Die ZwllhMzkiMr. V»l> A. Lütetsburg» (12. Fortsetzung und Schluß.) diesem Leiden genommen. Darum schickte ich zu Ihnen. Ich habe allerdings Nach: richten von Ihrem Vater, er wird in kür zester Zeit zu Ihnen zurückkehre»." Jeder Tropfen Blutes war bei diese» Worten a»S Jakobs Gesicht gewichen; ei fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Jedem Sturm hatte er kalt und ruhig in'S Auge geblickt, i» diesem Augenblick aber schien s-eine ganze Kraft gebrochen, kam er sich vor wie ein hilfloses Kind. „KaßenSie sich, Jakob, nun wird der Drnck, der Ihre Jugend verkümmert, von Ihnen genommen werden. Ich hätte zwar gewünscht, daß mein Bruder noch in der Vollkraft seiner Jahre zurückge kehrt wäre, um, wenn auch spät, daS Glück « dem Anblick seiner bcidenSöhne zu finden. L«ider lauten die Nachrichten über seinen Gesundheitszustand nicht besonders günstig." „Herr Geheimrath, sagen Sie mir, au« Barmherzigkeit, wo ist er? Ich bin in der That nicht schwach." Seine ganze Erscheinung strafte dies« Worte Lügen, aber er »lachte eine» Ver sttch, sich höher auszurichten, und er ge lang. „Ihr Vater ist bereits hier in der Stadt." Wi« ein Schlag ging es durch Jakobs Körper. „Führen Sie mich zu ihm, Herr Ge heimrath. Sie werden es thu»." „Gewiß, Jakob," sagte Herr Bren ner. dichter a» sei»e» Nesse» herantretend, denn er fürchtete in der That, daß die gewaltige Erschütterung nachtheilige Folgen für den jungen Mann habe» könne. „Ich will sogleich mit Ihnen gehen, nnr müssen Sie sich vor allen Dingen sammeln und beruhigen. Ihr Vater ist, wie gesagt, leidend. Sie können ihm nicht in diesem aufgeregten »Vater ist hier im Hause." Jakob sagte nicht«, aber er ließ sich aus einen Stuhl nieder, und sein Kops lernj, gepeinigt er hatte wieder einen Batel, nnd dieser Vater war kein Ver brecher gewesen. fremde .unheimliche Worte Manien vo» de» Lippe» des Kranken. Jakob eilte, Hilfe hecbeizuliolen, der Onkel irat ihm schon an der Thür entgegen. „Der Kranke wird der größten Ruhe bedürftig sein, Jakob, ich hoste, daß sie vorteilhaft aus seine» Zustand wirken wird. Sie sehen, er ist in den besten Händen, der Arzt wird noch im Laufe de« Vormittags eine tüchtige Pflegerin senden, und ich gebe Ihnen die Persi chcrnng, daß sowohl. Helene als auch ich de» Kranke» nicht verlassen werden. Gehen Sie z» Ihrem Bruder, um auch diesem die Nachricht von dem Ercigiiiß zu geben. Ich hoffe Alles. " Jakob wollte dem Manne danken, .-der er brachte kein Wort über feine Lippen. Wa« wäre auch hier, wo er «ich so schwer verzangen, ei» Wort deS Dankes gewesen? „Darf ich wiederkommen?" fragte er leise. „Selbstverständlich steht Ihnen der Zutritt zu Ihrem Vater jederzeit frei. E» ist ja nicht meine Schuld, Jakob, da« sie nicht ein täglicher Gast in diesem Hause waren." Der junge Mann verließ da? Gemach. Auf dem Korridor begegnete er Helenen mit einer Schwester. Er sah, daß sie sich b«i seinem Anblick verfärbte. Aber Atelier feines Brnder» zu begeben. Hans Brenner erfaßte die Nuchricht von dem Wiedererscheint» de« Vaters nicht that. „Du hast den Vater gesehen?« „Wie fandest Du ihn?" ein große« Unrecht zugefügt," versetzte „Du glaubst, da« unser Vater —?" „Würde er in das Hau» eines Man gestürtzt?" „Du hast Recht, Jakob; aber der Vater —?" „Du darfst nicht fürchten, daß er ein Verworfener ist, eher könnte man ihn «inen tief Unglücklichen nennen. Er macht den Eindruck cineS Menschen, de> u»sagbar viel erduldet hat uud »un an ist um zu sterben." Jakobs Befürchtungen sollten sich nur zu bald als begründet erweisen. Gustav Brenners Besinnung kehrte kaum »och zurück. DaS Fieber steigerte sich im Lause der nächste» Tage in einer Weise, die jede Aussicht auf Genesung ausschloß. Der Bruder verließ ihn nicht, aber er ten nichts von den wilden Selbstankla. gen hören, die unablässig von seinen Lippen kamen, nicht die granscn Schil- Anbruch de/ Morgens mit vollem Be wußtsein »ach einem kurzen, ruhigen Schlummer erwacht und hatte dringend nach seinen Söhnen verlangt. Der Bruder sagte ihm, daß er sofort Boten nach Beiden entsendet. sondern mein Leichtsinn, meine Genuß sucht hat Alles verschuldet. Sie haben nicht nur mein, meines Weibes und ruhige/und mit der Hssfnung auf die Gnade Gottes sterben können. Wie danke ich Dir, daß Du mich aufgenom erschrocken aus. „Es darf nicht sei». Deine Phantasie ist erhitzt, Du siehst begangenes und gesühntes Unrecht in j«d«s Geräusch draußen horchend, und in dieser Stellung erwartete er das Kom me» seiner Kinder. Er hörte im Nebeiizimmer Jakobs Stimme, und in seine» Auge» leuch tete es höher zum letzte» Male a»f. Er streckte »ach dem Bruder noch die zitternde Rechte aus: „Leb' wohl, Karl, Gott segne Dich und Dein Kind! Ich sterbe glücklich durch Dich. Laß mich mit meine» Söhne» allein." Drei volle Stunde» später hauchte Gustav Brenner in Jakobs Annen seine Seele aus. Er hatte die Kraft gefun den, seinen Vorsatz zur Aasführung zu bringen, und die Ueberzeugung mit aus dem Leben genommen, daß feine Beicht« ihn nicht den Herzen feiner Kinder ent fremdet. Jakob war keines Wortet mächtig; still und ernst legte er di« Hände des Todten in einander unt drückte die Auge» zu, während Hau» aufschluchzend zusamnienbrach. „Jakob —so war ich! Was wäre auZ mir geworden ohne Dei» Beispiel oh»e Deine stützende Hand?" Abermals war ein Jahr oorbcigerollt, ohne eine wesentliche Aenderung i» dem Leben der beiden Brüder herbeizuführen. Wohl war Jakob Brenner seinem Onkel um vieles näher getreten, aber ein inni ge« Zusammenlebe» schien nun unt nimnier hergestellt werde» zu könne». Wie der Geheimrath vorausgesehen, hatten die letzten Mittheilungen, welch, der sterbende Vater seinen Söhne» ge macht, eine» tiefe» und nachhaltige« Eindruck, ganz besonders aus Jakol ausgeübt. Er hatte sich mit dem Vatei ausgesöhnt, hatte keinen Groll, sonder» nur Schmerz empfinden können, daß et so und nicht anders gewesen war, aber eine große Schuld war aus seine eigene» Schultern gewälzt worden, eine Schuld, verübt an dem Manne, der ihm so viel Gutes erwiesen. Und dies« Schuld schie» sür immer eine trennende Klust zwischen zwei edlen Menschen bilden zu sollen, eZ kam nicht zum rechten Vertrauen. Jakobs Scheu und Zurückhaltung hinderten jed« Annäherung, die der Oukel so sehnlichß wünschte; jede erwiesene Freundlichkeit, jedes entgegenkommende Wort bewirkt, da« Gegentheil der gut gemeinten Absicht Dennoch waren Jakob und Haut keine seltenen Gäste mehr im Haus« de« GeheimratheS, auch mit Helene» verkehrten sie als Verwandte in sreuud, schastlicher und was HanZ anbetraf, un befangener Weise. Zwischen Jakob uud ihr wollte eS zu keinem rechten Einver nehme» kommen. Sie war ihm gegen, über offenbar scheu nnd zurückhaltend, während sie sich HanZ gegenüber stetj von tiner Seite zeigte, die ihn in ihr dai liebenswürdigste Mädchen der Welt er blicke» ließ, der er ohne Besinnen sei« Herz z» Füße» gelegt haben würde, wen« nicht Irene Grünwald, zur größter Freude ihres Vaters, es längst ihr eiger genannt. Und doch liebte Jakob seine Cousin Helen« mit einer Leidenschaft, von Ivel, cher nur Charaktere ergriffen werden, welche die Liebe zu hoch halten, um mit ihr zu spielen. Sü war Ausdruck de» seinen begegneten. Ihn selbst verlangte nach einer An näherung, und es war ihm, als müsst zuführe» suche», denn er hatte sie einei Tages tief verletzt. Ihr glcichmiißia ruhig-freundliches Benehmen ihm gegen dankc aber, daß es ihm möglich sei« könne, ihr Herz zu gewinnen, konnt, noch in ihm austanchcii, es war so selbst- Zukunft des Bruders, wenn er noch eine» solchen bedurft hätte. Irene besaß eine» großen Einfluß über Hans, den sie sorg sam zn verbergen verstand »nd Zweifel, Liebe für de» Gatten, war wohl geeig net, vortheilhast ans den leicht erregbare» und zu raschen Entschlüssen geneigten HanS einzuwirken. Sie würde ihn Maß Stelle einer Brantjuugfer eingenomine» und war in dem kleinen Gesellschaftskreis fast allein auf Jakob angewiesen gewesen. Sie fand ih» aber, wie immer, sehr zurück haltend nnd schweigsam, selbst das Glück des Bruders war somit nicht im Stande, jedes Ritterdienstes, de» er ihr aus ver wandtschaftliche» Rücksichten zu Theil werden laste, entbinde» werde. Zimmer gleichfalls zu betreten, als ihr der Flüchtling entgegentrat. »Ich suchte Sie, Jakob," sagte sie in Er blickte sie beinah» erschrocken an. Ihr Gesicht war ungewöhnlich lebhaft geröthet, chre Augen hatten nicht den Sie bewog, mich?» lange allein zu lassen? Man hat Pflichten gegen ein« Dame, die man einer Verwandten gegen- Sie haben niemals in verwandt schaftlicher Beziehung zu mir gestanden. ES kann so nicht fortgehe», Ihre belei digende Art empört mich, und ich bin nicht mehr gesonnen, sie zu ertragen, so gern ich dein Vater auch groß« Opfer bringe. Mein« Gesellschaft ist Ihnen gebe Ihnen volle Freiheit, sie zu mei den, wie ich bemüht sein werde, ein Gleiche« zu thun." Jakob war bei diesen Worten abwech selnd roth und bleich geworden. Si« stand ihm stolz und zürnend gegenüber, mit erglühten Wange» mid blitzenden Augen, die Lippen vor Erregung be bend. ken " wenn Sie sortjahren, mir in dieser verletzenden Weise zu begegnen. Ich täusche mich nicht, wenn ich der Mei, von diesem Zwange frei machen unt selbst frei werden. Sie soll« mir nicht mehr begegnen, wenn Sie kommen, da, er mußte etwas „Helene, Sie ,chen sich; es gieb, keinen Menscht» in oer weiten Welt, dei sein, und es ist etwas zwischen un«, da« mich unsagbar schmerzt. Warum sinl Sir mir gegenüber so ganz anders, alt Sie sein sollten?" als dürfe er sich nicht rühren, weil ei befürchten müsse, daß diesem Traum ei> rauches-Erwachen folgen müsse. nen Blick verlangend auf Sie zu richte». Unsere gesellschaftliche Stellung wai für eine Scheidewand. Hab« die kleine zarte Frauenhand hielt mil sestein Druck die seine umschlossen. Mehi aber noch als die Hand hielt ih» dei Blick, .welcher ihm aus ihren Augen ent gcgenstrahlte. „Jakob, ich werde Dich nicht geher lassen, ich werde keine» andere» Man» beglücken, denn Dir allein gehört längst mei» Herz." Er stand ihr noch immer wortlos gegenüber, aber über sein Gesicht brei tete.das Morgenroth desGlückes sich aus. „Helene es ist Wahrheit? Sie Du liebst mich?" „Warum fragtest Du nicht früher, Jakob?" „Erlöst!" kam es nur noch tief aufath wend von feinen Lippen. (Ende.) v»n tSes«de»r. Sir Tyndall kam richtig am nächsten Tage zur Assessori». Sie erinnerte sich von ihrer letzten Pariser Reise her dun kel, wi: vorzüglich sich die Venus von Milo im Louvre ausgenommen hatt« und hatte Ii»» die Base meinem kleinen entlegene» Cabinet auf einem achteckigen Konsol aus Sammet mit dunklen Mar morsvckel placirt, beschattet von Farren und Palmen. Sir Tyndall warf sich in eine Ean seue. tie langen Beine gekreuzt, den Zucken kennerhast zurückgebeugt. Die Frau Assessor genoß vollends du W rkuug, die das Arrangement aus ihn ü te. „Stilvoll nicht wahr?" fragte fu mit den Augen blinzelnd. „Vvi-v l>?»»tik»Il wie kommt die Vase hierher?" „Ach", antwortete sie „die wurdt b'stellt ich glaube aus Pompeji... Byzauz oder vielleicht, aus dem allen Rom." „UebrigenS beabsichtige ich, sie zu ver kaufen", fügte sie nach einer Weile reso lut hinzu. „Ich kaufe nicht gern Ant q utäte« außer an Ort und Stelle", erwioerte ei lnrt. Sie ließ sich indessen nicht abschrecken nannte den Preis „eine Bagatelle SOO Mark." Das dies eine Bagatelle sei, fand Sir Tyndall nun eben nicht, aber die Vase gefiel ihm, nur war er in Bezug auf Antiquitäten ein großer Prinzipienrei ter; pompejanische und etrurische Vasen kaufte er am liebsten in Italien, Reli quienfchränke in Deutschland oder Hol land, Kapitälstümpfe und Torsos in Griechenland. Das Ende blieb indessen, daß er dir Base kaufte für 450 Mark. Sir Tyndall war eigentlich gar nichl mit dem Gedanken von Haus gegangen, Extravaganzen dieser Art zu begehe». Der gute Mann, der in dem halben Jahr, das er sich der Mode halber in der Residenz ausgehalten, der gefeierten italienischen Opernsängerin Lucia Ca ranti rasend den H»f gemacht hatte, war eines schönen Tages als ernstlich Ver liebter erwacht. Heute Halle es in sei ner Absicht gelegen, sich durch die Rie senarbeit, ihr einen italienischen Bries zu schreiben, liebenswürdig zn machen, und dazu hatte er die Hilst des Italie nisch sprechenden Assessors bednrst. Als die Vase dann bei Sir Tyndall eintraf, zündete er sich eine Cigarette an und versenkte sich in einen so selbstge fälligen Kunstgenuß, daß er sich erst als die Uhr sechs schlug, wieder erhob, um zu diuiren. Er war eben im Begriff, in der be nachbarten Blumenhandlung das obli gate Blumenbouquet für die Sängerin zu bestelle», als ihm eine Idee kam, eine wirklich großartige Idee. Signora Caranti sollte die Vase ha> ben—die würde Wirkung mache», kolos sale Wirkung. „Und er setzte sich an den Schreibtisch und schrieb folgendes Billett: „IZolla <I'It»li». Dies edle Denkitial aus grauer Vor zeit, gesunden in Ihrem blumenge schmückten Vaterland in längst eut schwundenen Zeiten, das bestimmt war, das Museum eines für das klassische Alterthum begeisterten Sammlers zu schmücken, lege ich hiermit demüthig Ihnen zu Füßen, zu Ihren bethöreu den, kleinen Füßen. Ihr getreuer John TyiHall." Signora Caranti hielt ihre MittagS hitze, als Sir Tyndalls Phaetbu vor ihrem Hotel hielt. Der kleine, fixe Groom trug die Vase vorsichtig hinaus in ihre Etage, aber die Kammerjungfer durfte ihre Hernn nicht stören, ehe diese nach ihrem Mittagstaffee ver langte. Es dauerte heute sehr lange, denn es war beinahe 7 Uhr und um 9 Uhr sollt? Signora in einer neuen französischen Oper singen. Der Friseur wartete bereits im Vorzimmer, der Theaterbote wartete, um zu erfahren, welche Arie sie in der Hauptscene im zweiten Akt eingelegt haben wolle, der Groom war tele auf eine kleine Antwort und eine vierte Person, ein wenig angenehmer Abgesandter eines drängenden Kredi tors, des Herrn von Steinthal, der sich heute schon zum dritten Male eingesuu den hatte, wartete auch. Signora schlief sorglos weiter. Wenn nicht eine einsame Fliege, welche die Blumen umsummte, es zu letzt sür gut besunden hätte, sich auf ihr erhabenes Näschen zu setzen und es zu kitzeln, wer weiß, ob sie dann in der »ächsteii Stunde erwacht wäre, so jüß schlief sie. „Klara, meinen Kaffee!" Der kleine Groom folgte mit seinem enormen Geschenk der aus hochhackigen Schuhen mit dem eleganten Kaffeeser vice hineintcippelnden Klara aus dem Fuß. Aber Signora war noch schläfrig; sie erhob sich halb und gähnte, um sich dann wieder bequem auszustrecken, sah den Groom kaum an, den Brief öffnete ie gar nicht. „Der Friseur wartet, Signora." „Laß ihn warten." „Der Theaterbote wartet auch." „Laß ihn warten." „Der Bote des Herrn von Stein thal —" „Maledetto, sieh zu, daß er geht." „Er will nicht gehen; Signora." „Sage ihm, ich schliefe." „Er will warten, bis Sjgnora zur Oper fährt, er will absolut mit Sig nora sprechen." Inzwischen hatte Signora begonnen, sich mühsam durch Sir Tyndalls Briej zu kämpsen. „Klara, was war es, was derGrooir, brachte?" „Es stehl dort auf dem Kamin; es ist etwas sehr Schweres." „Laß Herrn v. Steinthals Boten ein treten." Der Abgesandte trat ein n»d präsen tirte einen schon vor vierzehn Tagen verfallenen Wechsel über zweitausend Mark. Signora antwortete ihm gar nicht, sondern setzte sich ganz ruhig an ih> Pult, nahm eine Correspondenzkart» mit ihrem großen Monogramm und schrieb: „Lieber Herr v. Steinthal! Wer ist denn die unangenehme Per son, die Sie mir hergeschickt haben ? Weshalb kommen Sie nicht lieber selbst, dann hätten wir die Sache in aller Ge müthsrnhe besprechen können. Sie dür fen mir nicht böse werden, Herr von Steinthal, ich habe das Geld noch nicht, denn ich bin, um die Wahrheit zu sagen, etwas verschwenderisch Wenn ich etwas wirklich Hübsches sehe, muß ich es kaufen; so sah ich heute diese antike Vase, und sosort dachte ich, Sie da mit zu ersreuen. Ihre ergebene Lucia Caranto." ' Sie klingelte. „Klara, besorge dem impertinenten Menschen da eine» Wagen. Und Sie, nehmen Sie die Vase mit." Der Bote drückte die Vase so liebevoll an sein Herz, als ob sie ein kleines Kind wäre und verschwand. Herr von Steinthal war über die Nase eigentlich nicht, so erstaunt, wie man hätte glauben sollen. Der ge launte Herr hatte sich im Lause der Zeit ein ganz ansehnliches kleines Mu seum von Kunst- »nd Werthsachen ge sammelt, in Folge der Geschäftsverbin dungen, die er sowohl in der diplomati schen als auch in der vornehmen Arti itenwelt besaß. Seine kleinen kurzsichtigen Augen glänzte» vor Entzücken, als er den Bo len mit der Vase ankommen sah, seine Hände betasteten sie eifrig, und er trip pelte wohl eine Stunde in seinem Kunst rabiuet umher, ehe er sie nach Wunsch »lacirt Halle. Aber der Zufall wollte, daß Herr von Steinthal gerade heute etwas mißmu- Ihig gestimmt war. Der Termin war überstanden Neujahr passirt ach, es war eine reichliche Ernte gewesen! Das ganze vorige Jahr hatte eine Reihe von Processen gehabt, von glücklich ver laitfenen, sieggekrönten Processen! Jetzt konnte er auf seinen Lorbeeren ruhen. Jedes Ding im Leben hat jedoch sei nen herbe» Nachgeschmack. Gewonnene Processe Gerichtstosten und Anwalts rechuuug. Die Äugen seines Rechtsanwalts hat ten einen merkwürdig blutdürstigen Ausdruck, wie er heute im Gericht mit ihm sprach. Diese Augen versetzten ihn in schlecht« Lauue. Plötzlich, während er seine Vase be trachtete, verfiel er in tieses Nachden ken. „Man kann von Jedem lernen, selbst von seinen Debitoren Mein Rechtsanwalt schwärmt auch für Anti quitäten. ... er soll die Vase haben. Und seufzend nahm er das theure Ge schenk vom Piedestal. In Frau Malviuens Speisezimmer brannten die Lichter der Kronen matt, die Atmosphäre war mit einer Mischung von Gas, feinen Cigarren, starkes K'as see, Blnmen und Parfüm geschwängert. Lohndiener trugen große Schüsseln und schalen hinaus und herein, die Dienst mädchen sammelten Brocken und Absälle von Tisch und Fußboden, Deckzeug wurde in Haufen zusammengetragen und draußen vom Entree hörte man Bruch stücke einer Unterhaltung, ein letztes Conitzliment, ein abgerissenes Lachen .Gute Nacht!"—„Adieu!"—„Aus Wir dersehen!" Und Malvine hängt sich an ihres Mannes Arm, zieht ihn in's Wohnzim mer und wirft sich ermattet in ein Fau leuil'. „Ach. wie müde ich bin, und wie ich mich göttlich amüsirt habe!" Dem Advocaten ist etwas unklar im Kopf, dennoch bewahrt er eine würdige Haltung. „Meine liebe Malvine—ich bin lange auf eine Erklärung gespannt gewesen. Dies ganze strahlende Fest —Du arran girtest es also doch? Wie haft Du das können? Ich bin eigentlich wie aus den Wolken gefallen." Malvine bedeckt das Gesicht mit ihrem Fächer und lacht dabei schelmisch hellauf. „Wenn Du doch nur einen Augeublii? ernsthaft sein könntest," sagt er. „Aber das kann ich ja eben nicht." Und wiederum lachte sie über alle Maße». „Lieber Arthur, ich vergaß Dir etwas zu sagen, es kam heute Morgen ein Brief uud ein Gesckfiik für Dich von Herrn von Steinthau" Und sie führt ihn-in fein Cabinet, überreicht ihm den Brief, und zeigt ihm die Vase. „Aber das ist ja die Vase, die —, „Die Du mir schenktest aber ich verkaufte sie." „Du verkauftest sie.... ?" ,L>ewiß und von dem Gelde habe ich ja meine Mittagsgesellschast bestrit ten." Als sich das erste versteinerte Er staunen gelegt und Malvine ihm erzählt hatte, was sie von der Pilgerfahrt der Vase mußte, nahm der Advokat ein No tizbuch aus der Tasche und stellte ganz ernsthast folgende Berechnung an: Ausgabe für eine Vase. . ...s>oo Mark Einnahme" " " 450 " Verlust SV Mark Aber Malvine bat lächelnd um den Lleistist und schrieb aus der nächste» Zeite: ÜZir besitzen: Eine Vase im Werthe von SOV Mark Vir gaben: Ein Diner im Warthe von 450 Mark Verdient 950 Mark Pauline Lucea zieht sich nun ganz von der Bühne zurück und will sich nur noch mit Gesangsunterricht beschäftigen. Vom 1. November bis 30. Mai ist der Aufenthalt ihrer Schule in Wie», vom 1. Juni bis I.October in Gmunden, der Monat Oktober ist Fe rienmonat. Pauline Lucca nimmt nur 3 Schülerinnen an; da sie den Unter richt stets persönlich leitet, würde es ihr für den Anfang sonst zu ermüdend wer den. ES erhalten immer vier und vier Damen zusammen Unterricht, damit, wenn die Eine ruht, die Andere singt; die Künstlerin habe gesunde», daß die gemeinsamen Stunden weitaus förder licher sind, als die Einzelleclionen. Frau Lucca behält sich dabei das Recht vor, nach einem Monat die Schülerin wieder fortzuschicken, wenn ihr die Stimmmittel nicht auSbilduugSwerth erscheinen. Sie will nur solche Schule rinnen, die wirklich eine Zukunft haben, behalten Verblümt. Dame (zu ihrem schweigsamen Tischnachbar, nach länge rer Pause): „Sagen Sie. Herr Refe rendar, finden Sie nicht, daß ich recht gelangweilt aussehe?" 3 Der Verein „Berliner Presse" ver anstaltet demnächst eine Gedächtnißfeier sür Rudolf Löwenstein. In der letzte» geselligen Zusammenkunft der VereinS initglieder gab Dr. Moritz Gumbinner eine Nückerinnerung an das erste Stif tungsfest, welches der Verein am IS. Oktober INS 4 im Arnim'schen Saale beging. Vorsitzender war damals und viele Jahre nachher noch der heute zwar schon betagte, aber noch rüstige und geistig frische Alexis Schmidt. DaS Festcomite war dadurch in Verlegenheit gerathen, daß E. Dohm ein „Gaudea mus" zugesagt, es aber im Stiche ge lassen hatte. In letzter Stunde ge währte Rudolf Löwenstein Hilfe. Er schrieb ein „Evviva", zu dem am näch sten Tage der (inzwischen verewigte > Prof. Ed. Grell einen melodiösen Ton satz für Männerquartett componirte, der dann an dem Festabend von den Herren Fricke, Betz, königlichen Kam mersänger v. d. Osten und Herrn Leczinski vom Friedrich-Wilhelmstädti schen Theater vorgetragen wurde. ES ist in Aussicht genommen, diese Grell'- sche Eomposition bei der Gedenkfeier sür R. Löwenstein zu Gehör zu bringen. Wir lassen das Gedicht, welches mit zu den schönsten gehört, die Löwenstem ge dichtet hat, hier folgen: Ihr Zecher, habt ihr bedacht Beim lust'gen Becherschäumen Und wenn der Traube Gottesinacht Euch labt mit Götterträumen: Wo käm' der Wein, der seu'rige her. Woher, wenn keine Presse wär' ? Woher? Sie keltert uns das edle Naß. Auf daß es fleuß in Faß und GlaS, Sie wandelt es durch Zauberkraft In flüssig Gold und Purpursaft. O kräft'ge Presse, starker Druck Dir weih' ich meinen ersten Zug! Evviva! Der Lenz belaubt im stillen Hain Viel tausend lausch'ge Plätzchen. Dann wallt sich'S, ach, im Monden schein So traut mit holdem Schätzchen. Wo känien all die Pärchen der. Wenn Pressen nicht und Drücken wär? Woher? WaS stumm geruht in Herzensgrund, DaS wird gedruckt von Mund zu Mund, Und was sich nimmer sagen läßt. Aus Rosenlippen wird'S gepreßt O süßes Pressen, sel'ger Druck, Dir weih' ich meinen zweiten Zug! Evviva! Die ihr von Zweig zu Zweig euch schwingt In grüner Waldeshalle, Die ihr von Lenz und Liebe singt, Ihr lieben Vüglein alle, Wo kämen wohl die Lieder her. Woher, wenn keine Presse wär'? Woher? Sie fängt die lust'gen Melodeien, Die Seufzer auch und Klagen em, Und frisch von Blatt zu Blatte rauscht, Was euch die Dichter abgelauscht. O dust'ge Presse, dust'ger Druck! Dir weih' ich meinen dritten Zug. Evviva! Ihr Völker all vom Weichselstrand Sis zu deS Rheins Geländen, Ihr Deutschen van der Düne Sand Bis zu der Gletscher Wänden Wohin, wenn keine Presse wär', Käm's mit der Freiheit rings umher? Wohin? Sie hält der Freiheit Banner fest Zum Kamps im starken Arm gepreßt. Dem Druck der Mächtigen z»m Trutz, Der Wahrheit Hort, des Rechtes Schutz O deutsche Presse, frei von Druck, Dir gilt mein letzter, tiefster Zug —- Evviva! Aus der russischen Eisen bahnstation T., unmittelbar hinter Kischinew, ist im Bahnhofsgebäude ein gutes Büffet aufgestellt, so daß die Reisenden gern, die wenigen Minuten des Aufenthalts dazp benützen, eine Er frischung zu sich zu nehmen. Das miß brauchten die dortigen Ktllner zu Prel lereien. Zahlte beispielsweise der Rei sende mit einem 1-, Z- oder S-Rubel schein, so konnte der Kellner angeblich uicht»wechseln und fort, um, wie er sagte, Kleingeld zu holen. Ehe der Kellner wiederkam, pfiff aber schon die Locomotive und der Reisende mußte Hals über Kopf in den Zug stürzen. Ein Reisender nun, der schon zweimal angeführt war, beschloß, den Kellnern und dem Wirth einen Denkzettel zu geben. Er aß ein belegtes Brot, trank ein Glas Wein und zahlte mit einer Dreirnbelnote. Natürlich hatte der Kellner wieder kein kleines Geld und ging „wechseln". Da eS aber die höchste Zeit zur Abfahrt war, und der Kellner nicht wiederkam, so nahm der Reisende einfach vom Tische Messer. Löffel, Gabeln, einen silbernen Tasel aufsatz, soviel er nur schleppen konnte, „als Pfand" und stürmte damit feinem Wagen zu. Kaum saß er drin, so er schien auch schon der Kellner mit den Worten: „Bitte, mein Herr, hier ist, der Rest." Seit dieser Zeit haben die Kellner auf der Station T. immer Äeingeld. Kasernenhofblüthe. Un ierosfizier: Man sagt zwar immer: von nneni Ochsen kann man nicht mehr ver langen, als ein Stück Rindfleisch! Ron Ihnen aber, Herr Einjähriger, »erlqngc ich doch, daß Sie sich außer dem auch »och die KnSppe putze»! Ver banden ?! Umschreibung. „Sieh', Adolf, dort drüben sitzt Dein Schneider!" .Bitte, schau' nicht hin, er grüßt sonst lerüber!" „Steht Ihr nicht gut mit nnander?"—Hm, das wohl; aber er ist nir noch die Quittung über zwei An. ,üze schuldig!"
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