Deutsche Loealnachrichte«. Provinz Brandenburg. Bei einer Lustfahrt auf dem S6>di «er See bei Schmöckwitz find zwei jung« Leute, die beiden Söhne des Herrn Ch. Bäthe, de» in Berliner Seglerkreise» allgekannten Mitgliedes des Vereins Berliner Segler, ertrunken. Unter militärischem Gepränge ist auf dem Garnifonkirchhof in der Hasenhaide der in Konstantinopel verstorbene Komman dant von S. M. Schiff „Lorelei" Kor vettenkapitän v. Henk bestattet worden. —f der Direktor de» königl. akademi schen Institut« für Kirchenmusik Pros. August Haupt in Berlin.—f Zu Bruneck in Tirol, wo er Linderung seiner Leiden suchte, der srühere Direktor de» königl. Friedrich-Wilhelm-Gymnasium», Geh. Reg. Rath Pros. Dr. Hermann Kern. Zu den anläßlich des Eisenbahnun glücks bei Mönchenstein al» „vermißt" Angemeldeten ist neuerdings nach der letzten amtlichen Liste vr. med. Karl Feblauer au» Berlin getreten. s- In Berlin: Generalarzt, a. D. Dr. Karl Ermann. Dr. P. Richter, Besitzer und früherer Directvr der von Prof. Mendel begründeten Jrrenheilanstalt. Der frühere Rath» - Schornsteinfeger meister Heinrich Reizter. Geheimer Rechnungsrath a. D. Louis Devos. Ost- und West Preußen. In der Wagenremise des SpirituS sabiikanten Lanz in Dt. Eylau brach Feuer aus, welches die Remife nebst Stallgebäuden und ein Wohnhäuschen -in Äsche legte. Die Garnison-Feuer wehr, welch« gerade eine der allwöchent lich stattfindenden Uebungen abhielt, konnte sogleich ihre Kräste praktisch er proben. Im Verein mit der sreiwilligen Feuerwehr gelang es ihr, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Ein gro ßes Feuer setzte in Dt. Eylau die Ein wohnerschaft in Schrecken und ä cherte fünf Gebäude in der Riesenburger Straße ein. Das Feuer brach in der Cisizfabrik des Herrn Nieckau aus und erfaßte dann mit reißender Schnellig keit einen Getreidespeicher des Herrn Kaufmanns Blum und je ein Wohn gebäude de« Sattlermeisters Peters, des Färbers Weiß und des Fleischer incisterS Knebel. Wohl gelang eS den vielen helfenden Händen, den größten Tbeil der Habe der Abgebrannten zu reiten, dock wurden bei der Hast, mit welcher dies geschah, die meisten Sacken zertrümmert oder doch arg beschädigt. Glücklicherweise sollen die meisten der Betroffenen günstig versichert sein. Provinz Schleswig-Holstein. Wegen Unterschlagung von Verems geldern hatte sich der frühere Gerichts bote Fischer aus Niebüll zu veraniwor ten. Derselbe bat in den Jahren 1887 —lii als Kafsirer des Arbeiter- und Handwerkervereins für Niebüll-Deez düll im Ganzen mindestens M. 1200 unterschlagen. Entdeckt in Flensburg wurden die Unterschlagungen erst im Februar d. 1., und zwar zu einer Zeit, als dcr Angeklagte verschwunden war. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er in Kiel ergriffen und dem hiesigen Ge richtsgefängniß überliefert wurde. Der Vorsiyende des vorerwähnten Vereins, Herr Postverwalter Nissen aus Niebüll, sagt ans. daß der Angeklagte keine Rech nung hat führe» können und daß auch die Revisoren von der Rechnungsfüh rung wenig Verstand gehabt haben. Für jedes Jahr ist ein besonderes Buch geführt worden, doch hat eine Uebertra giiiig von dem einen Buch in das andere »licht stattgefunden. Das Kassabuch vom Jadre 188« fehlt ganz und läßt sich so mit die unterschlagene Summe nicht feststellen. Dcr Angeklagte gibt an, daß er nicht wisse, wo die Gelder ge blieben seien. Das Urtheil des Ge richts lautete auf Iß Jahre Gefängniß, von welcher Strafe zwei Monate als durch die Untersuchungshaft verbüßt eracd'ct wurden, sowie auf zwei Jahre Ehrverlust. Provinz Schlesien, Dos Hochwasser -in unserer Provinz bat geradezu erschreckende Dimensionen angenommen; stündlich treffen neue Hiobspvsten au» dem gewaltigen Ueber schwemmungsgebiet ein. Am schwersten heimgesucht ist die Gegend von Neiße, wo der Neißefluß, die Biele und alle anderen Flüßchen, Bäche und Wasser läufe im Zeiträume von wenigen Stun durchbrechend, über da« ganze Gelände «ätzten. Im Nu standen die unterhalb der Stadt Neiße liegenden KohlSdorser Wiesen, die Neuländer Feldmark, Pro linenavin, der Hos der Kaserne der Dreiuiidzwanziger unter Wasser. Da plötzlich kommt die Nachricht von einem Tamnirutich, welcher den Bahnverkehr nach Demsch-Rasselwitz vollständig un Neiße und bald hatte sie die Brücken ilbcrfln.her, welche einzustürzen drohten; CiSbocke wurden demolirt und ganz ivodin das Auge blickt, gleicht einem See. Der Verkehr nach fast allen Ort schaften ist gestört. In de» Keller -räumen steht das Wasser meterhoch. Fabriken haben ihrenßetriebgänzlichem Pillen müssen. Die Ernte ist total ver nichtet. Schreckliche Verwüstungen haben die Fluthen im Neissethal ange richtet, wo viele Landleute an den Bettelstab gebracht si»d. Am großen Wehre von Stasse wurden zwei Leichen ongeschwemntt; m Glumpenau find meh rere Menschen i» Wasser umgekommen. Zur Hilfeleistung in dieser WasserSnoth ist Militär entsendet worden; auch be findet sich eine Wasserwache auf dem Posten. Nicht minder traurig sind die Nachrichten, welche aus anderen Gegen den der Provinz zu un« gelangen. Aus Glatz wird berichtet, daß die Verhee rungen des Hochwassers kolossal und die Aussichten geradezu trostlos find. Achtundvierzig Stunden hat es dort ununterbrochen wolkenartig geregnet, fv daß die Neisse binnen kurzer Zeit aus gcusert war und deren Finthen sich über Wiesen und Felder stürzten. I" Landeshuter Kreise ist die Über schwemmung durch den ausgetretenen Bober und die Zieder yeranlaA worden. Auch hier ist die Stadt von jedem Ver kehr mit den nächsten Orten der Umge bung vollkommen abgeschnitten. Damm brücke und Dammrutsche haben noch stattgesunden zwischen Rubengrube und Neurod, was eine Sperrung der Bahn strecke DrtlerSbach-Glatz aus zwei Tage zur Folge hat, ferner zwischen Mittel steine bis Landesgrenze, welche Strecke ebenfalls aus mehrere Tage gesperrt wer den mußte. Ein Wolkenbruch, dcr in der Nähe von Schönau fiel und von einem Hagelwetter begleitet war, zerstörte die ganze Ernte von Niedcr-Mochau, Klein halmSdorf, Nieder-Kauffung und Sei tenberg. Aus den Gehöften wurden HauSgeräthe, Ackerutensilien, kurz Alles, waS den Wassermcngen erreichbar war, fortgeführt. DaS Kind des Gasthosbe sitzers Arndt wurde von dem Hochwasser mit fortgerissen. Seit Menschengeden ken ist kein solches Unheil mehr über diese Gegend hereingebrochen und von den Bewohnern eine so große Waf sermcngc gesehen worden. Höchst be trübend sind die Ueberschwemmungs nackrichten, welche aus Saarau, In gramsdorf und Donianze, wo die Wo gen den Park des Grafen Branden bürg verwüsteten, eintreffen. Die Ort schaften Molsen, Friedrichseck und Scheiditz sind total übersluthet; überall ist man bemüht, dem abgebrochenen Verkehr durch Errichtung von Laus siegen und Nothbrücken wieder herzu stellen. Die Getreidefelder von Jossen und Langenbrück sind hart mitgenom men. In Neustadt 0.-S. mußten viele Bewohner sich mittels Leitern aus ihren Wohnungen retten. In Patfckkau. Rci ckenstein und Gesek sind ungeheure Wolkendrüche niedergegangen. Bei Hartwingswalde löste sich die Böschung los und überschüttete den Eiienbabn damm. Heu ist vollständig zu Schan den, die Gerste nothreif geworden. Dcr Jammer, welcher über verlorenes, von den Wellen zerstörtes und enisührteS Hab und Gut laut wird, ist unbe schreiblich. Provinz Posen. Die Buchdrucker in Bromberg feier tcn zugleich mit dem Johaiinissest das Fest des 25jährigen Bestehens des IlnterstützungSvereins deutscher Buch drucker. Die Buchdruckervereine zu Posen und Thorn übersandten Glück munichtclcqrammc. Dem Schneiver meister Soloschin'schen Ehepaar in Cramberg ist zur goldenen Hockzeit die Che-übiläumSmedaille verliehen worden. Die neue Eisenbahnstrecke Meseritz- Zielenzig soll am 1. November dem Verkehr übergeben werden. Das in Meseritz gefeierte 19. Posener Provin zial Sängcrfest hatten von 46 Ziveig vereinen des Provinzialverbandes 34 Zweigvereine mit etwa SW Sängern besucht, Dcr Vcrwaltungsbericht konsta tirt einen Zuwachs von 3 Zweigver eiiien mit 45 Sängern. Der Kassen bestand beträgt 3700 Mk. Es wurden die abgeänderten Satzungen durchbe rathen und genehmigt. DaS 2V. Pro viinial Sängerfest soll über zwei Jahre in Ostrcwo abgehalten werden, haupt sächlich zur Aufmunterung des dortigen Dcutschthums, das von dem Polenthum jetzt meär denn je schwer bedrängt wird und in Gefahr steht, seine Eigenart ein zubüßen. Provinz Hannover. Vom zehnten Tnrnertag zu Hanno ver wird Folgendes mitgetheilt: Nach Schluß der Verhandlungen wurde ein Festessen abgehalten, bei welchem eine lange Reihe von Reden aus Kaiser und Reick, auf die Turnerei, aus den Aus fckuk! dcr deutschen Turnerschaft, auf verdiente Förderer des Turnwesens ge hatten wurden. Dann erhob sich Ha gen-Salzburg zu einer Ansprache fol genden JnhaltS: „Wir Deutsch Oester reicher bilden die Wacht des Deutsch thums an der Donau, wie unsere Brü der im Deutschen Reich die Wacht am Rhein, In der Zuversicht, daß die Wach: am Rhein immer treue Brüder schaft mit der Wacht an der Donau unterhält, bitte ich, mit mir ein „Gut Heil!" auszubringen aus die „Wacht am Rhein!" Mehrere Oesterreich» umschlangen ihre deutschen Nachbarn, und als die Rufe verklungen waren, stimmte ein Oesterrsicher die „Wacht am Rhein" an. Die ganze Festge nossenschaft erhob sich, und Arin in Arm verschlungen stimmte sie begeistert in das Lied ein. Nach dem Festessen deren Freunde nach dem Zoologischen Garten. Den Rückweg zur Stadt nahm man nach Mitternacht unter heitere» Liedern durch den Wald. Ä hei »Provinz. Ein Mitglied de« Frankfurter Par lamcnts, der früher« Badearzt in Karls bad Dr. Carl Zimmer, ist am 18. Ju li in Ueberlingen am Bodensee ge storben. Er war gleich dem, wie ge meldet, wenige Tage früher in Zürich gestorbenen srühere» Berliner Privat dozcnten und Stadtverordneten Dr. Nauwerck unter den Parlamentsmit gliedern, die in Stuttgart das „Rumpf parlament" bildeten. Nach seiner Rückkehr »ach Oesterreich hatte Dr. Zimmer eine lange Kerkerhaft zu er dulden. Er hat ein Alter von 73 Jahren erreicht. Ueber das grausige Geschick, welche« den Schaffner Josef Noppen des von Aachen nach Jülich fahrenden Personenzuge« ereilt«, mel det da« „Aach. Pol. Tagebl." folgend« Einzelheit«». Noppen würd« bei» Ab nehmen der Fahrkarten aus der Streckt des Viadukt« hinter der durch einen Fahrgast, der keine Karte befaß, vom Trittbrett hinuntergestoßen und fiel über die Brüstung de« Via dukts aus einer Höhe von etwa 20 Meter auf die Erde. In Rothe Erde wurde dcr Schaffner al«bald vermißt und man begab sich von dort den Bahn damm entlang aus die Suche. Die Verletzungen des Schaffners sind so schwerer und entsetzlicher Art, daß der Tod al« ein willkommener Erlöser von namenlosen Qualen angesehen werden darf. Der Verunglückte konnte noch die Angabe machen, daß er beim Ab nehmen der Fahrkarten einen Gast ohne Fahrkarte angetroffen habe, dcr ihm aus wiederholtes Verlangen statt dcr Fahrkarte einen Hieb auf die Hand, mit der er sich an der Thür hielt, versetzt und gleich darauf einen Stoß vor die Brust gegeben habe, in Folge dessen er vom Trittbrett de» Wagens herabge worsen worden sei. Provinz Hessen-Nassau. Ein furchtbares Unwetter ist über die ganze Provinz niedergegangen, welches überall in Stadt und Land großen Schaden angerichtet hat. Namentlich der furchtbare Wirbelsturm hat in den Wäldern, Obstgärten, Alleen und Parks furchtbare Verwüstungen angerichtet. Hunderte der schönsten und stärksten Bäume sind dem Orkane zum Opser ge fallen, So wird au« Hanau, Fuldau, Melsungen, Marburg, Weyers, Fran kenberz, Gießen, Hofgeismar ?c. gemel det. Bei Borten wurde der Schweizer Gerlach aus Singlis auf dem Felde vom Blitz erschlagen und war sofort todt; in Jmmcnhausen schlug der Blitz in das Wohnhaus des Bauern Sichert ein und traf Mann, Frau und ein Kind, doch hofft man sie zu retten. In Pilgerzell wurde eine Frau Schultheiß, als sie vom Felde kam und vor dem Regen in das Haus wollte, vom Blitz erschlagen und war sofort todt, in Kerzell wurde eine Bahuwärtersfrau vom Blitz getroffen und an der Seire gelähmt. In Frankenberg fuhr ein Blitzstrahl in das Dach der Kirche und richtete grpßen Schaden an; in dem benachbarten Nord- Haufen wurde der Kirchthurm vom Sturme beschädigt und in dem nahen Sondershausen an der Fulda sogar cin ganzes Hau«, das aus Fachwert neu ausgebaut war, von dem Orkan umge rissen. In Hohenkacben schlug der Blitz in das Haus eines Oekonomen, zündetc zum Glück aber nicht. 1° Generallieute nant Gras Rantzau, erster Commandant von Coblenz-Ehrenbreistein in Wtl helmshöhe. Buchhalter Hermann Fürst von dem großcn Bankhause Gru nelius Co. in Frankfurt a. M, wurde von der hiesigen Strafkammer wegen Unterfchlagunz von 9,600 Mark in vier Fällen zu 2 Jahren 6 Monaten Ge fängniß verurtheilt. Weit größere Un terfchl.igungen Fürst's können wegen Verjährung nicht mehr abgeurtheilt werden. Auf dem Sachsen Häuser Friedhof bei Franksurt a. M. wurde die Wittwe Bonifer, deren fünfjähriges Söhnchen vor Kurzem im Main ertrun ken ist, beim Auswühlen des Grabe! ihres Kindes betroffen. Sie gab an. sie habe Gift genommen und wolle sich nun zu ihrem Kinde legen. Da die Frau schon einigemal geistesgestört war, so wurde sie wiederum der Irrenanstalt übergeben.—Der vor einigen Jahren von DarmstaZt nach Franksurt verzo gene WeiiMiidler Jac. Wolf, welcher auf einer Erholungsreise bei seiner in Augsburg verheiratheten Tochter weilte ist dort auf einem Spaziergange von einem Baum, den ein plötzlich losge brochencs heftiges Unwetter umwarf, erschlagen worden.—Auf dem zum Fest play hergerichteten weiten Paradeplatz fand in Hanau das 19. Mittelrheinische Turnfest statt. Mit einem Bankett in der sür 2000 Personen berechneten Fest halle und Conzert aus dem Festplatz am Vorabend wurde das Fest eröffnet. Am Hauptfesttage (2S. Juli) fand von der Schloßgasse ans der Festzug nach dem Festplatze statt,bei welchem an IsoTurn vereine vertreten waren. Die Frei übungen wurden von 1000 Turnern ausgeführt, und an dem Wetlturnen be theiligten sich 63 Musterriegen. Abends wurden lebende Bilder, sowie die bild liche Darstellung bekannter Turner des MittelrheinkreifeS vorgeführt.— s- Der in Stuttgart seit zwei Jahren als Di rigent wirkende Komponist Robert Em merich aus Hanau. Thüringische Staaten. Heftige Gewitter, von orkanartigem Süooststurm und wolkenbruchartigen Regengüssen begleitet, richteten im Werrathal, Eisenacher Oberlande, im Gothaifchen, sowie einzelnen Theilen der Rhön sehr erheblichen Schaden an. In Salzungen entstand eine Ueber schwemmung, auch die Stadt Vacha glich einem See, so daß kein Pslaster und keine Straße mehr sichtbar war. Die Obstbäume wurden mit den Wur zeln aus der Erde gerissen, die Frucht liegt im Feld und aus den Bergen glatt auf. Bei Kaltnordheim wurden zwei Mädchen im Alter von 10 und 13 lah ren, die an der Landstraße unter einem Kirschbaum Schutz gesucht hatten, vom Blitz erschlagen. Königreich Baiern. Der auch „in weiteren Kreisen be kannte" Thealerschimmel des Artillerie- Hauptmanns a. D. und Opernsängers Herrn Schott bildete kürzlich in Nürn berg den Gegenstand einer Gerichtsver handlung. Besagter Schimmel, aus und mit dem Herr Schott so oft als Rienzi seine Römerschaaren und nicht minder das Publikum begeistert hat, sollte näm lich mit dem Kutscher des Herrn Schott durch das durch seinen vorzüglichen Hopfen berühmte Städtchen Abenberg, w» Herr Schott ein Schloßgut besitzt, galloppirt sein! Der Kutscher verwahrte sich dieser schweren Anschuldigung ganz entschieden; der Schimmel habe seine 38 Jahre jetzt aus dem Rücken, derselbe habe die Feldzüge KS und 70 ruhmvoll mitgemacht und habe von jeher die besten Manieren gezeigt. Und dieses musterhafte Thier werde sich in seinen alten Tagen den Atembeschwerden eines Galopp« und dem Greuel einer gericht lichen Klage aussetzen? Der Richter konnte sich derßeweiSkrast dieser Gründe nicht verschließen und sprach Roß und Reiter frei, zumal noch bekannt gewor den war, daß die Abenberg« ihrem Schloßherrn nicht recht grün sind. Großherzogthumßaden. Vor einigen Togen fand man aus dem Bahndamme bei Müllheim in aller Arkhe die Leiche de» Emwohner» Jo hann Bolanz von Hügelheim. Anfäng lich glaubte man an einen Selbstmord al» die Urfache de» Tode», Die Staats anwaltschaft au» Freiburg ist nun den ganzen Tag über mit der Erforschung der näheren Umstände beschäftigt gewe fe«; da» Ergebniß dieser Untersuchung war die vorläufige Verhaftung der gan zen Familie Bolanz. Frau, Tochter und drei erwachsene Söhne wurden ,n da» hiesige Amtsgesängniß abgeführt. Man vermuthet, daß sich schwere Ver dachtsmomente ergeben hätten, daß der Verunglückte eines gewaltsamen Todes gestorben und zu dem Zwecke aus den Bahnkörper geschleppt worden sei, um die VerdachtSgründe nach dieser Seite hin zu lenken. Die Thäter sollen den Leichnam auf da» unrichtige Schienen geleife gelegt haben, welches von dem nächsten Zuge gar nicht befahren wurde. Au« der Rheinpfalz. Die Versteigerung einer Kirche, die nahezu dreihundert Jahre im Gebrauch ist und noch im besten Zustande sich be findet, wird demnächst in Landau vor sich gehen. Die Stiftskirche, die hier in Betracht kommt, befindet sich nämlich während eines Zeitraumes von über hundert Jahren im Besitz der Pro testanten und der Katholiken, die ab wechselnd hier ihren Gottesdienst ab halten. Um nun die zwischen diesen beiden Confessioken bestehende Kirchen gemcinschaft zu lösen, finden seit länge rer Zeit schon diesbezügliche Verhand lungen statt, die aber zu einem endgil tigen Ergebniß noch nicht gesührt ha ben. Der Stadtrath stellte im Falle dcr Lösung dieser Kirchengemeinschaft derjenigen Religionsgesellschaft, die auf die Stiftskirche Verzicht leistet, einen Bauplatz von über 6000 Quadratmei len und eine außer Gebrauch befindliche Kirche unentgeltlich zur Versitzung. Da aber beide Parteien die Stiftskirche in Besitz haben wollen, muß zur Ver steigerung derselben geschritten werden, und fällt die Kirche derjenigen Partei zu, die da« Höchstgebot macht, während die andere Partei mit dem Bauplatz und der alten Kirche fürlieb nehmen muß. Mecklenburg. In Gr.-Schwieso sind durch einen Wirbelwind mehrere Scheunen total niedergerissen, während das ViehhauS abgedeckt wurde. In der einen Scheune stand während des Zusammensturzes gerade die Leiche einer kurz zuvor ver storbenen Rübenarbeiterin aufgebahrt, die am anderen Tage beerdigt werden sollte. Der Sarg war zn Splittern zusammengedrückt und wurde die Leiche, nachdem sie aus den Trümmern hervor geholt, einem schleunigst aus Güstrow geholten Sarge übergeben. Die Gie belwand eines brennenden Hauses in Dargun stürzte aus die mit dem Löschen der Flammen beschäftigten Mannschaf ten der sreiwilligen Feuerwehr und lödtete vier Mann, darunter den Feuer wehrhauptmann. Fünf andere Feuer wehrleute erlitten lebensgefährliche Brandwunden. Die Getödteten wur den unter allgemeiner Betheiligung der Bevölkerung zur Ruhe getragen. Freie Städte. In einer Wirthschaft der Steinstraße in Hamburg ging ein seiner Eßlust hal ber bekannter Ewerführertagelöhner am Sonnabend Abend in einer Bierlaune eine jener unsinnigen Wetten ein, welche schon so viel Unheil angerichtet haben, nämlich ein großes Quantum Speisen auf einmal zu verzehren. In diesem Falle hat der starke Esser gewettet, in nerkalb einer Viertelstunde ohne Brot oder andere Zuthaten für 5 Mark geräucherte Aale zu verzehren. Seine Komplicen stellten ihm in Aussicht, nicht allein die 5 Mark sür die Wettobjecte, die Aale zu bezahlen, sondern auch noch die gesammle Zeche auf ihre Kosten zu übernehmen, fall« er die Wette gewinnen sollte. Im anderen Falle hätte er alle Ausgaben selbst zu tragen. Es wurden nun von einem Fischhändler die erfor derlichen Aale, fünf Stuck je 1 Mk. her beigeschafft und der Wettkamps begann. Mit meisterhaftem Geschick zog der Esser die Haut der Aale in sehr kurzer Zeit ab und ließ dann einen nach dem ande ren in die unergründlichen Tiefen feines Schlundes hinabwandern. Beim fünf ten angekommen sah man ihn zeitweise würgen und Gesichter schneiden, wo durch er verrieth, daß es ihm doch nicht so leicht falle, den fünften Aal dessen vier Brüdern nachzusen den. Aber auch dieser wurde schließlich verzehrt. Ein brausendes Hoch umtobte den Ritter der Eßkunst. Er hatte die Wette gewonnen. Später, nach einer halben Stunde etwa, gestand er seinen Freunden, daß ihn eine ziemlich große Uebelkeit plage. Nach kurzer Zeit be gab er sich deshalb aus den Heimweg. Die sonderbare Eßlust hat im klebrigen dem Ewerführertaglöhner nichts ge schadet, denn am anderen Morgen nahm er wohlgemuth in derselben Wirth schaft seinen Morgenjchoppen ein. Schweiz. Von dem eidgenössischen Turnfest in Gens wird ein höchst anmuthiger Zwi schenfall berichtet, welcher sich bei dem Festbankett in der Festhalle am 2(1. Juli zugetragen. Dem Blatte berich tet man: .Nachdem StaatSrath Ri chard gesprochen, bestieg einer Ihrer Landsleute, Kutzner aus München, die Rednerbühne und hielt :ine kurze, wohl durchdachte deutsche Ansprache an die schweizer Turnbrüder. In herzlichen Worten gedachte er der guten freund schaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und München und brachte als Zeichen dieser Freundschaft im Namen des „Turnvereins München- den schwei zer Turnbrüdern einen schönen kunst reich gearbeiteten Biertrug. Lang an vauerndeS Bravorufen folgte den Wor ten des Herrn Kutzner, und als nun der Münchener Bierkrug selbst auf der Rednertribüne fichtbar wurde, entstand in der ganzen Festversammlung ein Jubel, der sich nicht beschreiben läßt. Gelzer aus Luzern, der gegenwärtige Präsident des eidgenössischen Turn Vereins, dankte in herzlicher Weise den lieben Münchenern »nd brachte ein drei fache» Hoch au» auf Deutschland, in das die Verfammlung sreudig und kräftig einstimmte. Die Musik spielte Deutschland zu Ehren „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten Die schweizer Musikanten, oder wer sonst den Takt zu diesem Musikstück an gab, werden ja wohl schließlich wissen, wa» sie gethan haben. Im Uebrigen erinnert diese» Musikantenftücklein leb hast an ein ähnliches, welches vor bald 90 Jahren ausgeführt worden. Als nämlich Kaiser Napoleon I. durch einen kleinen rheinischen Ort kam, hatten seine Generale sür würdige Ausschmük kung und festlichen Empfang gesorgt. Die Stadtmusit aber, welche die Noten zur Marseillaise noch nicht vorräthig hatte, spielte da» schöne Lied: „Du bist der beste Bruder auch nicht." — In der Turnhalle zu Arlesheim befin den sich seit dem 14. Juni noch aller hand Werthgegenstände, Kleidungsstücke, Reise-Effecten, Uhren, Portemonnaies, Hüte, Schirme, Spazierstöcke, die ans der Unglückstätte bei Mönchenstein auf gesunden wurden, aufbewahrt, die we der abgeholt noch reclamirt wurden. Die Direction der Jura-Simplon-Bahn macht nun im Bailer CantonSblatt be kannt, daß die Gegenstände bis zum 16. August von den rechtmäßigen Eigen thümern oder deren Bevollmächtigten abgeholt werden müssen, wenn nicht, wird die Bahnverwaltung besondere Versitzungen treffen. Wir wissen nun auS unmittelbarer Quelle, fügt die „N. Z. Z." dieser Mittheilung hinzu, daß viele Angehörige Verstorbener vermißte Gegenstände, obwohl sie diese als Eigen» thum erkannt hpben, nicht in Empfang nehmen wollen, um durch deren Ansicht nicht an daS schreckliche Ereigniß, daS ihnen liebe Angehörige entriß, erinnert zu werden. Die Bahndireetion würde gut thun, die Gegenstände, soweit solche brauch- und verwerthbar sind, an Wohl-' thätigkeitSanstalten zu übergeben. In den Letzter Tage ist wieder ein junger Mann vom Pilatus, beim sogenannten Heitertannli, abgestürzt. Mit dem letzleren Namen bezeichnet man einen schlechten Geißweg, der vom Klimsenhorn in'» Eigenthal hinunter sührt, von wo man Kriens und Luzern oder nach Schwarzenberg und Malter» gelangen kann. Obwohl der Weg sehr leicht in die Irre führt, wird er doch ziemlich häufig begangen, und eS vergeht daher, wie der „N. Zür. Zeitung" aus Luzern geschrieben wird, fast kein Jahr, ohne daß vom „Heitertannli" nicht ein oder zwei Unglücksfälle gemeldet wer den. Bor einigen Jahren hat die Sec tion Pilatus des schweizer Alpen-Club» den Versuch unternommen, in Verbin dung mit den Wirthen aus Klimsenhorn und im Eigenthal den Weg so zu ver bessern, daß er ohne Mühe hätte gesun den und ohne Gefahr hätte begangen werden können. Die Corporation von HcrgiSwyl, durch deren Gebiet der Steg sührt, machte aber solche Weitläufigkei ten, daß der Plan aufgegeben und seit her nicht wieder aufgenommen wurde. Wahrscheinlich haben die Hergiswyler gefürchtet, es könnte, wenn der Weg ge fahrloser gemacht würde, hin und wie der Einer nach dem Eigenthal statt nach HergiSwyl absteigen und damit die Wirthschaften in HergiSwyl um den .Profit" kommen! O esterreich. In Anwesenheit hervorragender Fest gäste fand in Wien die Enthüllung«' feier der Büsten SonnenfelS' und Bud lerS unter den Arcaden der Universität statt. Der Feier wohnten die Wittwe und die Tochter BudlerS dei. Die Festrede hielt Professor Dr. Lustkändl. Der akademische Gesangverein lang eine Festhymne. Das Postament der Büste BudlerS enthält die Inschrift: „v. Budler, Professor der StaatSwissen schast 1821—1848, geboren in Graz 1786, gestorben in Wien 1853." Der gegen die Ostseit« gelegene Ecksaal in den Festräumen des neuen Rathhau ses umschließt seit Kurzem ein Kunst werk von unschätzbarem Werthe, eine Schöpfung ThorwaldfenS. Es ist ein Amor von seltenem Liebreiz. Das Kunstwerk ist ein Geschenk der Frau Ludovica Zang, der Wittwe August ZangS, welche, einem Wunsche ihres im Jahre 1888 verschiedenen Gatten in pietätvoller Weise entsprechend, da« Meisterwerk in das Eigenthum der Stadt Wien übergab. s- Giuseppe Bossi, Generalkonsul von Paraguay und Konsul von Chile, Maximilian Wonnesch Edler von Wonnheim, Gene ralmajor a. D. DyoniS Gras Feste titS de Tolna. Fräulein Marie von Romm, Tochter des russischen General konsuls. Johann Müller, Pros, an der Staats - Oberrealschule in Währing, Heinrich Laufer, Doktor der Medizin. Leonhard Nowey v. Wundenfeld, Oberst i. P. und Fräulein Rofalie GarnoSz. Die Fabel, welche Schil ler'S „Handschuh" zu Grunde liegt, hat eine anziehende Verschiedenheit im Spanischen. Nachoem dort der Hand schuh gefallen ist, z,eht „Don Manuel" den Dege», schlägt den Mantel um den Arm und stürzt sich in den Hof. Die Löwen verhalten sich ganz ruhig und er bringt unversehrt der Dame den Hand schuh. Bevor er ihn aber überreicht, giebt er ihr eine Ohrfeige und fagt dabei: „Nimm Beides und bringe ein andermal einen braven Edelmann nicht wegen eines elenden Handschuhes in Gefahr." Don Manuel erklärt sich be reit, jedwedem Ritter, der sich der be leidigten Dame annehmen will, zu Diensten zu stehen. Donna Anna steckt aber ruhig die Ohrfeige ein und erklärt, weitere Beweise seiner Tapferkeit feien nicht erforderlich; sie wisse nun, daß Don Manuel der kühnste Ritter sei und: „Wenn eS Euch genehm ist, so nehmet mich zur Frau. Ich wünsche mir einen tapferen Gatten, der auch, wenn es nöthig ist, zu strafen weiß. An mir be währt sich das Sprichwort: Wer Dich liebt, der züchtigt Dich". Da Don Ma nuel sieht, wie gut angebracht seine Ohr feige war und wie verständig die Dame geantwortet ha!, heirathet er sie. »»«« eig««th»«ltch« Lotteri«- geschtcht«. Wie e» Einem manchmal mit solchen ,Glückszufällen" gehen kann, meine Herren, so meinte kürzlich der alte Rech nungSrath, al» wir am Stammtische plaudernd zusammensaßen, das ist wirk lich merkwürdig, höchst merkwürdig! Denken Sie, was mrr mal vor circa 20 Jahren passirt ist: ES war damals kurz nach Beendigung de» französischen Krieges und ich war aus deiwßeichSschatzamte angestellt, wo zu jener Zeit bekanntlich auch gerade da» neue deutsche Reichsgeld eme nicht unbedeutende Rolle spielte. Da ich noch «in recht junger Beamter war und ein dementsprechend knappe» Gehalt bezog, so entstand naturgemäß bei dem immer währenden intimen Umgang mit den neugeprägten Fünfmarkthalern, den blinkenden Zehnmarkstücken und den noch verlockenderen Doppelkronen in meinem Herzen unwillkürlich eine, wenn auch vorläufig nur platonische Neigung zu der hochverehrten Dame Pecunia, und diese Leidenschaft, welche ich wohl mit Recht eine unglückliche nennen darf, wuchs von Tag zu Tage derartig, daß ich ihrer nicht mehr Herr werden konnte und der Sache kurz entschlossen ein Ende zu machen beschloß. Selbstverständlich konnte die» nu, einzig und allein auf dem Wege des LotteriespielenS geschehen! Als daher mal wieder der so beliebte Erste des Monats herangekommen war und ich mein bischen Gehalt in lauter schönen neugeprägten Fünfmärkern aus gezahlt bekommen hatte, da zögerte ich nicht lange, fondern bestieg sofort einen Omnibus sür einen Groschen, um nach der R.siraße in Berlin zu fahren und dort aus dem Lotterie Comptoir um die Hand meiner Angebeteten anzuhalten. Der Inhaber de» Geschäftes, den ich der Kürze wegen einfach mit Cohn be zeichnen will, empfing mich denn auch mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, und al» ich ihm mein Anliegen vorgetragen hatte, da wurde er noch viel freund licher und meinte, diese Geschichte ließe sich ja sehr leicht arrangiren, ich schiene ihm ein fehr aufgeweckter junger Mann zu sein und verriethe entschiedene An lagen zum Lotteriespielen, ich möchte ihm nur bestimmen, auf welcher von seinen vielen Nummern ich zu gewinnen beabsichtige. So einfach hatte ich mir die Sache nun in der That nicht vorgestellt. Weil mir der Mann aber wirklich Vertrauen einflößte, so wählte ich denn eine Serie der passendsten Nummern heraus, legte dasür ungefähr die Hälfte meines blan ken Silbers auf den Ladentisch dcS Hauses und somit war also alles in bester Ordnung. „Schönes neues Geld," meinte Cohn schmunzelnd, als er die glitzernden Dinger einstrich, und indem er mir schalkhaft mit den Aeuglein zuzwinkerte, fügte er schelmisch hinzu: „Haben Sie Wohl selbst gemacht, was?" „Nun ja, so ungesähr," war meine halbwahre Entgegnung, „wenigstens stammen die Münzen aus der Firma, in welcher ich angestellt zu sein die Ehre habe. Ich bin nämlich Hilfsarbei ter im Reichsschatzamt!" (Bei diesen letzteren Worten wars ich mich nicht we nig in die Brust.) Cohn hatte hoch aufgehorcht. Als er dann aber in meinen Äugen wohl die Bestätigung dieser meiner absolut wah ren Aeußerung lesen mochte, da ver beugte er sich sofort bis auf die Stiesel fpitzen und indem er mich mit einem fast zärtlichen, bewundernden Blicke an schaute, fragte er: „Und wo wünschen Excellenz den Ge winn hingetragen zu haben?" „Nun", war meine herablassende Entgegnung, „wenn es eine größere Summe ist, so können Sie's immerhin direct zu mir in's Bureau senden, klei nere Beträge aber erbitte ich mir ein fach per Postanweisung nach meiner Privatwohnulig!" Und dann nannte ich ihm meine Adresse, wo ich im sünsten Stock in Schlafstelle lag. „Schön, schön, Herr Schatzkanzler, soll Alles aus» Beste besorgt werden! Habe die unendliche Ehre, Excellenz! Bitte, besuchen mich Durchlaucht bald mal wieder!" Und mit erhobenem Haupte verließ ick den GlückStempel, an Silber zwar bedeutend erleichtert, jedoch in dem je« sten Bewußtsein, eine vorzügliche Kapi tal-Anlaqe gemacht zu haben. Zwei Tage daraus fand die Ziehung der betreffenden Lotterie statt, durch welche ich zum wohlhabenden Manne werden mußte. Wir hatten an diesem Tage gerade ausnahmsweise viel zu thun, meinte der Herr Rechnungsrath, während er sich diese» TageS mit einer Art von freudigem Schauer zu erinnern schien, und ich war gerade damit beschäftigt, <ine große Anzahl von 5000 Mark- Hollen, aus lauter Doppelkronen be stehend, zu versiegeln, die sür die Ma rinelasse in Kiel bestimmt waren, als mir plötzlich des Nachmittags um halb Fünf durch den Bureaudiener em jun ger Herr gemeldet wurde, welcher mich dringend zu sprechen wünsche. Auf meine Frage, wie der Herr denn heiße, wie er aussehe und was er von mir wolle, meinte der alte Bureaudiener mürrisch, das wisse er nicht. DerMenfch seke aber so aus, als wenn er am Ende wohl Cohn heißen könne, hätte einen großen Sack mit Geld aus dem Arm und habe gesagt, daß er die „junge Ex cellenz M." (so war der Name des Rath«) dringend selbst spreche» müsse. Sie können sich vorstellen, meine Herren, wie mir bei dieser Botschaft zu Muthe wurde. Cohn, Geldsack, Lotte rie, gemachter Mann, Excellenz, Pecu nia alle diese Begriffe wirbelten in meinem armen liebeSkranken Schädel durcheinander, e« fing an, mir blau und gelb vor den Augen zu tanzen, ich konnte mich kaum noch aus den Beinen halten. Endlich:r.nannte .nick ein >0.,..g, stürzte ein zur Hand stehendes Glas kalten Wassers herunter und dann mich 7 selbst auf den Corridor, wo der jung« Mensch noch immer meiner wartete. Wahrhaftig, eS stimmte! Der, den ich da draußen stehen sah, war zwar nicht Cohn selbst, aber eia junger Mensch au» seinem Geschäfte, der ihm zweifellos, wenn nicht blut«-, so doch mindestens stammesverwandt war, und den ich vorgestern selbst hin >er dem Ladentische hatte stehen sehen. Athemlos eilte ich aus den lieben, lieben, heißersehnten Glücksboten zu: „Sie kommen von Cohn aus der R.- Straße?" „Allerdings, Excellenz!" „So? Und wie viel ist es?" „Fun sziMu send Mark, Hoheit!" Auf's neue überfiel mich der Schwin del; ich hatte die größte Mühe, mei« wildes Blut nach dem Herzen zurückzu drängen. „Schön!" rief ich dann, nachdem ich wieder der Sprache mächtig war, „Bureaudiener, rufen Sie sofort eine Droschke 1. Klasse, ich fahre mit dem Herrn nach meiner Wohnung! Dort habe ich nämlich die Lotterieloose lie gen!" sügte ich, dem jungen Cohn er klärend, hinzu. Derselbe blickte mich erstaunt an. „Aber welche Lotterieloose denn?" meinte er daraus mit dcr unschuldigsten Miene von der Welt, „mein Herr Principal wollte ja nur bitten lassen, ob Excellenz nicht die ungeheure Gewo genheit haben wollten, hier die 50,000 Mark Silber in neue Doppelkronen umzuwechseln! Die Kunden freuen sich immer so sehr, wenn sie ihren Gewinn in blankem Gold ausbezahlt bekom men!" WaS weiter noch an diesem Tage ge schehen ist, meine Herren, so schloß der Herr Rath seine kleine Geschichte, da« weiß ich nicht mehr. Ich soll thatsäch lich in einer Droschke 1. Klasse nach meiner Wohnung befördert worden sein. «in napoleontsche« Stück. Im Jahre 1854 wurde im l'lisstr» lmpui-iiil ltu in Paris da« Stück „Consulat und Kaiserreich" von Labrousse und Albert 70mal hinterein ander gegeben, bei dem sich die Schau lustigen jedesmal die Plätze förmlich er kämpfen mußten. Da« Stück war we der ei» Trauer-, noch ein Schau-, noch ein Lustspiel, sondern eine Reihen folge von 22 lebenden Bildern aus den Jahren 1799 bis 1806, stets mit Na poleon, dem Konsul und Kaiser, im Vordergrunde. Wir geben ein» dieser Bilder wieder: Der Konsul ist Kaiser geworden, solche betritt er eine« Morgens, in seinen Mantel gehüllt, den Hut tief in die Stirn gedrückt, den Fisch-, Obst-, Gemüse- und Blumen weiber. Der Kaiser beobachtet einen Knaben, der ein Körbchen Erdbeeren lausen will, und so oft er nach dem Preise fragt, vor dem Geforderten zu rückschreckt. Napoleon redet ihn an; er foll ihm sagen, was er mit den Erd beeren wolle. „Zur Labung meiner kranken Mutter," antwortete der Junge. Der Kaiser fraqt weiter. Ein Körb chen Erdbeeren soll zehn Franken kosten und das Kind hat nur vier; seine Mut ter ist arm, sein Vater bei Marengo ge fallen. Der Kaiser nimmt ein Erdbeer körbchen nnd giebt eS dem Kleinen. Dieser eilt fort, und Napoleon blickt ihm nack. Plötzlich steht der Junge still, dreht sich um, läuft auf den Kaiser zu und bedankt sich. Da bückt sich der große Korse, hebt den Knaben empor und küßt ihn. Der Knabe umkalst den K iüer; dann will er fort zu seiner lei denden Mutter, der Fürst aber hält ihn zurück und sagt, daß kr noch etwas für die arme Frau, welche Marengo zur Witlwe gemacht. in den Korb legen wolle. Er schob seine Börse unter die Erdbeeren, und mit flüchtigem Dank enteilt der Junge. Die Obsthändlerin verlangt Bezahlung. Der Kaiser greift nach seiner Börse. Er vergaß, daß er sie dem Knaben gegeben, und verspricht, binnen einer Stunde die schuldigen zehn Franken z» schicken; aber die Dame der Halle will davon nichts hören: sie schilt den Kaiser tüchtig aus. faßt ihn resolut im Kragcn und schickt nach der Wache. Eine Patrouille kommt; ihr Führer er kennt den Kaiser, hemmt den Schritt, will die Honneur« machen, liest aber im Auge des Kaisers den Be?ehl, ihn nicht >u verrathen. Die Obsthändlerin for dert aber die Verhaftung. Der Ser zeant sucht sie zu begütigen und die Freilassung des Käufers zu vermitteln. DaS erzürnt Jene noch mehr. Sie droht dem Sergeanten, und dieser ist im begriff, seine Pflicht zu thun, al« ein Mann, der aus dcr Entsernunz zuge schaut, aus einen Wink des Kaisers sich naht und der Obsthändlerin ein Zehn- Irankenstück behändigt. Der Mann war Duroc. Die Dame der Halle sieht Neide verwundert an. Den Mantel „Schau' her, ich bin der Kaiser!" und entfernte sich. Jubelnd stürzt die Menge, außer sich die Obsthändlerin, ihm nach und in das fchallendc „Es lcbc der Kaiser!" stimmte ste:S bei die ser Scene das gesammte Theatervubl»- kum ein. Schlechter Umgang. Ein fauler Apfel, glaube mir, Bewirbt den ganzen Haufen Dir? D'rum achte, wer bei Dir verkehrt^ Daß nicht die Söhne er bethört. Ein feiner Kniff. Sag'' mal Meyer, wie kannst Du denn beste llen. wenn Du Deine Waaren zum Selbstkostenpreis abgibst, wie Du an kündigst?— Ich kaufe sie eben unter dem Selbstkostenpreise ein! Ein Leiden. Lehrjunge. Mutter, seit ich bei dem neuen Meister bin, kann ick kein Stückchen Braten mehr hinunterschlucken. Mulier: Siicht möglich! WaS fehlt Dir denn?- Kehrjunge: Ter Braten.
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