» »«wrwtffe»sq<»M!«t»»«-»- Otolithen. Im innern Ohr de« Menschen finden pch merkwürdige Nebenorgane. Au» dem sogenannten Borhos, der mittler» Höhle des Labyrinths, ragen drei halb- Canäle hervor, und im Innern desselben trifft man kleine Steinchen an, Kalkkrystalle, welche, ein gebettet in ein faserig-schleimiges Ge webe, feinen Nervenendigungen auflie gen. Jedes Ohr hat zwei Gruppen derartiger Steinchen, und man nennt dieselben Gehörsand, Ohrensteinchen oder mit dem technischen Namen Oto lithen. Die halbkreissörmigen Canäle lassen wir hier bei Seite, weil zu ihrer Besprechung ein genaues Eingehen aus den Bau des innern OhreS erforderlich wäre. Die Otolithen finden sich nicht blos bei Säugethieren, sondern auch weit tiefer hinab in der Reihe der selbst ständig beweglichen Wesen. Die Vögel und Amphibien besitzen drei Gruppen von ihnen auf jeder Seite, auch bei den Fischen sind sie vorhanden, theils in Gruppen, wie bei uns, theil« als einzelne, solide, knochenartige Stücke. Den Gliederthieren fehlen sie nicht, und man trifft sie in fchöner Ausbildung bei den W-ichthieren und den Quallen. Möglich, daß bei noch niedrigern We sen. wo wir sie zur Zeit nicht kennen, später ähnliche Vorrichtungen entdeckt werden. DaS Bedürfniß nach kleinen Stein chen, die in irgend einem mit Nerven ausgestatteten Sack liegen, scheint jeden falls in der Natur recht groß zu sein Manchmal wird es auf eigenthümlich, Weise befriedigt. In den sogenannten Ohrensäckchen krebsartiger Thiere sand Farre Ohrensteinchen, die sich in jede, Beziehung wie gewöhnliche Sandkörne, verhielten, und er sprach die Vermu thung aus, die Krebse süllten sich di« Ohren wirklich mit gemeinem Sand, So überraschend dies klingt, eS würd, von Hensen durch den Versuch unzwei felhaft bestätigt. Zwar gelang e« nicht, die Thier, direct beim Einfüllen zu beobachten, aber das solgende Experiment ist be weiskräftig: Die Ohrensäckchen de, Krustenthiere sind eingestülpte Anhäng, des äußeren HauptpanzerS, und sie wer den, wie dieser, bei der Mauser er neuert. Dabei zieht sich die Jnnenhaut des Säckchens als Ganzes nach außen und nimmt die in ihr vorhandenen Steinchen mit. Ein frisch gemauserte, Krebs hat also in seinem Ohrensack keine Steine. Setzt man ihn nun in ein Gesäß mit Sand, so findet man in seinen Säckchen bald eine Anzahl von Sandkörnern; bringt man ihn aber in ein Gcsäß, in welchem statt des SandeS künstliche Krystalle eines chemischen Präparats den Boden bedecken, so sieht man nachher in seinem Ohrensack dies« künstlichen Krystalle; er hat also seine Ohrensteine offenbar nicht selbst erzeugt, sondern ausgelesen. Früher hielt man da« innere Oh, für ein Hörorgan schlechtweg und dachte, alles, was sich in ihm findet, müsse bei der Schallwahrnehmung be teiligt sein. Dementsprechend nahm man auch an, die Stelle, wo sich bei eipem Thier Otolithen finden, sei im mer ein Ohr. Dabei stellten sich aber Schwierigkeiten heraus; einerseits konnte man den obengenannten Än- Hangsapparaten keine bestimmte, phy sikalisch begreifliche Mitwirkung beim Hören zuschreiben, anderseits sanden sich, z. B. bei Mücken und Krusten thieren, deutliche Hörorgane, die mit den Otoliihen nichts zu thun hatten, und endlich zeigten Thiere, die wohlent wickelte Otolithen besaßen, keine Spur von Hörsähigkeit. Da sprach 1870 v. d. Goltz, gestützt aus Versuche, die Ansicht aus, die halbkreissörmigen Ka näle seien nicht zum Hören, sondern zur Orientirung bestimmt. Ueber die Einzelheiten dieser Theorie wird noch gestritten, aber das darf aIS feststehendes Ergebniß auS den Forschungen der letz ten zwanzig Jahre gelten, daß daS so genannte Ohr der höheren Thiere nicht blos ein Werkzeug zum Hören ist, son dern daß seine seinen Nervenapparate noch eine zweite, nicht minder wichtige Verrichiung üben: sie belehren un» über da» Gleichgewicht, über die Lagen und Bewegungen des Körpers, im be sondern des Kopses. Im knöchernen Binnenohr sitzen Theile, welche eine außerordentlich feine Empfindung für Lagen- und Gleichgewichtsverhältnisse haben; diese ihre Empfindungen theilen sie durch den „Gehörnerv" dem Gehirn mit, und nach ihnen beurtheilen wir zu einem wesentlichen Theil die Lage, in der wir uns befinden. Es würde zu weit führen, alle die genauen Emzel beobachtungen durchzugehen, auf welche sich diese Behauptung stützt; wir können nur obenhin das Wichtigere erwähnen. Die Theorie des Drehschwindel kann nur angestreift werden. Versetzt man einen Menschen allmählich in Drehung, so spürt er die Bewegung, auch wenn er die Augen schließt und keine andern Anhaltspuncte für fein Urtheil hat. Ist er einmal in gleichmäßiger Drehung begriffen, so hat er, wenn alle derartigen Anhaltspuncte vermieden sind, keine Empfindung von der Drehung. Hält man ihn aber danu plötzlich au, so wird ihm schwindlig; er glaubt, der Boden drehe sich unter ihm. Die wahrschein lichste Erklärung dieser Thatsachen liegt darin: daS Wasser, mit welchem die halbkreissörmigen Canäle gefüllt sind, folgt der beginnenden Drehung nicht so fort, sonder» erst allmählich. Ist aber die Drehung in rukigem Gange, so läuft es mit. und hört sie plötzlich auf. so fließt eS in der einmal angenom menen Richtung noch eine kleine Weile weiter. Der Mensch empfindet nun. ohne es zu wissen, die Bewegung dieses Wassers. So lange e« hinter seiner Bewegung zurückbleibt, merkt er, daß «r gedreht wird; wenn e« die volle Be wegung angenommen hat, ist eS rela tiv zu den Canälen ,» Ruhe und « empfindet nichts mehr; wird aber de» Mensch still gestellt und fließt das Was ser «och weiter, so empfindet er wieder ein DrehungSgesühl, und da sein MuS kelgefühl ihm sagt, daß er in Ruh- ist. entsteht ein Widerstreit zwischen der Aus sage der Muskeln uitd derjenigen der Kopsorgane, der sich in dem unange > nehmen Schwindelzustand äußert. Schneidet man einem Thier den Hör nerv durch, so besteht die nächste und auffallendste Folge des Eingriffs in stürmischen Schwindelerscheinungen, rol lenden Bewegungen. Kopsverdrehungen und dergl. Tritt einige Zeit nach der Operation eine ruhigere Periode ein, so nehmen viele Thiere eine auffallende Lage ein: ein Frosch z. B. auf horizon talem Tisch streckt die beiden Beme der rechten Seite starr nach außen und hält sich mit ihnen von der Tischplatte ab, während er die linken Extremitäten an sich heranzieht. Er steht dabei schief, die rechte Seite höher als die linke das Thier hält sich gerade so, wie es sich auf einer nach rechlS unten geneigten Platte halten würde; d h. der Frosch hat das Gefühl, auf einer schräg stehen den Platte zu liegen; das Bewußtsein des Gleichgewichts aus wagerechtem Boden ist ihm gänzlich abhanden ge kommen. Entsprechende Dinge kommen bei Menschen als Krankheitserzeugnisse vor, Ohrenerkrankungen, die mit Druck aus den Vorhof verbunden sind, können furchtbare Schwindelanfälle erzeugen, offenbar weil der Druck die Gleichge wichtsorgane stört. Am lehrreichsten ist das, was man bei Taubstummen be> obachtet. Bei vielen von diesen ist baS ganze innere Ohr mit Inkrustationen ausgefüllt, also nicht blos der Hör-, son> dern auch der Gleichgewichtsapparat unbrauchbar gemacht. Dem entspricht nun einerseits, daß viele Taubstumme (mehr als ein Drit tel) überhaupt nicht schwindlig zu ma chen sind. Diesem Vortheil steht aber aus der andern Seite ein ebenso bemer kenswerther Nachtheil gegenüber. Unter gewöhnlichen Verhältnissen ist der Mensch nicht blos durch seine Kopfor gane, sondern a»ch durch mancherlei an dere Wahrnehmungen über seine Stel lung orientirt. Insbesondere wirkt das Gewicht des K örper» in der Regel vorwiegend auf bestimmte Körpertheile (Füße oder Ge.fäß), und aus dem Druck des Körpers allein können wir bestim men, in welcher Lage wir sind. Das hört aber auf, wenn wir uns unter Wasser begeben; denn da wird das Ge sühl der Schwere völlig unbestimmt, weil das Wasser gegen die ganze Unter fläche des Körpers trägt. Trotzdem weiß der normale Mensch beim Tauchen unter Wasser jeden Augenblick ohne Anstrengung, in welcher Stellung er sich befindet. Anders viele Taubstumme. Für diese ist das Unterwassersein eine schreckliche Lage; sie wissen nicht mehr, ob sie wagerccht oder senkrecht, ob sie nach oben oder unten schwimmen. Einer berichtet, daß er, auf dem Boden eineS nur zwei Fuß tiefen Wässerleins sosort nach dem Tauchen alles Bewußtsein von oben und unten verloren hatte; wäh rend er über den Boden hinkroch, hatte er das Gesühl, als ginge er an einer endlosen senkrechten Wand in die Höhe. Aehnliches berichten viele dieser Kran ken, wenn sie den Versuch gemacht ha ben, sich unter Wasser aufzuhalten; eS fehlt ihnen als» offenbar ein beim nor malen Menschen vorhandenes Orien tirungsmittel. Uns sagt eine vorhan dene Einrichtung instinktiv, wie wir ge richtet sind, beim Taubstummen ist die selbe zerstört, und deshalb hat er nichts mehr, wonach er sich richten kann, wenn die gewöhnlichen Schwerempfindungen für ihn ausgehoben sind. Und daß grad« beim Taubstummen dieser Mangel ein tritt, beweist wieder, daß der sraglich« AleichzewichtSapparat in engem Zu sammenhang mit dem Ohr steht. Man ist nun in neuerer Zeit daraus aufmerksam geworden, daß grade die Otolithen geeignet sind, bei derartigen OrientirungSvorrichtungen eine wesent liche Nolle zu spielen. Denn sie sind unabhängige, schwere und harte Körper hen, deren Druck aus die Nerven Enden verschieden ausfällt, je nachdem das Thier sich hält. Bei einzelnen Wesen ist ihre Anordnung so einleuchtend, daß laum ein Zweifel an ihrer Obliegenheit bestehen kann. Bei den Rippenquallen B. findet sich in einer besondern klei nen Höhle ein einzelner Otolith, der zwischen vier elastischen, mit Nerven ver ehenen Plättchen frei ausgehängt ist. hat das Thier feine regelmäßige Lage, io drückt der Otolith gleich start auf alle »ier Plättchen; neigt eS sich nach einer Seite, so drückt er stärker nach dieser. Die Otolithenkammer ist also ein kleiner Druckmesser, den die Natur nach den selben Grundsätzen eingerichtet hat, nach welchen wir, Millionen Jahre später, Dynamometerund SciSmometer(!krast ilnd Erdbebenmesser) bauen. Zerstört man der Qualle ihren Ap parat, so weiß sie nicht mehr, wie sie gerichtet ist; sie schwimmt unregelmäßig and in allen Richtungen, wo sie nichts zu suchen hat, z. B. senkrecht in die Tiefe. Der Analogie nach ist zu schlie ßen, daß die Steinchen bei höheren Thieren dieselbe Wirkung haben, und wenn man sie dort vernichtet, ist auch die Wirkung dieselbe. Ein Frosch z. 8,, dessen Ohr oder Hörner zerstört sind, schwimmt ebensowohl auf dem Rücken, wie auf dem Bauch, was ein gesunder Frosch nicht thut, und wenn er zufällig in der Rückenlage auf dem Boden sei nes Behälters anlangt, bleibt er aus dem Rücken liegen; er hat eben kein Gefühl mehr für oben und unten, gerschneidet man bei einem Haifisch, wo die Operation verhältnißmäßig leicht Auszuführen ist, vorsichtig die Bogen . zänge des innern Ohrs, so bemerkt man keine auffällige« Erscheinungen; berührt man aber seine Otolithen zer > rend oder drückend, so macht er sofort ! rollende Bewegungen, die aus Schwin > del deuten. Mit alledem begreift sich die weite i Verbreitung der Otolithen; sie sind eben als OrientirungSmittel von im» schätzbarem Werth, unersetzlich nament lich für Thiere, die in der Meeresströ mung schwimmen; diese würden ohne sie gar keine Anhaltspunkte sür die Lage ihres Körpers b»sitzen. Beim Menschen sind sie, eben ihrer Wichtig keit wegen, in der sestesten Knochenkap sel des Kopfes, im innern Ohr, unter gebracht; bei den niederen Thieren werden sie, weil die Gehör-Organe dort im allgemeinen mehr nach außen rücken, vom Ohr abgesondert und schließlich auch noch da erhalten, wo das Gehör-Organ überhaupt sehlt. Wohlthätig« Vrsiuduug. Ungezählt sind die Unfälle, die beim Rangiren der Züge dcn damit betrau ten Arbeitern namentlich bei Gelegen heit des Keppelns und Bremsens der Wagen zustoßen. Wie überall auf den Bahnen der ganzen Welt, ist auch hier zulande ein Verbot erlassen, wonach die Bremser und Rangirarbeiter nicht eher koppeln dürfen, als bis die Wagen zum Stillstand gekommen sind. Natürlich, wie jeder Eingeweihte weiß, kann die? Verbot niemals beachtet werden, denn ! sonst würden die Arbeiter überhaupt ! niemals mit dem Rangiren zu Ende kommen. Die ganze Bestimmung hat einfach den Zweck, die Bahngesellschaft von ibrer Haftpflicht zu befreien, wenn ein unglücklicher Bremser schwer ver letzt oder gar getödtet wird, und sich dann herausstellt, daß die zu koppelnden Wagen sich zur Zeit des Unfalls ei» wenig in Bewegung befunden, der Ver unglückte also gegen seine Instruction gehandelt hat. j Das deutsche Reichsgericht hat schon längst durchschaut, daß dergleichen In structionen weiter nichts sind, als trü gerische Fallstricke. Der arme Arbeiter steht vor zwei Alternativen; entweder beendet er seine Arbeit binnen der kur zen ihm zugemessenen Zeit unter RiS kirung seiner Gesundheit, vielleicht seines Lebens, oder er nimmt sich die nöthige Zeit, um alle Gefahr zu vermeiden, wird aber nicht fertig und wird natür lich als unbrauchbar entlassen. Mit > Recht legt das Reichsgericht namentlich auf die mit dem Eisenbahndienst noth wendig verknüpfte Eile und Ueber haftung aller Verrichtungen und du Gefahren der Dampfkraft das Haupt l gewicht, und erachtet jene, sich mit der ersten Pflicht des Arbeiter«, seinem , Dienst pünktlich und schnell nachzukom men, sich in Widerspruch setzenden Jn- structionen sür ungültig und unver bindlich, namentlich wenn der Betriebs' Unternehmer sich hinter denselben zu verschanzen sucht, um Entschädigungs ansprüche abzuwehren. Allerdings gestaltet sich bei uns die Arbeit dieser Leute nicht ganz so ge fährlich, wie in Europa. Denn wäh rend sie dort zwischen die Wagen krie chen und die Koppelung zu Fuß zwi schen den Wagen herlaufend herstellen müssen, können sie bei uns, dank ver besserter Einrichtungen, vom Verdeck des Wagens aus koppeln. Doch ist dieS keineswegs gleichmäßig durchge führt. Trotzdem sind Unfälle der Brem ser hänfig genug. Denn dieser Rangir arbeiter muß von Wagen zu Wagen I springen, und häufig genug springt er ' zu kurz, fällt herab und wird zermalmt, l Dasselbe gilt auch von den Kopplern, die nach dem verbesserten System vom ! Verdeck auS koppeln. Um diesen so häufigen Unfällen ein für alle Mal ein Ziel zu setzen, hat ein Erfinder, Namens Thomas Tyrrell zu Glendive in Montana eine ebenso emsache, wie sinnreiche Vorrichtung cou struirt, welche mit wenig Kosten an Güter- und Personenwagen angebracht werden kann. Sie besteht, wie die obige Abbildung zeigt, auS einer Plat sorm, welche aus zwei durch Charniere mit einander verbundenen Theilen be steht und dicht am Dache der Wagen an ! gebracht ist. Die am Wagen besestigte Platte kann wagerecht gestellt oder auch heruntergeklappt werden, während der Haupttheil au» drei an Endstücken be festigten Stäben besteht, welche unter sich verbunden und mit Wellblech bedeckt einen sicheren Anhalt für die von Wagen zu Wagen gehenden Rangirarbeiter lnl den. Seitlich an der Wandung des Waggons ist ein Hebel angebracht, der mittels einer mit Gelenken versehenen Stange an der Platsorm besestigt ist und welcher die letztere ausrichtet und in ihrer Lage festhält. Das Uebrige ergibt die Abbildung. Jede Platsorm ist natürlich nur halb, und ergänzt sich mit der andern ebenso construirten ihr ge genüber befindlichen Platsorm des an dcrn Wagens zu einem Ganzen. Sehr einfach. Herr: Das sind ja ein paar allerliebste Kinderchen; nicht wahr, das müssen doch Zwillinge sein? Kindermädchen: Nee, das haben Sie doch nichr gerathen, Dril linge sind's! Herr: Machen Sie doch keine schlechten Witze! Die beiden Kinder könne» doch keine Drillinge sein! Kindermädchen: Natürlich können fie das! Das dritte ist nämlich zu Hause geblieben, weil es unpäsjlich war. Aha! SchiffScapitän: »Also Du willst Seemann werden und aus meinem Kauffahrteischiffe dienen?" tluabe: „Ja." SchiffScapitän: „WaS bi't Du denn von Hause?- Knabe: »Ausgerissen, Herr Kapitän!* «i» «e«sch, »ee «llle» wtffe» muß. Die hohe Stirn, da» nach hinten ge kämmte Haar, das bartlose Gesicht, kurz, die ganze Erscheinung kennzeich nete den Mann als einen Gelehrten, der sich seiner Würde und seiner Verdienste um die Wissenschaft wohl bewußt war. Mit festem Schritte betrat er das Ge bäude und mit einem Herrscherblicke fragte er den Druckerjungen. ob der Redakteur zu sprechen sei. Der Junge zeigte aus eine Thür, an der das Wort „privat" (nur kurz zu sprechen) geschrie ben war, und dorthin lenkte der Fremde seine Schritte. Er klopfte. „Herein!" rief der Redakteur und sah fragend den Fremden an. „Mein Name ist Schulze und ich habe soeben mein Examen bestanden," begann der Besucher. „Und —?" meinte fragend der Re dakteur. „Ich will mich der Journalistik wid men. Ich hörte, daß Sie einen Brief kasten-Redakteur brauchen einen Menschen also, der alle Fragen Ihrer Leser beantworten kann. Ich glaube, daß das eine passende Stelle für mich wäre." Der Redakteur sagte hocherfreut: „Sie sind ganz richtig inform irt. Wir brauchen einen Briefkastenmenschen, da unser jetziger sich seit Kurzem in einer Gummizelle befindet!" „In einer Gummizelle?" .Ja!- „Wo denn?" „Im Irrenhause!" „Ist er denn verrückt?" .Natürlich!" „WaS war denn die Ursache, daß der Arme den Verstand verloren hat?" sragte blassen Angesichts Herr Schulze. „Einer unserer Leser verlangte zu wissen, wie viel Haare ein Chinese aus dem Kopfe hat, und er drohte, daß er, fall« die Beantwortung dieser einfachen Frage nicht in der nächsten Nummer er folge, die Zeitung abbestellen würde!" „Bekommen Sie viele solcher Fra gen ?" meinte der Fremde beklommen. „Nun ja, es geht", entgegnete der Redacteur, indem er nachlässig einen ganzen Stoß Briese zur Hand nahm. „Hier sind so einige Proben", meinte er leichthin, „und wir können ja gleich ein mal einen Versuch machen." Er öffnete die Briese und las seinem Zuhörer gleich die gestellten Fragen vor. . „Wissen Sie daS Datum der ersten Schlacht der Ammoniter?" „Nicht augenblicklich aber ich kann nachsehen!" „Hm!" fuhr der Redacteur kopsschüt telnd fort. „Hier ist etwas Anderes: zu welcher Religion bekannte sich eigent lich Cagliostro?" „Ich kann es augenblicklich nicht sa gen aber —" „Dann, bitte, sagen Sie mir die volle Länge und Breite der neuen Forth . brücke, wie viele Steine zum Bau der selben gebraucht worden und wer zuerst über diese Brücke ging?" .Ich weiß eS nicht", gestand Herr Schulze kleinlaut. „Ein Brieskastenmann muß aber Alles wissen! Vielleicht können Sie aber diesem Fragesteller eine Cur sür Schwindsucht, Kopf- und Zahnschmer zen angeben?" „Ich habe keine Medizin studirt," antwortete der Mann mit der Denker stirn. „Ein Briefkasten - Redacteur muß Alles studirt haben," entgegnete ernst der Redactt ur. „Hier sind noch einige Fragen: sehen Sie, ob Sie diese beantworten können: In welchem Jahre ließ sich Martin Luther einen Schnurbart wachsen? Ist ein Gesetz vorhanden, welches Je mandem verbietet, die Nichte seiner Großmutter z» heirathen? Auf wel chen Tag fiel der IS. November im Jahre VV2 vor Christo?" Alle Farbe war nach und nach aus dem Gesicht des Herrn Schulze ver schwunden. Fast weinend wandte er l sich zum Gehen, indem er zu dem Re > dacteur sagte: „Ich glaube nicht, daß > ich den Posten eines Brieskapen-Redac teur« annehmen kann!".... l Ganz niedergeschlagen verließ er das ' Nedactions-Bureau, und der Redacteur muß weiter alle die sonderbaren Fra zen, die an ihn gestellt werden, beant worten oder aber in den Papierkorb versen. Der Nachruf, den eine »rme Wittwe Heimgegangenen Batten widmet, hat Uns tief ergriffen: Schon ein Jahr ruht er in süßen Frie- AusS neu' mit Zähren muß mein Aug sich netzen. Doch das Schlimmste, da) uns tsl be- schieden, Ist das Geschäft gehörig sorzusetzeu. O möchte das geehrte Publikum iltich freundlich Unterstufen: Ich werde mich bemühe» immerdar, Zedennann, so viel ich kann zu nützen." Caroline G. ES wäre mehr als hartherzig, wenn »aS geehrte Publikum einem solchen Wunsche nicht nachkäme. Devot. Gutsherrin: „Die Erb en sind sehr schön gerathen " Verwalter: „Ew. Gnade» haben au' Llick, großartig; aber die Erbsen sind ügentlich mehr Linsen, denn Ew. Gna >en wissen eh, wenn dö Erbsen mehr slach sind, da nennt man'« Linsen. Sind iber die Linsen mehr rund, dann Hei zen'S. wie Ew. Gnaden richtig bemerk »n, Erbsen." Ein neuer Liquen r. „Sag' «al. lieber Mann, was versteht man ocnn eigentlich unter Spiritus k»mil!»- ?i»?" „Ja, was soll darunter zu ver stehen sein? Das ist eben ein Familien zder HauSschnapS." »«» «,»»«,, »«««>»«,» Rabbi Nathanael Katzberg hielt seine erste Predigt. Die ganze Synagoge war gefüllt mit Männern und Frauen, welche andächtig lauschten. Ein leises Flüstern war durch den hellerleuchteten Raum gegangen, als der hübsche statt liche Mann die Kanzel bestiegen batte, und das Flüstern wiederholte sich lau ter und sreudiger als er dieselbe ver ließ. Die Gemeinde von Kurowice war stolz auf den jungen hübschen und ge lehrten Rabbiner, den sie sich erobert hatte und mehr als ein Mädchen ge lobte sich an diesem Abend, ihr Netz nach ihm auszuwerfen. Er war für . acht Tage das Ideal aller Herzen, die ihm begeistert und hoffnungsvoll ent gegenschlugen. Dann trat eine merkliche Abkühlung ein, denn man erfuhr, daß Rabbi Na thanael, wie dies bei den polnischen Juden Brauch, schon als Kind verlobt worden sei, und die Hoffnungen der jungen Mädchen welkten ebenso rasch dahin als sie emporgeblüht waren. In der That hatte Rabbi Nathanael bereits eine Braut, die schöne Batilda Mandelkern, Tochter des Rabbiner« Simon Löwenberg in Naratin, und sollte schon in den nächsten Tagen hin fahren, um die Brautschaü zu halten. Vorher besprach cr sich mit seinem Freunde MeSrog Honigmann, der ihn eigentlich nach dem Orte seiner jetzigen Wirksamkeit gebracht hatte, und die Beiden brüteten einen gar lustigen Plan aus, uie Braut aus die Probe zu stellen. MeSrog war von der Natur arg vernachlässigt. Trotz dem Geist, der aus seinem gelblichen Gesicht sprach, war er entschieden häßlich, trotz der gutmüthigen braunen Augen gab ihm die große krumme Nase einen Zug von Bosheit, und seine kleine Gestalt war nach allen Richtungen hin gleichsam verbogen und verdreht. Die Freund« beschlossen deshalb, daß der Rabbiner Kutscher erscheinen und Mesrop an sei ner Stelle als Rabbiner in Naratin auftreten sollte. Vier Tage später fuhren sie unter dein Schutze der Dunkelheit ab, Mesrop in dem langen Talar. dem schwarzen Sanimtkäppchen und dem hohen Hut eines polnischen Rabbiners. Nathanael dagegen in dem Anzug eines galizijchen Landkutschers. -Um Mitternacht auf halbem Weg« rasteten sie in Burstin und während die Pscrde gesüttcrt und getränkt wurden, traten sie in die jüdische Wirthschaft, welche mitten im Orte lag. Mesrog, der falsche Rabbiner saß in der Schenk stube und unterhielt sich mit dem Wirth und seiner Frau. Nathanael dagegen, seiner Rolle als Kutscher getreu, trat in die Küche, um seine kleine Pseise anzu zünden und setzte sich hier m einen Winkel auf eine Holzbank, wo er ein sür ihn ungemein interessantes Gespräch be lauschte. In der Küche be m Herd be fand sich die Tochter des Wirths im lebhaften Gespräch mit einer Freundin, und aus dem Geplauder und Gekicher der beiden Mädchen, die mit Batilda Mandelkern befreundet waren, ent nahm der Rabbiner, daß feine Braut, die sich auch nicht ohne Weiteres dem Beschlusse der beiden Väter sügen wollte, genau dieselbe List ausgesonnen habe, wie er. Auch Batilda hatte eine Freun din, Sarah Feinsilber, welche nicht eben zu den Perlen des schönen Geschlechts gehörte. Sie war klein uud unansehn lich, hatte einen krummen Rücken, ein schmales Gesicht mit harten Züge», spärliches Haar und befand sich auch nicht mehr im Lenze des Lebens. Natha nael lauschte ohne nur im Mindesten zu verrathen, wie sehr ihn daS, was.« hörte, interessirte. Als die beiden Freunde wieder i» Wagen saßen und ihren Weg fortsetzten, wendete sich Nathanael zu dem Hinte, ihm sitzenden Mesrog und theilte ihm mit, was er soeben ersahren hatte. Mes rog, welcher der geborene Humorist war und stets bereit zu jedem lustige» Streich, sobald derselbe in den Grenzen des Erlaubten blieb, sprang vor Freud« förmlich im Wagen auf und rief: „DaS ist >herrlich, das ist köstlich! Jetzt gibt eS erst einen großartigen un erhörten Spaß." Am srühen Morgen kamen die Freund« an und begaben sich geradeaus zu dem Hzuse des Rabbiner« Mandelkern, von dem sie an der Thüre freundlich empfan gen wurden. Nachdem Me«rog, über dessen Ausfehen der Rabbiner nicht we nig erstaunt schien, sich als sein zukünf tiger Schwiegersohn vorgestellt hatte, wies er aus Nathanael, der noch imme, aus dem Bocke saß und sprach: „Ich bitte Sie, mein lieber zukünf tiger Schwiegervater, auch sür da« Wohl meines Kutschers auf das beste zu sorgen. Dieser Mann ist nicht das. als das Cie ihn wohl ansehen Es ist eine Art homerischer Pserdelenker, ei« ebenso großer Gelehrter und Talmud weiser wie Kutscher vor dem Herrn." „Es ist nicht das erste Mal," sagt, der alte Rabbi, „daß mir AehnlicheS leq'gnet. War doch einer der berühm t.st n Mathematik.'?, den die Petersbur ger Academie der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede erwählte, ein einfacher ! jüdischer Fuhrmann." Während MeSrog von dem Rabbi in sein Haus eingeführt wurde, empfahl der Letztere zu gleicher Zeit dessen ver meintlichen Kutscher seiner Frau, die gleichsallS erschienen war, um den lie ben Gast zu begrüßen. Die kleine, dicke, gutmüthig aussehende Frau Man delkern nahm sich denn auch mit wahr hast mütterlich?! Sorgfalt NathanaelS an, wies ihm eine gute, sreundliche Stube an und ließ ihre Tochter, welche die Küche führte, auch in Bezug auf Nahrung bestens für ihn sorgen. Nach dem man sich über alle» Nothwendige ausgesprochen hatte, verließ Mesrog mit Nathanael das HauS de« Rabbi ners. um da« Städtchen und vor Allem hie Synagoge und den weit und breit berühmten uralten jüdischen Friedhof anzusehen. Es war Mittag, als die beiden Freunde zu Mandelkern zurückkehrten. Beim Essen erschien Sarah Feinsilber und wurde MeSrog, welcher Mühe hatte, daS Lachen zu verbeißen, als Batilda vorgestellt. Die beiden sahen sich erstaunt an, denn er gestand sich, daß er noch nie ein häßlicheres Mädchen gesehen habe, während sie den Bräuti gam ihrer Freundin einsach abscheulich fand. Während am Tisch das Gespräch sei nen Anfang nahm und MeSrog in tol ler Laune der häßlichen Sarah glühend I den Hos machte, war Nathanael in der Küche erschienen, wo Batilda die Rolle der Köchin spielte und gerade beim Herde beschäftigt war. Er grüßte sie und zündete sich dann eine Pfeife an, indem er aus der Gluth des Herdes eine kleine Holzkohle nahm. „Sie also sind der Kutscher, von dem mir erzählt wurde, daß er ein ebenso großer Talmudist als Pferdelenker ist," begann Batilda spöttisch. „In der That, mein Kätzchen," gab Nathanael lächelnd zur Antwort. „Mich wundert es nicht, daß mein Ruf bis hier in diese Küche gedrungen ist; um so erstaunter bin ich aber, hier eine Köchin zu finden, die e» auch verdienen würde, schon um ihrer Schönheit wil len weithin im Lande gepriesen zu werden. Ich hoffe übrigen», daß Sie eine Jüdin sind. Denn ebenso wie mein Rabbiner suche auch ich eine Frau, und Sie scheinen mir ganz geeignet, einen Mann wie mich glücklich zu ma chen." Batilda sah Nathanael erstaunt an; sie wollte ihm spöttisch antworten, aber sie erinnerte sich der Rolle, die sie spielte und zu gleicher Zeit mußte sie sich ge stehen, daß der Kutscher in der That viel, viel hübscher war, als der Rab biner, ihr vermeintlicher Bräutigam, und da er auch als Talmudist einen so großen Ruf hatte, so fand sie seinen Antrag mit einem Male gar nicht so lächerlich, als er ihr im ersten Augen blick erschienen war. Nathanael aß mit Batilda in der Küche, und unter Scherz und Neckereien stahl er sich mehr und mehr in ihr Herz hinein. DaS arme Mädchen wußte gar nicht mehr, wie ihr eigentlich wurde. Drinnen saß der ihr bestimmte Gatte, und hier an ihrer Seite plauderte mit ihr ein fremder Mann, der mehr und mehr den Wunsch in ihr erweckte, an seiner Seite durch da» Leben zu gehen. Als Batilda dann da» Geschirr abwusch, hals Nathanael ihr redlich dasselbe ab trocknen und ebenso bei andern Verrich tungen, welche sie des Nachmittags über vornahm. Als endlich der Abend her ankam. und der Rabbiner Mandelkern mit seiner Frau, dem falschen Bräuti gam und der falschen Braut wiederum beim Nachtessen saß, konnte sich die schöne kluge Batilda der neuen süßen Empfindung, die sie gefangen genom men hatte, nicht mehr erwehren, und wie nun Nathanael, während sie beim Herde stand und in einer Pfanne fleißig rührte, sie plötzlich um den schlanke» Leib nahm und aus den zarten weißen Nacken küßte, wehrte sie ihn nicht ab, sondern sagte nur erröthend: „WaS thun Sie?" Ich kann ja doch niemals die Ihre werden." „Warum nicht?" fragte Nathanael lächelnd. „Weil ich bereit» verlobt bin, und weil mein Vater niemals zugeben könnte, daß ich die Frau eines Mannes würde, welcher sein Brod, wenn auch redlich, auf der Landstraße verdient." „Ihr Vater?" sprach Nathanael. .Der ist wohl meschugge? Ich denke, ein Kutscher ist ein ganz passender Mann für eine Köchin." „Aber ich bin nicht, wofür Sie mich halten," flüstert Batilda,mehr und mehr verlegen und erröthend. „Was denn?" .Ich bin—' .Da« schönste, beste und klügste Mädchen, daß es auf fünfzig Meilen im Umkreise gibt," rief Nathanael. „und eben deshalb lasse ich Sie nicht mehr loS." In dem Augenblick, wo er die schöne Batilda von Neuem umschlang und ei nen langen Kuß, der nicht enden zu wol len schien, auf ihre rothen Lippen preß te, trat gerade Rabbi Mantelkern in die Küche, um seiner Tochter zu sagen, daß sie den Thee bereiten möge, und schrie aus wie ein Verzweifelter, als er seine Tochter in den Armen des vermeintlichen Kutschers sah. „Hast Du den Verstand verloren, Ba tilde?" ries er laut. „Was thust Du? Welche Schande bringst Du über diese« Haus und Deine Eltern?" „Verzeihen Sie," sagte Nathanael. „aber Sie irren sich, Herr Rabbi, wenn dies Ihre Tochter Batilda ist, dann habe ich ein Recht, sie zu küssen, denn ich bin Rabbi Nathane! Katzberg, und dies ist meine Braut." Während Batilda mit einem Schrv zurücksuhr, fragte der Rabbi erstaunt: „Und wer ist denn der Andere, de, drinnen sitzt und Sarah Feinsilber Lieb« und Treue gelobt?" „Da« ist mein Freund Mesrog Ho nigmann, der erste Spaßmacher in unse rer Gemeinde." Nun nahm das Lachen ?ein Ende. Der Rabbi führte das Brautpaar in die große Stube, wo seine Frau mit MeS rog und Sarah bei Tisch saß und alle« klärte sich nach Wunsch auf. Nur Eine ging bei der Sache leer aus. Die Hoffnungen, welche Sarah Feinsilber in Folge der Huldigungen MeSrogs ge faßt hatte, gingen leider nicht in Erfül lung. Wenige Wochen später sand die Hoch zeit des Rabbi Nathanael mit Batilda statt. Die Gemeinde Kurewice hatte beschlossen, dem Brautpaar ein Weinfaß zu verehren, und es war ausgemacht worden, daß ein Jeder von den Ge meindegliedern eine Flasche Wein in ei» große« Faß schütten sollte, da« zu diese» Zweck im Gemeindehau« aufgestellt wo»' den war. Bei aller Liebe zu dem Rabbi kam aber d«i dieser Gelegenheit der Egoismus zu seinem Rechte, und ein Jeder dachte: In einem so großen Faß macht eine Flasche keinen Unter schied. Und so goß denn Jeder statt seiner Flasche Wein ein» Flasche Wasser in daS Faß. Der Rabbiner bekam also statt eine« Faß Weines ein Faß voll Wasser, und als seine junge hübsche Frau ein paar Tage nach der Hochzeit dasselbe abzog, kam der spaßhafte Betrug zu Tage. Batilda, die Kluge, errieth sofort, wie dies gekommen war. Sie zeigte sich auf's Höchste erbost und drohte ihrem Gatten mit allem Möglichen, sobald cr sich dies -i.-taüen lassen wollte. , Immer wieder erklärte der Rabbi, er könne nicht die ganze Gemeinde be leidigen unv duS Faß zurückschicken; aber er weihe schon ein Mittel finden, den Scherz mit einem noch besseren zn vergelten. Trotzdem fchmollte die schöne Batilda mit dem unglücklichen Nathanael, und dies war um so schmerz licher sür ihn, als sie ihm jetzt al« junge, mit der Stirnbinde und dem Häubchen, in ihrem rothseidene» Schlafrock und der grünsammtenen mit grauem Pelzwerk besetzten Jacke, noch um vieles reizender und verführerischer erschien, als vor der Hochzeit. Mindestens dreißig Mal täglich machte der Rabbi den Versuch sie zu versöhnen, und ebenso oft erlitt er eine schmähliche Niederlage. Doch eS kam der Tag der Vergel tung. Wieder predigte Rabbi Nathanael und mitten in seinem Sermon sagte er salbungsvoll: „Ernste Tage stehen un» bevor. Ja, ein Unglück droht der ganzen Gemeinde, weil einer sich in derselben befindet, der einen großen Betrug begangen hat an dem Diener des Herrn und statt einer Flasche Wein eine Flasche Wasser in das Faß, das demselben verehrt wurde, gegossen. Wie sollen wir dieses Un glück abwenden, meine Freunde? Ich will den Mann, der so schweres Unrecht begangen, nicht nennen, ich kenne ihn aber und gebe ihm den Rath, daß er, um seinen Betrug wieder gut zu machen, heute Nacht sür die vorenthaltene Flasche Wein zwei Flaschen Wein und zwar guten Weines liefern foll." Ein Jeder in der Gemeinde glaubte stillschweigend, daß er gemeint sei und keiner zuckte mit einer Wimper, um sich ja nicht zu verrathen. Aber in der Nacht brachte ein Jeder heimlich statt der Flasche Wasser, die er in da« Faß gegossen hatte, zwei Flaschen Wein und der Rabbiner hatte jetzt statt einem, sogar zwei Fässer Wein al« HeirathSge schenk erhalten. Als der Scherz, den der Rabbiner sich mit der Gemeinde erlaubt hatte, offenbar wurde, vergaß Batilda mit einem Male ihren Zorn und fiel lachend und jubelnd ihrem Gatten um den Hals. Niemand war glücklicher, als Rabbi Nathanael, der sein reizendes Weibchen wieder versöhnt in den Armen hielt. Doch auch Merog ließ seiner Freude laut die Zügel schießen, denn er war es ja, der im Verein mit seinem Freunde Nathanael der Gemeinde diese» bösen lustigen Streich gespielt hatte. «u« »emLeben „Papa Wränget«" Die Figur des „Papa Wraugel" ist unter den Lebenden eine Allen be kannte. Von den ihm zugeschriebenen Histörchen sei hier nur eine kleine Aus wahl mitgetheilt. Der Hosgärtner Fintelmann auf der Pfaucninsel bei Potsdam zeigte dem General eine Palme mit dem Bemerken, daß der Baum wohl 7VN Jahre alt fei. .Ja, wer't gloobt!" war die Antwort. Als ihm der Nachtwächter des Revieres, >n welchem er wohnte, zu Neu jahr gratulirte, sagte er: „Ick danke Dir, mein Sohn, gleichfalls! Wieviel hast Du denn det »vorigte Jahr ge kriegt?" „Nichts, Excellenz!" „Na. denn wollen wir't dies Jahr ooch dabei belassen!" Als bei einem Manöver ein mit seinem Reiter durchgehendes Ossicier pserd grade auf Wraugel losgeht, ruft er dem Reiter zu: „Reit'st Du mir um, spunn ick Dir in!" Auf einem Hofballe fragte ein Eavalier den alten Wrangel, indem er auf eine junge Hofdame wies, die stet« in sehr tief ausgeschnittenen Kleidern ging: „Haben Sie so etwas schon ge sehen, Excellenz?" .Seitdem ick ent wöhnt bin, noch nich!" antwortete Wrangel. Bei einem Streite an der Tasel des General Möllendorf, ob man richtig deutsch sage „eS deucht mir" oder „es deucht mich," sagte Wrangel: „Da kann man sich ja leicht Helsen! Man sag« einfach: ich bin die Meinung!" Als er bei einem herzlichen Hän bedrucke des Königs darauf ausmerksam gemacht wnrde.daß er vorher die Hand schuhe hätte ausziehen sollen, sagte er: „Den Händedruck meines Königs sühl« ich auch durch dem Leder". Aus die Abonnementslislkn zu de« Opernhausbällen schrieb er: „Ich kom me auf allen Vieren". „Kindchen! Dein Kleid ist oben zu kurz!" sagte er zu einer stark dekolle tirten jungen Hosdame. Als er dem General M., der ver> gessen hatte sich zu rasiren, auf eine, Revue sagte: „General M., Sie haben sich heute nich gewaschen!" und als die ser beim Könige wegen dieser Aeußerung sich beschwerte, sagte Wrangel: „Kurio ser Mensch, der M., sich wascht er nich und gegen mir beschwert er sich". .—Sein Lieblingsspruch war: Mit Beharrlichkeit kommt man am Ziele. —.Preisaufgabt für Buch druck er. Eine alte Frau, deren Au gen die Sehkraft fast verloren hatten, kommt in eine Druckerei, bringt ihr Ge sangbuch mit und bittet freundlich, da sie kaum mehr in der Kirche au« der keinen Schrift mitsingen könne, sie möchten ihr doch die Buchstabe» in ihre« »esangbuche etwas größer «achen.
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