Der liberale beobachter und Berks, Montgomery und Schuylkill Caunties allgemeine anzeiger. ([Reading, Pa.) 1839-1864, January 31, 1843, Image 1

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    r ,1 S > N xx, Gcdruckr »»d hcr.iusgeqeben von Arnold Puwcuc d,>>' .
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Jahrgang ganxe Kummer 178.
Bedingung- N.-Der Slbersle Ueobarkter erscheint jeden Dienstag auf einem grossen Superial-Boaen mit „V _
zahlung erbeten wird. Wer im Laufe des Zahres nicht bezahlt, werden -Kl 5,0 angerechnet. Für kürzere ?eit « Mon f. ist Ein T h ale r des ?al,rs, welcher in halbjahriger Dorausbe
einen Monat vor Ablauf des geschehen und gleichzeitig alle Rückstände abbezahlt .verde» ' ><k - , angenommen, und etwaige Aufkündigungen werden nur dann angenommen, wenn sie
«tadt wird d.e Ze.tung Porrofrei geschickt, weitere Versendungen geschehen durch die Post oder Träger, auf Kosten der li und für den gewöhnlichen Preis eingerückt. Unterschreiben in hiesiger
— unrerichreivcr. o^-Briefe und Mittheilungen müssen rostfrei eingesandt werden.
Mutterstelle.
Die Erwartung
Hefters schon hat uns die Hoffnung betröge»,
Hat uns gar manchmal u» Leben belogen,
Und wir behalten sie dennoch in Acht.
Hoffmiugsvoll sehn wir der Ankunft entgegen,
Wie in der Ferne ans rosigen Wegen
Heiter uud lieblich die Freude u»s lacht.
Morgen gewiss wird dein Wunsch dir erfüllet,
Morgen dei» sehnend Verlangen gestillet,
Hoffe geduldig nud bleibe getrost.
Sieh es erscheiuen von ferne» Getreuen,
Dir jetzt den heilige« Schwur zu erneuen,
Briefe gewiß mit der morgenden Post.
Diesmal im Spiele gewiß zu gewinnen,
Harret so Mancher mit ängsiendein Sinnen,
Wechselt im Fieber mit Hitze nnd Frost.
Hente »och wird er gering nur geachtet,
Morgen als Vorbild vou Viele» betrachtet,
Ihm bringet Geld ja die morgende Post.
Armuth verhindert oft hier im Lebe»
Gelbst de» Geschickten im fleißigsten Streben;
Aber es bleibt ihm doch manchmal ein Trost,
Ihm hat ciu Zufall den Göuncr gewiesen,
Ihm scines Geistes Produkte gepriesen,
Drum hofft ein Amt er mit morgender Post.
Selbst »och am Ziele der irdische» Reise
Hoffet ans Morge» der Thor und der Weise,
Wünscht, daß noch einmal der Irühliug ihm
sproßt.
Aber gar Mancher im Laufe des Lebens
Hoffet auf Geld, Amt und Briefe vergebens,
Ihm bringet gar nichts die morgende Post.
»
Zur Unterhaltung uud Belehrung.
Eigenthümliche Schelmerei.
Zu Tun» hatte sich ciues Nachmittags ein
sehr beliebter Fastcnprediger so tief in seine
Materie verwickelt, daß es darüber ganz dum
kel geworde» war. Als er nuu endlich Amen
gesagt hatte, hörte man Mitten in der Kirche
folgendes sehr veruehniliche Bekenntniß: —
"Hört mich an, meine christlichen Brüder,
hört mich reuigen Sünder an! Die Worte
dieses Gottesmanncs habe» mein Herz umge
kehrt. Ja ich will micl' bessern ; ich will alle
meine Verbrechen eingestthen. Ich bin ein
Advokat, der von jeher alle seine Clienten be
betrogen hat; ich habe schon längst den Gal
gen verdient. Ich klage mich mit Nennung
meines Nnmens an. Ich bin der Advokat
T ..., der jetzt in der St. Agathastraßc
wohnt." Wie, Bösewicht! fiel hier eine
rauhe Stimme ein: Du lügst! Packt den
Galgenstrick, christliche Brüder! Packt ihn,
ich beschwöre Euch. Ich bin der ehrliche
Advokat T..., dessen Ehre er abschneiden
will.— Man denke sich das Erstanncn der
Versammlung. Indessen hatte sich der lose
Vogel aus dem Staube gemacht.
Merkwürdige Grabschrift.
Sie lautet wie folgt - Zum Andenke» der
Jungfrau Phöbe Hessel. Sie war ge
boren zu Stepney uud diente vie
le Jahre als gemeiner Soldat im fünften
Infanterieregiment. Sie machte in mehre
ren Theilen von Europa eine Reihe vou
Aeldzüge mit, und focht unter andern anch in
der merkwürdigen Schlacht von Fontcney,
1747, wo sie einen Bajonettstich in den Arm
erhielt. König Georg der Vierte gab ihr in
ihren letzten Lebensjahren eine reichliche Pen
sion. Sie starb zu Brightou, das feit lan
ger Zeit ihr Wohnort war, am iLten De
cember lksi, huudert und acht Jahr alt.
Dieser Stein deckt ihr Grab.
Der FranManer und der Jude.
Im Jahre 1792 ging ein Priester ans dem
Nranziskanerorden, der schon mehrere Jah
re hindurch iu dem St. Poeltncr Kirchspren
gel als Seelsorger mit angestellt war, nnd
sich vorzüglich anSgezeichnet hatte, »ach ei
nem eine halbe Stnnde von der Pfarre ent
legenen Schlosse, um daselbst Mcsse zu lese«.
Als er von da nach seiner Wohnuug zurück
kehrte, begegnete ihm bei einem kleinen Part
ein junger Mensch, der vor Kälte zitterte,
und kaum so viel Lumpen an seinem Leibe hat
te, daß er die Blöße damit bedecken konnte.
Der Priester, von dem Elende des jungen
Menschen gerührt, langte seine Börse heraus,
gab ihm die sechszehn Kreutzer, die dann wa
ren, und stand eine Weile still. Endlich
Und Berks, Monrgomerp und Schnylkill Caunties allgemeiner Anzeiger.^
sagte er - Junger Freuud! diese sechszchn
Kreutzer werden Ihm einem schlechtcn Schirm
gegen die Kälte geben. Komm Er etwas tie
fer iu den Part, wo wir vor de» Auge» der
Menschen verborge» sind ; da werf Er seine
Lliniptu vou sich. Ich bi» wiuccrlich verse
hc» ; Alles was ich zweifach anhabe, will icb
redlich mit Ihm theilen. Beide zogen sich
ans. Dcr Priester hatte zwei Hemden,
zwei Westen, zwei Paar Beinkleider, zwei
j Paar Strümpfe, und über dem Priesterkra-
gen ein seidenes Halstuch. Vou alle» diesen
Stücken gab er dcm Armen das erstere, folg
lich das Bessere, Hüllte sich in seinen Ueber
rock ein und ging eile»ds davon, ohne daß
er den Menschen gefragt hatte, wer oder wo
her er sei. Der arme Mensch weinte vor
Freuden, nnd segnete tausendmal seinen
Wohlthäter. Und wer war dieser halbnack
te Mensch? Ei» polnischer Jude, der iu
Wien dieses Wort zu Wort erzählte.
Zahlreiche N a eh k o u, m e us ch af t.
In dem Dorfe Festinog in Nordwallis,
das eine dcr reizentstc» Lagen hat, starb vor
mehrere» Jahren ein t.iiidmann von 10S
Jahren, welcher mit seiner ersten Frau lu,
mit der zweiten i<>, nnd mit der dritten 4
Kinder gezeugt hatte. Sei» jüngster Sohn
war «l Jahre jünger, als der älteste. Die
Leiche dieses Patriarchen ward von LVO
Nachkommen zn Grabe begleitet.
Nöthige Winke für Diejeuigen, wel
che gern reich werden möchten.
Der ganze Vortheil, den der Besitz des Gel
des verschafft, ist der Gebranch desselben.
Vorausgesetzt, daß Du ein Mann von an
erkannter Klugheit und Rcchtschaffenhcit bist,
so kannst D» mit sechs Thalern jährlich
Dir deu Gebrauch von hundert Thalern
verschaffen.
Wer des Tages etwa zwei Cents durch
Müßiggang verliert, der verliert durch Mü
ßiggang jährlich über sechs Thaler ; das heißt:
er verliert den Preis für den Gebrauch vou
hundert Thalern. Wer, einen Tag iu den
andern gerechnet, täglich 2 Cents uuttiitz aus
giebt, dcr giebt abermals das Privilegium
auf, jährlich hundert Thaler zn seinem Ge
brauch zu haben. Wer nnnöthiger Weise
einen Thaler werth von seiner Zeit verschwen
det, der verliert einen Thaler, nnd handelt
nicht klüger, als wenn er geradezu einen
Thaler zum Fenster hinaus würfe. Wer ei
nen Thaler verliert, verliert nicht allein diese
Summe, sondern zugleich alle Vortheile, die
er erwerbe» kouute, weuu er sie auf irgend
eine Art angelegt oder umgesetzt hätte, uud
dies beträgt iu der Zeit, daß ei« junger Man
alt wird, eine beträchtliche Summe.
Wer auf Credit verkauft, fordert eine»
Preis für die Waare, der dcm Capital uud
den Zinsen seines Geldes, für die Zeit, die
es ihm ausbleibt, gleich kommt: folglich be
zahlt der, dcr auf Credit kauft, Zinsen für
das, was er kauft, und der, welcher baar be
zahlt, hätte sei» Geld sonst benutze» können,
so daß im Gruude Jeder, der etwas besitzt,
was er gekauft hae, den Gebrauch davon ver
zinst-
Doch ist es beim Kaufen immer besser, baar
zu bezahle», weil derjenige, der anf Credit
verkauft, daranf rechnet, durch schlimme
Schulde» fünf Proceiit oder mehr zu verlie
re», und deshalb auf Alles, was er so ver
kauft, so viel ausschlagt, daß ihm jener Scha
de dadnrch ersetzt werde.
Wer, was er kauft, auf Credit nimmt, be
zahlt seinen Theil von jedem Aufschlag.
Wer mit baarem Gelde bezahlt, entgeht,
oder kau» doch jeder Auflage entgehen.
Der schuldlos Hingerichtete.
I» einem Dorfe in Ravois, das unter das
Parlament von PariS gehörte, wnrde in dcr
ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ei»
Mann vor der Hütte eines Landmannes, mit
Namen Martin, in der Nacht erschlagen.
Dieser Martin war als ein fleißiger Land
mann und guter Hausvater bekannt, und
während der Mord verübt worden, hatte er
mit seiner Fran und sieben Kindern in tiefem
Schlaf gelegen.
Da der Mord vor dem Hause dieses Land»
rmanneö verül't worden, so wurde er auf Ve-
"IVillig zu loben und ohne Furcht zu tadeln."
Wttnslag ben 31. Amiar 1843.
aulassiing des Obeerichters deshalb zur !l»-
tcrsuchuug gezogen. Er erklärte, daß er au
ßer Stande sei, darüber die geriuastc Aus
kunft zu geben, da er und seine Angehörige»
fest geschleift» hätte». Da sich aber ergab,
daß ei» Mau» i» dcm Angeubllck, wo der
Mord verübt worden, gerade bei dein Ha»se
vorübergegangen war, so wurde Martiu die
sem vorgestellt.
Dieser sagte aus : <<Jch erkenne in dem
Bauer Martiu den Mörder mcht. deu icb
gesehen habe; seine Kleidung hatte zwar
Aehnlichcs mit der des Marti», aber sein
Gcstcht war ganz verschiede»."
Auf diese Aussage rief der ,u Todesangst
schwebende Martiu aus: "Gott sei gelobt!
er kennt mich nicht!"
Diese Worte legte der Richter so aus, als
wen» er dadurch semer Schuld sich bewußt,
ei» uiiwillkührlich.s Gestäuduiß der Mord
that abgelegt hätte, uud er wurde nun sogleich
verhaftet uud strenge bewacht.
Bei dieser Voraussetziiug der Schuld hielt
es der Richter für überstüssig, die Frau uud
die Kindel des Martin und dessen Nachbarn
z» vernehmen, ,n dem Hause des vermeintli
chen Mörders Nachsuchungcu anzustellen,
oh sich irgend etwas an Geld. Älcidnngs
stückcn oder andern Habseligkeiten vorfäude,
dessen Eigcuthum er nicht nachzuweisen im
Stande sei, »och sich über deu früheren Le
beilSwandtl des Verhafteten zn erkundigen.
Mm machte es kürzer; mau unterwarf den
Verdächtigen der sogenannten ordentlichen
Tortur, uud da ihm der Schmerz ciu unwah
res Geständniß erpreßt harte, wurde er zum
Tode durch das Rad vcrurlhcilt.
Diese Scutciiz wurde auch vollzöge», se,n
Haab' nnd Gnt consiscirt, und die Unglück
liche Frau mit ihre» siebe» vaterlose» Kin
der» dcm Eleiid Preis gegeben. Sie snchrc
Hülfe im Oester» eichischeu, ob sie solche dorr
gefunden, ist nicht bekannt geworden, aber
einige Wochcn nach Martin's Hinrichtung
wiirde ein Bösewicht anderer Verbrecht» we
gen ergriffen nnd znr Untersuchung gezogen.
Wegen vieler verübter gewaltsamer Dieb
stähle wurde er zum Galgen vcrurrheilt, und
er bekannte nnter dcm Galgen, daß er den
Raubmord begangen, wofür der Bauer
Martin gerädert worden war.
Posslerilcher Ausweg.
Die Fürsten dcrNegrrsiämmc Duukos uud
Aradas müssen jede Woche einmal öffentlich
Ipeijen, damit sich das Volk von ihrem guten
Apprtitc uud ihrer Gesuudheit üderzeuge»
kann. Was die Getränke betrifft, sind sie
an diesem Tage zum bloße» Wasser verur
theilt. Mau hat «udesscu eiueu possierlichen
Ausweg erdacht. Der Fürst schlägt nämlich
mit einem Stabe auf de» Tisch, wen» er
trinke» will, »üb die gauze Masse der Zuschau
er wirft sich platt auf de» Bode» hin. Ob
er ttlln Wasser oder Brantwel» zu sich nimt
kau» natürlich Niemand scheu. Regt sich ja
»och ciu Zweifler, so wird er als MajcstätS
verbrecher mit dcm Tode bestraft. Es »st
nicht zn längnen, daß auf diese Art, wcnig
steiis iu Westafrika, die gesellschaftliche Ord
nung anf das Bequemste erhalte» werde»
kau«.
Blutrache bei den Beduinen.
Eines Tages befand ich mich, ivährend
meines Besuches in der Wusle, bei dem
Stamme der Fedan auf dem Platze, wo
der Pferdemarkt gehalten wurde, wo ich
Zeuge eines mir neuen Ereignisses ward.
Ein Araber von dem Stamme Kebosek,
der gewöhnlich in der Nähe von Bagdad
gelagert ist. hatte sich einer persischen Ka
ravane, welche nach Mecka ging, ange
schlossen. Auf dem Zuge durch die Wü
ste hatte er erfahren, daß die Fedan ihre
Zelte im Gebiete von Aleppo aufgeschla
gen hätten, und verließ seine Gefährten,
um sich einigen TurkomaNeu, welche Ka
meele kaufen wollten, anzuschließen. Er
war als arabischer Kleiderhändler verklei
det, und erkundigte sich bei Allen die er
auf dem Wege traf, nach einem Araber,
Namens Sebil el Schefli. Niemand woll
te ihn kennen, aber er ließ sich nicht ab
schrecken und verfolgte seine Nachfor-
ichung.enohoeJemand denGrund dazu an
zuvertrauen. Am nächsten Morgen begab
er sich auf den Markt und erneuerte mit
eben so wenig Erfolg feine Frogen vou
gestern, als er plötzlich in einer großen
Entfernung den Araber fah, den er vor
2 lahren auf allen Straßen der Wüste
gesucht hatte. In einem Augenblicke
hatte er seinen Säbel gezogen, sich mit
Blitzesschnelle auf seineu Feind gestürzt
und ihm einen Hieb auf deu Kopf gege
ben. der einen Ochsen nieder geworfen
hätte. Seine Züge waren von Wuth
entstellt, und während er auf ihn einHieb,
rief er: Endlich habe ich dich und kann
mich rächen ! Sein Gegner wollte mit
der rechten Hand den Hieb parken, aber
dieser war so heftig, daß er ihm -1 Fin
ger durchschnitt. Der Verwundete stieß
einen Klageschrei aus, einige 'Araber stürz
ten sich auf den Angreifer, und iu einem
Augeublicke waren eine Menge Lanzen
Streitäxte und Säbel gegen ihn gezückt
und er wäre in Stücken gehauen worden,
wenn ihm nicht gelungen wär, einen Theil
seiner Feinde auf seine Seite zu bringen ;
dies erfordert einige Worte Erklärung.
Wenn ein Araber sich, aus welchen!
Grunde es sein möge, zu hart verfolgt
findet, so kann er sogleich seine Verfolger
halten machen, wenn er an einem der Fä
den, welche von dem Shawl, der seine
Kopfbedeckung bildet, herabhängen, eine
schleife macht. Die ganze Schwierig
keit besteht nur darin. Zeit dazu zu sin
den, und bei einem Kampfe, wie der ge
genivärtige, ist dies keineswegs leicht.—
Gelingt es ihm aber, so ist jeder der An
greifenden verbunden, seinem frühern Fein
de sogleich Hülfe zu leisten. Kaum hatte
er diese heilige Schleife gebildet, als sich
alsbald ein Theil der Anwesenden für ihn
erklärte, doch ohne die zu bekämpfen, die
ihn angegriffen. Sie wendeten die Stöße
die ihm zugedacht wareu. ab. und führten
ihn in's Lager, wo sie Mittel fanden ihn
in ein Zelt zu werfen, das' ausschließlich
vou Weibern bewohnt war. Eine solche
Freistatte ist unverletzlich, und ein Araber
ist in ihr vollkommen sicher, so lange er
darin bleiben kann.
Der Unglückliche, den der Flüchtling
verstümmelt hatte, kam einige Augenblik
ke nachher an und warf sich in ein Zelt in
der Nähe des meinigen, und die Sitte
verlangt in solchen Fällen, daß sich der
Besitzer des Zeltes für deN darin Verbor
genen verwendet. Das ganze Lager war
bald in Aufruhr; Duhai, der Chef des
Stammes, versammelte einen Rath der
Greise, der auf einem freien Platze in
Mitten des Lagers gehalten wurde. Sie
bildeten hier ein Tribunal, das sogleich
die Besitzer der beiden Zelte vorfoderte,
und die ganze Masse der Araber bildete
einen Kreis umher. Die Anklage wurde
von dem Gaftfreunde des verstümmelten
Beduinen vorgetragen, sein Gegner ant
wortete ihm, und setzte die Gründe aus
einander, die der Fremde halte, ihn anzu
greifen. Vor zwei Jahrm hatte nämlich
Sebit dem Stamme Kebosek angehört
eine Karavane war geplündert worden
und die Beute sollte vertheilt werden.
Bei dieser Theilung stritt er sich mit
dem Fremden, zog seinen Säbel und hieb
ihm einen Theil der Muskeln deö Norder
arms durch. Hierauf verließ er den
Stamm, aus Furcht vor Rache, denn das
Blut, das geflossen war, konnte nur durch
sein eignes gerächt werden, so will es das
Blurrecht. Sobald der Verwundete ge
heilt war, suchte er Sebil'n auf in allen
Stämmen der Wüste und von Syrien,
und traf ihn erst diesen Morgen, wo er
die Rache an ihm übte, zu der er berechn
tigt war. Wer die Araber kennt, wird
sich nicht über diese unglaubliche Rachsucht
wundern; es giebt Familienkriege, die
Jahrhunderte gedauert; so lange Blut
zwischen ihnen ist, muß es gerächt werden,
22.
sci eS auch durch neues Blutvergießen
oder durch Geldstrafe. Stirbt ein Ara
ber, ehe er gerächt ist, so liegt es seinen
Löhnen, seiner Familie oder seinen Freun
den ob, und die Rache rastet nicht, bis
Alles gesühnt ist. Der Gastfreund von
Sebil antwortete auf diese Auseinander
setzung, tvß jedenfalls die Große der
Wunde eine Buße verdiene; der Scheich
ließ abstimmen, und da der letzte Vor
schlag durchgegangen war, so fingen die
Richter an die Buße zu bestimmen. Der
Ankläger verlangte 20 Kameele für je
den Finger; das Tribunal erkannte ihm
100 im Ganzen zu. Ich bemerkte, daß
die Zahl der Kameele zu groß sei, indem
nur 4 Finger abgehauen seien, so daß nur
80 Kameele nöthig wären. Ein Araber
entgegnete mir, daß der Daumen allein
nutzlos sei. daher die ganze Hand bezahlt
werden müsse, da sie künftig Sebil von
keinem Nntzen mehr sein könne. Ich ant
wortete nichts nahm aber meine Pfeife mit
meinem Daumen, um zu zeigen, daß er
doch wenigstens dazu dienen könne. Die
Richter waren meiner Meinung, und ver
minderten die Zahl der Kameele auf 80.
Hierauf stritten sie sich lange um die
Bestimmung der Geldsumme, die als
Werthersatz gelten sollte, und die endlich
auf 500 Piaster (IsoThlr.) und den Sä
bel, der zur Verstümmelung gedient hatte,
festgesetzt wurde- Der Prozeß war dadurch
beendigt, und der Angeklagte wurde für
frei erklärt. Während dieser
über den Geldwert!) seiner Finger krümm
te sich der Verwundete unter unerträg
lichen Schmerzen in dem Zelte, daß er zu
seiner Freistatt gewählt hatte, und da
alle Mittel, den Blutfluß zu stillen, un
wirksam waren, so schritt man zu dcm
äußersten Mittel, das die Beduinen in
solchen Fällen anwenden. Man ließ But
ter in einem Kessel schmelzen, und als sie
heiß war, steckte man den Stumpen seiner
Hand in das Gesäß mit kochender Butter.
Der arme Teufel stieß ein fürchterliches
Geschrei aus, und schwur, daß ihm nichts
abhalten werde, nach seiner Heilung au
denen Rache zu nehmen, die ihm so unge
heure Schmerzen machten.
Mexik o- Stach neuesten Nachrich
ten von Mexiko geht es daselbst wieder
bunt durch einander. General Gustarrey
in dem Departement von San Luis hat
die Auflösung des (Kongresses erklärt und
die Zusammenberufung eines neuen durch
Santa Anna angezeigt. General Eaniglio
von Puebla hat dasselbe iu feinem Depar
temente gethan. Die Nachricht hiervon
kam durch Expreß an den General Tornel
Kriegs Minister von Mexiko, der sie so»
gleich dem Eongresse mittheilte, welcher
letztere aber nicht geneigt zu sein scheint
sich durch die Drohungen dieser militäri
schen Usurpatoren einschüchtern zu lassen
und in Sitzung zu bleiben, bis sie mit
Gewalt vertrieben würden.
Nachrichten kamen von der westlichen
Küste von Californien, daß Commodore
Jones von der Ver. Staaten Fregatte
Potomac die Stadt Mentery genommen,
dieselbe aber wieder deu Mexikanern zu
rückgegeben habe, als er erfuhr, daß daS
Gerücht welches verbreitet war, daß Me
xiko den Ver. Staaten Krieg erklärt ha
be, widerrufen wurde-
Die Mexikaner sammeln alle ihre Kräf
te, um die Texaner zu besiegen.
Sieben Nord-Amerikaner, welche von
den Mexikanern zu Gefangenen gemacht
wurden, sind auf 'Ansuchen deö Ver.
Staaten Gesandten wieder entlassen wor»
denl
Aus Vera Cruz u. Tampico sind Nach
richten bis zum >Aen December eingetrof
fen. Die mexikanische Regierung will
wichtige Aenderungen in ihren Tariffge
setzen vornehmen, namentlich den Zoll für
Baumwollwaarcn erhöhen. Am 30sten
November trafen iu Vera Cruz 200 Sol«