MuttrrMaria (2. Fortsetzung.) Und so saßen sie eine Weile und sprachen nicht, bis die Alte dann be .qann, von alter Zeit zu reden: von Marias Mutter, der Frühverstorbe nen, von Arwed, von ihrer jungen rner so ein bißchen zimperlich tat, dann sagte dein Mütterchen: „Ein Jammer, Hanne, daß er nicht das den ist." Sieb' nur zu, daß Mutter immer mehr glxich wirst. Aber das hab' ich immer gedacht, und du mußt mir's nicht verübeln, daß ich'S sage: Deinen Vater, den hätte sie nicht nehmen müssen! Er ist ja ein Hanz guter Herr aber die hätte einen haben müssen wie einen Eich baum. Ihre Eltern wollten es nicht. Ich weiß wohl, was es für Kämpfe gesetzt hat, sie, die Erbtochter, er der arme Studierende, der, so hat man sich immer erzählt, mit den Examens nicht recht fertig werden konnte. Aber sie setzte ihren Willen durch. Das tat sie immer. Vielleicht ist sie zu ihrem Glück so früh gestorben, bald hinter ihrem dritten Kinde her, das zu zeitig zur Welt kam. Von da ab fing der Herr an zu kränkeln. Na, Gott ist barmherzig, für ihn ist es wohl gut so." Kunz, dem die Züt zu lang ge worden war, hatte sich leise davonge macht und spielte umher. Er hatte ein Kreuz umklammert, der Anstieg war ihm ohne Hilfe wohl zu steil gewesen. Da schüttelte Hanne den Kopf, rief ihn heran und meinte: Was er mit dem Kreuz wolle davor schütze ihn Gott das drücke ihn noch früh ge nug. Der Knabe aber kümmerte sich nicht um den Zuruf und krabbelte weiter. Maria schob die wildernden Ran ken zurecht. „Hanne, Hanne, mußt du schon wieder Gespenster sehen. Wenn sich's hier schickte, ich lachte dich aus." „Grünschnabel du, daß Gott dich nicht des Wortes strafe. Wirst auch die Last noch fühlen. Außerdem mein' ich, du trügest schon genug auf den Schultern." „Kann noch mehr darauf, Hanne." Maria sprang auf und streckte die schlanken, starken Glieder. Nach einer Weile, als sie den Fahr weg wieder betraten, kam ein Wagen daher. Es war das Godschillener Break, das wollte rasch an ihnen vor über. Sein Insasse, ein Herr im Reiseanzug, grüßte, Gefährt bog um die Parkecke, eine Staubwolke flog hinterdrein. Maria hatte genügend gesehen, um zu wissen, daß der junge Herr von Kalhain an ihr vorbeigefahren war. „Mit dem alten Baron soll es zu Ende gehen, so sprechen die Leute/ sagte die Brandskaten. Die Ernte war eingebracht, sie war nicht schlecht gewesen, hatte aber die Erwartungen doch nicht erfüllt, die in sie gesetzt waren. Daran waren vor allem die Regenwochen schuld, die ge rade in die Weizenmaht fielen. Sie hatten den Kornertrag erheblich ent wertet. Eine der letzten 'Haferfuhren bog in den Hof ein. Maria faß in ihres Vaters Stube. Da es ein Eckzimmer war und nach beiden Seiten Fenster hatte, konnte sie zugleich Hos und Garten und die Koppel bis zum Wald hin übersehen. Hefte aus einer Journalmappe lagen aus dem Tisch vor ihr. Sie blätterte Sarin, und ihre Augen überflogen eilig die Zeilen. Es waren gute Sa chen darunter, die allwöchentlich aus die Finger: Westermanns Monatshef te, Deutsche Rundschau, Jahrbücher °u. a. m. Was tonnte man aus diesen Heften nicht alles schöpfen! Wa« mochte es wohl überhaupt alles !u draußen in der großen Welt zebenl Sie hatte ja kaum eine Ahnung da- anderes dachte sie auch kaum, hatte fast vergessen, daß sie das alles vor gar nicht langer Zeit mal hatte hin ter sich lassen wollen. Sie blätterte In Westermanns Monatsheften. Da fand sie Reproduktionen von Gemälden und Skulpturen. Sie hatte in Wirklichkeit niemals etwas Aehnliches gesehen. Wie herrlich das sein mußte. Und das schasste Menschenhand und Menschen- Da klopfte es. Der alte Brandskat denfchlüssel. Es war ein Makler da. der den Weizen zu besichtigen wünsch te. Maria nahm den Schlüssel aus der Lade und fragte nach dem Preis, den der Mann zu zahlen gewillt sei. „Acht Mark will er für den Zentner geben." sagte Brandskat, schüttelte aber den Kopf dazu. Maria hielt sich Kunzes wegen jetzt nicht für abkömmlich. Sie hieß' Brandskat allein mit dem Fremden zu verhandeln, sie wußte ja doch, daß er noch nicht zum Verlauf zu bewegen sein würde. Er besaß gute Eigenschaf ten genug, auch landwirtschaftliche Kenntnisse, aber zu handeln verstand er nicht. Er verpaßte stets die guten Gelegenheiten, immer noch auf bessere wartend. „Sehr zu Ungunsten der Berlauke ner Wirtschaft," hatte Stange einmal gesagt. Stange.... einen Augenblick mach ten Marias Gedanken bei ihm halt. Der hatte den alten Brandskat meist noch eines Besseren zu belehren ge wußt. dessen größerem Wissen Pflegte sein Hartkopf zu weichen. Seit jenem Abend hatte er sich nicht mehr blicken Maria saß wieder an ihrem Platz. Draußen hantierte ihr Vater mit der Heckenschere. Seit des Bruders Tode war er sichtlich gealtert, wenn er auch nie von dem Verstorbenen sprach. Sein Gedächtnis war noch schwächer geworden, und seine Heftigkeit nahm zu. Doch wie Maria ihn so von der gvldenen Herbstsonne umgeben dastehen sah, fühlte sie nur Mitleid und Liebe zu ihm. Der Gedanke, daß sie wenig oder gar nichts an ihm ha be, lag ihr ferner denn je. Sie stützte den Kopf in die Rechte und begann in den Journalen zu le sen. Sie las von dem Verhältnis Goethes zu Bettina Brentano. Sie verschlang die Heilen. Sie las von der treuen Bettina, die auf der Treppe, die zu Goethes Gartenhaus im Wei marer Park führte, sitzend auf sein Kommen wartete, um einen Blick aus seinen Augen zu bekommen. Sie hatte sich in eine Art von Ekstase hineinge lesen, die ihr selber an ihr fremd er schien. Da pochte es schon wieder. Die klei ne Life, ein wenig Scham und Reue im Ausdruck, steckte den Kops in die Tür. Die Kuntzig, die kranke Wöch nerin aus dem Jnsthause, verlange nach dem Fräulein. Sie lasse auch bit ten, daß die Medizin besorgt würde, die der Herr Doktor an diesem Nach mittag verschrieben habe. Die Schar werkerin, die sie Pflege, habe gesagt, daß sie unmöglich zur Apotheke laufen könne, sie dürfe die Kranke nicht ver lassen. Maria sah überlegend nach der Uhr. Sie mußte Lum Abendbrot das Nötige herausgeben und dem Bater aus der Zeitung vorlesen. Letzteres könnte ausnahmsweise auch mal nach dem Abendessen geschehen. Sie würde also nach Karlswalde zur Apotheke reiten und das Gewünschte selbst ho len? es würde auch gut sein, das Fie bermittel für Kunz für alle Fälle im Hause zu haben. So griff sie nach ihren Schlüyeln, erledigte schnell das Satteln bestellen, als Cäsar ein paar mal laut anschlug und Männerschritte hörbar wurden. „Der Baron von drüben," sagte Hanne. „Na, 's ist auch wohl mal endlich an der Zeit, daß er sich blicken läßt." Dann trieb sie die gaffenden Mäg de zur Arbeit an. Wenige Augenblicke später trat Maria in ihres Vaters Zimmer, in das man den Besuch ge führt hatte. Dieser und der Vater standen noch einander gegenüber, ein paar Begrüßungsworte tauschend? bei des Mädchens Erscheinen wandte sich Kalhain ihr zu. Er nannte seinen Namen, dabei Marias ihm dargereichte Hand ergrei fend. „Uebrigens sind wir Bekannte, zwar weiß ich nicht, ob Sie sich met ner noch erinnern wir sahen uns an einem Abend in Karlswalde. Es liegen ja schon mehrere Jahre dazwi schen " Maria war unsicher. Sie sagte we der ja noch nein auf diese kalbe Fra ge. Kalhain bat um Verzeihung, >», ß er erst jetzt seinen Besuch abstatte, aber zu wohnen. Maria hatte noch kein Wort gesagt, auch jetzt sprach der Vater mit dem Besuch. Der Vater hatte heute für seine Verhältnisse einen merkwürdig klaren Tag. Bei dem Namen Kalhain erinnerte er sich seiner früheren Be ziehungen zu dem verstorbenen Nach aber wiederholte er sich und brachte Zeiten und Tatsachen durcheinander. Baron Kalhain hörte geduldig zu. Ohne es den Sprecher merken zu las sen, ergänzte er, hals weiter. Was sonst Marias Sache w»r, die bei ähn lichen Gelegenheiten oft mit Pein und Angst dabeisaß, tat er. Aber Maria fühlte kaum irgend eine Beklommen heit, es erschien ihr alles so natürlich. Dabei ging er mit ihrem Bater um, wie etwa ein Arzt mit einem Kran ken. Und ehe Herr von Bergen es merkte, hatte Kalhain selber das Wort und lenkte das Gespräch in Bahnen, die nur ihn angingen. Von seinem Vorhaben, nun Forst wirt zu werden, sprach er, aber der ererbte Besitz sei leider arg verloddert und brauche eigentlich fachkundigere .Leitung als die seine. „Ich werde mir oft Rat holen müs sen," sagte er. „Wie ich mir habe er zählen lassen, gnädiges Fräulein, sol len Sie Landfrau und Landwirt sein, wissen mit Leuten und Gebräuchen Bescheid, vielleicht darf ich mit Ihnen auch mal dies oder das besprechen, mal Ihre Ansicht hören, nicht wahr?" Bei der Flüchtigkeit der' Bekannt schaft enthielten die Worte vielleicht zu viel Entgegenkommen, doch die Art, wie sie vorgebracht wurden, ließ bei Maria gar keine Verlegenheit auf kommen. Es schien ihr, als umgehe dieser Mann nur alle Gemeinplätze der Unterhaltung. „Gern," sagte sie einfach und lachte fast heiter. Zn der Hauptsache trenn ten sich ihre Gebiete ja freilich, und dann fei sie ja auch nur Anfängerin. „Es ist oft recht schwer, und ich sitze immer wieder fest." Dies letztere schien er zu überhören. „Es muß doch etwas eigenes sein um die Scholle," meinte er weiter. „Wenn man jung ist, erscheint einem die Welt Wunder wie reich. Aber sie hält arg zurück mit ihren Schätzen. Sie gibt immer nur das, was man ihr zuvor gegeben hat. Ich habe Sie les angefangen, nichts fortgesetzt Nun möchte ich's mit dem Eigenen versu chen. Vielleicht gelingt es da besser." Es lag fast etwas wie Bangigkeit in seinem Wesen, alz wittere er neue Enttäuschungen. Der resignierte Aus druck veränderte ihn völlig, aber eben genheit des Mannes, der über dem Leben steht, prägte sich wieder bei ihm aus. „Uebrigens wird nian's hier schon aushalten können, denk' ich," sagte er leichthin. Jagd, prächtige Reitwege und Wald... so ein Wald, mein' ich. muß einem vieles ersetzen können. Und dann die tadellose Ver bindung von der Stadt aus nach Ber lin!" Als sich Kalhain empfohlen hatte, sank Herr von Bergen in die Sofa ecke zurück. Einer Erregung Pflegte bei ihm die Reaktion auf dem Fuße zu folgen. Der Vater hatte mehr gegeben, als er selber besaß. Freunde, vor de nen er instinktiv seine Schwäche zu verbergen bestrebt war, griffen ihn am heftigsten an. Heute war er besonders einem bestimmten Gedanken beherrscht wurde, von dem er sich wohl durch Worte befreien wollte. „Die Hypothek ist gekündigt," sag» te er plötzlich. Also das wußte er. Er mußte an ihrem Schreibtisch gewesen sein? das Wirtschaft noch mal irgendwie als Herr zu betätigen. Sie erinnerte sich jetzt, eine seiner Baumscheren heute gen strebst, warum sagst du mir der gleichen nicht. Bin ich nicht der Herr? Ueberhaupt, ich merke, es geht zurück, „Aber Vater!" .Du weißt ja selbst, daß ich recht habe." sagte er. „Du bist ja ein ver nünftiges Mädchen. Aber du bist doch nur ein Mädchen. Als Stange noch ...warum lommt er nicht mehr? Er war schon seit einer Ewig leit nicht tnehr hier. Warum eigent lich nicht. Deinetwegen? Du hattest was mit ihm. Torhieii, Mädchenlau nen. Dabei stehen wir uns aber starl im Licht. So ein Mensch... er faßt alles richtig an. Der muß auch Rat schaffen wegen der Hypothek." „Der, Vater?"... wer denn sonst. Außerdem fehli er mir auch. Ich brauche auch mal einen Herrn zum Verlehr. Ich Hab's ja eben erst wieder gemerkt, als der Besuch hier war, so eine Unter- Haltung tut mir gut. Setz dir übri gens nichts mit dem Kahlhain in den Kopf, der heiratet d»h doch nicht!" Mari« erschrak so heftig über die letzten Worte des Vaters, daß sie zu rückfuhr. Wie er nur so etwas den ken konnte. Mehr brachte sie nicht her schlag zum Halse auf. Der Kranke tastete sich zum Fenster in seinen Lehnstuhl. Maria fragte, ob sie bei ihm bleiben solle, es sei noch eine gute Stunde Zeit bis zum Abendbrot. Aber er lehnte ab; er wolle lieber den Katzen mal ein biß chen zusehen, die sich gerade unter den Fenstern tummel!'n. Maria wußte, daß er darüber einschlafen würde, daß er sie jetzt also nicht brauche.' So be schloß sie denn, schnell noch zur Apo theke zu reiten. Sie sagte es dem Va ter, und er war damit einverstanden. Als sie herausgehen wollte, rief er sie noch mal zurück, es. schien, als hatze er erst Mut sammeln müsskn zu dem, was er noch sagen wollte. „Dlirch Doktor Hundertmark, der gerade nach Karlswalde aufs Gut fuhr, habe ich Stange sagen lassen, daß er doch wieder kommen möge, daß er ein gu tes Werk damit täte, daß er uns jeden Augenblick wieder willkommen sein würde..." Maria verbarg ihr Erschrecken und ging schweigend hinaus. Sie wollte bei Brandskat das Satteln bestellen, aber er verhandelte gerade mit Han ne, diesmal vor seinem Fenster am Häuschen neben dem Kuhstall. Es war auch niemand zur Hand, so ging sie in den Stall und sattelte sich ihr Pferd selbst, saß auf und ritt vom Hos- Bald war sie im Wald. Im weichen Sandweg verhallte der Hufschlag. Auf der Waldwiese brannte der Nebel, äsende Rehe äugten zu ihr her. In langen Sätzen sprang Cäsar neben ihr her, sich der Freiheit freuend. Der Himmel war wolkig, Herbstdämme rung lag über den Bäumen wie grau er Staub. Ringsumher tiefe Einsam keit. Sie atmete die reine Luft ein, und ihr Gemüt ward ruhiger. Auch von Karlswalder Seite wurde alsbald der erste Annäherungsversuch wieder gemacht, nämlich Hedwig Wag ner, die für längere Zeit ihr Mann War im Elsaß garnisoniert mit ihrem Kinde zum Besuch bei dem Ba ter weilte, stellte sich eines Nachmit tags in Verlauten zu Gast ein. Seit jenem Zwischenfall, der den Domä nenpächter von Verlauten trennte, hatten auch die einstigen Gespielinnen sich nicht gesehen, aber nun war Frau Hedwig doch gekommen und war ganz Unbefangenheit und Herzlichkeit. Es war ein schöner, klarer Herbst chen in der Buchenlaube den Kaffee tisch deckte, standen die Beiden am Staket, das den Garten von der Kop pel trennte. Sich leicht auf die Holz latten stützend, waren sie in lebhafter Unterhaltung begriffen, d. h. es sprach eigentlich nur Frau Hedwig, während Maria den Besuch halb bewundernd, halb befremdet betrachtete. Wie war sie anders geworden! Schick nannte selbst herab. Sie mußte lächeln. Welch ein Unterschied! Die feinen Schuhe dort, die derben hier, die kunstvolle Anordnung des Haares, die seidenen Jupons. Und doch wollte es ihr schei nen, als habe ihr Hedwig früher bes ser gefallen. Diese Wahrnehmung war wohl auch der Grund zu ihrer Wort kargheit. Im früheren Verkehr mit Hedwig hatte sie mit ihr über alles „Du bist stiller geworden," sagte Hedwig. „Weißt du, Schatz, das kommt vom einsamen Leben! Du Maria blickte auf die Sprecherin: „Meinst du? So schlimm ist es wohl nicht, ich fühle mich ja ganz wohl da- Jeder ist sich selbst der Es ist ja auch ein Glück, daß die Menschen verschieden sind." Die hübsche Frau nestelte wohl unseres engeren Vaterlandes an dir! Sieh nur einer diese Landschaft! Das lieb- alte Bild, ich würde ja aber tief sinnig, sollte ich Tag für Tag darauf Maria schien das Gesagte zu über hören! tzas Jungvieh in der Kovpel zog ihre Blicke und Gedanken aus sich. paß! nur zur Landfrau." Maria schüttelte den Kopf. „An so u>as denke ich ja nicht. Ich wollte einmal ernstlich fort, um etwas zu lernen, weißt du. Das war, wie ich nich mal hier überflüssig glaubte. Aber daran ist nun kein Gedanke «ehr, und es ist auch besser so." Das Mädchen meldete, daß der Kaffee aufgetragen sei, und sie setzten sich in die Laube auf die grüne Holz bank vor den sauber gedeckten Tisch. „Wirklich, hier lockt der Vogel im mer noch," meinte Hedwig und horch te. „Kommt dein Vater nicht nein? Ach, ich weiß, er war weiber scheu. Es ist natürlich schlimmer mit ihm geworden. Du Aermste, wie schwer du's hast! Da hat die gute Hanne in aller Eile Raderkuchen ge backen" und sie aß von dem fri schen Gebäck, während ihr Maria die Tasse mit Kaffee hinschob. „Pracht voll! So was hat man in der Stadt nichts Na, jedes hat sein Gutes. Hei »Jch? Wer mich wohl heiraten soll!" Da wurde der Blick der andern for schend. „Nun, es will woh! sicher je mand, wenn du nur willst." Es trippelten jetzt kleine Schritte den kiesbestreuten Weg entlang. Ein Kinderstimmchen rief Marias Namen „Hier Bübchen, hier"... Der Knabe, nun fast dreijährig, kam heran, groß und kräftig für sein Alter. Sonnverbrannt, mit üppigem Haarwuchs und großen klaren Augen. Als er die Fremde gewahrte, wollte er kehrt machen, aber die Tante zog ihn zu sich. Etwas wie Mutterstolz sprach aus ihren Zügen. '.lst's nicht ein trautester Schlingel?" Hedwig hatte ihn auf ihr Knie ge hoben: „Ein netter Kerl. Mein Bernd ist zarter. Ich mußte dreimal die Amme wechseln. Er ist ja auch wohl jünger. Jetzt hängt er mehr am Fräulein als an mir. Ich kann mich nicht allzuviel um ihn kümmern. Da darf man denn auch nicht eifersüchtig sein. Wer ist denn das da?" fragte sie den Kleinen, auf Maria deutend. „Mutter Ria!" Das belustigte Hedwig sehr. „Hat die Marjell ihn sich zu eigen gemacht, als wenn er ihr Fleisch und Blut wär'! Zum Totlachen! Und von seiner leiblichen Mutter hört er nie mehr?" „Die ist gestorben," sagte Maria. „Das ist auch gut so, nun gehört er uns mir", fügte sie fast unhörbar hinzu. „Aber wenn du mal doch fort gingest." chenen Themas machte Maria un ruhig. Sie setzte den Kleinen neben sich und schob ihm Milch und Gepäck hin. Der langte niit seinen dicken Fäustchen tapfer zu. Hedwig, die schnell jede Stimmung herauswitterte, gab dem Gespräch ei ne andere Richtung. „Sag mal. nun habt ihr ja jetzt Nachbarschaft hier?" Sie deutele nach Gudschillen. '„Der interessante Heinrich hier im letzten Winkel von Europa! Soll mich wun dern. wie lang der's auZhält. Vater traut ihm nicht allzuviel zu. Und dann überhaupt das Leben hier, Ver kehr usw. Quant aux femmes wird er wohl seine Rechnung am wenigsten finden. Sahst du ihn öfter? Wie fin dest du ihn? Wie herrliche Aepsel ihr habt! Goldreinetten! Ich glaube, Erde! Und eure Asternbeete als wenn sie gar nicht aufgehört hätten, zu blühen! Besorgst du Ven Garten noch immer allein?" „Aber, von sprachen wir doch? Ach ja, von Kalhain. Du sag' mal, wenn der nun der Prinz wäre, der die verzauberte Prinzessin hier weckte! Doch, wer weiß, der heiratet wohl kaum. Eigentlich könnte er mal 'ne Partie für mein Schwesterchen wer den, denn Geld braucht er doch natür lich. Emmy wird hübsch, die kaün An sprüche machen. Uebr-gens fehlt ihr die Mutier. Bater, so gut er ist, gehen, wenn du eiOnal fortgingst. Bei Vater ist das and.'rs. Der braucht jemand, der ihm näher steht, der der Hypothek gern ordnen, aber dank müsse es bald, geschehen, er habe g-5 rade einen günstigen Vorschlag zu ma chen. Du weißt doch, daß dein Vater ihn neulich durch Doktor Hundert mark darum bitten ließ." Sie legte ihren Arm in den Marias. „Na, ich weiß ja von der Sache, duchen. aber du bist doch kein Kind, und Vater ist ein älterer Mann, da kann man doch wohl Vernunft von euch verlan gen. Also ich kann Vater sagen, daß er kommen dürfe, du würdest ihm auch nicht den Stuhl vor die Tür set zen. Der wird es dir schon leicht ma chen. „Weiber"... sagt er, und dann ist's bei ihm abgetan. Aber ich sage ja, er hat ein schrecklich gutes Herz, und dann tut ihr ihm leid. Ja, sieh mich nur so groß an. Richtig leid tut ihr ihm. Denn er sieht ja, daß eure Sache den Krebsganz geht. And er könnte euch doch helfen wie kein anoe rer!" Es wurde still. Ein wenig später würde der Wa gen gemeldet. u..d Maria, Kunz an der Hand haltend, sah der Davonfah renden vom Hofe aus nach. Sie fuhr sich über die Stirn, als habe sie geträumt, und plötzlich riß sie den Knaben zu sich empor und lüß te ihn, so daß dieser, nicht sehr an Zärtlichkeiten gewöhnt, fast erschrack: „Es geht zurück," inurmelte sie, „trotz allem, und nur er kann noch helfen! ... Das hat sie gesagt. Ob es wahr ist? Sie war immer eine Plappertasche, aber nicht in dem Maß wie jetzt und dann war es auch an setzt. Ich möchte ihre Welt nichr. Kunz, du, wir beide bleiben hier, aber aber, „es geht zurück" hat sie ge sagt" ... Sie setzte Kunz zu Boden' und hig'W sollte, Life, ich will mal ins Jnsthaus gehen zur Kuntzigen." Man hatte sie dort schon lange er wartet, sie wußte es wohl, mit Sup- Aber Maria, der sonst so leicht nichts zu schwer fiel, brauchte zu solcher Art Besuche erst einen starken Anstoß. Die Atmosphäre von Schmutz und Armut verursachte ihr physisches Unbehagen. Was an Klagen laut wurde, vernahm Tat "die Gutsherrschaft nicht das Möglichste?' Die Löhne wurden von Jahr zu Jahr erhöht. Und was ge schah nicht sonst noch alles, um den Hintere EingangstUr, die zur Woh- Neugeborenes schrie. Als erstes sperr te Maria eins der kleinen Fenster auf. Bett der Wöchnerin und setzte sich. nicht heraus, jiein Wunder! Das arme Ding! Die Brust soll ich ihm nicht geben. Ich sei zu schwach, sagt der Arzt. Die Hahnen gibt Milch von Stall, aber die Milch ist Uoerfeit! was Ihr Patchen ist, hat sich an so daliegen muß!"' (Fortsetzung folgt.)
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