U«Biei!csUei>s. (6. Fortsetzung.) Seit zwei Tagen befand sich Daniela 'unter der Obhut Dona Angelas, wel che die Ankunft des Schützlings ihres geliebten Neffen mit aufrichtigem Wohlwollen willkommen hieß; besaß doch die kleine, magere und bewegliche Dame mit dem winzigen, vertrockne ten Gesichtchen, auf welchem die kunst volle fchwarzeHaarfrisur helmartig ge stülpt saß eine ausgesprochene Vor liebe für alles schutzbediirftige, von ih ren Blumen und Katzen an bis zu den elternlosen Negerkindern, zu deren Versorgung es ihr nach großer Mühe gelungen, einen Damenverein in's Le ben zu rufen, von dem sie einstimmig zur Vorsitzenden erwählt wurde. Außerdem besaß Dona Angela, <3räsin de Montsanto e Tavares, ein vaar kleine Eigenthümlichkeiten, die einen nicht unbedeutenden Theil ihrer Zeit in Anspruch nahmen: sie ging fast täglich in die Kirche, mochte nun Früh gottesdienst oder Abendmesse stattfin den, und gab bei jeder Gelegenheit i>er Jungfrau Maria eine Promessa, das heißt Versprechen; lag im Hause jemand krank, oder stand irgend ein Ereigniß bevor, so gelobte sie Maria Santissima, im Fälle diese das Un heil glücklich abwende, eine Promessa; entweder geweihte Kerzen, eine neue Altardecke, ein hübsches Bild, oder ei 7>en entsprechenden Kopsputz für die heilige Mutler. Einmal hatte sie auch, zum Entsetzen Romanos und zur Be wunderung aller gleichgesinnten zarten Seelen gelobt, zweihundert Milreis in Almosen, von Haus zu Haus gehend, zu erbetteln, eine Summe, welche zum Baader neuen Kirche in Rio bestimmt Datz von dieser ebenso harmlosen wie gutmüthig beschränkten Dame nichts für ihre Heirathspläne in be treff Romanos zu erreichen war, wußte Valeska sehr genau, und sie hatte auch mcht auf Dona Angelas Hilfeleistung gerechnet; ein Brief an Regine war be reits fort, sie sollte Madme Renard um zwei Tage Ferien ersuchen und am Sonnabend Nachmittag in Rio ein treffen. Nun war die bezeichnete Stunde da, und Frau von Hasselbach fuhr zum Tochter in Empfang zu te auch der Zug schon in den Bahnhof, die Thüren wurden von den Schaffnern aufgerissen, und aus einem Abtheil der zweiten Klasse stieg gemächlich, auf's zärtlichste von der Mutter be grüßt Reginens auffällige Erschei- Sie besaß die große, üppige Gestalt Aaleskas, viel zu voll und entwickelt für ihr Alter; das anziehende des aus druckslosen Gesichtes bestand in den frühlingsfrischen, rosigen Farben, den tadellosen Zähnen unter purpurro ihen, schwellenden Lippen, die oft lä chelten, dann aber einen stark sinnli chen Zug hervortreten ließen; aus ihren lässigen Bewegungen sprach dasPhleg ma. dem jedoch etwas flackerndes, ein Ausdruck lauernder Begehrlichkeit in den schmal geschlitzten braunen Augen widersprach. Die niedrige Stirn ver schwand fast unter dem sorgfältig ge kräuselten. rothbraunen Haar, auf dem «in dunkelgoldiger Schimmer ruhte. „Was soll es eigentlich bedeuten, Mama, daß Du mich heute, bloß un ter dem Vorwand Deiner Sehnsucht nach mir, schon wieder nach Hause kommen läßt? Die andern jungenDa men haben mich einfach ausgelacht und Madame Renard schien es auch nicht lieb zu sein," bemerkte Regine mür risch, als sie im Wagen der Mutter ge genüber saß. Es lag etwas wegwerfen des, fast verächtliches in ihrem Tone, als ob sie einen verborgenen Groll he ge gegen diejenige, welcher sie das Le ben verdankte, der sich nicht in Wor ten hervorwagen durfte, und deshalb seinen Ausweg in ihrem Benehmen und der Stimme suchte; Valeska empfand den Mangel an Liebe und Zärtlichkeit von Seiten der Tochter schmerzlich, glaubte jedoch den Grund davon in de ren Beanlagung suchen zu müssen, ob gleich Regine die unliebenswürdige Seite nur gegen die Mutter heraus zukehren pflegte. „Meine Sehnsucht diente diesmal k>loß als Vorwand, liebes Kind, ich hätte Dich nicht kommen lassen, wenn nicht die Nothwendigkeit dazu vorge legen hätte. Du weißt einigermaßen, wie die Sachen stehen, Onkel Karls Erbe ist uns keineswegs vollständig si cher. Da es nun aber mein eifrigstes Bestreben ist. Dich für die Zukunft glänzend versorgt zu sehen, so reifte seit lange der Wunsch in mir, Dich mit dem Grafen Montsanto zu verbinden. Nun dente Dir, was ich vor Kurzem «ntdeckt habe! Keine andere, als unsere züchtige Daniela geht darauf aus, die brillante Partie für sich zu erobern." etwas sieht ihr gar nicht ähnlich." „Du irrst Dich, liebe Regine," ent gegnete Frau von Ha Lelbach scharf, Besuch auf längere Zeit bei Dona An gela, also in täglicher, unmittelbare:; Nähe Romanos weilt. Oh die if> ilug wie eine Schlange, und Du ahnst nicht einmal den Abgrund von Ver stellung in dieser abgefeimten Schau spielerin, die mir überall das Terrain streitig zu machen sucht! Das ist ja von Dir nicht zu verlangen. Ich abc» be sitze hinreichend Scharfblick, um si> zu durchschauen und werde ihre Triumphe zu verhindern wissen. Liebes Herz, morgen findet eine kleine Gesellschaft bei dem Grafen statt, aus diesem Grunde ließ ich Dich kommen; wir müssen Deine Verlobung zu beschleu nigen suchen, Du wirst Dich bemü hen, ihn dahin zu bringen, daß er sich so bald wie möglich erklärt." Regine lehnte sich nachlässig zurück und nagte an der Unterlippe. „Du schwatzest grade, als ob das ganz allein von mir abhinge! Romano ist ein netterMensch, Gott ja, aber daß er mich nimmt, bezweifle ich, wie ge sagt; außerdem ist er so erschrecklich lieber eine große, stolze Männerge stalt; mein Ideal sieht ganz anders aus. als er. Laß ihn doch der armen Daniela, wenn sie ihn gerne will, Ma ma, ich finde noch zehn andere." „Kind, das sind Anschauungen, wie die unerfahrene Jugend sie zu besitzen pflegt, ohne Einsicht und Vernunft; bedenke. Du hast kein Vermögen, bist keine auffallende Schönheit, es können sich allerdings wohl Freier melden, doch ich wette hundert gegen eins, kein ein ziger darunter vermag die Vortheile Romanos aufzuweisen. Stelle Dir nur mal vor, was für eine glänzende Rolle Du später in Berlin als Gräfin Montsanto und Besitzerin eines ko lolialen Vermögens spielen wirst," fügte Valeska überzeugungsvoll hinzu, während ihre runden grauen Augen bei den Zukunftsbildern, die sie im Geist« vor sich sah, vor Begierde fun kelten. „Das ist ja richtig," bemerkte Re gine in ihrer gleichmiithigen Weise. „Mir ist nur unklar, wie ich es an fangen soll, Romano so schnell zu ei ner Erklärung zu bringen; ich glaube, ich würde mich todt lachen, im Falle er es thäte das Ganze müßte furchtbar toniisch fein." „s wird Dir leicht gelingen, Regine, sobald Du ernstlich willst; noch ist sein Herz nicht fest an Daniela ge bunden, man kann jedoch nicht willen, wohin ihn ihn Bemühungen treiben; denn Romano sehnt sich nach derGriin dung eines behaglichen Heims er hat die Wirtbschast der verrückten al ten Angela satt, verlaß Dich darauf. Da wäre es also recht gut möglich, daß er in Danielas Falle ginge, zumal eine lange Bekanntschaft ihre Chancen noch vergrößert; Du siehst nach diesem, es kommt nur darauf an ein wenig geschickter zu sein, als die schlaue Per son, und er gehört Dir." „Laß doch Deine widerwärtigen, herabsetzenden Benennungen, sie schaden Daniela in meinen Augen wahrhaftig nicht," äußerte Regine un willig. „Uebrigens," fuhr sie in ver ändertem Tone fori, „sollte es sich schließlich um einen solchen Wettstreit handeln, da wollen wir doch einmal se hen. wer Siegerin bleibt! Aber eins mußt Du mir versprechen, Mama, sonst gehe ich überhaupt nicht auf die Geschichte ein; Du sorgst dafür, daß Berlin unser künftiger Wohnort wird! Dort will ich leben und mich amll siren." „Selbstverständlich, Herz; verstehe mich doch! Mir liegt ja hauptsächlich daran, Dir einen Mann zu verschaf fen, der den Rang und die Mittel be sitzt, welche Dir die ersten Kreise der Berliner Gesellschaft erschließen und Dir jene Genüsse zu Theil werden las sen, die ich leider zu früh entbehren „Gut, abgemacht, ich versuche, Ro mano zu angeln, Mama; bah, Du wirst schon sehen, daß ich auch kann, was ich will," setzte sie hinzu, wäh rend ihre schmalen Augen unter den halbgeschlossenen Wimpern hervor einen sonderbaren unreinen Ausdruck an nahmen, der weit über ihre siebenzehn Jahre hinausreichte. „Und ich will jetzt; weißt Du, Romano ist gewisser maßen schwach und dumm, er ihre Art und Weise des Ausdruckes, ge- Regine schon die Anschauungen, sowie das Wissen eines Mädchens sprachen, dem die Frivolität entarteter Frauen seelen eigen. „Du hast zuviel mit Ivette, unserer Kammerjungfer, verkehrt, Regine," „Das ist Blödsinn, Mama," ent« ter mit einem Male auf diesem Gebiete zu sehen. „So wat! Du wolltest doch, daß ich französisch lernte und hast mich selbst immer zu ihr geschickt. Ueber dies was sie mir erzählte, mußte babe, wie man sich zum Beispiel bei dieser Gelegen!,eit Romano gegenüber benimmt, um ihn anbeißen zu lassen. ! kommt Dir doch auch zugute." ner Erziehung, Regine, Kind, ich bitte Dich, wie kommst Du zu diesem Ton?" „Gott, über Deine moralischen Be denken, das ist wirklich großartig," äußerte Regine kalt und spöttisch. „Ich bin im Februar achtzehn, also doch kein Kind mehr, was fällt Dir eigent lich ein ? Ivette ist noch lange nicht die Schlimmste, obgleich sie in Paris ein tolles Leben geführt haben mag, da solltest Du erst die jungen Damen un serer Pension kennen lernen, Dir wür den die Haare zu Berge stehen vor tu gendhafter Entrüstung. O jeh; zum Beispiel Dona Sidonia Rebeiro; sie befand sich zwei Jahre lang in einer französischen Erziehungsanstalt, hat dann mit ihrem Schwager geliebäugelt, bis die Schwester sie mit der Reit peitsche zum Hause hinaus gejagt, und Frau von Hasselbach empfand, als griffe eine eisige Hand an ihr Herz, die etwas da drinnen auf immer vernich tete; sie erkannet, daß Regine ihr un ter den Händen entschlüpft war, und es im Grunde ein fremdes Wesen sei, das da vor ihr saß. Entsetzlich! Fremd? der Mutter? Aber Regine sollte voll schützen wollen; und nun! Doch, sagte sie sich, zur Rechtfertigung des gelieb ten Wesens, ist das Kind wohl schuldig hat nicht vielmehr die Umgebung, die Welt den Frevel an ihr begangen? Regine hatte gemeint: „so sind sie alle." Jawohl, das war ganz rich tig, es herrschte zur Zeit ein anderer, neuer Geist unter der Jugend, Ehrbar keit und keusche waren abgethan, vm einem dreisten, herausfordernden Benehmen Platz zu machen. So stcm den die Sachen und niemand konnte Palmenvillä, die beiden Damen stiegen aus, und während Valeska sich in das Haus begab, blieb Regine in der Veranda, wo sie den Oberst begrüßte. „Guten Tag, Onkelchen, da bin ich mal wieder. Ei, hast Du Dich aber er holt, ordentlich rothe Backen bewmmen, Onkelchen, Du wirst wahrhaftig auf Deine alten Tage wieder ein ffchöner Mann!" Als er geschmeichelt lächelte, küßte sie ihn lachend auf den weißum barteten Mund. „Also Daniela ist fort. Sage mir nur um Alles in der Welt, weshalb sie eigentlich bei Dona Angel wohnt?" „Kind," erwiderte der Oberst, indem er seine Brille abnahm und die Au gengläser auf ihre Klarheit prüfte, „ich werde aus der ganzen unangenehmen Geschichte selbst nicht recht klug. da Oberst von Weddingen brach ab, er verlor sich hier auf ein Gebiet, das er vermeiden wollte. „Ich sehe schon," bemerkte Regine nach kurzem Sinnen, „Mama hat Dir Danielas wegen wieder einmal die Hölle so heiß gemacht, daß Du zu allem Ja sagtest, nicht wahr? Da steckt na densalls aus Verzweiflung fortgelau fen, was ich schon längst an ihrer Stelle gethan hätte." „Pah habe ich jemals anders ge sprochen? Mama hat ihre Schattensei ten, und man müßte blind sein, die der Oberst nach kurzem Ueberlegen. „Ich habe das Kind, offen gestanden, ungern von mir gelassen und tonnte auch nie so recht von ihrerSchlechtiglei! überzeugt sein. Lieber Gott, sie mag ja Fehler haben und sich oft undankbar gegen Baleska zeigen, doch " „Wozu sollte sie denn auch Dank barkeit gegen Mama hegen?" unter brach ihn Regine mit der ihr eigenen Rücksichtslosigkeit, „etwa für die mi serable Behandlung? Na, ich werde Daniela aufklären, sie muß wieder her; das ist ja eine Verrücktheit sonder gleichen." „Thue das, Kleine, sprich vernünf tig mit ihr, ich bin ein alter Egoist, 's ist schon richtig, aber was thut der Mensch nicht um des Friedens willen in seinem Hause." „Natürlich, armes Onkelchen," schmeichelte Regine. ihn von neuem küssend. „Stille, Mama kommt, sagen wir ihr nichts von unserer Unterre dung, Mama mutz, ohne dah sie es ahnt, auf den richtigen Standpunkt gebracht werden, sonst verdirbt sie Sonntag Nachmittag wirklich einen überaus lieblichen Anblick liot^.und Valeska voll mütterlichen Stolzes und siegesfroher Hoffnungen an ihrer Seite der Villa auf dem malerischen Hügel von Santa Theresa zufuhr. Es war ein stattliches Gebäude, vor dem der Wagen hielt, in weiß und gelb gehalten, rechts von einem achteckigen Thurm slankirt, mit Balkons, und um das Dach verum mit einem vergolde ten Gitter der Garten, in dessen Mitte es lag, war nicht groß, doch von seltenen Exemplaren auf fallend schöner Palmenarten bestanden, die ihre krausen, zierlichen Blätterwe del im Meereswinde, der hier oben von allen Seiten herüberwehte, bewegten. Dona Angela empfing die Damen mit ihrer überschwänglichen Liebens würdigkeit auf der kleinen Seitenter rasse desHauses, die in einen hallenar tigen Raum führte, welcher, mit kost baren Gartenmöbeln ausgestattet, ei nen angenehmen, kühlen Aufenthalt gewährte und c.n einer Flucht freundli cher Zimmer abschloß; dort befanden sich bereits Frau Doktor Nombeck, Konstanze, Kamilla und Daniela im Gespräche mit Romano, der bei dem unerwarteten Anblick Reginens eine so aufrichtige Freude bezeigte, daß Frau von Hasselbach innerlich jubelte, und als sie sah, mit welcher Sicherheit und koketten Anmuth ihre Tochter auf seine Scherzreden einging und ihn bald derartig in eine Unterhaltung zu zie hen wußte, daß er sich zeitweilig ihr allein widmete, voll Befriedigung er leichtert aufathmete; es konnte nicht fehlen, Regine besaß in der That eine bewundernswerthe weibliche Geschick lichkeit, die Männer zu fesseln die Sache nahm ganz ihren Lauf, wie sie wünschte und bestimmt hatte. Bald darauf kam Leopold, die vor nehmstolze, imponirende Gestalt im neuen, hellgrauen Anzüge, die Spitzen des kleinen blonden Bärtchens keck nach sichte geschmackvoll vom Friseur geord net; er trug in der Hand zwei halb erblühte Marschall Nielrosen, die ihm nicht weniger als sechs Milreis gekostet und für Daniela bestimmt waren. Denn er zürnte sich noch immer selbst, sie an jenem Abend im Parte durch seine Voreiligkeit verletzt zu haben und Nachdem es ihm gelungen, sie an ei ner Fensternische ein paar Minuten ungestört zu sprechen, bat er so treuher als er dann bat, zum Zeichen derVcr söhnung die Rosen von ihm anzuneh men, willigte sie lächelnd ein und be- Graf Romano, der noch mit Regine sprach, war trotz seiner scheinbaren Aufmerksamkeit gegen diese der kleine scharf beobachtete, nicht entgangen. Er sah das hastige Aufsuchen Danielas von Seiten Leopolds, sein dringliches gine ab auf Kamilla, die mit bem jun gen Celfo Rodrigues plauderte und heute so frisch erschien, auf ihrem le bensfreudigen Wesen solch einen Hauch von sprudelndem Champagner und Frühling-Versprechen entfaltete, daß e- ihn, wie um Vergessen zu suchen von dem großen Schmerze seines Lebens, lebhafter denn je zu ihr zog. In der Luft lag heute eine drückende es gelb und grünlich leuchtete, und die unheilverkündend ihre gigantischen Wolkenarme nach oben streckte; es im Garten mit allerhand Spielen, wie Lawntennis und Kricket, belustigt hat te, gingen die jungen Leute inßomanos sellschaft Frau Doktor Roinbecks und dern gegenüber vergeblich sei, sie han delnd auf da- weite Gebiet der allge meinen Alenfchcnlicbe ziehen, be publikaner zur Abdankimg gezwungen lmr weil die regierende Kron- Prinzessin Jsabella eine so sehr from me, die Kirche beschützende Dame sei. Unterdessen stieg die Wolkenwand mit Riesenschritten höher, der die zitternde Erde hinweg, grelle Blitze zuckten in allen Farben flam mend und züngelnd in die Tiefe, ein erhabenes Drama der Natur, vor dem die winzigen Menschen dort unten sich bebend verkrochen. Allmählich aber wurde es stiller; in Millionen klaren Säulen ergoß sich ein brausender Re- men wenn das Romano wäre! Und wie entzückend es aussah, wenn er lä chelte, und die weißen, tadellosen blitzten! Frauenkenner, dem stets ein merkwür diges Glück bei den Damen gelächelt, erkannte sofort mit dem sah sie an, mit jenem bedeutungsvollen Lächeln, das eine vielsagende Frage enthält ein ausdrucksvolles Verzie hen der Lippen und dem entsprechend mit jenem schweren Blick, der Regine bezauberte einem zündenden Funken gleich in ihre Seele fiel längst ge hegte glühende Wünsche, die bis dahin nur verworren in ihren Träumen ge lebt, zu lebendigem Erwachen rufend, und dadurch in dem liebesehnende« Mädchenherzen eine Leidenschast zu entfachen begann, die ununterdrückbar Ueber de!> wenigen, nichtssagenden Worten, die sie gewechselt, hatte ein schwüler Hauch geschwebt, unter dem ahnungsvoll dn heiße Trieb der gegen seitigen beabsichtigten Annäl>erung lauerte. „Nein, Romano, die Bilder von Ontel Karl und Dona Angela sind wirklich großartig ähnlich, bitte, male mich doch auch, es 'väre zu hübsch! Ich möchte nämlich Mima damit zu ih rem Geburtstag überraschen." „Du überschätzest ssich. Regine," ent gegnete Romano, de,' sich die unstet etwas wie ein kcchantifcher Freuden taumel sprach, nicht zu erklären ver mochte und sich abgestoßen fühlte, „jene Bilder sind nichts als stümperhafte Versuche, die mir beweisen, daß ich nicht zum Künstler berufen bin; solche Versuche sind die zuverlässigsten Freunde, weil sie uns rückhaltslos die ungeschminkte Wahrheit sagen; des halb habe ich auch das Portrait ausge geben und beschäftige mich in meinen schift." Nach dieser trockenen Erklärung warf Regine ihm einen spöttischenßlick zu und wandte sich an Leopold; sie hatte schon mehrere Male im Lause r>es Nachmittags Gelegenheit gefunden, siung, ließ die Blume, welche sie ihm geschenkt, unbeachtet in der Laube lie gen und jetzt schlug er ihr sogar die lausen; gab es doch seit kurzem ein an deres Ziel, das zu erreichen sich besser der Mühe verlohnte. die Pracht des Sonnenuntergangs hin ausschaute, gesellte sich Konstanze zu ihm; beklommen suchte sie in seinen Graf Romano zögerte einen Mo ment, stützte den rechten Arm auf das Geländer und sah liebevoll prüfend in das feine, durchgeistigte Antlitz, dessen Ernst seltsam mit den jugendlichenZü gcn kontrastirte. den Tadel nicht verschmähen, Dona Konstanze?" „O gewiß, ich bitte um unbedingte Offenheit," entaegnete sie, leicht er rathend, „von dem verständigen und einsichtsvollen Tadel lernen wir besser noch als von dem Lobe; er ist wie ein befruchtender Regen, der die Schaf fenskraft stählt und tcmfend neue Keime zum Leben ruft." „Das ist der richtige Standpunkt, und ich konnte mir wohl im voraus sagen, daß ein so klarer, weitumfas sender Geist wie der Ihre, ihn einneh men würde, Dona Konstanze; Sie sind reich begabt, in Ihrer Seele glüht die Als Konstanze fragend zu ihm hin über sah, fuhr Romano fort: „Sie haben in Ihrer Novelle, nur der modernen Strömung gewisser Ver mit all seinem Elend und seiner ab stoßenden Häßlichkeit; die Menschen lassen uns kalt, sie erheben sich nicht über das Niveau des allergewöhnlich sten, wie wir es jammervoll genug überall vor Augen haben; ein solches getreues Photogramm aber des entar teten und gesunkenen Lebens, in wel chem nichts vorhanden, was uns er gebt, erbaut und erfrischt, ist nicht imstande, eine Daseinsberechtigung nachzuweisen." Konstanze hatte aufmerksam den in liebevollem Tone gesprochenen Worten gelauscht, und als sie sich jetzt zu Ro mano wandte, leuchtete aus ihren Au gen ein lichter Strahl schöner Begei sterung. „O, wie recht Sie haben, Gras Montsanto, und wie dankbar ich bin, von Ihnen aus den richtigen Weg ge führt zu sein! Mir ist's, als hätt? ich einen tiefen Standpunkt, woNebel und Dämmerung den Blick begrenzten, überwunden und eine Höhe erreicht, da ich der Gottheit näher, von ihrem be lebenden Athem angehaucht, zu schaf fen vermöchte. Ja, wenn es etwas gibt, das uns nach oben zieht, so ist es die göttliche, alles versöhnende und ausgleichende das empfand ich niemals so deutlich, wie in dieser Stunde." „Schaffen Sie weiter, Dona Kon stanze," äußerteßomano bewegt, indem er ibre schlanke weiße Hand voll rit terlicher Ehrfurcht an die Lippen zog, „ich bewundere Sie; denn ein etwas in der verfehlten Arbeit sagt mir deut lich, daß Sie, durchglüht von dem hei schattenlose Wüste." „Sie sollen das nächste Mal mehr mit mir zufrieden sein. Gras Mont zeitigen." halbe Stunde später im Balkonzimmer um die glänzend gedeckte Tafel reifte. Hier bildete zunächst der gleichsam über Nacht hereingebrochene Regie- Seite der Republikaner stellte, wäh rnd Frau von Hasselbach entschieden die monarchische Idee vertrat; es fie len ein paar scharfe Bemerkungen der adelsstolzen Dame, die Leopold von seinem Standpunkte aus genxindt zu ser, politischer Gegensätze hervorzu bringen v'legt. Um so peinlicher wirkte es daher auf Valeska, als sie Reginens rend Romano, der seine Aufmerksam keit hauptsächlich zwischen Kamilla und Kor>l«anze theilte, gar nicht von ihr beachtet wurde, was ihn übrigens sehr gleichgiltig zu lassen schien. Unerhört! Frau von Hasselbach ließ ihre Blicke erst unwillig, dann drohend Welt keine wüthenden Mütter gäbe; und die Sache sollte noch viel schlim mer kommen. giies, Romanos Freund, der aus dem Innern ein paar Tage zum Besuch gekommen, der 2ase!. um stand nahm, so meinte Regine, es müßte reizend sein, ein Pfänderspiel zu arrangiren; der Plan fand Beifall, und bald war das beliebte Spiel der Jugend im besten Gange, während die älteren Damen vom offenstehendenNe benzimmer aus dem lustigen Treiben zusahen. (Fortsetzung folgt.). Zwölf Ratlischliig« für deutsch« Mach' nicht zu viel der WorteSchwallx Doch auch nicht mundfaul setz' DiH hin, Halt immer hübsch die Mitte inn', ! Trag' Dich natürlich, einfach, nett. Bescheiden, aber nie kokett; Denn glaub', ein Mensch, ob Weib, oN Mann, Durch Selbes nur gewinnen kann. Thu' Vielen Gutes, Böses Keinem, Lern' gern in Haus und Küche auch. Was guter Haussrau'n Thun untj Brauch. Lern' kochen, backen, Salat machen. Und all' die andern schönen Sachen. den, Petersilie von Schierlinz unterscheid den, . Und was spnst noch gehörig sei Zur edlen deutschen Kocherei. Befolgst Du diesen meinen Rath, Bist gut und fleißig früh und spat. Dann wird Dir's nicht an Werbung» fehlen. Es muß ein Mann sich Dir vermäh len. Und wenn Du dennoch Keineif kriegff. Beim Zeus! verlierst Du auch nochj Heimliche Braut. Dein Wangenroth so zart und fein, Kein Maler könnt' es malen. So leuchtend strahlt kein Edelstein, Wie Deine Augen strahlen. Dein Mund so stumm, Dein Thun ss leis'. So heimlich Dein Gebahren —: Ach, was ich weiß! Ach, was ich weitzb Ach, was mir widerfahren! Dein Glück noch fromm, tief, tief ver steckt. Noch märchenhaft verhohlen, Noch nicht bestaunt, noch nicht beneckl^ Noch heilig und verstohlen. Noch nicht beneidet und belacht, Noch voll von Taugeflimmer, Noch nicht verflattert und verflacht Im grellen Tagesschimmer. Als trügst Du einen Zauberhort Auf fernem Waldessteige, So klingt in Dir das Märchenwort, Das Glückswort: Schweige! Schweige? Stumm trägt Dein Herz den sel'gen Preis Durch all die lauten Schaaren 7 Ach, was ich weiß! Ach, was ich weißl Ach, was mir widerfahren! Frida Schanz. Zur Geschichte der Perrücke. Als 1742 in Potsdam eine Predi gerstelle zu besetzen war, „resolvirteir Seine königliche Majestät, daß Ihnen a«s Halle einige Kandidaten sollten verschrieben werden, die von gutem An womöglich eigene Haare trügen". Di« vom König gestellte Forderung eigenen Haares für die zu sendenden Candida ten erklärt sich aus dem Widerwillen Friedrich's des Zweiten gegen die Per» und selbst die sächsischen Musiker, die Tracht der preußischen Könige machte im Volke so viel Aufsehen, daß die preußischen Dukaten, auf denen Fried lich Wilhelm der Erste und später Friedrich der Zweite mit einem einsa- An Stelle des Zopfes trat dann später verschwand. Opferfreudig. Tante: .Du weißt ja, weshalb ich nach hierher ger leben will. Daher habe ich auch beschlossen, Eurem Club beizutreten, weil nach Eurem Erzählen es dort im» Verheirathete auf." Tante: „Gut; auch zu diesem Opser bin ich bereit!" 3
Significant historical Pennsylvania newspapers