Uergebens. Raman von Eonrad Mühl»v«»jel. (S. Fortsetzung und Schluß.) <ÄlückSpilz!" Bild nicht gleich iiach seiner Vollendung an die Ocfscntlichkeit geschickt? Wes halb habe» Sie Ihr Licht so lange nnier ,''Abschied?" Frühjahr konimc^ ich zurück, um es noch «lii die Ausstellung im nächsten Jahre bringen zn können." „Wollen Sie den» durchaus im näch sten Jahr? schon unstei'blich werden?" lachte Hu!d. „Nnn, also auf Wieder lebn heute Abend!" Damit trennen sie sich. Skarnow geht gedankenvoll weiter. Seine Koffer stehen gepackt, seine Ange legenheiten sind alle auf das Klarste ge ordnet, eS bleibt ihm nichts mehr zu ihn», als Abschied zu nehme». Und deshalb zieht eS ihn hinaus an einen blnmenüberdccktcn Grabhügel. Er hat sie doch lieb gehabt, feine schöne Melanie, sehr lieb! Daß sie gerade jetzt sterben nnißte, jetzt, da sie endlich halte frei athmen können. Armes Kind! Und vor seinem geistigen Auge däm mert die Zuk»ust empor mit Ruhm und Wohlleben. Er sieht den Lorbeer um seine Schläfe geflachte», sieht sich bc»ei- Ta wird ihn, ans einer der voriiber fahrenden eifrig gewinkt, «ir blickt anf! „Ah, Frau Annuschka!" Der Wagcn hält, die Dame bietet ihn« „Wir haben uns lange nicht gesehe». Wcllc» Sie mich ein wenig begleiten?" fragt sie. Er nimmt den Platz an ihrer Seite ein i!i,d küßt die warme, kleine „Wie Iran»ig Sie aussehen, An nuschka, in dicscr schwarzen Kleidung, abcranch wie schän!" Die Thränen steigen ihr in die Angen, was sie vortrefflich kleidet. Dann sagt sie mit ihrer weichen, schmelzenden Stimme: „Mein Freund, wir haben dcide schmerzliche Verluste erlitten und sönnen gegenseitig nnsern Schmerz ver stehen. Heute sind es acht Tage, seit sie meinen Gatten unter den Rase» acbettel haben." Als eine Stunde später der Wagen vor der Wohnung der jungen Wittwe ball, küßt Arnold die kleine, warnie Er schaut ihr »ach, bis die Thür sich hinter ihr geschlossen nnd schlägt den Heimweg ein. Das frische Grab dran- niühi >», Eindrücke lebendig macht, di« zn verwische» ihm in all' dieser Zeit nicht gelungen. Endlich greiit er »ach dem ZeitungS bla». Vielleicht konnte er dem Gespenst Blick auf ein ans demselben Pinsel her. vorgegangenes, erst halbvollendete« Kunstwerk zu werfen, welches zu den führnng mittelmäßiger... .Komposition verfehlt.... ohne Tiefe und geistigen Ge halt.... bisher nur das leise Klirren von Glä sern und das Knittern der Zeitungsblät tcrn zu vernehmen war. von jenem »nneiinbarcn Granen ge schüttelt, das ihn sonst stets dabei über kommt; heute ist ihm, als müsse er der um was D» mich opfern gewollt, um was Du Dich selbst zum Opfer gebracht ?ast." Und ihm ist, als verlöre die Er icheinnng ctwas von ihrer dämonischen Macht über ihn. Als Räumer endlich die Hände vom Gesicht sinke» läßt, sind die Kronleuchter im Cafe und in dem daneben liegenden Spielzimmer bereits angezündet. Drau ßen ist es fast völlig dunkel. Die Wolkenwand, die vorher im Westen gestände», ist herauf gezogen und be deckt den ganzen Himmel. Der rothe Feuerschein der zuckenden Blitze zeigt, wie der Wind, der sich zwischen denßer gcn verfangen, das Wasser aufwühlt. Lsr zcigt auch einen mit den Wellen känipsenden dnnklen Punkt, aber Rau mers find zu geblendet, um Er blickt in das Unwetter hinanS und denkt an eine stille, klare Mondschein racht, an eine Nacht, in der ei» Weib in ihn, noch andere Gefühle erweckt hat, »ls den Wunsch, es in flüchtigem Rausch >il besitzen; in der zum ersten Male ein Weib ihm Bewunderung abzwang und Gransen zugleich. Und er war doch kein Feigling! DicS Weib, sür das sogar er seine Freiheit hingegeben hätte, mußtc ihr zanzcs, stolzes Sein einem Manne, wie dieser Skarnow, zu eigen gebe», der sei len Werth nicht'einmal ahnte; mußte sich leibst znm Opfer bringen für diesen llünstler, diese Kunst! Und dabei zer !nittert er das ZeitnngSblatt grimmig, las den Artikel über die Kunftausstcllunq mtiililt. Da streckt sich ihm eine Hand entge zen nnd eme fröhliche Stimme rnft: «larvoro, Freund Raumer! Sind Tie es oder sind Sie cS nicht?" Der Ton dieser Stimme läßt Raume, ;->sainincnfal,>cn und wie entgeistert iiarrt er dem Frager iu das Gesicht. „Skarnow," sagt er endlich, „Skar „Nnn ja, Skarnow, "ruft der belustigt. .Aber Sie starren mich ja an, als sei ich zum Gespenst geworden. Anch Sie zabe» sich ansiallend verändert. " nickt. bin alt geworden. Sie dürfen eS ruhig anssprcchcn. ohne mich zn verletzen. Es liegt mir nnr noch sehr wenig daran, sür jnng zn gel len. " In sc!» Gesicht ist allmählich die Farbe zurückgekehrt »iid derTo», i» dem er spricht, klingt wie eine Selbstironie und macht einen u»behaglichen Eindruck auf den Maler. Aber nach seiner Gewohn heit such! er diese Unbehaglichkeit sortzu scherzen. , „In unscrem lieben Berlin will man eine noch viel merkwürdigere Wandlung an Ihnen konstatirt haben. Dort be hauptet man, wie ich kürzlich erfuhr, Sie seien ein Weiberfeind geworden." Statt ans den Scherz einzugehen, blickt Räumer ihm aber scharf in die Slngen und sagt: „Es ist, wie in fast je dem Gerücht, auch hierin ein Körnchen Wahrheit. Solche Wandlungen gehen oor sich, wenn man dem Tod einmal ganz unniiitbar in s Auge gesehen." „Mein Gott, wie elegisch!" ruft Skaruow, obgleich er weiß, daß in dem ganzen Menschen da vor ihm keine Spnr davon z» finden ist. Er will nur Wendung gebe». Er stellte ki«e Frage, »ie ihm schon seit Jahr und Tag aus >«m Herz-n gelegen. .Weshalb schenkten Si« mein« .Poesie" der Galerie?" wollte das Bild los sei»." .AilS purer Menschenliebe also, Herr von Räumer?" Der Maler sah sehr ungläubig aus. Sie durch schnelleres Bekanntwerden auch schneller und sicherer auf die Höhe der Kunst zu führen. Die Kritik, die ich chelhast!" „Wen?" „Das Weib aller Weiber Au> „Wie, Aiiniischka Löfchwih? Ich uiiscr VerlobuiigSfcst." „So ist die Wittwe mei nes alten Löschwitz wirklich Ihre Brant?" „Nun, wenn man eS ganz pedantisch nehmen will, ist stetes zwar im Augen blick noch nicht abcr sie wird eS sei», sobald ich die entscheidende Frage an sie richte." Arnold legte die Hand vor die Stirn, während seine Auge» i» eine uugewisse, beseligende Ferne blicken u»d mit halber Stimme fährt er fort: „Gott, welche Stunde voll unendlicher Selig keit liegt hinter mir! Wir fuhren anf dem Wasser und eS drohte »uS eine Ge fahr. Wie ein furchtsames Kind schmiegte sie sich an mich. Durch de» leichten Stoss ihres Kleides hindurch fühlte ich das Beben ihrer Brust, die Wärme ihrer >)a»t. Und während sie zitternd von tod und Sterben'sprach, suchten ihre zliNhvollen Lippen die meine». Sind solche Küsse voll Todesangst nnd Lebens begierde in einem Augenblicke, wo kein Gedanke an Sitte und Konvenienz das wahre Gefühl unterdrückt und beschränkt, nicht schon an und für sich ein Verlöb üiß?" Eiu Laut, nicht einmal artikulirt, und doch voll von einem Gemisch ans Hohn, Verachtung, Schadenfreude, läßt ihn in leinen begeisterten Worten innehalten, lianmer sitzt ihm gegenüber, beide Ellen iogcn aus den Tisch gestützt, das Kin» m die offene» Hände gelegt. So blitzte !r ihn anS spöttischen Angen an, während -in eigenes Zucken um seine bartlosen Lippen geht. Das bringt den Maler ein wenig au ßer Fassuug. Er stemmt beide Hände »us de» Tisch und neigt sich nach vorn: >,Was haben Sie, Raumrr? Was naS —?" Nnn lacht Raumer gerade heraus. „Es ist sonderbar, vor sehr kurzer Zeit :rst hat mich Jemand zum Bertrauten rines ganz ähnlichen Abenteners ge macht, nnr die Scenerie war ei» wenig Inders. Ein deutscher Wald in der Nähe iiiies BadeorieS mit obligatem Mon denschcin. Er war der unbemittelte Letter eines reichen Majoratsherrn, sie sie reiche Wittwe eines ManncS ohne So sehr cS sie gelüstete, 'in Wappen ans ihrer Karte, ihrem Wa zenschlag zu haben, glaubte sie doch nicht ceich geniig zu sein, um sich den LurnS tiner solchen Heirath zu gestatten. Sie verlebte deshalb nur eine ganz ähnliche, schwand. Seitdem, haben sich die Ver hältnisse aber geändert. Durch de» plötzlichen Tod seines Detters ist er Majoralsherr geworden und folgt nnn Sandig." .Mann!" fchri« da plötzlich der Ma« Skarnow!'' Die Zldern anf der Stirn des Künst lers schwollen an und dunkle Nöthe stieg ihm in'S Gesicht. Er machte eine Be, ivegüng, als wolle er seinem Gegenübei Blick, den Arnold im Spiegel aufsäugt. Auch jetzt befreit sie ihre Hand nicht aus de» seinen, nein sie zieht ihn mit sich tie begreislich, der einst eine Melanie sei» Tic Stirn des MalerS zog sich noch finsterer zusammen. „Melanie, was wisse» Sie von Melanie!" „Was ich weiß," lacht Nanmer mit bitteren, Hohn, „was ich weiß? O, ich weiß, daß sie das starkherzigste Weib war, das jemals gelebt. Ein Weib, das sich Ein Wcib, das mit dem eigenen Leben die Mittel erkaufte, dem Manne die prosanen Sorgen fern zn halten" nichts. Aber freilich, sie hat wohl nichts »nversllcht gelassen, ehe sie sich zn diesem letzte», e»tsetz<iche» Entschluß durchrang." ~WaS ist denn das für ein Entschluß meiner Fran, von dem ich nichts weiß fesselte. haben. Er verhehlte Arnold anch nicht, daß er ihn mit Absicht in Verlegenheiten habe stürzen lassen, um leichter z»»,Zi«l l» komme». ! „Der Umstand, daß Sie bereit? da. ! malS von denßeizen der fchönenAnnuschka > gefangen waren, schien mir die Partie > ziemlich auszugleichen," warf der Er zähler mit häßlichem dachen dazwischen, ! als sein Gegenüber wild aussahre» wollte, > und dieser Einwurf bewirkte, daß Skar > now, die Zähne aufeinandergepreßt, un beweglich sitzen blieb. > „Leider hatte dieser Umstand auf Ihre Frau keine rückwirkende Kraft," fuhr > Räumer fort. „Als freiwillige Märty l rerin ging sie zum Tode, an demselben ' Tage, den Sie mit Ihrer Angebeteten heiter verbrachten; ging zum Tode, um ! Ihnen die Mittel zn schaffen, noch viele solche heitere Tage in so heiterer Gesell schaft zn verbringen. Haha! Sie l nannte das, sich der Kunst opfern! Und ich sollte die Zeche bezahlen. Nahe daran war ich freilich," setzte er ernster Hinz» und wiederholte sckbstverlore», fast iinr noch »inrmelnd, die Eindrücke und Erlebnisse jener furchtbaren Stacht, die ihm beinahe das Lebe» kostete und die ihm immer vor Augen stand. Wie schön war sie, als er in Sadowa mit ihr zusammentraf: das Antlitz durchsichtig bleich, aber Auge» und Lip pen glühend in dämonischen, Feuer. Er sagte das, in Erinnerung verloren, nur noch zu sich. In seine» Augen flammtx ein leidenschaftliches Fencr auf, während doch ein unnennbares Granen jede Spur von Farbe aus seinem Antlitz trieb. Erst als er des Fiebers gedachte, das nach jenen todesbangen Stunden fIN lange Wochen feine Sinne umnachtet, schien er wieder zu sich selbst zu koinnic». Er strich mit den bebenden Fingern über „Um die Erinnerung an jene Nacht in mir zum Schweigen zu bringen, bin ich seitdem jeder Möglichkeit, mit Ihnen ;usainmenzutrcffcn, oder auch nnrHhrcn gewichen bis heute. Hente habe ich den Mnth gefunden, den Artikel in der Zeitnng zu lesen, in welchem ich Ihren Namen zn finden erwarten mußte. Nun seitdem weiß ich den auch, daß Me lanie sich vergebens zum Opfer gebracht hat. Das Geld, welches sie mit ihrem Leben für Sie erkaufte, hat nicht Ihr Talent zur Entfaltung geführt, sondern den Künstler in Ihnen getödtet!" Erst jetzt sah der Erzähler auf sein Gegenüber. Arnold starrte, in sich zu sammengesunken, wie geistesabwesend vor sich hin und wiederholte tonlos Me lanies Worte: „Er wird ein Künstler werden und Niemand wird ahne», daß ich ei» Theil habe a» seiner Größe." Ein kurzes, schneidendes Lachen Ran mecS antwortet ihm. Das brachte plötz lich Leben in seine reglose Gestalt. Mit zitternden Fingern tastete er an seine» Tasche» umher, riß sein Portefeuille hcr dcm Andern vor die Füße werfen, doch unschlüssig ließ er es auf de» Boden fallen, als ihm einfiel, welch kärglichen Rest von der stattlichen Snmnie es noch enthielt. Dann war ihm, als müsse er dem Manne da an die Kehle fahren, um sich zu rächen. Doch beim ersten Blick in dessen Augen, die voll Hohn und Verachtung ans ihn herabschauten, sank er noch mehr in sich zusammen. Ans dem Nebenzimmer tönt Helles Gläserklingcn und anmuthiges Lache» herein. Ueber RaumerS Gesicht geht dabei wieder jenes entstellende Lächeln. 'Zlriwld Skariiow aber hört nichts davon. Er rafft sich auf, er will fort fliehe» oor de» quälende» Blicke» und Worten deS ManneS vor ihm. Er öffnet die n ächste, beste Thür Da steht er in dem hell erleuchteten Nebciigemach Gesicht, das mit den in der Erregung glänzenden Augen und glühenden Man; zcn doppelt verführerisch aussteht. Ein heftiges Erschrecke» malt sich für kinett Augenblick auf ihren Zügen, doch im nächsten schon gewinnt sie jene spie lende Sicherheit wieder, die das Bewußt sein ihrer Schönheit ihr zu eigen gemacht hat, und lächelnd sagt sie: „Ah, Skar iiow, Sie kommen gewiß, u»S als der ?rsle zn gratuliren. Das wird »»S Glück bringe»! Das ist, mein Li?ber," wandte sie sich z» dem jungen Baron, „der be schulte Schöpser der „Poesie" Du kennst das Bild Herr Arnold Skar iow." Der Baron verbeugte sich leicht. „U»d hier," fuhr Annuschka sort, ,Baron Nadscheck, seit einer Stunde „ein Verlobter." . nicht" „Darf ein alter Freund ivie ich auch zratulireu?" hört er da hinter sich die Stimme seines Peinigers. Räumer ist in die ossen gebliebene Tür getreten. „Ah, Herr von Räumer?" ruft An »nschka, innerlich froh, die peinliche Scene unterbrochen zn sehen. „Kommen Sie! ?i„ Glas sür die Herren, lieber Hrennd!" nein Freund!,, Doch da tritt er öffnet die Augen loch weiter deutlich wie eine Fiebcr- Das GlaS in Arnolds Hand zittert ind plötzlich schleudert er es auf den Zußbode», daß es in Stücke zerbricht. ! Ziii kurzS, gellendes Lachen bricht von l einen Lippe» und „Glück nnd Glas," l uft er höhnisch, „Glück und GlaS —" Dann stürzt er sort. , .Um Gottes Willen." saat Baron lm Vordergründe desselben kniet ein ' Mann, das einst schöne Gesicht von Lei Galerie?" Ende. Crin»e»»na«tt a» Klopsto». Aus der empfindungsfröhlichen Zeit, in welche die ersten Gesänge von Klop stock's vielbewundertem „Messias" fal len, geben einige Stellen von jetzt in der „Vierteljahresschrift sür Literatur geschichte veröffentlichten Briefen an Karl Wilhelm Raniler (die Friedrich Wilhelm in Breslau im Nachlasse seines 1882 verstorbenen Vaters vorgefunden hat) fesselnde Augenblicksbilder. Mehr sach beschäftigen sich die Briefschreiber mit der Persönlichkeit Klopstock's und dem Eindruck, den er macht, wobei manche Streiflichter auf das damalige Gefühls- und Empfindungsleben fallen. Aus Halberstadt schreibt z. B. der dazu mal einunddreißigjährige Gleim an Ramler in einem Briese vom 31. Mai 17SV: „K lopstock ist kein so ernster Ge sellschafter als Dichter, er ist so ausge räumt wie Sie oder Bergius (Joh. Wilhelm, 1712 —öS). Denn ein Bis chen ist er doch gesetzter, als wir kleinen Poeten Amors." Aus ungefähr der selben Zeit berichtet Sulzer: .ttlopftock ist ein allerliebster Mann.' Ich drücke seine Hand beinahe mit so zärtlicher Empfindung, als die Hand meines Mädchens (der nachmaligen Gattin SulzerS, von Kensenhoff). und fein Kuß kommt dem ihren am nächsten. Er ist, dem Ansehen nach, ei» galanter Leipziger. Er ist ziemlich lebhast, aber dabei freundlich ernsthaft, und zeigt einen wirklich seraphischen Geist in seiner Miene. Er hat siH mit unseren Mäd chen recht ieyr lustig gemacht, und ich öNde mir nicht wenig darauf ein, daß er dem meinigen vorzüglich nachgegan gen und nach ihrem Kuß am begierig sten gewesen. Sie sehen daraus, daß wir auch brav geküßt haben. Er hat uns sehr viel vom vierten und achten Gesang des Messias vorgelesen. Jung und Alt ninßten dabei nicht nur weine«, sondern beinahe zerfließen. Viele von uns waren den ganzen Tag hernach melancholisch. Eine starke Anzahl Frauenzimmer wurden zu unserer or dentlichen Gesellschaft gerufen, um ihu lesen zu hören. Dies alles geschah in einem sürtresflichen Garten. Mit einem Worte, man kann nicht vergnügter sein, als wir waren. Als dailii Klopstock auf Bodmer-Z Einladung nach Zürich kommt, entwirft der gleichsalls dort anwesende Sulzer von dem Dichter des Messias in einem Schreiben vom 23. August 1720 fol gendes Bild: „Klopstock gefällt es liier fo wohl, daß er mich allein wegreisen läßt. Er »ergißt hier seine Schmidtin (die von ihm als.Fanny" besungene Sophie Schmidt) und'sein Glück. Der König von Dänemark hat ihm eine Pen sion von 40» Thaler gegeben; nun sollt« er gleich Hinreisen, sich S. Maje stät zu präsentiren, aber er läßt Könige und Minister warten, und macht sich mit Jünglingen und Mädchen lustig. Bodmer uud ich sind von seinen meisten Gesellschaften ausgeschlossen, wir sind ihm zu alt (Bodmer war da Mals S 2, Klopstock 2t> und Sulzer bald 3(1 Jahre alt) und können nicht Wein trinken. Sie können kaum glauben, was sür Aussehen dieser Poet hier macht. Alte Weiber und Kinder lernen seinen Namen aussprechen Er ist nicht lustig, als bei Jünglingen und Mädchen. Dessen ungeachtet arbeitet er zugleich -in dem Messias. Dies alles ist uns ein rares Phänomen und macht uns viel Spaß," Eine se lte nx Handschrift. Erster Student: Tu fagst, du besäßest eine seltene Handschrift,ich sehe hier nur eine bezahlte Schneiderrechniing.—Zwei- > ter: Ist das leine seltene Handschrist? Parlaments Blüthe. .... .Meine Herren! Freuen wir uns, i daß wir das, was uns so lange Jahre , auf dem Herzen lag, endlich vom Halse i geschafft haben!" I Man kann ein Kopfhän- ' ger sein und doch die Nase hock) tragen. > s ' »t« ZAschenuhr «l» r Wo ist hier Norden? ist eine Fragil ' die man oft hört, und sie wird dam« > meist nach sinnigem Umherschauen, Bliu» zeln in die Sonne oder in den Wind > mit ernster Miene von allen Anwesen» ' den verschieden beantwortet. Manche? r trägt wohl gar einen kleinen Kompaß! > in der Uhr, den er aber imZweiselssalle wohlweislich nicht confultirt, denn e» »geht nicht", oder ein anderer, der zn« iüllig was man von jedem Menschen präsumtiv annehmen sollte ein Ama- teurphotograph und dazu ein Mann ist, , der es mit seiner Passion ernst ni.amt, trägt gar ein etwas besseres Instru ment. einen veritablen Taschenkompaß, , bei sich. Wie aber, wenn einer der An , wesenden einfach seine Taschenuhr her , auszöge, einen kurzen Blick auf deren , Zifferblatt würfe und ebenso schnell . und genauer von dort die Richtung ab ' läse? Aber wie macht jener das, welche ge , heimnißvolle Vorrichtung an seiner Uhr befähigt ihn zu seinen Schlüssen? Wie > .Pronictheus" schreibt, ist die Sache so einfach, daß Jeder sich wundern wird, der von ihr zum ersten Mal hört. In der That ist jede Uhr «in Kompaß, , vorausgesetzt, daß die Sonne scheint, ! und zwar ein ebenso genauer Kompaß, ' wie die kleinen „tragbaren Deklinato cien", welche der Ilmstandskrämer mit sich führt. Stelle Dich mit Deiner Uhr 2 in die Sonne, richte sie so, daß der , Stundenzeiger gerade nach dem Punkte des Horizontes zeigt, über welchem di« , Sonne senkrecht steht, oder so was dasselbe sagt daß er parallel dem Schattenrand einer vertikalen Wand. . eines Baumstammes etc. steht, und lies dann die Zahl von Minutentheilcn ab, , welche er noch von 12 Uhr auf kürzestem Bogen entfernt ist. Nimm die «Hälfte dieses Bogens, so giebt die Richtung von dem Centrum des Zifferblattes nach diesem Punkte die Nord-Südlinie an. Beispiel: Es sei 8 Uhr morgens, s» beträgt die Länge des kurzen Bogens zwischen dem Stundenzeiger und Xll 20 Minuten; die Zahl X steht genau auf der Hälfte dieses Bogens; also be zeichnet, wenn der Stundenzeiger nach der Sonne weist, die Zahl X genau den Südpunkt deS Horizontes. Oder di« Uhr sei 4 Uhr 3V Minuten Nachmit tags, so befinden sich zwischen dem Ort der XII und dem Stundenzeiger LS Minuten; die Hälfte davon 11, S Mi nuten oder der Punkt, wo der Stun denzeiger um 2 Uhr 18 Minuten stand, giebt die Südrichtung. Der Grund ist wohl einleuchtend, da die Sonne um 12 Uhr im Meridian (über dem Süd punkt ) steht und sich in 12 Stunden um 130 Grad bewegt, während der Stun denzeiger in derselben Zeit 360 Grad, das Doppelte, durchläuft. ES ist noch zu bemerken, daß MorgeuS vor 6 Uhr und Abends nach 6 Übr natürlich der lange Bogen zwischen dem kleinen Zei» ger und XII zu wählen ist. Der ~Ragel»r»e»." Im Jahre 1830 wurde in den Offi jierkorpS der meisten englischen Regi menter ein sogenannter .Nagelorden" gegründet, über dessen Ursprung »ad Bedeutung wir in englischen Blättern Folgendes lesen: Die Vorliebe der Britten sür starke und edle Getränke hat von jeher im Heere ihre besondere Stätte gehabt. Im Anfang unseres Jahrhunderts nun ga ben wöchentlich die Offiziere, welche zu sammen zu speisen Pflegen, ein öffentli cheS Essen, z» dem Jeder seine Bekann ten einladen konnte. Den Vorsitz führ ten ein Präsident und ein Vice Präsi dent, von denen der Eine an dem oberen, der Andere an dem unteren Ende der Tafel saß und gus z,, hasten hatte. War nun der Nachtisch aufge tragen und eine zureichende Menge von Weinflaschen herbeigebracht, so mußten alle Diener sich entfernen; der Präsident stand auf, »ahm einen Nagel und einen Hammer und schlug den Nagel in dir Thür des Zimmers, zum Zeichen, daß nun Niemand mehr hinaus oder herein dürfe. Dann kehrte er an seinen Plag zurück und brachte feierlich die Gesund heit des Königs au-Z, worauf die Fla schen zu kreisen begannen und bald all gemeine Trunkenheit sich einstellte. Nur der Präsident mußte sich tapfer halten, denn es war ihm vorschriftsmäßig unter sagt, früher sich zu betrinken, als all» Uebrigen unter dem Tifche lagen. Wei gerte sich einer der Gäste zu trinken, wenn die Flasche zu ihm kam, was re gelmäßig alle zwei Minuten geschah, 112» bedrohte ibn der Präsident zuerst mit einer Strafe und dann mit der tung aller Kameraden. DaS gewaltige Trinken aus Com mando hat seit 181 S in der englischen Armee ausgehört, nicht aber das Trin ken überhaupt; dieses hat nur gesitteter« Formen ang«nommen. Im Jahr» 183 V wurde dann wie eingangs er wähnt in fast allen englischen Regi menlern eine sogenannte Nagelgesell« schalt (zur Erinnerung an den beruhn,, ten Nagel, der sonst feierlich in di» Thür geschlagen wurde), errichtet, und die Mitglieder erschienen in den Ver sammlungen mit dem OrdenSzeichen, einem silbernen Nagel, den sie an einem blauen Bande am Halse trugen. Si« machten sich bei der Ausnahme in den Nagelorden verbindlich, monatlich ein mal zusammen zu kommen und zwar bei einem von ihnen der Reihe nach, bloß zu dem Zwecke, sich in guter Ge sellschaft einmal recht ordentlich zu be trinken, oder, wie sie sich malerisch aus zudrücken pflegten, einen Nagel za schmieden." Ein englisches Sprichwort, dem m,n allgemein Glauben schenkt, versichert, eine zu regelmäßige, von gar keiner Ausschweifung unterbrochene Lebens weise sei der Gesundheit nachtheilig, und monatlich einmal müsse der Mensch über die Schnur hauen, wenn er sich Wohlbefinden und lange leben wolle. Die Förderung dieses Zweckes ließ sich denn auch der ehrenwerthe .Nagel orden" angelegen sein.
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