MuttrrMana <3. Fortsetzung.) sprechen des Holzes wegen. Ja, das Ftäuleinchen! Auf das lasse sie nichts kommen. Ein Hagel Gewiß trugen sie schwer, dachte sie im Nachhousegehen. Aber sie waren von früh auf an Lasten gewöhnt. Und ihrer Not folgte sozusagen die Hilfe immer auf dem Fuße. Kein Stolz wehrte ihnen die Klage. Sie verstan den. sich schon Gehör zu verschaffen. Ob andere, die sogenannten Gut- delt im Tal der Jugend, was sie auch zu sehen trachtete, sie blickte auf alles von dem kleinen Anstieg ihrer zwan zig Jahre. Was aber ferner lag, schwamm im Nebel. Heinrich von Kalhain hatte in' dem halben Jahr seines Hierseins immer schon völlig als Herr über der neuen Aufgabe, die ihm zugefallen war. Je denfalls setzte er auch schon jetzt sei nen Willen, machmal sogar bis zur Schroffheit durch, mochte er nun das 'Ganze damit fördern oder nicht. Er fühlte, daß es angebracht sei, den Leuten den Herrn zu zeigen. Schon längst bei seinen früheren kurzen Besuchen hatte der Erbe die Mißstände, die sich in frechster Weise einnisteten, mit angesehen, mit geball ten Fäusten war er durch den Wald geschritten: hier ungenügende Durch forstung mit kernfaulem Holze, als Folge davon die verlodderten We ge, hier eine Lichtung, wo noch vor tel des Herrn. Er behielt sein^Miß- Auch innerlich löste er sich leicht von seine? gewohnten Umgebung. Es hiel ten keine verwandtschaftlichen Tun und L zssen, über sein Leben und seine Gesundheit traf nur ihn allein. Ein paar Jahre gingen gut für ihr dahin, er durfte sich des Aufblü hens der jungen Kolonien und auch manches eigenen Erfolges freuen: all mählich begann ihn dann das Einer lei seiner Pflichten zu bedrücken. Als seine Tätigkeit inehr und mehr den Charakter des Abenteuerlichen verlor, büßte sie an Reiz für ihn ein. Er stieß in seiner Stellung auf Wider stand. wuchs über die ihm gewährte Unabhängigkeit hinaus, «eine ostelbi sche Herrennatur, die ihm im An fang sei'i-r afrikanischen Zeit ent schieden vorwärtsgeholfen hatte, stand ihm nun im Wege. Es kam zwischen ibm und den Borgefetzten zu Zermürb rissen, die Kalhain die Stellung ko steten. Er nahm den Abschied, kehrte nach Deutschland zurück, ohne zu wis sen. was er nun mit sich machen solle. In dieser Unsicherheit bekam er die Nachricht vom ernsten Siechtum sei .nes Onkels. Er reiste nach Godschil- überzeugte sich von der Sachlage und beschloß, die frei« Zeit, die ih» Aber nach ganz kurzer Zeit war er auch schon Herr des Besitzes. Nach gründlicher Einsicht fand er die Zu stände verbummelter, als er befürchtet hatte. Das erste war, daß er den Hauptförster entließ, dem folgte der Der Hausrat war ehrwürdig und pjl nommene Betrieb erheischte, reichte es für ihn selber kaum zum Notwen digsten aus. schüttelte, kaum merklich, den Kopf dazu. In Berlauken wohnte der Kran ke. Amtsrat Stange in seinem Ge hört. Also heiraten? Oft hatte er schon aber sie hatten mit Heirat nichts zu tun gehabt. Ernst war sein Herz überhaupt noch nicht engagiert gewe lebte mit ihrer Mutter, die Witw sames hatte? Er mußte an seine'afri kanische Zeit zurückdenken. Wenn er nachts mit den schwarzen Kerlen am Feuer saß. und näher, immer nähe»' das Gebrüll der wilden Bestien er tönte, von der übermüdeten Maiin war in ihm der Gedl-.nke. zu heiraten, stark geworden. Wie schön dachte er es sich damals, wenn ein Weib sich zu ihm gesellt hätte, wenn sie die Wange an seine Schulter gelegt und mit ihm der Gefahr ins Auge gesehen hätte. Aber ohne Furcht, denn er wachte ja, sein Schutz müßte ihr genug sein. Aber er hatte noch keine gekannt, von der er bestimmt Hinte sagen können, daß si« für ihn die richtige gewesen wär«. Wie kam es nur,, daß ihm Plötzlich, wie er so über seinen Büchern saß und alten Bildern nachging, die Toch ter des kranken Mannes drüben in Berlauken, die kleine oder vielmehr die große Bergen einfiel? Er »pußte nicht einmal ihren Bornamen. Aber saß mit ihm am Feuer in afrikani scher Steppe. Die Bestien heulten, hei ße Tropennacht umfing sie, glutrot stand der Mond über den Bergen, der Hahn seiner Büchse war gespannt; terte nicht. Heinrich Kalhain lachte auf. Wie kam er zu so närrischen Gedanken? Ding, dem das Leben schon früh eine tüchtige Last auferlegt hatte. DaS sah er ja und hatte es auch wohl gelegent heute nicht recht glücken. Er sah nach der Uhr. Die zeigte die vierte Nach mittagsstunde. Bewegung würde ihm Wald ein. Es hatten sich in der Witwerschaft ihres SZaters Mißstände Karls seit ihrer Verheiratung ein sehendes Avge bekommen hatte. Besser, es galt, einer zweiten Frau des Bcitcrs gewis te. ' s I d k ' Amtsrat! Wie oft hab' ich gejagt: ,Ja, wenn Stange ein Auge drauf hätte!' Nicht wahr? Und dann die Pikettpartie. Mariellist immer nur nicht so, Maria?" Röte. ließ. h ' Unbefriedigte, Sehnende, und ver Backfisch entwickelte eine Bestimmtheit und bewußte Grazie im Auftreten, di» Berlin gehen an die Quelle aller Weisheit, studiert sollte ja wohl Wer sen? Na, Sie mit dem Doktorhut, Fräulein Mariechen, die Hühner hät „Recht so!" Stange liebkoste sie förmlich mit seinen Blicken. „Das ist alles so modernes und paßt nun Kalhain, der noch kein Wort mit Maria gewechselt hatte, blickte zu ihr hin. Es war, als betrachte er die rei er die Mutter sah, drängte er sich an sie. „Bangbüchs, du", sagte diese und gab ihm einen leichten Klaps, der gu' gemeint von ihm aber falsch Der bot einen anderen Anblick in seiner breitspurigen Behäbigkeit. Mil dem Gedeihen dieses kleinen Solda tenkindes, für das die Mutter so we nig Zeit hatte, würde sie sich nich: zufrieden gegeben haben. Maria streckte ihm die Arme hin, und der Frau Hedwig war ganz erstaunt. „Sieh nur einer, er geht ja sonst zu niemand Fremdem. Ich glaube, Ma ria, du bist so ein Angelpunkt für Das muß sich wohl herausfühlen." Inzwischen neigte der Herbsttag sich draußen dem Ende zu, die kurze Septemberdämmerung würde nur zu bald völligem Dunkel weichen. Ma ria sah auf ihren Vater, auch der drängte zur Abfahrt, das ungewohn verlassen Sie sich darauf. Und die Hypothek Kleinigkeit. Denken Sie gar nicht daran nur keine Sai den müssen wieder etwas leichteren Mutes ins Leben sehen lernen. Brandskat in Ehren, aber der allein les." Der Schlag siel zu. „Und ich Piquet." trat. Es war sein Wald, durch den er schritt. Auch an das Mädchen dachte er, das in einiger Entfernung vor ihm herfuhr, und das an diesem Nachmittag über seinen Aktenstöße» ihn schon einmal wie von ungefähr durch den Sinn' gegangen war. Er hatte sich wohl in dieser Maria Ber gen getäuscht. Das war ihm unange nehm. empfindlich. Sich zu täuschen, empfand er als persönliche Krän kung! Würde sie diesen ältlichen Bie dermann, der gewiß seine Verdienste ohne aber darin bestand, daß er al len, die zu ihm gehörten, sichere Exi stenz gewähren konnte, und der mit Blick und Wort um sie warb, erhö aus, Stange noch entgegenzukom men? An diesem Nachmittag noch würde es ihm sür eine Beleidigung Erster Frost war über Nach! ge kommen! der hatte die meisten Bäu- gen Gänseankaufes mit einem Besit zer zu verhandeln. Es war vorteil hafter. die Tiere gemästet zu kaufen, ließ. Beim Hinwez waren die Arbei ter am Werk gewesen, jetzt rasteten sie am Feuer, über dem ein Kessel wohl mit dem Nachmittagskaffee hing. Der Dampf stieg gerade in die klare Luft auf. Ringsum das Durcheinander der gefällten Stämme. Die Baum riesen erschienen ihr wie hingestreck te Lebewesen. Da gewahrte sie plötz lich Kalhain selber. Er saß etwas abseits von den Leuten, hatte die Arme um die hochgezogenen Knie verschränkt. Notizbuch und Meßwerk zeug lagen neben ihm. Maria wäre gern unbemerkt vorbeigekommen, aber der Pfad führte zu dicht an ihm vorbei, es war unmöglich, ihm zu entgehen. Als er sie sah, sprang er auf und bot ihr, da er auch im Be griff sei, nach Haus zu gehen, seine Begleitung an. Sie schritten unter den herbstlichen Baumkronen dahin. Farne und Moos, die ihre Füße streiften, wa ren noch sommerlich grün, aber ein Duft von Feuchtigkeit und Moder umfing sie. Sie hatten noch nicht ge sprochen, plötzlich sagte er: „Ich hat te gar nicht geglaubt, daß ich mich so bald mit Kops und Kragen da hinein verlieben würde" er machte eine Bewegung, die alles ihn Umge bende umfaßte. „Und dann scheint's mir wieder, als haßte ich«s, weil's mich zu überwältigen droht, mich so ganz fordert. Und gerade daraus se l>e ich meine Unzulänglichkeit. Ueber das, was der Mensch beherrscht, kann er niemals Herr werden. Die Schwie rigkeiten sind gar so groß, überall drängen sie sich auf." Sie schwieg dazu, sie würde nicht gewagt haben, etwas darauf zu sa gen. Unwillkürlich fühlte sie, daß es jehr hohe Ehrung sei, wenn ein Mann zu einer Frau von seinem Wirken sprach. Dabei erschien ihr plötzlich alles wie in einem Bann zu liegen, der Wald war jetzt niedrig und verwachsen. Es regte sich kein Blatt, sogar die Insekten, die die Sonne hervorlockt hatte, erschienen in ihrem trägen Fluge wi: leblos. Kalhain war es, der das Schweigen wieder, brach: „Sehen Sie, hier ist einmal mit dem Unterbauen begon nen; dann hat man's wohl nicht verstanden, liegen lassen; jetzt hat man das Gegenteil bewirkt, das Holz, dem man kühlen Boden geben wollte, muß nun ersticken. Man fin det aus all dem Kleinkram nicht mehr Sie besann sich eine Weile, ob sie ihm das wohl sagen könne, was ihr auf den Lippen schwebte, dann be gann sie: „Sie werden über mich la chen, Herr von Kalhain, aber es scha det auch gar nichts, wenn Sie's tun. Haben Sie Goethe gern?" .Ja!" „Ich auch. So furchtbar gern; fin de ich etwas von ihm oder über ihn, immer möchte ich's lesen. Wenn ich mal Zeit hätte! An Frau von Stein hat er einmal geschrieben, daß nichts so groß ist wie das Wahre, aber das kleinste Wahre sei groß." Sie schwieg eine Weile, unsicher, ob sie sortsahren sollte. „Sehen Sie, nun klingt mir's selbst lächerlich, fast so, als hätte ich sagen wollen, daß ich mir mit meinem kleinen Tun im Goetheschen Lichte als was Großes erscheine." Sie stockte, zupfte ein paar Blätt chen, und ihr Gesicht war rot: „Ich meine, wenn man sich sowas sagt, das kann einem helfen, das wirkt so in einem fort." Er konnte sich zu dem, was sie stockend vorgebracht hatte, eines Lä chelns nicht erwehren. „Nun, da ha ben Sie sich Ihren Lehrmeister und Berater ja gleich unter den Aller höchsten gewählt", sagte er. „Aber lassen Sie nur, ich spotte wirklich nicht. Daß Sie Ihre Augen sozusa gen zu den Bergen aufschlagen, das gefällt mir gut, das ist tapfer und ehrlich von Ihnen." Sie kamen an einem hohen Amei- Weg eingebaut war. Er trat zur Seite, um das mühsame Werk dieses Tierstaates nicht zu stören. Beide blieben stehen. Wz die Sonne den Hügel beschien, regte sich etwas Le ben unter den Tieren, aber es war nur mehr ein mühseliges, fast trä ges Hinundher, ein Vorbereiten zum Winterschlaf, nicht zu tatenvollem Leben. Dann suhlte st« ihre Hand ersaßt, nur zur Hälfte. Und nun mochten sie sich plötzlich ihres kindischen Tuns bewußt werden, sahen sich einen Mo» ment in die Augen und lachten. Dann gaben sie die Händc wieder frei, sie traten ein wenig zurück und muster ten den Riesen. .Sehen Sie." sagte Kalhain. „Trotz seines Greisentums ist er mir der allerliebste, der allerwertvollste. Zu ihm gehe inanchmal, setze mich mir der größte Bismarck. Wie jener der Gigant war unter den menschlichen Zwergen, so dieser un ter all dem belaubten Stammgewim mel ringsumher." Sie gingen dann mit schnellen Schritten weiter Ehe sie es recht wußten, war der Wald zu Ende, und die Landschaft la., vor ihnen in der sinkenden Herbstsonne. Ein frischer Wind fegte über die Stoppeln. Au ein paar Stellen wurde gepflügt. „Sie haben gu: geerntet?" fragt« Kalhain, und sie nickte dazu. „Ganz zufrieden sind wir Land wirte ja doch nie", sagte sie, aber ihr Seufzer sagte mehr. Um weniges später kamen sie an den Jnsthäusern vorüber. Die Sonn« hatte seine jungen Bewohner noch hinausgelockt. Das krähte, tobte, weinte, tat Nützliches und Unnützes. „Auch das alles, weil nun mal am Leben, hat ein Recht darauf", sagte Kalhain. Nun sie am Hoftor standen, hatt« Kalhain sich empfehlen können, aber er dachte noch »ich! daran. Doch kaum war Maria zu Hause, so verlangten auch schon alle nach ihr. Die Boten frau wollte wegen des morgenden Marktganges »och einiges wissen. Sie möge warten, beschied Maria. Da sprang bellend Cäsar aus einer Hofecke auf Maria und ihren Beglei ter zu. Ihm folgic jemand anderes mit kürzeren Beinen, wehenden Lok ken, hellklingender Stimme. „Mut ter Maria." „Kunz der Unband!" Sie glättete ihm das blonde Kraushaar. „Bist du wieder allein bei den jungen Pfer den gewesen? Du sollst doch nicht." Aber der Tadel fiel nicht scharf au». „Wo ist denn die Life?" Die stand abseits im Gespräch mit dem Großknecht. Als sie ihren Na men hörte, kam sie schnell herbei. Der Knecht verschwand hinter der Stall tür. Kalhain hatte den Knaben auf sei nen Arm genommen. „Im Gewicht wie ein leichter Rehbock. Ein Pracht kerl", sagte er. Dann gingen sie durch die Ställ«, Kunz und Cäsar hinterdrein. Es war Futterstunde. Im Schweinestall war Gezänk. Jedes Tier verlangte grun zend und quickend das Seine. Da ging es im Kuhstall friedlicher zu. Unter wohligem Gebrumme kaute das Rindvieh. Der kräftige Stall duft atmete sich gut. Es herrschte be hagliche Wärme, die nach der fast rauhen Frische draußen wohltat. Die Stallmagd kam, um die Kälber zu füttern. Aber Maria nahm ihr den Eimer aus der Hand und prüfte den Inhalt. Dieses größte Eigenheit er fordernde Geschäft war eigentlich das ihre, wenn Hanne Brandskat beschäf tigt war. Und nahm jetzt die Zentrifuge in Anspruch. Mit sicht barem Genuß schleckerten ihre Pseg linge Magermilch und Ei und was sie sonst noch Gutes bekamen. „'s is auch Besuch da." sagte die Magd. „Der Herr aus Karlswalde." Marias Blick flog zu Kalhain; unwillkürlich wünschte sie, daß der das letzte nicht gehört haben möge. Gottlob, es schien der Fall zu sein. Der hatte nur ihrem Tun zugesehen. Nun sagte er: „Das geht alles nun so seinen täglichen Gang, und wenn's Ihnen mal über wird" er lächel te auf sie nieder „dann tun Sie einen Blick in Ihre weltliche Bibel ist es nicht so?" Maria wandte sich zum Hinaus, gehen. Wie kam sie auch dazu, ihm, diesem Halbfremde» einen so tiefen Blick in ihre Gedanken. in ihre Alttagswelt hineintun zu lassen. Nun mokierte er sich. Er schien ihr Denken zu erraten. „Sehen Sie, da steht Ihr Herr Va ier am Fenster. Jetzt bemerlte er Sie, sehen Sie nur, wie er sich freut. Das ist ja rührend, solche Freude in so kranken Zügen. Und dann der Jun ge. Sie wissen, für wen Sie wirken. Es kann dann das Kleine nie klei nisch sein, und wahr ist es gewiß." Er hatte sich empfohlen, sie ging dem Hause zu, aber zögernd, ohne Eile, denn, hinter dem Vater ste hend, hatte sie auch Stanges Gesicht nach ihr ausschauen gesehen. (Fortsetzung folgt.) Serenissimus läßt sich in der neue Damps-
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