachtes und so viel Whiskey als Geld und Credit bei den Handelsleuten verschaffen können, be finden sich im Besitz der festgebenden Familie. Endlich ist der große Tag gekommen und die Gasterei, an der oft mehr als dreihundert Personen theil nehmen sollen, beginnt. Daß es eine großartige Fresserei und Sauferei ist, die sich oft auf eine Periode von zwei Wochen- erstreckt, brauchen wir wohl nicht besonders zu betonen. AmSchluß des Festes findet die Vertheilung der Blank«ts statt. Jedcr Gast empfängt einen Blanket als Andenken. Die Gäste schneiden diese Blantets inStücke welche auf früher durchlebten „Pot lachs" erworben sind, besondere Blan- kels von verschiedenen Streifen. Je mehr Streifen, j« mehr mitgemachte „Potlachs", welche Einer nachweisen kann, beweist das Ansehen, welches der Betreffende in der alaskanischen „Ge sellschaft" genießt. Es entspricht den sainmelt, es entspricht aber auch der Nenommirsucht gewisser amerikanischer, speciell deutschamerikanischer Protzen, welche durch gewisse äußerliche Zeichen vor seinen Mitbürgern den Nachweis zu erbringen versucht, daß er mehr ist, oder vielmehr, daß er mehr zu sein vorgibt, als die Anderen. Was ist ein deutschamerikanischer Vereins bruder mit seinen siebenundzwanzig „Badges", Bändern, Ordenstiteln und derartigen Auszeichnungen im Grunde genommen anders, als ein alaskanischer „Potlach-Blanket-Protz". So viel ich weiß, gibt cs in Deutschamerika noch keinen „Potlach-Brllderbund". Ich anreizen, aber ich kann mir gar nicht verhehlen, daß ein solcher Bund ebenso viel Berechtigung hätte, als manche Ve r zurück. Pfähle in Alaska. Sitka ist die Hauptstadt Alaskas, das Washington des Landes, der Sitz der Negierung. Die Haupt handelsstadt ist es nicht. Diese heißt luneau und liegt wohl ISO Meilen nördlich von Sitka aus dem Festlande. luneau ist das alaskanische Chicago, ist ein beträchtlicher Handelsplatz und Sitz der Großkausleute und der Indu striellen. Von hier und von degi Chil cat werden die Unmassen von Fischen verschickt, welche wir in den Ber. Staa ten als „Canned Salmon" verspeisen. luneau hat etwas über 6000 Einwoh ner. Es ist von Gletschern umringt. Dorthin werden auch die Erträgnisse der gewaltigen Treadwell Minen ge schafft, dann verarbeitet und verschifft. Der Bewohner von luneau hat sür die Bewohner von Sitka ungefähr diesel ben Gefühle, wie der Bürger von Min neapolis für den St. Pauler, und um gekehrt. Aber sowohl luneau als Sitka haben ein« große Zukunft. Der Fifchreichthum in den alaskischen Flüs sen ist um so riesiger, daß er wohl nie' mals durch Räuberwirthschast erschöpft werden kann, denn ungleich den Büf feln auf der amerikanischen Prairie wird den Milliarden v»n Lachsen durch die immer weiter vordringende Cultur die Nahrung nicht beschnitten. Das Hinterland dieser Riesenström« ist durch keinen Raubbau zu ruiniren und so leicht behindert werden, wie sein vier süßiger und gehörnter College auf der grünen Prairie. Alaska hat «ine große Zukunft. Der Bergbau ist sehr viel versprechend. Kohlen und edle Me talle finden sich hier in großer Ausgie bigkeit und auf lange Zeit hinaus las- Schätze abgewinnen. Sitka, die Haupt- refpective Resi denzstadt, (weil das Bundesgericht hier feinenSitz hat) ist jetzt lange nicht mehr das, was es unter russischer Herrschaft zählte Sitka StXX> Einwohner, aber sie riickzukehren und bei weitem"die meisten waren blind genug, das zu thun. Jetzt zählt Sitka schwerlich mehr als 2<X)O doch ist Alaska schön. Wer weiß, daß ost-Maska mindestens so erträglich ist, als das von Nord-Minnesota. MW'-'vdv,.,, >. Jndianerdorf und Totem- Pfähle. Uebrigens ist Alaska durchaus nicht so weltentlegen, als die meisten Ameri kaner glauben. Von San Francisco ist Silla bequem in S Tagen, von Ta coma und Seattle in 3 Tagen per Dampfer zu erreichen und zwar ist dies« Fahrt ein« der schönsten, welche man sich vorstellen kann. Man fährt fast beständig durch Canäle und Fjords, welche den Oceanstllrincn nicht zu gänglich sind. Vorüber an grün be waldeten, bergigen Inseln, von denen manche nur so groß sind, wie die klei neren im St. Lorenz-Strom bei den Tausend Islands, andere wieder von mächtiger Ausdehnung, gekrönt von hohen Bergen; und ehe man es sich ver sieht ist man in der großartigsten Gletscherregion angelangt, di« es in der Welt überhaupt gibt. Sechs Tage Fahrt von San Francisco und man kann vom Muir-Gletscher einen Blick in die geheimste Werkstatt der Natur thun. Man kann einen Eisberg bei dessen Geburt überwachen, man kann das Auge weiden an unermessenen Eis barrikadcn, den Blick schweifen lassen rber Felder von Schnee und Eis, mit denen verglichen die berühmtesten Glet scher des Berner Oberlandes zu wah ren Pigmäen herabsinken. Vorderansicht d«s Glet schers. Erst in den letzten Jahren ist Süd ost-AlaSka ein Ziel der Touristen ge worden und die Dampfer-Gesellschaf ten haben sich deren Bedürfnissen anbe- Sam's Eiskeller. W. K. Ich die Mitgift nicht gestohkn, Stehl' ich ihr das Hochzeitskleid! Wohl auf die Wirthshausschilde. Bier, Das München würzig hell schafft, Jetzt trinke „Münchner", rath' ich Dir, In fröhlicher Gesellschaft. Das kleine Fritzchen hört, wie seine Mutter das Disstmädchen ausschilt. Mutter: „Aber, Chrischtene, descht doch etwas Arg's mit Ihne; jetzt habet Sia mir dia schö', schö' Figur ver habet. Descht d' Hebe; d' Götte der „Weißtscht was! Mcimalr, schick' d' Helsa/'' rathsveriniltler: „Nein! Mit IVO,OO<Z Dollars Mitgift hat sie sich die Be gen!" Richter: haben also genau gese hen. daß der Angeklagte Ihr«m Freund «ins herunter gehauen hat?" Zeuge: schad's nichts!" Culturfortschritt. Baby): „Bist Du gleich still oder ich rufe den Kritiker!" Die grolje Kunlt. Jüngst, in einer Kaffeegesellschaft, wurde wieder einmal über das nicht mehr ungewöhnlich« Thema, „die Theuerung" verhandelt. War es auch weder sehr geistvoll, noch neu, so wa: es doch wenigstens „harmlos," was hier gesagt auch herrschte eine seltene Uebereinstimmung der Meinun gen, die dahin lautete: „Es ist jetzt ganz unmöglich, auszukommen!" Auch die liebenswürdige Gastgeberin stimmte bei; fügte dann aber lächelnd hinzu: „nur meine liebe din Bertha versteht die groß- Kunst, immer auszukommen, und hat sie auch jetzt nicht verlernt." Todtenstille! Endlich meinte eine der Damen: "Um dies Wunder zu vollbringen, muß man eben über sehr viel zu verfügen haben, und dann ist die Kunst auszukommen, doch eben nicht so sehr groß." Schelmisch lächelnd sah mich da meine Freundin an und sagte: „Das ja eben die Kunst, daß sie nur we gierig! Da könnte man ja viel lernen! Ich möchte Sie wirklich um Belehrung bitten, man kann sie jetzt ganz gut ge brauchen!" So schwirrte es in sanften und ge reizten Tönen durch einander. Peinlich berührt, aber von dem Wunsche erfüllt, vielleicht doch etwas Nützliches sagen zu können, begann ich: „Ich darf es allerdings in Wahrheit sagen, daß ich nie viel besessen hab«, noch je besitzen Werve; aber daß ich im mer in den verschiedensten Lebenslagen und in den verschiedensten Haushal tungen vollkommen gut ausgekommen bin, nie auch nur der allerkleinsten Zu lage bedurfte, selbstredend nie Schul den hatt«, noch haben werde. Ich habe von früher Jugend an ge lernt, mit . wenigem zu rechnen und auszukommen; die sorgliche Einthei lung ist mir niemals schwer geworden, sondern lieb und angenehm und lachen Sie mich nicht aus, meine Da men ich finde sie sogar poetischer, als das Nehmen aus dem Vollen. Als Kind lernte ich mit den Büchern, sam umzugehen, die Spielsachen so zu schonen, daß sie noch gut erhalten wei tergeschenkt werden konnten. Für in fremden, recbt verschiedenen Haus haltungen geübt habe. In letzteren gilt es ja ganz besonders, mit Sorg falt, Ordnung und weiser Sparsam keit die anvertrauten Schätze zu ver walten, und brav damit hauszuhalten. Dank meinen theuren Eltern, ist mir dies bisher gut gelungen, so gut, daß ich meinem Grundsatz treu bleiben konnte: nie ganz auszuwirthschakten, sondern immer und überall ein«n, wenn auch nur kleinen, Vorrath zu behalten, sei es an Lebensmitteln oder an Geld. Meine verschiedenen Kassen dürfen nie, buchstäblich nie, ganz leer sein, überall muß ein eiserner Bestand bleiben; um dieses zu erreich«!?, bedarf es nur der richtigen Eintheilung am Anfang und großer Festigkeit in der Durchfüh rung. Später wird es immer leich ter, denn „es mehrt sich die Habe". Und wenn ich immer bei Kasse bin, kann ich alle Einkäufe machen, sobald ich ge rade billig und gut kaufen kann. Auch gewinnen verschiedene Gegenständ« durch längeres Austrocknen, z. B. Mehl, Stärke, Seife; diese kaufe ich immer auf ein Vierteljahr. Zur Regel habe ich es mir ferner gemacht, mich an kein Geschäft zu binden, nur immer die allerbeste Waare zu kaufen, sowohl sür die Speisekammer, wie sür den Wäsche schrank. Für meine eigenen Kleider wähle ich selbstredend «infach«, dunkle, aber sehr gute Stoffe, lasse sie im Hause nach meinem soliden Geschmack, aber modern arbeiten; dann kann ich sie lange tra gen, ohne aufzufallen. So also bin ich immer in der glücklichen Lage, nicht nur so viel zu haben, wie ich selbst brauche, sondern mir sogar die schönste und reinste Freud« zu bereiten, nämlich geben, helfen, erfreuen zi! können, frei lich in kleinem und bescheidenem Maß stabe; aber es ist dies doch immer eine rechte Wonne, und die Poesie in der. Prosa des Lebens. Doch nun, meine Damen, bitte ich um Nachsicht, wenn Sie mein uninteressanter Vortrag er müdet hat." „O nein," sprach nun eine zierliche, junge Frau, deren freund liche, ungetheilte Aufmerksamkeit mich zu immer weiteren Auseinandersetzun gen verleitet hatte, „Sie haben uns gar nicht ermüdet, wir müssen Ihnen herz lich dankbar sein; ich wenigstens bin es, habe viel gelernt, will gleich versuchen nach Ihrem erprobten Rezept zu wirth schaften und wenn es mir gelingt, sol len Sie sich mit mir der Resultate er die Mittheilung! einfachster mit dem, was wir haben, was bleibt denn sür unsere Armen?" Individuelle Ansicht. Lehrerin: „Was verstehst Du unter Kintcr uns Trauen. Der Mensch wächst mit seinen Zwi cken und so auch die Frau, vielmehr deren Befähigung und Geschicklichkeit mit ihrer neuen Stellung. So lang« das Weib nur «inen beschränkten Wir kungskreis innerhalb der eng begrenz ten Räume ihres Hauses hatte, durft« sie eS sich eher gestatten, auch in vielen Dingen ihre eigenthümlich beschränk ten Anschauungen und Begriffe noch beizubehalten. In einem Dasein, wo die Zeit keinen besonderen Werth, die irgend «inen Kai!fv«is hatte, da durf ten sich die viellieben Burgfrauen und edlen Fräuleins schon den Lurus ge statten, auch ihre Zeitbegriffe ganz nach eigenem Behagen zu formuliren, hoch vom Söller herab die Stunden gleich wenigen Augenblicken dahinzie hen zu sehen, und Momente in unge ahnter Weis« auszudehnen. Heut« aber, wo das Weib herantritt in den vollen Wettbewerb mit dem Manne, wo sie dieselbe Anerkennung für ihr« Arbeit, eine ähnliche Entlohnung für die verwendete Zeit beansprucht, wer den sich auch ihre Begriffenen Zeit de nen des Mannes über denselben kostba ren Gegenstand anschließen, und beid« in gleicher Genauigkeit mit der Zeit umgehen, derselben strengen Punkt starken Geschlechtes den Werth aller Zahlen, sowohl derer, welche sich auf Geld und Gut beziehen, wie jener, Sit schauungen von der guten allen Zeit verharren. Der schlechte Ruf geht immer weiter wie der gute, so „Wir sind heute Abend »zum Essen Du zu Deiner Toilette?" fragt der Bruder sein Schwesterlein. „In zwan zig Minuten bin ich fir und fertig!" lautet di« bestimmte Antwort. Nach ungefähr der doppelten Zeit pocht es bescheiden an der Thür des jun^fräu meine Löckchen zu vollenden, den Hut aufzufetzen, den Schleier zu befestigen, das Taschentuch zu parfumiren, di« hat, daß zwischen zwanzig und sechzig Minuten doch ein ganz kleiner Unter schied ist. Alle gehen hin und berichten anderen Gatten, Nachbarinnen, Brüdern, viel leicht auch Vettern und Freunden, daß, es selbst noch in unserem vorgeschritte nen Ende des Jahrhunderts i-or arg bestellt ist um di« Zeitbegrifse der Frauen.
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