Am Helena. (18. Fortsetzung und Schluß.) stetig. Haß? Nein. Du haßtest. Mir nahm er sich zum Schmuck. Während mein Zorn darüber wuchs, sann ich boshaften Einfällen Menschen einmal der Welt in seiner -ganzen blechernen Wahrhaftigkeit zei gen könnte. Und köstlich malte ich es mir aus, wie es aus Beate wirken würde, wenn man ihr den Gatten von seinem Pie- herabwllrfc. Ich war gespannt tenden und überlegenen Haltung. . Du erinnerst Dich des Abends, wo ich zum erstenmal in Beatens und Edlefs Heim war. Ich sah sie wie der, und so nah' war ich ihr wie bis her noch nie. Heißer als je flammte es in mir auf. Und sie war mir kein so unnahbares Weib, daß ich versucht Hätte, es ihr zu verhüllen. Sie mag Und da, Thassilo, da begab sich Has Entscheidende. Ich sah es: ich wirkte auf sie. Ich ihr war dies bißchen armselige, jämmerliche Leben es fing an, sich nach mir zu drängen. deutlicher sah ich es: sie sehnte sich, mein zu sein, ohne es sich zu geste hen, ohne es recht zu wissen. Von da an war mein Widerwille gegen ihn kein spielerischer Lebensreiz mehr. -Ganz klar und sicher wußte ich: ich Werde ihn töten. Und wenn ich das wußte, lachte ich mein Wissen aus und gab es in mei nen Gedanken förmlich zu Protokoll: so etwas denkj man und tut es doch nicht. Gesellschaft beinah' was Groteskes. Er ist das Unwahrscheinlichste. Er fällt aus der Zeit. Man arbeitet nicht mehr mit Dolch und Gift. Mord auf Dich. Ja Du, Du hattest die Ge legenheit .gehabt damals, als Du «llein mit ihm warst inmitten des to benden Wasserschwalls! Kolanae Dein Wahn währte, schien eZ mlr7 als sei diese Frau gewisser maßen Dein. Auch ein Idol ist ein Eigentum. Der Freund sei der letzte, es dem Freund zu rauben. Zugleich fing ich auch an, einen Weib begehrt? So ließ ich mich trei ben, kampflos fast und ohne mich zu bewachen. Siehst Du den Unterschied zwischen uns? Du sehntest Dich nach der Tat und bewachtest Dich doch zu scharf, sie zu tu». Ich ließ mich von dem dämonischen An jenem Morgen, bei dem Ren dezvous vor dem Försterhaus geschah «twas, daS ich schon oft gesehen und begrüßt hatte: Beate errötete tief, als sie mich sah. Wie nur Liebessehnsucht «rglühen kann. stand auf seinem Gesicht Er flüsterte ihr etwas zu... viel leicht ein rauhes Wort... mersort nur dies eine. Wie eine me chanische Tätigkeit war das in mei nem Hirn. Mit sicherer Hand schoß ich die Fa hall von Schüssen. Sie muß frei wer den! Schüsse Schüsse es war ganz natürlich alles. 810 ß ein aus, daß der ein anderes Wild zur Strecke bringt? Sie muh frei werden! Und bei dem zweiten Treiben ging ich und erschoß ihn. War ich das? Mein bewußtes Ich? Doch ja! Und doch nein! Mir zit terte nicht die Hand. Nicht vorher und nicht nachher. Und als sie ihn fanden, bebte kein Puls in mir. Es war wie ein fremdes Ereignis, es stand ganz außer mir. Nur als ich es Dir sagte da lasest Du es in meinen Augen. Und ich las in den Deinen, daß Du es wußtest. Aber ich blieb ruhig. Es mer noch ein fremdes Ereignis und ist es geblieben bis zu dieser Nacht Wie ich die Monate verbracht habe von damals bis heute? Mit Staunen und mit gierigem Warten. Ich staunte es an: also Gewissen ist doch nur für die Feigen! Die Kla ren unv Starken setzen sich mit ihren Taten nüchtern auseinander und be gründen sie vor sich mit ihren ehernen Notwendigkeiten. Dieser Mann mußte aus der Welt. Er war in ihr eine Natur findet immer Mittel und We ren und aufhalten. H 5 Ich wartete auf die Stunde, wo es Dir endlich klar werden mußte, daß Du nicht geliebt seiest und daß sie, Beate, Dir nie das rechte, Dir be stimmte Weib gewesen sei. Dann erst könnte, davon hatte ich Beweise... sie trachtete, mir zu begegnen sie la:>erte hinter Gardinen sie ließ vom Balkon das Taschentuch flattern ach, so banal so gräßlich banal —. Ich erkannte es... ich lachte ich zu ihrem Erwecker bestimmt sei. Dann kam jener Augenblick, wo ich aus Deinem Mund erfuhr, daß sie Holdins Weib werden wolle. Ich hörte es ganz ruhig an, wie man manchmal die ungeheuerlichsten Dinge anhören kann. Das Begreifen kommt hinterher. Betrogen war ich also. Das Schick sal wollte mich um meinen Kauf preis prellen. Ich hatte das Weib füx einen anderen frei gemacht. Und ich höhnte das Schicksal an: mit mir spielt man nicht! Ich nehme mir trotz- Jn dieser Nacht schlief ich nicht. Zum erstenmal seit jenem Tag fand ich keine Ruhe. Es war ein verfluch zen emporgerichtet. Und in merkwür diger Berkürzung die liegende Gestalt, über deren Leib gelbbraun welke Ein bitterer Zorn kam über mich. Wenn das ist wenn das wie dererscheint immer bei mir blei ben soll Und um ihretwillen! Um dieses platten, armseligen, schönen Weibes willen —! nicht ich! ihr! Es gab nun kein Besin- Während ich sie liebkoste, sah ich die Naturi her. Klage mir nicht nach, wenn Du bald liest, daß ich verunglückt sei... sehr bald... Das Schiff, das ich besteige, um nach meiner Heimat zu fahren, es wird mich an ihre Ufer nicht landen. An einem anderen... Ich kann nicht leben, denn seit heu te weiß ich, daß ich ein kranker Schwächling bin. Ich habe den Ge schmack an mir selbst verloren. Dar um richte ich mich, denn nur der Starke hat das Recht, zu sein. Lebe wohl! Was wund an Dir ist, wird genesen. Ein Engel wartet an den Pforten Deiner Zukunft, um Dir wohlzutun. Jrne." Wie lange der Mann gebraucht hatte, dies zu lesen, er wußte es Und doch flog sein Auge fieberhaft schnell über die Zeilen. Seite auf Sei te blätterte er um gierig vorwärts eilend, um zu fassen zu begreifen. Dann ließ er die Blätter sinken, und wie einer, der müde und zerbro chen ist, warf er sich vornüber. Er verbarg sein Gesicht in den auf der Schreibtischplatte verschränkten Ar men. Hedi sah es wohl: er weinte. Er, der Starke, der Verschlossene. Tief er schüttert und zugleich voll zarter Scham und Scheu, stand sie lange wartend, bemüht, selbst den Atem an zuhalten, um ihm -ihre Gegenwart nicht in Erinnerung zu bringen. Und er weinte fort. Da war es Hedi endlich, als müsse sie ihm das Gefühl des einsamen Lei dens nehmen, als dürfe, als müsse sie ihm zeigen: ich leide mit dir. Er fühl te eine leise, liebe Hand, die sich auf sein Haar legte und da still blieb bescheiden und tröstend, fast wie die Hand einer Mutter... Und dieser sanfte, leise Druck schien ihm wohlzutun. Er ward stiller. Er richtete sich endlich wieder auf. „Hedi," sprach er, „was ist noch mein Leben! Kann ich noch an mich selbst glauben? Darf ich den Stim men der eigenen Brust noch trauen? Was ich geliebt habe, war meiner Liebe nicht wert, was ich gehaßt ha be, war meines Haffes nicht wert!" Vergeudet, vertan, die heißesten, wertvollsten Gefühle! Umsonst ver brannt die Riefenfeuer von Haß und von Liebe. Und der Rest eine ungeheure Leere? Das Weib fiel ihm ein. Ja, Jrne hatte sie recht erkannt. Wie hatte sie da auf dem Balkon gestanden: unberührt, schön, sicher und zu jedem Lebensgenuß bereit, den ihr der Zufall herantrug. Zu träge zur Sünde. Zu träge zum Kampf. Zu träge zur Güte. Zu träge selbst zur Scham. Und es faßte ihn ein Ekel, daß er sie nicht von je gesehen hatte, wie sie war. Tief neigte er wieder sein Haupt. Und zum anderenmal legte sich die leise, liebe Hand auf sein Haar. Hedis Augen standen in Tränen. Aber dennoch leuchteten sie und sahen mutig hinein in die Welt da drau ßen. Vor dem Fenster drängte sich die Menge, und das Geschmetter der fröh lichen Musik übertönte noch das Lär men der Menschen. Sie hörte es. „Nein." sprach sie laut, „reich sehr reich! In Ihrer Arbeit wie ein Fürst. Und die ganze Zukunft Ihr eigen..." irr Wange. In seiner Brust regte sich, wie ein Nachhall, wieder jene heiße, stolze Empfindung, die ihn beim Dröhnen der Geschütze, beim Geschrei der Menge vorhin erfaßt hatte. Ende. Ein lieber Gatte. Frau (zu ihrem sie im Bad besuchenden Mann: Mein Gott, ich hab' dir Na ch de r Rückk e h r. „Na, rend Ihrer Badekur, Herr Fleischle." Alte sorge."" Bedeutungsvoll. In einem Stahlbade wird einem Kurgast „Drei Worte nenn' ich euch in haltsschwer: »Kaspar Nepomuk Zap» p-rts." Das Florchen. Straßendamm gekommen war. Und aus dem Dunkel des Kellers erschien dann sofort die Witwe Steinert, stieg die Treppe empor, wobei es, wenn sie die. die so herrlich schmeckten und die außerdem auch noch die Fähigkeit hat- die oberen und unteren Zähne mußte der Mutter im Geschäft hel ein A-B-C-Schütze noch die gesell große Freude. Zg Aber in den Verein durfte das Damals schrieb man Mai 1870. Im Juli darauf fing Krieg an Frankreich. Florchen sah in dieser Zeit so blaß und verzweifelt aus, daß cs einem ins und hätte sie daran gehindert. Aber die allerhöchste Zeit sei es ge wesen, an Badeanstalt b:i Poch freute, je nach den Nachrichten, die die Feldpostkarten oder die Verlustli sten brachten. Florchen. Als es dann wieder Mai wurde, und zur Friedensfeier lauter Lob- Rede über die Segnungen des Frie dens hielt, und als der Gesangverein Harmonie zur Verherrlichung des Fe stes sein Bestes tat, da fehlt die süße dem sich niemals ein Sonnenstrahl verirren konnte, saß ein blasses Mäd chen und stichelte eifrig an einer fei nen Stickerei für den Laden von Fräulein Kerkow in der Jüdenstraße. Und neben dem blassen Mädchen 7and ein Korb; ein Korb, der genau so aussah, wie diejenigen, die drau ßen mit Kohl und Kartoffeln neben dem Eingang zum- Keller standen, nur daß dieser Korb mit reinen, wei ßen Tüchern behangen und mit wei chen Kissen angefüllt ar. Denn es schlief darin ein kleines Kind. Die Steinerten war in dieser Zeit gröber als je, und ihre Haare, die bisher in glänzend schwarzen Schei teln ihr Gesicht umgeben hatten, wa ren grau geworden. Und wenn jemand mit harmloser oder boshafter Neugier na»', dem Kin de fragte, dann stemmte sie die Arme in die Seiten, warf den Kopf zurück und riet dem Frager, vor seiner eig nen Tür zu fegen und sich um an derer Leute Angelegenheiten leine Kopfschmerzen zu machen. Uebrigens könne er sich aber mer ken, daß das mit ihrem Florchen durchaus noch nicht zu Ende sei. Sie selbst ' — die Steinerten würde cs zu Ende brinien. Und wenn sie bis an den König gehen sollte. Es kam dann aber doch anders, als die tapfere Frau es wollte. Der junge Mann, auf den sie mit leidenschaftlicher Ungeduld wartete, kam am Einzugstage nicht mit den andern lorbeergeschmückten Siegern vurchs Brandenburger Tor, wie sie es gedacht hatte. gehen, bis alle Soldaten wiederkämen, sagte der Briefträger Meier, der im mer alles ganz genau nzußte, und an den sich die Steinerten wandte, weil sie sich gar nicht anders zu helfen wußte. Und nach einiger Zeit hieß es, die Eltern des jungen Mannes hätkw ihr Haus verkauft, seien ganz weit vor die Stadt gezogen, c'nd würden dort wohnen, nicht etwa nur für den Sommer, wie sie es schon manchmal die Steinerten, denn alle Pläne, die sie für ihrer Tochter Zukunft ge schmiedet hatte, gründeten sich auf mündliche Verhandlungen. türlich zu machen gewesen. Wenn nur der Briefträger Meier der doch nun einmzl ins Vertrauen wieder da," dann hätte die Frau sofort den Angriff begonnen. Das war aber nun unmöglich. chens Hilfe nicht zu rechnen. Nie hätte sie ein Wort von dem Kinde geschrieben. für den Laden und holte neue. Aber schreiben von ihrem Un glück schreiben, nein, das -konnte sie nicht. Gemacht mußte aber etwas werden, legte und holte sich Ra/. Dabei merkte sie es gar nicht, wie blaß und elend das Florchen wurde, und sie hörte in ihrem Eifer auch An dem kleinen Nähtisch, dicht am Fenster, saß das Florchen und hob die Handtücher und Tischtücher, die vor uns lagen, im Sinn hätten, da sein Piippchen im Arm und sang dazu. „Ach," sagte ich erstaunt, „wie hübsch das Kind singen kann. Ganz geworden und senkte den Kopf tief „Wie heißt denn das Kind?" fragte Es vergingen dann die Jahre und die Jahrzehnte. Ich war lange nicht mehr in der gebaut werden sollte, die Klosterstra ß- die Jüdenstraß-, die Stralauer und unsere alte enge Gasse sollten eS kanntes Gesicht. —- leuchtender, aufgeschnittener Kürbis. Am Kellerfenster hing der weiße Zettel: „Hier kann gerollt werden", ten. .Kost jetzt en Jroschen." während ihre Augen dem Wagen folgten: „Nächsten Monat muß ich nu auch Mark, dabei schlau erwägend, daß beim Wechseln noch etwas Zeit zur Unterhaltung gewonnen sei. Sie lachte. wer hier. Erst hat Mutter 's Ge schäft gehabt, jetzt hat's mein Enkel." Und während die Alte mir gewis senhaft die Zehn- und Fünfpsennig stücke aus ihrer Ledertafche aufzählte, fragte.- „Wie geht's denn dem Florchen? Ich habe nämlich früher auch hier ir niedliches Kind —" Die Alte sah mich scharf an, und einen Augenblick dachte ich, sie würd« sagen: „Was wollen Sie eijentlich, Ma damchen. Mir macht kener nich Aber nicht. Dann drehte sich die Steinerten um und verschwand, Stufe auf Stufe her absteigend, im Dunkelt
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