6 Kuriosa aus dem Berliner <Aeri«l>tSsaal«. Das Geld liegt auf der Straße. Der TischlergefeUe Heinrich M., der sich wegen Unterschlagung zu verant worten hat, spricht bei Beginn der Ver handlung seine Ueberzeugung aus, daß sein Fall zu den verwickeltste» gehöre, mit de»e» fich je ein Gerichtshof zu be schäftigen hatte. „Ick nieene," schloß er feine längeren juristische» Ausfüh rungen, „det hier der Fall vorliegt, wo der jeehrte Jerichtshof sich zu der Bera thung zurückzieht: Diese Sache is hin fällig, indem wir ihr nich ufftlüren ionnlen." Vors.: Nun, ich sollte im Gegentheil meinen, daß die Sache sehr klar und einfach sei. Sie haben ein von der Frau Kaufmann R. verlorenes Por temonnaie gefunden und eingesteckt, um es für sich zu behalten. Was iönnen Sie an diesem einfachen Thatbestand verdunkeln? Angekl.: I, det will ick ja nich, ick will ihm vielmehr ufshellen, de» Kasus. Dam brauche ick dreizehn Punkte. Erschlens: Det Portemonnaie habe ick ja jar nich jefunden. sondern een klee ner Junge mit Namen Fritze Polenz. Daraus erjibt sich klar uu deiilich als zweeter Punkt, det ick dieses Portemon naie nich'abzuliefern brauchte, denn wat ick nich jefunden habe, dat kann ick ooch »ich abliefer». Vors.: Nun. wenn es in der That richtig wäre, daß ein Anderer das Por temonnaie gefunden und Ihnen gege ben hätte in der Meinung, daß Sie der Eigcnlhäincr feien, so würde das Ihre Strasbarleit nicht aufheben, sondern nur die Anwendung des Betrugs-Para grapheu gegen Sie rechtfertigen. Angekl.: Dat wäre mir nu jar nich lmjenehm, Herr Jerichtshof, denn als Bedriejer in die Welt herumznloofen, det paßt mir nich. Aber det kann ooch jar »ich sind, Herr Jerichtshof, denn wen soll ick da betrogen haben? Den lleenen Jungen? I, dem habe ick JuteS erwiesen, dem habe ick ja 'ne Mark je jeben, so dat er reen närrisch war vor Freide. Der ehrt un achtet mir ja bis in sein grauet Alterthum hinein, denn so wat is denn noch jar nicht passirt. Dieser Fritze Polenz also will jar nich davon wissen, det ick bestraft werde, un da bitte ick doch, diesen braven Jungen den Willen zu thun. Vorf.: Warum haben Sie den Jun gen. wenn er Sie für den Verlierer hielt, über seinen Irrthum nicht aufge klärt und die Annahme des Portemon naies verweigert? Angell.: Herr Jerichtshof, darüber habe ick vier Punkte. 'lm Sprüchwort heißt et: det Jeld liegt uff der Straße, man muß et nur uffheben. Wat'n Sprichwort is, det is. so sagt wieder een änderet Sprichwort, doch 'n Wahr wort. wonach sich denn der moralische Mensch danach inzurichten hat. Wenn nu't Jesetz tonimt un sagt: nee, Män uecken, det iS nich so, dei Jeld, wal uff die Straße liegt, det lasse man ruhig liegen, so is det 'ne Sache, wo ick in meinem Jcwisfen nicht mehr weeß, wo ein, wo aus, und der schönste Konflikt is fertig. Aber in solche Lage hat man ja doch nich immer lange Zeit, zu ieber lejen un in t Jefetzbuch nachzusehen, wat ick derf, i ndem man ja och nich immer so'n Auch in die Tasche hat. Da richte ick mir nu in meine BerMiflung und Rathlofigkeit nach dem Sprichwort.... Vors.: Hiernach geben Sie ja zu, daß Sie, wie ja auch die Anklage behauptet, den Fundgegenstand an sich genommen haben. Angekl.: Erst, als der Junge mich det Portemonnaie jab. Ick muß ja je stehen, ick war ja '» Bisten perplex un dachle: Herr Jott, der Junge hält Dir wohl vor'n Jraf. Vors.: Sie führten doch wohl nicht ein ähnlich elegantes Portemonnaie? Angckl.: H?at konnte ick nich beur theilen, ob dat elejant war oder eenfach. Wat 'n säuberet Spind is, dal verstehe ick, aber von sone Sachen weeß ick nischt. Na, da nahm ick also in meine vollstän dije Unschuld det Ding an und jab dem Jungen eene Marl. Wer weeß. ob sich een Anderer so nobel jemacht hätte. Sie machten sich nun mit dem Fund schleunigst aus dein Ltaube? Angel!.: I, ick >ing janz dufemang, denn ick halte ja 'n jutet Jewisjen, wo ick doch vier Punkte für anführen kann. Dat sagte ick ja ooch dem Herrn Schutz mann, als der mir dann sestkielt un uff die Wache brachte, un dort jab ick ooch zu Protokoll, da steht et schwarz uff weiß, dat ick mir unschuldig jerühlt habe. Vors.: Für das Gefühl Ihrer Un schuld sprach es nun gerade nicht, daß Sie den Besitz des Portemonnaies be stritten. Man fant eS erst bei einer Durchsuchung Ihrer Kleider. Angekl.: Ick hab doch nich nöthig, der Polizei anzujeben, wie viel Jeld ick jrade bei mir fiehre. Man weeß ja, wat dabei rauSkommt; höhere Steier ssufe, neie Zölle un Bbjaben un lauter so'ne Sachen, womit ick nischt zu dhun haben will. Aus der Beweisausnahme ergibt sich, daß der Knabe Fritz P. sich nach dem Portemonnaie, das der Fran Kauf mann R. entfallen war, bücken wollte, als der Angeklagte hinzusprang und es aufhob. Er zeigte sich in der That „nobel" und gab dem Kleinen von dem Aund das Portemonnaie enthielt achtzehn Mari eine Mark ab. Der Staatsanwalt beakitragt gegen den An geklagten drei Tage Gefängniß. Vors.: Was haben Sie nachzusa gen? Angekl.: Herr Jerichtshof. ick hätte noch sieben Punkte. Erschlens: Ick halte die Sache nich for uffjeklärt un spruchreif. Zweitens: Uff alle Falle sind drei Tage zu ville. Drittens: Dann will ich die Mark wiederhaben, die ick dem Jungen jejeben habe Der Angeklagte wird nach dem An traae des Staatsanwalts veruribeilt. „Da blas mir doch Eener den Hobel ans," brummt er vor sich, „da soll mir uoch mal jesagt werden, det Jeld liegt uff der Straße " „Unsere" <S«uner im Ausland. In der letzten Zeit hat man wieder öfters in Depeschen und Postnachrich ten von Heldenthaten amerikanischer Verbrecher in England, Deutschland und Oesterreich gehört; vor Kurzem ist wieder einer in Frankfurt a. M. auf längere Zeit unfchädlich gemacht wor den, aber das ist nur eiuer von Dutzen den. welche in Europa auf eigene Art unser Land „repräfentiren" und nur selten im Kampf mit den Sicherheits organen den Kürzeren ziehen! Seit etwa einem Vierteljahrhundert hat das berufsmäßige ameritanifche Nerbrecherihum seine Vertretung in der alten Welt, und in den letzten Jahren sind diese Gauner, trotz der Vervollkommnungen des internationa len Polizeidienstes, aus ihren „Kunst reifen" lühner ausgetreten, als je zu vor. Es ist so weit gekommen, daß in London, wo die Kerle naturgemäß den Hauptstützpunkt ihrer europäischen Operationen, sozusagen ihr europäi sches Gencralburcau haben, neben der fashionablen „ameritanischen Colonie" eine förmliche ameritanifche Verbre chercolonie existirt und der Geheim polizei von Scotland Jard fortwährend Arbeit in Hülle und Kiille gibt. Nlbert Nise. Soweit man weiß, sandte die ameri kanische Gaunerzunft ihre ersten „Pio niere" vor 25 Jahren nach Europa; eS waren Charley King, Bill St. Clair und Dan Noble. Dieses noble Trio schickte so begeisterte Berichte über seine Erfolge in die Heimath, daß sich bald Nachfolger fanden. Die erste wirkliche Berühmtheit unter denselben war Albert Wife, in Amerika als „Sheeny Al" be kannt, ein Genie ersten Rang s sowohl als Dieb wie als Hochstapler. Er stahl zunächst aus einer Bant in Bu dapest ein Kistchen Juwelen; weiterhin aber machte ?r glänzende Geschäfte als Chemie- nnd Alchymieschwindler. Es gelang ihm, Dutzende von Bankiers und Kaufleuten in verschiedenen Thei len Europas zu begaunern, indem er vorgab, ein Geheimniß entdeckt zu ha ben, wie man Gold aus gemeinem Me tall erzeugen lönne. Mit diesem ural ten Schwindel errang der glattzüngige „Al" bei Leulen, die sich zu den Spitzen der Intelligenz zählten, unglaubliche Etfolge! Mittels einer Meffinglegirung und eines noch nicht weiter bekannten Stoffes machte er jedem feiner Opfer ein wahr haft verblüffendes Experiment vor. Wenn man ihm dann eine verhältniß mäßig geringe Menge Gold nebst einem Haufen ordinärer Metalle in einem großen Behälter gab, wollte der Gauner das Alles in Gold verwandeln können. Dieser Behälter sollte zwei Wochen lang, nachdem der Schwindler seine Mädchen damit gemacht, nicht mehr ge öffnet werden, und der zu Betrügende durfte ihn abschließen und die Schlüssel dazu beHallen. Bald darauf hatte „Wife" ein „dringendes Geschäft" an derswo und empsahl sich einstweilen. Er halte einen Spießgesellen, dessen Namen man nie erfahren hat; dieser öffnelemil einem anderen noch vorhan denen Schlüssel bald darauf den Be hälter, holte das Gold, verschwand ebenfalls, nnd die Beiden theilten dann ehrlich die Beute. Wenn der Geleimte schließlich aus Neugierde oder einem anderen Grund den Behälter öffnete, so sah er zu seinem Entsetzen, daß aller dings „Gold gemacht" war, aber nur für den Hochstapler! Der Amerikaner erschwindelte riesige Summen und führte, wie alle amerika nischen Gauner von Beruf in Europa, ein fürstliches Leben. Später, als es schließlich doch nicht mehr recht mit der „Alchymie" gehen wollle, verübte er in London einen überaus verwegenen Ju welcndiebstahl. Diesmal blieb ihm dos KriegSglück nicht treu; er gerieh i Gefangenschaft, kam aber mit einer sehr leichten Strafe davon, da sich ein Agent der Rothschilds weigerte, zu bezeugen daß er dieses Bankhaus 'reingelegi hatte. Zu den sensationellsten Bankraub geschichlen in unserem Lande gehört der vor Jahren (nach Anlegung eines besonderen Tunnels) vcrübteBl(><).ooo - in der Bostoner Borstadt Boyls ton. Die vier Räuber flohen nach Europa, und damals gab es noch keinen auf solche Verbrechen bezüglichen Aus lieferungsvertrag zwischen den Ber. Staaten und England. Alle Vier mach te» sich in Europa berühmt. Der Eine, Bob Corcoran, ist lange darnach in Canada als reicher Gutsbesitzer gestor ben. Ein Zweiter, Ike Marsh, leine später mit seiner Gattin Kate an seinem Geburtsort in Irland wie ein Prinz; sie fuhren hoch ausgedonnert durch die Straßen und venheilten an die Armen das Geld mit vollen Häuden. Der Dritte. Charles Bullard, oder „Piano Charley" (er ist ein vorzug licher Klavierspieler), heiratbeie in England eine hübsche Schanlinamsell, !am dann nach Paris und eröffnete eines der feinsten amerikanischen Eakes der «seinestadt; eines der Gemälde am Haupteingang war allein S2S,VAI werth. Vor mehreren Jahren kam W. A. Pinkerton, der vielgenannte ameri kanische Tetectivagentur - Leiter, nach Paris und erkannte den Gauner. Die ser machte aus Furcht vor Bloßstellung einen Mordanschlag auf Pinkerton; doch der Plan wurde vereitelt. Natür lich gab Pinkerton der Pariser Polizei vollen Bescheid. Bullard betrieb über dem Cafe eine Spielhölle und war der Erste in Paris, der einen elektischen Warnungsapparat gegen polizeiliche Uebcrrumpellingcn einführte; trotzdem drang schließlich die Pariser Polizei, nach vorheriger Festnahme des Schank wärters im Cafe drunten, rechtzeitig ein und verhaftrte die ganze Gesell schaft, aber nicht Bullard. Dieser floh nach England, hatie später die Frech heit, nach Amerika zurückzukehren, wurde erkannt und zu 20 Jahren Zucht haus verurtheill, brach aus, kehrte nach Europa zurück und gaunerte weiter. Er ist erst kürzlich aus einem belgische» Zuchthaus eiillaffen worden. Seine schöne Gattin lief ihm weg und hei rathete in Amerika einen eubanischen Millidnär, welcher vor zwei Jahren starb. Sie lebl jetzt in New herr lich und in Freuden. * Adam Worth. Weitaus der bedeutendste der Börs ianer Bankräuber aber ist Adam Worth, alias Henry I. Raymond. Er hatte seine Hand in fast jeder wichtigen Räu berei stecken, welche in den letzten 15 Jahren in England verübt worden ist, und die britische Polizei kannte ihn nur als den „König der Diebe". Er lebte in Piccadilly in einer Etage, welche jährlich Miethe tastete, besaß eine Dampfyacht auf dem Mittelländi schen Meere, hielt einen Rennpserd- Marstall und war einer der kühnsten SportSleute, verlor aber auf dem Turf hohe Summen. Endlich wurde er in Lüttich bei einem Bankraubversuch ge packt, und noch jetzt bläst er in dem bel gischen Zuchthause Trübsal. Er war auch eine der Hauptpersonen bei einer Reihe verwegener Juwelenräubereien, welche vor mehreren Jahren Deutsch land. Frankreich und England aufreg ten dabei aber entging er stets der Ver haftung. Villi» Miller. Viel machte auch ein Verbrechertrio, das aus zwei Männern und einer Frau bestand, der Polizei des europäischen Festlandes zu schaffen: Billy Miller. Charles Robinson und Sophia Lyons. Sie verüble eine Anzahl der verwegen ste» Einbrüche, wurden aber endlich in der Schweiz festgelegt und wenigstens auf drei Jahre eingespundei. Dem Frauenzimmer abcr gelang eS, nach Charte? Robinson. Paris zu Dort wurde sie ials Ladendiebin verhastet, —eS gelang Ihr aber, die Sympathie?» von Zei eungsleuten in so hohem Grade zu erwecken, daß sich ein allgemeiner Ent lüstungssturm über die schwere „Insul irung der amerikanischen Lady" erhob, und der amerikanische Consul in Paris sich einmischie. Die Pariser Polizei mußte, obwohl sie ihrer «ache ganz sicher war, die Gaunerin gehen lassen, und erst Monate zu spät tum eS her aus, dag diese verfolgte Unschuld Nie mand anders war. als Sophia Lyons. Gegenwärtig führt sie wieder in Ame rika ein Wohlleben, und in Detroit ist ihr eigentliches Heim. dharle» O'Connell. Andere „prominente" Landsleute auf europäischen Kunsüo'.ire» sind: Charles Woodward, Herbert Rathen?, s>red Bennelt, Frank Dean, Joe Mc- Donald, die Gebrüder Horace und Ro bertHovon, FrankSearleS und Charles O'Connell. Alle diese gehören noch der neuesten Zeit an. O'Connell, der allein in New Jork an Einem Nachmit tag zwei Bauten beraubt hat, sucht als kühner Meisterdieb, Ein- und Aus brecher wirklich seines Gleichen in der ganzen Culturwelt. Man hatte übri gens lange Zeit nichts mehr von ihm gehört, bis er in Frankfurt a, M. wegen Diebstahls von sVo,(>()<) Mari festgenommen wurde. Er ist f. z. aus deni Zuchthaus in Nuburn, N. A-. unter einem heftigen Feuer der Wachen unverletzt entkommen und glaubt sich leitdem geseu gegen Alles. flrrrnk SearleS. Auch das Erfindergenie hat sich bei den amerikanischen Spitzbuben in Europa auf mehr als eine Art „glän zend" entfaltet. Eine Bande, zu wel cher auch die erwähnten Hovans und Frank ScarleZ gehören, und welche sich in der letzten Zeit durch Beraubung der Häuser von Edelleuten in Oesterreich, Deutschland und England „hervor gethan" hat. weiß sich sehr geschickt gegen Festnahme zu sichern, falls sie bei der Arbeit ertappt werden. Die Kerle schlingen, ehe sie in ein Haus eindrin gen, von Baum zu Baum und über die Gartenwege Drähte auf eine fache Art. daß Jeder, welcher den Räubern das Entkommen abschneiden will, sich darein verfängt und stürzt, während die Räu ber die Schlingen unbehindert pafsiren und in sicherer Entfernung sind, indeß" ihre Verfolger noch am Boden stram peln. Searles hat sich u. A. durch die Beraubung des Herzogs von Edinburgh berühmt gemacht; als in dieser Sache eine „intelligente" Jury in Schottland den Spruch fällte: „Nichtbewiesen", hatte Searles sogar die Frechheit, eine Zeitung in Edinburgh wegen Ver leumdung auf Schadensersatz zu ver llagen! Das wären einige der Hauptfiguren aus der amerikanischen, in Europa Gastrollen gebenden Berbrechergallerie; doch find dies noch lange nicht Alle. Bande ließen sich iiber'diefe „repräfen- tativen" Amerikaner nnd ihre Helden thaten schreiben. Noch immer scheint die ameritanifche Gaunerzunft die europäischen Länder für ein höchst dankbares Feld zu halten, nnd die eu ropäische Polizei ist noch immer nicht recht auf diese Merlursjünger und idre Methoden „geaicht", weshalb dieselben wohl noch lange dort in der Wolle sitzen und mit Grafen, Baronen und liiianzgrößen um die Wette ein sürstliches Leben genießen werden, obgleich dasselbe manchmal durch eine tieine Unannehmlichkeit un terbrochen werden mag. Die amerika nische Polizei hat auch starten Berkach!, daß der „russische Edelmann", welcher, wie unlängst eine Kabeldepesche mel dele, im SpieterparadieS Montecarlo ein Duell mit einem Amerikaner hatte, wobei er getödtet wurde, einfach dem Pistol eines jener amerikanischen Ju welendiebe zum Opfer gefallen ist. Berfchiedene sonderbare Umstände deu te» darauf. ES würde leichter sein, den amerika nischen Verbrechern in Europa beizu kommen, wenn sie mit dem europäischen Verbrecherlhum Fühlung unterhielten. Abcr gerade das vermeiden sie wohl weislich aus das Sorgfältigste. Sie bleiben gänzlich für sich wenigstens de» andere» Verbrechern gegenüber halten sich allen Loealitäten sern, wo ihre europäischen College» Hausen, ver kehren nur in gewähltester und hoch anstandiger Gesellschaft, fitzen auf den besten Plätzen im Theater, hahe» viel sach ihre eigene Dienerschast und Equi pagen. und verstehen es überhaupt in jeder Hinsicht meisterhaft, über ihre Persönlichkeit auf lange hinaus alle Welt zu täuschen und wieder zu täu schen! Fingerringe. AIS Erfinder der Fingerringe bezeich riet eine griechifche Sage den Jupiter, welcher nach Befreiung deS un den Kaukasus gefesselten Prometheus den selben zur Erinnerung an seine erlitlene Strafe verpflichtet habe, sine» eisernen Ring am Finger zu tragen. Indessen ist das Tragen von Ringen wohl mehr eine morgenländische Sitte und war be sonders bei den Hebräern gebräuchlich, da deren Frauen sich mit Nasen-, Fuß- und Ohrringe schmückten, und bei denen als Ainulet getragen wurden. König Salomo foll einen Ring besessen haben, der die Quelle seiner weisen Re gierung war. Eines Tages verlor er denselben im Bade und verzichtete nun <4O Tage auf den Thron, bis sein Kleinod im Magen eines Fisches wieder gefunden ward. Aehnliche Zauberringe kommen viel fach bei den östlichen Völkern vor. Von den Morgenländern nahmen auch die Griechen die Sitte. Ringe zu tragen, an. Auch die Römer huldigten dieser Sitte, die ihnen von den Sabinern überkom men war und wohl hauptsächlich den Zweck des BriefsiegeliiS haue, doch dursten anfangs nur «Senatoren und Ritler Ringe tragen. Siegelringe wurden in lehr früher Zeil als eine Art Vollmacht zur Ausübung der Rechte ihrer Besitzer betrachlet. und man glauble, daß Alexander der Große den Perdikkas zu seinem Nachfolger be stimmt habe, weil er ihm vor feinem Tode den Siegelring übergab. Der Ring, welchen der Papst bei der Inve stitur den Bischöfen übergibt, deute! ihre Vereinigung mit Christus und der Kirche an. Ter Austausch des Verlobungsrin ges gilt als Zeichen des Versprechens der unverbrüchlichen Treue. Und heute in der Zeit der Aufklärung ist eS eine heilige und symbolische Handlung, vor dem Altare die Ringe zu wechseln. Daß man sich hierbei der glatten, goldenen Reifen bedient, hat die sinnige Bedeu tung, daß der» Ringe, der ohne Ansang und Ende ist, auch die Treue gleiche, und sowie die Bestandtheile des Ringes aus edlem Metall sind, soll auch das Bündniß rein ohne Groll, Eifersucht und Mißverständnisse sein. Schön und sinnreich ist auch die Sitte unier Freun den, sich mit Ringen zu beschenken als Symbol des Vertrauens und der Ge meinschaft. Zudringlich. Fräulein: ' .Da finde ich einen Kno ten in meinem Taschentuche .... habe ich Ihnen etwas verfprochen, Herr Af sefjor?" Seine Freude. Herr Hu den: Warum freuen Siesich denn immer Freitags so auf's Mittagesjen. Herr Negistrator? Regisirator Federle: Freitags gibkS bei mir regelmäßitsFisch, und deshalb ist dieser Tag der einzige in der Woche, an dem meine Schmie germutter eine halbe Stunde lang den Mund hält! ' Eingetroffen. Herr (wü thend): „Nun. sehen Sie 'mal, wie der Anzug jetzt ausschaut, den ich ver gangene Woche hier gekauft habe!" Kaufmann: „Sagt' ich s nicht, daß Sie bald wiederkommen würden?" Der Nutzen der Sonn tagsruhe. Höre mal. Du mußt mir rasch Mari vorschießen. Geh! nicht, lieber Freund! Am Sonntage ist »des Schießen verboten! Für unsere Mrauen. Hed», D i e E r st e. Wer möchte i» einem Lande, wo das vtreberthum von der Schulbank bis in »e Gebiete höchster menschlicher LebenS tellungen uiid Errungenschaften sich rstreckt und so sehr unterstützt und ge iflegt wird, nicht gerne die Erste sein in Zchule und Studium, Haus und Hof, Geschäft und Gesellschaft, bei Freund ind Familie, bei Verein und Vergnü gn, in Stadl und Staat? Doch nicht n>t diesen vorwäriSstürmenden, hohen fUänen nachfliegenden, ehrgeizigen Nadchen und Franen wollen wir uns >e»te befassen, fondern nur mit jene» ;a»z »»schein-, sasi »nsichtbareii. Ab trakten ersten Einpiindungeii und Re hungen. welche aber doch berufe» sind, mi Leben des WeibeS eine gar bedeut ame Nolle zu spielen. Ein blühendes, in Jngendlust und Zugelidsrriche erstrahlendes Mädchen kommt heim vom erste» Tanzvergnügen; me Pulse Hämmer» und klopfen noch laut vor sreudiger Erregung, sie löst zaZ leichte Kleid, das wellige Haar und lächelt dabei fo fröhlich ihr Spiegelbild an. Sie denkt an die lockende Musik, das lustige Lärme», an all' die leichtfüßigen Tänzer und an den einen Fremdling ganz besonders! War das nich! ei» prächtiger Me»fch, die hübsche Sliinme, ser heilere Schelmeiiblick, die höfliche Sprache; und wie liebenswürdig a»f merlfain er sich ganz besonders um sie bemühte, wie oft er mit ihr gelanzt! Ach, die erste Uiiterhaltung mil dieser ersten Begegnung war doch elwaS ganz ivunderbar Schönes! Uno der köstlichen Freude» giebt es noch macheu, manch' TänzchenMrd noch mit dem gewisse» Einen gewagt, bis er aus einmal fernzubleiben scheint. Da brenne» die Lichler trüber, die Musik tönt nicht mehr so verführerisch, Alles hat seinen Glanz eingebüßt, sie möchte am liebste» nach Haufe gehen und wei nen, wenn sie sich nicht vor sich selbst und den Anderen schamle. Doch plötzlich erscheint er doch noch in der Saalthüre, Alles erstrahlt in ihr, um sie her; wie er sich nähert, pocht ihr lleineS Herzchen so überlaut, als wollte eS vor Freude zerspringen; und was sie jetzt empfindet, sollte eS wirklich die erste Ahnung jenes wunderbar räthselhastcn Gefühles fein? Und heinigelehrt in ihr trautes Stüb chen, öffuet sie weit das Fenster und blickt sinnend hinaus in die schimmernde Nacht! DeS freundlichen MondmanircS Blicke erinnern sie an die sprechenden Augen eines irdischen Jünglings, nnd voll innerer Glückseligkeit flüstert sie „O herrlich schöne erste Liebe!" Bald hat er den Weg in ihr Hans, zu den Eltern gefunden, und in stür mifcher Hast steht er eines Abends var ihr mit einem blendend berückenden, blühend beranschenden Blüthen-Berg. Er blickt ihr lies in die leuchtenden Au gen und fragt fast lautloS: „Darf ich!" Dan» neigt er feine Stirn über ihre weichen Löckchen, seine Lippen suche» die ihre»! Wie ihre keusche Seele zittert und ihr ganzer Körper leise erbebt rrrrler dieser hauchcuden ersten Berüh rung! Einer wonnevollen Brautzeit folgt die Vermählung! Aus dem zärtlichen Geliebten wird langsam und sicher wie der der ernste Geschäftsmann. Eines Morgens verläßt er sein junges Weib chen säst hastig ohne übermäßige LiebeS deweise! Er hat die Thüre noch lunm geschlossen, da stürzen sie hervor, die herben Thränen der ersten Enttäu schung. Doch wie er heimkehrt, blickt sie ihn noch mit einem so rührend traurigen Gesichtche'n an, daß er. sein Unrecht wohl ahnend, aus sie zueilt. Abbitte thut und sie herzhaft in seine Arme schließt. So feiern sie, glücklicher als je. vereint die erste Versöhnung. Da wird ihre behagliche Harmonie grausam gestört durch eine wichtige Geschäftsreise, die den jungen Ehegat ten für einige Wochen entführt. Als um's Herz, niemals hat sie sich noch so schrecklich vereinsamt gefühlt! Wie sie ganz allein dasitzt und de» leere» Platz ihr gegenübir anblickt, seuszt sie trüb selig vor sich hin: „O wie schwer wird doch diese erste Treu» un gl" Endlich soll er wiederkommen, sie hat ihm so viel mitzulhcllen, was man Briese» unmöglich anvertrauen kann. Nnn nehmen sie wieder gemeinsam an ihrem gemüthlichen Tische Platz. Unler einer Serviette verborge» liegt ein aller liebstes, jelbstgesertigleS Miniaturbild chen mit einer finnig-zarten Widmung. Gerührt umfaßt er fein trautes Weib chen, blickt sie prüfend an und ruft freudestrahlend: „Ist'S wirtlich wahr, wär's möglich?" Und sie ergehen sich Beide in dem schöne» Land hoffnungssreudiger Zu tunstSträume der ersten Erwartung. Nun naht der lustige Prinz Karne val mit den schönen FaschingSfreuden! All' ihre Freundinnen schwelgen schon in Gedanken an rauschende Roben, sei dene Spitzen, glänzende Geschmeide, schmiegsame Schnhe, Blumen und Bän der. Fächer und Federn, Frohsinn und Freude an Leben und Lust. Unser ar mes Frauchen darf aber all' .die Herr lichkeiten nur anschauen, nicht nriige nießen, und fo übt sie sich in der schrve ren Kunst der ersten Entsagung. Mit den holden Maiblüthen oder kam auch die Erfüllung, der liebliche Lohn sür das treuliche Ausharren des langen, ltidvollen, beschwerlichen Win terS! .Und als das Kind geboren war. Sie mußten der Mutter eS zeigen: Da ward ihr Auge voll Thränen so klar, Es strahlte so wonnig, so eigen!" Und was sie so unaussprechlich seeliz macht, ist das hehrste und höchste Glück, das den Frauen beschieden, die erste Mutterfreude. Hiermit schließen wir auch die Kette der ersten reinsten Empfindungen des Weibes, welche nienials wiederkehren mit jener Macht poetischer Schönheit,' jenem Zauber wahrer Befriedigung, selbst noch in der Wehmuth, wie diefe heiligsten ersten Gefühle. Wer diese jemals gekannt, dem geben sie einen veredelnden Schimmer von Glück mit auf den ganzen Lebensweg. Und so alt wir auch werden mögen, so viele Sorgen u»o Schmerzen das Frauen leben auch später noch bringen mag, es ist niemals im Stande, die geweihte Seele zu verbittern oder jene schönsten Erinnerungen auszulöschen, welche die erste Glückieligkeit junger Liebe, Leid und Freud' im Herzen des Weibes un vergänglich eingegraben. JtalteiiisHc Sludenle». Zu der Galilei-Feier in Padua war von der Herzogliche» Technischen Hoch schule in Braunschweig der Rector Pros. Dr. Wilhelm Blasius und von Seiten der Studenlenschast der Vor sitzende des studentischen Ausschusses, der Studirende Wessel, entsandt. Beide Herren haben dieser Tage in Braun schweig einen Bericht über die Ereignisse bei der Jubelseier in Padna gegeben. Wahrend Professor Dr. Blasius das Gesanimle der Feier schilderte, »lachte der Sind. Wessel über die bei jener Feier von ihm beobachteten studenti schen Gebräuche in Italien Mitthei lung. Die studentischen Feste tragen dort alle de» Charakter großer Ausgelassen heit; der italienische Student suhlt sich durch kein Gesetz gebunden, er folgt feiner Laune und der augenblicklichen Stimmung. Bei den Conimersen trat diese Thatsache recht zu Tage; ein Präsidium in deutschem Sinne und demgemäß eine deutsche Ordnung und GeiuülhUchkeil gab es aus den Coinmer fen jenseits der Alpen nicht. Der deutsche Comment, selbst das einfach« „Profi!", war etwas Neues. Com »leiilmaßigeS Trinken kennt man also nicht. Der studentische WichZ, der n»r dem germanische» Studenten eigen ist. er regte die größte Verwunderung. Was wir Deutschen am meisten entbehren, war ein kräftiges Kommerslied, das recht zur Hebung der Gemüthlichkeit eines Kommerses beiträgt. Gesungen wurde während des Trinkens über haupt nicht. Nach der ersten.stunde herrschte durchweg bereits die größte Lrrstigteil, es erfolgte die allgemeine Verbrüderung und an Ordiiuug war nicht mehr zu beulen. Eine Rede bei vollkommener Ruhe zu hallen, war ü'lierhaupl ein Ding der Unmöglichkeit. Ein einziger tressender Satz geuugte. um einen Sturm der Begeisterung her vorzurufen. Welche Höhe eine derar tige Begeisterung erreichen lonnle, zeigt der Redner an folgendem Beispiel: Nach dem Bankelt, das seitens der halte ich die Ausgabe, im Namen der akademischen Vertreter Teutschlands etliche Worte des Dantes in italienischer Sprache zu sagen; ich enllcdigle mich italienischen Komnnlitonen nnler brau sendem „Evviva Germania ' aus den Schüller» durch den Saal auf die Straße herab bis zum Festsaal getra gen. »m endlich hier wieder den Boden zu erreiche», vier andere Komilitonen hallen dasselbe Schicksal. Dem Herrn Reetor der Universität Padua wurden an demselben Abend die Pferde vor dem Wage» ausgespannt, etliche Studircude erklctlcrtcn die Droschke nnd im Trabe ging es uiilcr dem nie fehlenden „Eliviva" zum C.ase Pedro, chi Es ist allerdings kaum r.nirrdcrbar. daß eine geordnele Leitung jeder Fest lichkeit sehlle; uusere italiemschenKom mililonen kennen das Korporalionsioe» sen nichl. ei» Ausschuß der griammten Sliidciilschafle» erislirt ebenfalls nicht, und abschoß ein Fesipräsidinm bestand, so sehlle ihm buch die anerkannte Macht. NM sür wirtliche A»srechlerhalt»„i, der Ordnung sargen z» können. Bei einer Anzahl von etwa Sludirendr» ist barkeit der italienischen Kommilitonen ist eine veulsche Ordnnng überhaupt nndenlbar. Die Fechlweise der italie irischen Sludenten ist durch die Waffe bedingt. Das Florett verlangt eine überaus leichle Bewegrichkeit des Kör pers. eine Geschmeidigkeit der Bewe gung. wie sie dem Südländer durch schnittlich eigen ist. Unser? Schläger mensur ist im Vergleich zum graciösen Florellsechleu geradezu plump. Mit großer Lebhaftigkeit wird auch mit Sä bel gesochlcn. Man zeigte uns eine solche Mensur, knieend. ja fast liegend, suchte Einer den Andern abzuführen. Der italienische Säbel ist allerdings nicht die deutsche Waffe; die Klinge ist nicht viel stärker als die unserer Men surschläger. Es besteht außerdem die Eigenart, daß. wie un» versichert selbst aus Mensur die Art deS angejagt wird, »in Umstand, der den Ernst der Sache sehr herabmindert. Di« Pistole ist sehr wenig im Gebranch. Mensuren finde» überhaupt in der Studenlenschast sehr wenig statt. Schrecklich»? Pech Ein jungerDichter läßt sein neuestes Trauer spiel aus einer kleinen Vorfladlbühne zur Aufführung bringen. In der Hauptscene, aus welche der Dichter seine höchste krwartlirig gesetzt, verspricht sich die erste Liebhaberin und ruft mit markerschütterndem Pathos anstatt: O. Du Grausamer! „O. Du Sau kramer!" Verlorener Tag. So schlecht anfg'lege Sepp? Na, da soll Einen dös Leb n noch g'fren»! Füns Stunde hab' i heut inr Wirthshaus g'sesse. g'sosse hab' i a g'iiug, aber zu raufen hab' > nu a'sund'n!
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