Dir klrinrn Mtrr. (2. Fortsetzung und Schluß.) Ich freue mich auf die warme Mahl zeit! sagte August. Und ich auf das warme Kaminfeuer! meinte Emil, uud das Märchen vom Schneewittchen, das auch iu Frankreich wohlbekannt ist, mochte ihm lebhaft vor schweben. Aber auch Elise hatte, scheint es, in einen verbotenen Apfel gebissen; aller dings fanden sie dieselbe nicht todt vor, aber auch nicht lebendig, kurzum,. der Vogel war ausgeflogen, das Nest war kalt und die Snppe würde es auch gewesen sein, wenn sie überhaupt Vor hände!» gewesen wäre. Da der Schlüssel nicht iin Schlosse steckte, hatten sie bei der Nachbarin, bei Maman Layre, anklopfen müssen, welche ihn in derartigen Füllen in Ver wahrung hatte. Die alte Frau kam anch gleich heraus, leuchtete den Brü dern in ihr Zimmer und erzählte ihnen, daß Elise vor drei Stunden fortgegan gen und seitdem nicht zurückgekehrt sei. Merkwürdig, sagte Emil; die Vor lesung in der Rue d'Ulm ist längst zu Ende! Wenn ihr nur nichts zugestoßen ist! meinte August besorgt. Maman Layre schüttelte unwillig den Kopf und?in spöttisches Lächeln zuckte um ihre welken Lippen: Ein junges Mädchen von 16 Jahren kommt »icht unter die Rüder....! Tann wendete sie sich unwirsch ab, »m nicht noch mehr von dem zu sagen, was sie dachte. Aber in der Thür ge wann der andere Drang die Oberhand: Meine armen Kinder, ihr habt eure Schwester gar zu schr verzogen! Warum? riefen beide fast gleichzeitig. Knaben-Erziehung Puppcn-Er xiehnng! murmelte sie vor sich hin, ohne anf ihre Frage zn antworten. Das Mutterauge fehlte ihr! Wir haben gethan, was wir konnten! sagte August. Zuviel habt ihr gethan, eure Jugend habt ihr ihr geopfert nnd wer weiß, ob sie es euch danken wird! Wer weiß! dachte Emil, indem er nach dem kalten Kamin schielte. Aber August ries ungeduldig! Das kennen wir ja schon, Maman Layre, nach Ihnen hätten wir sie nach Absol virung der Primärschule in die Drucke rei schiclcn sollen, statt sie für die Comp tabilitat vorbereiten zu lassen. Aler hat sie Ihnen denn gesagt, wohin sie gegangen ist? Bin ich ihre Vertrautc? Dazu braucht sie eine von ihrem Alter, womit nicht gesagt ist, daß deren Rathschläge so gut sind ivie die einer alten Frau. Aber sie mag „Oiroßmuttcru" uun mal nicht leiden, weil ich ihr zu viel in's Gewissen rede, nnd dann lacht sie mir in's Ge sicht.... Aber Maman Layre, unterbrach Emil die redselig gewordene Alte, was haben Sie nur heute gegen Elisen? Hat sie Ihnen auch etwas in die Suppe ge brockt? Das wäre noch immer bester, als gar leine Brocken und gar keine Suppe, ihr armen Jungen, und das empört mich! Ihr arbeitet den ganzen Tag, um ein Fräulein ans ihr zu machen, und sie denkt nicht einmal daran, ihre Er nährer zu ernähren! Ihr solltet ihr eine Köchin halten....! Genug, genug, Maman Layre! rief August verletzt. Maman Layre hat recht, sagte Emil zugleich übellaunig und spöttelnd: «vir wcrdm die Zügel straffer an ziehen. Dazu muß man sie erst in der Hand haben, murrte die Alte in sich hin ein. Sie wird sich wohl bei ihrer Freun din verspätet haben! bemerkte August nachdenklich. Die Alte nickte. Ihr tennt diese Freundin? fragte sie plötzlich. Nein, aber Elise hat uns viel von ihr erzählt! Nun, ich ich habe sie gesehen, nnd Eurer Schwester war es gar nicht recht, daß ich sie vor derselben duzte.... Ach, gar das bilden Sie sich nur ein! Nein, Monsienr August, trotz meiner siebzig Jahre habe ich, Gott Lob, noch gute Augen. Aber was thut es mir! Nicht um meinetwegen sage ich es euch, bcr weil ich sehe, welche großen Kinder ihr geblieben seid. Ihr ahnt nicht, daß sie gerade jekt in ein Alter getreten ist, wo ihr sie mehr als je zn überwachen habt, wo sie besser in's Asyl gehörte statt in die gelehrten Borlesungen. Und wißt ihr. was ihr jetzt am allergefähr lichsten ist? Die schlechten Freundin nen. die schlechten Beispiele und Rath schläge—! Wenn's sofort geht, wird der Vogel bald ausgeflogen fein! fetzte sie, in sich hinriiimlirmelnd, hinzu. Als die Brüder wieder allein waren, sahen sie sich einen Augenblick stnmm an, mit Blicken, welche die Unentschlos senheit über das, was zu thun sei, deutlich bekundeten. Die eben vernom menen Warnungen, deren Berechtigung durch vie Abwesenheit der Schwester bestätigt zu werden schien, der leere Tisch, der kalte eiserne Ofen am Kamin, die Besorgnis;, daß Elisen doch etwas begegnet sein könne, der Conflict zwi schen' der Brüderpflicht, nach ihr zu fayudcu, und zwischen der ehrlichen Arbciterpslicht, den knurrenden Magen zu bcsriedigen, alle diese Gedanken, Empsinduiigen »nd Bedürfnisse ver ursachten in ihren Köpfen eine beinahe drollige Verwirrung. Die Alte hat recht, sagte Emil, in dem er den Wandschrank öffnete, nm nach Brennholz zu spähen: ma» niüßte die Freundin tennen lernen, ich habe schon selbst daran gedacht. Natürlich! erwiderte August unwil lig laß dich nur von Maman Layr« aufhetzen und träne ihr meh" als dei. ner Schwestcr. Siehst du den« nicht, wie sie äuS Bosheit spricht und darüber entrüstet ist, daß die jungen Mädchen nicht zu ihr gekommen sind, um ihr haarklein zu berichten, was die Freun din ist und treibt! Nicht ein Stück Holz, um Feuer an zumachen! rief Emil mit einer Ver wünschung. Nun siehst du doch, daß sie sich immer weniger um die Wirth schaft kümmert und mit ihren Gedan ken anderwärts ist! Sie ist ja nur noch ein Kind und mit nns kann sie sich doch auch nicht viel zerstreuen. Wir waren auch mal jnng wie sie! Die Naturen sind verschieden! Ja, ja! bemerkte Emil seuszend, in dem sein suchender Blick an dem Bild nisse seines Vaters haften blieb: ist es dir nicht aufgefallen, wie sie Papa im mer ähnlicher wird? Wenn sie nun auch so würde,,.. ? Emil! rief August vorwurssvoll. Du läßt ihr soviel Freiheiten, daß e-, mich nicht wundern würde. Was machst d« den» in ihrem Zim mer? Glaubst du, daß sie sich unter dem Bett versteckt hat? unterbrach sich der jüngere Bruder, trotz seiner schlech ten Laune laut anflachend. Ich weiß selbst nicht, was ich suche! erwiderte der andere zerstreut; ich snche Feuer, Essen und ich finde nichts. Einer von uns sollte ihr entgegengehen. Wo? Die Vorlesung ist längst beendet. Ich werde zunächst mal Holz besorg?». Du machst mir Vorwürfe, daß ich ihr zuviel Freiheiten lasse.... Ja, du gibst allen ihren Launen »ach. Gestern noch hast du ihr er laubt, sich eiue» neue» Hut zu kaufe», trotzdem.... Angnst unterbrach ihn ärgerlich: Und du? Du erlaubst ihr zwar nicht, sich einen Hut zu kaufen, aber du selbst taufst ihr eine silberne Armspange, die sie doch noch viel weniger braucht.... Das war für ihren Namenstag. Aber im übrigen würde ich ihr weniger nachgeben als du, wenn ich hier etwas zu sagen hätte glaube mir! Du hättest hier nichts zu sagen, meinst du? Warst du es nicht, Emil, der da rauf gedrungen hat, ihr die freie Ver fügung über die Mirths.hastSkasse zu lassen? Allerdings, aber es war nicht meine Absicht, daß wir fast alles hineinthun, was wir verdienen. Wir verdienen mehr als früher, an sechzehn Franken täglich, und wir essen schlechter und die Casse ist immer leer das kommt da von, daß Du dich nicht getraust, ihr ein strenges Wort zu sagen uud sie häuslich zu erziehen. Maman Layre hat ganz recht! Wer weiß, wie lange dieser Streit noch gewährt haben würde, wen» er nicht glücklicherweise durch Erscheinen des Zankapfels selbst unterbrochen wor den wäre. Aber beeilt Euch doch! rief die unge duldig Pochende, nnd gleich nachdem sie eingetreten war: aber so nehmt mir doch meine Pakete ab! »nd die Brüder, deren Stirn zu ernster Strafpredigt gerunzelt gewesen war, gehorchten ihr geschäftig. Elise war nicht nur körperlich, son dern, wie so viele Pariserinnen zumal der untern Classen, auch geistig über ihre Jahre hinaus entwickelt. Ihr hübsches, aber nubedeutendes Gesicht zeigt? wenig seelischen Gehalt nnd ihr Wesen hatte etwas Unruhiges, den» Schmetterling vergleichbar, der nicht findet, was er sucht, und dem, was er berührt, keine Aufmerksamkeit schenkt. Das junge Mädchen war nach der neue sten Mode gekleidet, einfach, aber doch bedeutend eleganter als eine Arbeiterin. Aber Elise..... begann August, doch sie ließ ihm nicht die Zeit zu einem Vorwurf. Ja. ja. ich habe mich verspätet, seid nicht böse! Ich werde euch zeigen, was ich gelaust habe! Und sie machte sich hastig daran, die Bindsäden zu lö sen, welche Hut, Schachtel und Pakete verschlossen. Aber ich sehe nichts zu essen! brummte Emil. Doch, dort dort im Paket. Ich habe euch nicht vergesse».... Und die Snppe? unterbrach sie der Bruder, der in dem kleinen Paket nnr Brot und talten Aufschnitt vorgefunden hatte. O, für einmal müßt Ihr sie nun schon entbehren. Seht nur, was ich für euch gekauft habe! Und sie zog zwei schöne bunte Cravatten hervor. Wie, du warst im Lonvre? fragte August, der die Geschäftsmarke entdeckt hatte. Ja, ich ziehe ihn dem Von Marche vor jenseits des Wassers ist'S vor nehmer. Hesallen euch denn die Cra vatten nicht? Ihr sagt ja nichts. Komm, Emil, daß ich sie dir umbinde, die jungen Herren machen sich jetzt selbst die Schleife! Laß mich! sagte Emil etwas un freundlich: was die Stutzer machen, das brauche ich ihnen »och lange nicht nachzumachen! O, du Garstiger! rief sie schmollend, aber trotzdem eifrig die Hutschachtel öff nend. Sie hat ein gutes Herz. Was ver dirbst du ihr die Freude, Emil, sagte Augnst vorwurssvoll. Weil mir eine Cravatte zum Essen nicht genügt uud gegen die Kälte auch nicht! Wenn ihr so hungrig seid, so Heist mir doch, den Tisch decken. Wie findest du meinen neuen Hut, August? Be schmutze ihn nicht! rief sie hastig, ihm den Hut ans den Händen reißend; warte, ich will ihn aussetzen. Man sollte meinen, daß du SI),V<)(Z Franken Rente hast! bemerkte Emil, ohne daß seine Schwester auf den darin enthaltenen leisen Vorwurs geachtet hätte. Was hast du deim da in den? dritten Paket? Zuerst essen, rief Emil. Rathe, was darin ist, August! Vermuthlich eine gerüffelte Poularde, um uns für die Suppe zu entschädigen, rieth Emil. Sieh! rief Elise, leuchtenden Auges eine rosafarbene, spitzenbesetzte Matinee hervorziehend, nicht wahr, das ist hübsch? August runzelte die Stirn. Ich versichere dich, sie ist nicht theuer? rief sie hastig, ihn mißverstehend. Das ist hoffentlich nicht für dich, be merkte August ernst. Freilich, warum denn nicht? Für den Morgen, um Einkäufe zu machen. Damit willst du ausgehen? Wie du fragst! Meine Freundin hat auch eine und .... Ah! unterbrach sie Emil mit eigen thümlicher Betonung—deine Freundin geht mit so auffallender Tracht aus? Ich kannte sie nicht,^—nun weis; ich Be scheid. Du hast dir da eine schöne Freundin angeschafft! Elise ivard sehr böse. Sie hat sie nicht gestohlen, und ich denke, sie kann sich kleiden, wie es ihr beliebt! Sie —ja, aber du nein! erwiderte Emil streng. Das hängt von August ab ! rief sie mit einem bösen Blick' Die so oft mit Glück versuchte Ver hetzung der Brüder wollte diesmal nicht gelingen. Die Warnungen Maman Layres hallten in Augusts Ohren noch lebhaft nach. Mein Elischen, sagte August be schwichtigend und fast mit bittendem Ton, sieh mal, Emil meintS ja nicht so schlimm, aber du mußt ja selbst ein sehen. das; ein junges Müdchen.wie du, welches gute Beispiele in der Rue d'Ulm vor Augen hat, keinem so schlechten Beispiel folgen darf.... Aber ich versichere dich, daß Titine.. „Da meinst Ernestine?" unterbrach sie Emil, unangenehm berührt durch diesen vertraulichen Ton. „Sie be sucht mit Dir die Vorlesungen." „Nein, aber sie ist sehr nett zu mir, ihr Vater ist Beamter, trägt eine Livree." „Pah, Beamter!" rief Emil gering schätzig. „Er Verdient vielleicht weni „Laß doch das, Emil", sagte der ältere Bruder in vorwurfsvollem To». „Darum handelt es sich ja nicht. Siehst Du. !)li e—-Du, Du hast etwas zu thun. Du kümmerst Dich um unsern Haushalt, aber wenn man nichts zu thun hat, wie Deine Freundin, das führt anf Abwege!" „Aber Angnst, ihre Mutter macht ihr ja sogar das Bett, und hat ihr ertra verboten, sich die Hände durch Waschen und Nähen zu verderben wie ich!" Emil runzelte die Stirn. Na, du überanstrengst dich nicht Und was wird aus ihr werd.'», wenn ihre Eltern todt sind? Vermuthlich, wg-Z sie jetzt schon ist, fügte er mit einem- Ausdruck der Geringschätzung hinzu, anstatt seiner Schwester die Frage beantwortend. Du glaubst nicht, wie besorgt wir nm dich waren, sagte August, welcher fand, sein Bruder gehe zu weit, und der das Gespräch abzulenken suchte; beinahe wäre einer von uns nach der Rue d'Ulm gegangen, um Erkundigun gen einzuziehen.... Wie? In diesem Kostüm? rief das junge Mädchen mit unwilligem Stau nen. Nun, ich denke, sagte Emil, der mit seiner Knoblauchwurst gewaltige Bisse» Brot i» dcii Mnnd steckte, »nser Kostüm macht dir keine Schande, wir haben unsere Blnsen in der Druckerei gelassen, und wir sind rein. Sollen wir uns etwa sür die Schwester einen Frack an ziehen? Mit diesem Kostüm verdienen wir deine Hüte und deine rosenfarbenen Matinees. Nun schämst du dich wohl unserer schon, weil wir nnr Arbeiter sind. Das kommt von den gnten Freundinnen. Elise schnitt ein Gesicht, antwortete aber nichts. Aber Emil! sagte August, und da er sie ihren Teller trotzig fortschieben sah, laß deine Schwester doch wenigstens ruhig essen! Ali.'r der junge Mann war heute übelgelaunt, und ohue auf des Bruders Vorwurf zu achten, rief er heftig und die Bedeutung jedes Worts durch ein Klopfen »iit dem Messergriff bekräfti gend: Dein Umgang mit der Hreuudiu muß aushören! Elise antwortete auch jetzt nichts, aber sie war hastig aufgesprungen und wäh rend ihr die Thränen in die gelbschwar zen Augen traten, packte sie ihre Ein käufe mit hastigen Gebärden wieder zu sammen. Was thust Tu denn? fragte Angnst verwundert. Ich will die Sachen wieder zurück tragen! Unsinn! was man hat, behält man. komm, setze Dich und iß! Das war freilich nicht die Art, um ihren Trotz zu brechen. Ich will nicht, daß man mir meine Einkäufe vorhält. Ich will anziehen, was mir gefällt, und will umgehen, mit wem es mir gefüllt. Wenn man Emil sprechen hört, sollte ma» »leinen, daß er alles bester versteht! Man kann nicht einmal rnhig essen, klagte August. Ihr zankt Euch immer wie die Kinder. Laß sie doch in Ruhe, Emil, sie hat ja nnn verstanden, was wir wünschen, und da sie eine gute uud gehorsame Schwester ist. wird sie den Umgang schon ganz von selbst aus geben ! Ich werde thun, was mir beliebt! Das fehlte nur noch! dachte Elise trotzig und verschwand im anstoßenden Zim meren. August sah ihr bekümmert nach ; das Zimmer war kalt, die Mahlzeit gestört, das geschwisterliche Familienleben ge trübt, und all sein Unwille richtete sich gegen den Bruder: Wie du brutal gegen sie bist! Du verstehst ein junges Mädchen nicht zu nehmen. Da gewiß noH viel weniger, d.um »tc der ede»sa>l.s die Eßlu>i lkrlo-en hatte, Du bist zir schwach gegen sie, sie fürchtet dich nicht, und immer nimmst du Partei gegen mich, sodaß auch ich keine Autorität besitze, und ich gebe doch immer eben soviel in Sie Wirthschaft, wie du. Nun bin ich an der Reihe, abge kanzelt zu werden, nicht wahr? Das arme Ding muß doch Umgang haben! Natürlich, aber nicht grade mit einer Dirne, die sie uns abspenstig macht! Wir haben eZ uns genug ko sten lassen, »in sie groß zu ziehen, da fehlte es nur noch, daß sie anch so würde wie die andere, dazn brauchten wir wahrhaslig nicht soviel Schulgeld zu zahlen! Wohin gehst du? fragte August ver wundert. Ins Case! Mich friert es hier und ich muß etwas Warmes im Leibe haben. Und August blieb allein, denn die Schwester, die einen Augenblick das Ohr an'S Schlüsselloch gelegt hatte, hatte sich schmollend zu Bette begeben; der Bruder hatte ihn grollend verlassen. Und er saß wieder einsam am Fenster, wie vor zehn Jahren, aber fröstelnd und »iit dem Blick auf verschneite Dä cher, und er konnte nicht begreifen, warum er von denen verlassen werde, sür die er ausschließlich lebte und webte. Nie war ihm der Gedanke gekommen, daß er Heirathen könne, und als man ihn darauf gebracht hatte, war er in ein Helles Lachen ausgebrochen. Er, der Vater ElisenS, hcirathen, und vielleicht gar eine, die zusällig auch Elise geheißen hätte? Nein, nein, das hätte jedenfalls eine Elife zu viel gegebeu. ES war schon so nicht leicht, seine Liebe unter die beiden Geschwister zu vertheilen, und der Löwenantheil derselben kam, allerdings ohne daß eS in seiner Absicht lag, schon ohnehin auf das Schivesterchen, welches damals, als er am Sterbebett der Mutter sei» Ge lübde that, noch so ganz hilflos war, während Emil schon kräftig arbeiten konnte. Wieder blickte er über die mächtige Dachrinne hinweg träumerisch in den Himmel hinein, der nicht größer schien, als ein winziges Pariser Hintergärt chen, und wie dieser winterlich grau aussah. Uud wieder kam ihm der Gedanke an die Mutter uud er seufzte tief auf. Wie verstand er als Fami lienoberhaupt jetzt ihre Sorgen! We nigstens hatte er keine materiellen wie sie, aber die anderen —die Verantwor tung—», das war doch gar zu quälend! Wenn Mama Layre, wenn Bruder Emil nun doch recht hätten! Ja, ja, diese Freundin war seinem Abgott gefährlich, die rosafarbene Matinee war ein leben diger Beweis dafür und ElisenS Trotz auch uud ebenso die Knoblauchwurst, die auf ihrem Teller unberührt lag, unt während er sich den letzten Rest des Li ters Wein einschenkte, entschloß er sick zum ersten Mal in seinem Leben, dem Schivesterchen nicht nachzugeben und da» Verbot, mit der Frenndin fernerhin zu verkehren, energisch aufrecht zu erhal ten. Er konnte ja überdies auf di> Unterstützung des entschlossenen Bruder» rechnen. Als die Brüder tags darauf aus de» Druckerei zurückkehrten, fanden sie das Nest wieder kalt und leer und auf dem ungedeckten Tisch einen Brief, der se gesaßt war: „Liebe Brüder! Aus der gestrigen Scene habe ich erkannt, daß ich Euch entzweie, nnd das darf nicht ferner sein. Ihr wollt Eure Ruhe haben und ich meine Freiheit. Ihr bringt mir Opser, aber auch ich, indem ich Euer Dienst mädchen bin und im engen Kämmer chen wohne. Ich fühle mich zu Hö herem berufen als Eure Kasserollen zu waschen, und ich mag es nicht, daß man mir seine Wohlthaten vorwirst. Gebt Euch keine Mühe, mich zu suchen, denn im Augenblick, wo Ihr diesen Bries lest, bin ich schon über die Grenze. Besten Dank uud Adieu. Eure Schwe ster Elise." Wieder sahen sich die Brüder lange an, ohne ein Wort hervorbringen zu können, und unwillkürlich hielten sie den Athem an, wie nm aus hastige, von der Reue beflügelte Schritte aus der Treppe zu lauschen. Aber die Flüch tige, die Verlorene kam so wenig zurück wie einst d?r Vater, nnd sie vernahmen nur fröhliche Männer- nnd Franen stimmcn, die ans der gegenüberliegen den Studeiiteuwohiiuiig vorbedeulungS .voll hcrübcrtöntcn. Undankbare! murmelte August, in dem er auf einen Stuhl sank. Aber Emils Unwille äußerte sich iu minder crgcbungSvoller Form. Elise über die Grenze? rief er hastig kein Gedanke! Zur Freundin ist sie geflüchtet! Wir werden sie mit Gewalt zurückführen, und wenn wir uns an den Polizei - Commifsar wenden müß ten! An den Polizei - Commissar, mur melte August o, daß es dahin kom men mußte! Und diesmal ganz ihren hungrigen Magen vergessend, beriethen sie hin und wieder, wie es am besten anzufangen sei und möglichst ohne Aussehen. O, der Schande vor den Kameraden, vor den Hausbewohnern! Wie Maman Layre trilimphiren werde! Und wenn es ihnen nun gelänge, die Flüchtige wie der in ihre Gewalt zu bringen wer weiß ob die, welche sie wie ihren Augapfel gehütet zu haben glaubten, inzwischen nicht schon zur Dirne herabgesunken war! Bei dem bloßen Gedanken ballte sich ihre Faust wider den uubekannten Verführer und in einer Anwandlung zorniger Ver zweiflung rief Emil sogar: Ucberlassen wir sie ihrem Schicksal! Sie gleicht ihrem Vater uud darum ist sie nicht zu retten! Wie er den Unsrie den in uiisere Familie trug, so hat sie uns entzweit! Ucberlassen wir sie ihrem Schicksal, damit wirs nicht mit ansehen brauchen, wie sie allmählich immer tie» ser sinkt. ?'a «st war «»fgestanden und S« Ausdruck seiner etwas trägen Züge ward vergeistigt und beinahe feier lich: Vergaßest du unsers Gelübdes? Du haft recht, erwiderte der jünger,, Brnder, dessen Zorn bei dem ökdaiiken an die sterbende Mutte? schnell ver raucht ivar. Ja man imirde uns aus unserer Gleichgültigkeit für die. welcher mir unsere ganze Jugend geopfert ha ben, einen schiiccren Vorwurf machen. Wir sind verpflichtet, für ihrr Rettung alles zu thun, >v«S in unser,r Macht steht. Und was hindert uns, fuhr Mignst fort, wieder gute Brüder zu f«n wie ehedem und sie mit vereinten Kräften dem Verderben zn entreißen? Gerade der Umstand, daß wir iminer nririnig, waren über das, was ihr dienlich ist, verdarb sie uns. Ja, Bruder, rief Ennt, die dargebo» tene Hand innig drückend, von nun an wollen wir zusammenhalten, und eü müßte wunderbar zugehen, wenn der Wille von z»vei Männern nicht mächti ger wäre, als der eines verwöhnten, sechzehnjährigen Mädchens! Sie waren gerade im Begriff, eine Forschungsreise anzutreten, als es an ihre Thür klopfte und ein Beamter der Sittenpolizei in bürgerlicher Tracht ein trat. Er theilte ihnen mit, daß ihre Schwester bei einem polizeilichen Streis uig in Moulin Rouge, einem bekannten Pariser Ballhaus, verhaftet worden war und sich von dem Verdacht, eine Dirne zu sein, durch die Berufung auf ihre Brüder zu reinigen versucht habe. Ob es damit seine Richtigkeit habe? Gott Lob, daß sie gleich verhaftet Avei Stunden darauf befand sich das junge Mädchen wieder in dem Dachzim mer der Rue Saint-Jacques, das ihm im Vergleich zu der widerlichen Pro miscuität des Polizrigewahrfams als ein Paradies erschien. Ihre Augen waren geröthet, ihre Lider geschwollen, und sie schämte sich, und zwar um so mehr, als ihr die Brüder auch nicht den ge ringsten Vorwurf gemacht hatten. Hät ten fie ihrer eigenen Eingebung gehorcht, so würde es vielleicht nicht ohne einige, von kräftiger Arbeiterhand verabreichte Püffe abgegangen sein. Glücklicher weise war der Polizeibeamte, mit de», sie nach dem Polizeidepot gefahren wa ren, ebenso einsichtig, wie erfahren.' Ziehen Sie Bortheil ans der derben Lection, welche der Zufall in der Ge stalt eines meiner Kollegen ihr im Moulin Rouge ertheilt hat, sagte er; lassen Sie Ihre Schwester den Gegen satz zwischen der unbarmherzigen Ge heimpolizei und der brüderliche» Barm herzigkctt recht deutlich empfinden. Seien Sie mild, ab.r energischer als zuvor, und da Sie mich fragen, was das beste Mittel ist, um sie vor neue» Abwegen zu bewahren, so muß ich Ih nen sagen, daß Sie eS besser kennen als irgend Jemand sonst, »nd daß Sie nur de» Wald vor lauter Bäumen nicht sehen: die Arbeit. Liebe Elise, bemerkte Emil nach der schweigsam eingenommenen Mahlzeit, die Niemanden recht schmeckte, mit lei ser Ironie: Dir fehlt etwas, denn sonst würdest du uns ja nicht verlasse» haben, und wir wissen jetzt auch, was. Morgen früh wirst du uns nach der Druckerei begleiten, damit wir es dir zeigen. Emil —! rief das junge Mädchen ersch-ocken, und meine Studien ! Keine großen Worte! Deine Studien werden dir in der Druckerei mehr zu statten kommen, als im Moulin Rouge. Uebrigens ist jeder Widerspruch unnütz August will es so! Unter Thränen warf sie dem Fanii lienoberhaupte einen zugleich fragenden und hilseslehenden Blick zu. Aber er widerstand dieser Versuchung, und allen seinen Muth zusammennehmend sprach er. wie einst der Sonnenkönig fein berühmtes „oous vouloas", wür devoll gebietende: Ja wir wollen eZ! Wir—! Elise aber, sehr überrascht, beugte das Haupt de»? Willen ihrer kleinen Väter —, der Trotz war ihr im Moulin Rouge vergangen. Ende. Wre oie »kosacken in Jahre 131 lZ der Berliner Damenwelt Artigkeiten erwiesen, habe» wir vor Kurzem durch eine kleine Geschichte be leuchte:. Jetzt schildert der „Bär" fol gende Berliner Straßenszene a»s dem selben Jahre, in der gleichfalls ei» ga lanter Kofack die Hauptrolle spielt. Zum Königsthor herein kommt ei» sol cher Sohn des Ostens, begleitet von einer großen Schaar Gassenjungen, von denen er einige bald bei der Hand nimmt, bald seine Mütze apporliren läßt. Da iritt unter die Zuschauer ein Bäckerjuuge mit einem Korb voll „Schusterjungen" und „Bretzeln". Diese nimmt der Kosack sogleich in Be schlag, vertheilt seine Waare uuler die jauchzende Gassenjugend, bezahlt den Berkäuser zwar nach Gutdünken, aber recht reichlich uud behält sür sich etwa nur ein Dutzend Bretzeln, die er in b.ide Taschen seiner weiten Hosen steckt. Eben noch mit deren „Einquar tirung" eifrigst beschäftigt, erblickt er eine vornelmic Dame, welche des Weges daher kommt und dem Gassciibubcn fchwarm bedächtig ausweichen will. Der Kosack aber vertritt ihr den Weg, langt aus seinen weiten „Hosenmaga zinen" der Bretzeln drei und reicht sie der vor Schrecke» wie gebannt stehen bleibenden Dame sreundlich schmunzelnd mit den Worten hin : „Mamsell gut! l>ol)rs s,»»i!' Als diese bittenden Worte uud die sie begleitenden lieblichen Bewegungril nicht besangen, da drückte er der Mamiell das Backwerk in's offene Stricktörbchen, küßt ihr ehrfurchts voll die .lieblichen Händchen, die sich sehr unnicdl.ch loszureißen streben »nd schaut mit i.nvcrholenim Bedauern der Fliehenden nach. <kln histsrtscher MaS?»nbaZ. Zn Stockholm herrschte am Morges des 15. März l7!)2 große Erregung un ter s?r Bürgerschaft, denn aus dem Schlosse iain die Kunde,d.iß in der ??acht ei» Posten, der vor dem unweit vom Schlafzimmers des Königs Gustav 111.,. Wache gestanden habe, g>v tödtet w-mden sei. Man schlich daß es sich nm einen Mordasrschlag ge gen das L«ben Ses Monarchen gehandelt habe, der et»en eist in Gesle e'runn sol chen entgangen nxw. Dort wa, unmittelbar nach, dem Schlüsse des von Gustav ansgckSsten Reichstags da? lebensgroße BildGirstav Wasas von der Wand auf den davun kr stehenden Throirfessel gestürzt und würde den Monarchen zerschmettert hr.ben, wenn er noch voraus gesessen hätte. Man war überzeugt, daß es sich dabei nicht lfm einen Zufall, sondern um ein geplantes' Attentat gehandelt habe, zumal mau auch im SitzungS faale der schwedischen Stünde Waffen! gesunden hatte. Es war Z,a auch allge mein bekannt, daß Gustav von der Adelspartei ingrimmig gehaßt wurde und unter dieser befanden sich manche Persönlichkeiten, denen man es zutraute, daß sie vor keinem Mittel, den Herrscher aus dem Wege zu räumen, zurück schrecken würden. Als-Gustav 111., der älteste Sohn des Herzogs Adolph Friedrich von Hol stein Gottorp, nachmaligen Königs von Schweden, und Louise Ulrikens, einer Schwester Friedrich des Großen, seinem Vater am 12. Februar 1771 in der Re gierung gefolgt, war es' fein erstes Streben gewesen, die in den letzten fünfzig Jahren in Schweden-ausschlag. gebend gewesene Macht der Adelspartei zn brechen. Nachdem er ganz im Stil len die Bürgerschaft wie den Bauern stand zu gewinnen gewußt hatte, schaffte er am 19. August 1772 die alte aristo kratische Verfassung gewaltsam ab und führte eine neue ein, die ihsn alle Ge walt übertrug. Dieser Gewaltakt war an und für sich eine Wohlthat für Schweden gewe sen., Die neue Verfassung unternahm den Versuch, entgegengesetzte Zeitlich tungeii mit einander zu verschmelzen, nämlich einmal den mit Gustavs Cha rakter und Ansichten übereinstimmenden aufgeklärten Despotismus undzweitens die Richtung,, welche Reformen nicht nur sür das Volk, sondern auch durch dieses verlaugte. Leider war aber Gustavs spätere Regierung durchaus nicht dazu geeignet, jenen Versuch ge lingen u lassen. Jmincr mehr traten die Schattensei ten des Charakters dieses so hervorra gend veranlagten Regenten hervor: seine autokratische Eigenwilligkeit, sein Mangel an Mäßigung und seine Nei gung zu phantastischen Träumereien. Seine Prunksucht stürzte das Land in Schulden, noch mehr der 1788 begon nene Krieg mit Rußland, wodurch der König sehr unpopulär wuiHe. Dil allgemeine Mißbilligung steigerte sich aber noch, als er dann 1791 mit Ruß land einen Freundschastsvertrag schloß, um, von diesem, Preußen nnd Oester reich unterstützt, einen abenteuerlichen Zug zur Bekämpfung der französischen Revolution und Befreiung des franzö sischen KöiügspaareS zu unternehmen, wozu jedoch der im Januar und Fe bruar 1791 zu Gesle tagende Reichstag die Mittel verweigert hatte. Thatsächlich bestand bereits eine Ver schwörung gegen das Leben des Königs, deren erster, in Gefle unternommener Versuch aber wie oben erwähnt fehlgeschlagen war. LZie Mitglieder derselben waren: Reichssreiherr General v. Pechlin, die Grafen Horn und Ribbing, !xr Frei herr Bjelke, Oberstlieutenant Liljehorn und noch einige andere Mitglieder der Adelspartei. Als Werkzeug zur Aus führung ihres Vorhabens hatte sich ihnen neuerdings der Hauptmann Jo hann Jakob Anckarström angeboten und ihm war wohl zuzutrauen, daß er vor einem solchen Attentate nicht zurückbe ben werde, da er den Monarchen grim mig haßte. Anckarström, der 17W sei nen Abschied ans dem schwedischen Heere genommen hatte, war überhaupt ein roher, gewaltthätiger Mensch, 1790 war er ans der Insel Gothland wegen hochverätherischer Reden in Haft ge nommen worden, hatte aber aus Man gel an Beweisen wieder freigelassen werden müssen, worauf er nach Stock holm übergesiedelt war und sich den Perschworenen zur Verfügung gestellt hatte. Zur Ausführung des Anschlages war ein für den Abend des IL. März im königlichen Opernhause zu Stockholm anberaumter Maskenball bestimmt, von dem man annahm, daß der König ihn besuchen werde. Am Morgen des verhängnißvollen Tages schlug Hofmarschall v. Ersen, der durch den oben berichteten geheim nißvollen nächtliche» Vorfall im Schlosse mit Recht beunruhigt worden war, dem Könige vor, den Maskenball doch verle gen zu lassen oder aber dem Feste fern zubleiben. „Nein, lieber Graf," entgegnete der König gut gelaunt, „das Erstere geht nicht, nachdem der Ball bereit» dreimal meinelwegen verschoben worden ist und das Letztere werden Sie mir wohl nicht im Ernste zutrauen. Das könnte ja aussehen, als ob Konig Gustav Furcht hegte! Sie werden mich nach dem Abendessen zum Feste in der Oper ab holen! Ebenso lehnte es der König ab, die längst verdächtig gewordenen Verschwo renen der Adelspartei, deren Namen man ihm nannte, verhasten zu lassen. Als er sich Mittag» zu Tische setzte, fand er unter seiner Serviette ein Billet mit folgenden Zeilen: „Sire. geruhen Sie, der Warnung eines Mannes Gehör zu geben, der nicht in Ihrem Dienste ist, der keine Gunstbezeigungen von Ihnen verlangt der Ihren Hehlern nicht schmeichelt, abe, die Gefahr, Kelche Ihr Leben bedroht, von Jh.en abwenden möchte. Gehe» Sie hente Abend nicht auf den Masken ball, denn dort harrt Ihrer der Tod. Vermeiden Sie tkberhmipt alle öffent» lichrn Vergnügungen, wenigstens in diesem Jahre, iu diesem Monat!" Der König zerriß den Brief, den ein BtjckSrjljNHe gebracht haben sollte, de, aber gleich wieder verschwunden war. und kurz vor elf Uhr AbkiidS begab sich der Monarch in der That mit dem Gra fen Ersen auf den historisch-gewordener Maskenball. Das königliche Kroße Thrvter (Stör, I's»tsrn>), in dein jenes drickwürdig« FH stattfand, ist jetzt vom Erdboden verschwunden, zm> Platz für einen Neu bai.'zu schaffen, nachdem am ZV. No vemlder 189 l die lttzw Vorstelluirg darin stattgefundn!' hatten Es nahm Äe Ost seite des schönen Plahss ein, dir den Naim!» GusikvMdolfÄorg führt, wen in den Jähren 17?5—82 nach Adler crantz'Plänen von Gustav 111. erbau! und HluBiB", der nationalen Dichtung, geweiht worden, deren eifrig ster Förderer der Monarch war. Der Kdnig trrit'zuerst m seine Logi »nd plauderte dort eine Weile mit Ersen und dein c»ltcn General Armfeld, dann Zesahl er, ihm einen Domino und ein« Maske zu bringen. Die beiden Herren beschworen- ihn, sich doch wenigstens nicht in das Maskengewüht im Saal« zu begeben, allein er war von seinen! Vorhaben nicht abzubringen. Es wa> kurz vor Mitternacht. Trotz d.r Verhüllung erkannte man ihn sogleich im Saale und- zahlreiche Masken drängten sich an ihn heran. Alsbald aber umgab ihn eiioe Grnpp« von in schwarze Dominos gehüllten Masken es waren die Verschworenen, die ohne Weiteres an die AnSsühruiiz ihres schwarzen Planes gingciv. Einer pon ihnen —es war Gras Horn klopfte dem Könige schr osten tativ mit den Worten; „Guten Abend, schöne Maske!" auf die Schulter, in demselben Augenblick feuerte Anckar ström von hinten her seine Pistole aus den Monarchen ab, während' der Ruf: „Feuer!" die Menge in Verwirrung setzte. Der König blieb trotz der erhaltenen Verwundung aufrecht stehen und be hielt seine 'ganze Kaltblütigkeit. E> befahl die Thüre zu schließen und keim Maske hinauszulaffen, dann schritt er in ein Scitcngemach, wo er sich aus dein Sopha niederließ. ES zeigte sich, daß die Wunde des Königs an sich nicht unbedingt tödtlich war, aber die Ladung, aus einer run den und einer viereckigen Kugel nebst verschiedenen Nagelspitzeu bestehend, war so mörderisch gewesen, daß Gustav 111. nach dreizehn Tagen unter großen Schmerzen starb, nachdem er zuvor noch mit bewunderungswürdiger Fas sung alle Rcgicrungsinaßregetii getrof fen nnd für feinen noch unmündigen Sohn eine Regentschaft eingesetzt hatte. Die Mehrzahl der Verschworenen wurde schon am nächsten Morgen ver haftet; Anckarström selbst war durch das im Gedränge ihm entfallene Mes ser verrathen worden, mit dem er die Unthat hatte vollziehen wollen, falls ihm der Schuß fehlging. Er wurde am 27. April hingerichtet. Für die übrigen Verschworenen hatte der ster bende König selbst bei seinem Bruder, dem Herzog - Regenten Karl, Fürbitte eingelegt. Von ihnen wurden Horn, Ribbing uud Liljehorn des Landes verwiesen, Pechlin eingekerkert, wäh rend Bilke sich vergiftet hatte. Bekanntlich hat dieser vor hundert Jahren stattgcfundene Maskenball mit dem tragischen Schlüsse in späterer Zeit Scribe zn einem höchst wirtsainen Opernlibretto den Vorwurf geboten. Seinou ls l>»l wai ursprünglich für Rossini bestimmt, wurde dann aber von Auber in Musik gesetzt. Dessen Oper blieb lange be liebt, bis sie von dem VSrdi'fthen „Maskenball" todt gemacht wurde. Der Maestro hatte sein Werk getreu nach Scribe komponirt, kam mit diesem königsmörderischen Textbuche aber bei der damaligen italienischen Censur gar übel au uud konnte seine Oper nur da durch retten, daß der Schauplatz mög lichst weit weg, nach Amerika verlegt wurde. So ist aus Gustav Ul. darin der Gras Warwich, Gouverneur von Boston, und aus Anckarström dessen Sekretär Renata geworden. Zwei gleiche Thoren. (Spruch eines Weiberfeindes.) Wohl dürst die Beiden ihr als gleich» Thoren preisen: Der sucht sin treues Weib und dei > den, Stein der Weisen. Di« beste Cur. Selma (ihr« kranke Freundin besuchend): Und wel chen Arzt habt Ihr zu Rathe gezogen, Elsa? —Elsa: O, Papa hat drei Aerzte herbeigerufen. Aber merkwürdig. Sel ma. Jeder von ihnen wandte eine an dere Cur au!—Selma: Bei welcher fühlte sich denn mrine arme Elsa am wohlstcn? Elsa (vertraulich): Bei der, die der hübsche Doctor Dernig mir schaieidet! Der bekannte dänisch» Bierbrauereibesitzer und Kunstmäcen Karl Jakobsen hat sämmtliche Brauer, die seiner Zeit am Brauerei-Congresse zu Berlin theilgenommen haben, zum Sommer als seine Gäste nach Kopenha gen eingeladen, eine Gastsrcundschast, die selbst sür diesen dänischen Millionär zroßartig genannt werden muß. Der Vorsichtige. Diener: Also Sie sind wirklich nicht Herr Schmidt? Herr: Rein, ich sagte Ihnen schon einmal, daß ich Poldorn heiße. Aber weshalb sragen Sie so? Diener: Wen» Sie nämlich Schmidt hießen, dann hätte dir Herr Baron gestern ein« 14tägige Reise angetreten- 3
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