Inge. E r st e r Theil. I. Ei war eine glänzende Versamm lung, die heute die hübschen mit mo derner Durchschnittseleganz möblirten Räume des Oberstlieutenants von Waldau füllte. Zweifarbig Tuch ist «inmal wie dazu geschaffen, sich von din Kerzen der Kronleichter befcheinen zu lassen nnd die wirtsamste Folie für Da mentoiletten zu bilden. Um die Tafel im Eßzimmer hatten sich denn auch aus schließlich die Herren des Regiments mit ihren Frauen und Töchtern grup- Virt. Die Unterhaltung war nicht be sonders lebhaft, ja, am oberen Ende des Tisches, wo die Frau vom Hause, eine schöne, stattliche Erscheinung mit hochmüthigen, kühlen Zügen, präsidirte. ging es zuweilen wie ein unterdrücktes Gähne» durch die Luft. Kein Wun der. Alle diese Menschen trafen sich wöchentlich ein- oder zweimal; mit ge ringer Abwechslung theilte ihnen dann die Rangliste dieselben Tischnachbarn zu. Ta mußte der Gesprächsstoff, der zudem ein eng begrenzter war, ja aus gehen, zumal da man sich schon Mitte März befaud, die eigentliche Saison also vorüber gewesen wäre, wenn Ostern nicht diesmal so ungewöhnlich spät gefallen. Am unteren Ende des Tisches ging eS lebhaster her. Seconde-LicutenantS und junge Mädchen haben immer Stoff, um zu flüstern und zu lachen, selbst wen» sie sich am Nachmittag auf der Eisbahn und am Abend im Ballsaale treffen: ja, dann erst recht. So hatte auch jetzt eine ungestüme Heiterkeit uin sich gegriffen, die nur der Respect dämpste, und deren sehr harmlose Ur sache der jüngste Fähnrich war, der eben ein GlaS Wein vergossen hatte. Das kleine Intermezzo zog zum Ent setzen des Schuldigen die Aufmerksam keit der ganzen Tafelrunde auf sich. Auch ein Paar, das bisher in eifri ger, dem Anschein nach sehr vertrauter Unterhaltung sich befunden hatte, un terbrach fein Gespräch. Es war ein Officier, vielleicht am Airsang der Dreißiger, mit ernsten, kühnen Zügen, und cine junge Dame, aus deren etwas blassem Gesichtchen ein Paar große graue Augen schauten. Wie ausgelassen die jungen Leutchen sind! Laß doch. Ich freue mich immer, wenn etwas wahre Jugendfrische durch all die anerzogene Convenienz durch bricht. Meine Frau Schwägerin ist ein Na turkind. Wie manL nimmt. Als mein Vater infolge seiner Wunden Siebzig den Ab schied nehmen mußte, lebten wir eigent lich ganz still für uns auf unserem Grundstück, das ja mit seinem großen Garten einen halb ländlichen Eindruck macht. Aber den Verkehr mit unseren Kreisen gaben wir doch nie vollständig auf. Nur in den zwei letzten Jahren hat man Frau Jngeborg von Heyden nie in der Gefellschast getroffen. Eben deshalb, weil ans der Jnge borg Kanten deines Bruders Frau ge worden war. Oder glaubst du, es wäre Paul lieb gewesen, wenn ich von Fest zu Fest geeilt wäre, während er auf unbekannten Meeren schiffen muß? Ick habe mich ja über diese Znrückgezo geiiheit am wenigsten zu bellagen. Um so sicherer konnte ich sein, einen Winkel voll cchtcn Friedens zu finden, in den ich mich stets lnneinflüchten konnte. In der letzten Zeit muß dieses Ruhe bedürsniß nicht besonders groß bei dir gewesen sein. Die junge Frau lachte ein wenig und sah unwilltürlich nach dem oberen Ende der Tafel, wo an der Seite des einzigen Herrn in Civil die junge, bildschöne Tochter des Hauses saß. Hellmuth von Heyden fing diesen Blick auf und erröthete. Will die sanfte Inge spotten? Gewiß nicht. Aber dein langes Ausbleiben war mit ein Grund, der mich trieb, CoraS dringenden Bitten Folge zu leiste». Ich wußte nicht, ob Paul an dich geschrieben, ich wollte aber sehr ge'-n mit dir sprechen—denn ich bin so glücklich. Jetzt war eS an der jungen Frau, zu erröthen. Bis unter den Ansatz der schlicht zurückgestrichenen braunen Haare stieg die verrätherische Blutwelle und un, dcu Mund lag ein so träumerisches, glückliches Lächeln, daß ihr Schwager sich ties herabbeugte und leise sragte: ES waren zwei schwere Jahre, nicht währ? Warum jetzt von dem harten Winter sprechen, wo der erste FrühlingSstnrm über die Erde geht? Wenn die Rosen blühen, kann Paul schon hier sein, das Comniaudo von Samoa ist in weiiigcn Wochen zu Ende. Heute haben wir sie sah suchend auf die zierliche Menukarlc. Den lii. März 1889. ergänzte er. Also höchstens noch ein Vierteljahr, Hellmuth, Komm, stoßen wir auf eine glückliche Heimkehr an! Tie Gläser klangen silberhell zusam men. Und auf einen fröhlichen Sommer in der Klanfe. Eine Hochzeitsreise werdet ihr doch wohl nicht nachträglich noch machen wollen, und so denke iey, Panl und ich nehmen gleichzeitig einen län geren Urlaub und wir verleben ihn ge ineinsam in der alten Klause bei mei nem Mütterchen. Wieder glitt der Blick des OfficicrS zu dem schönen Madchenbild hinüber, und Jngeborg, die das Glück nicht selbstsüchtig machte, dachte mit einem stillen Seufzer, daß sie seine Gedan'en errathe. Wenn aber vor ihrem Auge das Bild der sansten Greisin ausstieg, die, feit Jahren an den Rollstuhl ge. fesselt, auf der fernen Familienbesitzung in Preußen lebte und von den beide» Eöhnc« wie eine Heilige verehrt würd:, dann tonnte sie sich die sprühend leb hafte. gefeierte und verwöhnte Coro von Waldan nicht als Herrin der Klause dcnlcn, die doch einmal Helmnth, uIS dem ältesten Sohn, zufallen sollte. , Die Liebe that Wunder! tröstete sie sich. Cora aber liebte dcn ernsten Mann, daran schien ihr kein Zweifel. Trotz der sehr angeregtcu Unterhaltung mit ihrem Nachbar suchten die dunkeln Augen doch immer und immer wieder die Helmnth von Heydens, nnd diese strahlenden Sterne redeten eine deut liche Sprache. Zu zartsühlend, um ein Vertrauen zu erzwingen, das ibr nicht freiwillig entgegengebracht wurde, schwieg Inge still nnd beide folgten ihren Gedanken in ein blühendes Eden der Liebe und dcs Glücks, als das allgemeine Stnhl rücken anzeigte, daß die Tafel aufgeho ben sei. Inge wurde von Cora in das Erker zimmer gezogen, in dem es sich die Ju gend ein wenig gemüthlich machte. Ich glaube gar. du willst zum hun> dertsten Male hören, daß Frau Haupt mann B. noch nie einen guten Bur schen hatte und Frau Lieutenant von R. ein ausgezeichnetes Verfahren kennt, Flecken aus der Uniform ihres Mannes zu entfernen, sagte das schöne Mädchen, indem cs sich behaglich in einen Schau kelstuhl zurücklehnte. Man bildete ein wenig Cercle um das verwohnte Regimentstöchtcrchcn. Die jungen Lieutenants schwärmten alle für Cora von Waldau, eS gehörte das geradezu zum guten Ton: sie nahm all diese Huldigungen als selbstverständlich an, nährte auch hin nnd wieder eine Liebe, soweit das mit Rücksicht auf strengste äußere Form geschehen konnte, aber erwidert hatte sie, soviel mar wußte, noch keine. Fran von Waldau war eine Polin, ihr Mann ein gerader deutscher Haude gen von altem Schrot und Korn. So war in der Tochter ein wunderbares Gemisch von heißer Leidenschast und kühler Berechnung, das sich schon in ihrem Acußeren ausprägte. Zu den aschblonden Haaren und der blendenden Haut bildeten die strahlenden, sast schwarzen Augen einen sesselnden Ge gen>atz. Auch die Figur versprach ein mal tadellos zu werde», jetzt war sie noch ein wenig überschlank, was der Erscheinung des meistens strahlend hei teren Mädchens mitunter etwas Kindli ches gab. Cora kannte diese scheinbare Harmlosigkeit als einen ihrer Hanpt reize und benutzte sie als solchen. Ein Bild vollendeter Eleganz war sie übrigens immer, auch jetzt in ihrem weißen Kaschmirkleid mit dem großen Strauß Maiglöckchen in dem breiten Stoffgürtel. Das verwöhnteste Auge fand nichts an ihr zu tadeln, und doch tonnte zugleich auch die ehrliche, nur aus dem Herzen kommende Liebe all diesen Liebreiz nnd diese mädchenhafte Frische sür goldecht und unverfälscht halten. So hingen auch jetzt die Augen zweier Männer in unverhohlener Bewunde rung an ihr, denen sonst wohl kaun etwas anderes gemeinsam war. In der Thür lehnte Banquier Ler ner auS Berlin, Baron von Berner hatte der Hausherr heute mit kaum merklicher Betonung den Fremden sei nen Gästen vorgestellt, eine ziemlich be deutende Finanzgröße, die ihre Hand bei dcn lctzten großen Anleihen im Spiel gehabt, dasür den Kronen-Orden bekommen, den der Träger heule nebst einigen Hausorden kleiner Höse in vol ler Größe trug. Es war ein Mann Mitte vierzig, eine etwas gesucht ele gante Erscheinung mit blasirlcm Gesicht und den Fältchen um die Augen, die als Erinnerung an gar zu vergnügte Stunden so leicht zurückbleiben. Er hatte die Familie Waldau im Sommer in Scheveninge» kennen gelernt und nun auf ciuer Durchreise ausgesucht. In Wahrheit hatte Cora großen Ein druck aus ihn gemacht und er war ge kommen. um das Terrain zu sondiren. Seine Stellung war jetzt gefestigt und eine elegante Frau aus gutem Hause als Repräsentantin feines großen Ver mögens sehr wün'chenswerth. Diese Cora gesiel ihm ausgezeichnet. Vielleicht tonnte Niemand in diesem Kreise so gut wie Berner echtes Gold von Talmi unterscheiden. Hier war wahre Eleganz, Chick, angeborene und nicht anerzogene Vornehmheit —zudem reizte die noch knospcnhafte Frische des jungen Mädchens den erfahrenen Manr doppelt. Hinter Jngeborgs Sessel stand Lieu tenant von Heyden, und auch seine Augen sahen nachdenklich zu Cora, die mit einem jungen Ofsicier eingehend über ein eben verlaustes Pferd sprach. Würde sie eS lernen, das Hcrzens töchterchen seiner alten Mutter, der Sonncnstrahl in der Klause zu werden? Wenn er sie so im Kreise huldigender Kameraden sah, wollte ihm zuweüen eine bange Ahnung das Herz znsam incnpresscn. Aber dann schlug sie die Augen zu ihm auf, wie eben jetzt, voll und groß, und in diesen schimmernden Sternen stand immer cine süße Ant wort auf die bange Frage, die seine Lippe» noch nie ansgeiprochcn. Sonst pflegte man bei ähnlichen Ge legenheiten bei Waldaus mit einem Tänzchen zu schließen. Auf eine Frage danach erwiderte Cora ablehnend, daS fei der angebrochenen Fasten wegen nicht möglich in Wahrheit sürqtete man die Mißbilligung des fremden Gastes, der wohl schwerlich noch Gefal len am Tanze empfand—, man tönn« aber ein wenig Mnsik machen. Herr von Kern, Sie doch Ihre Zither mit? wandte sie sich an einen der jüngeren Herren. Befehlen, gnädiges Fräulein! rie' derselbe eilsertig aufspringend. Nun. dann steht Ihnen ein Genuß bevor, meine Herrschasten, endlich ha ben sich unsere Ansichten über Schwei zer Volkslieder geklärt und wir wollen Sie an unserer Freude theilnchmen lassen. Ihren Arm, Herr ron Kern. Die ansprechenden Melodieen ernte- ttn lauten Beifall. Cora ließ ihnen noch einige Salonstilcke von Chopin und BrahmS folgen und zeigte eiue glän zende Technik. . Ihr Spiel war wi« sie selbst, sicher, elegant, sogar leiden schastlich, aber ohne innerstes Empfin den. Während sie spielte, bildete sich eine tiefe Falte auf Hellmuths Stirn. Er hatte ein feines musikalisches Ver ständniß lind dieses Salongeklingel war ihm in der Seele verhaßt. Singe noch etwas, Inge, bat er seim Schwägerin, ich möchte gern einen rei' nen Klang mit nach Hause nehmen. Du weißt, ich singe nicht gern in Ge sellschaft. So mache heute eine Ausnahme. Du bist ja glücklich. Fühlst du nicht das Bedürfniß, deinen Jubel in Töne zu kleiden? Für diese Menschen. Heydens Auge schweifte ein wenig spöttisch den Kreis der Zuhörer. Die meisten Mienen zeigten übermäßig gespannte Aufmerksamkeit, einige der Damen betrachteten oberflächlich die aus dem Tische liegenden Kunstwerke. Für mich. Nein, Inge, denke, du singst für Paul, willst du? Wieder stieg eine feine Röthe in die Wangen der jungen Frau, aber willig stand sie auf, ging zum Flügel und wählte unter den Noten. Bald darauf füllten das Zimmer die Töne einer zwar nicht großen aber wun derbar weichen Alistimme. Jngeborg sang Schumanns ergrei fende FrühlingSahnung: „Ucberm Garten durch die Lüste!" Sie sang mit dem Herzen, Glück und Jubel schwelgte die Klänge und der herrliche Schluß, in dem gestilltes Sehnen, erfülltes Hoffen mächtig durchbricht, griff gewaltig ar die Herzen der Hörer. Hellmuths und Coras Augen ruhten ineinander, zum letzten Mal an diesem Abend, denn gleich darauf brachen die Gäste auf. Aber als der junge Offi zier seine Schwägerin sicher nach Hanse geleitet hatte und nun seiner eigenen Wohnung zuschritt, schien ihm der erste junge Frülilingssturm, der verheißend über die Erde fegte, dieselben Worte zuzurauschen: „Sie ist dein, sie ist dein!" 11. Jngeborg von Heyden hatte es nicht weit. Gleich an den sorglich gepflegten Garten, der zu der Waldan'schen Villa gehörte, stieß das Landhaus, welche die verwittwete Frau Hauptmann Kan ten mit ihrer Tochter bewohnte. ES war ein einstöckiges altes Gebäude, zu dem eine Allee uralter Linden führte. Jetzt tobte der Sturmwind durch ihre kahlen Aeste und die Zweige der dem Hause zunächst stehenden schlugen an di-- Scheiben von Inges Eckzimmer. Tie junge Frau hatte ihre Mädchen wohnung behalten. Das zweijährige Commando Pauls war ganz plötzlich gekommen. Seinetwegen war der Brautstand verkürzt worden, noch in den Vormittagsstunden des TageS, des sen Nachtzug den jungen Ehemann zur sofortigen Einschiffung nach Wilhelms haven sührte, hatte in aller Stille die Hanstranung stattgesunden. Da war es ja ganz selbstverständlich, daß Inge bei ihrer schwächlichen Mntter blieb. TaS junge Paar aber wollte sich sein Heim später gemeinsam einrichten. ManchcSeile ihrer Briese trug den Plan zur Möblirung eines Liedlings',ini iiiers: sern auf dem Stillen Ocean, Hilter dem Kreuz des Südens dachte der junge Ehemann sich einen behaglichen traulichen Wohnraum für die angebe tete Gattin aus. Sie trugen cs schließ lich ganz fertig im Herzen, ihr kleines Märchen schloß, und wenn Paul eine Kiste mit sreniden Waffen, eigenartigen Geweben oder eigenthümlichen Gesäßen schickte, schrieb er wohl: „Du weißt, Inge, als Decoraiion in die kahle Ecke links von meinem Schreibtisch!" oder: „Der türkische Shawl kommt über das Tabourct in Deinem Zimmer Geliebte!" So waren die beiden Jahre vergan gen, langsam, wie die Zeit vergeht, wenn wir ein festes, heißerfehnteS Ziel vor Augeu haben, das scheinbar immer in unverrückbarer Ferne vor un- steht, bis cs auf einmal Leben und Bewegung zu bekommen scheint, sich unS entgegcn neigt, wenn wir mühsam die letzten steilen Stlisen erklimmen und nun hin absehen aus den staubigen endlosen Pfad da nuten, der uns jetzt plötzlich sc kurz erscheint! Inge stand vor der großen Photogra phie ihres Mannes, die über ihrem Schreibtisch hing. Wie schnell war doch eigentlich alles gekommen und vergan gen. das Liebesleid und -Glück ihres Lebens, zauberhaft schnell. Wie ein Wirbelwind hatte es sie ersaßt nnd hin nusgeschleudert auf die hohe See des Bangens und Zweifelns, immer, mich in der heiligen Stunde am Altar, hatte sie die Insel der Selige» »ur in nnde- Ferne geschaut, immer wieder hatte eine Welle das schwante Schifflein zurückgeworscn—jetzt endlich winke das milde Licht dcSglnckverhcißendcnLencht thurins, sah sie die Einsahrt in den Schnell vertauschte sie im Nebenzim mer das helle Seidenkleid mit einem Schlafrock, rückie dann einen Sessel vor das Bild, das der volle Lichtkreis der Lampe traf, und zog den Brief ihres Mannes hervor, den sie heute Morgen erhalten hatte. Ihre Händt zittenen ein wenig, als sie die eugbe schricbenen Leiten anseinaderfaltete. „Geliebte! Was sagst Du. wenn ich schreibe: an Bord des Adler? Ja, stanne, iiieuie Inge, ich habe in Bom bay wechseln müssen uud bin sür die Heimreise dem Adler zugetheilt worden! Heimreise! Wie >üß das tlingt! Noch liegen Tausende von Meilen zwischen Tir und mir, aber ich fühle cs un dem stürmischen Pochen meines HerzcnS, es geht heim zu Tir, Geliebte, heim zu Jubel und Glück!. O, daß meine Sehnsucht die adlerstarlen Schwingen ausbreiten dürste rascher als Seiner Majestät Schiff sollte sie mich dahin bringen, wo mcin Herz weilt, daß ich zu Deinen Füßen niederknieen könnte. Deine lieben Hände mit Küfsen bedecken und Dir sagen dürste: Inge, mein angebetetes Weib, endlich, endlich! Noch eine Prüfung ist zu überstehen. Die Olga, der Eber und wir sollen zu nächst einige Zeit vor den Samoa-Jn seln kreuzen, um die beiden Könige, die sich bekriegen, in Schach zu halten. Wozu führen Könige eigentlich Krieg, und noch dazu solche wilden Könige ? Du siehst, Inge, ich bin kaum noch Soldat, nichts lebt in mir, als meine Leidenschaft. Wenn ich die Wache habe und ich schreite auf dem Verdecke auf und nie der in diesen stillen, sterncnsunkelnden Tropennüchten, dann gleitet Dein Bild neben mir her. Lehne ich mich über Bord hernieder zu der dunkelblauen Fluth, durch die unser schnelles Schiff eine leuchtende Furche zieht, so grüßen mich Deine geliebten Züge. Deine Stimme redet zu mir im Brausen des Sturmes, Deine Angen grüßen mich aus den strahlenden Sternen, Dn, wo hin ich sehe, Du um mich und Du in mir, O Inge, wie stark ist das Band der Liebe, das zwei Herzen verbindet für immer! Wohl muß sie Gott uns selbst in's Herz gelegt haben, daß sie Tren nung und Tod überdauert und ewig ist in diesem flüchtigen Erdendasein. Ein Strahl von oben, der unS durchleuchtet und verklärt. Sieh, ich hatte ja nie eine andere Ge liebte gehabt als die See allein! Sie war meiue Braut gewesen, ilir hatte meine knabenhaste Zärtlichkeit, meine leidenschastliche Liebe gehört. Ihr hatte ich mich angelobt für immer—bis ich Dich sah und Deine sansten Augen mich gefangen nahmen. Vielleicht ist sie jetzt eifersüchtig, die Verschmähte, sie singt mir manchmal so wilde Lieder und will sich, wie s scheint, nicht mit dem zufrieden geben, was ich doch allein noch sür sie habe mit treuer Pflicht« ersüllunq. Nur dies eine Mal noch soll sie mich tragen, dann sage ich ihr Lebewohl für immer. Ja, Jngeborg, ich bringe Dir eine Brautgabe mit, die liebste, die Dein Herz sich wünscht: ich nehme den Abschied. Ich Hab's erfahren, was es heißt, Dich entbehren; zum zweiten Mal ertrüge ich eS nicht. Und wozu auch? Mein Ehrgeiz steht nur nach den Kränzen, die mein Weib mir flicht, sie soll dazu nicht Lorbeern nehmen, sondern die Eichenzweige des heimischen Waldes. In der Nähe der Klause will ich mich ankaufen uud ein Leben des Friedens und der Arbeit führen. Wir weisen Hand in Hand gehen, ich weiß es. Habe ich doch bei Deinem Besuch in der Klause Dein Interesse für das Landleben mit frohem Staunen be merkt—Du wirst Dir einen Wirkungs kreis schaffen, der dich beglückt, denn ihr Frauen findet ja euer Glück im Ge ben. O wie das süß sein wird, nach des Tages Arbeit mit Dir auszuruhen in gemeinsamen Plänen, gemeinsamen Erfolgen. So wird künftighin keines einen Gedanken haben, der nicht auch dem andern gehört, und auch unsere Seelen werden eins sein. Inge, zittert Dein Herz in Dir bei diesem Gedanken? Fühlst Du, wie ich, das Rauschen der Leidenschaft Dich durchbeben? Zwei Jahre sind's, daß Du meinen Namen träFt, zwei Jahre, daß ich Deine Hand nicht mehr in der meinen gehalten. Deine Lippen nicht mehr ge küßt. Wird das Leben lang genug sein, um mich die Qualen der Entsa gung vergessen zu lassen ? Weil Du dastandest, an jenem Maienabend, Un ter den Linden in Eurem Garten, Dein Antlitz so weiß, wie Dein Schleier, hie großen Angen voll Thränen —und ich konnte gehen! Keine Heldenthat, voll bracht im Fieberrausch des Schlachtge tümmels. war größer als jener Ab schied. Wie sollte ich mich der Thrä nen schämen, die in Deinen Kranz ge sallcn sind? Da, unter den alten Blu men. stehe wieder, wenn ich heimkehre, und Rosen, glühende Rosen halte in den Händen. Diesen Brief soll der nächste Post dampser befördern, -den wir treffen Er wird wohl bedeutend früher in Deine Hände kommen als eine Kiste, die ich in Bombay ausgegeben habe. Die letz ten Grüße auH dem Orient. Diese weiche blaue chinesische Seide mit der Goldmaler»i wird Dir so gut stehen, meine kleine Fran. In meinen Thrä nen habe ich Dich schon in ihr gesehen. Die zwölf schmalen geschnittenen Sil berringe sieh Dir genau'an. Sie sind Tanschmünze in Indien, die Franen tragen sie an Händen und Füßen. Diese da sind von einem bildschönen schlanken Hindnmädchen mit träumeri schen Gazellenaugcn. Du mußt sie im mer tragen. Inge. Ich will sie über Dein schmales Handgelenk ziehen in Slunden sü>ßer Tändelei, wenn wir zusammensitzcn an unserem Kamin im heimischen 'Norden. Ich habe sie ost zusammenklingen lassen in meinen der ben SeemanMäusteii, dann sangen sie mir leise und silbern ein süßes Lied von Liebesglück. Und da bewundere auch den praktischen Ehemann, echten Thee und Vanille, direkt von der Quelle. Die großen chinesischen Fächer wild Dein Schönheitssinn schon unter bringen, ebenso die Menschen. In den japanischen Kasten kannst Tu. wenn Tu willst, die Mlchqroschen einschlie ßen und in der echten SchildpaNschale Walderdbeeren serviren, denn Du bist Herrin über alles, was mein ist, Ge liebte, jetzt und immer. Und nun lebe wohl. Ich benge mich zu Tir herab und küsse Dir Mund und Augen—lange, lange. Gottes Segen üocrDich, mein Lieb, mein Weib, mein Schutzengel! Gottes isegen über Dich uud sei» Friede uns beiden. Dein Paul." Die junge Frau hatte ihre Lektüre beendigt. Tie Hände um die Blätter gesaltet, saß sie mit glühenden Wangen da, die Augen fest auf das Bild gerich tet. Ihre Lippen bewegten sich wie im Gebet. Der Sturm war immer heftiger ge worden, Mitternacht längst vorüber. Eben wollte Jngeborg aufstehen, als der eine Fensterflügel krachend aufflog, ein eisiger Luftzug das Zimmer füllte und die Lampe, die vor dem Bilde stand, jäh aufflammte und verlosch. Zitternd tastete Inge nach dem Schw efelhölzchen und entzündete die kleine rosa Wachskerze, die zum Siegeln der Briese auf dem Schreibtisch stand. Dabei flog ihr Blick zu dem Kalender, und sie sah, daß unter dem Datum 16. März 89 salzender Spruch stand : Zwischen Lipp' und KelcheSrand Schwebt des Schicksals eherne Hand! 111. Ter Montag darauf war ein klarer, sonniger Frühlingstag. Auf dem Casernenbose herrschte reges Leben, die Packtammern waren geöff net, Monturen wurden ausgeklopft, Soldaten liefen hin und her. Irgend ein „großes Thier" hatte für die nächste Zeit seinen JnspectionSbesnch angesagt, und alles rüstete. Tie Unlerofficiere wetterten und fluchten, die Wachtmeister zeichneten Notizen über Notizen in. ihre dicken, schmierigen Taschenbücher, und auch die Herren Ossicicre standen in einer Grnppe eifrig plaudernd zuiam me» und warten aus den Oberstlieute nant. Eben betrat derselbe mit seinem Ad' jutanten den Hof. Seine Miene schien bewölkt, und auch der schneidige Regi ments-Adiutant hatte etwas Gedrücktes an sich, als er jetzt Heyden zu dein Chei befahl. Verteufelte Geschichte, wandte er sich an die Zurückbleibenden. Eben Extra blatt gekommen, furchtbarer Verlust bei Samoa, drei tüchtige Kriegsschiffe mi' Mann und Maus untergegangen. Man fragte nach den Namen. Eber, Adler und Olga. Im Ver zeichniß der Officiere befindet sich auch der Name von Heyden. Ein ausgeregles Hin- und Herreden begann. Hellmuth von Heyden war beliebt bei allen Kameraden, jeder kannte die innige Liebe zwischen den Brüdern, auch hatte der jüngere bei ge legentlichen Besuchen sich viel Sympa thieen erivorben. Da stürzte der junge Osficier blaß wie der Tod dem Aus gong zu, ohne Gruß an ihnen vorbei. Der geht zu seiner Schwägerin. An genehmer Auftrag. Eine Wittwe trö sten, die nie Frau gewesen. Wird ein schwerer Schlag sein. War am Samstag so glücklich, höre sie noch singen. Und die alte Frau von Heyden, die ihre Jungen so abgöttisch liebt! Wie war'S denn aber möglich, drei unserer besten Schiffe! Was weiß ich, sagte der Adnitant achselzuckend. Windhose —T> ifun jedenfalls sind Schiffe und Bemannung verloren. Ein schwerer Schlag für die jung? Marine. Damit war man auf ein weites Un terhaltungsgebiet gekommen. Der Stoff war noch lange nicht erschöpst, als der Oberstlieutenant näher trat und die Uebung begann. Indessen stürmte Hellmuth von Hey den zn seiner Schwägerin. Unterwegs hatte er ein Extrablatt gekauft und die trockene, geschäftliche Mittheilung gele sen, die doch Unglück und Todestrauer in viele Familien Deutschlands trug. Konnte es denn sein? Sein stolzer, blühender Bruder? Und Inge? Wie würde sie es tragen? Nasch eilte er die Lindenallee entlang und trat durch die offene Thür in den Flur. Eine große Holzkiste stand in demselben, Stroh und Papierfchnitzcl lagen umher, als hätte man vor kurzem noch verschiedene Gegenstände ausge packt. Hellmuth blieb stehen und sah auf dem Deckel der Kiste verschiedene ausländische Postzeichen. Sollte er Auge glücklich finden und ihm seine Botschaft noch mehr erschwert werden? Aber nein, da hörte er lautes Wei nen. Es kam aus der Küche, von wo sich das Mädchen eben näherte, um im Flur aufzuräumen. Als sie ihn er blickte, brach sie in erneutes Schluchzen aus. Ach, Herr Lieutenant, das Unglück, aas furchtbare Unglück! Uii'ere arme Gnädige, sie überlebt eS nicht! Also weiß es Frau von Heyden schon? Das Mädchen nahm die Schürze von den Augen. Die junge Frau? Die hat sich gleich in ihr Zimmer eingeschlossen. Aber die alte Gnädige, der Jammer! Ungeduldig näherte sich Hellmuth der Thür. Inges Mutter war ihm nie besonders sympathisch gewesen. Das hatte er mit am meisten an feiner Schwägerin be wundert, daß sie dieser verbitterten, tränklichen Arau gegenüber, die den Tag mit Klagen ansing und mit Seuf zen beschloß, die in Kleinigkeiten förm lich schwelgte und ein seltenes Talent dazu besaß, sich und anderen das Leben schwer und trübe zu machen, nie auch nur einen Augenblick die Geduld ver lor. Und dabei erkannte Fran Kanten mit dem Egoismus der Krankheit und des Alters diese rührendeFürsorge ihres Kindes nie au ja, sie hatte es Inge nie vergeben, das; dieselbe durch ihre Heirath den Entschluß kundgegeben, auch einmal für andere Wesen zu leben, als nur für ihre Mutter. Jetzt fand er sie im verdunkelter. Zimmer aus der Chaiselongue liege», ihre beruhigenden Tropsen neben sich, den Migränestift in den Händen. Wie können Sie so spat kommen? rief sie klagend. Seit einer Stunde warte ich auf Sie. Aber es nimmt Niemand Rücksicht auf den Jammer einer alten Frau, Jeder dcukt nur an sich. Inge hat sich eingeschlossen und,.. Als sie sein düsteres, blasses Gesicht sah mit der liefen Falte zwischen den Brauen, schien ihr doch einzufallen, daß er als der einzige Bruder des Ver storbenen auch ein Anrecht auf Trost worte habe. Nichts wurde Frau Kanten so schwer, als das ZugestSndniß, daß auch andere unglücklich wären, wenn natürlich deren Mißgeschick auch keinen Vergleich mit dem ihren aushielt. Den noch wollte sie eben einige Worte deZ Mitgefühls sagen, als Hellmuth das Gemach schon verlassen hatte. Life, sllhrt eine Tbür aus dem Schlafzimmer meiner Schwägerin w den Erker? Ja, Herr Lieutenant. Dann führe mich hin. Liefe gehorchte, und bald stand Hell muth in der offenen Thür, die von Jngeborgs Schlafzimmer in das Eck zimmer ging. In dem Raume war wenig von der Ordnung zu sehen, der ihn sonst aus> zeichnete. Fächer lagen in buntem Durchein ander mit Federn und Waffen, über das kleine Sosa siel ein mattblauer, weicher Seidenstoff, und dicht vor seinen Füßen lag eine schmale silberne Spang«, die im Sonnenlicht funkelte. Zu den Füßen des Thorwaldfenschen Christus aber, der die eine Ecke ein nahm, kniete Inge. Die verschränkten Arme lagen auf dem Postament, das Haupt war tief herabgeneigt. Hellmuth trat naher und rief sie beim Namen. Keine Antwort. ' Inge, Pauls Bruder ist bei Dir! Da fuhr sie ans und sah ihn an mit brennenden Augen, aus denen noch keine lindernde Thräne geflossen war. Er hatte Mühe, in diesen vom Schmerz versteinerten Zügen die der sansten Jngeborg zu erkennen. Und Plötzlich, wie ihr Blick sich su chend zu dem Bilde hob, nm das die hellen Strahlen der Frühlingssonne eben eine Strahlenkrone flochten, siel sie Mit einem herzzerreißenden Aufschrei an seine Brust. Er streichelte sanft und zärtlich das weiche Haar, er dankte Gott, daß sie endlich weinen konnte. Als das fas sungslose Schluchzen leiser wurde, sagte er zögernd, wie Jemand, der wenig an den Trost glaubt, den er geben möchte: Vielleicht ist noch eine schwache Hoff nung. Nicht alle werden untergegan gen sein. Da hob sie die feuchten Augen auf und sagte tonlos: Er, ja. Ich sühle es, Hellmuth, er kommt nie wieder. Sie machte sich sanft aus feinen Ar men frei. Kann ich noch irgend etwas für Dich thun, Inge? Da flammte es wie heiße Sehnsucht Über ihr Gesicht. Bringe mich zu seiner Mutter, sobald Du kannst. Noch heute Abend, ich verspreche eS Dir. Ein Händedruck unddiejunge Witlwe war wieder allein. Frau Kanten lag noch immer auf der Chaiselongue. Life war bei ihr und machte ihr kühlende Umschläge. ES wurde Hellmuth schwer, seine Bitte vorzubringen, aber um Inges willen bezwang er sich. Gnädige Frau, wäre es nicht mög lich. wenn Sie mit Inge noch heute für einige Zeit nach der Klause meiner Mutler gingen? Reisen? dieser Jahreszeit auf das Land, nach Ostpreußen., wo noch fuß hoher Schnee lag? Wie konnte man einer allen tranken Frau so etwas zu trauen? Und dann —es war gewiß schon traurig genug für sie, in den wichsten Woche» Inges Verzweiflung ansehen zu müssenaber auch noch den Jammer der alten Frau von Hey den -n hören, das ginge doch über ihre Kräste. lnge gehen könnte aus sie wäre es vielleicht von wohlthätigem Einfluß, und ich würde ihr ja gern das Opfer bringen, mich einige Wochen mit Lise zu behelfe», könnte mir auch irgend eine entfernte Verwandte ein laden! aber jetzt könnte sie ja nicht allein fahren und wo in aller Eile eine pasiend« Begleitung hernehmen? Dem jungen Offizier fiel ein Stein vom Herzen. Inge und feine Mutter ein paar Wochen allein das war augenblicklich der beste Balsam sür Beide. Er erklärte, daß ihm der Oberst lieutenant heute sofort einen inehr wöchentlichen Urlaub angetragen, den er unverzüglich antreten wolle, ver sprach für alles zu sorgen, Inge zum Nachtcourierzug abzuholen und schied beruhigter. Als Mann fühlte »r das Bedürfniß, weniastens für die nächsten Stunden Kopf und Hände beschäftigt zu haben, um nicht unaushörlich dem nagenden Wurm im Herzen lauschen zu müssen Nach einer Stunde ließ er sich bei Oberstlieutenant von Waldau melden. Die Unterredung war kurz, denn sei nem Gesuch wurde mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit gewillfahrt. Als er in dem halbduntlen Eorridor nach dem Mantel griff, flog plötzlich eine schlanke Gestalt ans ihn zn. zwei weiche Arme schlangen sich um seinen Hals sest, als wollten sie ihn nie wieder lassen, und Eoras Stimme flüsterte dicht an seinem Obr: Vergiß mich nicht, Geliebter, und bleibe nicht zu lange fort. Wie ein Traumbild war sie ver schwunden, als eine Thür ging, und wie im Tram» ging Heyden nach seine' Wohnung. (Fortsetzung folgt.) Falsche Auffassung. Ein Förster erscheint, sichtlich angehei tert, bei seinem LandeSfürsten. „So etwas ist mir »och nicht vorgekommen!- bemerkt entrüstet der Fürst. Daraus entgegnet der biedere Förster gemüth lich: „Mir schon östers, Hoheit!" Nachdem Hausball. Mut ter: „Also eS ist noch immer nichts mit dem Assessor: mir scheint, Tu animirst ihn zu wenig!" Tochter: „Aber Ma ma. zehn Mal bin ich ihm auf dem duiiklcn Flur begegnet, mehr kann ich doch nicht thun!" Di« ree-nstruirte Uaravell» de» EotumduS „Santa Maria". Es war ein glücklicher Gedanke, den der Ausschuß zur Organisation der Feierlichkeiten zur Erinnerung an die Entdeckung Amerikas in dem Entschlüsse faßte, ein möglichst genaues Facsimile des ehemaligen Flaggschiffes Christoph ColumbnS' bauen zu lassen. Nachdem die Sache in die Hände dcs Marine ministers gelegt war, wurde seitens des Staates eine Co»,Mission unter dem Vorsitze des LinienschiffScapitänS D. Cefarco Fernandez Dnro ernannt, zu der der Marinemaler D. Rafael Man leon, der Schiffslieutenant Francisco Cardona und der Zahlmeister Francisco Sunico bestimmt wurden. Als Bau ort wurde das Arsenal de la Carraea bei Cadix gewählt und als Leiter der technischen Arbeiten der Schiffsbau- Leopold» Puente ernannt, während Capitän Duro und dem Maler Manleon der archäologische Theil über lassen blieb. Am 23. April 1892 er folgte bereits die Kiellegung und schon am 26. Juni in Gegenwart des Gene ralcapitäus von Andalusien der feierliche Stapellauf. Nicht unbedeutende Schwierigkeiten boten die AuSrüstungSarbcitcn, da jedes an Bord gebrachte Stück in archäologi scher Hinsicht ans die Richtigkeit feiner Erzeugung geprüft wurde. Fingirte Objecte sind streng vermieden morden, und man ist in jeder Hinsicht bemüht gewesen, das Fahrzeug so auszurüsten, wie eS seine Eigenschaft zur Vornahme einer selbstständigen Oceansahrt erfor derte. Zu dem interessantesten Theile der Ausrüstung gehört die Armirung der Santa Maria, welche aus zwei Lombarden, zwei Falconettcii, verschie denen Spingarden und einer der Be satzungsstärie entsprechenden Zahl Arm brüsten, Schwertern, Lanzen, Piken, Helmen und runden Schildern besteht. Die beiden Lombarden sind 1,43 Meter lang, haben 9 Em. Bohrungsöffnung und liegen in Blocklaffetlen, welche keine Höhenrichtung des Rohres gestatten. Diese beiden Geschütze stehen auf dem Hauptdeck unter der sogenannten Schanze und ragen aus engen, kreis förmig ausgeschnittenen Psorten her vor. Nach eingehenden Forschungen ist erwiesen, daß eS im 15. und Ik. Jahrhundert unter den Lombarden so wohl Vorder- wie Hinterlader gab. Bei der Ausrüstung der reconstruir ten Santa Maria hat man die erstere Art gewühlt, indem man sich genau an folgende Stelle der iostruooion usutio» von Garcia del Palacio hielt: „Alle offenen, mit Ladungskammern versehe nen Geschütze können nur am Oberdeck ausgestellt werden, weil sie. wenn sie sich unten befinden, einen Rauch ent wickeln, welcher den Bedienungsmann schaften den Ausblick entzieht. Sie sind daher ebenso wie die Feldschlangen nur auf Track und Schanze zu verwen denldas sind die höchstgelegenen Decks), während sür eingedeckte Aufstellungen Geschütze mit geschlossenen Bodenstücken benutzt werbcn sollen, welche den Rauch durch die Mündung abgeben." Die vier Falconctten der Santa Maria sind ebensatls auf Back und Schanze ver theilt und haben auf den ersten Blick einige Aehnlichteit mit modernen Schnellladekanonen kleinen Kalibers und führen wie diese eine Art Richt banm, der bei den Revolvergeschützen als Schulterstück ausgebildet ist. Diese Falconctten haben i,34m Länge und 7on> Bohrung, sie sind, wie ihre alten Vorfahren, Hinterlader und haben Verschlußstücke, die mit einer Kammer zur Ausnahme der Pulverladung verse hen sind. mDie Lombarden wie Falco netten wari'en entweder Kngeln, die aus einem eisernen Würfel mit Blei mantel best Inden, oder Steingeschosse. Beide Geschützgattnngen wurden da mals auS Stabcisen gefertigt, welches man um eiucn stählernen Dorn schmie d-te. Als Geschützmaterial war Bronze noch nicht in Aufnahme gekommen. Unter den Springarden sind im 15. und 16. Jahrhundert gebräuchliche Feuerrohre zu verstehen, welche Kartät schen feuerten. Sie waren auf Stati ven montirt und konnten an Bord wie am Lande verwandt werden. Ihre Mündung war trichtcrartig erweitert. Als Modell der Spingarden diente ein aus der Zeit der Königin Jfabella der Katholischen stammendes Relief der Kathedrale zn Toledo, das eine be mannte Spingatde vorstellt, während sür die Lombarden und Falconetten oie in der königlichen WaffenhaUe zu Madrid besindlvchen Originale benutzt wurden. Tie schon erwähnten Schrif ten des Garcia, del Palalico und seiner Zeitgenossen haben auch als Anhalts punkte für die innere Ausstattung der Schiffsräume gedient und man hat sich auch bei der Einrichtung der Wohn räume genau an die Ende des 15. Jahrhunderts geltenden Vorschriften gehalten. Sogar wegen der Herstellimg der Matratze für die Koje des Admirals hat man sich Rath aus alten Büchern geholt. Endlich sind getreue Nachbil dungen von Instrumenten, Seekarten, Flaggen, Wimpeln sowie von allen nur denkbaren AuSrüstungSgegenstünden an Bord gegeben, welche die alte Santa Maria möglicherweise geführt habe» könnte. DaS Schiff hat eine Wasserverschie bung von 246 Tonnen und cine» mitt lern Tiesgang von 2.90 m. Bei den Segelproben hat sich die Santa Maria als gut manövrirend erwiesen. Das Schiff wird in diesem Frühjahr selb ständig die Reise nach Amerika zur Er öffnung der Weltausstellung in Chicago machen: die beiden kleinern Schisse Nina und Pinta, welche auf Kosten der Ver. Staaten nach den Plänen Man leons in Barcelona gebaut werden, sollen jedoch von einem spanischen Kriegsschiffe hiiiübergcschlcppt werden, Unterschied. A.: „Ist da» hübsche HauSinädchen etwa Deine Coeur-Dame?"—B.: Nein, aber mcin» Kehr-Damc!- 3
Significant historical Pennsylvania newspapers