s »lug»» Eindringe« in den Seip der Rolle. , In dem Jahre 1835 sang in Prag ine berühmte Sabine Heiiiesetter als Gast auch die Rosine im „Barbier von Sevilla". Nach den Thealerslunden pflegte damals in einem Bierhause un weit des Theaters eiue ebenso geistreich, als fröhliche Gesellschaft, darunter em g, Bühnenmitglieder, zusammen,zukomme», «nd da natürlich dlis Gespräch um den Ersolg dcr Oper sich drehte, so entspann fich unter andern zwischen einem dcr an Niesende» Gäste, einem kritischen Opern "besucher, und dem damaligen Chorfüh rer Dinkel, welcher an diesem Abeud, den Anführer der Tahe gesungen chatte, aus diesen, Anlasse folgenoes Zwiegespräch: „Lieber Dinkel", sagt, der kritische Gast, „bei je.'er Ausführung des „Barbier" machen Sie als Anfüh «er der Wache stets denselben satalev Rehler. Wenn nach Ihrer Stelle. >»Fort, Herr Wildsang ins Geiängniß!' etc. Almaviva ausgerufen hat: „Wie, iich ins Gefängniß? Nein, nimmer mehr!" so sagt er Ihnen ja auch noH Etwas beiseit ins Ohr. Dabeibleiben Eie nun aber jedes Mal in Miene und Stellung ganz unbeweglich stehen, a!Z wenn gar nichts wäre, wäyreud Sie doch Nanz überrascht zurücktreten, sich ehrer bietig verneigen, und dem Chore de. Wache etwas mittheilen sollen, Ivorübe, auch diese ihr Erstaunen ausdrücket muß." „Und warum soll ich denn dies Alles ihuu?" fragte der Chorführer. ! „Du lieber Himmel, begreifen Sil denn nicht? Almaviva gibt sich Ihne» zu erkennen, indem er Ihnen in's Oh, sagt: er sei der Graf Almaviva." „Hm," meinte nun dcr Chorführer, sehr klug und weise lächelnd, „was Si« ha sagen, wäre Alles ganz recht, wenn tzr mir nur wirklich auch gesagt hätte, idas er der Graf Almaviva sei; das sag! ler'mir aber nie, sondern jedesmal etwa- Hanz anderes; wie z. B. heute sagte ei jinir in's Ohr: ,Dinkel, Sie sind eir blitzdnmmer Kerl!' Sollt ich ihm viel 'leicht dasür eine Verbeugung machen großes Erstaunen zeigen, ode> gar das dem übrigen Chore »lilthei- Slen?!" Daß die ganze Tischgesellschaft übet .'iefe, in allem Ernste gemeinte Antwori des Chorführers in ein schallendes und «inhaltendes Gelächter ausbrach, versteh! sich wohl von selbst. Da» Wymnasiuin der Zukunft. Allgemeine Regel. Werft aus den Ballast, daß er nicht jDie Schule mehr beschwere! Lateinisch, Griechisch — abgethan! Uort Syntax, Formenlehre! ,Deu alten Moder lasset ruh'n !Ju seinen alten Urnen, 'Wir haben jetzt Bess'reS zu thun, Die Loosung heißt jetzt: Turnen! Cicero. Der alte Römer hat fürwahr AnS lang genug geödet And uns're Gymnasiastenschaar Schon viel zu viel verblödet; Wir lassen uns durch seinen Stil !Jn Zukunft nicht mehr narren, Wer Cicero fällt gänzlich fort, Dafür: 3 Stunden Barren! Homer. ?Die Jlias nebst der Odyssee Gehört zum alten Plunder, Im Lichte der Äodernität Herfällt Hoiner wie Zunder; Aer Lehrplan kriegt in Folge deß Die treffliche Verschiebung, Homer wird abgesetzt, dasür: L Stunden Hanlelübung. Sophokles. WaS nützt denn Vater Sophokles Den lernbegier'gen Knaben, Da wir ja heut' den Sudecmann Uud Ludwig Fulda haben?! Adieu, Herr Sophokles, adieu! Wald bist Du ganz verschwunden, An Deine Stelle treten jetzt tk l i »l m z ü g e, dritihalb Stunden O v i d. Man metamorphosirt genug kZn unser» Lehranstalten, WaS sollen wir den alte» Herrn unnütz beibehalten ? Hinaus mit ihm! De» Schmöker wersi lln das Caiial-Gewässer, Dann merkt es die Sekunda bald: iL Stunden Reck sind besser! Die Uebrigen. WaS sonst noch an die Klassik mahnt Wird einsach ausgestrichen, DaS Manko wird in jedem Fall Durch Turnen ausgeglichen; Mau wird hierin die Konsequenz Bis auf die Spitze treibe», Und im Gymnasium, tren dem Wort, Nur noch Gymnastik treiben! Getroffen. „Das Kamee! kann acht Tage lang arbeite», ohne zu trinken!" erzählte Herr Roth feiner sei, zungenfertigen Frau. „Das ist noch gar nichts," erwiderte diese, ihn scharj sixirend, „ich kenne sogar ein Kameel. das kann acht Tage trinken, ohne zu arbeite»!" Herr Roth ging ganz stik in's Nebenzimmer. rnck se y l er: In dem Sckei dungSbegehren der Eheleute Niever endete der Sühnerersuch glücklich mir einer gegenseitigen Verhöhnung.— Das Sausen ist eine gesunde Körper beweguug »nd schon die Alten w»ß ten den Werth voll und ganz zu wür digen. In einem mitteldeutschen Blatte hatte Jemand ein Heirathsgesuch veröffentlicht. Er erkielt darauf binnen drei lagen zehn Zuschriften von Ehe» «lännern, welche sich bereit erklärten, ge izen Tragung der halben Ehescheidung», tosten ihm ihre Frauen abzulassen. Wer hat Recht? A:Kennen Sie jenen Herrn mit dem langen, rothen jßarte?—B- Jawohl, das ist der rtinste 'Blaubart! «u« Dr. »och« «Untr. Von allen Welttheilen kommen sie w Schaaren nach Berlin herbeigeströmt, die Jünger AeZknlaps, um zu den Fü ßen des großen MeisterS Robert Koch in den Räumen der Klinik in der Zie gelstraße dem neuen Evangelium, daS iu alle Wel: hinaus erscholl »nd die er folgreiche Bekämpfung der Tuberkulose oder Lungenschwindsucht mil allen ihren unzähligen Complicationen verhieß, an dachtsvoll zu lauicheu. Ehrwürdige Grei se, ergraute Praktiker sind wieder vou dem feurigen Lerneifer jugendlicher Stnden lcn beivlt, und nutzen jeden Moment dcs kostspieligen Aufenthalts in der ReichShanptstadt aus, um sich mit der Methode des großen Gelehrten völlig vertraut zu machen. Injrc!>i»i irr t^miilll. Bekanntlich ist'S in der Medizin mit g-lehrten Abhandlungen nicht gethan, denn schon wie Mep.usto dem aushor chenden Studenten der Medizin verkün det: „Grau ist alle Theorie, und grün des Lebens goldener Baum." Wcnil man Medicin aus Büchern lernen könnte, so hätten sich jen? Schaa ren von Aerzten alle die mühselige Pil gerfahrt über's Meer sparen und rulng dahcim hinterm Ofen d>e Koch-Litera tur studireu solle», die feit dem 4. No vember v. IS. bereits zu ciner anstän digen Bibliothek angeschwollen ist. Nein, da heißt es selbst sehen, hören, lernen, und mit dein-Vorlrage muß die Kliuik Hand iu Hand gehe». Auf un serem Bilde sehen wir den wichligsten Moment des Koch'schen Heilverfahrens, die Jujection der Lymphe, lebendig ver körpert. Ter junge Arzt, der die knappe und einfache dunkle Uniform des preußischen Militärarztes trägt, ist Dr. Pfuhl, Kochs Schwiegersohn. Er ist eben im Begriff, die Einspritzung vor zunehmen. In der Rechten hält cr di, kleine GlaSspritze mit der Lymphe, deren Schnabel aus einer zwei Zoll langen, cu'z r't s,i >e geschlissenen hohlen Stablnadcl be ieht. Mit siche rem Griff stößt er die sHarse Nadel bis an's Heft zwischen die Schulterblätter des jugendlichen, mit entblößtem Ober lörper aufgerichtet auf seinem Schmer zenslager sitzenden Patienten und mit kräftigem Druck spritzt er sod,an» die bräunliche Lymphe bis aus de» letzten Rest i» den Körper des Kranken. Der Schmerz ist kaum merkbar, denn die haarscharfe Nadel verletzt kaum einige Nervenfasern, und wir sehen den Kranken beim Einsetzen der Nadel nur leicht zusammenzucken. Die fest aus den Rücken gelcate linke Hand veS ArzlcS beruhigt ocn Kranken und ver hindert ein Abirren der Nadel. Im Geiste jehen wir die Versamm lung der Zuhörer in athemloser Span nung dein Experiment folgen, während Professor Koch oder auch Professor Bergmann, der berühmte Chirurg, die Manipulationen deS Arztes mit erläu terndem Commentar begleitn«. Bald wird sich die erfreuliche Reaction ein stellen, welche das Absterben, den letzlen Kampf der tödtlich getroffenen Bacillen, verkündet. Aus sei» Minen. Sobald der kühne Reisende dem schmalen Streifen Prairie Landes den Rücken kehrt und der alten Bolton Shaft Road folgt, welche sich durch die schneebedeckten Gebirgs-Cedern w ndet, stößt er unerwartet auf ein llcines, weißes Holzkreuz, das dort als Wahr zeichen über einem einsamen Grab« gleich neben dem Wege steht, dessen Umgebung wehklagende Fichtenbäum« und eine endlose Schneewüste bilde». Aus diesem einfachen Kreuze befindet sich die Inschrift: „Philip McGlynn, 7. April 1883", kunstlos von ciner Freundeshand mil einem gewöhnlichen Taschenmesser ein geschnitten. Einige Hundert Aards weiter hinauf, vou hier aus kaum sichtbar, befinden sich die große» Kohlen minen, deren hoch cmporrragende yol zerne EinfahrtSthürme die melancho lische Einsamkeit dieser Gegend etivas lebhafter gestalten und mit ihren nie mals rastenden Maschinen und Aufzü gen das emsige Schafte» harter Arbeit an /gen. welche nach alle, Himmelsgegenden hin durch fchwarze Aschenpsade gekreuzt wer den. steigen kräuselnde Rauchwolken zum wolkenlo cn, blauen Himmcl empor, welche die Stätten bezeichnen, wo die armen geschwärzten Kohlenhändler ihre cinsachen Mittlen ausgeschlagen haben. Ter Schnee in der Umgebung der Koh lcnschuppcn ist von cinsi zen Füßen nie dergetreten und große Hause» ausge brannter Schlacke zeugen von der Be schästigung zahlreicher Arbeiter. Keiner dieser einfachen Kohlengräber wird es unterlassen, einen Blick tiefer Trauer -ms das einsame Grab zu Wersen, fall» ihn der Weg zufällig dort vorbeiführe» jvllte. Mit dem einsamen Grabe ist folgende traurige Geschichte verknüpft: Während des Wintem 1873183 war ich Nachrvormann eines Trupps Koh lengräber in den Mohawk-Minen; eine harte, rauhe Winter Beschäitignng, aber es war die einzige, welche ich damals er langen konnte, und der unter de», einsa me» Grabhügel ruhende Jüngling Phi lip McGlynn war einer meiner „Hel scr" im Kohleiijchacht No. I. Ich cr ittiicre mich noch zo deutlich, als wen» es gcstcrn gewesen, der ersten Nacht, als Philip damals zu uns kam. Es war an einem rauhen December Abende, das Wetter war kalt und stürmisch und die dünne Bretterwand des EinsteigehauseS, worin ich mich beiand, gewährte nur iiolhdürftigkii Schutz gegeu de» Schnee sturm, welcher die düiiueu Bretter un barmherzig schüttelte. Ich hatte mich in die Nähe des Koh leuseuers gelegt und dachte gerade dar über «ach, wie ich deu Damm des Snake River gcgci, die regelmäßige,, Früh jahrsübersluthuAge» wiberstaudSiähiger inack e» könne, als Jemand an di» un tere Thüre klopfte. Ohne mich weiter umzudrehen, ries ich dem späten Besu cher zu, nur hereinzukommen. Ein eisi ger Windstoß fegte durch die Bretter bude, und als ich mich von der Kälte ge schüttelt umsah, stand ein fremder Junge in zerlumptem und geflickten Anzüge, mit Schne.'flocken bedeckt, vor mir. Sein Gesicht war vom kalten Winde ge röthet und feine grasen blauen Augen schauten bittend in die meinigen. „WaS gibt'S, mein Junge?" fragte ich im ermuthigenden, freundlichen Tone, oa mich etwas in dem We.eu des jun gen Burschen unwillkürlich weich stimmte. Seine Augen senkten sich zu Bode» und der junge Mensch stand einige Momente schweigend uud unent schlossen da, seinen zerfetzten Hut verle gen in der Hand drehend. Dann kam eS stoßweise von seinen Lippen, indem er muthig seine Thränen bekämpfte. „Bitte, Herr, ich möchte gerne Arbeit haben." Seine Stimme klang aufrichtig, feine Augen blickten mich treuherzig an und feine Worte trugen den Stempel der Wahrheit. „Sey' dich, junger Mann", sagte ich srcundlich, „und woher kommst du?" Er streckte seine mit abgelragenen Stiefeln bekleideten Füße dem Feuer ruigegen, sah mir gerade in's Gesicht und antwortete: „Von Trinidad; ich ging dort heute sruh fort." „Trinidad", wiederholte ich erstaunt, indeni ich nach den Fenstern blickte, welche vom Schneesturm gepeitscht wur den. „DaS sind ja sünszehn Meilen von hier!" „Ich weiß es," antwortete er vom Frost geschüttelt, „es war sehr kalt, aber man versicherte mir dort, ich würde hier ganz bestimmt Arbeit erhalten." „Du bist etwas zu jung sür die Minen, mein Junge," begann ich, aber cr lehnte sich eisrig vor und erwiderte: „L l>, sagen Sie das nicht! Vater ist todt und ich muß arbeiten. Ich bin sehr stark uud muß arbeiten," wieder holte cr, „WaS würde sonst aus Mary Verden?" Ich war bereits sympathisch berührt »nd meine Augen wurden feucht. „Mary", wiederholte ich, „wer ist Mary?" „Mary ist meine Schwester und war >et draußen auf mich, um Ihre Anwort ju hören," und dabei zeigte er mit fei ner reckten Hand »ach der Richtung, woher cr gekommen war. „Deine Schwester steht dort draußen in dem Unwetter!" rief ich überrascht und war im nächsten Augenblick auf meinen Füßen. »Ja, Herr, Mary ist darin ein eige nes Mädchen und will dort draußen so lange auf mich warten, bis ich zu rückkomme." „Tann um Himmelswillen bring' deine Schwester hier herein: sie soll wenigstens mein Fener theilen." Ohne Antwort ging er zur Thür hi naus und-verschw ind im dichtenSchnee stürm. In wenigen Minuten kam er mit seiner Zchmester, einem schlanken, fünfzehnjährigen, braun,zelockten jungen Mädchen zurück, welches ebenso ärmlich gekleidet war als er selber und vom Frost geschüttelt wurde. Ich nahm ihre kleinen kalten Händchen in meine eigenen und zog sie in die Nähe des warmen Feuers. ' Während eines Augenblicks sprach Niemand von uns, dann schaute Mar-, ängstlich,erwartungsvoll in meine Auge» »nd fragte: „Gliben Sie Philip Arbeit gegeben?" Dieser sansien, hoffnungsvolle», bit tende» Stimme zu widerstehen, war zu viel für mich. Hingerissen durch den bedanke» a» meine eigene Schwester im s?rnen fteii, beugte ich mich über sie und küßte ihre zarten, bleichen Wangen. „Philip soll Arbeit hab n," sagte ich rrnstkat. „und sollte ich einen Platz für ihn schaffe»." Ein glückliches Ausleuchten der klaren, blauen Auien war meine Belohnung Zuerst beschäitigte ich Philip mit all gemeiner Arbeit und als er sich stets zuverlässig und willig zeigte, ließ ich lim in einigen Tagen zum „Helfer" am Das Geichivistervaar richtete sich in einer alten verlassenen Hütte am Wege häuslich ein und ich half ihnen dabei so viel wie möglich. Wochen vergingen und ich besuch!« das Paar o>t des Nachmittags, um Mar» etivas aufzuheitern. Tie alte Hütte wurde uuter den geschästigen Händen Marys bald traut uns anhei melnd und Gesundheit und Hoffnung hielten dort scknell ihren Einzug. Tie einsamen WimerabenSe wurden oft dnrch den hellen, sanft dahinfließen den Gesang Marys unterbrochen und ich lauickte mit Vergnügen der holden Stimme, welche zu uns herüberschallie, ohne daß sie eine Ahnung davon halte, einen wie eifrigen Zuhörer sie in mir besaß. Den kalten Wintermonaten folgt« bald dcr gefährliche Frühling, Gefahr bringend für alle Minen uud. doppelt gefährlich für die Unserigen, da das an schwellende Wasser des Snake River von de», Eindringen in unsere Gallerien nur durch eine künstliche Barriere von Erde und Felsstückcu zurückgehalten wurde. Wir bewachten das Steigen des Was sers, welches durch de» schmelzenden GebirgSschnee stetig vermehrt wnrde, mit angstlichen Augen. Da aber die Eigcuthümer der Minen den Damm für sicher erklärten, mußten wir wohl, obwohl niit schwerem Herzen, paran glauben. Als ich eines Abends, im Anfange des April, zur Arbeit war der Zustand dcr Dinge uuverändert. Um die Ecke deS Fichtenwaldes biegend, sah ich Mary McGlynn in der Thüre ihrer einsamen Hütte stehen, wie sie, die flache Hand über die Augen haltend, um besser sehen zu können, Phil's kleine gedrungene Gestalt verfolgte, als derjellie im Abendschein seinen Weg nach dem Schachte nahm. Unbemerkt näher kommend, rief ich lhr einen herzlichen Abendgruß zu. Ueber ihr Gesicht flog ein freudiger Schimmer und mir ihre Haud entgegen streckend, sagte sie mit zitternder Stimme, mich forschend anblickend: „Oh Herr, ich habe schon den ganzen Tag aus Sie gewartet, umSie zu sprccheu. Einige der Kohlengräber sprachen ge stern Abend im Groceruladc» davon, daß es uusichcr in den Mineü sei, so lange das Wasser so hoch stehe. Ich fragte Phil darum und cr lachte über meine Acngstlichkeit. Sie wissen ge wiß, wie die Sachen stehen; sagen Si« mir, ist es wahr?" Es fiel mir schwer, ihr die Unwahr heit zu sagen, aber wäre eS Recht von gewesen, ihr die Wahrheil gerad« jetzt zu gestehen?" „Bolton und der Ingenieur ver sicher» uns beide, daß durchaus kein« Ge-ahr vorhanden sei," antwortete ich daher ernst, „und die müssen mehr von der Sache verstehen wie wir." Sie errieth meine Gedanken, als fi> aufmerksam meinen Worten folgte, dann rief sie laut: „Aber Sie, Sie glauben nicht an die Sicherheit?" Mein Blechkessel schlug gegen einen Pfahl und tief Athem liolend erwiderte tch mit einer mir selbst ungewohnten Zärtlichkeit: „Mar», ich glaube nicht an die Si ckerheit des Dammes; aber ich hoffe daß Beste." M Diese Anwort berührte sie tief, danir flüsterte sie vor sich hin: „Armer Phil! nnd ich kann weiter nichts sür ihn thun als beten." Ich beugte mich näher zu ihr nieder, »in ihre Worte besser verstehen zu kön nen und fragte erwartungsvoll: „Und werden Sie an uns Andere nicht denken? Man fühlt sich stärker, wenn man weiß, daß Jemand zu Hause sich uu>erer erinnert." Sie blickte mit ihren Augen, die durch Thränen verschleiert waren, in mein kohleugeschwärztes Gesicht und beide Hände in die meinigen legend, intwortele sie mit sanfter Stimme: „Ich habe immer an Sie gedacht! E.ne schr lle Dampspseise durch,challte die kalte Lust uud ries mich zur Er füllunz meiner Pslicht, aler dem Im pulse meines Herzens folgend, drückte ich einen zärtlichen Kuß anf ihre mit zartem Roth übergossenen Wangen. WaS ich in de» blauen Augen damals iah, ist schwer zu erzähle», aber ich ging leichten Fußes von dannen ohne eigentlich zu wissen weshalb »nd suhlte mich so glücklich, wie niemals zuvor. Zwanzig Mann stark gingen wir da m ils den Schacht hinab und ich erinnere mich noch lebhaft der prächtigen Scene rie, als wir langsam hinab gelassen wurden. Tie Sonne verschwand gerade hinter den Spitzen der entfernten schnee bedeckten Berge, welche sich gerade, wie die Ttiürme einer Kathedrale, gegen den roseusarbigen Htinmel empor streckte», während Über dem t escn Thale ein golvsunkelnder Bogen gespannt zu sein schien, und danu verschwanden wir in oer dunkeln feuchten Tiefe. Nachdem ich alle Leute zur Arbeit angestellt hatte, führte ich eine kleine Abtheilung in einen Seiten Tunnel hinauf, uni einige uingefallene Stützen stützen besestigeu zu lassen. ES war eine harte Arbeit in dem dunklen, engen Raum, welcher nur durch kleine Oel lämpchen erleuchtet wurde und während einer vollen Stunde Hörle man nnr das schwere Alhmen der Arbeiter uud hin und wieder ein Wort derselben. Wäh rend ich mich an die felsige Wand an lelmte, dachte ich über das Gespräch mit Mary nach, baute Lustschlösser, in welche ich Mary als meine Königin einsührcn wollte, als wir plötzlich durch schnelle Fußtritte aufgeschreckt wurde», welche den Tunnel binauf kamen und >m nächste» Moinent erfchien McGlynn mit geisterblcihcm Gesicht, seine Laterne schwingend, mitten unter uus. „Laust," rief er laut. „Lauft nach den Ställe»! Der Snake River ist durchgebrochen!" kensruse ausstoßend, warfen die er schrockcnen >i ohlengräber Alles von sich, verschwanden in der Dunlelheit und wir standen Beide allein. Ich war „Komm' Phil," sagte ich, während der Bursche «ach Atuem ringend da fiand, „wir müssen machen, daß wir vier so icknell wie möglich 'raus kom men." blickte er überrascht aus. „Sie hier!" rief er. „Warum gin gen Sie nicht mit den Andern ? War ten Sie nicht aus mich, ich muß die Barrikade» durchhauen." Die furchtbare Gesabr der Situation trat mir mit einem Male vor Auacn und ich fühlte, wie meine Wangen er blaßten. Jedes Leben in den Minen hing vor der Durchhauung dcr Bar rikade ab und unwillkürlich schlug ich nnt meinen Händen ans feine Schultern. „Ich hatte eS ganz vergessen," sagte ich, „wir wollen zusammen gehen, mein Junge.» Um mehr Sicherheit zu gewinnen, gingen wir Hand in Hand ans dem schlüpfrigen Wege entlang, um di« Hauptgallerie zu gewinne». Wir hat ten unsern Weg in dcr Dunkelheit zu fühlen und hörten das Waffer gnrgeln, welches mir bereits bis zum Gürtel reichte. In weiter Entfernung konnten wir dumpfe Stinimen unterscheide» nnd geängstigte Fledermäuse umschwärmten unsere Köpfe, bis wir endlich die Bar riere erreichten und auf Tod und Leben darauf mit unseren Aexten einzuhauen begannen. Sie wollte sich nicht bewegen und doch hing jedes Lebe» in den Ställen von der Dnrchhauung dieser Barrikade ab. Das Wasser reichte Philipp bereits bis zu den Schultern und trotz meiner wuchtigen Arthlcbe wollte die Barrikade nicht weichen. „Philipp!" rief ich in Verzweiflung, „was sollen wir thun?" „Ich weiß es nicht," rief er in der Dunkelheit zurück, „und möge Gott mn beistehen!" Er griff ein Ende des Unterholzes der Barrikade und schwang sich oben hinauf. Wie eS ihm gelang, die Barri kade zu durchhauen, kann ich heute noch nicht begreifen, aber mit einem Mal« hörte ich einen Schrei und einen mäch tigen Krach, dann kam eine dunkle Masse herunter, welche die Passage vollständig blockirte. Eine dnnkl« Wasserfluth rollte über meinem Kops hinweg, den ganzen Tunnel aussülleud. Was sür eine schreckliche Nacht! Vergeblich ries ich nach Philip, indem >ch meinen Weg, den schlüpfrigen Felsen entlang sühlte. Niemaud antwortete, nur das Flattern der Fledermäuse und das Gurgeln der Wellen war zu hören. Halb wahnsinnig vor Verzweiflung setzt« ich meinen Weg schreiend, weinend und betend fort, bis endlich die Retter aus mich aufmerk'am wurde» und mich im Tunnel fanden. Bei vem flackernden Lichte fiele» meine Augen zuerst auf zerquelfchte Leiche des armen Philip unter einem Hausen von Balken und Geröll und dann schwanden mir die Sinne. AIS ich erwachte, befand ich mich im Kohlenhaufe und eine Menge ver trauter rauher Gesichter, waren um mich beschäftigt. Ich warf ängstlich 'fragende Blicke um mich und dann riej ich: „Wo ist Mary?" Sie war mein erster Gedanke. Schweigend zogeu sich die rauhen Männer zurück und ich sah Mary, wie sie neben der verhüllten Leiche ihres todten Bruders kniete. Hier mußte etwas geschehen, um sie von dem ver stümmelten Körper fortzubringen. Die Burschen halfen mir sorgsam beim Aus stehen und ich flüsterte leise, indem ich ihre Hände ergriff: „Mary, du kannst Philip nicht mehr helfen. Komm, laß uns heimgehen." Sie blickte auf zu mir, ihr Gesicht war todtenbleich, aber keine Thräne schim merte in ihren Augen. „Es fällt mir schwer, ihn hier allein zu lassen," sagte sie wehmüthig. „Ist eS recht, dies zu thun?" „Ja, mein Mädchen," meine eigene Stimme versagte mir. „Ich glaube, eS ist recht und du mußt mir vertrauen, Mary." „Ja," antwortete sie tonloZ. Ich führte sie fort von der traurigen Stelle, den Hügel hinab, ihrer kleinen Hütte zu. Unten auaekommen blieb iie stehen und blickte schweigend zurück, während ei» Thräneustrom ihr Herz er leichterte uud sie wehklagend rief: „Ob, Philip! Du warst Alles was ich in dieser Welt besaß!" Mein Herz wollte mir brechen und ermuthigcnd rief ich: „Nickt Alles, Mary," und mit zärt licher Stimme fügte ich hinzu, „nich/ Alles, komm, sieh mich an." Sie blickte in mein über sie gebeug tes Gesicht und darin den Ernst mei ner Werbung sehend, sagte sie ein jach: „Sie waren immer gütig zu ihm und ch liebe Sie!" Die Morgensonne brach gerade über den serneil Bergesspitzen hervo< und warf die goldenen Strahle» über ihr braungelockteS Haar, während ich sie allein i» ihre kleine Hütte führte. Das einsame Grab dort drüben am Wege mit dem einfachen weiße» Kreuze ist Philipps Grab; die sch»eebedeckle» Ccder» halten stille Wache über ihm und manchmal denke ich, Gott hat dem Jünglinge manche Sorgen des Lebens erspart, seine rauhen Hände von mühe voller Arbeit befreit und er wird ihn einst gemäß seiner edlen That belohnen. Von einen« dankbare» Prinzen. Prinz Alexander von Olden burg, Vorsteher der Pasteur- Anstalt in Peiersburg, wo am 23. November die ersten Versuche mit Kochs Einspritzungen vorgenommen wurden, telegraphirtc nicht etwa an Koch, sondern an Pasteur ve» Ausdruck tiesstec Verehrung und Bewuttderuug. Derselbe daukbare Prinz soll nun beabsichtigen, Herrn Pai'ieur zu danken, daß derselbe das Telephon nnd das elektrische Licht er funden hat. Wahrheitsliebend. Käth che» wird trotz alle» ProtestircuS zu Bette gebracht. Als sie in ihrem Belt cheu liegt, säugt sie an zu beten: „Müde bin ich, geh' zur Ruh'." (Sich unter brechend) Mama, ich kann doch dem lieben Gott so etwas nicht vorlügen, ich bin ja noch gar nicht müde. Der armseligste Tropf wird zum Herrn, wenn er mit einem Hund herumläuft. Martha Timar» Wittwenschaft. v«>> »«i««,« Diese lieben, kleinen Dingerchen, diese kleinen blondhaarigen Frauen, sie sind so gut, so fromm wie die Lämmer. Nanz besonders diese Martha Timar.— Tic hat ihres Gleichen nicht. Seitdem sie vcrhcirathct ist, bekommt man nur ihr Lächeln zu Gesichte. Ehemals ihr glückliches Lächeln, jetzt aber ihr schmerz liches. Mit ihrem Glücke war sie Nieman dem zur Last, sie ist es auch in ihrem Schmerz- nicht. Sie brüstete sich nicht. Sie beklagte sich nicht. Allein ihr blas ses Antlitz, dieses immer blassere Ant litz, erzählte cs täglich Jedermann, was ohnedies Jedermann schon weiß. Ihr Gatte hat sie lüderlicher Weise unbarmherzig verlasse». Und doch war er ei» braver junger Mensch, der emsig ste, geschickteste Zimmermann im ganzen Umkreise; wer Hütte es geglaubt, daß cr dieses engelsgute, liebe Weib betrügen werde, daß die Nacht zweier falschen Aug,,, sein Herz so verfinstern würde daß cr mit jcncr Anderen hinaus ziehen würde in die Welt, um da zu ver kommen? Sie erhielt keine Kunde von ihm; wer wciß, wohin sie den Weg genom men haben; dcr Straßenstaub in wel chem die Spuren sich verloren, erzählt eS nicht; das Lüftchen verräth nicht, wo sie sind, das flüsternde Laub sagt eS nicht verständlich genug, obschon es da von spricht. Wenn cr wenigstens ein Wort gespro chen hätte, als cr die Bagy verließ, dann wäre es der schönen blonden Frau nicht gar fo weh ums Herz. Wenn er sie wenigstens noch einmal geküßt hätte, wenn auch kalt, wenn auch gezwungen, er zu ihr mir so gesprochen hätte: „Du wirst mich »immer wiedersehen; ich liebe eine Andere; mein Leben gehört ihr!" Er aber ging verstohlenerweise weg; sie hatte» eS so unter sich verabredet. Er ging und kam nicht wieder. Und das ist nun schon ein ganzes Jahr her, ei» ganzes Jahr. Er wird wiederkehren. O, gewiß, gciviß! Pclcr ist ja kein schlechter Mensch. Sein Herz war immer gut; er kann nicht so verderbt worden sciu; diese Person kann ihm deu Verstand geraubt, sich in sein Herz geschlichen habe»; allein das ist nur so'ne unechte Farbe; die Zeit verwischt sie und macht sie verblassen. Er wird wiederkehren. Marthc Timar hoffte, und wenn wäh rend dcs Nähens ihren Händen die Scheere entfiel, seufzte sie immer auf: „Ach, bliebe sie nur in der Diele stecken!" Und wen» sie aus ihrem Feilster eiue ausfliegende Elster sah, seuzte sie immer: „Ach, hielte sie nur aus unserem Dache Rast!" Aber weder Scheere noch Elster woll ten lügen Abends setzte sie sich hinaus auf di« Thorschwelle, vou da aus konnte man weit, weit hinausblicken die geschlängelt! Landstraße entlang, ganz bis dahin, wo die Wolken mit ihrer Schleppe die Erde streifen. Sie hielt ihre kleine Hand wie einen Cchirin vor ihrem schönen blassen Ge sichte und so schaute sie nach jenem gro ßen gehcimnißvollen Blatte, von wel chen! sich als einzelne Buchstaben: Fracht wagen, Marktleute. Wanderer und Gott weiß was für Gestalten noch abhoben. Die Dorfbewohner gingen oft an ihr vorüber, grüßten sie wohl auch, aber sie merkte es nicht. „Marthc erwartet ihren Mann," flüsterten sie sich zu und lächelten da- Und doch hatte die arme Marth« recht. Ihr Herz wußte mehr, als die Welt sammt aller ihrer Weisheit. Als sie eines Vormittags mit große? Sorgfalt die Tabaksblätter begoß (ihr hcimkedrendcr Gatte mußte ja des Win ters fein Pfeifchen schmauche»), trat ein pockennarbiges altes Weib in'S GeHöst. Sie brachte eine Nachricht. „Ich komme von deinem Manne, Marihe. Er bittet dich, dn mögest ihm veraeben! Er bereut, was er gethan. Er arbeitet drüben im dritten Dorf, in Go zou: sie flicken den blechernen Kirch thurm. Er hat nicht den Mnth, selbst herzukomme», cr sürchtet, daß du sehr b sc auf ihn bist. We.in du ihm ver zeihst, mögest du zu ihm kommen das läßt er dir sagen." „Gehen wir!" sprach die sanfte blonde Frau. Sie legte das schwarze Tuch ab »nd nahm aus den Weg das rothe schöne ScnntagStuch —Peters Lieblingsfarbe. Und dan» eS paßt auch besser zu die sem schönen Tage. Anf den Knauf des Thurmes mußte ei» vergoldetes Kreuz aufgesetzt werden. Ihre Gnaden, die Frau Verwalterin hatte Zwillinge geboren; zu dieser Freu denfeier machte sie der Kirche ein Ge schenk. „Wer übernimmt's, Jungens?" fragt Büchel Rögi, der Zimmermcistcr. „Ick!" sagte Peter. „Geh lieber du. Sam Bclindenk! Du. Peier, bist schon ein Bischen zu schwer." hab« mich niemals leichter ge fühlt." „Seit du sie davongejagt?" Peler senkte den Kopf und sprach: „Ich habe mich in ihr verabscheut. Und dann, um die Wahrheit nur zu ge stehen: Was einmal rund ist, das rollt auch." „Es ist mich von dir fortgerollt, nicht wahr? Hörst du'S, Sam? Hahaha! Du Schlingel! Nun sollst du aber auch das goldene Kreuz ausseyen." Peter warf einen verächtlichen Blick aus Sam. „Weshalb Sam, Herr Meister? Ich werde es schon aufseyen. Ich erwarte irgend Jemand von irgendwoher. Mir pocht das Herz vor Erwartung, ob sie Wohl kommen wird? Nun steig' ick schon deshalb den Thurm hinaus, dann! ich eineu Bl ck gegen die Bagy werfen könne, hinaus bis an's Ende der Land straße." .Nun, so sei es denn! Spute dich also, ich will'dir selbst aus der oberen Luke das Kreuz hinansreichen, sobald du oben bist." „Peter war auch gar bald in der Höhe; er kletterte so behend die Bret tergesimse hinan wie ein Eichhörnchen. „Her mit dem Kreuze!" ries er, sich niederbeugeud, „damit ich'S rasch auf setze." „Da, mein Sohn!" Peter klomm noch höher hinan, und als er schon ganz oben war, blickte er vor allem zuerst »ach dcr Bagyer Land straße. „Dort kommen sie! Dcks ist Martha! Sie läuft vor dem alte» Weibe daher — jetzt lenken sie in's Dors ein." Sein Herz pocht in mächtigen Schlä gen, cr fühlt ein Würgen, seine Hand bebt, vor . seinen Augen wird s ihm schwarz. „Hoho, Peter! Sitzt'S schon?" Verwirrt und mit bebender Stimme antwortet er: „Aus ivelchen Knopf soll ich'S denn setzen?" Dcr alte Zimmermann entfärbte sich; er bekreuzigte sich im Thurmfenster und mur>nelte traurig: „Du kannst es fckon auf welchen im mer setzen! Es gab da oben nur einen Knopf. Nur ein vom Schwindel Crsaßterkonnte zwei oder drei Knöpke sehen. Der Alte wußte, was folgen müsse. Wie besessen rannte er die Stufen hinab, er wußte, bis er hinunterge lange, werde Peier schon unten sein... ja, der wird noch weiter sein im Jenseits. Gleichzeitig langten Gatte und Weib beim Thurme an. Aber dcr Eine aus der Höhe. todt. Sie yätte doch das schwarze Tuch mi nehmen sollen zu dieser Begeg nung! Marthe warf sich stumm auf den ent seelten Leib und bedeckte ihn mit Küssen und hielt ihn lange krampfhaft um< schlungen. Als man sie gewaltsam von dort weg riß, da war ihr leidvolleS Antlitz noch so sanft, so ruhig, wie immer. Sie fand nicht einmal ein Wort, nicht einmal e>n« Thräne. Sie wandte sich zurück, sie warf einen letzten Blick auf den Todten, dann brach sie zusammen. Dann stand sie wieder auf, faßt» mit stählerner Kraft das alte Weib an den Schultern und fragte mit tonloser Stimme: „Wozu habt Ihr mich hierherge bracht? Von wo soll ich ihn nun er warten?" Und erst jetzt entströmten ihr di« Thräne» wie ein entfesselter Bach. Justiz im 17. Jahrhundert. Im Jahre ISIS hatten sich an dn sächsischen Grenze Spuren der Pest ge zeigt; zwei Mönucr verließen aus Furcht vor derselben ihren Wohnort und kamen in das hannöversche Amt Mei nersen. Kaum erzählten sie dort den Grund ihrer Auswanderung, so wurden sie verhaftet. Die Verhaftung geschah am 14. August, am 15. August würd« der Fall de» Gerichten gemeldet und am 2V. August kam das dem Landes herrn zur Bestätigung vorgelegte Urtheil schon wieder zurück nach Meinersen. Man schritt sofort zur Vollstreckung des Urlheils. Beide Delinquenten, welche außerhalb des OrteS in cinci Hütte eingesperrt und bewacht worden, wurden zu einem lodernden Feuer a» den Fluß geführt, während man ihnen gleichzeitig mittheilte, daß sie mit dem Do?e bestraft werden sollten. Si» mußten sich Angesichts des Feuers ent kleiden, mit großen Feuerhaken wu den daraus ihre Kleidungsstücke in das Feuei gezogen und verbrannt; den Beide« warf man aus einiger Entsernunz Schling.'» über und riß sie bis zum Flusse, in welchem man sie hin- und Herzog, jedoch mit solcher Vorsicht, daß sie nicht ertrinken konnten. Nach diesem gewaltsamen Bad« schleppte man sie wieder »ach dem Feue, und warf ihn:» zur nothdürftigen Be kleidung alte Sachen hin mit der Erklä rung, sie wären nun ebenfalls genug ge reinigt, um vor dem peinlichen HalSge richt ihr Todesnrtheil zu hören. Beid« wurden nun langsam znm Gericht ge führt; nachdem sie dem Richter ihr« frühere arglose Erzählung der Auswan derung wiederholt hatten, wurde der Stab über sie gebrochen und der nichl weit von ihnen stehende Scharfrichter ausgesordert, seines Amtes zu walten. Nach einer langsamen Wallfahrt durch tiefen Sand gelangten sie unter Sterbe liedern, welche die Schuljugend sang, nach dem Rabenstein. Bei ihrer An kunft daselbst entkleideten fie die Knechte des Scharsrichters, dann wurden sie an den Galgen sestgebunden, und, wie eS im Erkenntniß wörtlich hieß, „recht schaffen und dergestalt mit scharsen Ruthen ausgestrichen, daß eS ihnen selbst zur wohlverdienten Strafe, Ander» aber zum warnenden Beispiel diene." Dann wurden sie begnadigt, denn die Todesstrafe war auf dies« Weifc gemildert worden, jedoch mit der ausdrücklichen Vorschrift, mit der Be gnadigung zu zögern, „damit sie mitt lerweile von der Todesangst so lange wie möglich gequält > erden möchten." Man machte ihnen bekannt, daß sie statt der mil Recht verdienten Todesstrase nur des Landes verwiesen werde» soll ten, WaS auch sosort geschah. --Ein Banquier. der für sein Comptoir einen Buchhalter suchte, ließ solgende Annonce in die Zeitungen einrücken: „Ein junger, gebildeter Mann, der eine geschickte Hand besitzt, findet sofort Beschäftigung." Unter den vielen Bewerbern wählte der Banquier einen aus, der ihm besonders gefiel. Eine? fchönen Tages aber war der neue Buchhalter verschwunden und der Geld schrank erbrochen, in welchem man eine» Zettel fand mit den Worten: „Ein jun ger Mann, der eine geschickte Hand be aß. fand hier emen Äugenblick Beschäf tigung."
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