> In der < KmnptliAte. (2. Fortsetzung.) „Man hört aus jedem deiner Wor te, wie verbittert du bist". „Ich habe Ursache genug, es zu sein". „Willst du mir nicht sagen, war um?" „Da ist erstens mein Vater im Ge, fängnis gestorben", begann Grita an den Fingern herzuzählen. „Er war ein gutherziger, aber jähzorniger Mann, der einen Verleumder niedergeschlagen hat und dafür hinter Schloß und Riegel gekommen ist. Dort hat er seinem Leben ein Ende gemacht. Auch mein Stiefvater, der ein Vetter von dem Verstorbenen war, ist nicht im Bett gestorben. Er war ursprünglich Schulmeister in meinem Heimatdorfe, siedelte dann aber mit uns hierher über und wurde Krugwirt. Der schlechte Ruf, der uns vorausgegangen war, hielt jedoch die Gäste fern, und Sorgen und Kummer gequält, aufs Trinken. Die Wirtschaft ging zurück, wir mußten das Grundstück aufgc- denn mein Stiefvater jhatte Kraft und Lust zur Arbeit ver loren, trank von früh bis spät und schieden ist, das hat keiner je erfah ren. Die bösen Zungen im Dorf ha ben natürlich diesen Unglücksfall gründlich gegen uns ausgenutzt..." Sie wollte augenscheinlich noch et kurzem Ueberlegen. „Nun ja, zart hat dich das Leben nicht angepackt", gab Anthanas zu. unserer Familie", erwiderte Grita. „Und dabei ist meine Mutter trotzdem sie eine geborene Delkus ist", forschte Anthanas. „Ja, sie heißt Erdmuthe. Da sie brustleidend ist, kann sie der Mutter und mir nur wenig zur Hand gehen. Meistens streicht sie bei schönem Wet ter im Walde herum und hockt bei schlechtem über des Stiefvaters Bü chern". „Sie ist also eine Gelehrte". „Wir haben alle unser Teil ge lernt", sagte Grita. „Der Stiefvater wollte es so. Meinen Bruder hat «r sogar für das Seminar vorbereitet, aber Willus mochte nicht Lehrer wer den. Und als er sah, daß es mit der siebzehn, ich zehn Jahre alt". „Vielleicht lebt er in Amerika und lehrt als reicher Mann zurück. Es hat schon mancher sein Glück gemacht „Glück? Ein Delkus hat kein Glück". uns spricht". „Keiner? Und ich, Mädchen?" sagte Anthanas und rjickte näher an „er wilden Bewegung frei^ „Du bist wie ein Holzapfel!" grollte «r. „Sieht man ihn, möcht' man ihn kosten, beißt man aber hinein, hat man den Mund voll Galle". Er er hob sich. „Leb wohl!" „Leb wohl!" „Du hast also wirklich das Herz, i,J", geh! Es ist am besten so", „Wie?! Also für so schlecht hältst teidigte sie sich. „Hct er das getan, so bist du Wohl nie verwehrt!" sagte Grita leise: „Aber er hat es gleich von Anfang an nicht ehrlich gemeint, das war's. „Wie - der?" „Ja, siehst du, das sind nun wohl schon zehn, elf Jahre her". Sie preß te die Hände an die Stirn. „Ach, „Der Halunke der!" „Jetzt fällst du über ihn her, aber wer weiß, ob du mir nicht ebenso treu bleiben"" Grita senkte sinnend den Kopf. „Was grübelst du denn?" fuhr er ungeduldig auf. „Sieh mich lieber zog. „Ach Anthanas!" „Was denn?" den, daß ich doch noch einmal glück lich werden soll." „Und doch wird es so sein." Schweig' also ich bitte dich." „Eh was da!" widersetzte sich An thanas. „Warum die Heimlichkeit? zorniger Angst auf. „Mich willst du zum Tanz führen? Mich? Komme ich nur in den Krug, um Wort. „Vor aller Welt," erklärte er prah lerisch. „Du versprichst viel." „Nicht mehr, als ich hallen könn bin gefürchtet, sag ich dir," sügte er selbstbewußt hinzu. „Und dennoch ist es besser, du hältst Sie reichte ihm die Hand. „Hab Dank." Und plötzlich sei nen Hals umschlingend, flüsterte sie hier, bald, und laß auch die Mutter und Erdmuthe mit uns ziehen. Sie sind zu krant und zu schwach, um allein für sich sorgen zu können." Er sah schweigend vor sich hin. Auf diese Zugabe hatte er nicht ge rechnet. Grita konnte seine Verstim mung n,cht en ge en. I- ga schlossenheit. „Widerstrebt es dir, „Ist das Wette? schön, wirst du mich abends hier finden." rend Anthanas nachdenklich den Heimweg antrat, eilte die rote Aguße, die ungesehen die beiden belauscht „Nun, hast du schon die Bekannt schaft der Fremden gemacht?" emp fing sie ihn hämisch im Hoftor. „So ist es," erwiderte Anthanas, streifte das Mädchen mit einem Hoch- Iwan teilte. machen; da du dir's aber nun ein mal in den Kopf gesetzt hast, keinen anderen als ihn zum Manne zu sie abschüttelt. Wie du mir sagst, und huschte hinaus. „Ich möchie bloß wissen, was sie an diesem ausgeblasenen Bengel ge fressen hat," murmelte Urte Asch moneit, entkleidete sich, legte die Mondes herein und lag wie ein schmales Band silbernblinkend aus den sorgfältig gescheuerten mit Sand und Kalmus ausgestreuten Dielen. Urte Afchmoneit blickte auf den hellen Streif, während Längst sam geworden und hatte dieser die Ehe versprochen. Zwar war das heimlich geschehen, aber Urte war danach getrachtet, die Delkus als Wirtschafterin auf seinen Hos zu bekommen. Aber auch das war Urte dem Wege zu räumen, hatte sie Grita verdächtigt, den alten Delkus in den Sumps gestoßen und dort er übertrug diesen Posten Urte Aschmo neit, die ihn bereits seit einer statt lichen Reihe von Jahren inne hatte.... auf den schweren Kissen hin und her wälzte und den Morgen herbeisehnte, um Anthanas mit dem bekannt zu „Wer ist's denn?" stammelte die Alte völlig fassungslos. „Anthanas Purkus." ten." „Also bei dem ! Und er „Es scheint so." „Es scheint. Gott gebe, daß du nicht wieder getäuscht wirst," flüsterte die Delkus. sere Zukunft sprechen," fuhr Grita fort. „Hast du ihm denn auch alles ge sagt?" forschte besorgt die Mutter, „Nur eins habe ich nicht über die Lippen gebracht, du wirst wohl wis sen, was ich meine," erwiderte Grita. Die Alte wiegte den dürren Ober körper hin und her. sagen müssen, mein Kind, und zwar bald," meinte sie. „Besser, er er fährt's durch dich, als durch andere. Gritas Brust entrang sich ein lei ses Stöhnen. „Wenn wir nur erst fort wären, wo uns niemand tennt, wo kein Mensch etwas von uns weiß!" mur melte sie mit halb erstickter Stimme, benliegende enge Kammer, in der sie mit Erdmuthe schlief. Viertes Kapitel. Am anderen Tage erschien um die Vesperzeit ein Fremder vor der Del- Haselnußstöckchen, während der linle Arm in einer schwarzen Binde ruhte. Die Schnürschuhe, in denen seine schmalen Füße steckten, wiesen klaf fende Risse aus, und der breitran dige, hellgraue Filzhut war arg von Sturm und Wetter mitgenommen, saß aber vornehm nachlässig aus ei ner Seite und stimmte vortrefflich mit der den Kragen schmückenden verschlissenen, buntseidenen Schleise überein, deren Enden leichtfertig im Winde flatterten. „Also hier hier wohnt Frau Anne Delkus, verwitwete Delkus, ge borene Delkus, sprach er lächelnd leise vor sich hin. „Hm! Bei St. Blasius, dem Schutzpatron aller fah renden Leute, ich wäre an diesem Palais achtlos vorbeigegangen, hätte mir nicht ein kleiner Bengel die Lage des Delkusschen Besitztums so über aus genau beschrieben. Hm —! Ja! -" Er stäubte oberflächlich mit dem Schlapphut die Fußbekleidung ab, glättete den langen dunkelblonden Schnurrbart, dessen Enden tief her abhingen, und klopfte dann mit dem Hafelnußstöckchen sacht an die Tür, die er gleich darauf öffnete. „Wer ist da?" fragte eine müde Stimme vom Fenster herüber, dessen zerbrochene Scheiben mit Lumpen ver stopft waren. „Ich. Wer sollte es denn auch sonst wohl sein?" meinte der Fremde, als handle es sich um etwas ganz Selbstverständliches, wobei er ohne Scheu weiter vordrang. „Darf man fragen, ob die Familie Delkus zu sprechen ist?" „Ich bin die Delkus," erteilte die Frau Auskunft und erhob sich, den Blick der altersschwachen Augen auf den Unbekannten gerichtet. „Womit kann ich Ihnen dienen?" „Nun, wenn du wirklich die Anne Delkus bist -- du hast dich übrigens verteufelt verändert inzwischen! so rücke den Tisch vom Sofa, nötige den Gast zum Niedersitzen, und laß ein Kalb schlachten. ' Denn der vor dir steht, ist Willus, dein Sohn!" sagte der Fremde ausdrucksvoll. „Du siehst mich sorschend an? Er kennst mich nicht? Freilich, es ist auch so manches Tröpfchen Memel wafser ins Hass geflossen, seit ich der Heimat den Rücken gelehrt habe. Sechzehn, siebzehn Jahre ist's wohl her. Hm! Ja! ich habe jetzt meine vierunddreißig auf dem Rüt „O du du !" stammelte die Delkus verwirrt. „Also du bist mein mein Sohn, bist Willus? Herr, du mein Gott! Die Freude, die Freude! Ach ach!" Sie begann tränenlos zu schluch zen, vermochte nicht weiter zu spre chen, und streichelte zärtlich das Ge sicht des Sohnes. Er ließ sie eine Weile ruhig gewähren, dann entzog er sich ihren Liebkosungen und schob Bündel und Stöckchen unter die Ofenbank. „Du gestattest, daß ich meine Ba gage unterbringe", sagte er. „Aber gewiß, gewiß," erwiderte die Alte eifrig und rief nach Grita, wäh rend Willus sorgfältig das in der Mitte gescheitelte Haar bürstete. Die Kammertür sprang auf. „Willus ist heimgekehrt mein Sohn dein Bruder ach!" keuchte ihr die Alte entgegen. Grita umfaßte mit schnellem Blick die vor ihr stehende, herabgekommene Gestalt des Mannes. „Also das ist mein Bruder!" rang es sich mit unverhohlener Bitterkeit über ihre Lippen. „Ja, Schwesterchen," bestätigte Willus sorglos freundlich, und er bot dem Mädchen die Hand zum Gruß. „Auch gut!" meinte er, als Grita diese Bewegung übersah. „Du scheinst, wie ich, vornehm zurückhal tend zu sein. Das gefällt mir. Ich sehe schon, wir werden vortrefflich eben mit einem Strauß in der Rech ten die Kate betrat. „Das ist gleichfalls eine Schwester von dir," belehrte ihn die Alte. „Erd muthe ist bald, nachdem du uns ver „Ah, sieh da! Noch ein Schwe inas? Ein köstliches Alter! Man sack an uns die Welt für einen Tanzplatz." „Ja, sie ist so alt, wie du sagst," meldete sich die Mutter. „Im Früh „Zur Zeit der Veilchen also. Hm! Ja! Schade, daß ich das erst jetzt erfahre," meinte Willus und wiegte bedauernd den Kops. „Ich wäre sonst früher heimgekom men, mein Mäuschen. Oder ich ris, London, Peking, oder Rio de Janeiro, siehst du. Etwas Extra feines!" Er blinzelte Erdmuthe ge bank Platz. Mutter. „Wo bist du denn zuletzt „In Berlin. Hm ! Ja ! Sine schöne Stadt, wenn man nichts Besseres gesehen hat." „Da hast du eine lange Fahrt der Spree bis zur Wille zu Fuß zu rückgelegt. Mein Arzt hat mir Be wegung verordnet, mußt du wissen. sie suchsteuselswild. Hm! Ja!" „So bist du kraus?" rief die Alte zärtlich besorgt. „Freilich dein Arm —" „Ach, das ist nicht das schlimmste!" Geschichte." „Ach, Gott, ach!" seufzte die Mut- und her. „Innerlich! Innerlich!" „Ja, allez hopp, Cousin! Ein Sprung er war zu kurz, und ich auch, wie gesagt, innerlich einen Knacks weg." „Wo geschah denn daS?" „Im Zirkus, wo denn sonst?" meinte Willus gleichmütig. „Allez hopp! Hm! Ja!" „So bist du also unter die Spaß macher gegangen," schaltete die Del kus ein wenig enttäuscht ein. „Beliebt es dir, es so zu nennen, Zirkus der Gebrüder Blumenseld die erste Attraktion, mußt du wissen. Ein weltberühmtes Unternehmen übrigens, bei dem ich heute als Par sorce-Reiter, morgen als Trapez künstler und Seiltänzer, oder als Jongleur Lorbeeren pflückte." „Also von der Sorte bist du," ließ sich Grita vernehmen, die so lang schweigend am Tisch gestanden hatte. „Wie, das klingt ja gerade so, als müßte ich mich meines Gewerbes schämen?" sagte Willus sanst vor wurfsvoll. „Ach, Schwesterchen! Warum denn? Ein Mensch, wie ich, hat es nicht nötig, die Lider zu senken. So sieh doch nur diese Hose! während die Mutter ihr ein paar begütigende Worte zuflüsterte. „Lange? Hm! Ja! Da mehrfach so geschmückt nachts im Traum erblickt hatte. Da der Kauf mann das Gewünschte besaß und es „Der Rock? Nein. Eigentlich ist es ein Jackett, aber gleichviel, nenne das Ding, wie es dir beliebt, Schwesterchen. Hm! Ja! Die- sel Kleidungsstück hat mir ein Freund im Posenschen aufgedrungen, es, siehst du." Zirkus beschäftigt?" fragte die Mut den altgewohnten Beschäftigungen zu rück und ließ Miß May sich wieder allein in ihrem Wolfskäfig produzie wirklich gearbeitet", bemerkte die alte Delkus kleinlaut. Willus lächelte gutmütig herablas send „Aber Mütterchen!" wirrt an. „Ich verstehe, ich verstehe", sagte er fröhlich. „Nein, solche Arbeiten, Was blieb mir da also weiter als im Zirkus Luftsprünge zu ma chen?" „Und bei dem Springen bist du nun schließlich verunglückt", sagte die Alte kläglich. „Hast du denn wenig stens etwas verdient?" „Was fragt der Künstler, was der Gelehrte nach Geld!" deklamierte Willus mit Pathos. «Der Lorbeer ists, den beide einzig erstreben, und davon besitze ich eine ganze Wagen ladung voll. Du erschrickst? Nu» beruhige dich, ich nenne auch noch ei nige Güter mein, die auch Alltags menschen begehrenswert erscheinen dürften. Meine Koffer kommen als Frachtgut nach, mußt du wissen, und in ihnen befinden sich eine Menge Kleinodien, sowie mein wohlgefüll tes Portefeuille. Ich tonnte das doch nicht alles auf meiner Fußwanderung mitschleppen, siehst du. denn der Neid und die Habsucht der Herren Strauch ritter ist bald erweckt. Hm! Ja! Und nun könntest du mir etwas zu essen geben". Die Alte sprang sogleich auf und eilte geschäftig an den Herd. „Ach Gott, ach! Nein, so was! Daran hatte ich doch auch denken kön nen, daß du Hunger haben mußt. Was für eine schlechte Mutter ich nur bin! Grita, du sorgst wohl für Holz, aber schnell, schnell! Und du gib deinen Bruder ein Schnäpschen und Brot, wandle sich die Delkus an Erdnmthe, die sogleich bereitwillig an Gewünschte reichte. »Danke, mein Mäuschen! Äu bist wahrlich ein gutes Kind", lobte er sie und schenkte sich aus dem kleinen, kaum halbgefüllten Fläschchen ein, „Aber wo steckt eigentlich mein lieber Stiespapa? He? Ja. der tonnte zechen! Ich bin nur noch einmal in meinem Leben einem Menschen begeg net, dessen Durst ebenso schwer zu lo« schen war wie seiner. Das war in Hinterindien, am Hof meines Freun des, eines Rajah. Hm! Ja! Aber vielleicht ist Papa Delkus in zwischen Temperenzler geworder.?" „Er ist tot", sagte die Mutter .'eise. „Wahrhaftig? Nun, gräme dich nicht zu sehr, Mütterchen. Bedenke, daß es keinen zweiten Ort gibt, an dem man so wenig Arbeit und so viel Vergnügen hat, wie droben im Him mel". „Dein Stiefvater ist keines natür lichen Todes gestorben", schaltete die Alte traurig ein. „Damit blieb er nur den Tradi tionen unseres Geschlechtes treu", er klärte Wilkus ernsthaft. kend. „Ich trinke auch, aber mWgl" „Laß nur, Mutter, ich werbe ichon alles besorgen", sagte Grita, die in zwischen Holz geholt und Feuer unter dem Dreifuß angemacht hatte. (Fortsktzuna folgt.)
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