55 e a ding, Mnn Gedruckt und herattögegebeu vou A rnold Puwcll e, in der Sud 6ten Straße, Ecke der Cherry Alley. Veh m' s Wlrth6hau6-Hofc gclenttdcr Jahrg.«», ganze Nnm. »>«». Bedingungen. Der ZUVrrnle zzeolmclucr erscheint jeden Dienstag auf einein großen Superial-Bogen mit schonen Vettern gedruckt. Der Subseriptions-Preis ist Ei n Thaler des Jahrs, welcher in halbjährlicher Vorausbezahlung erbeten wird. Wer im Lause des Jahres nicht bezahlt, werden Ii 5„. angerechnet. Für kürzere Zeit als 0 Monat wird kein Unterschreiber angenommen, und.etwaige Aufkündigungen werden nur dann anae nommen, wen sie einen Monat vor Ablauf des ierniins geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt werden. Bekanntmachungen werden dankbar angenommen nnd für den gewöhnlichen Preis einaerückt l In te rschrnbern in hiesiger Stadt wird die Zeitung porrosrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der Unterschreiber. und Mittheilungen müssen postfrei eingesandt werden. Attsgewaehtle Michlerslette. Der Schneider Die Schneider das sind brave Leut',' Ich lobe mir die Schneider! Die tuiumer» sich um Wclt und Zeit, Und machen uns die Kleider, Und sind zugleich noch nebenbei, Als Menschen meiste»,. frauk und frei; D'rum lob' ich mir die Schneider. Ein gutes alte«? Sprichwort heißt: „Die Kleider macheu Leute." Der Schneider fühlt das allermeist, lind denkt dabei iu'e Weite. ~Der Rock macht überall den Manu," Der Schneider sitzt und denkt daran, Und prüft— und findet Wahrheit. So deukt der Schneider : Dicser Nock Wird scilicu Manu schon mache», ' Wenn der lebeud'ge Kleiderstock Nur durchkommt durch die Wache» ; Wen» er nur zum Miuister dringt, Und selber ihm die Bittschrift bringt, In diesem neuen Rocke! Denn der Minister kennt die i.'eut'— Die Lumpen durch Erfahrung, Ei» Mann in einem saubern Kleid, Verdient wohl immer Nahrung; Das ist „ein Mann von gutem Ton/' Der paßt sich für de» Dienst am Thron! Dem kau» ma» was vertraue»! So'» Kerl in eiiieiu schlechte» Kleid Durchaus nicht nach der Mode, Der bringt's sei» Lebtag uiiumer weit, Der kttiiimerr sich zu Tode. Das ist ein Lnnip.—so beißt es dann. De» man bei Hof nicht brauch?» ka»» ; Der Kerl gehört zum Pöbel! Der Schneider denkt: das Kleid allein Negiert bis jetzt die Lander ; Es mag ei» großer Schurke sein, Trägt er uur Stern nud Bänder ; —Versteht sttb, auf solidem Kleid, — Da hat er Einstuß ans die Zeit, Als großer Man» im Staate'. Die Menschen sind sich alle gleich, So überlegt der Schneider. Den Unterschied iin ganzen Reich Mach' ich nur—durch die Kleider. Drum ist das Wort Egalite llud demzufolge Liberte Begreistich jedem Schneider! So steh'» die Schneider obenan Im Volk' als Patrioten, Sie schreiten auf der Freiheit Bahn ; Drum treffen sie die Noten , Drum schickt der deutsche Bundestag De» Schneidern nnu Spione nach, Und mancher sitzt im jeche. Ein deutscher Schneider darf nicht mehr Wie sonst in's Ausland wandern, Die Fürsten fürchte» sich g.,r sehr Vor Schneidern und vor Ander» Vor jedem der »ur irgend denkt; Und just das Schiieiser Handwerk lenkt Auf Gleichheit die Gedanken. In blut'ge» Barrikaden stand In Frankreich mancher Schneider, Für Freiheit, Ehr' und Vaterland, Bis jetzt vergebens, leider'.— Und mancher Scbncider vor Gericht, Rief—! noch dem Tod in s Angesicht; Vive—! vive la Rcpnblique! ! Die Namen jener Schneider steh» In Frankreich hoch in Ehren; Dem Tode stark entgegen geh n, Kann euch eiu Schneider lehre», Im Kampfe für Egalite, Für Patrie, und Liberte. Harry H a r r i n g. Der lebende Todte. tLiue walne Geschichte. (Fortsetzung.) „Obwohl meine Erinnerung an diesen Augenblick ziemlich dunkel und verwirrt ist, giebt es doch immer Nächte, wo ich diese unterdrückten Seufzer höre. Allein es war damals noch etwas viel Schreckliche res, als alles dieses, nämlich eine Stille, die mir seitdem nicht mehr vorkam, eine wahre Grabesstille." „Endlich, meine Hände erhebend und die leblosen Körper um mich betastend, be merkte ich einen Zwischenraum zwischen mir und dem Cadaverhaufen über mir; ich maß diesen Raum, der mir durch einen, mir unbekannten Zufall gelassen wurde. Es scheint, Dank sei es der Eile, womit man uns alle unter einander in die Grube Und Berks, Monlgomery und Schuylkill Caunties allgemeiner Anzeiger, geworfen hatte, daß zwei Todte über mir sich so gekreuzt hatten, daß sie einen Win kel bildeten, ähnlich demjenigen, welchen Spielkarten, von einem Kinde zur Auf führung eines Hauses mit den Rändern aneinander gestellt, bilden. Ich stieß dann, indem ich mit außerordentlicher Schnellig keit alles um mich her durchsuchte, auf ei nen Arm, der glücklicherweise an keinem Körper hing, ein wahrer Herkulesarm, ein vortreffliches Mittel, dem ich meine Ret tung verdankte. Mit einer wahren Wuth suchte ich die Leichname über mir auf die Seite zu räumen. Ich arbeitete schnell und so viel es meine Kräfte zuließen, und noch weiß ich nicht, wie es mir gelang, den Fleischdamm, welcher einen Watt zwischen mir und dem Leben bildete, zu durchbrechen, allein ich hatte ja drei Arme, und mein Hebel brachte mich der Luft immer naher, so daß ich, Gott sei Dank, auch leichter zu athmen begann." „Endlich sah ich das Licht, vom Schnee doppelt erhellt. In diesem Augenblicke bemerkte ich, daß mein Kopf eine Wunde habe, welche aber von ineinen eignen Blu te, so wie von jenem meiner Kameraden und meines Pferdes, was weiß ich, wie von einem Pflaster überkleistert war. Als mein wunder Kopf den Schnee berührte, verlor ich daS Bewußtsein; indessen ge wann ich bald, fortkriechend, ein kleines rundes Plätzchen, auf welchem ein Son nenstrahl den Schnee geschmolzen hatte; da schrie ich volle zwei Stunden lang ver gebens, und fiel dann neuerdings, bis zmn Tode ermattet, in Ohnmacht. Als ich wieder zu mir kam, stieg eben die Sonne auf. Eine Frau ging vorüber und hatte den Muth, den Schädel näher zu betrach ten, den sie schon gleich einem Schwämme mit dem Fuße von sich stoßen wollte, sie rief ihren nkht weit entfernten Mann, und Beide trugen mich in ihre hölzerne Ba racke." „ES scheint, daß ich dann wieder einen Starrkrampf hatte, denn einige Tage lag ich im Zustande der Besinnungslosigkeit. Sechs Monate befand ich mich zwischen Le ben und Tod, sprach, wie mir meine Wir the später erzählten, entweder gar nichts, oder wenn ich sprach, Worte ohne Sinn. Ich wurde endlich von den guten Leuten in das Spital von Heilsberg gebracht." „Sie können wohl begreifen, meinHerr, das ich aus dem Schooße meiner Grube so nackt hervorging, als aus jenen» meiner Mutter. Als ich mich daher 10 Monate nachher erinnerte, daß ich der Oberst (sha bert sei, und den Leuten zumuthete, mich als solchen zu erkennen und zu achten, lachten sie mir geradezu in's Angesicht." „UebrigenS hatte sich der Wundarzt des Spitals aus Eigenliebe für meine Gene sung verbürgt, und als ich ihm nachher meinen Stand und Namen entdeckte, ließ er nach allen Formen Rechtens die Grube in welcher ich lebendig begraben lag, Tag und Stunde, wo ich von meiner Wohl thäterin und ihrem Manne gefunden wur de, die Art ünd Lage meiner Wunden ge richtlich constatiren, und fügte diesen; Ver balprozesse eine genaue Beschreibung mei ner Person bei. Aber leider besitze ich weder diese wichtigen Schriften noch die Erklärung, welche ich bei einem Notar je nes Städtchens über die Identität meiner Person niederlegte." „Seit dem Tage, als ich durch die spä tern Kriegsbegebenheiten aus Heilsberg verjagt wurde, irrte ich nun wie ein Land streicher herum, bettelte mein Brod und wurde wie ein Wahnsinniger behandelt, wenn ich meine Abenteuer erzählte. Aber ich besaß keinen Sous, um mich in Besitz jener Acten zu setzen, welche ich doch zur Bestätigung meiner Angaben so nöthig gehabt hätte. Oft wurde ich durch kör perliche Schmerzen, die Folgen meiner Wunden, in kleinen Städtchen und Dör fern zurückgehalten, wo man mich mitlei dig pflegte, so lange ich der Barmherzig keit bedurfte, aber mich auch alfobald aus lachte, wenn ich — mich besser fühlend der Oberst Chabert sein wollte. In Stutt- "IVilliH zu loben und oline Furcht zu tadeln." Dienstag den IS. Angnst, gard sperrten sie mich sogar in s Narren haus, und sagen Sie selbst, mein Herr,l ob meine seltsamen Behauptungen dieß Verfahren nicht.rechtfertigten?" ' „Nach zwei Jahren endlich der Noth und des Jammers, und nachdem ich wohl tausendmal sagen gehört: „das ist der ar me Mann, der sich einbildet der Oberst Chabert zu sein!" gelangte ich endlich zur Ueberzeugung, daß ich mit miencm Plane nie reüssiren könnte. Ich wurde traurig, resignirt, ruhig. Ich wollte nun nicht mehr der Oberst Chabert sein, sprach kein Wort mehr davon, nannte den Na men nicht mehr und wünschte nur Frank reich wieder zu sehen ach, mein Herr, Paris wieder zu sehen, welch ein Entzük ken !" Bei diesem Ausruf licß der Alte den Kopf sinken und zerdrückte eine Thräne in seinem Auge, welche Derville durch Stillschweigen ehrte. „Eines TageS, es war ein schöner Früh lingstag," fuhr der Arme nach einer Pau se zu erzählen fort, „öffnete man mir mein Gefängniß, gab mir l> Reichslhaler und die Erlaubniß zu gehen, wohin ich wollte, unter der Beringung, daß ich nicht mehr so unsinniges Zeug schwatzen und nicht mehr behaupten wollte, daß ich der Oberst Chabert sei. Ich kann wohl sagen, zu jener Zeit und auch noch jetzt giebt es wirklich Augenblicke, mo mir mein Name zuwider ist. Ich wollte, ich wäre nicht Ich. Wenn meine Wunden mir alle Er innerung an die Vergangenheit geraubt hätten, so wäre ich glücklich. Aber das Bewußtsein meiner Rechte und Ansprüche macht mich elend. Ich würde unter einem andern Namen wieder Dienste genommen haben, und vielleicht hätte ich's schon wie der bis zum Obersten gebracht." „Mein Herr," fiel hier der Advokat ein, „Sie verwirren alle meine Ideen. Ich glaube zu träumen, wenn ich Ihnen zu höre. Lassen Sie uns einen Augenblick abbrechen." „Sie sind/' versetzte der Oberst mit melancholischer Miene, „Sie sind der erste Mensch, der mich geduldig anhört und mir doch einigen Glauben zu schenken scheint. Keiner von den andern Advokaten ver stand sich dazu, mir auch nur ein paar Napoleon's vorzuschießen, um die nöthi gen Beweise zu meinem Prozesse aus Deutschland kommen zu lassen." „Welchen Prozeß?" fragte Derville hastig, der Alles vergessen zu haben schien. „Wie, mein Herr? Die Gräfin Fer rand ist mein Weib und besitzt UO,OUO Livres jährliche Renten, die mir zugehören. Als ich das den Rechtsgelehrten sagte, und ihnen anvertraute, daß ich entschlossen sei, gegen meinen Tod und gegen ihre Heirath Klage führen zu wollen, so lächelten sie freilich alle und ineinten, ich würde nicht auslangen, aber darum wandte ich mich ja eben an sie." „Ich war unter den Todten begraben, aber jetzt soll ich auch unter den Lebendi gen, unter den Acten, unter Thatsachen begraben bleiben, und die menschliche Ge sellschaft will mich neuerdings unter die Erde zurückweisen. Nein,' da dank' ich schön!" Belieben Sie nun fortzufahren, mein Herr," sagte der Advokat und setzte sich nun wieder in horchender Stellung zurecht. „B elieben ?" schrie der Alte, indem er Derville's Hand faßte, „ach solch ein Wort hab' ich lange nicht gehört," und Thränen erstickten seine Stimme. „Hören Sie," nahm der Advokat das Wort, „ich habe diesen Abend 300 Fran ken im Spiele gewonnen, so kann ich ja leicht die Hälfte dieser Summe für das Glück eines Menschen hergeben. Ich will alle möglichen Mittel anwenden, um Ih nen die Beweise aus Deutschland zu ver schaffen. Bis dahin gebe ich Ihnen täg lich 100 Sous zu Ihrem Unterhalt. Wenn Sie der Oberst Chabert sind, so werden Sie diese geringe Hülfe wohl dem gewöhnlichen Mißtrauen eines Advokaten verzeihen. Uud nun fahren Sie in Ih rer Erzählung fort." Der Oberst blieb einige Augenblicke stumm und unbeweglich. Sein unbe grenztes Unglück hatte ihm jede Hoffnung auf ihre Hülfe vernichtet, und wenn er seinem Namen, seinem Ruhme, sich selbst nachlief, so gehorchte er nur jenem uner klärlichen Gefühle, welches in jedes Men schen Herzen wohnt, und welchem wir die Nachforschungen der Alchymisten, dem Ehrgeiz die Entdeckungen den Astronomie, der Physik und allen andern Wissenschaf ten danken. In seinen Augen war sein Ich nur ein untergeordnetes Wesen, so wie die Lust an Gewinn dem Spieler theu rer ist, als der Gewinn selbst. Die Worte des jungen Advokaten wa ren also wie ein Wunder für den armen Mann, der seit k t Jahren von der ganzen Schöpfung, von seinem Weibe und von der Gerechtigkeit zurückgestoßen ward. Bei einem Advokaten, von dem er am al lerwenigsten vermuthet hätte, empfing er nun diese 10 Goldstücke, welche ihm durch so lange Zeit, von so vielen Menschen, auf so viele Arten und Unarten verweigert worden waren ; der Oberst glich in diesem Augenblick jener Dame, welche IJahre das Fieber hatte, und sich erst an dem Tage krank fühlte, an dem sie ganz geheilt war. Es giebt Glücksfälle, an die man nicht glaubt, sie schlagen ein wie der Blitz und verzehren. Auch fühlte der arme Mann zu viel Dank in seinem Innern, als daß er ihn hätte ausdrücken können. Der ville erkannte eben daran seine Redlichkeit, ein Gauner hätte jetzt Worte gehabt. „Wo blieb ich denn?" fragte endlich der Oberst mit der Naivität eines Kindes oder eines Soldaten, und fast immer et' was Soldatisches in einem Kinde. „In Sultgart. Sie verließen Ihr Gefängniß," antwortete der 'Advokat. „Sie kennen ja meine Frau?" fragte der Oberst. Der Advokat nickte mit dem Kopfe. „Wie sieht sie aus?" „Noch immer sehr reizend !" Der Alte machte ein Zeichen mit der Hand und schien einen geheimen Schmerz mit jener feierlichen Resignation zu ver schlingen, welche in Schlachten erprobte Männer charakterisirt. „Mein Herr," sprach er mit einer Art von Fröhlichkeit, „wenn ich ein hübscher Bursche gewesen wäre, so würde mich keiner meiner Un glücksfälle getroffen haben, allein ich hatte ein wahres Requiemgesicht, ich glich mehr einem Eskimo als einem Menschen, ich, der ich im Jahre 17i)9 für einen der hüb schesten jungen Männer galt." „An demselben Tage, wo man mich in Stuttgart forttrieb, begegnete ich dem von dem ich schon gesprochen habe. Sein Name ist Bou tin ; ich traf ihn auf der Promenade bet telnd. Ich erkannte ihn sogleich, aber er mich natürlicher Weise nicht. Wir gingen mit einander in eine Schenke, und als ich mich ihm nannte, brach er in ein lautes, unmäßiges Gelächter aus. Seine Fröh lichkeit machte mir tiefen Schmerz. Ich war also selbst für den besten und dank barsten meiner Freunde unkennbar. Ich hatte Boutin das Leben gerettet, allein das war nur Wiedervergeltung, ich dankte ihm auch das meinige. Es geschah in Italien, in Ravenna, wo er durch seinen Muth und Beistand verhinderte, daß ich nicht erdolcht wurde; allein damals war ich noch nicht Oberst. Diese Begebenheiten um faßten Einzelnheiten, die wir nur Beide allein wissen konnten, und als ich ihm die se in'S Gedächtniß zurückrief, verminderte sich sein Unglauben. Ich erzählte ihm alle Umstände meiner sonderbaren Exi stenz, nnd obschon, wie er mir sagte, meü ne Augen und meine Stimme seltsam ver ändert waren, obschon ich keine Haare, keine Zähne, keine Augenbraunen mehr hatte, gleich einem Albino, so erkannte er in seinem bettelnden Kameraden doch end lich seinen Obersten nach tausend Fragen, j welche ich alle siegreich beantwortete." „Er erzählte mir dann auch seine A benteuer. Sie waren nicht minder sonder- Laufende Rummer bar als die meinigen. Er kam von der chinesischen Grenze, wo er einzudringen versucht hatte, nachdem er aus Sibirien entwischt war. Er erzählte mir die Un glücksfälle des russischen Feldzugs und Napoleons Abdication. Diese Neuigkeit war eine derjenigen, welche mir den größ ten Schmerz verursachten. Wir waren zwei entsetzliche Ueberreste einer furcht baren Armee." „Boutin, doch noch kräftiger als ich, nahm eö dann auf sich, nach Paris zu ge hen, und meine Frau von dem Zustande zu unterrichten, in welchem er mich gefun den. Ich schrieb an sie einen ausführ lichen Brief. Es war schon der vierte, mein Herr. Wenn ich andere Blutsver wandte gehabt hätte, so würde ich mich lieber an diese gewandt haben, allein ich bin eine Waise, die kein anderes Erbtheil hatte, als den Muth, keine andere Familie als Gott und alle Welt doch, ich irre mich ich hatte einen Vater, es war der Kaiser." „Boutin reiste ab. O wie glücklich war der Mann, er besaß zwei weiße Bä ren, welche er tanzen ließ, womit er sich sein Brod erwarb. Aber ich konnte ihn nicht begleiten, denn noch immer ließen mich meine Schmerzen nur ganz kurze Strecken zurücklegen. Ich weinte, mein Herr, als wir uns trennten, nachdem ich noch, so weit es meine Kräfte zuließen, mit ihm und seinen Bären marschirt war. Aber in Carlsruhe hatte mich neuer Ner venkrampf im Kopfe niedergeworfen, und ich lag dort 0 Monate auf dem Stroh in einer Herberge." „Ich würde kein Ende finden, mein Herr, wollte ich Ihnen alles Unglück, alle Noth meines Bettlerlebens mittheilen. Moralische Leiden übersteigen noch die phy sischen, allein sie erwecken weniger Mit leid. Ich erinnere mich vor einem Hotel in Strasburg bittere Thränen vergossen zu haben, in welchem ich einst ein glänzendes Fest gab, und jetzt nicht ein Stück Brod erhielt!" „Da -ich mit Boutin den Weg genau verabredet hatte, den ich nehmen würde, so erkundigte ich mich auf jedem Postbü reau, ob nicht ein Brif angelangt sei. Al lein ich kam bis nach Paris, ohne einen zu erhalten. Boutin wird gestorben sein, dachte ich mir. Wirklich hatte den armen Teufel eine Kugel bei Waterloo hinüber genommen. Ich erfuhr dieß später durch einen Zufall. Seine Verwendung bei meiner Frau war vermuthlich fruchtlos.'" „Endlich zog ich in Paris zugleich mit den Kosaken ein. Ich hatte keine Schuhe an den Füßen, keinen Sous in der Tasche; Lumpen bedeckten mich. Die Nacht vor meiner Ankunft war ich gezwungen unter freiem Himmel, im Wäldchen de Claye zu zubringen, und als ich durch die Vorstadt Saint Martin ging, siel ich an der Thür eines Eisenhändlers ohnmächtig zu Boden. Ich erwachte wieder in einein Bette im Hötel Dieu. Da blieb ich einen Monat und befand mich so ziemlich leidlich, aber man schickte mich auch da bald wieder fort. Ich ging schnurstraks in die Straße Mont blanc, wo meine Frau in einem mir zuge hörigen Hötel wohnen mußte; allein mein Hotel war niedergerissen und mehrere Häuser daraus gemacht worden. Da mir nicht bekannt war, daß sich meine Frau mit Herrn Ferrand verheirathet habe, so konnte ich auch keine Auskunft über sie erhalten. Ich begab mich also zu einem alten Advokaten, dereinst meine Geschäfte besorgt hatte, allein er hatte die Advoka tur niedergelegt und seine Geschäfte einem jungen Manne übergeben. Dieser be nachrichtigte mich zu meinem größten Er staunen von der Einantwortung meiner Hinterlassenschaft, von der Verehelichung meiner Frau und der Geburt zweier Kin der, und als ich ihm sagte, daß ich der Oberst Chabert sei, lachte er so unbändig, daß ich ihn sogleich verließ, denn ich woll te mein Gefängniß in Stuttgart nicht durch jenes in Eharenton fortsetzen, und !beschsoß daher auf immer Hut zu sein.
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