»i Der Engel mit dem D verhüllten Antlitz. einem Hügel zu, auf dessen Mitte Kirche und Wirtshaus thront; da hinter lag der Wald und vorn, am Abgrund, die Wiese: schrosse, jäh aus der Schlucht steigende Felswän de umschlossen sie, und hier, unter einem mit Moos bewachsenen Fels stiick, stand ein Bilderstock: er stellte in roher, ungeschickter Zeichnung ei nen Engel dar, in blauem Gewän de, wie er in ein rotes Taschentuch weint; darunter stand: „Herr, sei der armen Kleinen gnädig!" Eine Mahnung an jene Männer des Dorfes, die dem Laster des Trunkes ergeben waren und wegen ihrer Roheit, Faulheit und Diebsgelüste in den Nachbardörfern eines trauri gen Rufes genossen. Der es aber am schlimmsten getrieben von allen, hieß Balthes Trönkle; so lange er noch einen Groschen im Sack hatte, fand er den Weg nicht nach Hause, und es kümmerte ihn wenig, daß derweilen seine Kleinen in der dunklen Stube des am Ende des Ortes gelegene» Hauses ängstlich aus sein Kommen harrte». Diese Angst aber steigerte sich zur Ver zweiflung, wenn hinten aus den» Stall das jämmerliche Meckern ei ner Ziege kein Ende nehmen wollte. „Wenn sie doch auf der Stell' sterben tät!" Wie oft schon war deni nächtlichen Himmel dieser Wunsch unter Heiken Tränen anver traut worden. So auch eines Abends. Die Kin der standen am Fenster und starr ten ratlos in die Nacht hinaus, die nieil der Mond, der eben Himer das trotz Not und Entbehrung rundliche Kindergesicht des größeren Mädchens lieblich verklärte; nebe» ihr aber, bleich und streng, mit Au gen wie die einer Katze, lehnte die Schwester, in ihrem Nacken erhob sich ein Höcker, und sie umklammerte den sonnenverbrannten Arm der Kleine» mit dürren, stahlharten Fingern. „Wir wolle» sie totmachen." sprach sie im Flüstertons, ..ganz tot. dann brauchen wir kein Futter mehr zu stehlen und keine Angst mehr zu haben vor dem Feldschütz. dann hört sie aus mit ihrem Meckern, und wir kriegen keine Schläg' mehr." Und Plötzlich sich eng an die Schwe ster schmiegend: „Bring' Du sie um, Lenle, bring' Du sie um —" Das Kind schüttelte den Kopf. Immer ich immer ich." Weil Du stark bist; Dir tun die Knochen nicht so weh, wenn er haut, «ber mir, o mir!" schillerten, und über ihre unkindli chen Züge ging ein nervöses Zucke». „Stoß' ihr die Stricknadel hinein, ins Ohr," fuhr sie zu spreche» sort. „das merkt niemand, und dann ist sie gestorben: es geht schnell, nur recht zustoßen, dann ist's aus." Sie verschwand im Dunkel der Stube und kam mit einer Nadel zum Fen ster zurück. „Nimm, nimm!" dräng- Aber das Lenle wandte sich von ihr ab. „Geh' mit Deiner Nadel. Du ich mag nicht." Die Schwester lachte hart auf. „Dann mach' ich mich selber tot o ja, ich tu'sl Besser, man liegt in. Grab, als alle Tag' Schläg kannst allein Dein Futter suchen, wirst schon sehen, wie Dir's geht." „Gib her!" schrie das Lenle aus und verließ mit der Nadel die Stu be. Im Stall, die Ziege warf sie sas' um, so prallte sie aus das Kind los, mit vorgestreckter Schnauzenach dessen Händen haschend. „Hab' nichts," seufzte das Lenle. ober komm, sei schön still, sonst muß ich Dich umbringen." Sie streichelte das Tier und gab ihm gute Worte; da dies nicht hals, versuchte sie, dem widerspenstige» Geschöps die Schnauze init der Schürze zu umwickeln; da tat das Kleine stürzte eilig vor die Türe und lauschte in die Nacht hinaus, ob der Pater nicht komme. Dann kehr te sie in den Hos zurück und starrte hinaus zum Lindenbaum, im Nach barhause. Wenn sie von dort eine Schürze voll Blätter hätte holen können —, aber der Nachbar, dei Feldschütz, war aus seiner Hut; ein grober, grimmiger Hoshund bewach te das Eigentum seines Herrn. Len ke näherte sich dem Gatter und lauschte hinüber: dann erhob es dir Hand und grisf vorsichtig in die Zweige des Baumes; der Hund schlug an, und voll Schreck fuhr die Aus dem Nachbarhause aber trat «ine Frau, rief mit leiser Stimme den Hund beim Namen und holte ihn zu sich herein; das hatte sie schon so oft getan, denn dem kin derlosen Weibe sloß das Herz über vor Mitleid mit den armen Kleinen drüben. Sie war der Meinung, daß man sich ihrer annehmen müsse, al lein ihr Mm,», der Feldschütz, wollte nichts davon wisse», und sertigte sie Schicksal der Kinder des Trunken boldes zu interessieren suchte, hat ten mir ein bedauerliches Achselznk- Dorfes. scheibenloje Fensteichen auss Korn Das Lenle machte sich aus diesen Wurfgeschosse», so lange sie nicht seinen Kopf gefährdeten, keinerlei Sorgen, und ihr ruhig atmendes Kindergesicht zeugte nicht von Trau- Anders die Brigitt'. Mit weit elender Körper zuckle allemal krampfhaft zusammen, so oft ein Gegenstand von der Ofenbank her gegen daS Fenster flog. Und wenn sich endlich in der nächtlichen Stille schlössen, so war's der Feldschütz, der sie im Traume ängstigte, und sie Straszettel und er schlage sie tot. Schweißgebadet fuhr das Kind aus dem Schlaf und setzte sich auf die Bitte, welche allnächtig aus der baufälligen Hütte des Balthes Trönkle zum Himmel stieg. Hand, den Schluck Milch von den Lippen; und die Püsse und Ohrfei ge», die der maler tagsüber, im sie trasen immer nur das Lenle; denn die Brigitt' wußte es so ein zurichten, daß das Lenle immer die Schuldige war. „Es ist so dumm, daß es singt, ivenn'S stiehlt," verklagte sie's beim Vater, den sie wie eine Katze um schmeichelte. um es dann sreilich immer wieder erleben zu müssen, daß er des Abends, wenn er be trunken war, keinen Unterschied zwi schen ihr und der Schwester zu ma chen imstande war. Denn es ließ sich nicht verkennen, die Brigitt' galt ihm mehr, als das Lenle, das ihm mit aufrichtiger Scheu aus dem Wege ging und ihm nie schön tat, dagegen entsetzt ausschrie, so oft die Schwester in verbissenem Groll die Worte murmelte: „Wenn er doch gleich tot Hinsiel'l" Es wollte überhaupt nichts vom Sterben wisse», das Lenle, und dachte an kein Leid mehr, wenn's mit der Schwester über die Wiesen schritt und die wundervolle Jagd mit dem Feldschützen anging. Das dünkte ihr gar so herrlich, ihn zu überlisten, und wie es die Brigitt' verstand! Gerade als habe sie zwanzig Augen im Kops, statt zwei; das Lenle in seiner Unvernunsl empsand die ganze Sache als ein pures Vergnügen, während die Brigitt', die Todesangst im Herze», wie um ihr Leben spielte. Sie ahn te die Nähe des Gefürchteten oft be vor sie ihn sah, und wenn es vor kam. daß der Feldschütz die kleinen Diebinnen bei der Tat ertappte, da war sie, die Brigitt', stets die Un schuldige. „O nur keinen Strafzettel, nur keinen Straszettel," flehte sie den Mann an, denn sonst schlagt uns der Vater alle zwei tot, und ich hab' doch nicht stehlen wollen, das Lenle hat's allein getan." Und der Feldschütz sich von tören, gab in Gottesnamcn dein ge sunden Lenle ein paar Ohrfeigen und kündigte den Strafzettel für das nächste Mal an. Eines Tages schrieb er sie denn auch aus, und Brigitt's Beredsam keit, ihre Tränen und auch die Dro hung der Vater schlagt uns beide tot machte keinen Eindruck mehr. „Nein, jetzt ist'?- aus," erklärte die Schlucht, aus der das dumpfe Tosen der Alb stieg. „Da da ist's," flüsterte das Kind, „da müssen wir hinunter. Das Lenle riß die Augen weit auf: „Ich will aber nicht tot sein." Brigitt' hatte »ur einen verächt daS ist alles —" „Im Himmel kriegt man alle Tage Gipsel," wars die Brigitt' hin. „Glaubst Tu?" kam eS etwas zweiselnd von des Kindes Lippen, Brigitt' schüttelte den Kopf: „DaS ter holen!" Jetzt überkam die Kleine ein tie ses Angstgefühl: Dir's, Brigittle —" Schwester hielt sie fest: steckt gelt. Du denkst, jetzt haltet Ihr zusammen, Du und die Nach ger in die Schlucht, als man ihm das Schicksal seines ältesten Kindes mitteilte; die Nachbarin aber wars «Ich weiß nicht," stotterte der Feldschütz, „ich hab' sie beim Futter stehle» getroffen und aufgefchrie ben, da hat die Brigitt' gesagt, der Vater schlag' sie tot, und mir nach gerusen totschlagen ließen sie sich nicht, sie wollten sich lieber selbst totmachen." In diesem Augenblick kam der alte Hirte, der auj dein Felsen droben die Ziegen hütete, ganz auf geregt über die Wiese gerannt. keuchte er schon von weitem, „waS ist geschehen, was ist geschehen 's Brigitt' hat's Lenle vom Fels hinunter gezerrt ich denk', sie machen Spaß aus einmal ist's geschehen." „Das ist ja sürchterlich!" entsetzte sich der Geistliche, und der Bürger von den Schultern gerissen, um nach dem Herzschlag des Kindes zu lau schen und da, welch einen Anblick über bedeckte Körper. „O du Leiden Christi," schrie die Frau aus, „da schaut her, schaut alle her so einem gibt Gott Kin der! Um ein bisle Futter, das ge stohlen wird, kümmert sich's Gericht, aber einem Trunkenbold legt keiner was in Weg, und wenn er sein« Kinder bis in den Tod treibt. Ja wohl, Herr Pfarrer, der dort, der Vater ists, der die fürchterliche Tat getan auf den allein kommt sie, nicht auf die Kinder. Bin ich nicht bei Euch gewesen und beim Bürgermeister zwei-, dreimal hab' ich's E ich ans Herz gelegt dem Trönkle seinen Kindern muß man helfen, die muß man retten, hab' ich gesagt, bevor es zu spät. Aber's hat sich keiner gerührt, Ihr nicht und der Bürgermeister nicht ich soll schweigen, hat's gehei ßen, 's geh mich nichts an, ich soll vor meiner eigenen Tür kehren. Jetzt aber schweig' ich nimmer, denn hättet Ihr auf mich gehört, das Un glück wär' nicht geschehen. Fürs Trinken sreilich, da habt Ihr Män was im Trunk geschieht, das sei kei ne Sünd', und keiner denkt dran, daß er seine Kinder ins Laster treibt, wenn er im Rausch heim kommt, und sie's mit ansehen müs sen, was der Wein aus ihrem Vater gemacht. Der aber" und sie wies mit ausgestrecktem Zeigefinger bei, er hatte in der Tat sein Recht verscherzt. Die Frau aber nahm das Lenle süttern?" der großen, weiten Wiese Todesstille. An der Stelle aber, wo des Bal noch immer verlobt?" Hagestolz: „Nein, Ihre Beziehun gen sind inzwischen in Ehe ausgear tet." Wie man's macht. ! Glückliches Land. von L» —6(1 Fuß Hohe und 2—Ä dianern, namentlich bei Negenwet ter, sehr gern getragen wird.
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