Sühne. ««»ekle von Konrad A«lma«n. (S. Fortsetzung.) „Wieso?" fragte ich lachend. „Der paßt Ihnen auf. Das ist Ihr Geind." „Mein Feind? Wie soll ich das ver stehen?" „Run, Ihr Rival, wenn da« besser klingt. Wußten Sie das noch »ich!?" „In der That: «ein!" Ich lachte wie der. „Wenn Sie mir das erkläre» wollen —" „Aber das ist gar nicht so lächerlicy, mein Bester," sagte der Dokter mit sei nem cynischcn Lächeln. „Jeder Mensch hat gemeiniglich etwas zu verbergen, was er ungern an die große Glocke ge hängt sieht. Deshalb ist cS iniiner am beste», sich k-ine Feinde zu machen, son dern Alle» vorzuheucheln, man halte si« für prächtige Geselle» und ehrliche Häute, während man ganz genau weiß, daß sie niederträchtige Schufte sind. Sonst spielen diese gute» Leute Einem bei Ge legenheit eine» abscheulichen Streich und man hat das Nachsehen." „Ich verstehe aber immer noch nicht, was diese gewiß sehr weltkluge Idee mit mir und dem Inspektor Schwarz zu thun hat, und weshalb wir Rivalen sind!" „Nun, sehr einfach. Er bewirbt sich «m das Bürgermeistertöchterlein, um die holderblühte Dorothea!" „Weiß ich! Aber der Alte gibt sie ihm «kcht, und daö JungfrSulein nimmt ihn nicht, weil Beide erwarten, Ihr dreifach umpanzertes Herz werde sich eines TageS hoch noch erweichen lassen. Und Schwartz „Nun? Und —? Ich will ihnen Allen meinen schlistlichen Verzicht auf Ehrenwort und für Lebenszeit gebe» mit /Wirde wohl nichts helfen. Die lieb liche Dörth« ist in Sie nun einmal ver narrt bis über die Ohren, und so Einer ist nicht beizukommcn. Schwartz wird «S also wohl auf andere Art versuchen." „Rämlich?" „Hnik" Der Doktor lächelte ironisch. „Nur ist das Mittel ein bischen gefähr lich, sind' ich." „Wieso? Womit will er mich denn unmöglich machen?" „Ja, da liegt'S eben." Der Sprecher wühlte in seinem Bart und blinzelte mich siechend«», grün - grauen Augen «n. „We gesagt: jeder Mensch pflegt seinen «uiideu Pnttkt zu haben, um es milde jekt geschildert wird, welches im fremden ! „Herr Doktor !" Ich war halb in die „Ich bitte," sagte der Doktor ruhig, ihm! Mir geht das Alles nichts Unglücks. - Guten Abend, meine Her- ! ren! Sehr ersreut! Gott sei Da»k, daß Gesellschaft kommt! Wir Zwei ha ben uns schon schauderhaft ennuyirt und gescheite» Wort, Assessor?" Ende. Es wäre mir auch sonst kaum etwas zu sage» geblieben. Der Doktor hatte sich ja nicht zum Theiluehmer an unbekannte Gefahr aufinerksan mache» wollen und ich mußte ihm dasür dankbar sein. Was ging mich über haupt diese ganze gegen mich ange zettelte Intrigue noch an. Sie war lächerlich bis zum Aeußerften. Wie der Bürgermeister und sein von mir nicht begehrte« Töchterchen, wie die übrigen Honoratioren von Pollnow über mich dachten, galt mir völlig gleich. In we nigen Monaten war ich dieser kleinstädti schen, muffig-philiströsen Atmosphäre entrückt, dann mochten sie den große» Bannfluch hinter mir herschleudern oder die Fauste ballen, wie sie wollen. Und wenn ich schon vorher bei diesen ehr samen Spießbürgern „unmöglich gewor den" war, ich würde es zu tragen wisse». War einmal mit Helene und mir Alles tntschieden, so mußte ich ja ohnedies mit offenem Visir Handel» und durste jedem Verrath trotzen, der nichts mehr zu ver rathen haben konnte. In Folge solcher Erwägungen nahm ich des Doktors Warnungen nicht schwer und hatte sie ebenso wie den Fabrikin spektor Schwartz, mit dem ich übrigen« persönlich uiemalS in irgend eine Be rührung gekommen war, und sei ie gegen mich geschmiedeten Rachepläne bald völ lig aus dem Gedächtniß verloren. Ich mischte mich mit erheucheltem Interesse in die Gespräche, die nunmehr am Bier tische hin und wider flogen, ich ließ mir sogar die Liebenswürdigkeiten de« Bür xnmePers gefallen, der an diesem Abende sicherlich mit mir zufrieden und betreffs der Zukunft seine» Töchterchen» hoffnungsvoller war, als je. Um die gewohnte Stunde löste der Stammtisch sich pünktlich auf, ohne daß ein Wort ge fallen wäre, das über die übliche, ergeb nißlofe Unterhaltung hinausging. Ich schlief in dieser Nacht seltsam ruhig. E« mußte eine wundersame Sie ges- und Glücksznversicht in mir sei», die mir Frieden gab, und mit ihr erwachte ich auch. Es war ein strahlender Sommertag. Kein Wölkchen am Firmament, und die Luft ging doch frisch und erquicklich. Und heute, heute sollte eS sich entschei den! Ich ging früher in'S Gerichtszim mer, als je, ich sehnte mich danach, mich mit Arbeit über die Stunden fortzutäu- Es war mir wunderlich, daß gerade heute eine Reihe von Schriftstücken ein gegangen war, welche sich auf die Unter- Mörder Planck'S bezogen. Wie und ich warf sie zu den Akten. Da war die Abschrift des schwurgerichtliche» Er kenntnisses gegen die unverehelichte große Mittagsschweigen des Sommers brütete über der Landschaft. Ich hatte mich bei dem rasche» Gehen, das die labte mich an der Schattenkühle des Platzes. Der kleine See hatte auch heute nichts Unheimliches, nichts Düste res mehr sür mich, wie neulich, ich fand die Kehle zu. Wie würde ich «S ertra j gen? Immer wieder lauschte ich mit angehaltencin Athem hinaus. Jedes Rascheln eines dürren ReifigS, jeder Windhauch in den Nadelkronen, jedes Hüpse» eines Vogels durch da» Wach holdergestrüpp ließ mich zusammenfahren. Und immer wieder eine neue Ent täuschung, ein neues angstvolles Er schrecken! Die festgesetzte Stunde war vorüber. Eine düstere Trauer kam über mich, eine dnmpfe Resignation. Sie kommt also nicht! sagte ich mir, si« will nicht kommen, eS ist Alle» auS. Ich , glaubte an nichts mehr, wollte an nichts mehr glauben, i Wie ein schwarzer Flor senkte «s sich über mich herab, mitten in der sonnigen Heiterkeit dieses strahlende» TageS. Ich hätte mich am liebsten nie. dcrgeivorsen und mein Weh ausgestöhnt, dunkle, stille Wasser. Was iiu»? gellte «S in mir. Alles, Alles vorbei! Ich sank aus die Rasenbank nieder, ich sprang Augen, «in seltsame» Lächeln auf den Lippen. „Helene!" Ich rief eS halb fragend, halb zürnend, ich wußte nicht mehr, was an die Lippen. „Still!" flüsterte sie böses Gewissen? Ich weiß «S nicht. hatte mich allmählich gefaßt und trat ihr näher, mein Herz schlug wild. „Wie King« bist Du schon hier?" fragte ich. Das „Du" kam mir wider Willen von nie». Und mir thaten Ihre Unruhe, Ihr Schmerz so wohl. Sind Sie mir böse? Ich konnte nicht anders. Sehen Sie ihre beiden Hände hin und lächelte strahlend. Sie war von be zwingendem Liebreiz in diesem Augen versagen, ich mußte, um mich für all die angstvolle Oual dieser Stunde zu ent schädigen, schon jetzt und ehe »och ei» Nacken schlingen, sie an mich ziehen, sie küssen. Und ich that's, obgleich sie sich wehrte, obgleich ein Schreckenslaut ihren Lippen entfloh. Ich küßte diesen wei che», süßen Fraueumund, ich fühlte, daß mein Kuß erwidert wurde trotz Allem. WaS bedurfte »S da also noch der Worte zwischen uns? Wir hatten uns schon rntschieden, Beide. ,Um Goltesioillen!" war daS erste Wort, das Helene nach dem ersten, auf flammenden Rausch flüsterte, „wenn man uns steht, uns belauscht! Ich bin gewiß, daß man uns auflauert. Ich hab' es lch führte sie halb mit Gewalt auf die Rasenbank am Ufer des Waldsee«. Unterwegs flüsterte ich ihr tausend zärt liche Liebesworte, Betheuerungen, Vor würfe in's Ohr, die sie alle mit anhörte, über sich ergehen ließ, hier? Duldeteich das sonst? O, ich bin schlecht — schlecht!" sie sich vor's Gesicht zu schlage». Ich sollte es uns auch nützen? Glücklich nicht würdig wäre? Was wellen wir thun? ES giebt ja keinen AuSweg. Wir müssen entschlossen handeln, mit ossenem Bisir, je eher, desto lieber —" Ich redete noch so eine Weile zu ihr^ selber gesagt, was mir aus der Seele brannte. Mein ganzes volles Herz strömte ich vor ihr aus. Da sie immer stumm blieb, glaubte ich sie überwunden, und wurde nun nur noch beredter, noch stürmischer, »och feuriger, aber als ich schwieg, sah ich, daß das Alles eindruckS los an ihr vorübergegangen sein mußte, den» sie schüttelte »ur traurig deu Kopi und sagte hinlerdrei»: „Ja, Du bist au, und Du glaubst an da« Alles, was Du r«dest, und Du liebst mich. Ich danke Dir dafür. Nur werden kann es »ich« würde mich vor mir selber schämen müs l Kn. Und deshalb darin hast Du ganz recht deshalb ist eS am beste» für uns, wir gehen lieber heute gleich auseinander für immer —" Ihre Stimme brach beinahe vor ver haltenem Schluchzen. „Helene!" schri« ich aus „das könntest —das wolltest Du? Du liebst mich also nicht, Helene?'- Da sah sie mich lange mit großen, glänzenden, unsäglich schwermüthigen Augen an. Dann fuhr sie mit der Hand leise mir über die Stirn hin und sagte: „Ob ich Dich liebe! Ich habe Dich zwar betrogen, Ottomar, im Ansang, weißt Du, ich wollte Dich berücken, ich war kokett, ich war schlecht und berechnend, weil Nun, das hat sich an mir gerächt, bitter. Denn dann j liebte ich Dich wirklich, Dich als den . Ersten und Einzigen aus der Erde, ich schwöre Dir'» zu, Ottomar, bei Allem, was mir je h«ilig war, ich hab« nie »or Dir einen Mann geliebt, nie; ich wußte gar nicht, was Liebe ist. Ich hab« immer nur gelitten unter der Liebe von Männern, deren Lieb« ich nicht erwi dern konnte, schwer, surchlbar hab' ich darunter gelitten, eS war wie ein Ver, hängniß, und ich selbst konnte nicht lie ben. Ich dachte, ich sei dessen überhaupt nicht fähig. Dann heirathete ich den Guten, Edlen, der mich liebte, mich ret tete, kannst Du nicht verstehen, wi« «r mich rettete! trotzdem ich ihn nicht liebt«. Ich war in meiner Art glücklich, soweit ich s noch werden konnte; ich hatte Pflichten zu erfüllen, die mich be glückten, ich hatte abgeschlossen mit allem Ucbrigen, ich glaubte mich geborgen. Dann kam «s anders, ganz anders. Daun lernte ich die Liebe doch noch kennen, die Leidenschaft. Aber nun war es viel zu spät, viel zu spät. Weil ich Dich so wahnsinnig liebe, Ottomar, weil ich setzt weiß, was Liebe ist, deshalb werd' ich Dir nie angehöre», nie. Glaube mir, daß eS nicht sein kann. Das ist Alles, was ich von Dei ner Liebe fordere, daß Du mir'S glaubst. Ich kann nicht. Und nun geh', küsse mich noch einmal, der Himmel verzeih' mir die Sünde! und dann geh'! Wenn Du mich liebst, Ottomar, geh'!" ES war etwas in ihren Worten, in der Art, wie sie ihre Worte vorbrachte, dem ich keinen Widerstand mehr entge genzusetzen wußte. Was hält' ich ihr auch sagen, was thun können, um sie zu überzeugen, sie anderen Sinnes zu ma chen? Ich hatte ihr ja Alles gesagt, und Alles hatte sie ungebeugt gelassen. Ich fühlte mich gelähmt, machtlos einem Gewaltigen gegenüber. Ich gab die Hoffnung noch nicht auf, konnte sie nicht aufgeben, mir diese Frau, die mir eben das feurigste, daS beseligendste Gestand« niß ihrer Liebe gemacht, doch noch ein mal zu gewinnen, aber ich mußte der Zukunft überlassen, was mir der Augen blick oersagte, und der Wunderkraft der Leidenschaft vertrauen, die über alle endlich den Sieg davontragen würde. „Helene", sagte ich, „Du könntest mich so namenlos glücklich machen und zeigst mir jetzt das Glück nur, um mir zu sa ge», daß ich es nie erreichen soll!" Sie nickte traurig. „Es muß so sein." Und leise machte sie ihre Hände aus den meinen srei, die sie immer »och um schlungen hielten. Wie demüthig beugte sie sich nieder, mir sich von mir küssen zu lassen. Sie erwiderte den Kuß diesmal auch nicht, und mich durchschauerte es bei dem Gedanken, daß es der letzte sei» wolle» gehen!" E« kam wie ein Hauch über Helene's Lippen. Müde, gebrochen stand sie auf. Aber ihre Gestalt schien ein Frösteln heftig. „Ich muß fort, ich kann nicht länger. Hörtest Du nichts? Waren das nicht Schritte da drüben im Ge erklären? Laß uns das Alles erst breiten Astloch? Dort steck' ich ihn Deiner Antwort machst Du's ebenso. Willst Du? Aber nun laß' mich gehen. Ich habe die bestimmte Vorahnung, als Du mich lieb hast! Leb' wohl, Du Bester, Du Gelicbtester!" Nicht ei» einziges Mal wandte sie sich um. Ich hatte mir das Alles so ganz anders gedacht, hatte gewähnt, wenn wir Nun berührte mich dies« Erkenntnis doch wieder peinlich. Unter andere» Umständen hätte ich nicht» daraus ge geben, daß die Anwesenheit dieses Man unwillkürlich gedachte ich dessen, waS mi, der Doktor gestern Abend im „Greisen" gesagt hatte, und ein leichtes Fröstele und nun in der Stadt zu widrigem Ge rede Veranlassung gab! Das konnte He lenes Ruf schwer gefährden, mich mit Leopold Häseler in ernsten Konflikt brin, gen, wenn mir auch die moralische Ent rüstung der Pollnower Honoratioren unt Dorothea Wetzlers Verachtung kein, schlaflosen Nächte bereiten würden. IH konnte jedoch nicht glaube», daß Schwarj leichtsinnig die Frau seines Prinzipalt zu verdächtige» wagen würde, nur un mich in den Augen seiner Auserkore nen bloßzustellen, ich wollte auch daran nicht glauben. Dennoch blieb einGefühl des Unbe hagens in mir zurück. Und mit ihm nung wieder zu erreiche», froh, keinen weiteren Begegnungen mehr ausgesetzl zu sei». Wenn es denn übrigens wirk- Jnsosern lag für mich etwas Versöh nendes, etwas Tröstliches in dieser Be fürchtung; sie würde entscheidend einge sehen würden. Müde warf ich mich zu Hause aus mein Sofa. Ich konnte keine volle in mir vorherrschte», nach dem Erlebten vorherrschen dursten. Ich wußte nur, daß ich gehasst hatte, mit anderen Ge eines derselben: das Schreibe,, der Orts behörde zu Dellenburg. Ich riß es auf, waS war daS? LaS ich das wirklich da stand c«, Wort für Wort, Buchstab« ternden Fingerspitzen berühren, ohne daß eS sich verflüchtigte: „Die von hier ge bürtige Helene Halm, Tochter des nun mehr verstorbenen Pfarrers Theodor Halm dahier und seiner ebenfalls abgeschiedenen Ehefrau Maria, ge wie behördlicherseits durch Einsicht in die Standesregister hier festgestellt worden, nach Hierselbst ordnungsmäßig 27. Mai des Jahres 18—". Ich konnt« ,un weiter? Schreckte mich schon der bloße Klang dieses Namens? War ich so müssen. Eine Zuchthäuslerin! Aber was ging das mich denn an? Ich liebt« sie ja. Ich hatte sie ja trotz aller Schrecknisse der Hölle zu mir in mein« gen Machinationen Menschen in Verbrechen verstrickt, zu Verbrechen getrieben. unverdienter Strafen Erfahrung hatte e« mich gelehrt. Wi» viele Unschuldige hatten denn schon in Ketten und Banden schmachten müssen bis aus unsere Tage, weil ihre Unschuld sich nicht hatte nachweisen lassen, weil der Schein gegen sie gewesen war! Er wies die Thatsache, daß Helene in einer Strafanstalt gewesen, schon unwiderleg lich eine Schuld, ein Verbrechen bei ihr? Nein, tausendmal nein! Wenn eS aber selbst so wäre, was dann? Sie hatt« ja gesühnt, waS sie unbesonnen einmal wirklich gefrevelt haben mochte, sie hatt« ja die Strafe abgebüßt, die das verletzt« Recht über sie verhängt. War sie des halb meiner nu» weniger würdig gewor den? Ein feiger Selbstbetrüger unt Heuchler, der sich das hätte vorreden wollen! Ich, ich liebte sie darum nicht minder feurig, würde sie um nichts min>! der jubelnd als mein Weib in incin« Arme schließen. Nun aber begriff ich auch, warum sie mich nicht hatte erhören, mir nicht halt« folgen wolle», warum sie sich für so nn dankbar und so schlecht gehalten hätte,! sallS sie es dennoch gethan haben würde. Sie wollte Den nicht verlasse», verra, then, der sie einst dem Gerede der Welt Weibe gemacht, der sie trotz deS'MakelS, vollen und sie befriedigenden Plah geführt hatte, welcher ihr Gele genheit bot, in der Stille Gutes zu thun und alle die in sie gelegten Kräst, zum Besten Anderer zu nützen. Da» ließ sich gar wohl verstehen, und dies, Regung ehrte Die nur, welche sich ih, hingab, und um ihr zu gehorchen, den Trieben und Wünschen ihres Herzens Einhalt gebot. Ich aber wollte auch diese Regung in ihr nicht anerkennen, als einen ehernen Fels, daran die Wog« meiner Leidenschaft machtlos zerschellen sollte, sondern sie trotz derselben zu mei nem Evangelium vom Recht der Lieb« bekehren und mit ihr das Glück in mein« verlangenden Arme reißen. Ich war aufgesprungen und halte in meiner wild wogenden Erregtheit das Zimmer ei» paar Mal mit rasche» Schritten durchmessen. Dann blieb ich plötzlich neben dem Tische stehen und stützte den Arm schwer mit der geballten Faust auf das Schriftstück, das ich vor her gelesen. Es schlich mir ein EtwaS «iSkalt, mich bis in'S Innerste durch schauernd, bis zum Herze» herauf. Mir war's, als ob mir das Blut in den Adern zu Eis gerinne. Meine Augen starrten auf ei» Etwas in der leeren Luft, das in Wirklichkeit gar nicht da war und das ich dennoch gewahrte, so greifen können, ei» Furchtbares, ein Ungeheuerliches. Weshalb hatte ich den» jene Auskunft der OrtSbehörde von Delltnburg über Helene Halm eingefor dert? Doch nicht, um festzustellen, daß Helene Halm und Frau Helene Häseler «ine und dieselbe Person waren? So», dern weil die Vermuthung vorlag, dag jene Helene Halm, die in derselbenStras anstalt gefangen gesessen hatte, in welcher Planck als Gärtner beschäftigt gewesen, später die Mörderin ebeu dieses Planck geworden war. Dann also wäre Frau Helene Hä seler ja diese muthmaßliche Mör derin geworden, meine Helene, aber die Helene, welche ich liebte, welche ich heute, vor Stunden erst, ans der Rasen bank am Waldsee in meinen Armen ge halten und geküßt, die ich beschworen hatte, mein zu werden, mir als mein Weib in die Welt hinaus zu folgen. Meine Gedanken verwirrten sich, ich war wohl wirklich aus dem besten Wege, wahnsinnig zu werden. Ich lachte laut vor mich hinaus, nur um mich lachen zu höre». Aber dies Lache» klang mir unnatürlich, fremd, wie das eines An der». McineGedanken jagten wüst durch einander. Ich sah Helene mit dem dürren Reisig in der Hand bei der sohlen Blitz beleucytung des Gewitiernachmittags unter den Föhrensiäinmen an der Stelle austauchen, wo Planck erschossen worden war, ich hörte ihre Worte: „Nun ver haften Sie mich nur gleich, aber gleich!" Ich sah sie den schmalen, klei neu Fuß auf das Papier setzen, das die Zeichnung der in der Nähe des Thatorts aufgefundenen Fußspur ent hielt, und dachte daran, wie genau dieser Fuß dazu gepaßt hatte. Ich hörte sie am ersten Nachmittag unseres Beisammenseins auf Eartlow ,z» sagen, daß der Ermordete vielleicht mit Recht getödtet worden, vielleicht ein sie nenlich gefragt hatte, weshalb der Mörder den Leichnam des Erschossenen nicht in den Waldsee versenkt haben möge, gend, einmal im Zuchthause gesessen habe. War eS deshalb geschehvn? Hatte «r stumm gemacht werden sollen? Oder die er einst geliebt haben mochte, und da» sie mit einem Schuß in'S Herz ibm er widert, aus Nothwehr? In der Aus übung ihrer berechtigten Vertheidigung? (Fortsetzung folgt.) » Trutz-Srühlt»«»«»». That wieder in der Walpurgisnacht Die schlummernde Erde belauschen, Und wie sie vom Winterlraum erwacht Mit zauberischem Klingen und Rau schen. Wie ihrem Schoß unter Glan; u»d Dust Sich tausend Keime entwinden: llnd gleich der Lerche in hoher Luft Wollt' ich's der Welt verkünden. Doch da mir der Sang auf die Lipp« kam, Vernahm ihn der Herr Gevatter; Darauf erhob er gleich lobesam Sein kritisches Geschnatter. »Was soll das geben? Ein Lied vo« Mai—? Ilm aller Heiligen willen, Ist denn die alte Lit nei Zioch immer nicht zu stillen?!" .Wir kennen'?, daß die Knospe keimt Und Quellen sprudeln und Bronnen, Wir lasen ohne Maß gereimt Die „Sonnen" und die „Wonnen". ,ÄZir wissen, „wa» unS der Wnd er» zählt". So aus- als innenwendig: Wie „Erde und Himmel sich ver mählt" — Man sang'S uns tausendbändigl" „Drum laß verstummen allzumal Der Frühlingssreude Leier; Vesinge des Lebens Leid und Qual. Der Stoff ist besser und neuer!" Ich aber lachte ihm in'S Gesicht: Lehüt' Dich Gott, Philister! Es soll mir stören mein Singen nicht Dein Groll Dein pessimister l Ich grüße von Herzen die junge Welt, - Die heut' uns ward geboren, Und wenn solch Gruß nicht wohlgefällt, Thu' Watte m die Ohren! iluf Deiner Scholle knirsche Du : Mich drängt'S zu sröhlichem Wandern, Und hört meinem Lied der ein« nicht zu, So sing' ich's morgen 'nem ander» I ! Frei soll es steigen empor, wir wenn'» , Besäße der Lerche Schwingen: > Lringt neue Rosen ein neuer Lenz, ! Will ich sie neu besingen! llde! vergeh'n wird nur kurze Zeit, Und nus grüßt die Sonne nicht ! Doch leben werden in Ewigkeit, Der Lenz und seine Lieder! Da» kommt dav»«! Referendar Pfiffig und Assessor Dick hen sind gute Freunde. Während der Berichtsferien machen sie einen Aus flug nach einem kleinen und billigen < Landbade für Luxusbadereiseu ' reichen Reserendarzuschüsse und Assessor > zehälter im Allgemeinen nicht aus. j Sie sind mit ihrer Wahl ganz zufrie den, denn in Untertannenheim gibt'S nne Reihe schmucker, junger Mädchen. Namentlich Eine, eine schlanke hübsche Vlondine, Hat'S dem Referendar ange than. Aber die Gelegenheit zur An- Inüpfung eines Gespräches hat ihm immer noch gefehlt- So sind die Bei den denn auch eines schönen Nachmit tags in den Anlagen des kleinen Bade »rles spazieren gegangen. Des drohen den Regens wegen haben Beide ihre Schirme mitgenommen, die noch im .Zulteral stecken, denn sie sind lange Zeit »icht gebraucht. Dickchen schlummert »lsbald auf einer Bank, die sie zum Ausruhen ausgesucht haben, ein. pfiffig blickt sinnend und träumerisch in »ie Gegend hinaus. Da fühlt er einen »assen Tropfen auf seiner Hand und jchaut in die Höhe. Richtig, es tröpfelt lchon. Er will Dickche» wecken, da vllt sein Auge auf die schöne Blondine, )ie völlig unveschirmt die Allee herab !ommt. „Heureka!" jubelt unser Refe rendar leise „da habe ich ja die chönfte Gelegenheit, ihre Bekanntschaft zu mache». Ich biete ihr meine» schirm an und begleite sie heim!" Aber in demselben Augenblick fällt hm lähmend aufs Herz, daß sein schirm nicht mehr ganz tadellos ist und :inen Riß ausweist, der zwar die Ge irauchssähigkeit desselben nicht beein rächtigt, aber ihm doch für den Zweck, »en er verfolgen will, äußerst fatal ist. Da fällt sein Blick auf Dickchen'» eben ialls noch im Futteral steckenden Schirm; nit schadenfroher Miene vertauscht er »ie beiden Schirme und eilt mit dem ge »ommenen der Dame entgegen. Di« Zärker fallenden Trovfen erwecken auch Dickche», mit trübem Ahnen greift er »ach seinem Futteral, allein siehe da, Satt seines schlechten, den er erwartet, mthüllt dasselbe einen guten Schirm — »er kleine Riß schadet ihm nichts. Inzwischen ist Pfiffig der Dame ent zegeugeeilt. „Gnädiges Fräulein, ein Wetter steigt herauf ich seh« Si« ihne Schirm mein Name ist Pfiffig, jicfrrrndar am Kammergericht darf ch Ihnen meinen Schirm anbieten?" llnd das Fulteral mit eleganter Hand dewegung abziehend, enthüllt er Dick hens Schirm ein Gestell mit trost losen Fetzen! Laut auflachend eilt die junge Dame »avon fein Pech verwünschend aber jchlägt sich der arme Referendar in die MS » endlich bis auf die Haut durchnäßt in das Hotel kam, saß im Billardzimmer Dickchen kreuzfidel vor iinem frischen Schoppen. „Prosit Schirmmarder!" klang es ihm ent gegen. „Siehst Du, das kommt da »ou!" Pariser Witz. ES handelt sich um die Besetzung des Postens eine» Großrabbiners von Paris. „Du wirst sehen," klagte einer von den wenigen noch übrig gebliebenen pariser Antise miten, „diese Stelle wird auch wieder nn Jud' betommen!"
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