6 Akr unser« Krauen. Im Wartesaal des Lebens. Die überwiegende Mehrzahl der männ lichen »nd selbst der weiblichen Kinder »nfereS neunzehnten, des Jahrhunderts der rastlosen Bewegung, haben sicher lich bereits gar manche Strecke Weges «uf der öst- oder westlichen Erdhälfte »»rückgelegt, und sind dabei gewiß auf «e verschiedensten, mehr oder minder »leganten Wartesäle gestoßen. Wo such immer dies gewesen sein mag, die Stimmung, welche der Wartesaal her vorruft, ist stets cine ganz eigenthüm lich erregte, sast niemals gemüthlich oder behaglich zu nennen. Und nicht «ur ergraute, sondern junge »nd recht geübte Reisende betreten sowohl beim Ausgangspunkte jeder neuen Fahrt, »ls auf deren Zwifchcilstationen. mit einer gewissen, nervösen, ungeduldigen Hast, mit jener schwer zu verbergenden Aufregung, den Warteraum. Die Anwesenheit von guten Freun» den. Bekannten oder Familienmitglie dern, welche; dahin kämmen, um Lebe wohl zu sagen und Glück auf die Reise zu wünschen, trägt zwar meistens nicht dazu bei, die Unruhe zu vermindern, doch hat sie den Vortheil, durch das mehr oder »linder verständige, liebevolle Geplauder dem Reisenden die vielleicht recht uuerwünschte Gelegenheit zu rau be», mit seinen Gedanken allein ge lassen z» werden. So geschieht es denn gar lMijig, daß der letzte Eindruck ein bleibender wird, und in der Erinne rung nur die angenehmen Erlebnisse fortbestehen und mitgenommen werden. Währe»d«alles Böse an dem Orte zu rückbleibt, den sie eben verlassen, be sihen gar manche Reisende die schöne Gabe, sich selbst und Anderen auch das Ziel der Fahrt in phantastisch belebten, reizvollen Bildern verlockend darzu stellen. Doch gar viele Andere gibt eS. die weder durch das Spiel ihrer glücklichen Vsrstellungsgabe, noch durch die Ge genwart der Freunde von ihren ernsten Gedanken abgelenkt werden, und diese sind es dann, welche von dem Warte faalsieber gar arg zu leiben haben. Mit zitternden Händen greift der Rei sende nach jener Stelle, die ihm eben wichtiger erscheint, als sein pochendes Herz, »ämlich der Platz, wo Geld und Gut und Fahrbillet sorglich unterge brachf, auch die Unsallsversicherungs police muß sich dabei besinden. damit seine Familie in allen Fällen von etwaigen Entgleisungen, Abrutschun gen und sonstigem Bahnunglück, welch?' ihm wie schaurige Gespenster vorschwe ben. versorgt fei. Dann überzählt er wohl slirnruiizelnd die verschiedeiillichcn großeil Reisekosten, vielleicht sogar un vorhergesehene Verluste, und überlegt, wie viel ihm die Fahrt einbringen müsse, »m all' dies ersetzen zu können. Er möchte gerne vorwärts an die Ar beit, aber der Zug ist noch immer nicht da, man kann nicht einmal einsteigen, sich einen guten, bequemen Platz sichern, wo man auch Licht und Lust und hübsche Aussicht genießen kann. Die Zahl der Mitreisenden ini Wartesaal vermehrt sich inzwischen beträchtlich, der Raum wird unerträglich voll und heiß, unwillkürlich mustert man die Näher stehenden, es sind gar manche kräftige, frische Gestalten darunter, welche auch nur kleine leichte Gepäckstücke zu tragen habe», die werden gewiß rascher den Waggon und einen guten Platz errei chen. Man schiebt unruhig de» Vor hang an dem Saalsenstcr zurück, rüt telt vergeblich an der verschlossenen Thür, die vom Bahngeleise trennt, wie gerne möchte man Gesetze und Vor schriften, Riegel und Schranken durch brechen, Barrieren überspringen und durchkreuzen, um dem Ziele nur etwas näher zu kommen ! Wenn es doch wenigstens anf allen Strecken Parlorcars gäbe, damit es nicht dem bloßen Zufall anheimgestellt bliebe, ob man bei dem Gedränge über haupt mitkömmt, oder sonst gar eine weitere solch' entsetzliche Wartezeit ver bringen muß. Und dann, wer weiß, mit welcher Sorte von Mitreisenden man zusainmengcwürstltwird. vielleicht mit einem gleich der Posaune des jüng sten Gerichtes schnarchenden Manne, oder ewig schwätzenden Damen und weinenden Babics, ach, welcher Graus! Man möchte solcher Schicksalstücke gerne rasch enteilen, blickt immer wieder ver gleichend nach den Fahrplänen, der eige nen und der Bahnhofs-Uhr, bis endlich, endlich ein Zischen, Stöhnen und Pu sten. Schieben, Stoßen, und die schrille Stimme des ThürhütcrS, vielleicht so qar ein Glockensignal, anzeigt, daß man besreit ist von der lastigen Atmosphäre des Wartesaales und man nun hinan stürmen darf die Treppen des sogleich weiterbrausenden Zuges. Solche Bahnhofshallen oder Warte säle sind die Ncujahrsuachte und Tage aus der Lebensreise des Menschen! Ist ein Theil der Strecke zurückgelegt, so finden wir uns vor dem Schalter ein, um das neue Fahrbillet, für die gleiche Zeit güllig, nur mit geänderte»! Reise ziel. in Empfang zn nehmen, aber, wer weiß, ob wir es auch bis zum Verfalls tag werden benutzen können! Und es bemächtigt sich unser, ob wir nun alt oder jung, gleich beim Betreten des Wartesaales eine unerklärliche Aus regung, jene eigenthümlich nervöse Stimmung. Auch hier gesellen sich zu den Wartenden Verwandte und Be kannte, um dem alten, scheidenden Jahre gemeinsam Lebewohl zu sagen und Glück zu wünsche» sür den neuen Lebensabschnitt. Auch hierbei trägt die Gesellschaft optilnistisch beanlagtcr Freunde gar seht! dazu bei, von trüben Dedanken und Grübeleien abzulenken, sowohl Ennncrungen an vergangene Zeiten angenehmer, als auch den Äus- blick in .die Zukunft zu einem vielver sprechenden zu gestalten. Und auch hier wird der ernst Denkende heftiger von dem Neujahrsfieber ergriffen wer den, als sein Bruder Leichtfuß. Mit gewissenhaftem Blick und sicherer Hand wird er sich überzeugen, ob alle Effekten (die Lebensfahrbillete) unter festem Ver schluß. ob auch die Assekuranzpapiere, welche die Familie sür den Fall einer vorzeitigen „Abfahrt" versorgen sollen, in bester Ordnung. - Auch hält er Abrechnung über Ein nahmen und Ausgaben und trachtet durch erneuerte Thätigkeit Verlufte und Mehrgebrauch auszugleichen. Aber auch hier stellt sich, die große Zahl der mitreisenden Concucrenten hindernd in den Weg, jeder will für sich den besten Posten, den günstigsten Platz haben, und nicht überall kann man sich durch Geld einen reservirten Sitz in, Salon wagen des Lebens sichern, sondern ne ben der eigene» Kraft komme» noch Zufall, Glück und äußere Umstände gar oft sehr entscheidend in Betracht. Man möchte auch hier Gesetze und Vor schriften, hindernde Rücksichten über springen. verschlossene Thüren öffnen, um das Weiterkommen z» sichern, und den Schleier der Zukunst so gerne lüf ten, Uni so vielleicht rascher au's Ziel zu gelangen. Auch hier spielen die Reise- oder Lebensgefährte» keine un bedeutende Rolje, und sie können gar sehr dazu beitragen, das Leben zu ver leiden. Darum sehe man sich vor, mit wem man sich zusammengesellt, wenn Pas Glockensignal endlich ertönt und man hinausstürmt aus dem Wartesaal des alte» Jahres dem neuen Ankömm ling, dem srisch heranbrausende» Zug entgegen. Möchten wir Alle darin einen gute», bequeme», sicheren Platz, schöne Allssicht und angenehme Gesell schaft finden »nd das erhoffte, ersehnte, erträumte Reiseziel glücklich erreichen! Frauenarbeit bei der Cos um bus-Au s st «l lun g. Den verständigen und umsichtigen Bestrebungen des Damen-Comites der „Columbus-Fair" ist es nicht nur ge lunge», dlelcbhaftesteThütigkeit sämmt licher sähigen Kräfte der amerikanische» Frauenwelt für sich zu gewinnen, son dern alle Nachrichten von jenseits des Oceans stimmen darin überein, daßl der Zweck, welchen die Präsidentin, Frau Paliner, mit ihrer dicssonimerlichen Europareise verfolgte, nunmehr glän zend erreicht scheint. Es Handelle sich für Frau Palmer hauptsächlich darum, durch ihre persön liche Anwesenheit ein gesteigertes In teresse bei den europäischen leitenden weiblichen Geistern zu erregen, da die vorbereitenden Schritte schon früher durch das an alle Regentinnen, wie auch an die Präsidentin der französi schen Republik ergangene Rundschrei ben bereits gethan waren. Wie wir zur Zeit berichteten, traten in vielen iuropäifchcu Ländern Specialcomites meistens »iiter der Führung der jewei ligen fürstlichen Landesmutter zusam men und fetzte» sich da»» zum Zwecke einheitliche» Vorgehens mit dem Chi -agoer Frauen-Vorstand und später direkt mit der Präsidentin in Verbin »ung. D>cse vereinten Bemühungen der Da men hüben und drüben sind von bedeu tendem Erfolge begleitet gewesen, und wenn wir nachfolgend hören, was Alles geplant, in Aussicht und Angriff ge nommen ist, dann dürfen wir der Vol lendung des Ganzen mit großen Er wartungen entgegensehen. In gewohnter Raschheit war Frank, reich das erste Land, welches ein spe cielles Frauen-Comite bildete; wir fin den unter seinen Mitgliedein Namen, welche die weibliche Intelligenz und Philantropie Frankreichs hervorragend vertreten, so Mrs. und Miß Gliyot, Frau und Tochter des Mini sters für öffentliche Arbeiten, dann Mrs. David, Vicepräsidentin der Ge sellschaft zur Hebung des Frauen looses-, Mrs. Kocchlin Schwartz, Prä sidentin der „Union des Femmcs", zur Unlerstiitzung Verwundeter, und noch die Namen manch' anderer Damen, deren Theilnahme den Erfolg schon quasi sichert. So hofft man unter den großartigen geplanlen musikalischen Er eignissen auch aus eine Wiederholung ver großen „Ode Triumphal", welche zu Ehren der sraiizösische» Republik von Madame Augusta Holmes koinpo nirt und. bei Gelegenheit der Ausstel lung in Paris 188l> mit einem Kosten aufwand von fechzigtausend Dollars ausgeführt worden ist. Diese Summe soll uns wohl versichern, daß sämmtliche Apparate, Kostüme, elektrische Effekte, kurz die ganze Ausstattung wie die mu sikalische Darstellung an Großartigkeit Nichts zu wünschen übrig lasten dürfte. In England finden wir auf der Liste, welche der ainerilanische Gesandte, Mr. Lincoln, nach Chicago sandte, Prinzes sind Christian von Schleswig-Holstein der Königin Victoria) als Präsidentin. Ferner sind sür jeden der auf der Ausstellung zu ver tretenden Felder der Frauenthätigkeit Subcomites gebildet worden und zwar soll die gcsammte Wohlthätigkert unter Leitung der Baroneß Burdett Co»tts, Erzichuiigsmefcn von MrS. Fawcett, Kranken- und Kinderpflege von Mrs. Fenwick, weibliche Arbeiten von Lady Grossenor und einer anderen Dame, dann Kunst, Handwerk und schottische sowie irische Erzeugnisse je unter Lei tung verschiedener hoher Damen zur Darstellung gebracht werden. Als Secretärin des Ganzen sungirt eine Miß Lancaster, welche nun im lebhaf testen Verkehr mit dem Board der „Lady Managers" steht. , Eine der'hervorragcndsten, nach An gabe der englischen Zeitungen sogar unübertresslichen Ausstellungen, ver spricht die der Krankenpflege zu werden, worin England ja notorisch Großarti ges leistet. Unter Anderem soll ein Muster - Krankenzimmer, ausgestattet mit den modernsten, practischen Erfin dungen, auf diesem Gebiete dargestellt und eine nurss" nach Chicagc entsandt werden, um das Ganze auch fachmännisch zu installiren. Da alle Nationen die Ausstellung für Hospital und Krankenpflege beschicken werden, dürfte namentlich dieser Theil des FrauenpavillouS Gelegenheit zu den lehrreichsten vergleichenden Studien geben. Während von Seiten Englands also auf eine möglichst vollendete Darstel lung philantropischcr und sanitärer Einrichtungen das Hauptaugenmerk ge richtet werden wird, hat der General- Secretär der britischen Commission den Damen in ebenso trockener als entschie dener Weife davon abgerathe», auch die englischen Kocherzeugnisse mit in das Bereich der Ausstellungsgegenstiiilde zu ziehen. Also die englische C.oncurrenz brauchen die amerikanischen Köchinnen auf der Ausstellung nicht zu fürchten! Hingegen sollen alle schönen Künste, soweit sie von Damenhand ausgesührt werden, vertreten sein. z. B. eine Büste der Königin, von ihrer Tochter ausge führt, und, wie schon seinerzeit erwähnt, will die Beherrscherin Englands eigen hindige Arbeiten aus ihrer Mädcheu zeit, z. B. Spinn- und Strick-Proben, sowie Malereien zur Verfügung stellen. Ferner macht das Anerbieten eines Mr. Welcome aus London seinem Na men alle Ehre, indem er das in seinem Besitz befindliche werthvolle Porträt der berühmten Jndianer-Häuptlingstochter Pocahantas, welches zur Zeit ihrer An wesenheit in England gemalt worden ist, der Fraueuabtheilung leihweise über läßt. Auch die Bewohnerinnen Irlands wollen hinter ihren englischen Schwe stern nichl zurückbleiben und beabsich tigen also, auf dem Ausstcllungsgrund ein ganzes irisches Dorf zu errichten, welches Unternehme» persönlich von der Countcß Aberdeeu geleitet wird, der zur Unterstützung bei den verschiedenen Vorarbeiten Mrs. Power Lalor znr Seite steht. Die Damen hoffen, indem sie so die Erzeugnisse irischer Haus- und ländlicher Industrie bekannt ma chen, den Bäuerinnen der grünen Insel neue Absatzgebiete für ihre Arbeite» z»' sichern. Nicht minder große Theilnahme hat die Frauenwelt Schwedens .bekundet. Madame Olivecrona, eine Schriftstel lerin von bedeutendem Ruf in ihrer Heimath, theilt mit, daß ihrer Ansicht »ach die Frauen keines Landes besser dazu prädestinirt schienen, Zeugniß von ihrer »msasfeiiden Thätigkeit, namentlich in künstlerischer Beziehung, abzulegen, als gerade ihre Lands männiiieii. Seit Jahr und Tag ist im köiiigl. Schatzamt eine Dame als Graveurin der Medailttn thätig, wäh rend viele Andere es in der Holzschneide kunst zu bedeutender Vollkommenheit gebracht haben. Aps dem Kloster zu St. Birgitta hoffett die Damen eine großartige Sammlung von Spitzener zeugnissen zu erhalten, mit welcher In dustrie sich stets die Nonnen daselbst seit dem vierzehnten Jahrhundert bis auf die neueste Zeit fast ausschließlich befaß» haben. Auch die „Fredrika Bremer Gesell schaft" wird unter Leitung der Grün derin gleichen Namens versuchen, ihre Wirksamkeit in Erhebung der Frau aus geistigem) ökonomischen und geselligen Gebiete anschaulich zu machen. Auch die Frauen der Niederlande wollen im Wettbewerb ihrer Geschlechts genossinnen nicht fehlen, und werden also passend vertreten sein. Und in Rußland wurde von der Kaiserin Madame Nifchnegradsky, die Gattin des Finanzministers, zur Prä sidentin der russische» Jrauen-Commis' sio» ernannt. Man glaubt, daß es geling-» werde, einige höchst seltene ' Kostbarkeiten, welche sich im Privatbesitz reicher Fa milien befinden, zum Zwecke der Aus stellung zu entlehnen und diese Dinge unter Aufsicht einer Vertraueusdam' zur Weltausstellung zu entsenden. Nächstens wollen wir über die Thä tigkeit der Damen in Deutschland, Oe sterreich, der Schweiz, und wo sonst sich auf einem civilisirten Erdenfleckchen Theilnahme an dem großen Sammel werke der Frauen-Abtheilung in Chi cago bekutiden sollte, zu berichten fort fahren. Der Hofnarr unter den Dessauer Hofallen ist folgender drollige von einem Anhalter Förster abgefaßte Bericht, den ein dortiges Blatt wieder gibt. Das Schriftstück l-wtet: „Bericht über ei» in den ferfchtliche» Forschten entdecktes Schwein. Turglaugligster Ferscht, Gnettigster Haar! In unse Forscht ist a Schwein so groß, wie Sieh, durglaugd, in ihrem Läden noch nich gesähe Hann, uns misse Stränge Maasrechelln genummen währe, daß de Pestgenich su megtig werd, sunst verlie ren iner, hol mich der Deubel, alle junge zucht, un da werth uns der Hund was prathen, wenn mer ä mol ene jacht machen wolle geben so Pesähl, daß das Lütter weckkömmt, übrigens verbleibe mit hochBtu>ig Jhr Turglauot unterthänigster W. hochferschtlicher Ferfchtcr. —E in Schwere nöt he r. Com mis (der feine» Prinzipal »m eine Ge haltserhöhung angegangen ist): Im klebrigen liegt diese Ausbesserung mei nes Gehaltes auch ganz in Ihrem In teresse! Prinzipal: Wie so? ConimiS: Weil ich so wie so beabsichtige, dem nächst »m die Hand Ihres Fräulein Tochter anzuhalten! -Nobel. Richter: „Sie sol. len die Tochter des Herrn Commerzien raths auf offener Straße umarmt und geküßt haben!" Strolch: „Herr Prä sident, ich bin ein Ehrenmann und weiß, was ich zu thun habe: Ich werd» six heirathen!" Eigene Auffassung. Vater der Braut: „Wie, zehntausend Mark Schulden haben Sie! Das ist ja uugebelier!" Bewerber tstolz): „Sehen Sie. so viel Kredit haben Sie mir wohl gar »ich! zugetraut!" Gang und Marter der Indianer. Ungemein reich ist der Lieder- und Melodienschatz unserer Rothhäute und bei aller volkstbümlichen Schlichtheit und Naivetät höchst mannigfaltig. Die Indianer sind so recht eine singende Rasse; jede Handlung und Regung, jeder Vorgang, auch das Gräßliche und Schaurige, sowie das scheinbar Pro sajschste und Oedeste sinket bei ihnen aisbald einen verklärenden Ausdruck im Lied. Ist doch schon in ihrer Sprache, reip. ihren Sprachen, so viel kindliche Musik, und stellt doch ihre Fülle bild licher Ausdrücke sie den poesievoUsten Völkern aller Zeitalter gleich. Der Jndianerbaide Sechitee. Wenn man die singende Jndianer welt kennen lernet will, so kann man von keinem der Lebenden bessere Aus kunst erhalten, als von dem alten Sän ger, Erzähler und Heilkünstler der Na vajos, Se,Chi-Tee, der ein förmliche» wandelndes Liederbuch und, wenn man ihn mit entsprechende» Persönlichkeiten des klassischen Alterthums vergleichen will, Homer undAesculap in einerPerson ist. Sechitee ist so alt, daß er seine Jahre nicht mehr genau zählen kann ; aber soviel wissen er und die anderen Rothhäute, daß er mehr als 100 Jahre alt ist. Noch immer schreitet er aber aufrecht und festen Schrittes einher, durchdringend blitzen seine Augen, und er reitet noch flott sein rahnifarbeneS Pony. Er ist ein Hirte und bewohnt mit einer Squaw cine einsame Hütte in den Navajo-Berzen. Keiner ist eine größere Autorität in allen Bräuchen, Kenntnissen und Kräften der Indianer, als er. Folgen wir einem Correfpon dente», der ihn jüngst in Begleitung eines Dolmetschers aufsuchte, in das Versteck des Alten. ' Wir besuchten zuerst, erzählt er, de» ehrwürdigen Navajo-Häuptling Ma nuclito, welcher mit feiner Familie ein Adobenhäuschen unweit des „Skelett thales" (fo benannt wegen verschiede ner Mordthaten »nd mehrerer blutiger Zusammenstößen zwischen Indianern und „Rindslümmeln") und wenige Meilen von der Linie der Santa Fe- Bahn bewohnt. Dieser empfahl uns an de» „Alleswisscr" Sechitee. Es war bei Hellem Moiidenschei», um 75 Uhr Abends, als wir vor seiner Woh nung aiilangtc», wo uns zwei schakal artige Hunde wüthend anbellten. Wir stiegen ab, und cine Squaw öffnete uns lässig. Ter Dolmetscht trat vor den Alten, bestellte die Grüße von Manne lito und setzte ihm auseinander, daß er sich dazu herablasse» möge, etwas von seinen Kenntnissen zu verzapfen, wo für es an einem Trinkgeld nicht fehlen sollte. Der Alte schürte das Feuer in dem kleinen legelsörmigen Ofen, stieß die auf uns kläffenden Hunde zurück, ließ sich auf cine Decke neben dein Feuer nie der und sang in etwas näselndem Tone die Tagwacht der Navajo-Jndianer. Tann aber verstummte er gänzlich und antwortete auch auf gar keine Fragen mehr. „Das kenne ich, er will jetzt Geld sehen," rief mir der Dolmetscher zu. Der Anblick eines SilberdollarS brachte ein Lächeln auf seine verschrumpsten Züge und löste seine Zunge zunächst zu salzenden Worten: „Hals trocken. Alles trocken, dieses Jahr, letztes Jahr, zwei Jahr, kein Mais für Pony, kein Gras sür Schafe, kein Wasser in der Quelle, nie so vorher, der Teufel hol s, trocken, trocken, ganz trocken. Alles versengt, Salbeigras abgeschnitten, weißer Mann hat alles gute Land". Es war die alte trübe Jndianerklage; aber wir wollten Lieder und Geschichten von ihm hören. Noch einmal wurde das rostige Fuhr werk geschmiert! einmal in den richtigen Zug gebracht, war der greise Barde un erschöpflich in Liedern. „Haufen und Haufen voll kann ich," er, und dann sang er mit hellerer gleichzeitig mit einem weich tönenden Stabe aus einen Stein den Takt schlagend, ein indianisches Gäinblerlied. Gar manchmal sitzen di« Indianer die ganze Nacht bis zur Mor gendämmerung beim Glücksspiel zu sammen, und auch bei diesem Geschäst singen sie beständig ihre Lieder, in denen es auch an Tönen der Wehmuth mcht sehlt! Das eintönige Ausheben der Pslaumcnkerue, welche als Zähler die nen, klingt ebensalls im Liede wieder. Wird endlich das Spiel im Tages grauen ausgehoben, »so singen die Spie ler mit Vorliebe die .Elster-Tagwacht", welche beginnt: „Die Elster, die Elster, hier drunten. Des Morgens Fnßstapfen im Weiß ihrer Flügel. Es dämmert, es dämmert!" (Gayelka! Gayelsa!) In den indianischen Worten lieg, flölende Musik, von welcher sich keine Vorstelluug schwarz auf weiß geben läßt. Die „Elster-Tagwacht" ist eines der schönsten und zauberischsten Jndianer lieder, und die Laute des geschwätzigen Bogels sind darin vorzüglich nachge ahmt. Ueberhaupt sind die Jndianer lieder in der Nachahmung aller mög lichen Natirrlaute von We>en und Ele menten groß. Am Marlerpfahl. Nachdem uns Sechitee das „Mnr mcllh>ee-Lied" und das „Lied von der Haubenmeise" zum Beste» gegeben deren Töne, mehr kampstrotzig als ele gisch sind—ging er zu den Marter liedern über, welche in Begleitung Von mehr oder weniger gräßlichen Selbstpeinigungen gesungen werden. Vor Allem bot er uns den großen ,»ooK-v-a-v»m"-Mortcrtanz-Gefang. welcher hauptsächlich in der Geschichte der Indianer der Ebenen so berühmt geworden isi. Ueber den Ursprung des wundervollen LiedeS erzählte er uns: „Als ich ein Knabe Don 10 oder 12 Jahre» war, ich glaube, es war um das Jahr 1804 herum, gab es eine Schaar von Indianern, welche unter dem Namen „Die Flieger' bekannt war; nur etwa hundert Krieger gehör ten zu ihr, aber sie waren die wildesten 'aller amerikanischen Indianer und meist Banditen und Rausbolde vom Sioux- und vom Cheyenne-Stamm. Dabei waren sie die besten Reiter der Ebenen, und sie bewegten sich mit den großen Büffelheerden umher. Niemals ergaben sie sich: sie tödteten entweder, oder wurden selber getödtet, oder auch Beides. Das Geheimniß der Kraft und Ausdauer dieser Handvoll furcht barer Blitzreiter aber lag in den schreck lichen Martern, welche sie sich gegensei tig auferlegten. Sie waren denn auch die Erfinder des „lloolc-s»->um"- Rundtanzes! inmitten dieses Tanzes wurde abwcchZlungsweise.ein Krieger 'am Oberleib an einem Baumstamm oder Ballen aufgehängt, indem ihm ein steinernes Mesjer unter den Brust muskeln quer durchgestoßen, durch die blutende Doppclöffnung ein Strick oder Pferdehaar gezogen, und dieses an höl zernen Knebeln befestigt wurde, welche hoch in der Luft hingen; die Anderen umtanzten singend den dahängenden und schwingenden Helden. (Dieser Brauch hat merkwürdige Aehnlichkeit mit einem, welcher noch heute in Asien unter den indischen Eingeborenen vor kommt, und von welchem die Depefchen- Ipalten jedes Jahr einmal melden, nur daß dort der Büßer an einem Haken aufgehängt wird, den man durch die RückenmuskekN schlägt) Bald verbreite« sich der Brauch wei ter, besonders bei den Sioux, den Gros Ventres, den Nez Perces, den Mun da»S, den Cheyennes und anderen In dianern der Ebenen. Die „Flieger" wurden allerdings noch in den eisten Jahren dieses Jahrhunderts am North Plattefluß sämmtlich abgeschlachtet, wahrscheinlich von den Sioux, fanden aber würdige Nachfolger in der „Canoe- Bande", die sich zu fast noch größeren Schreckensinenschen entnnckelte. Als diese schließlich von den Gros VentreS und den Mandans umzingelt wurden und sahen, daß sie verloren waren, rief der Häuptling seinen Tapferen zu: „Folgt mir!" Sie folgten ihm, Einer hinter dem Andern. Vor ihnen öffnete sich ein großes Loch im Eise des Man gan-Sees, und ein Wasserstrom wir belte rasch darin um. Mit stolzem Schritte trat der Häuptling vor diesen Wasserschlund, verschwand mit Einem Sprung in der gurgelnden Tiefe, und alle seine Krieger folgten ihm nach! Das vermochten sie nur durch den „Hooli-o-»-vu,in"-Tanz. Wer in die sem nicht aushielt, wurde als weibische Memme gezählt. Marter ist eS. was die Knochen der Stärke und des Muthe? ausbaut. ES sind eigenthümliche hüpfende Töne, welche zu diesem Aiartertanz und zu anderen Marterübungeu gesungen werden, Töne, aus welchen lächelnder, scherzender Büßer-Heldenmiith im ver wegensten Sinne des Wortes spricht. Auch in solchen Tönen scheinen sich der serne Westen und der ferne Osten ge wissermaßen die Hände zu reichen. Allerdings sind die Marlerübungen der Hindus im Ganzen ruhigeren Cha rakters und verfolgen einen mehr reli giöfen Hauptzweck. Auch mit Liebcsliedera erfreute uns der WundergreiS. Lieder, die so klangvoll waren, wie da» Schluchzen der Nachtigall. Eines hatte einen etwas verfänglichen Charakter! eS war ein bei den Cheyenne-Jndianern belieb tes Duett zwischen einem verliebten Krieger und der Gattin eines Andern, welche mit einander durchbrennen. Eine der seltsamsten Melodien war darauf das ..Icalp - Tanzlied"! den Scalp mußte dabei ein Hut ersetzen, der aus einen Stock gesteckt war, und in welchen der Hundertjährige tanzte und hüpfte. Erschöpft ließ er sich dann auf seine Decke niederaber seine Squaw bewog ihn, noch das „Lied des Donners" zu,singen» in welchem es heißt: „Thona! Thona! Droben ist eine Stimm», Die Stimme des DcmnerS Jn der dunklen Wolke; Wieder und wieder erschallt st« Thona! Thona! Thona I Thona ! Drunten ist ei» Stimmchen, DaS Stimmchen eines Grashüpfer» Unter den Pflanzen; Wieder und wieder zirpt es, Thona! Thona? Die Gegenüberstellung dieser zwei Stimmen der Natur ist gewiß eine sehr sinnig-naive. Das Lied ist das Lieb lingslied s.iner Squaw. H. W. Beecherimdseknrot'HZirtlgeSEbenbild. Sechitee lächelte verächtlich, als das Gespräch darauf kam, ob der rothe Mann an Witz hinter dem weißen zu rückstände. Er deutete auf eines der Bilder an der Wand. Es war ein Ebenbild des berühmten verstorbenen Kanzelredners Henry Ward Brecher. Und er zeigte auf ein Bild daneben mit bedeutsamem „Sehet," sagte er, „das ist der „Sternensohn", den wir den Henry Ward Beecher der Indianer mit großem Stolz nennen." Und merkwürdig! das indianische Gesicht sah eine verfeinerte Nachbil dung des weißen aus, »ur im Jndia »erfchmuck. Wir verließe» den Alten mit dem Bewußtsein, einen der merk würdigsten noch lebenden Indianer ken nen gelernt zu haben. Dte Zeiten ändern sich, nnd wir mit ihnen. Wie Ameier und Bmeier sich wieder sehen: » Als Gesellen, als Handwerksmeister.. und als Freimaurer. Nrz«, hilf Dir selber! Frau Upperteni Aber der Huste»! Ihres ManneS hört sich wirklich schreck lich an! Frau Van Goold: Das war d»l Doctor, der eben gehustet hat! Verfehlte» Komplimente „Wahrhaftig mein Gnädige, Sie sehe» v»n Tag zu.Tag jünger au»! man sühlt ordcnilich bei Ihrem Anblick de» jüngsten Tag herannahen!" Unbe'treitbir. Feldwebel: .Donnerweiter! Da wollte ich dem Unteroffizier Schmidt noch etwas auf tragen, und jetzt weiß ich nicht mehr was!.... 's ist fcha Uder haft! Wenn man nicht an Alle» selbst denkt, dann vergißt man's!" Falsch verstanden. Käufer: Sie haben dach en KalbSjehirn Herr Meester? —Fleischermeister: Det nich, aber e paar tüchtige Keile für Sie! Wörtlich zu nehmen. Enge Stiefel tragen ist Eitelkeit, der die Strafe auf dem Fuße folgt. Der Atmmetbaum. Der merkwürdigste und einer der wichtigsten Bäume der Insel Ceylon isi der echte Zimmetbaum, der hier seine Urheimath hat und verpflanzt nirgends ein so gutes Product liefert, als hier. Trotzdem daß die Verbreitung des Bau mes beschränkt ist auf die südwestlich« regenreiche Hälfte von Ceylon, ist der Zimmet doch das Haupterzeugniß der ganzen Insel, und durch den Handel' mit diesem feinste» und köstlichsten alle» Gewürze habe» nacheinander gar manche Völker des Morgen- und Abendlandes große Reichthümer erworben: in älterer Zeit die Phönizier, Chinesen, Araber und Muhamedaner, die bis in'S 15. Jahrhundert hinein den Ursprung des Zimmcts als ein Geheimniß eisersüchtig bewahrten, dann die Portug!<icn "iid Holländer, in neuester Zeit aber die Engländer. Im Jahre 1833 hob die englische Regierung das Monopol, das sie in Händen hatt», auf, gestattete den Verkauf von Zimmetland an Privat leute und begnügte sich damit, die Aus fuhr dcs Zimmsts auf die beiden Haupt- Häsen der Insel, Colombo und Point de Galle, zu beschranken, mit einer Ab-- gäbe von 4 Pence das Pfund. Mit dieser Aufhebung des Monopols hörte auch der beklagenswerthe Zustand der förmlich in vier Abtheilungen or ganifirten Ziminebschäler auf, die seit Jahrhunderten als unterste verachtetste Klasse in einer Art von erblicher Sklave rei und in größter Dürftigkeit lebend, an Stelle der Abgaben das mühsame Geschäst des Einsammelns und Präpa rirens des Zimmetö hatten verrichten müssen. Der Zimmetbaum gehört zu den Lor beerbäume» und ist nicht zu verwechseln mit dem ihm sehr ähnlichen, aber größe ren und goldgelb blühenden Karsian bauin, cbenjalls einer Lorbeerart. die auch auf Ceylon hänfig wachst, deren Rinde aber ein weit geringeres Product. die sogenannte Zimmet-Kafsia oder den indischen Zimmet, gibt. Der echte Zimmetbaum ist in den Plantagen an der Westküste gewöhnlich nur 12—16, selten 20 Fuß hoch, uüd der glatt« blanke Stamm nur von der Stärke d?r Haselstaude. Im wilden Zustand» wird er bedeutend höher und ilarler. Am Westgestade, wo er Alles verei nigt sinket, was er bedarf: einen dür ren Sandboden, starke Hitze und häu figen Regen, werden die zur Saat bestimmten Bäume gegen Zoll im Durchmesser und -tö—so Fuß hoch. Zur Blüthezeit, im Januar, find die Wälder mit zahlreiche» weißen Blüthen bedeckt, die an hellgelben Stengeln sitzen und einen sehr angenehmen, aber keineswegs ziminetartigen Duft verbrei ten; im April reift die weuig benutzte, wachholdcrbcerartige Fracht, und im Mai beginnt die Entrindung der Bäume, die bis zum December währt. Aus der Wurzel wird Kampfer bereitet. Der papier- ober pcrgainentdünne. von der äußeren grauen Rinde ziemlich be freite Bast der ein- bis dreijährige» finger- bis daumenstarkcn Sckiö„l»ige, die i» Bündel gesammelt weid.'» gibt in der Sonne gedörrt den Zimmet oder Kaneel. Der im Handel vorkommend» Zimmet ist größtentheils unecht. Man behauptet nicht zu viel, wenn man sagt, daß neu» Zehntel alles in London als Ceylon - Zimmet verlausten Ge würzes Kassia ist, aus China und von der Malabarküste. Gedankensplitter. Sage deinem Kinde weniger, wie sehr du cs liebst, sondern sage ihm, wie sehr du deine Eltern geliebt hast. Dein Dasein kann cs nur verschönen, ' Bleibt es bei manchem Wunich beim Sehnen: Denn die Erfüllung, wie bekannt, Ist der Enttäuschung nah' verwandtl Hätte Gott zur Erschaffung der Welt eine Commission einberufen, die Welt wäre heute noch nicht fertig. Wie weit ist der Werth der Ding« ge»> trennt Von dem Namen, mit dem man sie, nannte: Die Menschen, die man am wenigsten kennt, Die nennt man gewöhnlich Bekannte. Die Kunst manches Schriftstellers besteht darin, zu fremden Gedanken eigene Worte zu finde». Nichts stört so de« Menuß eine», schönen Bildes, al» ein bildschöne». WtU». Trauer oft nicht ahnen läßt, Daß sie Schinerz bedeute, Und bei manchem Freudenfest Fehlt als die F r>e ude. Das Glück wirft einen Schatten »en Neid. Nicht nur sprechen, was nicht wahr ist. sondern auch nicht sprechen, was wahr ist, iß: Lüge. Ein jedes Laster Hai feigen Reiz; Und sei e»auch das schlimmste: Die einzige Ausnahme bildet der G»iz» D'rum Ht er auch daS.dümmste. AlliS Friedlich dem Gro ßen, König von Preuße», der Crimi nalpiocek feines Minister» von Görn« vorg»legt und ihm dabei zu verstehen gegeben wurde, daß dieser den Kopf vnlieren müsse, »rwiderte der Monarch »it einer bewundernswürdigen Geistes gegenwart: „Nein, den Kopf kann Görne nicht verlieren, denn er hat nie »inen gehabt, maa bring« ihn nach Spandau." Sonderbar. Fräulein R. war nacheinander die Geliebte verschie dener Cavaliere und hat sich auf dies» Weise ein f«hr anständiges Vermögen erworben.
Significant historical Pennsylvania newspapers