Sühne. Novelle von «onra» (S. Fortsetzung.) Der Alle hatte mir, den Kopf hin and herwiegend mit etlichen „Hm" und bedauerlichen „Oh, oh, oh!" zugehört, dann untcrbrach er mit der Frage: „Aber wo ist denn das arme, junge Frauchen? Wo ist si« denn?" „Sie wartet hier draußen", sagte ich und rief nach ihr: „Frau Helene!" Aber der Alte stolperte bereits diensteifrig die Steinstufen hinunter, um ihr mit ritter licher Galanterie entgegenzugehen und sie in sein HauS zu führen. DaS that er nun mit rührender Geschäftigkeit und »ls Hele« fragte: „Wollen Sie mir für eine Nacht Quartier geben, ja?" da er widert« er: „Eine Ehre für mein Haus, Frau Häfeler, eine Ehre!" Und an sei nem Arm geleitete er sie in'S Innere, wo alsbald seine dröhnende Stimme nach der alten Haushälterin rief, die für Helene daS Zimmer und das Lager Her richten sollte. jagte: »Auf Wirdersehn!" Nichts sonst. zum Gehen wandte! Sic vermochte es aber niche, sie drohte zusammenzusinken. Da machte sie mir nur noch ein Zeichen stille klaug eS mir unablässig wie der in den Ohren: „Eine Mörderin! Hin« Mörderin!" Und ich halte eS ge konnte, nicht fein durfte, um nicht zum Wahnsinn zu führen. Nun war eS dennoch. Aus Nothwehr! Freilich, wer Raubmord, kein Mord aus Rache, kei ner, der im Affekt des Augenblicks be gangen worden war, sondern ein Mord aus Nothwendigkeit. So hatte sie eS ja selber genannt. Aber doch immer «in Mord! Darüber kam ich nicht hinaus. Nicht um meinet willen beharrte ich dabei, es so anzu fehen, nicht zwischen Helene und mir warf es seinen düster» Schatten, aber die verletzte Rechtsordnung wollte ihre Vergeltung, ihre Genugthuung. Ob das, was geschehen war, sich vor Helenes Gewissen, ob eS sich vor dem »icinigen rechtfertigen ließ, nicht darauf kam eS an; eS war geschehen gegen das ewige das Blut eines seines Gleichen zu vergießen, und diese heischte gebieterisch ihre Sühne. Wir beide konn ten nicht jetzt als Mann nnd Weib in die Weit hinanSgehen und glücklich mit einander werden, während das schnöde gekränkte Recht nach Rache schrie. Dieser iiacheschrci hätte uns keine Ruhe »nd keinen Friede» gelassen. Es waren keine leere Formeln und Paragraphen, die mich erschreckten. so weit hatte der Jurist den Menschen in mir noch nicht überwunden und geknechtet ich sah ganz klar und unbeeinflußt den Dinge» ins Gesicht und ich konnte mein Gewis sen, das ni'eiischliche Gewisse» in inir nicht beschwichtigen. Aus Nothwehr! Wenn eS Nothwehr gewesen war! Aber das vermochte ich nicht zu glauben, so gern ich'S gethan hätte. Hätte eS sich um ein Attentat gehandelt, woher in heit doch ihre Sache nicht. Sie fühlte sich also doch wohl schuldig vor dem Richterspruch des eigenen Her that, aber war es »m deswillen auch schon so? War sie nicht Richter und Par tei in einer Person gewesen? Und wenn wenn ich wanderte, als wenn ich mich fchlaflo« auf meinein Lager umher' ivälzte. Wie hatte Helene gesagt? Zu sammen sterben oder zusammen fliehe» in «ine andere Welt als zwei andere Menschen. Nicht« andere» bliebe uns. Hatte sie recht? Aber was nutzte un» denn die Flucht? Würden wir auch unt selber entfliehe» Nnnen? Und zwei ander« Menschen? Wer würde un« dazu machen? Wir un« selbst? Au» eigener Kraft? Und da» Be, wußtsein dessen, was geschehe», würde nicht mit uns ziehen durch alle Welt meere? Unmöglich! Unmöglich! Also sterben sterben Dagegen lehnte sich kraftvoll strotzen de« LebenSgcfühl in mir auf. Mir graute vor der Selbstvernichtung, vor dem Aufhören des Sein«, de« Ichs. WaS hatte ich denn auch TodeSwürdige« begangen? Ich lieble ein Weib, da« einem Anderem angehörte, und war be reit gewesen, es diesem Anderen abzu kämpfen. War das Sünde? Und ich hatte nicht« davon gewußt, welche Schuld auf ihr lag. War ich nun durch meine Leidenschaft für sie i» dies« Schuld mit »«rslrickt worden? Ich konnte eS nicht glauben, wollte es auch nicht. Und doch sah ich keinen Ausweg. Da siel mir die Genugthuung ein, die ich nach de», con ventioiicllcn Sittenkoder und nach seinem eigenen stürmischen Verlangen Leopold Häseler gewähren mußte. Ich hatte »erlacht, vor ihm sowohl wie vor mv selber. Jetzt plötzlich klammerte ich daran und in meiner Kleidern auf's Bett. Ich möchte meines Innern, bei dieser jagenden Hast, mit der mein Herz klopfte, ich weiß es nicht. Die Natur wollte ihr Recht und vier ein Menschenherz zu tragen vermag, ehe es bricht. Ich schlief und im Schlafe hörte ich nur einmal Helenes Stimme, Als »ich mich umgekleidet und eine Tasse Kaffee hinniitergrstürzt hatte, eilte ich in's Freie. Ich hatte »m zehn Uhr Termine, die ich um jeden Preis abhal waS unS zu thun blieb. Vor Allem mußte ich ihre Geständnisse vernehmen, um danach beurtheilen zu können, in Ich würde ihr sicherlich ein stren ger, unnachsichtiger Richter sein, ihr und mir. Ich würde nicht ans Rücksichten auf ihr oder mein Leben, auf ein Glück, dlts ja doch kein Glück für die Dauer sein konnte, wenn Blutschuld auf ihr lag, einen Freifpruch sollen, wo mein Gewisse» sie verdammte. Und dann wollt' ich entscheiden, ob ich iin Zwiespalt zwischen meiner Leidenschaft und meiner Pflicht weiterleben, ob ich von dem Zweikampf mit Leopold Hä seler, zu dem ich mich stellen wollte, Leben und Tod sollte abhängen lasten. Ich hatte keine großen Hoffnungen mehr, ich vermochte mir gar keine Zu kunft vorzustellen, in der wir Beide glücklich sein würden, auch nicht in einer anderen Welt, auch mit aller Aufbietung meiner Phantasie und meiner Leiden, schaft nicht. Z» Vieles und zu Schwe res war geschehe», thürmte sich zwischen uns und uiisercm Glücke auf, wie ein unübersteiglicher Riesenivall. Wie ein Todgeweihter schritt ich dahin. Und doch grüßte ich die Vorübcrkonimcnden und gab ihnen freundlich Bescheid aus ihre Fragen und Anrufe, die mir von nichts Absonderliches geschehen oder Anzüge. Zwischen wieviel Klippen »nd Abgründen, zwischen wieviel unversöhn daS Lebe» sich doch hin! Schnellen Ganges hatte ich das Forst haus erreicht. Da sah ich den alten Hegemann, die Pfeife im Munde, das Hauskäppchen aus den spärlichen Sil berhaarcn, mit der großen Heckenscheere zu schneidend Es war ein Bild, das in seiner stillen Friedsam keit merkwürdig mit dem tobenden Auf ries den Alte» an, der bei seiner Be schäftigung mein Nahen überhört hatte, i und winkte ihm eine» Morgengruß zu. dem Arm haltend, lachte er: „Kommen doch schon zu spät, Herr KreiSrichter, trotz aller Frühe. Die junge Gnädige tft langst auf und davon. Ja, wir auf dem Lande, wir wissen doch besser, wa» Zrühaufstehen heißt!" Ich starrte ihn an. Wa» sollte da» heißen? Wollte der Alte da seinen Spaß stammelte ich noch. „Wohin denn? Da» ist ja unmöglich. Was hat sie für mich denn zurückgelassen?" Der Alte mußte mir wohl ansehen, daß mich seine Worte von vorhin in fassungsloses, schreckhaftes Erstaunen versetzt hatten, den» er kam nun näher „Zurückgelassen? Gar nicht«, daß ich wüßte. Wie ich heute bei Tagesan bruch nach meiner Gewohnheit herunter ganz so wie sie gestern ankam. „Hoho!" ruf' ich, „was soll das bedeute»?" „Ich geh' fort," sagt sie und sagt das in Ich bitt' nur, daß sie ein Weilchen war tet, bis ich ihr eine Tasse Kaffee heiß ge macht habe, aber davon will sie ja nichts „Und den Herrn KreiSrichter wol len Sie nicht erst abwarten?" frag' ich. „Nein, nein", fällt sie mir in s Wort, „eS ist besser so." Und nickt mir gelassen hat sie gar nichts, keinen Gruß und kein Wort. Ein Händedruck, das war Alles. Na, ich denke mir: eS wird ihr mit der Versöhnung ja wohl recht geeilt haben. Und so klar und „Wo ist der Brief?" stieß ich in furcht barer Angst und Erregung heraus. „Der Brief?" Der Alte sah mich Brief ist nicht da." „Sind Sie dessen ganz gewiß?" „Ueberzeugen Sie sich selber, Her« KreiSrichter! DaS Zimmer ist hier gleich rechter Hand. Es ist dasselbe, in gen> Ich war zusammengezuckt, aber ich sagte kein Wort. Wie verstört, wan- Bett war unberührt; alle Möbel standen auf ihrem Platze. Sie mußte sich nicht zur Ruhe begeben, sondern die ganze Nacht geschrieben haben; das Tin tenfaß stand noch auf dem Tische, ein sich nichts. Ich athmete schwer. DaS bedeutete ein Unglück. Ich wußte nicht, was geschehen war, ich wollte mir's nicht klar machen, aber was hätte dies Alles Helene war mir verloren! Ich sank auf den Stuhl, auf dem sie die Nacht hindurch gesessen, ich hatte schlafen können! und barg mein Gesicht in meine dieser Brief, der mir Alles sagen, AlleS durchschoß mir das Hirn. Hatte sie mir nicht gestern gesagt, als wir am Waldsee uns getrennt hatten es war freilich nicht zu begreifen, daß eS ge stern erst gewesen sein sollte, ich würde heute in der hohlen Föhre dort die sie mir gewiesen, ihre Antwort, ihren Bescheid über daS finden, was nun wer den sollte? Dorthin würde sie also den Brief dieser Nacht getragen haben, dort sie sich entschieden hatte. Ich zwang mich, möglichst gefast zu erscheinen, als ich mich von dem alten Förster verabschiedete. Er wollte wissen, was ich dächte und ob auch nichts Schlim mes zu befürchten stehe; ich beruhigte ihn. „Nichts, gar nichts. Ich denke wenigstcns nicht. Gute» Morgen, Herr Hegemann. Auch von mir viele» Dank!" „Keine Ulsach', Herr Kreisrichter, war gern gescheh'n. Wüusch' alles Gute!" Dan» war ich fort. Ich lief, als ich dem Alle» außer Sehweite war, so schnell meine Füße mich n»r irgend tra gen wollte». I» zehn Minuten war ich am Waldsee. ES durchschauerte mich seltsam, als ich den dunkle» Spiegel plötzlich vor mir aufschimmern sah. Eine Ahnung zuckte mir durch die Seele, eine furchtbare Ahnung. Und dann sah ich etwas Weißes zwischen Schilf und Binsen deS Users ausleuchten, einen Schleierfetzen, ein Tuch, ich unterschied ts nicht deutlich. Aber es mahnte mich in Helene, ohne daß ich wußte, ob ich es bei ihr gesehen oder nicht. Ein Schwindel zog mir durch die Augen hin. Ich »astete mich bis zu der hohlen Föhre, «o sie ihren Brief hatte niederlegen »ollen, ich griff mit der Hand in daS Astloch, zitternd, wie betäubt, mit rasen dem Herzschlag. Und dann zog ich wirk ilufschrift an mich aerichtet. und riß den Umschlag auf. Lesen konnte ich jetzt nicht, ich suchte nur nach irgend etwas in dem laugen Briefe, etwas, daS ich finden mußte, zu finden gewiß war. Und da denn in der unergründlichen Tiefe de« Waldsee« verstecken vor Dir und vor aller Welt. —" Ich schrie auf, ich steckte den Brief zu mir, ich lief zum Forsthause zurück. Wie ein gehetztes Wild jagte ich dahin. WaS ich eigentlich wollte, was ich noch Hoffte, wußte ich selber nicht. Wenn die Un glückselige in den dunklen Wassern de» Waldsees Frieden gesucht hatte, konnt« Niemand sie mehr erretten, kam all» an seiner Seite ein heiseres Gebell an schlug. „Herr Kreisrichter! Um Got> teSwillen, was giebt'S denn? Toch kein Unglück?" .Ein großes Unglück! Frau Helen« Frau Häseler hat sich im Waldsee beschäftigt. Ich hatte de» Geschmaä Adern. „Wo ist der Förster?" fragt« „Fort", sagte sie. „Aber deShall brauchen Sie nicht ängstlich sein odei herauslaufen. ES ist schon AlleS ir Ordnung. Der Peter war eben hier. dann ließe Herr Hegemann fragen, ob Herr Kreisrichter 'was bei Gericht zu bestellen hätten, baun könnt' es der Pe ter dem Aktuar Zorn gleich ausrichten, denn er müßte nun doch auf die Polizei der richtigen Zeit wieder herausmachte, und helfen würd' eS doch nicht mehr. So Hat'S der Peter bestellt." und nach Eartlow gebracht! klanl> es in mir nach. Also wirklich, wirklich! Si« war todt! Ich schloß die Auge». De> Förster hatte recht: ich konnte nichts >n»r helfen, und es frommte zu nichts, wenn ich mich zwang, aufzustehe», mein, Schwäche niederzuringen, meine Pflicht zu thun. WaS gab eS jetzt in Wahrheil noch für Pflichten für mich? Ich ließ durch den Burschen der För sterei bei Gericht sagen, daß man all, Termine abbestellen solle, da ich kranl geworden sei, und bat die Alte, mich allein zu laste», da ich ruhe» wolle, Hilfe brauchte ich nicht mehr. In eini gen Stunden dächte ich aufzustehen unt wolle nur vorher erst die Rückkehr des Försters abwarten, mit dem ich Verschie denes zu besprechen hätte. Daraufhin ging sie brummend hinaus, und »u>> konnte ich Helenes Brief hervorziehe» und lesen. Er lautete: „Ich habe Dir heute gesagt,Ottoma», daß eS nachdem was geschehe» und was nun länger kein Geheimniß mehr vo> Dir ist, nur zweierlei Wege für unSj gebe: wir Beide sterbe» oder zu-^ dies Dritte ist kaSWahre uud daSßechte blut vergossen hat. Ich kenn« Dich. Otto graute, »nd daß Du eS innerlich nie verwinden kannst, ihre Schuld unge sühnt gelassen zu haben. Wie könnt' ich Dir auch je jetzt noch daS Glück bereiten, daS Dich entschädigte für Alles, was Du ausgeben müßtest? Dazu ist «S viel zu spät geworden. Du würdest längs»» unter dem hinsiechen, was Du entbehrst und was Du durch meine Schuld zu tragen hättest. Deshalb darf ich mich nicht an Dich hängen, Du mußt frei bleiben. Und weil Du da« au» eigenem Willen in Deiner opferbereiten Leiden schaft für eine Unwürdige niemals wol len würdest, bleibt mir nur Eines, und dieses Eine wird meine Schuld auslö schen vor Dir und vor aller Welt. So will ich mich denn in der unergründlichen Tiese des Waldsees verstecken vor Dir und vor aller Welt. Keiner soll mich zurückhalten.... Vorher aber sollst Du ersahren, wie Alle« kam und weshalb mein Leben in Stücke brach. Dann ur theile über mich, Ottomar! Aber ver damme mich nicht! Ich habe viel gelit ten, und eS schwebte immer etwas wi, ein Verhängniß über mir. DaS was man schön und liebensiverth an mi, fand, wurde zu meinem Verderben. Wäre ich häßlich und des Begehrens un werth gewesen, hätte ich wohl daS gleiche, anspruchslose, hindämmernd» Dasein führen können, wie Tausend, meines Gleichen; so aber riß es mich von Schuld zu Schuld bis in'S tiefst, Elend.... Ich bin eines Pfarrers Tochter an« dem hessischen Odenwald. Da mein Va ter früh starb und uns mittellos zurück: ließ, war es an mir, durch meine, Hände Arbeit die Mutter »nd mich zi> erhalten. Denn die Mutter selber, di, später ganz erblindete, war schon damals kränklich überhaupt, daß man wohl dau ernd an ihre Pflege, si« aber niemals ai> irgend welchen Verdienst denken konnte. Geschwister hatte ich nicht, und Ver wandte meiner Mutter waren wohl oor meine Mutter hätte eher vor fremdei! Thüren gebettelt, als von den Ihrigen ein Almosen entgegengenommen. Si» einem Bruch, der sich noch erweiterte, als mein Vater später sich einer sreisiii: »igen theologischen Richtung zuwandte, lichen Aemtern verschloß. Er war iiichl frei von einer Verbitterung über dies, letzteren Thatsachen, als er starb, unt daS dauernde Kranksein der Muttei hatte auch nicht dazu beitragen kö»»en, ihm sei» allzu eng umfriedetes LooS z> verschönern. Die Mutter selbst neigte nach seinen Tode zwar wiederum, wohl in Folge dei herben Schicksalsschläge, die ihr gewor den und in denen sie ein göttliches Strafgericht sehen mochte, der streng: gläubigen Richtung zu, in der sie er des Vaters Tode ablief. Ich konnte eingenommene Posten etwa in der Mei nung der Menschen besitzen mochte, achten, und die Slellung. die mir am ich Verkäuferin in einem großen Schnitt waarcngeschäft. Ich hätte hier ruhig meine Pflicht erfüllen und von dem, verleidet lch sah mich nach ter einen Vrief meines mir bis dahin unbekannte» Onkels Lebrecht Weidner vorwies, worin dieser, ein reicher Fabri kant in Elberfeld, seiner Schwester mit theilte, daß er von uttserer Nothlage ge hört habe, und da er wisse, daß sie kei nerlei Unterstützung von ihm annehmen wolle, sich vielmehr durch die Einkünfte ihrer Tochter mit erhalten lasse, so biete er wenigstens dieser Letzteren eine Stel lung in feinem Geschäfte an, die der von ihr bisher innegehabten gewiß vor zuziehen fein würde. ES sei ein Ver trauensposten in seinem umfangreichen Geschäftsbetriebe eben ledig geworden und ich würde mich voraussichtlich dazu eignen, umsomehr, al« mir dabei der direkte Verkehr mit den Käufern und Ladenbesuchern erspart bliebe. Ich hatt« anfänglich keine Neigung, «112 d«» Anerbieten einzugehen. Aber «nein« Mutter, die offenbar dasselbe durch ihre Berichte an ihren Bruder erst oeranlaßt hatte und sich n»ch emer Wie, keit darauf, und da ich keine besseren Aussichten hatte, die ich ihr hätte entge zenstellen können, mußten ich mich sögen. und Rücksichtsloseste verletzt hatten. Ich Glieder unter denselben hatten es bald »ls Nichte des allmächtigen Ehess nicht mir. Dieser Zwiespalt zwischen Liebe and Selbstbewußtsein blieb mir jedoch erspart. Leo war mir lieb als ein lebe ten, durch einen allzu lebhaften und all zu auffälligen Verkehr mit mir »-cht den väterlichen Zorn zu reizen und über haupt den Schein einer Vertraulichkeit zwischen uns zu erwecken, die in Wahr heit nicht eristire. DaS nahm er aber nur mit lachendem Gleichmuth aus, bis fein Vater eines TageS ihm und kann auch mir ernstliche Vorhaltungen machie, »nd Leo sich nun hinreißen ließ, dein Vater rund heraus zu erkläre», er wolle mich zur Frau, mich oder keine. Das schlug dem Faß den Boden aus. Onkel Lebrecht wüthete, vornehmlich natürlich gegen mich, die als Verführerin dastand, uud war auf dem beste» Wege, mir meine Stellung zu kündigen »nd sein Ha»S zu verbiete», bis ih» meine heilige Versicherung, ich dächte gar nicht daran, Leo zu erhören, liebte ih» nicht und wolle nichts lieber, als daß er einer Andere» seine Hand reiche, endlich wie der zur Vcriiunst brachte. Er beschwor mich »u», da ich seine BuiideSgeuossi» sei, ihm i» feinen Bestrebungen, Leo zu einer standesgemäßen Verbindung zu be wegen, beizustehen und vor Allem dem selben durch mein Benehme» schon jede Aussicht zu rauben, mich je besitzen zu können. Das versprach ich ihm und hielt mein Versprechen auch treulich. Vielleicht zu treulich. Denn meine nunmehrige ablehnende Kälte brachte den leidenschastljchen jungen Mann zur Na serei. Er schwor, mich eher zu tödten, als je einem Anderen lassen zu wollen. Daß ich ihn verschmähen konnte, der mich trotz des väterliche» Wider standes, trotz aller Hiiideriiisse, welche die Welt gegen uns aiiflhürmc» möge, zu feinem Weibe machen wollte, begriss er nicht, wollte er nicht glaube», wenn nicht ei» Anderer ihm im Wege stand, ein Anderer, gegen den sich all' sei» Rachegelüste richtete. Diese» »»deren zn finde», war sei» eifriges Vemühen. Und er fand ihn wirklich, fand ihn in der Person eines der Ange stellten, der sich in der letzte» Zeit um meine Gunst zu bewerben begönne» hatte, »nd der sich, wie ich nach träglich erfuhr, iu der That ei»- cedele, mich gewinnen zn können. begann Leo nunmehr zu intriguiren; er hatte sich'S geradezu in den Kopf gesetzt, chn zu verderben, es war eine Art Wahn sinn, der ihn dabei beherrschte und dazu Kachelte. Er hielt fest daran, daß ich ihm zufallen würde, sobald jener nur erst beseitigt sei. Und als alle seine Machi nationen dennoch fehl schlugen, griff er Littel"" ""verflicht"., (Fortsetzung folgt.) Aus der Jag» nachdem GM«! fällt der Anstand weg. » »eftroft« Ssketterl». Erster Brief. Herzensfreundin! Biel Gutes kann ich' Dir heute über Deinen Fritz leider noch nicht mittheilen. Deine Idee, mich auf seine Fährte zu schicken, als er vor vier zehn Tagen unter dem Vorwande eine» Leberleidens in'S Bad absegelte, war vor trefflich. Ich kann ihn hier beobachten, wie keiner, doch was ich schon am ersten Tage sehen mußte... .aber ich will Dich nicht beunruhigen; bald werde ich Dir Näheres uud hoffentlich auch Bes seres mittheilen können! ES grüßt und küßt Dich in größter Eile (e» ist be reits zehn) Deine Elly. K. Ich bitte Dich, gib etwas auf meinen Franz acht, während ich nicht dort bin ; er ist zwar treu wie Gold, aber Gelegenheit macht Diebe. Wie oben. Aweiter Brief. Antwort. Theuerste Freundin! Die Männer taugen alle nicht viel, und man muß ! ihnen schon etwas zu Gute halten. Ich will über Deinen Franz weiter nichts gejagt haben, aber ,ch glaube, er und mein Fr>tz können sich die Hand geben. ! Ich hoffe von Herzen, da« Dich mein nächster Brief mehr erfreuen wird. ES grüßt und küßt Dich in Eile (ich muß zum Markt) Deine Jenny. Dritter Brief. Liebste Jenny! Er ist doch ganz so schlimm nicht, wie ich dachte. Gestern trafen wir uns zusammen am Brunnen not» bonv, man lernt sich hier seh« leicht kennen und das sich zwischen uns entspinnende Gespräch brachte uns aus ein etwas gefährliches Thema, auf Liebe und Liebesverhältiüffe. Aber wie er da voll Lobes von, Dir redete! Sei unbesorgt, Freundin, die Leber krankheit war kein bloß?r Vorwandt Mit herzlichem Gruß Deine Elly. Vierter Arrest Antwort. Liebste Ellq! Ich muß Dir beistim men, man lauscht sich häufig in den Männern. Jetzt habe ich auch diese Wahrnehmung bei Deinem Franz gemacht. Er besucht mich tagtäglich, um sich mit mir über Dich zu unterhal ten, und diesen Abend gehen wir zusam men ins Theater, um den .Trompeter von Gückingen" Dein» LieblingS- Oper zuhören. »Sei bestens gegrüßt von Deiner Jenny. Fünfter Brief. Liebe Freundin! Denke Dir, Dein spritz machie mir heute einen Antrag, selbstverständlich im Scherz.... was würdest Du gesagt haben, ivenn er'» im Ernst gethau? Beunruhige Dich übri gens nicht; scheinbar nahm ich »hn zwar an, aber er wird in meinen Zügen ge> lesen haben, daß ich den Scherz verstand. Ich gralulire Dir zu seinem vortreffli chen Herzen; er weiß immer, wie weil er gehen darf. In Eile Deine Elly. Sechster Brief. Antwort. Liebe Elly! Wie sich All-S trifft. Just vorgestern machte mir auch Dem Franz seine Erklärung natürlich im Scherz, wie Fritz Dir. Wir sprechen noch tagtäglich über Dich. Jenny. Siebenter Brief. Meine herzliebste Jenny! Athme aus, Freundin, Du hast in größerer Ge fahr geschwebt, als Du vielleicht gedacht. Was follie ich thun, als er mir gestern in aller Form seine Hand anbot! Aus flüchte wollie er nicht, von Scherz ver stand er nichts mehr, ich mußte nothge drungen den Ring behalten, den er mir über die Finger zog. Glaub'S nur» Du hast mir von Herzen leid gethan, so leid, daß ich ihm Alles bekannte, unsere Freundschaft, unser Complott, kurz Alles. Aber da hättest Du ihn sehen sollen, fast hätte er mir den Ring vom Finger gerissen, als ich geendet. Gott sei Dank, jetzt ist wieder Alles beim Alten; er reiite heute morgen, wie mir der Kellner sagte, und ich werde in K 4 Stunden m Deine und Franzens Arme fliegen. Sei tausendmal geküßt von Deiner Elly. Achter Brief. Antwort. Liebe Freundin! ES thut mir recht leid für Dich, daß Du Dich so unser ständig benommen hast, glaube, Fritz und Du, Ihr wäret ein vortreff liches Paar geworden; Gott sei Dank, daß ich ihn »och früh genug kennen lernte. Franz wird sich morgen mit mir verloben, gratulire mir. Jetzt will ich Dich nicht einladen, aber zu unserer Hochzeit kommst Du doch, nicht wahr? lvttt bestem Gruß Jenny. Klassische «itate. „Mein, ist der Helm, und mir gehört er zu,- sagte der Soldat, als beim Ma növer ein aufgeweichter Helm aus dem tiefen Graben gezogen wurde. „Drum soll der Säuger mit dem König gehen," sagte der Orgeldreher und ging mit dem Zuge mit, welcher den Schützenkönig einholte. »Nichtswürdig ist die Nation," sagte der Tourist, als er in einem Gasthause zehnter Klasse zu sehr vou den Wanzen gepeinigt wurde. »TerKnabe Äarl fängt an. mir fürch terlich zu werden," sagte der Rentier Pieske, als er sein schreiendes Söhnchen schon zwei Stunden lang auf dem Arm trug und weder Frau noch Dienstmäd hen sich blicken ließ. Guter Grund. Hausherr jzu seiner Frau): Laß unsere Her mine heute Abend auf der musikalischen Soiree ja nicht das Lied von des .Meeres salzigeu Wellen" singen, sonst bekommen unsere Gäste wieder so schrck» lichen Durst und trinken mir den gan zen Weinkeller leer.
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