6 ?«» Major» »«rufuna. Major Huntley erhob fich vom Früh siückstisch und stand einen Augenblick in Nachdenken versunken. Es hatte ihn «inige Anstrengung gekostet, sich aus die Beine zu bringen. Ja, er mußte sich selbst gegenüber zugeben, daß die 63 Jahre nur achtundsechszig Pflegte «r zu sagen sich doch recht fühlbar machten. Zwar strahlten die Augen hinter den dichten buschigen Brauen' noch in säst jugendlichem Glänze: aber verdiciil hatte. Es geschah das nicht ans Eitelkeit obschon zugestände» werden muß. daß verschassen gewußt. Ter unverdiente Schlag traf ihn hart, erschütterte jedoch nicht sein Ver trauen in den Glauben, daß die Regie rung, sür die er gekampst und geblutet hatte, i» anderer Weise wieder für ihn sich «in Stellen verschiedenen Regierungs - Departements. In allen Bureaux war er wohlbekannt: man hallc die lange hagere Gestalt in dem abgenutzten Uniforuiinantel Jahr a»S, Jahr ein im Schatzamts, im Ministe belächelt Er war die Zielscheibe un zähliger Witze geworden, der alte „Crank" im blauen Mantel. Jeder Stelle abgefunden wo»den war, hatte sich über ihn lustig gemacht. Aber da von wußte der alie Major ja nichts. Sei» Vertrauen in die endliche Aner kennung seines Gesuchs blieb uner schütterlich. getheilt. Die Geschwister, Maggie, Ateck, Charles und Jack hatten sich schon früher zur Schule begeben. Zu den schwächen des Majors geHorte das spate Frühstück. „Willst Du denn wirklich heute aus- Gesicht JocelynS. Wie sie diese Ver- Wie oft war der alte Major wahrend der letzten zehn Jahre dorthin gepilgmt, um jeoe-mal enttäuscht ziirüctzukehre». „Der Herr, der mich erwartet, ist ein oirllicher Gentleman, mein Kind. Er heute Abend schon gute Nachricht." Jocelyn lächelte und begab sich in das nebenan!?.gende Blumenzimmer, wo ein zurückgehaltener Scuszcr sich über den Geranien und Heliotrops tin. Niemals vernachlässigte es der alte Herr, vor diesem Bilde seine An dacht zu verrichten, ehe er das Haus verlieb. Noch jetzt lebte sie in seinem Herzen so, wie sie auf dem Bilde dar- Ausdruck an und verschwanden fast hinter den tiefen Runzeln. Aber als nun Jocelyn lächelnd mit Hut und chelte ihre Wange. „Nun Kleine? Hast Du nichl etwas veraessen?" „Ja gewiß. Großväterchen, zum cr cheu an den alten, viclgebürsteten blauen Mamel. „Nun siehst Du aber auch reizend aus," fügte sie schmeichelnd hinzu. Der Major lächelte wieder und machte sich stramm und hochausgerichtet ans den Weg, den er uud sie so gut kann sah es ja nicht, wie seltiam sich die Blumen aiisnahinen aus dem alten schäbige» Nocke, er hörte nicht, wie die Clerks in den Departements höhnische Bemerkungen darüber machten. Als Jocelyn einst meinte, daß die übrigen wurde der alte Mann sogar böi'e. „Kate wollte es stets so haben," meinte er, „und sicherlich kann es nir gends berechtigten Anstoß erregen." ja doch nur eine jeuer viele» Illusio nen. Seit Jahren hatte er nichts mehr zum Unterhalt der Familie beitragen könne». DaS HauS, welches die Hunt leys bewohnten, ivar von Jorelyn Mutter ererbt. Es war baufällig und alt, aber Washington dehnte sich riesen- Tages sehr werthvoll, »nd konnte ver kaust werden, wenn die Ausbildung der jüngeren Geschwister eine größere Summe erforderte. Manche Nachbarn wunderten sich.wie die Hnntleys überhaupt ihr Lebe» sri sten tonnten. Sie wußte» nicht, wie Jocelyn zu verdienen und zu sparen verstand. Sie hatte die Frontzimmer des Hauses an zwei alte Juugseru ver miethet. Fast jeder weitere Dollar, den der Haushalt verschlang, war das Resultat von Jocelyns Arbeit. Sie Conservatorium, welches ihre kranke Mutler noch begründet hatte. Sie stickte für die Gattin und hohen Beam ten. Sie verstand sich vorzüglich aus das Einmachen seiner Früchte, nach Recepten, welche noch aus der virgini ten. und wofür sie bei reiche» Nachbarn hohe Preise erzielte. Sie spielte Sonn tags die Orgel in einer armen Ge meinde und sie gab Klavierstunden an Aiisänger. So hatte nun schon Jahre hindurch dies tapsere, geduldige. Pflicht getreue Mädchen die Familie durchzu nügen sollte, derart, daß sie unter der Last zusammenzubrechen meinte. Heute war wieder so ein Tag. Einer ihrer reichsten Kunden hatte die beiden besten Schüler ihr fortge nommen. Tie Kinder hatten so gute Fortschritte gemacht, daß sie nun einen männlichen Lehrer haben sollten. DaS lich zu lecken und der Tachdecker hatte gemeint, daß es nicht mehr zu flicken wäre. Tie alten Jungfern halten über nicht 'käme, um den Schaden abzustel len, Tann waren Rechnungen zu b^ zahlen, und Schwester Maggie mußte ein neues Kleid haben! gend bei den Geschwistern gepflegt hatte. Gegen siinf Uhr "desselben Nachmit tags lameii drei junge Männer die Ha an der Ecke stand, und Beverly schwieg deshalb. Doch zag er höflich den Hut', als er an dem Veteranen vorüber tam. Die beiden Anderen sahen diesem Gruße verwundert zu. nahm endlich Rivers das Wart. »Hat ja eine hübsche Enkelin. Niedliches Ding. Hab' sie letztes Jahx mal aus einem Picnic getrosten. Singt niedlich, tanzt auch hübsch. 's ist ein süßes, kleines „suuiillvr K;iel." Nicht wahr, Beverly?" „Hort mit dem albernen Geschwätz auf," erwiderte Beverly kurz, „oder ich werde Eure Gesellschaft künftig mei den." Plötzlich brach Remington in ein schallendes Gelächter aus. „Kapital- Idee, großartiger Aprilscherz. Hört mal zu, was mir da eben eingefallen „Was sagt Ihr dazu ?" „Immens!" meinte Rivers. „Hab' noch nie etwas Famoseres gehört. Was sagen Sie dazu, Blondy?" Ter Gefragte schleuderte den Kame raden einen Blick der tiefsten Verach tung zu. „Was ich dazu sage? Ich meine, daß das ein Plan ist, der im lassen", brummte Remington^ „Ach, laß den Träumer gehen", er widerte Rivers. „Es ist heute nicht gut mit ihm sertig werden. Komm' mit herein in diesen Pool-Room." Iber Major stand regungslos au der Straßenecke und starrte wie geistesab wesend vor sich hin. Er ließ einen Straßenbahnwagen nach dem anderen voriidersahren, ohne den Wink zum Hallen zu geben. Er war also heute einflußreichen Politiker gelroisen. durch dessen Fürsprache er da« ersehnte Amt endlich zu erhalten hasste. Aber wie hatte man ihn ablausen lassen! Zum ersten Male war er wirklich msnltirt worden. Ter einflußreiche Mann hatte ihn nicht höflich abgewiesen, wie es sonst ja immer zu geschehen pflegte, sondern hatte ihm in brutalster Weife gesagt kr solle sich zum Teusel scheeren. Ganz betäubt ob der ihm zugefügten Tchmach hatte er das Hotel »erlassen und war nun, ohne recht zu wissen iveshalb, der Stelle zugewandert, wo er ionst stets die Straßenbahn zu besteigen pflegte. „Ja gewiß, ich bin ein alter Mann," murmelte er in sich hinein. „Ich bin iitikcr, der mir das heute sagte, hatte io ganz Unrecht nicht. Meine Krast ist >ahi». Ter Feldzug in Virginien und mein Alter sind nicht spurlos an mir -orübergegangen. Ich hätte das srüher unfehen müssen, daß ich nichts Ordent mehr leisten und deshalb leinen tlnspruch auf eine Stelle erheben kann. Über es ist hart, furchtbar hart Zo werde ich doch noch schließlich um >ie müssen, zu wel her ich langst berechtigt gewesen wäre, über ich wollie nicht, daß man von mir lahlung sür das. was ich als meine vürgerpflicht erachtete. ES ist hart, lutietzlich hari, wenn man in meineiv lommt." Ihn fröstelte. Der Märzwind machte ich geltend. Der alte Unisormmantel der Eine der Passagiere zum Anderen: „Mit dem Major geht es rasch zn Ende. Schade um de» braven Kerl! Der hätte auch ein besseres Laos verdient.' bleiben. Nach einigen Stunden wür den sie sich Alle beim Mittagessen tref fen. Thüre, welche sich diesem Manne so sel ten össnete. Ein Brief für ihn? Ja, das war ja gar nicht möglich! Wer Namen des Absenders trug. Was war das? Heiliger Gott! Da stand es groß gedruckt aus dein sogenannten officiel einem Briefbogen der dieselbe Auf» „Major Huntley! Washington, D. C. Zweiter las der Major Die Kind. Liebling Maggie. Aleck, Jack, Euch mit mir!" Er hatte vergessen, daß das HauS leer war, und daß nur die alte Susi«, die ehemalige Sklavin aus der virgi- Jn dem geräumigen Arbeitssaale des ersten Clerks des Schatzamtes herrschte die übliche Thätigteit. Die vielen Clerls arbeiteten an ihren Bü ilnd ihn in die Privatoffice de- ersten Clerks zu sichren. Dieser Beamte maß den alten Herrn, ö l'.l M ' vor. beugte sich weit über und legte die Hand an das eine Ohr. „Ich sage. Sie können dies doch nicht ernst genommen haben," wiederholte „Was meinten Sie, Mr. Chief reau arbeitet, so hat er heute hier zum letzten Male gesessen." „Ich danke Ihnen. Mr. Chiesclert." Ünj,erbeamtenarbeiteten wie ionst, wenn sie das Auge des Vorgesetzte» aus sich ruhen wissen. Nur zwei erhoben sich etwas und zeigten in ihrem Benehmen. Zwei Minuten später erscholl aus der Privatoffice der Ruf: ~Mr. Remington!" Bestürzt eilte der Gerufene an das Pult feines t^hefs. verstehen, daß ich keine Clerks beschäfti gen kann, welche fich Aprilscherze mit achtbaren alten Veteranen erlaubn,." Vorgesetzte scharf. „Ich erwarte mor gen früh Ihre Resignation aus meinem Tische-vorzufinden. Guten Morge», Mr. Remington." „Ich hatte nicht übel Lust, demalten Ja wohl, so sei es",sagte der Beamte zu sich selbst, und schickte sofort einen Pa gen aus, um den alten Major zurück rufen n> lassen. Ader Huntley hatt« das Schatzamt bereits verlassen und zurück. Kurz vor der Mittagspause rief der Chiefclerk Mr. Beverly in die Privat ossice und fragte denset den nach der Sie scheinen den allen Herrn ja zu ten nen", siigtc cr hinzu. „Ich habe jetzi wirklich eine Stelle iür ihn. und da ick fürchte, daß sich der Majm jenen elen den Scherz zu sehr zu Herzen nehmen !ineni vielsagenden Blicke. Beverly hätte wohl keine» Austrag von seinem Vorgesetzten erhalten, den es ist dem lüraßvater doch „Kommt Binder, kommt Alle herbei, Maggie. Aieck. Charles. Jack, wo seid ihr denn alle, denti Euch, der Groß väterchen gleich abzuholen." Das Huntley'sche Haus hatte wohl nie einen Freudensturm erlebt, wie es ! derjenige war, der jetzt losbrach. Jo ! .etyn gab sich keine Mühe mehr, die unter den Gliedern dieser Familie herrschte. „O. Jocelyn." ries Maggie, „jetzt komincn auch sür Dich endlich bes du liebe, süße Jocelyu Du!" I „Ja. Ader wo bleibt Großväterchen denn nur? Er müßte doch schon längst hier sein," »ahm Jocelyn »ach einer > Pause das Wort. , ! „Es ist möglich, daß er noch einmal ! richt zu erhalten. E? war noch nicht acht Uhr, »ls Be- verlu in Alecks Begleitung wieder am leerem Blick aus Antlitz des Kran ken starrend. Beverly bot auss Tiefste ergriffen feine Hilfe an. welche auch an genommen wurde, j Gegen Mitternacht regte sich der Kraule u»d flüsterte erst sank. Auch Beverly konnte kaum die Thrä nen zurückhalten, und er mußte sich Verwünschungen gegen den Absender des Witzes sich aus das Bett des Kraq- Bewußtfein bei dem Krauten zurück. Er erkannte seine Enkelinnen, warf ih nen zärtliche Blicke zu und erfaßte mit seiner letzten Kraft ihre Hände. Und dieses Mal hatte sich der Major nicht getäuscht. Als Beverly in der Morgendämme rung nach Hause kam, war auch in ihm ein Entschluß reis geworden. Den Geschmack des Herrn kann man oft schon an den Cigarren seines Dieners riechen. Nimmt man die Welt, .wie sie ist, so nimmt sie Einen, wi< man ist. Ein« Ndel« ~Freisch>ttz" - Auf führung. Von einer sidelen „Freischütz" - Auf führung erzählt F. Nesinüller in den „TreZd. Nachr.", einer Aufführung, deren Helden zwei SangeSgrößen. der k. k. Hofopernfänger Winkelmann und der Bafsist Fischer von der New Aorker Großen Oper waren. Während eiiker Ferieneeife im Gebirge waren die Bei den an einem Junitage in einem Torfe eingeregnet, die Opfer gräßlichster Langeweile. Mißmuthig saßen sie in der WirlhSstube, da ging plötzlich die Thüre auf. eine abgerisjene Jammer gestalt schob sich herein, präsentirie sich ats „Director" Lindenmüller und über reichte zugleich einen geschriebenen Zet tel. ans dem zu lesen staNd, daß der „Director" mit seiner Truppe aus der Durchreise begriffen, am Abend den „Freischütz" aufführen werde, aller dings mit lehr starken Strichen. „Ter Dialog bildet bei mir die Hauptsache," meinte der Herr „Direk tor". Winkelinan» und Fischer »ah men natürlich sofort zwei Billets, da sie sich einen Hauptspaß vzrsprachen. Herr Liudeniiiüller verschwand glückstrahlend: eine Viertelstunde später ader stürzte er, ein Bild hellster Verzweiflung, wie der in die Stube und theilte den Sän gern die er nicht kannte mit Thränen im Auge mit, daß dieAufsiih „Direltor", wer sie seien, und erboten sich zugleich, für die Ausreißer einzu springen! Hatte Lindenmuller eben Wiedehopfes) das linke Auge wäre LuruS (Luchses). Den Kugelsegen und beschwor folgendermaßen den Lber» sl«n der Hölle : „Schütze, der im Schlafe wacht. Sainiel, Samiel. gut« Nacht! Vi- der Mumpitz ist vollbracht! Salbe mir daS Kraut mit Brei, Raffinirl. Herr: Das ist tlvii sind! Streng. „Mein Fräulein, darf ich Ihne» ein Osterei zu Füßen legen?" „Wenn Sie eS erst legen müssen nein!"
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