DtMschr L»eal«achrich»e«. Provinz Brandenburg. Dem KreiSsecretär DyeS in Jlseld ist aus Anlaß des Scheidens aus dem Amt der Eharakter als Kanzleirath verliehen worden. Aus Anregung de« Bürger meisters AugSpurg hat sich in Lehe eine freiwillige Feuerwehr organisirt. Durch das in der Scheune des Gast wirth« W. MüLer („Zum Stern") in Northeim angebrochene große Schaden feuer sind 15 Wohnhäuser mit allen Nebengebäuden total eingeäschert wor den. Das Francke'sch« Hau« ist ferne, durch Feuer und Wasser beschädigt; «benso ist das Bertling'sche Haus vo«t Wasser stark in Mitkidenshaft gezogen. 'Auch die sog. Hauptwache und der Marktthrrm hatten schln Feuer ge gangen. Provinz Ost'P'r e'U ß e». Das Ergebniß drr diesjährigen Erntemn Regierungsbezirk Gumbinnen kann als ein in jeder Beziehung gutes bezeichnet werden. Roggen, welcher dei denkbar günstigstem Wetter einge bracht werden konnte, hat einen überaus reichlichen Ertrag an Körnern, sowie «ine genügende Menge Stroh gebracht. Viele Landwirihe versichern, seit Jah ren nicht eilte so reiche Ernte, wie die diesjährige, «chatten zu haben. Die Klee-, Heu- und sonstige Fntterernte ist gleichsalls bei günstigster Witterung auSgesührt worden und ersetzt, was etwa an Menge inangelt, durch die vor zügliche Beschaffenheit. Der zweite Schnitt verspricht sehr reichlichen Er trag. Die-Kartoffeln stehen durchaus . gut und versprechen einen sehr ergiebi ge» Ertrag. In Heiligenbeil ist das neue Schlachthaus jetzt fertiggestellt und unter entsprechenden Feierlichkeiten er öffnet worden. Der Büreanvorsteher August Schräder in Heinrichswaldr liatte, nachdem die Strafkammer gegen ihn wegen wissentlich falscher Anschul digung eine sechsmonatliche Gesängniß strase verhangt, auf dringendes Bitten feiner Braut den Entschluß gesaßt, mit ihr gemeiiisam i» den Tod zu geh«!. Aus der Rücksahrt von Tilsit sollte das Vorhaben im Eisenbahncoupe ausge führt werden. Jeder der Liebenden feuerte einen Schuß auf sich ab, beide Kugeln trafen aber nur schlecht. Spä ter wurde au der Braut außer der Wunde in der Brust noch eine Schuß wunde au der linken Schläse festgestellt, die, wie sie bestätigte, Schräder ihr auf ihr ausdrückliches Verlangen beigebracht hatte. Schräder wurde vom Tilsiter Schwurgericht zu 4 Monaten Gefäng niß verurtheilt. Das Schwurgericht verurtheilte nach zweitägiger Verhand lung den Eigenkäthner Katkowsky aus Johanilsdorf, der in Gemeinschaft mit seiner Frau sein« Schwiegeri»utter>a>iS erster Ehe, die Altsitzerswittwe Julianne Görke, durch Arsenik vergistete, zum Tode. Die Frau hatte sich während der Untersuchungshaft erhängt. Provinz West Preußen. s In Thorn Oberlehrer a. D. Pro fessor Dr. Faßbender, langjähriges Vorstandsmitglied des Kopernikus- VereinS. SanitätSrath Dr. Wiede mann in Tiegenhos beging mit seiner Gattin das 50jährige Ehejubiläum. In der Nähe des Dorfes Gostoczyn ist ein mächtiges Brannkohlenlager entdeckt worden. Die Kohlen sind von vorzüg licher Beschaffenheit und werden schon jetzt von den Bewohnern der Umgegend in großen Mengen gekauft. 112 In Pantan der bekannte Mühlenguls besitzer Lambrecht. Er war mehr denn 20 Jahre Taxator der Westpreußischen Landschast, Deputirter des Kreises Tu chel und über 39 Jahre Gemeinde vorsteher. Der Sohn des Besitzers Venohr in Schönwalde, der seit länge rer Zeit schwermüthig war, hat sich er? schössen. Provinz SchleHwi g-H o l st e iin. Nach den neuesten amtlichen Feft - fiellungen hat die Provinz Schleswig- Holstein einen Flächeninhalt v«n 18,992 Quadrat-Kilometer. Die Zahl der bewohnten Wohnhäuser und ande rer bewohnten Baulichkeiten beträgt 192,584, und die der Haushaltungen 267,425. Es kommen auf 1 Quadrat kilometer 64.4 Einwohner, auf ein be wohntes Gebäude 7,5 und auf eine Haushaltung 4,5 Einwohner. Vo« verschiedenen Ortschaften unseres Krei ses sind Berichte über die Ernte i« Schleswig eingegangen, nach welchen ider Ausfall derselben ein sehr guter ist; sowohl der Körnerertrag, als auch be sonders das Stroh sei sehr reichlich, so 'daß man auch bei kleinen Hösen meh irere Diemen sehen konnex da die Scheu mcn bei Weitem den Erntesegen nicht isaijcn können. Provinz Schlesien. 'Der Arbeiter Rezinger, dec im Ver pachte stand, die Marie Falle ans Ratt »uitz ermordet und in die zu haben, hat sich am Gesäri'.niß zu Bvieg, wohin man ihn zur Untensnchung geführt hatte, erhängt. Der Tage arbsiter Johann Kohur in Qi?Peln, welcher im GroßstrehliHer Wald? den Leisrinann Ledermann ermordet und ber-aubt hatte und deshakb am 6. April d. I. »om SchwurgerHt zum Tode verurtheilt worden war, jst durch jvn Scharsrichter Reiirdcl aus Magdeburg hingerichtet wordek. Der Kuhwärter Joha» K>l«.psia aut Timmerdors, wel cher seine Frau vergiftet und. um sei« Geliebte Marianne Scholtystek heira then zu köunen, und vom Schwurge richt zu Ratibor we«en Mordes zum Äode rerurtheilt war, hat fei« Ver krachen durch den Tod «nf dem Schaf ft gesühnt. ES war die 23. Hisrich t»«g. welche Scharsrichter Reiiidei in diej-m Lahre vollzog. Der srühere Franz Wanjek im Vororte Ostrox. !>N Ratibor, welcher in Ober- Schwirttah im Kreist Kybnik eine grö» Bere Wirthschaft besaß, dort aber ver armte und hierher übersiedelte, hat feine Ehefrau und den »er Mutkr zu Hilst «iltnden IPjShngen Sohn erstochen. Et entfloh nach der That, wurde aber am nächsten Morgen verhaftet. Provinz Posen. Der Landbriesträger Kollman» in Krone a. Br., welcher seit 14 J«hren im Postdienst angestellt war, lM Post anweisiingsbeträge unterschlagm und die betr. Quittungen gefälscht. Die Bromberger Strafkammer verurtheilte ihn zu 18 Monaim Gefängniß. In dem zwischen Strzynkil und Waldau gelegenen See sind der Fischer RutSki. dessen zwölfjährige Tochter und sieben jähriger Sohn infolge Urnschlageus des Kahns ertrunken. Der Landwirth Strauch, welcher die Verunglückten ret ten wollte, «tränt gleichsalls. Die neuerdaute Eisenbahnstrecke Mngilno- Strelno wurde dem öffentlichen Verkehr übergebe». Die oeuerbaute Dumps»- des Kausmanns Jakob in Ragows ist gänzlich niedergebrannt. Infolge einer Anzeige seitens seinrr von ihm getrennt lebenden Frau ist der Mühlsnbesitzer und Ackerwirth Golisch in Kazmiez, wo im vergangenen Jahre die zweite Mühle niederbrannte, nnter dem Verdacht der Auflistung zur Brandstiftung verhaftet worden. Auf-dem Marktplatz in Schueidemühl fand kürzlich ein Renkoutre zwischen dem BezirkSkoinmandeur, Oberstlieute nant Hossmauu, und dem Landrichter Keber statt. Die beiden Herren.gerie ten in Wortwechsel; bald daraus zog >der Oberstlieutenant blank, und es ent spann sich eine regelrechte Prügelei, bei -welcher sich der Landrichter Keber mit seinem Stocke tüchtig wehrte. Der Oberstlieutenant brachte seinem Gegner eine Wunde am Halse bei. erhielt aber selbst verschiedene Stockhiebe. Em Po lizist, der mit vielen Zuschauern dabei stand, mischte sich erst ziemlich spät ein, trennte aber schließlich die Streitenden. Nachträglich ist wieder zwischen beiden Parteien eine Einigung erzielt worden, so daß gesellschaftlich die früheren Be ziehungen wieder hergestellt sind. Der Gang des Disziplinarverfahrens wird durch diese Einigung jedoch nicht auf zehaltcu. Provinz Sachsen. Aus Schacht 111. der Kaliwerke in Zlscherslebeu kamen die Bergleute Wese mann und Sperling um'S Leben. Die Männer waren mit Verlegung eines Schienenstranges beschäftigt, als sich unvermnthet von der Seitenwand große Salzmassen loslösten, so daß beide Männer verschüttet wurden. In Merseburg feierte der Veteran Gimpel seinen 199. Geburtstag; der Greis blickt aus eine zahlreiche Nachkommen schaft, die znm großen Theile am heuti gen Festtage um ihn versammelt ist. Seiner Ehe sind 1V Kinder entsprossen, denen sich 45 Enkel, !9ti Urenkel und 5 Ur-Urenkel anschließen. Der älteste seiner lebenden Söhne ist einGreisvon 89 Jahren, der jüngste ist 65 Jahre ,lt. Provinz W>cstsl«le n. Vom Schwurgericht'in Hagen wurde der Posthilfsbote Sieper wegen Unter schlagung von Postanweisungs- und Zeitungsgeldern im Betrage von 399 M. zu Jahren Gefängniß verur theilt. Der Angeklagte führte zu sei ner Entschuldigung an, daß er von sei nein geringen Verdienst —ererhieltein Tagegeld von zwei Merk nicht habe leben können und aus Noth gehandelt 'iabe. Nheinp r s wim.z. Dem Begründer des Wttllraf-Ri chartz-Muscum soll in Köln ein Denk mal errichtet werden. Der Stadtrath hat zu diesem Zweck bereits 29,999 M. bewilligt. Frau Julie Kisker, geb. Mollcrus in Köln, hat der protestanti schen Gemeinde zur Erbauung eines protestantischen Krankelchanses ein Ka pital von 90,999 M. als Geschenk überwiesen. —Das Strafverfahren ge gen Dr. Panl Kappes und gegen die Ehefrau Marie Marschall kani vor dem Kölner Schwurgericht abermals zur Verhandlung, nachdem das in der vori gen Tagung des Schwurgerichts ge fällte Urtheil aus die eingelegte Revision der Angeklagten vom Reichsgericht,>auf gehoben worden war. Die Geschwore nen bejahten auch diesmal die Schuld frage. Das Urtheil lautete, wie bei der ersten Verhandlung, gegen Dr. KappeS auf 2 Jahre Zuchthaus, gegen Frau Marschall auf 6 Monate Ge fängniß. AuS Trier wird berichtet: Daß ein Vater eine» oder zwei Söhne in einem Jahre der Militärbehörde zur Gestel lung bringt, ist keine Seltenheit. Dav aber ein Mann in einem Jahre vier Söhne, und zwar alle aus einem Jahrgang, zur Gestellung bringt, dürste wohl nicht allzu oft vorkommen. Die ser Fall trifft bei einem Manne zu, der i« Osann bei Wittlich wohnt. Der Mann, Namens Jakob Müller, ist Maurergeselle und keineswegs mit Glücksgütern gesegnet. Seine Frau gebar ihm.am 10. Januar und am 39. December 1-872 jedes Mal zwei Söhne, weiche lstute kräftig und gesund sind und tzch im nächsten März bei der Aus hebung stellen müssen. —Vom Schwur gericht in Koblenz wurde der Zahntech niker Schmidt aus Köln wegen Brandstiftung, «die er in dem GefchäftS local seiiiLr Frau mis der Lahustraße in der Weihnachtsnacht v, I. verübt hatte, zu 3 Jahren Gefängniß verur theilt. Das neue Einkomiiienstener gcsetz hat für die Skidt Bonn Ä0 Mil 'ionare ergeben. Hesfsn-Rassau. Die Strafkammer i» Kassel »»han delte als B.rusungSinjtunz d>e Beleidi- bezw. Widerklage zwischen dem Liceniiaten Gräbner-Berlin, Bor sitzcude» des „Vereins zur Abwehr des Antisemitismus" und dem Redacteur des hier erscheinenden.Aneisem. Volks bl.", L»uis Werner, sowie dem Drucker Fr. hier. Das Schöffevge>icht hatte den Verklagten Werner zu einer Geldbuße von 200 M. subsidiär 20 Tage Gefängniß, den ?c. Aßhouer zu inner Geldstrafe von 10 M. subsidiär 1 Tag Gesängniß und den ten Gräbner zu 100 M. subsidiär 10 Tagen Gefängniß verurtheilt. Die Kosten des Verfahrens waren beiden Theilen gcmcinschastlich auserlegt wor den. Das Landgericht bestätigte nach langer Verhandlung und Berathung das schöffengerichtliche Urtheil. Königreich Sachsen. ! Der Kaufmann uud Rentier Fischer von Meißen, vormaliger Kassirer des hiesigen Credit- unk Vorschuß-Vereins, in dessen Kassen man im October vori gen Jahres einen Fehlbetrag von etwa 359,999 Mark entdeckte und der sich seit jener Zeit in Untersuchungshaft be findet, wurde vom hiesigen Landgericht wegen Unterschlagung uud Untreue zu einer Gesangnißstrafe von fünf Jahren und zu fünfjährigem Ehrverlust ver urthzilt. Maurermeister Beier i« Meuselwitz hat eines unheilbaren kör perlichen Leidens wegen Selbstmord begangen. Der wegen Verdachts der Brandstiftlliigmn das Amtsgericht ein gelieferte Wirthichaftsbcsitzer Fritzsching in KönigShain wurde in einer Zelle er hängt ausgesunden. Aus dem Bahn hos in Potschappel wurde der Jnstirer Schulz aus Neu-Coschütz übersahren. Demselben wurden beide Beine sowie ein Arm abgefahren, und erhielt der selbe auch noch Verletzungen am Kopfe, sodaß er kaum am Leben erhalten wer den dürste. Auf Seidnitzer Flur wurde der Maurer Leonardo Fratte er mordet und seiner Ersparnisse im Be trage von 350 Mark beraubt aus gesunden. Thüri n gi sch e Staaten. ' Bürgermeister Henschkcl in Grei; ist zum Bürgermeister von Fran kenhausen gewählt worden. In der Nahe des Kammergutes Grochlitz hat sich der srühere Viehhändler Fiitz Her zog erhängt. Derselbe hatte sich, nach dem er die Schlinge um den Hals ge legt, noch eine Kngel in den Mund ge schossen. Herzog wurde wegen Betrüge reien steckbrieflich verfolgt, hatte auch schon vorher wegen Diebstahls Strafe» erlitten. Fabrikant Ernst Arnold in Greiz hat ein großes Grundstück für den Preis von 63,000 Mark käuflich er worben. welches für Wohlthätigkeits zwecke <Anstalt sür Krippe und Knaben- Hort) Verwendung finden soll. He ss em -Darmst a d t. Die 44 Jahre alte Schwester des Stadtmüllers Harsch in Bensheini wurde, nachdem sie sich am Tage zuvor verlobt hatte, in dem durch die Harsch sche Hofraithe fliegenden Stadtbach todt aufgefunden. Nach der gerichtlichen Untersuchung soll die Verunglückte bei dem Wasserschöpsen in den Bach ge stürzt sein, Kranz Joseph Wein von Jügesheim wurde vom Schössengericht Seligenstadt wegen Diebstahls zu einer Gesängnißstvase von 4 Wochen verur theilt. In Kleinhausen wurde ein Bauernverein gegründet und haben sich sosort 8V Personen als Mitglieder ein schreiben lassen. Sowohl in Klein- Krotzenburg als auch in der Filiale Hainstadt herrscht schon seit acht Mo naten der Typhus. Während die Krankheit bis jetzt gutartig verlausen ist, forderte sie hier schon mehrere Opfer; aus «iner einzigen Behausung erlagen ihr schon drei Personen. Die Epidemie wurde sehr wahrscheinlich aus Hanau eingeschleppt, woselbst der Ty phus vor einiger Zeit in einem dor'i gen Hanse constatirt wurde. Königreich Bayern. München: -s der Geh. Kriegsrath a. D. Gustav Gerhänser, ein ausgezeich neter Beamter der bayerischen Militär verwaltung. Ter königliche Käm merer und frühere Senatspräsident des obersten Gerichtshofes, Karl Frhr. v. Gumppenberg. Das fünfte Gymna sium ist im Entwurf fertiggestellt. Es ist ein imposanter Bau mit einer sich anschließenden Turnhalle und einem freistehenden Haus als Wohnung für den Rektor. Hinter das Gymnasium kommt ein großer freier Platz, welcher znm Turnen, Spielen uud eventuell im Winter, mit Wasser übergössen, zum Schlittschuhlausen sich eignet. Der Bauplatz, welcher bereits Eigen thum des Staates ist, befindet sich an der Ecke der Beeihovenstraße und Kai ser Ludwigsplatz. Sobald der nächste Landtag die Mittel bewilligt hat, wird mit dem Bau begonnen, der im Herbst 1894 oder zu Ostern '1895 bezogen werden kann. Der bekannte Bau spekulant Balthasar Sckmid wurde auf Antrag seines Gläubigers Altheimer aus Salzburg zur Ableistung des Ma nisestations-Eides in Personalhast ge nommen. Ans einem Zimmer der im Hause Augustenstraße No. 93 bele genen Wohnung des Stellenvermitt lnngsbüreau-JnhaberS Seger ertönte Vormittags ein Schutz nnd ein lauter Aufschrei, während der Genannte selbst, bleich und verstört die Zimmerthüre -ausreißend, um Hilfe rief. Die Ein itreienden fanden die junge Frau Se ,ger S von einer Revolverktigel durch » Herz getroffen, in ihrem Blvte schwim mend. röchelnd am Bode». Schon «ach kurzer Zeit starb die junge Frau, «hne wieder zum Bewußtsein gekom men zu sein. Wie die Nachbarn er zählen. hatten die beiden Gatten mit einem geladenen Revolver gespielt, der sich Mötzlich entllud und die junge erst 24jahrige Frau in'S Herz tras. Seger, ein ebensalls noch junger Mann von etwa 28 Jahren, soll mit seiner Gattin stets im besten Einvernehmen gelebt haben. Es scheint demnach wieder ein mal ein durch leichtsinniges Spiel mit einer Schußwaffe verursachter Unglücks fall vorzuliegen. Der Buchhalter Wilhelm Schaub, der am 16. August von der Rnmsordmühle mit 6900 Mk. unterschlagene» Geldern durchgebrannt ist. wurde kürzlich in Baltimore ver gastet. Königreich Württemberg. 112 Ein wackerer Veteran von 1866 und 1870, Bezirksfcldipebel Rieaec »!>n Wingen. Da» in d» Badstraße ge legene Wohnhaus des SchreinermeisterS Irißlrr in Freudenstadt ist abgebrannt. s In Friedrichshasen die Vorsteherin >eS »ntcc Proiektorat der Königin Olga siebenden TöchterinstitutS „Pauliuen »ist", Frl. v. Cramer. Daselbst Kornhändler Bosch. —Oberlehrer Wal ker in Geislingen, beging sein 50jähri ges Dicnstjubiläum. Der Liederkranz, dessen Dirigent er früher lange Jahre gewesen, sowie die Kapelle der Würt tembergischeiiMelallwaartnfabrik brach ten dem noch rüstigen Jubilar ein Ständchen. Die bürgerlichen Collegien ließen demselben gleichzeitig mit einer Glückwunschadresse ein Geldgeschenk überreichen. Großes Aussehen hat in Göppingen die Flucht des Redac teurs des „Hoheiistauscn", CappuS, er regt. Cappus war ursprünglich Leh rer, fand in diesem Berus keine rechte Besriedigung nnd wurde, nachdem er einige scharfe Broschüren veröffentlicht. Redacteur des „Hohenstauseu". Auch hier führte er eine scharse, unerschrockene Feder und zog sich dadurch manchen Feind zu. Diese intriguirten gegen ihn nnd Cappus verlor seine Eigen schait als Lehrer. Obgleich er nun als solcher seine militürischellebuiig absolvirt hatte, sollte er nun doch noch drei Jahre dienen. Ans Furcht, infolge feiner po litischen Haltung einem besonderen „Drill- unterzogen zu werden, hat sich Cappus heimlich von hier ents?rnt. Wahrscheinlich nahm er an. daß ihm gewisse Veröffentlichungen über Milita ri« eine wenig angenehme Aufnahme in der Kaserne zuziehen würde».—Der Oetonom Georg Rapp sen. in Göppin gen gerieth unter die Räder seines Fuhrwerks und wnrde so schwer ver letzt. daß er an Verblutung starb. Gr o ß her zogt h um Baden. Der 19 Jahre alte Sohn des Stra ßcnmeisterS Korn von Kieselbrnnn bei Psvrzheim wurde, nachdem er in Eutin gen 60 Mark collectirt hat und sich auf dcni Heimweg befand, im Walde bei letzterem Orte ermordet uud beraubt. Die Leiche fand man i» einem Loche an der Straße mit Steinen bedeckt. Der vermuthliche Mörder, Dieustknecht Karl M. Schüler von Ladenburg, soll sich nach Mannheim begeben haben. —Nach eine»! im MuseuniSsaale stattgehabten Festact, welchem der Großherzog und die Grobherzogin beiwohnten, und bei dem Prosessor Michael Berizays die Ge dächtnißrede hielt, sand in Karlsruhe am 19. November die feierliche Enthül lung des von Bolz geschaffenen und auf dem Platze vor der Kunstschule errichte te» Scheffel-Denkmals statt- An S der Rheinpfalz. Nachdem der langjährige Kassirer der Aolksbank in Edenkoben vor einiger Zeit gestorben ist, ist jetzt uuter 154 Bewerbern der vom AussichtSrath vor geschlagene Herr Kail Flacho von Augsburg erwählt. Zum Director wurde der Kontrolleur der Volksbank, Böckler, uuter gleichzeitiger Beibehal tung seiner bisherigen Stelle gewählt. Der Feldschiitz Franz Schreck in Hambach wurde von dem nach Landau gehenden Schnellzug am „Judenweiher" überfahren und aus der Stelle getödtet. 112 Bürgermeister Limbacher von Imsweiler. In der sturmbewegten „Zeit der Sensenmänner" folgteer fei nem verstorbenen Vater im Amte als Bürgermeister, welches Amt er 22 Jahre ununterbrochen verwaltete. Elsaß-Lothringen. Die Bcrgwcrtsindustrie in den Reichs landen hat in den letzten Jahren einen ersreulichen Aufschwung genommen. Ein schwunghafter Bergbau beginnt sich jetzt auch in den Bogejen zn entwickeln. Gegenwärtig ist man an verschiedenen Orten, so in Thann, Martirch, Wasser burg. Niederdruck, wieder aus Kohlen lmd Erzlager gestoßen und damit ist auch der Gedanke ausgetaucht, dieselben auszubauen. Ein Berliner Geschäft soll u. A. die Ausbeutung der im Kreise Thann belegenen Eisensteingruben über nommen haben. Am wichtigsten ist je doch. daß sich in London eine Gesell schaft gebildet hat, welche die im Leber thal bei Markirch befindlichen Silber- und Kupferbergwerke wieder in Betrieb setzen will. Die Tabakernte im Elsaß ist fetzt beendet; sie ist besser als im Vorl«hre ausgefallen. Die Nachrich ten über die vorjährige Ernte sind jetzt abgeschlossen. Es wurden im Ganzen 1,061,324 Kilogramm geerntet, und zwar aus 49.049 Hektar, was per Hek tar 3298 Kilogramm ausmacht. Im letzten Jahre wurde aus rund 9999 Hektar weniger Tabak gepflanzt als in 1899. Der mittlere Preis betrug für Kilogramm in 1899 am Steuer amtsbezirk Hagenau 49,17, Schirmeck 27,89 Mk. und in Straßburg 29,19 Mk., in 1891 in Hagenau 4 >,48 Mk., in Schirmeck 29.91 Mk. und in Straß burg 25,33 Mk. Schweiz. Auf dem littken Ufer des ZihlkanalS, zwischen Nidau und Brügg, wurde der Leichnam des 29 Jahre allen Edmund Leuba aus Biel aufgefunden. Lenba hatte mit einer Schützengeselljchaft einen Ausflug auf den Tramberg ge macht und es ist noch unaufgeklärt, auf welche Weise er verunglückte. s In Thun Metzgermcister Peter Witten bach. Landwirth Jacob Jschi von Rumisbecg ist ans dem Heimwege aus dem Bnrgerwald Hinteregg, wo er sich beim Holzen unbedeutend am Fuß verletzt hatle, abgestürzt. Die Leiche wurde am Fuß einer steilen Halde mit zerschmettertem Schädel im Steingeröll ausgründen. Die Holzdrahtsabrik des August Karlen beim Brodhäusi wurde durch eine Feuersbrunst total eingeäschert. Die ärmere Bevölkerung von WiinmiS und Umgegend wird schwer darunter zu leiden haben, weil sie theils als Fabrikarbeiter, tdeils als Schachtelmachcr zu Hause das ganze Jahr Verdienst fand. 112 Postdirector Nage in Lnzern. Auf traurige Weise verunglückte Stud. jur. Alfred Durrer von öiern. ein Sohn des Landmannes und a. NationalratheS Durrer. Er las im Hotel de l'Europe, wo er auf Besuch weilte, am offenen Fenster in einem Buche, schlief dabei ein. stürzte hinunter und war augenblicklich todt.— Ein Comite, an deisen Spitze der Pro fessor Dr. Hunziker in KüSnacht bei Zürich steht, hat sich die Aufgabe ge setzt, dem in Luzern verstorbenen her vorragenden Schulmann Dr. Franz Dula ein Denkmal zu setzen. Unter Vorsitz von Ehorherrn Tschopp von Freiburg beschlossen 150 im Großraths saal versammelte Lehrer die Grün dung eines katholisch-schwcizerischenLelz rervereins. Oesterreich. In der Wiener Produktenbranche wird das Verschwinden des Kausman nes Wbert Hirsch lebhast besprochen, der sich insolvent erklärte. Die Polizei behörde erhielt Anzeigen von betrüge rischen Handlungen des Getreidehänd lerS und als das Sicherheitsburea» ihn verhaften wollte, zeigte sich, daß er schon TagS vorher aus Wien geflüchtet war. Albert Hirsch, zn Neutra geboren, 40 Jahre alt, verheirathet, Inhaber einer protokollirlen Getreide - Agentur und -Kommission, Leopoldstadt, Fischergasse >No. 1 etablirt und wohnhaft, hat salsche Wechsel auf die Namen von Verwandten ausgestellt. Bisher wur den solche Acceple im Betrag von 3090 sl. präsentirt, doch hat man Grund an zunehmen. daß deren in einer Höhe von über 20,000 fl. in Uinlauf sind. Auch seine Verbindlichkeiten an der Frucht börse dürsten bedeutend sein. Der Mühlenbesitzer Nikolaus Strnpp in Nenmühlen wurde neulich von einem entsetzlichen Unsalle betroffen. Dessen elsjähriger Sohn Richard kam in einem unbewachten Augenblicke in die Mahl stube, machte sich bei dem im Gange besindlichen Werke zu schaffen und wurde aus noch nnausgeklärte Weise vomTranSmissionsriemen sörmlich aus gerollt. Aus den Schrei des Kindes und als man sah, welch' Unglück ge schehen war, wurde sofort die Mühle zum Stehen gebracht und der grüßlich zugerichtete Körper des Kindes vo» der Transmission losgemacht. Der arme Knabe athmete wohl noch, gab aber bald seinen Geist auf. Der Plautagenbesitzer John Marchallek aus Jamaica, der vor sechs Jahren nach Prag gekommen war, um die Heimath seines Großvaters kennen zu lernen, verliebte sich in die Tochter des hiesigen Photographenhändlers Ehrcnstein, mit welcher er auch nach seiner Rückkehr nach Jainai a einen zärtlichen Briefwechsel unterhielt. Dieser Tage kam Mar challek abermals nach Prag. Da die Braut israelitischer, der Bräutigam christlicher Konfession ist, wurde eine Eiviltranungvorgenommen. Dasßath hauS war schön geschmückt, die Stiegen und Gänge waren mit kostbaren Tep pichen belegt. Vor dem Rathhause harrte eine große Menschenmenge, welche den exotischen Bräutigam sehen wollte. Der junge Ehemann spendete nach der Trauung einen großen Betrag für die Stadtarmen und beschenkte die, MagistratSdiener in reichlicher Weise. Nächster Tage reisen die Neuvermähl ten nach Jamaica. 112 Der Hosbräu- Franz Wanka. Die„AugsburgerAbend zeitung" berichtet: Das lange Aus bleiben des winterlichen Schneesalls be günstigt das Haberfeldtreiben; zwischen Isar nnd Mangsall hört man hier jede Woche von nachtlichen Ruhestörun gen durch die rührig gewordenen Habe rer. Für die Gemeinden, welche zum Schauplatz des geheimen VehmgerichtS geworden sind, bedeutet ein Haberseld treiben eine schwere Belastung, denn das Bezirksamt dekretirt nach solchem Landsriedensbruch regelmäßig nächt liche Patrouillen der männlichen Be völkerung aus die Dauer von sechs Wochen in der Zeit von 10 Uhr Nachts bis 3 Uhr früh. So war es zuletzt in Götting und natürlich ohne Erfolg, wie anderswo auch. Da nun aber kürzlich auch bei Tegernsee getrieben wurde und diesem Orte mit seinen Be ziehungen zum herzoglich bayerischen Hose die üblichen Folgen eines Haber treibens sehr mißlich werden können, so hat die Gemeindeverwaltung Tegernsee eine Belohnung von 209 M. ausge schrieben, welche Derjenige crhält. der wahre Angaben über die Persönlichkei ten der Theilnehmer am Haberseldtrei ben vom 12. aus 13. November bei zubringen vermag. Gleichzeitig ver bittet sich der Bürgermeister anonyme Anzeigen. Einen Ersolg wird auch dieses Geldangebot für Verrath nicht haben. Die Möglichkeit eines Treibens in Tegernsee habe ich vor mehreren Wochen bereits fignalisirt. indem anf die eigen thümlichcSvanuung zwischen den herzog lichen Beamten »nd der Bevölkerung um den See herum hingewiesen wnrde. Hieß eS ja doch in eingeweihten Kreisen, daß die Bauern dem Herzog (Earl Theodor) treiben würden! Ties unter ließen die Leute in einer Vorahnung der Folge» bei etwaiger Entdeckung wenigstens vor dem Schlosse zu Tegern see. Dafür wurde mit der üblichen Bauernpfissigteit das „Treiben" in der Nähe von Tegernsee abgehalten <>uf einer freien Anhöhe links vom Westcr hose. Wem es gegolten, tonnte nicht verstanden werden. Die Haberer ga ben ans fünf Böllern nnd etwa 199 Gewehren kraftige Salven ab und wa ren diesmal auch reichlich mit Fackeln ausgerüstet. Nach jedesmaligem Ab lesen der die Vchme aussprechenden Knittelverse ertönte im EhoruS der ohrcnzerreißende Kits: Wahr is 'S!" woraus die Kanonade wied.r begann. Nach etwa 20 Minuten war das Trei ben aus und die Haberer verschwanden spurlos. Man glaubt, daß das jetzige Treiben weniger der Erfüllung einer alten Zusage, als vielmehr den herzog lichen Beamten galt. Mit dieser An sicht läßt sich auch der durch die Kün digung der Jagdpacht seitens der Ge. meinden verschärfte Conflict vereinen Ueber den Begrisf fentlicher Aufzug" hat der Senat des KammergerichtS aus einem merkwürdi gen Anlaß eine Entscheidung gesällt. In Ottweiler herrschte im vorigen Win ter eine Typhus-Epivemie, die von den Behörden mit prophylaktischen. Maß regeln bekämpft wurde. Vierzehn junge Leute aus Ottweiler begingen nun einen Fastuachtsscherz, indem sie in Verkleidungen, welche nach der An klage eine Kopie der Mitglieder jener Sanitütscommission bildeten, gruppen weise durch die Straßen der Stadt aus die Bacillenjuche zogen und den Erfolg auch durch einen von einem „Englän der" getragenen Bacillus in Form eines hölzernen Aals zur Schau trugen. Die bösen Vierzehn wurden daraus wegen Veranstaltung eines polizeilich nicht genehmigten Auszuges angeklagt, vom Schöffengericht freilich freigespro chen, auf Berufung des AmtSanwaltes aber von der Strafkammer zu Saar brücken Jeder zu drei Mark Geldstraf« verurtheilt. Bei der geringen Entfer nung der einzelnen Gruppcn von ein ander und durch die Art der Verbin dung in den entsprechenden Handlun gen der Angeklagten sei ein Zusammen hang unverkennbar und das Austreten auch geeignet gewesen, die Ansmerk samkeit des Publikums zu erre gen. Es seien also die Kriterien des öffentlichen Auszugs durch erneutes Austreten mehrerer Personen in osten tativer VcrcinigiingSform. die sich in demonstrativer Weise kund gab, gege ben gewesen. Die Vernrtheilten legten Revision beim Kammcrgericht ein. Der Vertheidiger sührte aus. b.-i einem Ausznge im Sinne des Vercinsgesetzes sei nicht nur ein ideeller Zusammen hang der Betheiligten nothwendig, wie ihn der Vorderrichter in den Kostümen und Pantomimen lokal getrennter Per sonen gesunden habe, sondern auch ein realer Zusammenhang der Bctheilig ten. Das VcreinSgesetz verstehe unter „öffentlichem Auszug" Versammlun gen. welche sich sortbewegen oder sich zu einer Gesammtheit real verbunden ho hen. Der Vorderrichter habe den Un-, terschied zwischen dem gemcingeivöhnli chen und dem gesetzlichen Begriff des öffentlichen Auszugs verkannt. Die OberstaatSanwaltschast erkannte zwar an, daß die Feststellungen des Vorder richters allerdings substanziirter sein könnten, erachtete gleichwohl aber doch einen Rechtsirrthum uicht für vorlie gend und beantragte deshalb Zurück weisung der Revision, aus welche daS Kammergericht auch nach längerer Be rathung unter dem Hinweise erkannte, daß die Definition des VorderrichtcrS bezüglich des öffentlichen Aufzugs eine richtige gewesen sei, und daß sonach der in der Revision gemachte Vorwurf eines Rechtsirrthums nicht für zntref iend erachtet werden könne. Im Sommer 1873 wurde hinter dem Schlosse Bellevue bei Berlin die Leiche eines unbekannten Mannes aus der Spree gelandet. Schon sollte der Unbekannte der Erde übergeben werden, da erschien bei dein damaligen Leichenkommissar, Polizeilieutenaiit di Dio, die Frau eines Tischlermeisters R. »nd erkannte mit aller Bestimmtheit in dein Todte» ihren verschwundenen Gat ten. Der Leerdigungsschein wurde er theilt, und R. erhielt seine letzte Ruhe stätte aus dem Petrikirchhose. Das Eigenthümliche bei der Sache war, daß der Verstorbene mit Kleidern angethan war, die ihm nicht gehört hatten. Es fand daher eine langwierige Unter suchung darüber statt, ob etwa R. durch ein Verbrechen um das Leben gekom men sei. Die trauernde Wittwe schmückl« Jahre lang das Grab ihres dahinge schiedenen, das mit einem Denkstein ver sehen waren, und weilte oft in Trauer an dem Hügel. So kam das Jahr 1882 heran und mit ihm der begra bene Tischlermeister. Die Frau traute ihreu Augen nicht, als ihr Seliger leibhaftig wieder vor ihr stand. R., der kurz vor seinem „Begräbniß" mit 'einer Kellnerin nach Amerika durchge gangen war, hatte Reue empsunden, die Hebe jenseits des Oceans sitzen lassen nnd war in die Arme seiner „Äiltwe" zurückgekehrt. Er ließ sei nen Grabhügel von allem Schmucke entkleiden, und e-Z ergab sich denn, daß statt seiner ein Schuhmacher begraben worden war. Am letzten Sonnabend bewegte sich aus den, Südosten ei» Trauerzug nach Rixdors. Diesmal nar R. wirklich gestorben. ZweiEdelste werden vom Berliner Amtsgericht I steckbrieflich ver folgt. Der Eine ist der Schuhmacher geselle Max Karl v. Bergen, gegen den wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung die Untersuchungshaft verhängt ist; der Andere der Kaufmann Bruno Karl Wilhelm von Glafenapp, der sich der Verbüßuiig der gegen ihn verhängten Gcsüngnißstrasen von zwei Monaten and von sechs Monaten entzogen hat. Wir gestatten uns. so schreibt die „Berliner Volkszeitung", bei dieser Ge legenheit das Amtsgericht darauf auf merksam zu machen, daß feine Steck briefe jedenfalls größeren Erfolg haben würden, wenn zwischen der Abfassung nnd der Veröffentlichung derselben ein weniger großer Zeitraum liegen würde. Der Steckbrief gegen den von Glafe napp, am 29. October unterzeichnet, ist erst am 16. November, der gegen den v. Bergen, am 22. October unter zeichnet, erst am 14. November im „ReichS-Anzeiger" veröffentlicht worden. Wir würdigen die Schwierigkeiten voll kommen, die zu überwinden sind, wenn es gilt, eine Verfügung durch die ver schiedenen Kanzleien un) Bureaus von Moabit aus zum „Reichs-Anzeiger" gelangen zn lassen, etwas schneller konnte eS aber in eiligen Sachen doch woht gehen, und als eilige Sachen wird nian Steckbriese wohl ansehen dürseu, sintemalen diejenige», hinter denen sie erlassen werden, es in der Regel sehr eilig haben. Ein den Namen des Gra fen Hochberg dreist mißbrauchender Schwindler stand unlängst in Berlin in der Person des „Schriftstellers" Müller-Lindenberg wegen Urkunden fälschung und Betrugs vor der vierten Strafkammer. Der vor Gericht in ge sucht bescheidener Weise auftretende und in salbungsvollen Redensarten sich ge fallende Angeklagte hat augenscheinlich einen Haiig zu abenteuerlichem Leben. Als er in demselben einmal Schiffbruch gelitten, hat er in Wien seiner Zeit einen Selbstmordversuch gemacht, bei welchem er ein Auge einbüßte. Der Graf Hochberg hat demselben wieder holt Wohlthaten erwiesen. Ob «S wahr ist, wie der Angeklagte behauptet, daß der Gras sowohl als auch der Her zog von Ujest sich für «ein „poetisches- Talent besonders interessirten und ihm sinanziell beisprangen, um ihn in den Stand zu setzen, sein erstes größeres poetisches Wert zu vollenden, mag dahingestellt bleiben. So viel ist sicher, daß der Angesagte sich in Wirsch kowitz ausgehalten hat und in der lei des Rentamts beschäftigt worden bis er wie er sagt wegen seines Augenleidens entlassen wurde. Mit ganz geringer Baarschaft kam er hier her nach Berlin und verstand es. in der i Rolle eines „Privatsccrctärs deS Grafeir ! Höchberg" mehrere Monate hindurch aus aiidevr Leute Kosten ganz gemäch lich zu leben. Er miethete sich hier bei armen Leuten ein und brachte densclben durch Vorweisung vou Bliesen deK Grasen Hochberg die Ueberzeugung bei, daß sie es thatsächlich mit dem Privat sekretär des Generalintendanten z» thun hätten. Daraus hin gelang es ihm sehr schnell, sich Kredit zn verschaf fen, umßeiite zu zahlen. Und das ging so zu. Die Sehnsucht seiner Wirths-- lcute, sich einmal persönlich mit dein Grafen Hochberg über seinen Prinat-- secrctär und dessen Kreditwürdigkeit zu unterhalten, wußte der Angeklagte im mer geschickt zu vereiteln, und als die vertrauensseligen Menschen ihrem Mie > ther schließlich einen Brief an den Grafen mitgaben, da sollten sie nicht ! lange anf Antwort warten. Der An geklagte hatte sich Briefbogen mit den Initialen des Grasen und EvuvertK mit einer Krone anfertigen lassen, nnt» in dem Briefe schrieb der Angeklagte als Graf Höchberg etwa Folgendes: „Es thnt mir außerordentlich leid, Sie auch morgen nicht empfangen zn kön nen, da ich geschäftlich verreisen mutz. Was meinen Privatsecretär betrifft, so können Sie über denselben ganz be ruhigt sein. Ich ersuche Sie, demsel ben nicht mehr als drei Mark täglich vorzuschießen, mit größeren Summen würden wir nur seinem Eigensinn und seiner Genußsucht Vorschub leisten. Bis zu einer Summe von 300 Mark sage ich für denselben gut." Da eS nach diesem Briefe deu Wirthslenteir gar nicht fehlen konnte, so hat der An geklagte mehrere Monate auf ihre Ko sten gelebt, bis der Schwindel an's Ta geslicht kam. In ähnlicher Weife ist ein Eigarrenhandler um Eigarren im Werthe von 72 Mark betrogen worden. Weil es sich hier um einen von langer Hand vorbereiteten Schwindel handelte und arme Leute geschädigt worden sind, verurtheilte der Gerichtshof den Ange klagten zu einem Jahr Gefängniß. Dieser attestirte dem Gerichtshof selbst, „daß das Urtheil nur gerecht sei". Vor ungefähr zweilah ren erhielten die Juden in Moskau die Erlaubniß, eine Synagoge zu er bauen, als der Bau sich aber der Vol lendung näherte, kam der Befehl, dw Kuppel zu entfernen, da dieselbe zu sehr der Kuppel einer russische» Kirche gleiche. Die Juden mußten schließlich die Form der Kuppel ändern und die selbe bemalen. Als min die Leiter der noch in Moskau vorhandene» kleinen jüdischen Gemeinde nach Vollendung, der Synagoge den Polizeimeister uin die Erlaubniß zur Einweihung des Ge bäudes baten, erklärte Letzterer, nach? dem er die vorgelegten Papiere geprüft hatte: „Ja. es ist Alles in Ordnung, Sie können die Synagoge am Montag einweihen." Der Polizeimeister gab diese Erlaubniß schriftlich, als die Inden aber zur bestimmten Zeit in feierlicher Proccssion vor ihrer Synagoge anka men, fanden sie dieselbe voii Polizei bewacht und das Thor mit einem Kron siegel verschlossen. Man wagte das selbe nicht anzurühren, die Inden hol ten sich aber eine Leiter, drückten eines der Fenster ein, und stiegen durch das selbe einer ndch dem anderen, alle in sestlicher Kleidung. Männer. Franen und Kinder, in die Synagoge vollzogen die Einweibung und verließen wieder aus demselben Wege das Ge? bäude. Noch am Abende desselben Ta ges erhielten die zwölf Aeltestcn der jü dischen Gemeinde einen AusweismigS besehl, welcher auch sofort ausgeführt wurde. Einer der Ausgewiesenen, ein in Moskau sehr geachteter Mann, ist 7V Jahre alt. Man schreibt aus Wienr Der jüngst gestorbene Restaurateur Eduard Sacher war ein Gastwirlh. der aus drr Höhe seiner Aufgabe stand. Er reformirte die Wiener Küche nnd dos Wiener Hotelwesen und schuf sowohl in seinem Restaurant mit der mit üppig stem Luxus eingerichteten traulichen <!>>»mt>ros wie mit dein Eta blissement auf dem Konstautiiihügcl im Prater und dem Sacher-Garten daselbst wahrhast großstädtischer Verei nigiittgspunkte sür die elegante Welt. In seincm Restaurant verkehrten Maje stäten uud Diplomaten von europäischer Berühmtheit. So »ahmen im Pariser WeltauSstellungSjahrc Napoleon 111., Zar Alexander, der Sultan, König Ludwig von Bayern :e. bei Sacher, der die Dreher'sche Restauration über nommen hatte, das Diner ein und bei der Wiener Weltausstellung durste er Kaiser Wilhelm I. und Kaiserin Au gnsta, den König von Sachsen, Würt temberg !e. die Specialitäten der Wie ner Küche vorsetzen. 7
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