ZlilMmMMliüg. (7. Fortsetzung.) „Was meinen Sie?" fragte er. Ich erklärte ihm, es sei für mich un möglich, das Geld herauszugeben. Meine Ehre stände auf dem Spiele, es wäre meine Pflicht, in der Vertheidi gung des Geldes nöthigenfalls mein Leben zu opfern eine Pflicht, die ich, wie ich mich hinzuzusetzen beeilte, kei neswegs die Absicht hätte, zu erfüllen. „Aber," fuhr ich fort, „obgleich ich verpflichte bin. das Geld unter keinen Umständen herauszugeben, bin ich nicht verpflichtet, eine gewaltsame Beschlag nahme vorherzusehen. In so unruhigen Zeiten gibt es Halunken genug, die zu plündern suchen. Selbst die sorgfäl tigsten Vorsichtsmaßregeln können das nicht hindern. Es ist demnach sehr möglich, daß schon diese Nacht eine Bande solcher Spitzbuben eincnAngriff „Aha!" sagte der Oberst und pfiff leise, „das ist Ihr Spielchen, was?" „Das ist mein Spielchen," erwiderte gern/ d d' 5 ' mich, sehr deutlich zu sein Sie dürfen natürlich bei der Geschichte nicht zum Vorschein kommen." dabei," bemerkte er, „die Kerls könnten die Geschichte sonst falsch verstehen." „Natürlich müssen Sie dabei sein, aber incognito. Horm Sie zu, Oberst, die Sache ist so klar wie Wasser. Sie verbreiten, daß die Küste bewacht und die „Sängerin" beobachtet werden soll. Unter diesem Borwand werden die Truppen von der Piazza entfernt. Dann nehmen Sie fünfzehn bis zwan zig Mann, denen Sie trauen können— mehr nicht, denn es wäre unnütz, mehr zu nehmen, als unbedingt erforderlich sind, da von Widerstand keine Rede sein kann. Etwa um zwei Uhr, wenn alls ruhig ist. umstellen Sie die Bank, Jones wird öffnen, wenn Sie klopfen. Thun Sie ihm nichts zuleide, bringen Sie ihn einfach heraus und halten Sie ihn fest. Dann gehen Sie hinein und holen das Geld. Hier ist der Schlüssel zum Geldschrank. Nachher können Sie die Bude in Brand stecken, wenn's Ih nen Spaß macht." „Bravo, mein Junge!" rief der Oberst. „Es steckt doch was in Ihnen. Ich fürchtete, auf Ehre, Sie wollten tugendhaft werden." Ich lachte so niederträchtig, als ich konnte. „Und was wollen Sie bei der Sache herausschlagen?" fragte er. „Das wird wohl jetzt kommen?" Wie der Leser weiß, wollte ich bei der Sache nichts herausschlagen, als mich selbst und die Signorina. Das konnte ich aber dem Oberst nicht sagen, denn einem nneigennnützigen Vorschlag von mir würde er nicht getraut haben. Ich verlangte also ein Douceur von dreißigtausend Dollars, die er mir so bereitwillig zusicherte, daß ich seine „Meinen Sie, daß Gefahr eines An beschäf'tigt sind?" Partei für sich organisirt hat. Mißver gnügen ist ohne Zweifel vorhanden, aber noch nicht genug, daß er sich da rauf verlassen kann." Handen," entgegnete der Oberst. „Aber in einigen Stunden nicht mehr." „Wie so?" „Weil Sie jetzt in die Kaserne ge hen und dort bekannt machen werden, eine hübsche Zahlung." „Ja," sagte er nachdenklich, „das müßte sie für eine, Nacht ruhig halten, sollte ich denken. Thatsächlich haben sie weder für mich noch für Whittingham für einen rothen Heller Anhänglichkeit, und wenn sie denken, 'aus mir mehr der Präsident nicht an Ort und Stelle war. Im Stillen aber dachte ich, daß der Oberst doch zu wenig mit seines „Ja," fuhr der Oberst fort. „Ich Laune versetzen, indem ich bekannt ma che, daß auf der Piazza heute Abend freies Getränk verabreicht werden wird." „Ganz reizend altmodisch und groß artig," bemerkte ich. „Das ist ein fa moser Gedanke. Machen Sie die Sache vollständig und lassen Sie ein Feuer werk abbrennen. Ich glaube nicht, daß Whittingham im Traume daran denkt, die Ausschreitungen bei der Bank noch erklärlicher erscheinen lassen." „Jedenfalls werden sie alle viel zu besoffen sei», um Schwierigkeiten zu machen," sagte er. „Das wäre ja Wohl alles, wie?" fragte will gehen; ich muß Anweisungen wegen Anlage des Gel- „Sie werden es noch erleben, daß Sie gehenkt werden, Martin," antwor tete der Oberst mit unverhohlener Be rber nicht von Ihnen, Oberst, wir? Was wäre wohl vorgefallen, wenn ich eigensinnig gewesen wäre? Hoffe, ich lebe jedenfalls noch lange genug, um auf Ihrer Hochzeit zu tanzen. Keine ganze Woche mehr!" „Ja." jagte er. „Heute ist Sonntag," (bei Gott! ich hatte das vergessen) nächsten Sonnabend ist die Hochzeit." Als er dies sagte, sah er ganz wie ein glücklicher Bräutigam aus, und ich verließ ihn, um ihn sich seines Glü ckes erfreuen zu lassen. „Ich wette zehn gegen eins," dacht: ich, als ich fortging, „daß dieser Taz nie kommen wird. Selbst wenn mein Unternehmen mißlingt, wird der Prä sident lange vorher zurück sein." Des Obersten Geldgier hatte über seine Ueberlegung gesiegt, und er w.-'r mit größerer Blindheit in meine Fall: gegangen, als ich zu hoffen gewagt hatte. Nun irar die Frage: Was wird der Präsident thun, wenn er den Brief der Signorina erhält? Es wird dem Leser das Verständniß der Sachlage erleichtern, wenn ich dessen Inhalt mit theile. Sic hatte ihn mir zum Durchle sen gegeben, nachdem wir ihn zusam men ausgehickt hatten, und ich besitze noch eine Abschrift davon. Er lauteie , ?>ch darf lauin hoffen, daß Sie mir wieder trauen werden, aber wenn ich selbst dazu getrieben. Ich habe ihnen Ihr Geld gegeben, und es liegt jetzt in der Bant. M. weigert sich, es auszu liefern, und der O. will es diese Nacht mit Gewalt nehmen. Er wird nur ein paar Leute bei sich haben, und der Rest wird nicht in der Nähe sein. Um zwei Uhr will er mit etwa zwanzig Mann die Bank überfallen. Danach treffen Sie Ihre Maßregeln. Die Stimmung hier ist Ihnen günstig. Er bedroht mich mit Gewalt, wenn ich ihn nicht sofort Hei rathe. Die „Sängerin" läßt er beobach ten, aber wenn Sie die Dacht vor An ker liegen lassen und landen mit einem Boot hier, wird das keinen Verdacht erwecken. Ich schwöre, daß alles dies wahr ist. Strafen Sie mich nicht da durch noch mehr, daß Sie mir nicht glauben. Aber wenn Sie zu mir zurück kommen, will ich als Dank für Ihre Verzeihung alles thun, was Sie ver langen! Christina. P. S. M. und der O. stehen auf gespanntem Fuße und M. wird nicht feindlich gegen Sie handeln." Im Ganzen glaubte ich, dies werde ihn herführen, wenn ich auch meine Zweifel hatte, daß er viel davon glau ben werde, aber es klang wahrschein lich (es war in der That in gewissem Sinne Wort für Wort wahr), und es hielt ihm einen Köder vor, dem er nur schwer widerstehen würde. Ferner liebte er einen kühnen Streich so sehr und war so frei von Furcht, daß die Wahr scheinlichkeit, er werde kommen, um sich von der Wahrheit zu überzeugen, sehr groß war. Wenn er, wie wir argwöhn ten, schon eine beträchtliche Anzahl von Anhängern in der Stadt hatte, konnte er landen und sich umsehen, ohne zu große Gefahr zu laufen, in-die Hände des Obersten zu fallen. Endlich aber hofften wir, daß der Brief, selbst wenn er ihn nicht veranlaßte zu landen, hin reichen würde, ihn vor jedem Gedanken an fliehende Boote und durchbrennende Liebespaare abzulenken. Ich hätte den Brief noch verlockender machen können, allein die Signvrina weigerte sich mit der ihrem Geschlecht eigenen so außer ordentlich verdrehten Gewissenhaftig keit, in einem Briefe, der dem Sinne nach vom Anfang bis zum Schluß eine einzige Lüge war, etwas buchstäb lich Unwahres zu beschwören. Wenn sie auch nicht ein besonderes Studium aus der Ethik gemacht hatte, so hatte sie doch eine außerordentlich feine Empfindung für den Unterschied zwischen einer „ex pressiv fälst" und der „fupprefsio veri." Deshalb hatte sie auch ihre Bedenken über die Zuläfsigkeit des letzten Satzes: „Wenn Sie zu mir zurückkommen." „Aber er kommt ja nicht zu mir, wenn ich nicht mehr hier bin," rief sie schließ lich triumphirend. Was ihm nach der Landung zustieß ob er des Obersten Suppe aß, oder der Oberst die seinige darum konnte ich mich nicht küm mern. Soweit meine persönlichen Nei gungen in Betracht kamen, würde ich das erstere vorgezogen haben, aber per sönliche Neigungen durften in diesem Augenblick keinen Einfluß auf mein Handeln ausüben. Meine einzigeHoff nung war, daß das Todtschlagen lange genug dauerte, um uns Zeit zu lassen, uns unbemerkt zu drücken. Aber doch, wenn es sich um eine Wet'te gehandelt hätte, würde ich einen hohen Einsatz gegen McGregor gewagt haben. Meines Dafürhaltens ist es beinahe ebenso schwierig, unbeirrt selbstsüchtig, wie vollkommen unselbstsüchtig zu sein. Ich hatte in diesem Augenblicke alle Veranlassung, alle meine Gedanken auf mich und mein Vorhaben zu richten, und doch wollte mir Jones nicht aus dem Sinn. Es war gewiß unwahr scheinlich, daß Jones den Versuch ma chen würde, den Plünderern Widerstand zu leisten, aber weder der Oberst noch seine auserlesen: Bande würden vor ir gend etwas zurückschrecken, und ich konnte unmöglich meine Augen dagegen verschließen, daß Jones vielleicht eine Kugel durch den Kops erhielt, ja, es schien mir, daß ein derartiger „Zufall" dem Obersten vielleicht ganz gut paßte, da er der ganzen Sache einen gewissen „bona fide" Anstrich gab. Jones war mir häufig sehr unbequem gewesen, aber seinen Tod wollte ich mir doch nicht auf's Gewissen laden, und ich war demnach sehr froh, als ich ihm auf dem Rückweg vom Goldenen Haus zu fällig begegnete, und benutzte die Ge« legenheit, ihm einen freundschaftlichen Wink zu geben. Ich faßte ihn unter dem Arm und setzte mich mit ihm auf einen der Sitze an der Piazza. Die neugierigen Blicke dreier Soldaten, die offenbar beauf tragt worden waren, die Bank und mein Thun in Bezug auf sie im Auge zu behalten, ließen mich kalt. Ihn zunächst zu vollständigem Schweigen verpflichtend, deutete ich ihm auf Umwegen an, daß der Oberst und ich in großer Sorge wegen eines Angriffs auf die Bank feien. „Die Stadt," sagt« ich, „ist sehr un ruhig und man sieht sehr viel gefähr liche und verdächtige Gestalten. Unter diesen Umständen habe ich mich dazu gezwungen gesehen, die Vertheidigung unseres Eigenthums der Regiersng zu überlassen. Ich habe den Behörden in aller Forin mitgetheilt, daß wir sie für jeden durch d<e öffentlichen Unruhen veranlaßten Verlust verantwortlich machen müssen, und der Oberst Hit diese Verantwortung Namens der Re gierung übernommen. Ich möchte Ih nen deshalb rathen, lieber Mr. Jones, daß Sie, im Falle das beklagenswerthe Ereigniß eines Angriffs auf die Bank eintritt, Ihr Leben durch Widerstand nicht auf's Spiel zu setzen. Zu einem solchen Opfer liegt gar keine Veran lassung vor und es würde nutzlos sein. Die Regierung besteht darauf, daß wir ihre Maßregeln nicht durch voreiliges Handeln unsrerseits lahm legen. Ich kann diese Nacht nicht in der Bank sein, aber im Falle irgend etwas vor fallt, werden Sie mich zu Dank ver pflichten, wenn Sie leinen Versuch ma chen, der Gewalt mit Gewalt zu begeg nen. Sie werden sich fügen, und wir Müllen uns darauf verlassen, daß die Regierung uns für jeden Verlust schad los hält." Diese Anweisungen sagten Jones friedlicher Natur so sehr zu, daß er freudig zustimmte und sich sehr dank bar über meine Umsicht aussprach. „Seien Sie vorsichtig um Ihrer selbst und Mrs. Jones willen, mein Lieber," schloß ich, „das ist alles, was Sie zu thun haben, dann werde ich zu frieden sein." Ich nahm einen warmen Abschied von ihm und dachte darüber nach, ob mein Lebensweg wohl jemals wieder den dieses ehrlichen, dummen alten Burschen kreuzen werde, unS hoffte von Herzen, sein gutes Glück möchte ihn bald aus dem Wespennest entführen, in dem er jetzt saß. 14. C a p i t e l. Die Nacht sank hernieder, schön und still, klar und sternenhell, aber der die Dunkelheit tief genug, um uns zu der Hoffnung zu berechtigen, unbemerkt zu bleiben, und doch nicht so tief, um zu begünstigen, und ich war voll froher Zuversicht, als ich ein letztes, einsames Glas auf unsern Erfolg leerte, meinen Revolver in die Tasche steckte und Schlag Mitternacht mich aus meiner Wohnung fortstahl. Ich warf einen Blick nach dem Banlgebäude und er gungslose Gestalten, die ich für die den Schatz bewachenden Posten hielt. Die Straße selbst war beinahe verödet, ich sehen, daß eine große Menschen menge auf der hellerleuchteten Piazza hin und her wogte, und ihr wüstes Schreien und Singen sagten mir, daß der Gastfreundschaft des Ohersten Klängen der Militärmusik wurde ge tanzt, und alle Zeichen sprachen da für, daß unsere guten Bürger den Be cher des Vergnügens bis zur Neige leeren würden. Rasch und schweigend ging ich nach dem Hasen. Ja, das war in stieß ich auf ein paar Schildwachen. Harmlos fing ich ein Gespräch mit ih nen an, bedauerte ihr hartes Geschick, das ihnen schweren Dienst auferlegte, während die Freude auf der Piazza am Steuer saß. Mit leisem Spott über diese übertriebene Vorsicht zeigte ich ihnen die stillliegenden Lichter der „Sängerin", und mit einem achtungs vollen Lächeln über die Aengstlichkeit des Obersten überließ ich es der in den wohlvorbereiteten Boden gesäetenSa«kt, aufzugehen. Mehr zu thun wagte ich nicht, und ich mußte mich wegen des Uebrigen auf ihre natürliche Neigung zur Pflichtverletzung verlassen. Als ich an den Ort hinkam, wo wir uns treffen wollten, verbarg ich mich in einer Baumgrupp«, die an einer Seite der Straße stand. Auf der anderen Seite desKorso, der hier LibertyStreet in rechtem Winkel schnitt, begann ein Gehölz. Ein viertelstündiger Spazier gang durch seine tiefen Schatten brach ten uns an das Boot. Meine Bäume bildeten einen förmlichen Schirm, und dahinter stand ich und wartete auf die kommoden Ereignisse. Eine lange Zeit war nichts hörbar, als der immer mehr zunehmende Lärm von der Piazza her. Nach etwa zwanzig Minuten aber kam mir die Thatsach« zum Bewußt sein, daß fortwährend Leute, einzeln oder paarweise von der Piazza die Libertystraße herabkamen, den Korso schwanden. Einige waren in Uniform, andere in bürgerlichen Kleidern. Unter letzteren erkannte ich einen oder zwei als zu Johnny Earrs verschwundenen Leuten gehörig. Der scharse Äegensatz zwischen dem lärmenden Vergnügen auf der Piazza und ihrem scheuen, vor sel, daß es die Anhänger des Präsi drnten waren, die sich nach dem Strand begaben, um dort die Ankunft ihres Führers zu erwarten. Er kam also, der Brief hatte seine Wirkung gethan! Einige fünfzig oder mehr mußten vorbeigegangenes«!,, ehe die Bewegung Gange. Es war dicht vor der verhäng nißvollen Stunde, zwei Uhr, als ich von meinem Versteck aus eine zierliche Gestalt, in Schwarz gekleidet, mit raschen und ängstlich:» Schritten den fort eilte sie zu mir. „Ist alles geheuer?" fragt: sie athem los. „Das werden wir im Augenblick se hen," entgegnete ich. „Der Angriff wird stattfinden, er muß sofort beginnen." Allein der Angriff war nicht das nächste, was wir wahrnahmen. Wir hatten uns wieder in den schützenden Schatten zurückgezogen, von wo wir die Signorina mit dem Finger über den Korso nach dem Gehölz wies. „Was ist das, Jack?" flüsterte sie. Ich folgte der Richtung ihres Fin gers und unterschied eine Reihe von Gestalten, die still und regungslos dicht am Rande des Gehölzes standen. Um einzelne Personen erkennen zu können, dazu war es zu dunkel, aber noch wäh- Lust ein leises Befehlswort zu: „Ach tung! Nicht ein Laut, bis ich das Zeichen gebe!" na in ziemlich lautem Flüsterton. „Still, oder er hört uns," zischelte ich, „und dann sind wir verloren." Bon dieser Seite konnte sich offen bar nichts ereignen, bis die Begeben heiten von der entgegengesetzten Rich tung in Gang gebracht wurden. Die drängte sich dicht an mich und ich sah mit Besorgnis daß schon die bloße Nähe des Mannes, vor dem sie eine so scheue Furcht hatte, zu viel für ihre Fassung war. Als ich sie beruhigt und erloschen und das Gelage schien in den letzten Zügen zu liegen. Plötzlich er schien eine Abtheilung in fest geschlos sener Ordnung und marschirte die Straße herab nach dem Bankgebäude zu. Die Entfernung unseres Standor tes von diesem betrug etwa hundert Schritt, und die des Gebäudes von der Piazza zweihundert. Festen Tritts kamen sie näher; am Rande des Ge hölzes blieb es^odtenstill. Obersten Bande denn das war der Trupp ohne Zweifel höchstens fünf undzwanzig Mann stark. Jetzt waren sie an der Bank. Was dort vorging, konnte ich nicht sehen, allein es schien eine Pause einzutreten; wahrscheinlich hatte einer geklopft, und sie warteten. Eine Sekunde später ertönte lautesGe schrei durch die Straße, und ich sah einen Haufen von Gestalten an der Thür, die sich hineinzudrängen such ten. „Mögen die Götter Jones schützen!" flüsterte ich. „Hoffentlich versucht der alte Narr nicht Widerstand zu leisten." Noch während ich sprach, hörte ich hinter mir einen kurzen, scharfen Be fehl: „Vorwärts!" Kaum war das Wort heraus, als eine andere Abtheilung von fünfzig oder mehr in toller Hast an uns vor beistiirzte. An ihrer Spitze sahen wir den Präsidenten, der mit geschwunge nem Degen rannte, wie ein Jüngling, und seinen Leuten winkte. So liefen sie die Straße hinauf. Unwillkürlich war teten wir einen Augenblick, um ihnen nachzusehen. Als sie in der Nähe der Bank angelangt waren, erhoben sie den Kampfruf: „Hoch der Präsident! Tod den Veträthern!" Dann krachte eine Salve,, und nun erhob sich ein wildes Getümmel bei der Bank. „Vorwärts. Christina! Jetzt ist un sere Gelegenheit!" sagte ich. Sie klammerte sich fest an meinen Arm, und wir eilten über die Straße in das Gehölz. Es schien mir dunkler zu sein, als vor einer Stunde, da ich zuerst hindurchgekommen war, oder vielleicht waren meine Augen durch das Licht der Straßenlampen geblendet. Aber wir kamen doch ziemlich rasch vorwärts, da ich meiner Gefährtin half, so gut ich konnte. „Können wir's durchsetzen?" stieß sie athemlos hervor. „SoGott will," entgegnete ich, „wird eine gute Viertelstunde genügen, und so lange brauchen sie, um mit dem Oberst fertig zu werden." Denn über den Ausgang des Handgemenges war ich nicht zweifelhaft. Weiter stürmten wir, und schqn konnten wir das Schimmern der We llen durch die dünner stehenden Bäume sehen. Noch fünfhundert Schritt, und vor uns lagen Leben, Freiheit und Liebe! Nun ja. ich hätte es vorauswissen können. Alles war bis dahin so glatt gegangen, daß ein jeder, der die Lau nen des Zufalls kennt, vorausgesetzt haben würde, daß das Geschick den unvermeidlichen Schlag in'S Gesicht nur aufgeschoben hatte. B:i einem aus den ersten Blick abenteuerlichen und ge- ! fährlichen Plan hatte alles geklappt, als ob es der weiseste gewesen wäre. Nack dem Naturgesetz der Ausgleichung sollte ihn ein ganz unbedeutendes Hin derniß zum Scheitern bringen. und Kelchesrand Sehr wahrscheinlich! Eine finstere Macht war für uns vollständig genug. Denn gerade, als wir uns dem Rande des Gehölzes näherten, gerade als un sere Augen durch den vollen Anblick des Meeres hinter dem zwischenliegen den, schmalen Streifen freien Landes erfreut wurden, stieß dieSignorina ei nen Schmerzensschrei aus und fiel trotz meines stützenden Armes schwer zu Bo den. Im Augenblick lag ich auf den Knieen an ihrer Seite. Eine alte Wur zel, die aus dem Boden hüvorragte! Das war alles! Und da lag mein liebes Mädchen blaß und still. „Was ist Dir» mein Lieb?? flüsterte Ich. „Mein Knöchel!" murmelte sie. „O, Jack, es thut so weh!" und damit sank sie in Ohnmacht. Eine halb: Stunde dreißig tät liche (aber anscheinend unsterbliche) Minuten kniete ich an ihrer Seite und suchte ihr zu helfen. Ich verband das arme Füßchen, flößte ihr Eognac aus meiner Flasche ein und fäch-lte ihr An tlitz mit meinem Taschentuch. Nach eini gen Minuten lehrte sie zu sich, aber nur, das arme Kind, um vor Schmer zen zu schluchzen. Bewegen konnte und wollte sie sich nicht. Wieder und wieder beschwor sie mich, zv gehen und sie zu, verlassen. Endlich gelang es mir, sie zu überreden, den Versuch zu machen, die lassen. Ich hob sie auf, so sanft ich konnte, bis in's Herz bewegt von ihrem tapferen Versuch, ein Aechzen zu un terdrücken, und und mühsam nichts!" sagte sie. „Ich wußte, daß es „Was fehlt ihr?" fragte er. „Gefallen und den Fuß verrenkt," antwortete ich. ich. „Natürlich will ich das," antwortete er. „Lassen Sie mich sie niederlegen, und Er schüttelte den Kopf. „Für junge Leute ist das ganz schön," sagte er. „EinMann in meinem Alter hält die Trümpfe fest, die er in der Hand hat." „Wie lange sind Sie schon hier?" „Ungefähr zwei Minuten. Als ich Sie bei der Bank nicht sah, dachte ich fen. uh h S „Nun?" fragte er. In der Bitterkeit meines Herzens konnte ich kaum sprechen, aber ich war sagen." „Ehrenwort, Martin?" „Ich versperre jeder Hilfe den Weg," sagte ich. , düster. „Der Oberst kommt nich!," unter brach er mich. „Wessen Haus ist das?" Es war das meines Bootsmanns. Präsident. sanft aus's Bett. Der Präsident folgte. „Ich muß mit Ihnen sprechen," sagte er. ul« zu dem Mann gewendet, fügte er hinzu: „Bringen Sie uns Cognac, rasch! Ui<d dann gehen Sie!" Sein Befehl wurde ausgekühlt, und wir waren beim trüben Schein eines einzigen Lichtes allein. - Der Präsident setzte sich und fing an zu rauchen. Er bot auch mir eine Cigarre an, die ich annahm, aber er sagte nichts. Ich war über seine ruhige, nachdenkliche Miene überrascht. An scheinend hatte er auf der weiten Welt thun, als mir Gesellschaft zu leisten. „Wenn Ew. Excellenz," begann ich, ihn unwillkürlich mit seinem alten Ti tel anredend, „an einem andern Ort etwas zu thun haben, können Sie mich ruhig allein lassen. Ich werde mein Wort nicht brechen." „Das weiß ich das weiß ich," antwortete er. „Aber ich bleibe lieber hier, ich möchte mit Ihnen sprechen." „Aber sind nicht einige Angelegen heiten oben in der Stadt zu ordnen?" „Das besorgt der Doktor," entgeg nete er. „Da oben ist keineGesahr mehr, sehen Sie. Es ist niemand mehr da, der sie gegen mich führen könnte." „Der Oberst ist also —?" „Ja," sagte er ernst, „er ist todt. Ich „Beim Agnriff?" „Nicht gerade beim Angriff. Der ei gentliche Kampf war vorüber. Es war ein sehr kurzes Geschäft, Martin. Sie hatten von vornherein keine Aussicht, und sowie zwei oder drei gefallen wa ren und der Rest mich erkannte, war fen sie die Flinte in's Korn." „Und der Oberst?" „Er wehrte sich tapfer. Er hat zwei von meinen Leuten niedergeschossen, dann warf sich eine ganze Schaar auf ihn und entwaffnete ihn." „Und Sie haben ihn mit kaltemßlut getödtet?" Der Präsident lächelte fein. „Sechs Mann sind in dem Kampf gefallen fünf außer dem Oberst. Sehen Sie nicht ein, daß thatsächlich Sie die fünf getödtet haben, um mit dem Midchen, das Sie lieben, entflie hen zu können?" In dem Licht hatte ich die Angelege nheit noch nicht betrachtet, aber das that nicht« zur Sache. „Ohne Ihren Plan wäre ich ohne Schwertstreich zurückgekommen," fuhr er fort, „Aber McGregor hätte ich doch „Weil er die Revolte angezettelt hat?" „Weil," entgegnete der Präsident, „er von Anfang bis zu Ende ein Ver räth» gewesen ist, weil er versucht hat, mir alles zu rauben, was ich auf der Welt liebe. Wenn Sie wollen," fügte er achselzuckend hinzu, „weil er zwischen mir und meinem Willen stand. Ich trat also zu ihm, sagte ihm, seine Stunde sei gekommen, und schoß ihn durch den Kops. Erstarb wie ein Mann, Martin, das muß ich anerken nen." Ich konnte kein Bkdauern für den Todten heucheln; thatsächlich war ich nahe daran gewesen, dasselbe zu thun. Aber diese kaltblütige Grausam keit ließ mich doch zusammenschauern. . Alles dies thut mir sehr leid, Mar leid, daß es zwischen Ihnen und mir so weit gekommen ist." „Sie sind in der Geldangelegenheit bitter. „Ja, ja," antwortete er sanft. „Ich mache Ihnen keine Vorwürfe. Sie wa ren ja durch nichts an mich gebunden. Sie merkten natürlich, was ich vor hatte?" „Ich glaubte, Ew. Excellenz wollten das Geld behalten und mich fallen las- H g . t ~ t Aber es war die andere Sache, wissen Sie. Was das Geld anbelangt, würde ich schon dafür gesorgt haben, daß Sie lange," sagte er wirklich überrascht. „Ich sah, daß Sie mein Nebenbuhler bei der Signorina waren, und mein den Boden zu heiß für Sie machte." „Sie hat mir gesagt, Sie hätten in Bezug auf mich und sie keinen Arg wohn gehabt, bis ganz zuletzt. „Das hat sie gesagt?" sagte er lä chelnd. „Es scheint mir, als ob ich in zu täuschen, Fortschritte gemacht hät te. Selbstverständlich hatte ich es schon lange hatten „Hätten Sie nicht so unverschämtes Glück, so wären sie reingefallen," ent gegnete ich. „Richtig, aber ich rechne mit dem Glück als Bundesgenossen." „Und was werden Sie jetzt thun?" LeiJhnen heißt es : „Alles oder nichts," unserer Pflicht zu thun," fuhr er lä chelnd fort. „Was für Ansprüche kön genblicke im Zimmer auf und ab. Ich wartete mit einiger Angst, denn das Leben ist einem jungen Mann immer hin etwas werth, der Ausblick in die Zukunft mag noch so düster sein, und :in Held war ich nie. (Fortsetzung und Schluß folgt.) Zu früher Morgenstunde sitzen die beiden Hochstapler Sanftleber und Schleichebald auf einer Ban! in den Promenaden. Die Geschäfte sind in den letzten Wochen auffallend schlecht gegangen. Der Dunimen und Leicht gläubigen sind zwar nicht weniger ge worden, allein bis auf einen armen Provinzialen, der die Beiden fllr ehr liche Leute hielt und mit ihnen Scat spielte, fanden sie lein Opfer. Und der Gefundene lohnte der Mühe nicht. Denn als er drei Mark verloren hatte, ging er 'mal 'raus und jam nicht wie der, so daß die beiden Hochstaple? auch noch die Zeche des Gerupften zahlen Schleichebald traf diese Geschäfts stille besonders hart Denn bei seinen eleganten Stiefeletten hatte sich die Sohle vom Oberleder so bös getrennt, daß eine Reparatur aussichtslos er schien. Und mit solchen Stiefeln den eleganten Mann spielen unmög lich! Sanftleber hörte die beweglichen Klagen des Genossen gelassen mit an. „Du mußt halt neue Stiefeln ha ben!" sagte er ruhig. „Das weiß ich selbst!" brummte Schleichebald grimmig. „Aber wo hät ten wir Credit! Die Schuster in der Residenz, sind verdammt vorsichtige Leute!" „Hm!" erwiederte Sanftleber. „Haben mußt Du die Stiefeln nun laß uns nachdenken, wie wir sie ergattern!" Und sie sannen eine ganze Weile. Endlich rief Sanftleber: „Halt Freunderl ich hab's!" „Los damit!" rief Schleichebalt» Sanftleber. „Dann wird's nichts!" brummte Schleichebald. "Ich habe leinen Fünfzigpfenniger mehr!" „Sticht Geld nur «ine gesalzene Ohrfeige!" „Aus eine oder zwei soll's mir nicht ankommen!" „Dann hör' zu!" Sanftleber'ent wickelte nun seinen Plan, bei <dem rief: „Bist ein Hauptlerl, Gespann. Vorwärts, daß ich zu neuen Stieseln lomm^" Eine Stunde später standSchleiche bald beim Meister Knieriem im La den „Ach, Meister schnarrte er Und der biedere Meister, froh, arm Vormittag schon ein gutes Geschäft zu mach«n, bracht« seine schönsten von dem er sich vollkommen befriedig! erklärte. In diesem Augenblicke wurde die Thür aufgerissen, ein Herr stürmte total verblüfften Pfeudo-Gutsbesitzek front warte, Dich werd' ich gleich der Polizei übergeben." Und in ge waltigen Sätzen «ilte er dem Entflo- Bald küßt er herzhaft bis auf's Blut Zieh ich zum grünen Rhein, Dort ist ein fröhlich' Wandern Von einem Wein zum andern Kein Schätzchen mehr gewillt. Der Brust, der freudelosen. > Trotz Lenz und Wein und Rosen Nur Grillen mein Geleit Ruf' ich: Vermaledeit! herrühren, welche vor uns hier ge wohnt haben, Fritz! Zur Reserve. A.: Schon nant, ist schön Röschen bereits kalt ge stellt? Lieutenant: Ei bewahre, nur zu« Reserve beurlaubt! 3
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